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Das Rudel des Westens

- Erzählungen von Geistern und anderen Dämonen
von

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9. Allianzen unter Feinden

Viel weiter im Westen war die Stimmung weitaus weniger Friedvoll. Nach außen hin vollkommen eiskalt und unbewegt saß Kimi würdevoll auf dem großen Doppelthron, welchen sie nun schon seit Jahrhunderten als ihren alleinigen betrachtete. Einige Schritte von ihr entfernt kauerte ein deutlich verletzter Nekoyokai und erstatte leise Bericht von den, erst zwei Tage zurückliegenden, Ereignissen. Als er zum Ende kam konnte die sonst so beherrschte Fürstin ein frustriertes Knurren nicht mehr zurückhalten. So war das alles nicht geplant gewesen. Hätte sie gewusst, dass ihr Sohn und diese ehrlose Hündin ihren verräterischen Gemahl gefunden hatten, so hätte sie sich einen besseren Plan einfallen lassen. Allerdings war das Geschehene nun nicht mehr zu ändern und ein hinterhältiges Grinsen zierte ihre Lippen, als sie ihre Chance zwischen den Ereignissen hervorblitzen sah. Vielleicht konnte sie sich mehr als nur einem einzigen Problem entledigen, wenn sie es nur clever genug anstellen würde. Nun musste sie schnell handeln, nach allem, was der Kater ihr berichtet hatte war Sesshomaru doch wirklich allen Ernstes im Begriff, diesen Köter als seine Gefährtin zu wählen. Sollte er die Chance erhalten seine Kräfte zurückzuerlangen, bevor sie den nächsten Schlag ausführte, würde er das Bindungsritual mit dieser Konkubine vollziehen und diese Tatsache würde die Dinge mehr als nur ein wenig verkomplizieren: ein Teil seiner Stärke würde durch die Verbindung ihrer Blutlinien auf sie übergehen und so wenig es Kimi auch wahr haben wollte, so würde diese Stärke ausreichen, um aus der einfachen Yokai eine Daiyokai werden zu lassen. Drei Daiyokai auf einem Fleck, die nach dem letzten Zwischenfall unter allen Umständen auf der Hut sein würden, waren eine Kräftevereinigung, welche von absolut niemandem auf die leichte Schulter genommen wurde, erst Recht nicht, wenn zumindest zwei der Yokai dem Geschlecht des großen Fürsten angehörten.

Mit einer ungeduldigen Handbewegung scheuchte sie den Nekoyokai aus dem Raum und rief nach dem zweiten Hauptmann ihrer Wache, da dieser ihr treu ergeben war, während der erste Hauptmann von ihren Machenschaften niemals etwas erfahren durfte, seine Treue zu Tashomaru und ihrem Sohn war ungebrochen und kein einziger Versuch ihn auf ihre Seite zu ziehen hatte Früchte getragen. Mit einem eleganten Kniefall huldigte der schwarzhaarige seiner Herrin und blickte dann abwartend zu ihr auf, während sich die Gedanken der Hundefürstin noch immer im Kreis drehten, sie musste sofort reagieren! Noch waren sie schwach und dennoch musste ihr Plan hinterhältig und akribisch genug sein, damit ihr Sohn sie nicht als den Drahtzieher all dieser Ereignisse würde erkennen können. Denn auch wenn sie stark war, ihr Sohn übertraf ihre Stärke bei weitem und sie war sich dessen gewiss, dass er nicht eine Sekunde zögern würde sie zur Rechenschaft zu ziehen, sollte er wittern, welche Pläne der Hundefürstin in den Sinn standen.
 

Unbarmherzig wurde Sayumi von den ersten frechen Strahlen der Sonne geweckt, obwohl sie noch einmal versuchte sich in der kuscheligen Wärme des Mokomoko zu verbergen, auf welchem sie lag, dann begann ihr noch immer vom Schlaf vernebelter Verstand jedoch langsam zu arbeiten und brachte die Erinnerungen an die vergangenen Tage zu ihr zurück. Langsam und zögerlich öffnete sie die Augen und fand sich in einer fesselnden Umarmung des weißen Schulterfelles wieder, während von dessen Besitzer allerdings weit und breit keine Spur zu sehen war. Vorsichtig richtete sie sich auf und blickte –noch immer ein wenig verschlafen – auf der Lichtung umher. Der Regen hatte die letzten Spuren des Kampfes hinfort gespült, lediglich die, wie Streichhölzer, umgeknickten Bäume und einige tiefe Pfoten abdrücke zeugten noch von dem Kampf der hier gewütet hatte. In einigen Metern Entfernung fand sie schließlich wonach sie gesucht hatte und musste unwillkürlich ein wenig Lächeln. Sesshomaru hatte seinen zerrissenen und blutbesudelten Kimono gegen einen seines Vaters getauscht und saß entspannt mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt in der Nähe der Hütte und beobachte aus den Augenwinkeln, wie Rin einige der unbeschadeten Blumen pflückte und versuchte Inuyashas Ohren mit eben diesen zu dekorieren, was der Hanyou natürlich nicht als sonderlich erquickend empfand.

Tashomaru schien die Kampfschäden an der Hütte in Augenschein zu nehmen, während Izayoi vorsichtige Versuche machte Freundschaft mit dem zweiköpfigen Drachen zu schließen, welcher dieser Idee zumindest mit einem seiner Köpfe nicht abgeneigt zu sein schien, während der andere Kopf abwartend jede Reaktion seines Herren beobachtete, welcher nun da er sah, dass Sayumi sich erhoben hatte allerdings keine Beachtung mehr für sein Reittier übrig zu haben schien. „Sayumi!“ Erleichtert über die Ablenkung durch die braunhaarige Yokai suchte Inuyasha sofort das Weite, während es Rin nicht sonderlich interessierte, dass ihr bisheriger Spielgefährte sich lieber bei seinem Vater versteckte, als sich weiterhin von ihr dekorieren zu lassen. So schnell ihre kurzen Beine das Menschenmädchen tragen konnten war sie aufgesprungen und in Richtung der näherkommenden gerannt, wobei sie allerdings Jaken übersah, welcher sich gerade ein schattiges Plätzchen suchte, an welchem er sein Nickerchen halten konnte. Mit einem lauten Schmerzensschrei stürzte Rin der Länge lang über den Krötendämon, welcher Augenblicklich zu zetern begann, dass das Menschenkind doch gefälligst besser aufpassen sollte, wohin sie lief. „Jaken!“ Sesshomarus Stimme hatte ihre altbekannte Stärke und Schärfe zurückgewonnen und der Kröterich begnügte sich nun damit leise vor sich hin zu murmeln, wie ungerecht Sesshomaru-sama doch war und das es dieses Mal wirklich die Schuld des ungeschickten Menschenkindes gewesen war. Izayoi konnte sich ein leises Glucksen nicht verkneifen, während Tashomaru nur amüsiert den Kopf schüttelte. Rin hatte sich unterdessen wieder aufgerappelt und schmiegte sich vertrauensvoll gegen das Mokomoko des Fürsten, welches Sayumi noch immer von der Schulter herab hing, während sie in die Hocke ging, um sich die Wunde am Knie des Kindes anzusehen. „Sayumi, du bist wieder wach! Ich dachte schon du willst gar nicht mehr aufwachen, du hast drei Tage geschlafen und dabei hast du immer gesagt, dass Yokai eigentlich gar keinen Schlaf brauchen!“ Der anklagende Unterton der kleineren brachte Sayumi verhalten zum Grinsen während sie ihr geduldig zu erklären versuchte, dass verletzte Yokai doch mehr Schlaf benötigten als normalerweise, was von dem Energiebündel allerdings sofort wieder in Frage gestellt wurde. „Sesshomaru-sama war doch aber schwerer Verletzt als du und der hat auch nur zwei Tage geschlafen.“ Hätte Sayumi keine so gute Erziehung genossen hätte sie sich in diesem Moment wahrscheinlich, in Erklärungsnot geraten, die Hand vor die Stirn geschlagen. „Sesshomaru-sama ist – ähm …“ „Mein Sohn ist ein Daiyokai, sein Heilungsprozess geht schneller vonstatten, als der eines normalen Yokai, außerdem hat Sayumi das erste Mal in ihrem Leben ihre natürliche Form angenommen, was zusätzlich zu ihren Verletzungen sehr viel von ihrem Youki verbraucht hat – und du darfst nicht vergessen, dass sie zwei Nächte lang unermüdlich an seiner Seite gewacht hat.“ Dankbar lächelte Sayumi zu ihrem Herrn empor, als dieser neben sie trat und mit seinen Erklärungen zu ihrer Rettung ansetzte. Kurz blickte Rin überlegend zu dem Daiyokai hinüber und begann dann zu lachen. Erleichtert legte Sayumi den Kopf in den Nacken, ganz offensichtlich waren Rins Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet worden und die Yokai somit aus ihrer Befragung entlassen, auch wenn sie lange geschlafen hatte fühlte sie sich noch immer schwach und erschöpft.

Gerade als sie dazu ansetzen wollte Tashomaru zu Fragen, ob er eine Vorstellung davon hatte woher die Nekoyokai gewusst haben konnten, wo er zu finden war, zog eine andere, leise Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Sayumi. Komm her.“ Leicht biss sie sich vor schlecht unterdrückter Nervosität auf die Lippen und zwang sich dazu auf die Beine zu kommen und die kurze Distanz zu dem Fürsten unter dem Baum zu überbrücken. Langsam ließ sie sich neben ihm auf die Knie sinken und senkte den Kopf, während sie vorsichtig sein Schulterfell von ihrem Arm löste, um es ihm zurückzugeben. Allerdings hielt er sie noch bevor sie ihr Vorhaben beenden konnte davon ab und schob sein Mokomoko wieder auf ihrer Schulter zurecht. „Du bist noch nicht wieder bei Kräften, es wird dich warm halten.“ Meinte er leise, ließ ihren Arm wieder los und richtete seinen Blick nachdenklich auf einen imaginären Punkt hinter ihrer Schulter. Erneut drängten sich tausende und abertausende Fragen in den Kopf der Yokai, allen voran die Frage danach, ob er das was er in der Nacht in der er das Bewusstsein wieder erlangt hatte gesagt hatte wirklich ernst gemeint hatte, oder ob auch diese Reaktion lediglich seiner Nahtoderfahrung zuzusprechen war. Allerdings hatte sie in den letzten Jahrhunderten in erster Linie auf die schmerzhafte Art gelernt, wann es besser war den Daiyokai nicht in seinen Gedankengängen zu stören und ihn mit Fragen zu belästigen. Schweigend saß sie eine Weile regungslos neben ihm und beobachte mit wachsender Faszination, wie der Wind mit seinem langen Haar spielte und das gespiegelte Sonnenlicht in seinen goldenen Iriden eine beinahe schon unheimliche Intensität annahm. Beinahe schon ein wenig belustigt nahm sie am Rande wahr, dass Tashomaru und Izayoi es scheinbar vorzogen die momentane Situation zu ignorieren und die Kinder zu beschäftigen, damit diese den Daiyokai nicht aus seinen Überlegungen reißen würden und ihm somit die Chance nahmen vielleicht doch noch seine Stimme wieder zu finden, bevor die Nacht sich des Himmels bemächtigte. Die Versuche die neugierige Rin abzulenken nahmen nach einigen Minuten so lächerliche Ausmaße an, dass Tashomaru – der stolze, unbeugsame Hundefürst – sich sogar dazu hinreißen ließ sich Blumen in die silberne Mähne flechten zu lassen. Wäre Sayumi selbst im Inneren nicht so angespannt gewesen hätte sie, trotz ihres Respekts vor ihrem Herrn, wahrscheinlich lauthals zu lachen begonnen, so nahm sie diese Situation allerdings nur am Rande wahr und zuckte zusammen, als Sesshomaru schließlich zu sprechen begann. „Du solltest dich noch ein wenig ausruhen, deine Wunden waren tief, auch wenn du es nicht bemerkt hast. Schlaf noch ein wenig – aber bleib hier bei mir.“ Der letzte Teil seines Satzes war so leise gewesen, dass Sayumi beinahe geglaubt hätte sich verhört zu haben, allerdings wurde sie eines besseren belehrt, als der Fürst sie einfach ohne ein weiteres Wort mit einer Hand nach unten zog und sie somit dazu brachte mit dem Kopf auf seinem ausgestreckten Bein zum Liegen zu kommen. Leise seufzend schloss sie die Augen und genoss die Ruhe. Irgendetwas – eine leise Stimme in ihrem Inneren – sagte ihr, dass dieser Frieden bei weitem nicht so lange anhalten würde, wie sie es sich wünschen würden.



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