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Underworld

Mal den Teufel an die Wand
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wenn sich die Sicht ändert und ein anderer Charakter erzählt, gebe ich das vorher an. Aber wenn da keine Sicht drüber steht, geht es immer noch mit dem Charakter weiter, um den es im vorherigen Kapitel ging. Komplett anzeigen

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Das Siegel

Wie angewurzelt stehe ich vor den Stufen und weiß nicht, was ich davon halten soll, geschweigedenn, was der Typ meint.

Immer noch verwirrt lasse ich ihn nicht aus den Augen, während er die Stufen zu mir heruntersteigt.

»Zuerst machen wir ein kleines Ritual« , meint er auf einmal.

»Was denn für ein Ritual? Irgendein Zeichen auf den Boden schmieren und Geister beschwören?« .

»Pff.. Was glaubst du, woher diese Geister kommen? Nein. Das hier ist eine Sache zwischen dir und mir!« , erzählt er mir und schaut mich ernst an. Jetzt kann ich seine Augen erst richtig erkennen. Seine Augenfarbe ist rot und seine Pupille sieht aus wie ein umgedrehtes Kreuz. Solche Augen habe ich noch nie gesehen! Sie haben so eine hypnotische Ausstrahlung.

Mit seinen blassen Händen packt er meine Ärmel und sieht mich abwartend an.

Unsicher gebe ich von mir: »Ich soll einen Pakt mit dem Teufel eingehen?« .

»Du sollst? Hehehe, ich zwinge dich dazu!« , antwortet er mir und zieht mich die Treppenstufen hinauf.

»Hey, was -« , schon wirft er meinen Arm nach vorne und ich lande unsanft mit dem Hintern auf seinem Thron. Meine Mütze verrutscht und ein paar Strähnen fallen in mein Gesicht. Der Typ steht vor mir und sieht mit einem Grinsen auf mich herab. Mit unangenehmen Gefühlen sinke ich ein wenig ein.
 

»Zieh' dein Hemd hoch!« , befiehlt er mir.

»Was?!« , frage ich panisch. Nichteinmal Simon versucht etwas dagegen zu unternehmen. Sein Instinkt scheint es ihm zu verbieten.

»Ich sagte...« , fängt er erneut an und stützt seine Hände auf die Armlehnen des Throns. Mit dem makellosen Gesicht drängt er mich weiter nach hinten. Sein Gesichtsausdruck wurde ernster. »... zieh dein Hemd hoch!« .

»Schon gut!« , antworte ich und denke mir im Nachhinein: Wenn's nicht meine Hose ist...

Während ich mein Polohemd hochschiebe schmiert sich der umgedreht auf meinem Schoß sitzende Dämon etwas Zähes auf die Finger. Sieht aus wie Farbe, aber ich glaube nicht, dass das in irgendeiner Art Farbe darstellen soll.

»Ähm... Was ist das?« , frage ich nervös. Mit einer hochgeschobenen Augenbraue fragt er zurück:

»Und das willst du wirklich wissen?« .

»Lieber nicht...« .

Er fängt an, die seltsame Schmiere auf meinem flachen Bauch zu verteilen. Es fühlt sich an wie das Auftragen einer Salbe. Dabei grinst er hämisch.

»Und nun die nie erlöschenden Flammen der Hölle!« , präsentiert er und erzeugt blaue Flammen aus seiner Handfläche, die er auf meinen Bauch drückt. Meine Haut verbrennt sofort!

Wie am Spieß schreie ich meinen Schmerz aus! Das tut weh! Das tut so sehr weh!! Ich versuche mich freizukämpfen und beiße mir die Zähne zusammen. Doch der Dämon hält mich fest.

»DAS TUT WEH!!« , klage ich und schreie ihn richtig an. Er lacht nur genüsslich.

»Soll es auch! Was hast du erwartet?! Du bist echt zu niedlich!« . Er beugt sich zu mir runter und spricht leise in mein Ohr:

»Los, schreie noch lauter! Belustige mich noch mehr!« .

»Lass mich, bitte!« , stöhne ich über den Schmerz hinweg und mir kullern schon einzelne Tränen über die Wangen. Ich will unter dem gequälten Stöhnen schon zum zweiten Schrei ansetzen und verkrampfe mich. Aber ich unterdrücke meinen Schrei so gut ich kann.

»Wohl doch nicht, was?«, meint er und schüttelt den Kopf, »Sowas! Bei so jemandem wie dir brauche ich wohl eine andere Herangehensweise«.

Durch mein Verkrampfen fühlen sich meine Bauchmuskeln an, als würde man mich mit einem heißen Eisen verprügeln. Mein Körper zuckt heftig zusammen.

»Shhh, shhh! Hans, ganz ruhig.« , zischt er leise und legt meinen Kopf auf seiner Brust ab. Ich vergrabe mein Gesicht tief in seinen wohlriechenden, weichen Klamotten und kralle mich mit den Händen an seinem Rücken fest.

»Verkrampfe dich nicht so, sonst wird der Schmerz schlimmer. Beruhige dich« .

Schwer versuche ich wieder normal zu atmen und lockere meinen Griff etwas. Ich höre seinen Herzschlag, der auch etwas beruhigend auf mich wirkt. Derweil versuche ich an etwas anderes zu denken, um den Schmerz schneller loszuwerden.

Er ist also wirklich der Teufel, der Herrscher der Hölle. Ich war nie sehr gläubig, aber nun bin ich hier in der Hölle und in den Armen des Teufels. Des Bösen persönlich. Hat er nicht einen Namen? Nein, er hat viele Namen, ich kenne ein paar. Aber welcher davon ist der Richtige? Ich traue mich nicht, ihn zu fragen. Vielleicht stimmt auch keiner.

Er steigt von mir und vom Thron runter.
 

»Du kannst dich jetzt wieder hinstellen. Der Schmerz vergeht erst später, sehr ungünstig, da du sitzt« .

Ich hatte kaum gemerkt, dass es vorbei ist.

Vorsichtig richte ich mich auf und - Autsch! Ein starkes Ziehen durchfährt meinen Körper.

»Keine Sorge, das war magisches Feuer, die Brandwunde und die Schmerzen sind morgen wieder verschwunden« .

Na klasse, und was nun? Mit diesen Schmerzen werde ich da draußen in der Hölle nicht überleben. Ich bin auf einmal so müde, wie spät ist es denn?

»Hast du zufällig ein Zimmer frei?« .

Der Teufel dreht sich um und ruft nach jemandem.

»Caren! Bringe diesen Sterblichen auf sein Zimmer!« .

Da steht auf einmal ein Mädchen an der Treppe mit blondem, taillienlangem Haar und großer Brille. Sie verbeugt sich und sagt: »Jawohl, Eure Majestät« .

»Sag mal, was war das für ein Ritual?« , frage ich ihn nachdenklich und Simon fliegt fiepend auf mich zu. Er ist anscheinend besorgt gewesen.

»Das sage ich dir später. Jetzt gehst du erstmal mit Caren mit« .

»Ich denke nicht, dass ich schon die Treppe runter gehen kann, alles tut noch weh« , klage ich.

»Hm, ich könnte dich da auch einfach runter treten...« , meint er während er sich einen Zeigefinger demonstrativ ans Kinn hält und nachdenklich an die Decke schaut.

»Nee, lass mal. Ich laufe!« , winke ich ab und werfe beim Runtergehen ebenfalls einen Blick auf die hohe Decke. Dort erstreckt sich ein langes Ölgemälde von einer großen Schlacht zwischen Engeln und Dämonen.

»Bitte hier entlang« , bittet mich das Mädchen und zeigt mir den Weg. Zum Glück geht sie voraus, ansonsten würde ich mich in diesem riesigen Schloss 20 Mal verlaufen!

»Kannst du mir sagen, ob - ?«.

»Shhh!« , zischt sie mir kurz und leise zu. Wie es aussieht soll ich keinen Ton von mir geben.

Ohne ein Wort öffnet sie den Vorhang und geht durch, ohne ihn mir aufzuhalten. Wie unfreundlich. Aber ohne zu meckern gehe ich auch durch.

Sie geht zu einer Tür. Ich folge ihr und wage erneut einen Gesprächsanlauf:

»Caren heißt du?« .

»Und du?« , fragt sie hinterher.

»Ich bin Hans, freut mich dich kennenzulernen!« , antworte ich und strecke ihr die rechte Hand entgegen, zucke aber wegen der Schmerzen zusammen.

»Das hier ist das Bad. Mach' dich frisch und wenn du fertig bist, zeige ich dir dein Zimmer« , sagt sie dazu und öffnet die Tür für mich. Etwas betrübt nehme ich die Hand runter und gehe ins Bad.
 

Das Badezimmer ist sehr groß und schön eingerichtet. Eigentlich wie jedes andere Badezimmer auch, jetzt nichts komplett Luxuriöses aber trotzdem sehr schön, geräumig und hat sonst auch alles. Simon fliegt ein bisschen im großen Raum herum, während ich mich zum Waschbecken begebe, über dem ein Spiegel hängt. Ich drehe den Wasserhahn auf und fülle meine beiden Hände mit Wasser, um mir damit das Gesicht zu waschen und danach in den Spiegel zu gucken.

Ich sehe ja wirklich ein wenig müde aus. Simon fiept mich an. Ich gehe lieber noch nicht duschen, die Verbrennung schmerzt sowieso zu sehr, da sollte ich mich nicht so viel bewegen.

»Komm, Simon« , rufe ich ihn. Simon fliegt langsam hinter mir her während ich die Badezimmertür öffne und aus dem Raum trete. Dort wartet Caren schon. Sie lehnt an der Wand und sieht verträumt aus. Ihre gelb-grünen Augen funkeln. Nach einem tiefen Seufzer wendet sie sich mir zu:

»Hier entlang« . Wieder geht sie voraus.

»An was hast du gedacht?« .

»An gar nichts. Du bist ziemlich neugierig, was?« , fragt sie mich und lächelt mich über die Schulter hinweg an. Sie wirkt etwas ernst, sieht aber mit diesem Lächeln nett aus.

»Vielleicht ein bisschen?« .

Wir gehen einen langen Gang entlang mit Gemälden an der rechten Wand und Türen zu unserer Linken. Auf einmal bleibt Caren an einer Tür stehen und wendet sich an mich:

»Das ist das Gästezimmer und erst einmal deins. Du wirst vielleicht nicht oft hier sein. Den Grund erfährst du bald« , verabschiedet sie sich und geht. Wie bestellt und nicht abgeholt stehe ich vor der Tür.

»Soll ich da wirklich reingehen, was meinst du, Simon?« . Meine erschöpfte Fledermaus schläft bereits, an meinem Ohrtunnel hängend. »Na dann...« .

Ich öffne die Tür und finde mich in einem mit Teppichboden ausgelegten, weiten Raum wieder. Vor mir ein großes Bett, daneben ein Nachttisch und ein verzierter, beweglicher Spiegel mitten im Raum. Ein großer Kleiderschrank und noch derartiges, was in ein Zimmer gehört.

Als ich die Tür hinter mir schließe, kommt mir etwas in den Sinn. Lieber abschließen, sicher ist sicher. Also drehe ich den Schlüssel im Schloss um. Und ja, ich fühle mich wirklich sicherer.

Müde schlurfe ich zum Bett mit dem satanistischen Bettbezug. Erschöpft lege ich mich vorsichtig aufs Bett, um Simon nicht aufzuwecken. Ich schlafe immer auf dem Rücken und bewege mich kaum im Schlaf. Simon ist an manchen Tagen tagaktiv und geht manchmal zur selben Zeit ins Bett wie ich, wie man sieht. Ich habe aufs Nachdenken auch keine Lust mehr. Ehe ich mich versehe, schlafe ich ein. Dauert auch nicht lange.
 


 


 


 


 


 

Ein Fiepen weckt mich aus meinem traumlosen Schlaf. Langsam öffne ich meine müden Augen und sehe Simon vor mir, wie er kopfüber an meiner Mütze hängt. Ich habe wohl vergessen, diese am Abend abzusetzen. Aber das ist mir jetzt auch egal.

»Na Simon? Auch schon wach? Stimmt, du hast Hunger. Wo sind wir eigentlich?« .

Dieser Moment, wenn man woanders aufwacht und im ersten Moment keine Ahnung hat, wo man ist und wie man da hingekommen ist. Jetzt fällt es mir wieder ein.

»Ach ja, in der Hölle« . Simon zieht mich an meinem Finger hoch und flattert wie wild.

»Da fällt mir noch etwas ein« . Ich stehe auf und begebe mich zum Spiegel. Vorsichtig ziehe ich mein Hemd hoch und sehe... gar nichts. Ich meine, da ist kein Zeichen oder eine Brandwunde oder sonstiges, was irgendwie ungewöhnlich sein könnte.

Vielleicht habe ich einfach nur wieder zu viel gesoffen und mir alles eingebildet. Ich brauche auf jeden Fall etwas zu trinken. Ein Bier oder so...
 

Widerwillig begebe mich in den Gang zurück.

Stimmt, ich kenne mich hier ja gar nicht aus. Wo ist denn Caren?

Desorientiert wandere ich durchs Schloss. Alles ziemlich geräumig hier... Da ist sie ja! Caren steht vor einer größeren Tür und späht durch den Türspalt. Sie guckt so verträumt und sieht ein wenig rosa im Gesicht aus. Ich gehe auf sie zu, aber sie bemerkt mich nicht sofort. Caren ist so vertieft in das, was da in dem Raum ist.

»Caren, was machst du hier?« . Sie erschreckt sich und antwortet sofort:

»Gar nichts! Ich habe nichts unrechtes getan! Ach du bist es« . Beruhigt atmet sie auf.

»Was ist denn da?« , frage ich und gebe mich meiner Neugier hin.

»Spinnst du?!« , flüstert sie mir zu während auch ich durch den Türspalt spähe. Dort drinnen sehe ich einen weiten, gemütlich aussehenden Raum, und ein großes, weinrotes Bett mit zugeschnürten Vorhängen. Die Vorhänge sind einzeln an den vier Säulen des Bettes befestigt, sodass man eine gute Sicht auf den weinrot-weißen Bettbezug hat. Und auch auf das, was drin liegt. Oder auf den, der drin liegt. Als sich die Gestalt in dem Bett ein Mal im Schlaf mit einem Stöhnen auf die andere Seite dreht, erkenne ich das pechschwarze, leichte Haar und die geringelten Hörner.

»Was?« , flüstere ich ungläubig und Caren zieht mich am Arm von der Tür.

»Komm da weg!« , flüstert auch sie. »Bitte! Verrate ihm nicht, dass ich ihn beim Schlafen beobachte!« .

»Hm, ich werde es ihm nicht verraten, wenn du mir ein paar Fragen beantwortest!« , sage ich siegessicher.

»Erpressung... Du gehörst wirklich in die Hölle« .

Das macht mich irgendwie stolz. Sie verschränkt die Arme vor der Brust.

»Gut, was willst du wissen?« .

»Erstens: Weißt du, wo es Fledermausfutter gibt? So Insekten oder Würmer?« .

»Hm, das kleinste Ungeziefer ist so groß wie deine Fledermaus selbst und im Schloss gibt es das erst recht nicht« .

»Ok, zweite Frage: Was findest an dem Teufel so toll?« , frage ich und lehne mich ihr gespielt entgegen. Sie versucht beschämt meinem Blick auszuweichen, mit dem ich die Antwort aus ihr rausquetschen will.

»Ach, du bist unmöglich!« .

»Komm schon! Sonst verrate ich ihm dein kleines Geheimnis, Stalkerin!« . Davon muss ich grinsen.

»Weißt du, er ist einfach der Tollste und so wundervoll skrupellos! Dabei ist er noch so unglaublich sexy und seine Folterkenntnisse sind einfach überragend! Ich würde alles geben, wenn er mich nur ein Mal auf seinem Schoß sitzen ließe, aber das macht er nur bei seinen „Lieblingen" und ich gehöre nicht dazu...« , schwärmt sie aber nun versiegt ihr Lächeln. Caren ist also der klassische „Notice me, Senpai" - Typ.

»Du bist ja neu«, sagt sie, »Also sollte ich dir etwas erklären. Jeder Untertan unseres Königs erhält von ihm persönlich eine Strafe. Das ist eine besondere Ehre für uns und wir sollten sie jeden Tag mit Stolz tragen. Sie symbolisieren unsere Zugehörigkeit und unsere Buße - und diese von Seiner Majestät dem König zu erhalten ein besonderes Geschenk. Er besteht darauf, die Strafen selbst zuzufügen, da wir sein Eigentum sind, und niemand anderem gehören dürfen. Mir hat er diese Armbänder geschenkt«.

Sie präsentiert mir stolz ihre Strafe.

Es sind Stachelarmbänder aus Leder mit Metallstäben als Stacheln. Ihre Arme sind blutunterlaufen. Wie kann man sowas nur als Ehre empfinden?! Das muss ja verdammt wehtun!

»Siehst du diese Stacheln?«, fährt sie fort, »Die sind auch auf der Innenseite und bohren Löcher in mein Fleisch. Das Band ist sehr eng geschnürt und Seine Majestät zieht es bei Bedarf auch wieder fester zusammen. Nur er allein darf an einer Strafe irgendetwas ändern. Nichteinmal verzieren darf man seine eigene Strafe, die alleinige Befugnis hat der Gebieter« .

Das klingt ja abartig...

»Tut bestimmt sehr weh« , entgegne ich.

»Oh, ich würde mich niemals darüber beschweren, ich bin froh, dass ich auserwählt wurde, hier bleiben zu dürfen. Mir wurde diese besondere Ehre nur zuteil, weil ich nützlich bin und ich bin immer sehr dankbar dafür, wenn ich einen Nutzen haben kann. Und was hat er dir geschenkt?« .

»Ähm, ich weiß nicht, ob das zählt, aber... Er hat mir ein seltsames Zeichen auf den Bauch gezeichnet und eingebrannt, aber davon sehe ich nichts mehr« .

»E-Ein Siegel? Aber... das hat er noch nie gemacht!« , Caren scheint erschrocken zu sein. Stimmt etwas damit nicht? Soll ich mir jetzt Sorgen machen?

»Er hat dich voll im Griff! Du bist nun sein Wirt! Du musst ihm anscheinend ziemlich wichtig sein...« .

Caren sinkt an der Wand herunter und sitzt nun depressiv rum. Ich setze mich zu ihr.

»Wem mache ich hier was vor? Du bist eben ein Mensch in guter körperlicher und geistiger Verfassung und siehst sogar noch gut aus. Hier ist das eine Rarität. Er interessiert sich bestimmt nicht für eine Harpyie wie mich« , sagt sie enttäuscht und Federn kommen aus ihrem Rücken und ihren Armen heraus. Sie hat Flügel, ganze vier. Die Arme mitgezählt. Ihr kullert eine Träne über die Wange. Ich mag es nicht Frauen weinen zu sehen, also baue ich sie auf:

»Hey, sag sowas nicht! Du bist hübsch, intelligent und eine nette Person, wer würde sich da nicht für dich interessieren? Außerdem hast du mir bisher sehr geholfen, als ich nicht weiterwusste. Du bist wie ein Engel!« .

»Und jetzt beschimpfst du mich auch noch?!? Er hasst die da oben, wie kannst du also soetwas nur sagen?!« .

»T-Tut mir leid! Ehrlich, ich habe es nicht so gemeint!« .

Sie lässt ihre Flügel hängen. Mann, das mit der Einfühlsamkeit muss ich noch üben. Plötzlich höre ich eine Tür aufgehen. Schlagartig steht Caren auf und sieht wieder glücklich aus. Ich stehe auch auf.

»Er ist wach! Nimm Haltung ein!« , Caren scheint sich zu freuen. Ich weiß gar nicht was ich machen soll. Soll ich ihn begrüßen oder einfach still sein? Und was meint sie mit „Haltung einnehmen"?

»Sag mal, wie heißt er eig-«.

»Shhh!« .
 

Der Teufel tritt ein wenig verschlafen aus der Tür und spricht leise mit sich selbst:

»Hach, schon wieder so schlecht geschlafen. Vielleicht hole ich mir heute Nacht eine Sukkubus mit ins Bett. Oder zwei...« . Er trägt ein weites, weißes Hemd und eine Schlafanzughose. Verschlafen aber dennoch anmutig geht er den Gang entlang und nur mit halber Beachtung an mir vorbei. Er schaut mich im Vorbeigehen an. Er dreht seinen Kopf nichteinmal, nur diese wunderschönen Augen, wobei das eine sowieso verdeckt ist. Er schenkt mir nur einen kurzen, aber trotzdem innigen Blick und wendet ihn dann wieder ab. Als ob ich ihn nicht interessieren würde. Sein Haar fliegt in der Bewegung mit. Er riecht gut. So wie gestern. Gestern... Bei dem Gedanken läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Da war ja was...

Bei Caren bleibt er stehen. Sie steht da schon seit er herausgekommen ist in Verneigung? Oh, scheiße, jetzt habe ich mich nicht verbeugt, oder muss ich das gar nicht? Ich habe ihn auch geduzt, während sie ihn immer nur mit „Eure Majestät" anspricht. Ich verhalte mich besser wie bisher.

»Caren« , sagt er im auffordernden Ton.

»J-Ja?« , fragt sie und richtet sich langsam wieder auf. Sie ist wieder rosa im Gesicht. Als stünde sie ihrem Märchenprinzen gegenüber. Ihr stockt der Atem.

»Ziehe deine Flügel wieder ein. Du weißt wie tollpatschig du mit ihnen umgehst« , tadelt er sie und verschränkt die Arme vor der Brust.

»J-Jawohl, Eure Hoheit« , erwidert sie leicht betrübt und schaut gen Boden. Langsam ziehen sich die Federn wieder in ihre Haut ein. Das sieht ebenfalls ziemlich schmerzhaft aus...

Binnen kürzester Zeit sind alle Federn wieder eingezogen bis auf ein paar vereinzelte. Mit einem Grinsen zeigt er sich zufrieden:

»Gut so. Caren, du passt mir gut auf Hans auf. Als Mentorin« . Mit diesen Worten und einer Verneigung von Caren geht er weiter seines Weges. Caren wendet sich voller Schreck an mich und schimpft mich flüsternd aus:

»Was machst du denn da?!?« .

»Wieso, was -« .

»Man schaut seinem Herren nicht in die Augen!! Und wenn er dich ansieht, dann tu um Höllens Willen alles um ihm nicht aus Versehen in die Augen zu schauen! In seiner Gegenwart herrscht Diskretion, Demut, Aufmerksamkeit und Konzentration! Dir darf kein Fehler passieren, ansonsten bist du schnell einmal gewesen!«.

»...« .

»Ich bin ja jetzt deine Mentorin, also tu das, was ich dir beibringe! Verstanden?« .

»Ja, alles klar« .

Ohne sich umzudrehen ruft der Teufel hinterher:

»Caren, wo bleibst du?«

»Sofort, Gebieter!«

Da läuft sie ihm schon hinterher und hält Schritt. Stimmt, sie ist seine Beraterin und er ist ihr Meister. Und jetzt ist sie auch mein Mentor.
 


 


 


 


 


 


 


 

Es ist abends, nachdem ich von Caren herumgeführt wurde und sie mich den anderen vorgestellt hatte. Sie alle betrachteten mich mit großen Augen und wollten, dass ich mich ein Mal drehe. Ich ließ mich so gut es geht begutachten bis es mir doch zu unangenehm wurde.

Caren hat derweil Glückwünsche entgegengenommen, da sie zum ersten Mal Mentorin ist und jemanden zugesprochen bekommen hat. Die scheinen wirklich nicht oft Menschen zu sehen. Sie alle sind Dämonen, manche unsterblich, die meisten aber sterblich. Aber alles in allem sind sie alle unterschiedlich mit unterschiedlichen Strafen. Also sind sie nie einheitlich und es gibt auch keine Strafe zwei Mal.

Merelyn zum Beispiel ist eine Sukkubus. Sie hat langes, schwarzes Haar und ähnliche Hörner wie der Teufel, aber nicht die gleichen. Fledermausflügel hat sie auch, also solche typischen Dämonenflügel. Rötliche Augen und ihre Strafe besteht aus Klingen in ihren Unterarmen. Sie hat aus ihrem Dresscode-Kleid etwas ziemlich Abstraktes gemacht. Jetzt besteht ihr ehemals weißes Kleid aus zwei schwarzen Strängen, die über die Brüste gespannt sind und nur die Details verstecken. Aber das nicht mal gut. Scheint ihr ja nicht viel auszumachen. Nur noch ein schwarzes Höschen an und nur wenig Schmuck.

Eigentlich dürfen sie keinen Schmuck tragen, aber sie darf das, weil sie bisher der Liebling seiner Hoheit ist und die Sachen von ihm bekommen hat. Wenn die Bediensteten etwas dazu tragen dürfen, dann nur das, was sie von ihrem Gebieter geschenkt bekommen.

Also ich finde diese ganze Unterwerfens-Kiste ziemlich idiotisch! Denen werden ja alle Rechte genommen! Aber sie zeigen sich dankbar und reden davon, wie viel Glück sie haben, jeden Tag Seiner Hoheit zu dienen und dafür in diesem schönen Schloss leben dürfen. Sie schlafen meist in geräumigen Gemeinschaftsräumen, es gibt auch Gemeinschaftsbäder aber sonst benutzen sie auch das Bad, in welchem ich mich gestern aufhielt.

Wie gesagt, es gibt verschiedene Strafen von großen bis kleinen Sünden gerecht verteilt. Diese Strafen tragen sie für immer mit sich. Eine zum Beispiel hatte früher mal Kampfflugzeuge geflogen und aus den höchsten Höhen Bomben auf Zielorte fallen lassen, also ist ihre Strafe eine umgekehrte Gravitation. Wenn sie da oben Böses tun wollte, dann konnte sie auch gleich für den Rest ihres Daseins da bleiben, hieß es. Denn sie kann nur an der Decke laufen und ist demnach auch nur in Räumen mit tiefer Decke zu gebrauchen. Obwohl, vielleicht ist sie ja genau deswegen nützlich. Sie kann an Dinge rankommen wie kein anderer!

Eine andere hat Undercover-Morde vollführt. Sie selbst blieb immer unentdeckt und arbeitete im Geheimen. Ihre Strafe ist es, sie darf keine Kleidung tragen. Das entblößte Gefühl der Nacktheit plagt sie Tag ein Tag aus. Man möge nun denken, dass das im Vergleich zu den anderen Strafen harmlos sei. Naja, der Teufel kennt wie es aussieht jede einzelne Schwäche der Neuen und wählt das aus, was ihrer gerechten Strafe am nähesten kommt und was für sie am unangenehmsten wäre. Trotzdem denkt sie nicht einmal daran, sich zu wehren oder gegen ihn zu rebellieren und ist wie die anderen dankbar und baut sich so ihren Stolz und ihr Selbstbewusstsein auf. Aha, Selbstbewusstsein bei so einem König? Der sie regelrecht versklavt? Ich denke eher nicht...
 

»Kannst es wohl immer noch nicht glauben, huh?« .

Ich schaue auf und sehe den Teufel am Rahmen meiner Zimmertür lehnen. Ich sitze oben ohne auf dem Bett und bin eigentlich dabei gewesen, das seltsame Zeichen auf meinem Bauch zu suchen bis ich in Gedanken versank. Er hat nicht einmal angeklopft.

»Ich weiß nicht. Habe ich mir das Ritual nur eingebildet?« , frage ich und sehe ihn dabei an. Ich sollte auf Carens Vorschlag hören und ihm nicht in die Augen sehen. Obwohl... wie könnte ich nicht? Sie fesseln mich regelrecht.

»Nein, das Siegel existiert« , antwortet er und kommt auf mich zu. »Ich kann es hervorrufen...« , nun beugt er sich zu mir runter, um mit mir auf einer Augenhöhe zu sein. Er legt beide Hände links und rechts von mir aufs Bett und schaut mich wieder so an wie letztens auf dem Thron. »...wann immer...« , nun rückt er mir doch etwas auf die Pelle! Ich weiche zurück und ehe ich mich versehe kniet er nicht nur auf meinem Bett, sondern auch über mir. »...ich es will!« , beendet er seinen Satz und grinst mich an. Ich schluckte. Er hat einen Schweif und er sieht genauso aus wie auf den Bildern. Dieser typische Teufelsschweif. Er scheint leicht wie eine Feder zu sein, denn er lässt ihn hin und her schwingen. Ich versuche irgendwie das Thema zu wechseln, da mir nun doch etwas Hitze ins Gesicht tritt. Ich hatte ihn vorher doch auch geduzt, oder? Also sollte ich doch jetzt auch keinen Ärger dafür kriegen. Oder??

»Ähm... Okay. Wolltest du mir nicht noch etwas dazu erzählen?« .

»Nunja, sagen wir mal so. Du bist mein Wirtskörper« . Puh, er scheint normal damit umzugehen, dass ich ihn duze. Ich versuche ruhig zu bleiben, auch wenn mich diese Situation verwirrt. Für ihn scheint sein Verhalten ganz normal zu sein.

»Bedeutet das, du kannst alles machen was du willst?« .

»Naja, was heißt hier „alles"? Lass mich dir etwas demonstrieren« , sagt er und setzt sich aus dem Überbeugen auf und auf meine Hüfte drauf. »Hm, was könnte ich mit dir „anstellen"?« , murmelt er und hält sich wieder demonstrativ einen Zeigefinger ans Kinn und schaut mit einem Blick auf mich herab, der nichts Gutes vermuten lässt. Ich schlucke nur nervös.

»Fangen wir mit einem kleinen Trick an« , meint er und schnipst ein Mal mit den Fingern.

Hm.

Nichts passiert.

Ist was?

...

Was läuft da an mir herunter?

Ich schaue an mir herunter und sehe, dass das Siegel blutet! Da tritt Blut aus den Linien des satanischen Pentagramms auf meinem Bauch.

»Wah! Es blutet! Bitte mach', dass das aufhört!!« , flehe ich.

»Spielverderber! Aber na gut« , gibt er sich zufrieden und hält seine linke Hand über meinen Bauch. Die Blutung wurde auf einmal gestoppt. Das Blut schwebt in Tropfen hoch an seine Hand und formt sich zu einem etwas größeren Tropfen. Diesen lässt er sich genüsslich schmecken. »Nicht schlecht, dein Blut...!« , sagt er auf einmal. Das war mein Blut, was da ausgetreten ist? Meins?! Oh je, ich glaube, ich werde gleich ohnmächtig oder sowas.
 

Nun scheint er es sich wirklich auf mir gemütlich zu machen. Mit beiden Händen streicht er vom Bauch aus nach oben und verschränkt sie, um seinen Kopf darauf abzulegen. Er liegt nun gemütlich auf mir und strampelt ein wenig mit den Beinen in der Luft herum.

»Nicht nur kann ich den Fluss deines Blutes willkürlich starten und stoppen.. Ich kann auch dein Herz aussetzen lassen. Eigentlich müsste ich dafür nur ein Mal aufs Siegel tippen, aber da es auch funktionieren soll, wenn du deine Dienste erfüllst, geht es auch auf telepathischem Weg« .

Mein Herz fühlt sich auf einmal so schwer an. Und mein Körper so leer. Ich spüre keinen Herzschlag! Es tut schon fast weh.

»Bringe es wieder zum Schlagen, bitte!« , keuche ich. Er lacht.

»Das bildest du dir nur ein, du bist doch schon tot!« .

»Oh, war's das jetzt?« .

»Nein, noch lange nicht! Aber es dauert mir zu lange, dir alles zu zeigen. Belassen wir bis auf eines den Rest als Überraschung!« . Seine Stimme ist tief und verführerisch. Das macht mir von der Situation her schon ein wenig Angst. Er rutscht an mir herunter.

»W-Was soll das werden?!« , frage ich ihn hochrot im Gesicht und stütze mich auf meine Unterarme. Er kichert nur dunkel in sich hinein. Jetzt platzt mir der Kragen!

»WAAAH! Geh sofort von mir runter du perverses Gummibärchen!!« . Ich mag es nicht zu fluchen. Er lacht nur.

»Ach, so eine schlimme Beleidigung verletzt mich doch sehr, Hans! Wie kannst du mich nur "Gummibärchen" nennen? Du bist ja wirklich zu süß. Es hat etwas mit dem Siegel zu tun, keine Panik!« , beruhigt er mich von meinem Bauch aus.

»Und was soll das jetzt werden?« .

»Ich kann auch deinen kompletten Körper lähmen. Dann kannst du dich nicht mehr bewegen und dich nicht mehr wehren! <3. Und ich kann alles mit dir machen, was ich will. Dazu muss ich nur mit der Zunge über das Siegel fahren«.

»Warte, was?!«.

Aber es ist zu spät. Schon setzt mein Körper aus und ich falle auf meinen Rücken und in mein weiches Bett zurück. Jedoch spüre ich noch deutlich die Zunge des Teufels, die über meinen Körper fährt und die Wärme, die davon ausgeht. Ein komisches Gefühl durchströmt mich.

Nun lässt er von mir ab und steht auf. Leise geht er aus dem Raum und hebt eine Hand.

»Gute Nacht«.

Mit aller Kraft versuche ich, zu sprechen:

»Luzifer...!« .

Er stoppt am Türrahmen und dreht sich zu mir.

»Das ist... dein Name?«.

»Ich bin unter vielen bekannt. Das ist einer davon, aber, ja. Das ist mein Name« , antwortet er mir.

»Versprich mir bitte, nichts mit mir anzustellen, wenn ich mich nicht wehren kann. Nichts... Persönliches, okay?« .

»Gut. Aber wenn ich in deinem Körper stecke und ihn kontrolliere ist das rein geschäftlich« . Somit dreht er sich um und geht, die Tür hinter sich schließend. Ich bin allein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, das war ein langes Kapitel! ^^°>
Aber wir haben einen neuen Charakter, yaaaay. Zwar nur ein Nebencharakter aber trotzdem yaaaay!
Merelyn wird später sogar vorkommen und was sagen xD
Ich werde alle Bilder und Cover später nachholen. Nur ein Bild habe ich im Internet gefunden, welches perfekt auf Merelyn passt und ich hätte nie gedacht, dass ich ein Bild im Internet finde, das einem Charakter von mir exakt gleicht! Deswegen wird Merelyn die Erste mit einem Profilbild sein. Alle anderen muss ich noch irgendwo finden, zeichnen, einscannen oder direkt am PC zeichnen. Das lässt aber noch auf sich warten. Und ausführliches Yaoi lässt leider auch erst auf sich warten, gomen, aber Story geht erstmal vor. Und wofür ich mich noch einmal herzlich bedanken will ist mein erstes Favo ever! Danke nochmal, franzi! Viel Spaß noch beim Lesen! (~^-^)~ * *
Eure Tomanto. Komplett anzeigen

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