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Echoes

Marco x Ace
von

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Das Echo von unvergänglicher Schuld

Marco stieg die äußeren Stufen zum Kommandantendeck hinauf, eine Zigarette lässig im Mundwinkel und die Brille auf der Nase, während er ein paar lose Papiere flüchtig durchblätterte und sich gedanklich schon Notizen dazu machte. Seichte, fröhliche Musik aus der nahen Hafenstadt schwebte herüber und vermischte sich mit dem leisen Plätschern der Wellen.
 

Die Moby lag ungewöhnlich still zur Abendstunde, da der größte Teil der Mannschaft auf der - seit ein paar Tagen - angelaufenen Insel auf Landgang war.
 

Die Marine hatte ihnen seit Wochen im Nacken gesessen, diese Bedrohung hatte ihnen allen merklich die Nerven strapaziert und nachdem sie sich nun endlich dem Einfluss der Weltregierung - zumindest für den Moment - hatten entziehen können, hatten Whitebeard und Marco entschieden, dass eine Pause für ihre Crew dringend von Nöten war. Daher lagen sie nun schon eine Weile an dieser kleinen Insel vor Anker.
 

Auch an diesem Abend waren fast alle Nakama ausgeflogen, um sich Zerstreuung und ein bisschen Spaß in dem kleinen, florierenden Hafenstädtchen zu suchen. Piraten waren hier recht willkommen, immerhin spülten sie regelmäßig ordentlich Berry in die Taschen der Bewohner, wenn ihre Insel selbst nicht so viel hergab.
 

Der Phönix war - wie so oft - als ranghöchster Kommandant auf der Moby verblieben, um die Organisation weiter am laufen zu halten und natürlich für Sicherheit zu sorgen, immerhin konnten sie ihr heißgeliebtes Flaggschiff nicht einfach unbeaufsichtigt zurücklassen. Jederzeit konnten sie Neuigkeiten oder einen Notruf von einem alliierten Schiff erhalten, also war es zwingend notwendig, dass jemand die Stellung hielt und an Bord zurück blieb.
 

Diese Aufgabe war verständlicherweise nicht gerade beliebt bei den Kommandanten, denn keiner wollte Wachdienst schieben, wenn es die Möglichkeit gab, sich anderweitig zu vergnügen... und doch stürzte es die Männer nicht selten in einen Gewissenskonflikt, denn eigentlich wollte auch niemand Pops unbeaufsichtigt zurücklassen. Der Kaiser war gewiss alles andere als ein Schwächling, aber in letzter Zeit häuften sich die schlechten Tag merklich neben den wenigen guten.
 

Marco übernahm die unliebsame Aufgabe des Wachdienstes meist immer freiwillig, zur Erleichterung seiner Nakama und deren Beruhigung. Ihm lag eh nicht so viel an Vergnügung und er konnte die angenehme Ruhe an Bord nutzen, um längst liegengebliebene Arbeiten nachzuholen.
 

Meist brachten ihm seine Freunde als Entschädigung immer reichlich Alkohol und diverse Köstlichkeiten von den besuchten Inseln mit, um seinen selbstlosen Einsatz zu honorieren, sodass er seiner Meinung nach ausreichend entschädigt war.
 

Marco eroberte gerade die letzte Stufe, hob gedankenversunken den Blick... und blieb verdutzt mitten in der Bewegung stehen. Dort war jemand vor seiner Kajüte, den er am heutigen Abend bestimmt nicht mehr hier erwartet hatte.
 

Ace stand mit dem Rücken zu ihm, er drückte sich irgendwie unschlüssig auf dem Gang herum, stiefelte von einem Bein aufs andere und kratzte sich mehrfach grüblerisch im Nacken, bis er sich umdrehen und offenbar verschwinden wollte und... dadurch fast in Marco hineinrannte, dessen Brust er plötzlich direkt vor der Nase hatte.
 

»Ace?!«
 

»Oh... eh... hey, Marco«, erwiderte die Feuerfaust mit einem verrutschten, etwas hilflosen Grinsen und hob die Hand zu einem gezwungen lockeren Gruß.
 

Marco kniff die Augen misstrauisch zusammen und sah flüchtig über die Schulter, als erwartete er jeden Moment einen Hinterhalt. Doch außer der Feuerfaust schien niemand sonst hier zu sein. »Yoi, was machst du hier? Ist etwas passiert?«, hakte er alarmiert nach, immerhin wusste er ja, dass der Feuerteufel für Probleme prädestiniert war.
 

»Nö... eigentlich nicht«, erwiderte der junge Kommandant ausweichend und schien nicht so recht zu wissen wohin mit seinen Händen, die er daraufhin tief in seinen Hosentaschen versenkte.
 

»Wolltest du zu mir?«

»Hm...«
 

Marco löste sich aus einer Starre und trat an ihm vorbei, während er seinen Schützling abschätzend ins Auge fasste. »Du bist doch gerade mal vor etwas mehr als einer Stunde mit Thatch und Izou losgezogen. Haben dir die beiden unerträglichen Waschweiber ein Ohr abgekaut oder warum bist du schon wieder zurück?«, wollte er wissen, während er die Tür zu seiner Kajüte aufschob und Ace mit einem knappen, aber auffordernden Neigen des Kopfes zu verstehen gab, dass er eintreten sollte.
 

»Naja... so ähnlich«, antwortete die Feuerfaust ausweichend und schob sich nach einem kaum merklichen Zögern an ihm vorbei in den Raum, wo er unschlüssig stehen blieb und den überladenen Schreibtisch des Vize kritisch maß. »Ich... stör' dich hoffentlich nicht?!«
 

Marco drückte die Tür ins Schloss und erwiderte mit einem kleinen Schmunzeln: »Wahrscheinlich nicht mehr als sonst auch.« Eigentlich hatte er sich für den Abend einen strukturierten Plan zurechtgelegt, aber inzwischen war er ja daran gewöhnt, dass eine gewisse Feuerfaust gern mal alles über den Haufen warf.
 

Außerdem schien den jungen Kommandanten etwas zu beschäftigen und Marco war einfach zu sehr Mentor und Freund, als dass er ihn hätte auf dem Gang stehen lassen können.
 

Ace plusterte die Backen empört auf. »Frechheit! Und dabei wollte ich nett sein und dich nicht so allein hier in deiner Kajüte versauern lassen, während die anderen mächtig einen drauf machen...«
 

»Yoi, versteh' mich nicht falsch, ich bin wirklich gerührt von deiner Selbstlosigkeit, aber warum machst du nicht mit „mächtig einen drauf“?!«, verlangte der Phönix mit hochgezogenen Brauen zu wissen, während er sich mit der Hüfte an seinen Schreibtisch lehnte, die Papiere ablegte und dann nach einer Flasche teurem, sattem Rum griff, von dem er etwas einschenkte. »Du solltest die Zeit nutzen. Du weißt schon, dass es eine Weile dauern kann bis wir wieder mal irgendwo anlegen?!«
 

Ace ergriff den Krug Rum, den Marco ihm reichte und den er etwas zu hastig kippte, sodass ihm die Röte sofort in die sommersprossigen Wangen schoss. »Sicher weiß ich das...«, murrte er patzig.
 

Mit schmollend vorgeschobenen Lippen setzte er sich einfach ungefragt auf Marcos Bett, doch der Phönix ließ es großmütig unkommentiert. »Thatch und Izou haben sich einen Spaß daraus gemacht mir ständig irgendwelche Weiber auf den Hals zu hetzen...«, brummte er angenervt. »Als ob ich nur deswegen an Land gehen würde!«
 

Marco legte den Kopf fragend schief und genehmigte sich selbst etwas aus der Flasche. »Wo liegt das Problem, Streichholz? Magst du keine Frauen?!«
 

»Natürlich mag ich Frauen!«, platzte Ace seltsam pikiert heraus und rettete sich dann in einen erneuten Schluck Rum. Er konnte ja schlecht sagen, dass ihm das ganze Getümmel und die viele Aufmerksamkeit einfach zu viel gewesen waren und er irgendwann nichts weiter gewollt hatte, als die unaufdringliche, ruhige Gesellschaft des Phönix zu genießen.
 

Ace hatte Marco heute ehrlich vermisst - wie die ganzen letzten Abende auch schon. Er mochte all seine Nakama, aber... ohne seinen Mentor waren ihre geselligen Beisammensein einfach nicht das Gleiche.
 

Noch dazu hatten ihn die Mädchen einfach zu sehr bedrängt, waren teilweise lästig aufdringlich gewesen - er hatte gewiss nicht unhöflich sein und Thatch und Izou auch nicht vor den Kopf stoßen wollen, doch der Sinn hatte ihm einfach nicht nach weiblicher Gesellschaft gestanden.
 

Außerdem war er sich selten blöd vorgekommen, da die beiden Kommandanten irgendwann sehr mit sich selbst beschäftigt und in ein intensives Gespräch vertieft gewesen waren, sodass er sich wie das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen vorgekommen war. Sie hatten es bestimmt nicht böse gemeint, aber... er hatte sich allein gefühlt, selbst umringt von Menschen. Daher hatte er sich in einem unbeobachteten Moment einfach abgesetzt und war zur Moby zurückgekehrt.
 

»Aber ich... ach, ich weiß auch nicht...«, holte Ace unzufrieden Luft und schielte in seinen Krug, der völlig überraschend schon leer war. Mit einem wahrlich perfektem Bettelblick hob er diesen seinem Mentor entgegen.
 

Marco seufzte kopfschüttelnd, dann löste er sich von der Tischkante und trat zu Ace hinüber, um sich neben ihn auf das Bett zu setzen. Großzügig schenkte er ihm erneut von seinem Rum ein, bevor er die Flasche dann zwischen seinen Füßen abstellte und sich nach vorn lehnte, um die Ellenbogen auf den Knien abzustützen.
 

Der Phönix wusste inzwischen, dass man Ace nicht drängen durfte, wenn man etwas von ihm erfahren wollte. Er würde sich offenbaren, wenn er bereit dazu war... und Marco respektierte das.
 

Er forderte in der Hinsicht nie zu viel von seinem Schützling und Ace war ihm dafür mehr als dankbar. Die Feuerfaust wusste, selbst wenn er jetzt nichts sagen würde, würde ihm der Phönix das nicht krumm nehmen.
 

Nur bei Marco konnte er manchmal sein Herz ausschütten, nur ihm gegenüber konnte er vollkommen ehrlich sein. Das Vertrauen, das er dem blonden Kommandanten inzwischen entgegen brachte, war tief... ähnlich jenem, dass er in seine Brüder hatte.
 

Ace drehte seinen Krug eine Weile schweigend zwischen den Händen, bevor er mit einem angestrengten Stirnrunzeln meinte: »Ich mag es schon mit Frauen zusammen zu sein... also, zumindest körperlich, aber... ich kann mich bei ihnen nie richtig fallen lassen. Ich kann das eigentlich nie wirklich genießen«, erklärte er dann ungewöhnlich redselig, während er den Fußboden anstarrte.
 

Marco neigte den Kopf und sah Ace von der Seite her an. »Warum nicht? Was hält dich zurück?«
 

Da war er wieder, dieser düstere Schatten – Marco hasste ihn wirklich - der durch Ace' dunkle Augen zog und jene bodenlos finster machte. Der junge Kommandant verzog das Gesicht und presste die Zähne aufeinander, bevor er rau antwortete: »Die Furcht davor, dass eine schwanger werden könnte...«
 

Ace' Blick verlor sich und er wirkte erneut so voller Selbstzweifel und Sorgen, dass Marco sich arg beherrschen musste nicht die Hand auszustrecken, um seine geballte Faust zu umfassen.
 

Er musste sich immer wieder aufs neue ins Gedächtnis rufen, dass dieser junge Mensch so voller Unsicherheit über die eigene Existenz war, denn es war verlockend das zu vergessen, wenn Ace gewöhnlich als die unerschütterliche Feuerfaust auftrat.
 

»Wir sind Piraten, unsere Liebe gilt der See und der Freiheit. Was könnte ich einem Kind schon bieten? Einen Vater, der nie da ist?! Einen, den es nur von Steckbriefen kennt?! Außerdem... mein Name ist verflucht. Du weißt es. Wie könnte ich einem Nachkommen das gleiche, beschissene Schicksal aufbürden?! Ein weiteres Leben in Gol D. Rogers Schatten?! Das wäre doch mehr als unverantwortlich von mir...«
 

»Ace...«
 

»Nein, Marco. Es ist doch die Wahrheit. Ich könnte solch eine Verantwortung niemals tragen. Ich war ja oft schon überfordert damit ein Bruder zu sein, aber ein Vater... nein, ich will das nicht. Ich kann das auch nicht. Allein der Gedanke ist unerträglich. Du Marco, du wärst sicherlich ein prima Vater, aber doch nicht ich...«
 

Der Phönix zuckte fast unmerklich zusammen und wandte den Blick ab, doch Ace hatte den winzigen Funken Schmerz in den blauen Seelenkreisen schon gesehen. Scheiße, hatte er mal wieder unüberlegt ein Fettnäpfchen mitgenommen?! Ihm fiel siedend heiß ein, dass er eigentlich noch immer nichts über Marcos Vergangenheit wusste...
 

Marco holte hörbar Luft und räusperte sich. »Das halte ich für eher unwahrscheinlich...«, erklärte er in seltsam hohler Tonlage.
 

Die Atmosphäre veränderte sich in eine eigenartig angespannte Richtung und das behagte Ace ganz und gar nicht. Man mochte es nicht glauben, doch er besaß recht ausgeprägte Sinne für die Empfindungen anderer und er spürte sofort, dass Marco etwas tief bedrückte... und dass er mit seinen Worten wahrscheinlich etwas aufgewühlt hatte, was der ältere Kommandant wohl lieber vergessen hätte.
 

»Marco... hab' ich... hab' ich irgendwas falsches gesagt?! Wenn ja, dann tut es mir leid... du weißt, ich rede manchmal ohne nachzudenken«, versuchte er die Situation zu retten. Es war seltsam Marco so getroffen zu sehen, ungewohnt, denn sonst war er es ja meist, der Trost und Verständnis bei seinem Mentor suchte.
 

Der Phönix schüttelte den Kopf. »Schon gut, Ace... ist nicht deine Schuld«, wiegelte er ab. »Du kannst es ja nicht wissen...«, fügte er fast so leise an, dass der junge Kommandant es eigentlich kaum verstand.
 

»Aber... du könntest es mir erzählen...«, wagte der mit nervös klopfendem Herzen einen äußerst mutigen Vorstoß. Er wollte nicht aufdringlich wirken, aber er wollte wirklich wissen, was Marco beschäftigte, was ihn bewegte, woran er dachte - er hatte ehrliches Interesse an dem Mann hinter dem blauen Fabelwesen. »Ich kann nicht nur jammern, ich kann auch zuhören, weißt du...?«
 

Ein blasses Lächeln zupfte am Mundwinkel des Vize, als er ihn ansah. »Ich sollte dir den Abend wirklich nicht mit langweiligen, deprimierenden Geschichten verderben, Ace...«, erwiderte er abwehrend, doch eigentlich nicht wirklich nachdrücklich.
 

»Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass es mich wirklich interessiert...?!«
 

Marco bedachte ihn mit einem durch und durch analysierenden Blick, sodass sich Ace ziemlich auf dem Prüfstand vorkam. „Ich bin mir sicher dir wird er es bestimmt freiwillig erzählen“, hallten Thatchs Worte in seinen Ohren nach.
 

Plötzlich war der junge Kommandant sehr nervös. Was, wenn Marco nichts sagen würde, wenn er entscheiden würde, dass er sich ihm nicht offenbaren wollte? Würde das dann nicht bedeuten, dass sein Mentor ihm nicht vertraute, dass ihre Freundschaft nicht... eng genug war?!
 

»Ich erzähle es dir, Ace... wenn du mir versprichst, dass du mir gegenüber nie wieder damit anfängst, von wegen du wärst verflucht oder nichts wert. Ich will nicht, dass du solche Gedanken hast, ganz abgesehen davon, dass es einfach nicht stimmt.«
 

Diese Forderung ließ die Feuerfaust doch schlucken. Eigentlich war es kein großes Ding, was Marco da verlangte, aber für Ace, der diesen selbstvernichtenden Glauben sein gesamtes Leben über verinnerlicht hatte, erschien es doch schwer, diese Forderung zu erfüllen. Allerdings... er würde es wohl hinbekommen sich zumindest gegenüber Marco zusammenreißen zu können.
 

»Okay, ich... werd's versuchen«, versprach er nach einer Weile reiflicher Überlegung. Wenn seinem Mentor daran lag, dass er sich selbst ein bisschen mehr respektierte, dann würde er sich ehrlich anstrengen. Vor allem, da die Aussicht darauf stand, etwas mehr über den kühlen Phönix in Erfahrung bringen zu können.
 

»Na schön...« Marco rieb sich über den Nacken, dann zog er sich die Brille von der Nase und klappte diese bedächtig zusammen. »Ich fang' am besten ganz von vorn an, yoi...«
 


 

Ich wurde auf einer Sommerinsel als erstes Kind in eine bürgerliche Familie geboren.
 

Unsere Insel lebte vom Abbau seltener Erze, welche an umliegende Inseln oder teilweise natürlich auch an die Weltregierung exportiert wurden. Dementsprechend florierte der Handel und unser Reich war recht wohlhabend. Es kam immer mal wieder zu Scharmützeln mit angrenzenden Ländern, doch dafür unterhielt unser König eine eigene Streitmacht.
 

Mein Vater war Soldat in in der königlichen Armee und meine Mutter diente als Haushälterin am Hof des ansässigen Herrschers. Der König war geliebt, volksnah und großzügig, die Menschen verehrten ihn und lebten in Ehrfurcht vor unserem Heimatreich.
 

Leider starb mein Vater kurz vor meinem dritten Lebensjahr bei einem Einsatz. Meine Mutter war lange untröstlich, doch sie heiratete wieder, einen entfernten Bekannten meines Vaters und angesehenen Hauptmann der Armee. Mit ihm zeugte sie noch zwei Söhne, meine jüngeren Brüder.
 

Für mich war es von Anfang an schwer mit diesem Mann zurecht zu kommen. Ich war nicht sein leiblicher Sohn und das ließ er mich auch spüren. Noch dazu war ich in meinen ersten Lebensjahren von recht schwächlicher Konstitution und ständig krank, sodass mein Ziehvater bald daran zweifelte, dass ich mein sechstes Lebensjahr überhaupt erreichen würde, geschweige denn, etwas aus meinem Leben machen konnte. Auch die Ärzte beschieden mir kein langes Leben.
 

Nur meine Mutter glaubte unerschütterlich an mich. Ich war ihr Kind und nie im Leben hätte sie mich aufgegeben, auch wenn es noch so hoffnungslos schien.
 

Aber ich wurde älter.

Ich strafte all die schlechten Omen lügen.

Ich überlebte.
 

Dafür starb meine Mutter als ich gerade elf Jahre alt war und manch einer munkelte, dass ich ihr die Gesundheit geraubt hätte. Mein Ziehvater sprach es nicht offen aus, doch ich konnte spüren, dass er mir die Schuld am Schicksal meiner Mutter gab.
 

Nachdem sich mein körperlicher Zustand mit den Jahren gebessert hatte, arbeitete ich wie besessen an mir und meinen Fähigkeiten, denn das, was andere in vielen Jahren geschafft hatten, musste ich in wenigen bewältigen.
 

Ich lernte mehr, ich trainierte mehr, ich forderte mich, meinen Körper und meinen Geist weit über meine Grenzen hinaus - ich war wild entschlossen zu beweisen, dass kein Fünkchen Hoffnung meiner Mutter in mich verschwendet gewesen war, damit ich ihr Andenken bewahren konnte. Ich wollte ein ebenso ehrenwerter und großer Krieger werden wie mein leiblicher Vater.
 

Keiner glaubte, dass ich das schaffen könnte, meine Halbbrüder und mein Stiefvater belächelten mich nur, doch ich wurde mit fünfzehn Jahren Teil der königlichen Streitmacht und war damit der jüngste Rekrut überhaupt, der jemals aufgenommen wurde.
 

Mir gefiel es bei den Truppen, es war fast wie eine Familie, kameradschaftlich und vertraulich. Ich fühlte mich als Teil von etwas größerem, etwas wertvollem, etwas wichtigem - hier wurde ich ohne Vorurteile angenommen. Aufopferung und Pflichterfüllung waren für mich keine Bürde, sondern eine Bestimmung.
 

Ich war beliebt und noch immer bestrebt, mehr aus mir zu machen, sodass ich nach und nach immer höhere Stellungen erreichte. Doch natürlich war es egal, was ich tat und wie ich mich bewies... meinen Ziehvater konnte ich nicht beeindrucken. Unsere Bindung wurde noch schwieriger, als ich ihn irgendwann im Rang überflügelt hatte.
 

Doch dafür zog ich bald die Aufmerksamkeit des Königs selbst auf mich. Eines Tages kam er persönlich zu mir und bot mir einen Platz in der Phönixgarde, seiner persönlichen Leibwache. Ich fühlte mich unglaublich geehrt und am Ziel meiner Träume. Endlich schien ich einen Platz im Leben gefunden zu haben, auch wenn es mich schmerzte, dass meine Eltern das nicht mehr erleben konnten.
 

Ich diente viele Jahre ergeben und zuverlässig für den König, konnte mir irgendwann ein kleines Haus leisten und heiratete meine Kindheitsfreundin Tarla. Wir kannten uns schon viele Jahre und die Heirat schien der letzte, logische Schritt zu sein. Sie war eine unglaublich freundliche, sittsame Frau und auch wenn unsere Ehe eher aus tiefer Freundschaft und Zuneigung bestand als aus brennender Leidenschaft, so war ich doch zufrieden.
 

Ein paar Jahre später kam eine fremde, junge Frau auf unsere Insel, sie eröffnete einen Laden für Süßigkeiten in der Stadt und ließ sich bei uns nieder. Schnell wurde ihr Geschäft sehr beliebt und das nicht nur wegen der verlockenden Köstlichkeiten, die es dort gab.
 

Die Männer der Stadt, egal ob verheiratet oder nicht, selbst meine Halbbrüder - die inzwischen Händler geworden waren - standen regelmäßig Schlange und jeder Soldat der Armee meldete sich plötzlich sofort für die sonst eher unliebsamen Stadtpatrouillen.
 

Selbst der König und sein Sohn wollten diesen Laden plötzlich besuchen und ich als Leibgarde kam natürlich nicht umhin sie zu begleiten. Ich war neugierig, was diese Frau wohl an sich hatte, dass ihr die Männer so reihenweise erlagen.
 

Ihr Name war Kaley.

Und auch ich war ihr vom ersten Moment an verfallen.
 

Dieses Mädchen versprühte ein Feuer und einen Charme, wie ich es selten erlebt hatte. Ihr Lachen war wie das Aufgehen der Sonne und unglaublich ansteckend, sie war intelligent und witzig, einfach absolut bezaubernd. Ich war völlig fasziniert von ihr. Nie zuvor hatte ich solch eine Frau gesehen.
 

Von diesem Tag an besuchte ich regelmäßig Kaleys Laden. Anfangs kamen wir eher vorsichtig ins Gespräch, doch mit der Zeit wurden unsere Treffen intensiver - wir schliefen nicht miteinander, doch wir unterhielten uns über die Welt, über verrückte Träume und geheime Wünsche.
 

Ich fühlte mich dieser Frau verbunden wie niemals jemand anderem zuvor. Sie schien immer genau zu wissen, was ich dachte und was ich hören wollte, war einfühlsam und nahm mich als der an, der ich war.
 

Bei ihr musste ich mich nicht beweisen, musste keine außergewöhnlichen Leistungen bringen, war nicht der General der Phönixgarde... sondern einfach nur Marco. Das war schrecklich befreiend.
 

Ich liebte meine Frau, aber Kaley war für mich ein riesengroßes Abenteuer, etwas aufregendes und neues, dem ich mich nicht entziehen konnte. Ich beruhigte mich selbst immer wieder mit dem Gedanken, dass wir uns nie körperlich näher gekommen waren und ich damit auch nie untreu war.
 

Eines Tages eröffnete mir meine Frau Tarla freudestrahlend, dass sie schwanger war und ein Kind von mir erwartete. Wir hatten es lange versucht und endlich hatte es geklappt.
 

Ich war überglücklich... und hatte gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, denn Kaley war längst nicht mehr nur eine gute Freundin für mich. Ich mochte sie... viel zu sehr. Doch ich hatte mir schon immer ein Kind gewünscht, wollte einen Erben und ein guter Vater sein. Eine eigene, kleine Familie war mir immer als das Ziel meines Lebens erschienen.
 

Ich stellte die Treffen mit Kaley sofort ein und sah sie von jenem Tag an nicht mehr. Natürlich dachte ich noch an sie, doch meine Frau und das ungeborene Leben waren wichtiger. Meine Pflichten lagen woanders.
 

Irgendwann - nach Monaten, in denen wir uns nicht gesehen hatten - erfuhr ich, dass Kaley wohl dem Werben des Prinzen nachgegeben hatte und seine Frau werden würde. Ich nahm diese Nachricht äußerlich gelassen entgegen, doch in mir drin sah es anders aus... ich war verletzt und trauerte etwas hinterher, was ich doch nie besessen hatte.
 

Es sollte eine prunkvolle Hochzeit werden und beinahe das halbe Königreich tummelte sich am Vorabend der Zeremonie im Palast. Es gab ein rauschendes Fest und ich erinnere mich noch wie heute an diesen Tag, an die Gerüche, die Lieder, das Lachen... an das blaue Kleid meiner Frau, unter dem sich bereits der Babybauch abzeichnete.
 

Es war das letzte Mal, dass ich sie lebendig sah... und bis heute hat sich dieses Bild in mein Gedächtnis gebrannt, wie sie da stand in der Menge, mit diesen glücklich funkelnden Augen und dem sanften Lächeln, während sie mich ansah und ihre Hand beschützend über das Leben in ihrem Leib strich...
 

Irgendwann am Abend suchte mich Kaley auf. Ich stand etwas abseits von der feiernden Menge und überwachte die Festlichkeiten, sodass wir ungestört waren. Ich hatte sie lange nicht gesehen und ihr Anblick traf mich erneut wie ein Blitzschlag.
 

Sie war wunderschön an diesem Abend, eine fleischgewordene Göttin, der Inbegriff all meiner geheimen Sehnsüchte. Jeder Mann beneidete den Prinzen um seine Frau, jeder wünschte sich an seine Stelle.
 

Sie sah mich mit ihren großen, unergründlich magischen Augen an und gestand mir unverblümt, dass sie sich in mich verliebt hatte. Sie sagte mir, dass sie mich vom ersten Moment an geliebt und nicht verstanden hätte, warum ich plötzlich von einem Tag auf den anderen nicht mehr zu ihr gekommen war... bis sie mich mit meiner Frau in der Stadt gesehen hätte. Dann wäre es ihr klar gewesen und sie hätte verstanden, dass es für uns keine Zukunft gab und niemals geben konnte.
 

Den Antrag des Prinzen hätte sie eher aus Verzweiflung als aus wahrer Liebe angenommen. Sie hasste es einsam zu sein, stammte aus einfachen Verhältnissen, wollte etwas aus ihrem Leben machen und er versprach eine gute, gesicherte Zukunft. Sie hatte immer den Traum gehabt ein Waisenhaus zu führen und er würde sie diesem Traum ein großes Stück näher bringen.
 

Doch ihr Herz gehörte mir, so sagte sie... und sie bat mich mit ihr zu schlafen. Das erste und einzige Mal, bevor sie einem anderen Mann gehören würde.
 

Ich glaubte ihr. Ich glaubte ihr alles.
 

Der Prinz sollte ihr Mann werden, doch sie wollte mich haben. Diese Frau, die jeder begehrte - meine Brüder, wahrscheinlich sogar der König selbst - wollte mich haben. Vielleicht war ich nie gut genug in den Augen meines Stiefvaters, doch in ihren war ich es.
 

Und obwohl ich wusste, dass es falsch war, fürchterlich falsch, obwohl mir mein Gewissen und meine Vernunft rieten, es nicht zu tun, obwohl ich meine Frau und unser gemeinsames, ungeborenes Kind liebte... ging ich mit ihr.
 

Nur ein einziges Mal in meinem Leben verließ ich meinen Posten, meine Pflicht und meine Ehre - ein einziger Fehler, der alles zerstören sollte. Ich ließ alles hinter mir an was ich glaubte, wofür ich stand und was mir wichtig war... für einen einzigen, gestohlenen Augenblick des absoluten Glücks. Das Risiko erschien lohnenswert. Sie schien es wert zu sein.
 

Wir stahlen uns wie Verbrecher von der Feier, suchten ein unbewohntes Gästezimmer auf, begannen uns wie im Wahn zu küssen, da wir wussten, dass die Zeit knapp bemessen war.
 

Als General der Phönixgarde trug ich nicht nur die Verantwortung für die Königsfamilie, sondern auch für die Stadt und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Mechanismus der Stadttore ließ sich nur mit einem einzigen Schlüssel bedienen... und den trug ich stets um meinen Hals.
 

Ich begriff erst, worauf Kaley es wirklich abgesehen hatte, als sie mir einen Dolch erbarmungslos zwischen die Rippen rammte und mir den Schlüssel vom Hals riss. Ich war so fassungslos, dass ich den Schmerz im ersten Moment gar nicht bemerkte, ich begriff nicht, was passierte, verstand es einfach nicht.
 

Als ich in die Knie brach stand sie vor mir wie eine völlig andere Person, ein Racheengel mit einem wunderschönen Gesicht aus Stein.
 

„Armer Marco... armer, dummer Marco...“ Ihre Worte waren wie Gift, kalt und tödlich.
 

Sie ließ mich zum sterben zurück und öffnete die Tore der Stadt für die Truppen, die bereits auf ihr Signal gewartet hatten. Es war eine Invasion, eine feindliche Übernahme und das fröhliche Fest verwandelte sich binnen von Sekunden in ein Massaker.
 

Niemand hätte so etwas erwartet - das Reich wurde nicht bedroht, man hatte keine offenen Feinde - und meinen Männern fehlte der Anführer. Alle waren in gelöster Stimmung und wurden regelrecht überrumpelt und abgeschlachtet.
 

Die entsetzten Schreie der Bevölkerung drangen an mein Ohr, während ich in meinem eigenen Blut lag und röchelnd mit jedem Atemzug kämpfte. Ich weiß bis heute nicht, woher ich die Kraft nahm, doch ich rappelte mich auf, ich schleppte mich voran, während meine Welt in Blut versank.
 

Mich trieb nur der Gedanke an, dass ich überleben musste... ich musste irgendwie überleben und diesen Wahnsinn beenden, an dem nur ich die Schuld trug.
 

Ich wusste von dieser einen Teufelsfrucht, die im Palast aufbewahrt und wie ein Staatsschatz gehütet wurde. Diese eine Frucht, die allein mich noch retten konnte. Die Teufelskraft des Phönix - ich beanspruchte sie für mich.
 

Meine Wunden heilten und ich überlebte, doch ich sollte einen hohen Preis zahlen. Ein Fabelwesen besitzt seinen eigenen Kopf und auch ein Phönix ist ein Raubtier, dessen Instinkte ausgeprägter und schwerer zu kontrollieren sind als bei anderen Tieren. Die Kraft einer Kryptid-Zoanfrucht zu meistern dauerte normalerweise Jahre, doch ich war verzweifelt und dachte kaum noch wirklich nach.
 

Ich watete durch das Blut meiner Männer und meiner Freunde, als ich den Festplatz betrat, auf dem Kaley schlussendlich den König gestellt hatte. Sie warf ihm Verbrechen vor, nannte ihn einen Mörder und einen Dieb, doch ich hörte kaum zu... mein einziger Gedanke war, dass ich zu spät kam.
 

Zwischen all den Toten auf dem Platz lagen meine Brüder und... meine Frau. Ihre Augen starrten blicklos in den Himmel, aus ihrem Mundwinkel sickerte noch das Blut und ihre Hände waren beschützend über ihren gewölbten Bauch gepresst, als wollte sie das Leben unseres Kindes selbst im Tod festhalten.
 

Die Schuld brach erbarmungslos über mich herein. All die toten und gebrochenen Augen umher schienen mich zu fixieren, sie klagten mich stumm an und verfluchten mich. Ich hatte sie alle auf dem Gewissen, sie alle... selbst ein ungeborenes Leben.
 

Der Phönix übernahm von da an die Kontrolle, genährt durch meine Wut und meine Verzweiflung. Ich war völlig von Sinnen und wütete unter den feindlichen Männern wie im Wahn. Ich verlor mich völlig in Trauer und Schmerz und überließ dem Fabelwesen freiwillig meinen Körper.
 

Als ich wieder zu mir kam war es still. Diese Stille ist etwas, was ich wahrscheinlich nie im Leben wieder vergessen werde - diese Grabesstille, leer und ohne jede Hoffnung. Ich kniete in einem Meer aus Toten und an meinen Händen klebte Blut... so viel Blut...
 

Kaley war meiner Vergeltung entgangen und wollte fliehen. Ich fand sie, als sie sich gerade mit einem Pferd aus dem Staub machen wollte. Sie war blass, wich vor mir wie vor einem Ungeheuer zurück. In ihren Augen stand das Wissen um das Unvermeidliche, aber auch Genugtuung und grimmige Entschlossenheit.
 

Sie hatte das alles von langer Hand geplant. Jedes Wort, jedes Lächeln, jede Geste... alles an ihr war eine Lüge gewesen. Und ich war leichtgläubig auf sie hereingefallen, hatte mich blenden lassen wie ein dummes Kind.
 

Sie erzählte mir mit ihren letzten Atemzügen eine schaurige, traurige Geschichte von ihrem Klan und unserem König, von Verrat und Mord und Rache. Sie bereute nichts und selbst, als ich ihr mein Schwert in die Brust stieß, blickte sie mich aus verbitterten, zornigen Augen an.
 

Ich verließ diese Insel und kehrte nie wieder dahin zurück.
 

Viele Jahre später erfuhr ich die ganze Wahrheit durch die Zeitung... unser König hatte einen frei lebenden Klan Wildmenschen auslöschen lassen, der auf den reichhaltigen Erzvorkommen unserer Insel gelebt hatte und das einzig und allein, weil die Weltregierung immer höhere Abgaben gefordert hatte.
 

Mein Vater musste bei diesem Massaker mitgewirkt haben, das geschah, kurz nachdem ich geboren wurde. Kaley war eine Nachfahrin dieses Klans gewesen, eine Überlebende dieser Ungerechtigkeit und sie hatte bittere Rache genommen.
 

Irgendwann fand mich Pops, verwahrlost und verwildert, ich war mehr Tier als Mensch und mir selbst nichts mehr wert. Doch er schien irgendetwas in mir zu sehen, was ich selbst längst nicht mehr sehen konnte und nahm mich auf - ungeachtet meiner Geschichte und meiner Taten wollte er mir ein Vater sein und mir wieder einen Sinn im Leben schenken.
 

Damals, an jenem Tag, hätte ich eigentlich sterben sollen. Ich hatte alles verloren.

Whitebeard gab mir ein zweites Leben. Und dafür bin ich ihm bis heute unendlich dankbar.
 


 

Nachdem Marco geendet hatte, saßen sie eine ganze Weile schweigend beim sachten Flackern der Öllampe zusammen. Der Phönix tauchte irgendwann aus dem Dickicht seiner Erinnerung wieder auf und schöpfte tief nach Atem. Der erstickende Schmerz war nach all den vielen Jahren nur noch dumpf und schwach, doch die Leere in der Brust blieb, sodass er sich geistesabwesend die Stelle über dem Herzen rieb.
 

Schuld war etwas, was schwer heilte und auch wenn die Geschehnisse weit in der Vergangenheit lagen und er sich damit abgefunden hatte, dass er nichts würde ändern können, so fühlte er sich doch gebrandmarkt für die Ewigkeit. Es gab Dinge, die wurde man niemals im Leben wieder los - sie hingen an einem wie die dürren Hände gieriger Toter, die aus dem Jenseits griffen.
 

»Yoi, nun weißt du es. Nun weißt du alles.«
 

Marcos Blick war für einen Moment seltsam leer und auch wenn er gefasst wirkte, so konnte Ace die Schatten der Vergangenheit doch beinahe sehen, die den Phönix zu umhüllen schienen. Die Maske des starken, unerschütterlichen Vize hatte Risse bekommen und die Feuerfaust konnte dahinter einen Mann erahnen, der kaum so kühl war, wie es auf den ersten Blick wirken mochte.
 

Kein Wunder, dass er ist, wie er ist. Er hat so viel verloren... durch einen einzigen, dummen Fehler. Jetzt kann ich es ein bisschen mehr verstehen, dass er seine Pflichten über alles stellt.
 

Ace knetete die Krempe seines Hutes im Schoß, den er irgendwann abgenommen hatte, um seine Hände zu beschäftigen und senkte betreten den Blick. Marcos Erzählung hatte ihn tief berührt, er wollte seinem Freund gern helfen, ihm tröstende Worte spenden, doch er fühlte sich so unbeholfen in solchen Dingen und hatte schlichtweg Furcht am Ende das Falsche zu tun oder zu sagen. »Marco... ich... ich weiß nicht was ich sagen soll...«, gestand er ehrlich.
 

Aber der ältere Kommandant schien auch keine besonderen Worte zu erwarten. »Du musst nichts sagen, Ace. Das alles ist inzwischen viele Jahre her. Machen wir keinen großen Wirbel darum. Ich möchte nicht, dass du mich deswegen jetzt mit anderen Augen siehst. Ich hab' gelernt damit zu leben. Es ist wie eine alte Wunde, die eben ab und an noch schmerzt.«
 

Der Phönix erhob sich. »Möchtest du noch etwas trinken?«, fragte er mit rauer Stimme, da ihm auffiel, dass er die gesamte Rumflasche im Zuge seines Monologes geleert hatte. Trotzdem fühlte sich seine Kehle kratzig an, lange Reden zu schwingen war einfach nicht seine Art.
 

»Ich... nein, danke...«, räusperte sich Ace kurz, setzte sich seinen Hut wieder auf den Kopf und stand auf. Marco betrachtete ihn abwartend, während der junge Kommandant mit sich zu ringen schien, denn sein Gesicht zeigte einen nachdenklichen Ausdruck. Schlussendlich sah er seinen Mentor fest an und bat ihn eindringlich: »Warte hier. Nicht weglaufen. Ich bin sofort wieder da.«
 

Damit war er verschwunden. Marco hob die Brauen leicht verwundert und starrte seine Kajütentür irritiert an. Er wusste nicht so recht welche Reaktion er nun von Ace erwartet hatte... das wahrscheinlich aber eher weniger. Inzwischen war er es allerdings fast gewohnt, dass der junge Kommandant selten das tat, was man von ihm erwartete.
 

Eigentlich war der Phönix froh, dass Ace kein Drama aus dem Ganzen gemacht hatte - Mitleid war das Letzte, was Marco in irgendeiner Form wollte und was geschehen war, war geschehen. Er hatte längst aufgehört die Vergangenheit zu verfluchen. Ihr Kapitän hatte ihm beigebracht, dass er nach vorn sehen musste. Er hatte eine zweite Chance erhalten und die wollte er um jeden Preis nutzen.
 

Ace hatte seine Geschichte kennen wollen - jetzt kannte er sie und irgendwie fühlte es sich für Marco befreiend an, sich seinem jungen Freund anvertraut zu haben. Er hatte sich lange Jahre aus Gründen der Schuld von allen abgeschottet, aber inzwischen sehnte er sich wieder nach emotionaler Verbundenheit und gerade zwischen Ace und ihm sollte nichts stehen, was ihre Freundschaft in irgendeiner Weise beeinträchtigen könnte.
 

Es dauerte tatsächlich nicht lange und die Feuerfaust tauchte wieder bei ihm auf. Er blieb in der Tür stehen und sah seinen Mentor auffordernd an. »Marco, komm' mit mir.«
 

Der Phönix zog eine Braue belehrend in die Höhe und erklärte kritisch: »Yoi, Ace, du weißt, ich hab' Wachdienst. Ich kann nicht-«
 

Der junge Kommandant winkte ungeduldig ab und wischte seine Einwände rasch beiseite. »Doch, du kannst! Ich hab' Blamenco gefunden, er schuldet mir noch einen Gefallen, wegen-... ach, ist ja auch egal. Auf jeden Fall übernimmt er deine Schicht und wird Wache schieben. Du musst dir keine Sorgen machen. Also komm' mit, ich will dir etwas zeigen.« Nachdem sich sein Mentor noch immer nicht bewegte, fügte er ein eindringliches »Bitte« an.
 

Marcos Blick fiel auf den Stapel Papiere auf seinem Tisch, auf die aufgeschlagenen Bücher, dann auf Ace, der in der Tür stand und auf ihn wartete, begierig darauf, dass er mitkommen würde. Da war ein Funkeln in den dunklen Augen der Feuerfaust, dem sich der Phönix nicht verwehren konnte... und er drehte der Arbeit den Rücken zu. »Na schön, was willst du mir zeigen?«
 

Manche Dinge liefen nicht weg, doch Momente waren vergänglich und einige Gelegenheiten würden sich im Leben nur einmal bieten - genau diese Verlockung hatte Marco so viele Jahre gefürchtet, doch in Ace' Nähe hatte er keine Angst mehr davor. Die Feuerfaust machte ihm wieder Lust auf das Leben.
 

Das Gesicht des jungen Kommandanten erhellte sich wie die Sonne, er schob sich den Hut mit dem Zeigefinger keck etwas höher und grinste seinen Mentor geheimnisvoll an. »Komm' einfach mit, du wirst schon sehen«, zwinkerte er ihm verschwörerisch zu.
 

Marco mochte Überraschungen wirklich nicht sonderlich, aber er lenkte mit einem ergebenen Seufzen ein. Er fischte das Päckchen Zigaretten aus seinem Hemd und wollte sich gemächlich eine anzünden, doch da hatte jemand offenbar andere Pläne.
 

»Oh nein, vergiss' es!« Ace riss ihm den Glimmstängel energisch aus den Fingern und verkohlte diesen sekundenschnell in der Luft. Dann ergriff er seinen Mentor am Handgelenk und zog ihn beharrlich und eilig hinter sich her.
 

»Mensch, Ace, jetzt mach' ruhig. Was soll die Hektik?!«

»Beeil dich, sonst verpassen wir alles. Und wenn du jetzt noch rauchst, kommst du ja gar nicht mehr aus der Hefe. Deine Konstitution lässt eh schon zu wünschen übrig, alter Mann!«
 

»Ace...«, grollte Marco warnend, was die Feuerfaust verschmitzt grinsen ließ. Zum Glück konnte sein Mentor das nicht sehen, da er ihn noch immer hinter sich herschleifte. Es machte aber auch immer viel zu viel Spaß den Phönix auf die Palme zu bringen!
 

Er war aufgeregt und ein wenig nervös, ob seinem Mentor gefallen würde, was er erst gestern hier entdeckt hatte. Er wollte seinem Freund die düsteren Gedanken nehmen, ihm helfen, den Kopf frei zu bekommen und da war ihm dieser Ort eingefallen, über den er durch Zufall gestolpert war und der ihn völlig begeistert hatte.
 

Vielleicht war er nicht gut mit Worten, aber es gab andere Mittel und Wege, um sich auszudrücken. Vielleicht war ein geteilter Moment manchmal mehr wert als hohle Phrasen.
 

Ace lotste Marco zur Reling der Moby und sprang kurzerhand über diese hinweg auf seinen Striker, der neben dem riesigen Schiff auf dem Wasser trieb und unter dem Aufprall dichte Wogen an Wasser aufspritzen ließ.
 

Auffordernd sah er zu Marco nach oben, der abschätzend zu ihm hinab blickte. »Nun komm schon runter, Marco. Oder hast du etwa Schiss?«, zog er den älteren Kommandanten frech auf und stemmte eine Hand lässig in die Hüfte. »Soll ich der Prinzessin vielleicht eine Leiter auswerfen?!«
 

Marcos Augenlider zuckten bedenklich, doch er beförderte sich zu Ace' Überraschung mit einem Sprung äußerst geschmeidig über die Reling, verwandelte sich im Knistern blauer Flammen in seine halb menschliche Phönixform und landete so wesentlich eleganter und sanfter als die Feuerfaust auf dem Striker.
 

»Ich mag das Ding nicht. Kann ich dir nicht einfach nachfliegen?«, schlug der blonde Vize vor, während er das eigenwillige Fortbewegungsmittel unter seinen Füßen kritisch beäugte und sich die blauen Schwingen wieder in seine Arme zurückwandelten.
 

Er hatte noch nie auf diesem Striker gestanden und verspürte auch jetzt wenig Lust dazu. Neidlos musste er zugeben, dass er Ace bewunderte, der dieses Ding so selbstverständlich und lässig zu lenken vermochte. Ihm waren ein paar dicke Planken wesentlich lieber, die ihn von dem schwächenden Meerwasser trennten, als dieses so zerbrechlich wirkende und nicht gerade vertrauensselige Gefährt.
 

»Nö, kannst du nicht«, war Ace lässige Antwort, bevor er schon seine Füße in Feuer hüllte und den Mechanismus zum Laufen brachte. »Besser, du hältst dich fest!«, meinte er noch mit einem recht hinterhältigen Grinsen, drückte seinen geliebten Hut mit einer Hand auf den Kopf, bevor der Striker auch schon mit rasender Geschwindigkeit unter dem Fauchen der Flammen nach vorn schoss.
 

Marcos Arm schlang sich reflexartig um Ace' Taille und der junge Kommandant schmunzelte amüsiert und recht selbstzufrieden in sich hinein, denn es wäre wohl gelogen, wenn er behaupten würde, dass er es nicht genau auf diese Reaktion abgezielt hatte.
 

Er genoss das elektrisierende Prickeln von Marcos Berührung auf seiner Haut, spürte wieder dieses altbekannte Flattern in seiner Magengegend, was den riskanten, schnellen Ritt auf den Wellen um noch so vieles besser machte.
 

»Yoi, erinnere mich daran, dass ich dir nachher für diese Aktion die Ohren langziehe...«, grollte Marco mit dunkler Stimme nah an seinem Ohr. Ace lachte als Antwort nur wenig eingeschüchtert. Er war viel zu euphorisch durch die adrenalingeladene Geschwindigkeit, durch das Rauschen der Wellen, die spritzende Gischt... durch den harten, warmen Körper, der sich gegen seinen Rücken drückte, dessen Präsenz ihn vereinnahmte und seine Flammen noch höher schlagen ließ.
 

Der Phönix war wie ein Katalysator für sein Feuer, Zunder für seine Glut... in seiner Nähe fühlte es sich immer an, als könnte er alles schaffen und das Unmögliche erreichen. Ace liebte diese irgendwie magische Verbindung ihrer Kräfte.
 

Sie erreichten bald eine zerklüftete Küstenlinie der Insel, an anderen hohen Kliffen sich die Wellen brachen. Ace regulierte das Tempo ein wenig und warf einen Feuerball in die Luft, um sich zu orientieren - er kniff die Augen zusammen und suchte die dunklen Felsen nach einem bestimmten Eingang ab, während sein Feuer einen orangen Schein über dem glänzenden Wasser verteilte.
 

»Ah, da.« Er steuerte den Striker gemächlich an die Felsen heran und lenkte ihn zielsicher durch einen schmalen Spalt zwischen dem Gestein, der gerade so Platz für das wendige, kleine Schiffchen und die beiden Männer darauf bot.
 

Dunkelheit umschloss sie und Ace ließ seine Finger entflammen, um ihnen Licht zu spenden. »Deswegen solltest du nicht fliegen«, erklärte er über die Schulter hinweg zu Marco, der noch immer dicht bei ihm stand. Auch sein Arm lag noch immer um ihn geschlungen, obwohl das bestimmt inzwischen nicht mehr nötig war - doch Ace würde sich ganz bestimmt nicht beschweren. »Du hättest in deiner Vogelform hier niemals durchgepasst und wärst eher abgeschmiert wie eine Bleiente«, grinste er breit.
 

»Bleiente, hm... Du weißt schon, dass ich im Rang immer noch über dir stehe und es da dieses alte, verstaubte Archiv auf der Moby gibt, das dringend mal aufgeräumt und sortiert werden müsste?! Wenn ich mich recht erinnere, bist du ja immer ganz begeistert von solcher Arbeit«, drohte ihm der Phönix trocken und Ace entging das maliziöse, amüsierte Funkeln in dessen blauen Augen nicht.
 

Er blinzelte in gespieltem Unglauben. »Das wäre ja Amtsmissbrauch, Marco. Und so etwas hinterhältiges würdest du doch niemals fertigbringen!«, appellierte er an das Gewissen seines Mentors.
 

»Du hast offensichtlich keine Vorstellung davon, zu was ich alles fähig bin«, raunte ihm Marco mit tiefdunkler Stimme entgegen, bevor er verschmitzt grinste. Obwohl das bestimmt alles andere als zweideutig gemeint gewesen war - immerhin war das hier Marco und nicht Thatch oder Izou - konnte Ace nicht verhindern, dass er unter diesen Worten erschauderte... und das definitiv nicht aus Angst.
 

Zum ersten Mal war er völlig verunsichert in der Nähe des älteren Kommandanten - nicht verängstigt, nur sprachlos durch dessen Präsenz - und brachte keine schnippische, schlagfertige Erwiderung zu Stande. Zu seinem persönlichen Glück erreichten sie endlich das Ziel ihres kleinen Ausfluges, sodass Ace um eine Antwort herumkam.
 

Der schmale Durchlass öffnete sich vor ihnen und verbreiterte sich in eine riesige, gewölbeartige Höhle, in der sicher fast die Moby Platz gefunden hätte. Die Decke der Höhle war geschmückt mit funkelnden Gesteinen und Flechten, die ein sanftes, türkises Licht verströmten.
 

Ace ließ den Striker langsam dahingleiten und löschte die Flammen seiner Hand, da sie nun genug natürliches Licht zur Verfügung hatten. Er ging langsam in die Hocke und streckte beide Hände aus, um seine Firefly-Attacke in abgeschwächter Form über das ruhig daliegende, schwarze Wasser der Grotte auszusenden. Die kleinen Lichter verteilten sich surrend und spiegelten sich tausendfach in der glänzenden Oberfläche, sodass es aussah, als würden sie auf dem Himmelzelt schwimmen.
 

Marco beobachtete ihn schweigend und mit schief gelegtem Kopf und als er gerade fragen wollte, was das Ganze sollte, schüttelte Ace hektisch den Kopf und legte sich den Zeigefinger über die Lippen. Er lehnte sich zu seinem Mentor und wisperte voll gespannter Erwartung: »Warte, du wirst es gleich sehen...«
 

Und tatsächlich begann das Wasser nach einer Weile unruhig zu werden und zu brodeln, als würde etwas großes aus der Tiefe aufsteigen. Die beiden Kommandanten schwankten auf dem in Bewegung gebrachten Striker, als mit einem mal fast gleichzeitig unglaublich viele Tümmler und Delphine durch die Wasseroberfläche brachen und spielerisch schnatternd nach Ace' Lichtern haschten.
 

Die Tiere selbst waren fluoreszierend und das aber nur zu einer bestimmten Tageszeit. Sie schimmerten in allen möglichen Farben des Regenbogens, sodass ein beeindruckendes Farbenspiel durch das Wasser zog und die Höhle förmlich wie ein glänzendes Feuerwerk explosionsartig zum Leuchten brachte. Einige Delphine steuerten neugierig zu Ace' Striker und der konnte nicht widerstehen, die glatten, feuchten Schnauzen zu streicheln, die sich ihm freundlich entgegen drückten.
 

Selbst der ernste Phönix erlag dem Zauber der Tiere offenbar, denn er ging neben Ace in die Hocke und kraulte einem fröhlich schnatternden Tümmler das Kinn, während ein zaghaftes Lächeln seine strengen Züge erhellte.
 

Ace betrachtete seinen Mentor verstohlen von der Seite und es verursachte ihm angenehmes Herzklopfen seinen Freund so entspannt zu sehen - seiner Meinung nach hatte es der Phönix mehr als verdient glücklich zu sein.
 

Er kannte nun Marcos Vergangenheit, doch er konnte ihn dafür nicht verurteilen. Er hatte einen Fehler gemacht - aber sie waren alle nur Menschen und auch wenn die Auswirkungen schrecklich gewesen waren, so empfand Ace es doch als ungerechtfertigt, dass Marco sich allein die Schuld an all diesen schlimmen Ereignissen zusprach.
 

Es gab so viele Schuldige dieser Tragödie... der König dieses Reiches, diese schreckliche Frau, die Marco für ihre Zwecke manipuliert hatte und nicht zu vergessen die Weltregierung, ohne deren absurde Forderungen all das vielleicht nie passiert wäre.
 

Irgendwann lenkte der junge Kommandant den Striker etwas abseits zu einer trockenen, sandigen Stelle der Höhle, wo sie sich beide nah nebeneinander setzten und den leuchtenden Tieren noch eine Weile schweigend zusehen konnten. Ace ließ ab und an immer wieder kleine Flammenkügelchen aufsteigen, in die die Tiere offenbar ganz vernarrt waren.
 

»Du weißt schon, dass das hier ein Ort ist, an den man eigentlich Mädchen bringt, um sie zu verführen...«, erwog Marco irgendwann. »Sollte ich mich geschmeichelt fühlen?«, schmunzelte er amüsiert und nahm heiter das pikierte Zusammenzucken der Feuerfaust wahr. Doch der junge Kommandant fing sich schnell wieder.
 

Ace zog eine Braue in die Höhe und musterte seinen Mentor neben sich betont gründlich, bevor er dreist grinsend meinte: »Naaaa, keine Sorge, du hast definitiv zu viel Landmasse südlich als nördlich der Gürtellinie, um in mein Beuteschema zu passen. Tut mir leid, aber heute wirst du nicht abgeschleppt, Piepmatz.«
 

Beide mussten lachen und Ace war definitiv stolz, dass er seine Schlagfertigkeit wiedergefunden hatte... vor allem, da Marco mit seinen Worten kurzzeitig ein äußerst irritierendes Bild heraufbeschworen hatte, das Aufregung durch seine Adern pulsieren ließ - sie beide, nackt, schwitzend, keuchend und eng umschlungen hier im Sand.
 

Und irgendwie hatte ihn diese Vorstellung bei weitem nicht so sehr abgeschreckt, wie sie es wahrscheinlich sollte. Doch diese Erkenntnis schob Ace ganz schnell beiseite.
 

»Marco...«

»Hm?«

»Danke, dass du es mir erzählt hast.«
 

Marco holte schnaufend Luft. »Yoi, dank' mir nicht, ich hätte es dir wahrscheinlich schon viel früher erzählen sollen, Ace...«
 

Der junge Kommandant schüttelte energisch den Kopf. »Nein, schon in Ordnung. Ich kann verstehen, dass du lieber nicht darüber reden wolltest. Wirklich.« Er wandte sich seinem Mentor zu, doch durchforstete den Sand mit den Fingern und mied unsicher dessen Blick, während er noch mit sich rang.
 

Die folgenden Worte so offen auszusprechen fiel ihm ehrlich nicht einfach, denn damit gewährte er Marco einen unverhohlenen Blick in sein Seelenleben. Er gestand zum ersten Mal einem anderen Menschen neben seinen Brüdern einen Platz in seinem Leben zu, machte sich damit abhängig von ihm.
 

»Marco, ich... also du sollst wissen, dass ich immer für dich da bin. Ich... ich betrachte dich inzwischen als echten Freund, dem ich alles sagen kann, dem ich bedingungslos vertraue und naja... es wäre einfach schön, wenn du das auch in mir sehen könntest«, murmelte die Feuerfaust fast verlegen. In diesem Moment war er wieder mal froh über seinen geliebten Hut, in dessen Schatten er einen Großteil seines Gesichtes verbergen konnte. Man, er war wirklich nicht gut mit Worten...
 

Doch Marco lächelte ihn offen an und schob die Krempe seines Hutes wagemutig nach oben, um ihm in die Augen blicken zu können. »Ace, das tue ich. Das tue ich doch schon längst. Vielleicht hab' ich es noch nie so direkt ausgesprochen, aber natürlich bist du mein Freund. Ich vertraue dir schon längst.«
 

Ace biss sich aufgewühlt auf die Lippe und war froh, dass ihm etwas in den Sinn kam, womit er die emotionale Stimmung durchbrechen konnte, immerhin mussten sie es mit dem peinlichen Gefühlskram ja auch nicht übertreiben. »Sag mal, mir fällt gerade ein... du hast erzählt, das alles wäre Jahre her...«, nachdenklich verengte er die Augen und fixierte seinen Mentor prüfend, »Wie alt bist du eigentlich?«
 

Statt einer direkten Antwort hoben sich Marcos Mundwinkel langsam zu einem süffisanten Grinsen. »Was denkst du denn wie alt ich bin?«
 

Ace kratzte sich ratlos im Nacken, während er die Nase grübelnd kraus zog. »Keine Ahnung... vielleicht vierzig?!«, riet er achselzuckend. Es war offensichtlich, dass Marco älter war als er, aber so recht konnte er den Phönix nie einschätzen. Er schien eigentümlich zeitlos.
 

Marco lachte laut auf, ein dunkler, satter Ton, der Ace ausnehmend gut gefiel. »Du schmeichelst mir, Streichholz, wirklich«, meinte er belustigt, bevor er schmunzelnd offenbarte: »Als ich damals die Teufelsfrucht gegessen habe war ich fünfundvierzig Jahre alt. Und das war vor sechsunddreißig Jahren.«
 

Ace' Hirn brauchte einen Moment, um diese Information zu verarbeiten, doch dann klappte ihm der Kiefer herunter und er starrte seinen Mentor mit riesigen, ungläubigen Augen an. »Aber... dann wärst du ja-...«
 

»Einundachtzig?!«, half ihm Marco amüsiert auf die Sprünge. »Ja, so ungefähr.«

»Nee, nie im Leben! Du siehst doch nicht älter aus als... keine Ahnung... vierzig eben!«

»Du solltest nicht in gewöhnlichen, menschlichen Maßstäben denken. Ich altere durch meine Teufelskraft wesentlich langsamer.«

»Ja, aber... du bist älter als Pops!«

»Meinst du, ich sollte ihn nicht mehr Vater nennen?! Naja, du hast recht, wenn man es so betrachtet ist es schon irgendwie... komisch. Einigen wir uns einfach darauf, dass wir es niemandem verraten, hm?«

»Darf ich dich dann jetzt immer alter Sack nennen, ohne dass ich gleich das Deck schrubben muss?!«

»Yoi, vergiss' es!«

»Aber du bist alt!«

»Jetzt treib's nicht zu weit, Wunderkerze!«


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wow, okay... das war ein heftiges Kapitel.

Ich habe es gewagt mich mit Marcos Vergangenheit auseinander zu setzen und versucht ihm ein bisschen mehr Hintergrund zu verpassen. Ich hoffe einfach mal, dass das nicht völlig in die Hose gegangen ist ^^'

Ich würde mich natürlich sehr über diverse Meinungen zu diesem Kapitel freuen, das wirklich zu einem der schwierigsten bisher für mich zählt.

Liebe Grüße
eure Cey :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2018-12-23T12:30:55+00:00 23.12.2018 13:30
Ahhh ... man erfährt Marcos Vergangenheit! Und meine Güte ... da hast du dir ganz schön was einfallen lassen. Unglaublich. Das ist so traurig und tragisch und oh man ... meine Augen haben gebrannt. Der arme Kerl.
Auf der Moby Dick ist er wirklich besser aufgehoben. Da hat er die Familie, die ihn wertschätzt und niemals verraten würde. Aber deshalb macht es auch Sinn, dass er nie wieder irgendeine Bindung eingegangen ist. Bei so einer düsteren Vergangenheit würde mir das auch nicht mehr einfallen. Herrje ...
Es ist so toll von Ace, dass er ihn dann ablenkt und mit auf die Insel nimmt. Die Grotte hast du wundervoll beschrieben. Ein richtig romantisches Örtchen. Dass Ace das natürlich gleich mit seinen nördlichen und südlichen Landmassen stören muss, war klar, aber der wird noch feststellen, dass ihn das gar nicht stört. Hehe ... |D
Wirklich ein sehr schönes, sehr tiefsinniges Kapitel. Du triffst die beiden wirklich gut. Es ist schön, mal wieder eine FF zu lesen, die so gut ist und dann auch noch von den beiden handelt. Viele gibt es da echt nicht. Kenne eigentlich sonst nur eine Autorin, die diese beiden so gut schreiben kann. Und du natürlich. Danke dafür.
Antwort von:  Ceydrael
23.12.2018 22:27
Ja, Marcos Vergangenheit... das war ja wohl mal ein ganz schönes Brett! xD
Mensch, dieses Kapitel war wirklich ein Angstkapitel, denn wenn man einer Figur, über die kaum etwas bekannt ist, einen Hintergrund verpassen will, kann das nämlich auch ganz schön in die Hose gehen ^^'
Zum Glück ist das nicht passiert!
Für mich und meine Interpretation von Marco stand einfach fest, dass da schon etwas heftig schlimmes vorgefallen sein muss, damit er so wird wie er eben ist. Ich finde auch, dass dieser dramatische Hintergrund nochmal ein ganz anderes Licht auf die Zuneigung zu Ace wirft... und natürlich auf das bittere Ende :/
Aber daran wollen wir erst mal gar nicht denken!
Ablenkung war in diesem Moment wohl wirklich das Beste und ich konnte mir auch keinen Ace vorstellen, der Marco die Schulter tätschelt und „Alles wird gut“ murmelt, so ist er einfach nicht ^^

Jaaaa, unter gewissen Umständen werden ihn die Landmassen an der vermeintlich „falschen“ Stelle wahrscheinlich gar nicht mehr stören ;D

Ein unglaubliches Lob von dir, dass du die beiden gut getroffen findest – wirklich Danke für deine Einschätzung! Ich fühle mich geehrt! Das bedeutet mir echt viel, gerade weil du selbst Autor bist und da sicher auch nochmal ein Stück weit kritischer, ich kenne es ja selbst ;)


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