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Ruhelose

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe ich habe keine Fehler beim Prozedere Polizei und Krankenwagen eingebaut. Falls doch und es jemanden auffällt, würde ich mich freuen zu erfahren, was ich falsch emacht habe, um es verändern zu können.
Viel Spaß beim Lesen Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Als Einstimmung zu Halloween.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen

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Spiegelbilder

Hastig flüchtete Rufus sich in die relative Sicherheit eines Haltestellenhäuschens. Dort stopfte er seine klammen Hände in die Taschen seines schwarzen Kapuzenpullis, den er ausnahmsweise mal trug. Noch schlimmer konnte der Tag nicht werden.

Warum hatte er sich eigentlich zu dieser bescheuerten Aktion breitschlagen lassen?

Ihn interessierte solcher Kram doch gar nicht!

Aber er hatte ja mal wieder den Mund nicht aufgekriegt bis es zum Protestieren zu spät gewesen war. Als Feigling dazustehen hatte er auch nicht gewollt, also war er trotz seiner Abneigung mitgekommen. Und was hatte es ihm eingebracht?

Er stand mitten in der Nacht alleine an einer Haltestelle, wartete auf den Bus und wurde nass!

Weder sein dicker Pulli noch das Haltestellenhäuschen schützen ihn ausreichend vor dem Regen, den ein eisiger Wind vor sich hertrieb. Zu allem Überfluss wehte dieser die dicken Tropfen auch noch in den Unterstand.

Dem Nachtfahrplan konnte Rufus entnehmen, dass er schätzungsweise noch eine halbe Stunde ausharren musste. Eine Armbanduhr besaß er nicht und der Akku seines Handys war leer, so dass er die Zeit nur ahnen konnte. Nein, ein schöner Abend sah definitiv anders aus!

Langsam trat er von einem Fuß auf den anderen in der Hoffnung, dass ihm dadurch möglicherweise etwas wärmer würde. Weil er nichts anderes zu tun hatte, betrachtete er sein undeutliches Spiegelbild auf der Scheibe vor der Reklame. Es zeigte einen schlaksigen jungen Mann mit der typischen hellen Haut eines Rothaarigen in schwarzem Pulli und schwarzer Jeans, der ihm miesepetrig entgegenblickte. Schwarz stand ihm nicht, stellte Rufus zum wiederholten Male fest.

Aus den Augenwinkeln bemerkte er einen Schemen direkt hinter seinem Abbild. Er hatte die Ankunft einer weiteren Person gar nicht mitbekommen. Vielleicht könnte ihm derjenige die Uhrzeit mitteilen. Rufus drehte sich um und entdeckte niemanden. Er war alleine im Unterstand. Er schüttelte den Kopf, da hatte er sich wohl getäuscht. Eigentlich wäre es ganz nett gewesen sich nicht allein beim Warten auf den Bus die Beine in den Bauch zu stehen.

Er war selbst Schuld an seiner Situation, schließlich hatte er unbedingt nach Hause gewollt, statt bei den Anderen weiter diesen Unsinn durchzuführen.

Als der Bus gefühlte Stunden später endlich kam, waren Rufus Klamotten fast ganz durchweicht. Er sah nur zu, so schnell wie möglich den Regengüssen zu entgehen.

Im Bus ließ er sich auf einen freien Platz fallen, schob die Kapuze zurück und starrte ins Dunkle hinaus. Die kleine Gruppe schon angeheiterter jugendlicher Discogänger im hinteren Teil des ansonsten fast leeren Busses versuchte er, so gut es eben ging, zu ignorieren.

Er dachte an die Aktivität des Abends und wie sinnlos das Ganze gewesen war. Es war doch von vornherein klar gewesen, dass dabei nichts herauskommen konnte. So etwas war einfach nicht möglich, dass wusste doch jeder!

Draußen huschten die Häuser der Straße, durch die der Bus fuhr, vorbei. Leicht zu erkennen war das allerdings nicht, spiegelte sich doch das beleuchtete Innere des Busses in der Scheibe.

Ohne genauer hinzusehen, blickte Rufus hinaus, bis jemand zurückstarrte.

Er wurde aus braunen Augen gemustert, die ihm aus einem bleichen von wirrem schwarzen Haar umrahmten Gesicht entgegenblickten. Das Gesicht musste einem etwa Gleichaltrigen gehören, schloss Rufus. Er runzelte die Stirn, blinzelte und das Gesicht war verschwunden.

Um sicher zu gehen, drehte er den Kopf, um festzustellen, ob jemand sich in der Zwischenzeit zu ihm gesetzt hatte. Doch der Sitz ihm gegenüber, der sich in der Scheibe spiegelte, war leer.

Rufus musterte den Platz noch eine Weile. Vielleicht hatte derjenige, den er als Spiegelbild gesehen hatte, nur kurz auf dem Platz gesessen, bevor er ausgestiegen war.

Seine Überlegungen wurden mit einem Ruck abgebrochen. Bremsen quietschten als Rufus nach vorne gegen den leeren Sitz geschleudert wurde. Das Hupen des Busses dröhnte in seinen Ohren. Rufus hörte wie andere kreischten oder gegen die Sitze polterten. Die Blicke der Jugendliche trafen auf seinen.

„Was war das denn?“, ließ sich eine aufgebrachte Stimme vernehmen. Wie andere auch zuckte Rufus nur mit den Schultern. Woher sollte er wissen, weswegen der Bus eine Vollbremsung eingelegt hatte. Der Bus fuhr wieder an. Anscheinend war nichts passiert, sonst hätten sie die Fahrt nicht fortgesetzt.

Rufus machte sich schon keine Gedanken mehr über die Vollbremsung, als er bei der nächsten Haltestelle ausstieg. Schnellen Schrittes strebte er auf sein Wohnhaus zu. Nur endlich raus aus dem Regen!

Beim Blick in das Schaufenster einer Bäckerei stutze er. Direkt hinter seinem Spiegelbild hielt eine schmale Gestalt in weitem grauen Mantel im Glas inne. Rufus kam nicht mehr dazu sich umzudrehen, weil ihn jemand zu Boden riss. Er stürzte und zuckte zusammen als mit einem Knall die Straßenbeleuchtung erlosch. Funken sprühten. Ein Stromkabel peitschte über ihn hinweg. Er wurde gerade noch rechtzeitig hochgerissen und fortgezerrt, bevor die Lampe genau auf die Stelle krachte, wo er eben noch gelegen hatte. Glassplitter flogen umher, doch keiner traf Rufus. Dies alles geschah viel zu schnell, als das Rufus Zeit gehabt hätte zu realisieren, was genau geschah. Er konnte nur auf das schaukelnde Kabel starren, an dem vor nicht einmal einer Minute noch eine Lampe über der Straße gehangen hatte.

Das konnte doch alles nicht wahr sein!

Nur mühsam gelang es ihm sich von dem Anblick zu lösen und sich nach seinem Retter umzuschauen. Die Lichter in den umliegenden Wohnhäusern waren angegangen. Einige Leute gafften aus den geöffneten Fenstern, nur auf der Straße war niemand, außer ihm selbst.

Rufus fuhr sich mit der Hand durch sein nasses Haar. Diese Nacht war seltsam, wenn nicht zu sagen unheimlich.

Hinter ihm klappte eine Tür. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen“, erkundigte sich eine Frau atemlos, anscheinend hatte sie sich beeilt zu ihm herauszukommen.

Rufus nickte automatisch. Es war alles in Ordnung, oder? Er strich sich Glassplitter vom Pulli.

„Sind Sie sicher?“

„J-ja.“ Seine Stimme klang beängstigend dünn und unsicher.

„Wirklich? Sie sind ganz bleich. Möchten Sie nicht eben hereinkommen und einen Tee trinken. Ich rufe dann die Polizei, falls das noch nicht geschehen ist.“

Rufus schüttelte den Kopf. Es war nett, dass sie ihm anbot zu ihr rein zu kommen. Hatte sie keine Bedenken deswegen? „Nicht nötig. Ich wohne gleich da drüben“, lehnte er ihr Angebot ab.

„Wie Sie meinen. Soll ich die Beamten dann zu Ihnen schicken?“

„Hmh. Machen Sie das. Ich heiße Rufus Binder“, antwortete er ihr leicht wirr. Sie nickte nur und ließ ihn gehen. Erst als sie ihm aus dem Weg trat, fiel ihm auf, dass sie nur einen offenstehenden Bademantel über einem Nachthemd zu Pantoffeln trug. Er lächelte sie noch einmal beruhigend an, bevor er auf wackligen Beinen zu seinem Wohnhaus stakste.

Er wusste selbst nicht so recht, warum er es vermied auf das Fensterglas der Eingangstür zu blicken. Vielleicht fürchtete er dort schon wieder dieses bleiche Gesicht zu sehen. Er drehte den Schlüssel im Schloss und trat in den Flur. Die Flurlampe brauchte wie üblich einige Sekunden bis sie das Treppenhaus erleuchtete. Langsam stapfte Rufus die Treppe bis ins oberste Stockwerk hinauf. Er fühlte sich nicht in der Lage sich dem Fahrstuhl zu stellen, nicht nachdem, was gerade geschehen war.

Kaum hatte er die Wohnungstür hinter sich geschlossen, schlüpfte er aus den Schuhen und betrat das Bad. Als erstes griff er sich ein Handtuch, um sich die Haare zu trocknen. Er rubbelte sich die Haare, hob den Kopf, sah auf den Badezimmerspiegel und erstarrte.
 

„Findest du ,Buh’ zu sagen auch so abgedroschen?“

Die freundliche Frage ließ Rufus zusammenzucken. Das Handtuch entglitt seinen Fingern. Eine bleiche Hand versuchte es aufzufangen, doch der Stoff glitt durch die Hand als wäre sie nicht existent.

Rufus fixierte die bleiche Hand mit seinen Augen, dann verdrängte er gekonnt das eben Gesehene.

„Habe ich dich erschreckt? Das tut mir Leid“, erklang von Neuem die Stimme eines jungen Mannes hinter ihm.

Nun wirbelte Rufus herum. „Sag mal spinnst du! Was hast du in meiner Wohnung zu suchen?“, herrschte er den bleichen jungen Mann an, der lässig am Türrahmen des Badezimmers lehnte.

Der junge Mann legte den Kopf schräg, wobei ihm Strähnen seines schwarzen Haares in die braunen Augen rutschten. „Das ist einfach. Ich bin hier, weil du hier bist“, beantwortete er Rufus Frage.

„Hör mal gut zu. Ich habe einen Scheißtag und einen echt miserablen Abend hinter mir, da habe ich auf Spielchen von irgendeinem Spinner wie dir keinerlei Lust! Verzieh dich bevor ich die Polizei rufe!“ Bei diesen Worten packte Rufus das schwarze T-Shirt seines Besuchers und schob diesen aus dem Bad, um ihn gegen die Flurwand zu drücken.

Sein Besucher ließ das mit sich machen. Der junge Mann war um einiges kleiner und schmaler als Rufus. Erst im Flur rief er hektisch: „Stopp! Hör...“

Die Worte des Eindringlings wurden davon abgeschnitten, dass sein Körper durch die Wand glitt. Rufus Hände trafen hart auf der tapezierten Fläche auf, obwohl er immer noch den T-Shirtstoff zwischen seinen Fingern fühlen konnte. Rufus schrie und ließ los. Daraufhin streckte der junge Mann seinen Kopf zurück in den Flur, genau als Rufus Knie nachgaben. Das konnte einfach nicht sein! Er musste träumen. Es war einfach nicht möglich, dass jemand halb in einer Wand verschwand! Das gab es doch nur in Filmen! Rufus verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Einige Minuten verstrichen in denen er nur seinen rasenden Herzschlag hören konnte. Er schüttelte den Kopf. Es war nicht möglich, also würde er auch niemanden mehr sehen, wenn er den Kopf hob, beruhigte er sich.

Es klingelt.

„Shit!“ Rufus sprang auf und hastete zur Tür. So alt wie das Haus war besaß es zwar Türöffner, aber keine Gegensprechanlage. Er betätigte den Summer, öffnete die Wohnungstür und spähte die Treppe hinunter.

„Das dürfte die Feuerwehr oder Polizei sein“, meldete sich jemand neben ihm zu Wort.

„DU...“ Rufus Kopf ruckte zur Seite. Neben ihm stand der bleiche junge Mann. Er strich sich gerade das schwarze T-Shirt mit einem aufgedruckten Skelettraben zurecht. Rufus konnte ihn nur anstarren. „Du existierst nicht“, flüsterte er, während auf der Treppe Schritte zu hören waren.

„Lass uns das klären, nachdem die Beamten wieder weg sind“, schlug der junge Mann vor. „Sie könnten dich für nicht zurechnungsfähig halten, wenn sie mitkriegen, dass du mit der leeren Luft redest. Weißt du, sie können mich nicht sehen“, fügte er hinzu, gerade als ein Polizist den letzten Treppenabsatz betrat.

„Guten Abend, Herr Binder. Mein Name ist Schmidts. Frau Beier teilte uns mit, Sie hätten den Unfall direkt mitbekommen“, grüßte der Beamte Rufus.

„Abend. Ähm... so... könnte man das schon sagen... die Lampe hat mich fast erwischt“, stotterte Rufus.

„Ach ja, dafür, dass ich dich gerettet habe, könntest du dich eigentlich auch mal bedanken!“

Rufus funkelte seine Halluzination an und merkte dann, dass er sich damit ziemlich merkwürdig verhielt.

„Alles in Ordnung mit Ihnen“, wurde er auch prompt gefragt.

Er spürte wie Hitze in seinen Wangen aufstieg. „Ich... nein, nicht wirklich, schließlich wird man nicht jeden Tag fast von einer Lampe erschlagen“, stieß Rufus hervor. Es stimmte, er war fast von der Lampe erschlagen worden. Erst als sich eine warme Hand auf seine Schulter legte, richtete sich sein Blick wieder auf den Beamten.

„Kommen Sie, Setzen Sie sich erstmal, es ist ja alles gut ausgegangen“, sprach Herr Schmidts auf ihn ein und führte Rufus in seine Wohnung zurück, wo er ihn auf einen Küchenstuhl bugsierte. „Wo haben Sie denn eine Decke“, wurde er gefragt.

„Äh... eine Decke, auf dem Sofa liegt eine Wolldecke, aber was...“, stammelte Rufus.

„Einen Moment“, antwortete der Beamte nur.

Verwirrt verfolgte Rufus, wie der Polizist die Küche wieder verließ, nur um ihm kurz darauf seine eigene Wolldecke um die Schultern zu legen. Rufus schüttelte den Kopf, was zum Geier sollte das denn?

„Sie sind immer noch ziemlich nass. Sie hatten wohl keinen Schirm dabei“, wurde festgestellt.

„Äh, ja stimmt.“ Rufus strich sich durch sein feuchtes Haar. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es wie aus Kübeln gießen würde.“

„Ja, das war bei dem schönen Wetter tagsüber, ja auch nicht abzusehen. Ist Ihnen noch kalt?“

Rufus nickte. Ja, ihm war noch kalt, aber er glaubte nicht, dass es am Regen lag. Hinter dem Beamten konnte er den jungen Mann sehen, welcher auf das Regal mit den Teedosen deutete. „Du solltest etwas Heißes trinken, dass hilft“, merkte einer der Gründe für seinen Zustand gelassen an.

„Ha... haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir einen Tee koche“, wandelte Rufus den Satz, welchen er eigentlich sagen wollte, gerade noch rechtzeitig um.

„Nein, keineswegs“, antwortete Herr Schmidts.

„Oh, ähm, setzen Sie sich doch,“ bot Rufus reichlich spät an.

„Danke.“ Der Beamte setzte sich, während Rufus sich erhob, wobei er die Decke auf dem Stuhl zurückließ. Das Teekochen erwies sich als schwieriger als erwartet. Rufus kleckerte ziemlich beim Übergießen des Teebeutels mit heißem Wasser. Er blickte auf den Beutel hinab. „Was für ein Scheiß“, flüsterte er, nahm die Tasse und kehrte zum Küchentisch zurück. „Was genau wollen Sie denn von mir wissen? So richtig viel hab ich nämlich gar nicht mitbekommen“, erkundigte er sich dann bei dem Beamten.

„Erzählen Sie mir doch einfach, was sie mit bekommen haben“, schlug dieser vor.

„Wirklich nicht viel. Es ging alles so schnell. Ich war gerade aus dem Bus gestiegen und ein paar Meter gegangen, da knallte irgendetwas. Das hat wohl dazu geführt das ich stolperte, so dass ich dem runterzuckenden Kabel entging. Dann muss ich wohl aus dem Augenwinkel wahrgenommen haben, dass die Lampe runterkommt, jedenfalls hab ich mich aufgerappelt und bin zur Seite gestürzt. Erst als die Lampe schon am Boden lag, ist mir aufgefallen wie nah ich noch daneben stand,“ schloss Rufus mit einem Schulterzucken. Während er gesprochen hatte, hatte er mit dem Teebeutel in der Tasse gespielt, obwohl er bei seinem Bericht dem Beamten ins Gesicht gesehen hatte.

„Tja, da haben Sie heute einen guten Schutzengel gehabt. Kommen Sie alleine zurecht?“

Rufus nickte. „Ja, mir ist ja nichts passiert.“

„Hm, wenn Sie mir noch eben ihre Kontaktdaten geben, wir geben Ihnen dann Bescheid, wann Sie für einen Bericht aufs Revier kommen sollen.“

Rufus gab Herrn Schmidts die gewünschten Informationen. „Vielen Dank und noch eine gute Nacht“, verabschiedete dieser sich mit einem letzten kritischen Blick auf Rufus Gesicht.

„Hm, Ihnen auch.“ Rufus beobachtete, wie der Polizeibeamte seine Wohnung verließ. Er schlang die Finger um die heiße Tasse und trank den Tee in kleinen Schlucken. Es war angenehm ruhig in der Wohnung. Wahrscheinlich hatte er sich den jungen Mann nur eingebildet, wegen dieser blödsinnigen Aktion von Stina. In der Küche war er nun jedenfalls alleine. Rufus trank den Tee aus und beschloss schlafen zu gehen. Obwohl er davon ausging, dass er nur halluziniert hatte, immerhin hatte er auch etwas getrunken, spähte er in jeden Raum, bevor er ihn betrat. Doch von dem jungen schwarzhaarigen Mann entdeckte er nichts mehr. Rasch steckte er noch sein Handy ans Ladegerät und machte sich bettfertig. Völlig erledigt, kippte er schließlich ins Bett und musste zu seinem Bedauern feststellen, dass ihn die Ereignisse des Abends nicht so schnell einschlafen ließen, wie er es sich gewünscht hätte.

Als er endlich schlief, war es ein unruhiger von wilden Träumen geplagter Schlaf.

Es kommt noch schlimmer

Er wurde von einem harten Stoß, der ihn aus dem Bett beförderte, geweckt. Nur um zu verfolgen wie sein Schlafzimmerschrank auf das Bett krachte. Rufus zuckte zusammen und riss den Arm vors Gesicht. Was zur Hölle war das schon wieder? Etwas Kaltes landete auf ihm gerade als Holzsplitter umherflogen und die Zimmerpflanzen vom Fenstersims rutschten. Dann versperrte ihm grauer Stoff die Sicht.

„Bleib liegen!“ Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber nicht so bekannt, dass er sie sofort einordnen konnte.

Um ihn herum ging das Krachen und Splittern weiter. Zitternd blieb Rufus liegen, dass erschien ihm das Sinnvollste.

„Verzieh dich, du kriegst ihn nicht! Hab ein wenig Geduld. Wenn er soweit ist, klärt sich alles,“ schnauzte die Stimme irgendjemanden oder eher irgendetwas an.

Das Fenster flog auf, wobei auch noch der letzte Blumentopf zu Boden ging. Eisiger Wind wehte Regen hinein. Rufus wurde von einer kalten Hand aufgeholfen.

„Fürs Erste bist du sicher,“ teilte ihm der junge schwarzhaarige Mann mit.

„Wer zum Teufel bist du und was zur Hölle geht hier eigentlich vor?“ Rufus schrie den jungen Mann regelrecht an.

„Peregrin Silberblatt. Und derzeit schiebe ich gerade als Schutzgeist Dauerschicht, obwohl davon nie was in meinem Vertrag stand. Na gut, ich hab auch keinen Vertrag als Schutzgeist, aber irgendwie muss ich ja meine Chancen erhöhen aus diesem ganzen Mist wieder raus zu kommen.“

„Und ich heiße Legolas! Hör auf mich zu veralbern!“

„Tue ich gar nicht. Ich wurde wirklich auf den Namen Peregrin Silberblatt getauft. Sieh auf meinem Grabstein nach, wenn du willst.“

„Geister gibt es nicht.“

„Ach, und was bin ich dann, eine Halluzination? Schon mal dein Zimmer angeguckt, dass war eine eindeutige Poltergeistaktivität!“

„Geht das auch auf dein Konto?“

„Nein, sonst hätte ich mir jawohl kaum die Mühe gemacht dich von der Lampe und dem Schrank wegzuziehen. Eure kleine Spielerei heute Abend war sehr erfolgreich, nur dummerweise habt ihr mich da mit reingezogen und DU bist meine beste Chance aus der Angelegenheit wieder raus zu kommen.“

„Jetzt hör mal zu du nerviges Schreckgespenst, ich hab...“

Rufus Handy klingelte. Beide blickten zu dem vibrierenden Gerät, dessen Display aufleuchtete.

„Scheiße!“ Rufus wollte sich auf das Handy zu bewegen.

„Pass auf die Scherben auf.“

„Dann mach Licht an!“

„Wenn ich könnte! Alles, was ich berühren kann, bist du.“

„Wozu bist du dann gut?“

„Geistiger Beistand?“

„Schnauze!“ Behutsam tastete Rufus sich vor, bis er nach dem Handy greifen konnte. „Ja?“

„Gott sei Dank, dass du da bist!“ Die junge Frau am Telefon klang aufgelöst.

„Jaqueline? Was ist los?“

„Ich dachte schon dir sei auch was zugestoßen.“

„Auch etwas?“

„Stina, Martin und Thomas, sie, sie... oh Gott, ich weiß nicht, was ich machen soll!“

„Ganz ruhig, was ist mit den Dreien?“

„Sie wachen nicht auf und... und die ganze Wohnung ist verwüstet. Ihr habt doch keine Drogen genommen oder so was?“

„Bei einem Rollenspielabend? Nein, haben wir nicht. Nur ein wenig getrunken. Und Stinas blöde Seance abgehalten, wie sie es für ihren Chara schon seit Wochen geplant hatte. Mehr nicht.“

„Aber was soll ich denn jetzt tun?“

„Hast du schon versucht sie zu wecken?“

„Ja und nichts hilft.“

„Ruf den Notarzt. Ich komme zu euch. Ich zieh mich eben an und bin gleich da. Mit dem Fahrrad schaff ich es in zehn Minuten. Ich hab den Schlüssel, falls sie wollen, dass du mitfährst.“

„Und wenn es Einbrecher waren?“

„Kümmer’ dich erst um die Drei. Das geht vor.“

„In Ordnung. Und du kommst wirklich.“

„Klar. Ruf den Notarzt. Ich mach mich jetzt auf den Weg.“

„Rufus,...“

„Ja?“

„Danke.“

„Da nicht für. Bis gleich.“

„Bis gleich.“

Rufus legte auf. „Fuck! Fuck, fuck, fuck!“

“Sicher das es klug ist dorthin zu fahren? Es ist hinter dir her. Denn bei den Anderen ist es gescheitert.“

„Halt die Schnauze. Jaqueline braucht mich! Wenn meine Freunde mich brauchen, helfe ich ihnen, kapiert?“

Peregrin nickte nur. Rufus knipste das Licht an, musterte seufzend die Bescherung und zog ein paar Klamotten unter dem Schrank hervor. Er schüttelte sie aus, bevor er hineinschlüpfte. Um den Zustand seines Schlafzimmers konnte er sich jetzt nicht kümmern, jetzt waren seine Freunde wichtiger!

Keine Minute später hievte er sein Fahrrad aus dem Keller auf den Gehweg. Kurz überlegte er noch, ob er eine Regenhose anziehen sollte, da es immer noch goss, aber das hätte ihn wertvolle Zeit gekostet. Jetzt galt e schnell zu Jaqueline zu kommen. Rufus schwang sich auf das Rad und fuhr los.

„Uha, sag mal muss dass sein!“ Rufus schauderte, ob der eisigen Hände, die seine Schultern gepackt hielten.

„Ja, anders kann ich schlecht mitkommen und ich lass dich nicht allein dahin!“

„Dann halt dich woanders fest, du bist eiskalt.“

„Wie oft soll ich noch wiederholen, dass ich nur dich berühren kann. Ich sinke durch das Fahrrad durch, wenn ich mich nicht an dir festhalte.“

„Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du nervtötend bist?“

„Was erwartest du, ich bin ein Geist!“

Weil es ziemlich anstrengend war sich mit Peregrin zu streiten und gleichzeitig einen Geschwindigkeitsrekord auf dem Fahrrad brechen zu wollen, hörte Rufus auf mit Peregrin zu diskutieren.

Er schaffte die Strecke tatsächlich in zehn Minuten. Außer Puste und mit klatschnassen Jeans hielt er vor dem Haus, indem sich Jaquelines und Stinas WG befand. Schon als er in die Straße eingebogen war hatte er die Blaulichter gesehen.

Kaum berührten seine Füße den Boden, da hing Jaqueline auch schon an ihm. „Rufus!“

Er spürte wie sie vor Tränen bebte. Sanitäter luden gerade den leblosen Thomas auf einer Trage in einen Krankenwagen.

„Sch, sch. Ist ja gut,“ versuchte Rufus sich daran die aufgelöste Freundin zu beruhigen.

„Ich, was habt ihr nur getan,“ stammelte sie vorwurfsvoll.

„Nichts anderes als sonst auch, wirklich!“

„Entschuldigen Sie, wir müssen hier mal durch.“ Rufus blickte auf und bemerkte, dass sie der nächsten Trage mit Stina drauf im Weg waren.

„Ja, klar... ähm...Jaqueline...“, stotterte er. Sie löste sich von ihm, so dass es ihm möglich war sein Fahrrad aus dem Weg zum Gartenzaun zu schieben, wo er es auch gleich anschloss.

„Frau Ganz, es wäre wohl besser, wenn Sie uns begleiten würden oder nachkommen,“ wandte sich ein Sanitäter an Jaqueline, die unter Tränen nickte. „I-ich such nur schnell mein Adressbuch, da sind die Telefonnummern von Stinas Eltern drin und ich glaube auch von Thomas’. Rufus könntest du auf die Wohnung achten, falls da jemand anruft...“

„Klar.“

Ein Beamter trat zu ihnen. „Es tut mir Leid aber Sie können nicht in die Wohnung solange die Kollegen nicht dort fertig sind.“

Rufus musterte den Polizisten. „Warum?“

„Da die Ursachen noch nicht geklärt sind, wird noch nach Hinweisen gesucht.“

Seufzend strich sich Rufus durch das nasse Haar. „Da könnte ich eventuell behilflich sein, weil ich den Abend mit den dreien verbracht habe.“

„Frau Ganz...“

„Hier,“ Jaqueline drückte ihm die Wohnungsschlüssel in die Hand, „pass einfach auf die Wohnung auf, wenn du reingelassen wirst. Ich melde mich später.“

„Ist gut, und Jaqueline, nimm ein Taxi, okay?“

Jaqueline nickte und ging zum letzten der Krankenwagen, um sich zu erkunden, in welches Krankenhaus ihre Freunde gebracht würden.

„Steiner,“ stellte der Beamte sich vor und gab Rufus die Hand. „Wie meinten Sie das, Sie hätten den Abend mit den drei Opfern verbracht?“

Rufus schluckte. Er schüttelte kurz den Kopf, weil das alles so viel auf einmal war. „Rufus Binder. Ähm, nun ja, wir hatten einen Rollenspielabend. Tabeltop, falls Sie schon mal davon gehört haben. Man denkt sich einen Charakter aus und spielt mit anderen zusammen um einen Tisch mit Würfeln und so was.“

„Und Sie haben die Wohnung wann verlassen?“

„So um halb eins. Ich musste eine halbe Stund auf den Nachtbus um ein Uhr drei warten.“

„Zeugen?“

Rufus schüttelte den Kopf. „Hier ist nicht die Gegend für Partygänger, aber ein Kollege von Ihnen kann bezeugen, dass ich um etwa halb zwei Zuhause war, weil er gerufen wurde, da eine der Straßenlaternen im meiner Straße heruntergekracht ist und mich fast getroffen hätte. Eine Nachbarin hat dann die Polizei verständigt. Davon müsste es irgendwo ein Protokoll geben. Mir hat man nur gesagt, man würde mir mitteilen, wann ich wegen meiner Aussage dazu aufs Revier kommen solle.“

„Den Namen des Kollegen, wissen Sie den noch?“

„Schmidt, Schmidts irgendsowas.“

„Nun, das werden wir herausfinden. Das scheint ja eine unruhige Nacht für Sie zu sein. Sie haben während dem... Rollenspiel nichts ungewöhnliches getan?“

„Falls Sie Drogen meinen, nein. Keiner von uns hat Drogen genommen. Martin hat zwischendurch auf dem Balkon eine Zigarette geraucht, weil Stina und Jaqueline es nicht mögen, wenn jemand in der Wohnung raucht. Und wir haben zusammen Kirschwein getrunken, etwa zwei Flaschen, schätze ich. Thomas hatte ein Bier. Also wirklich nichts, was zu einem Koma führen könnte, zumindest nicht solange ich dabei war.“

„Aha, und die Kerzen, der schwarze Samt, die Erde im Beutelchen und die Papierzettelchen mit den Buchstaben drauf, wozu war das.“

Rufus sah kurz zum Himmel auf. Er wusste, dass sich seine Wangen rot gefärbt hatten. „Gott, ist das peinlich! Wir haben eine Seance nachgespielt, weil Stinas Charakter in dem Rollenspiel das konnte und sie es unbedingt machen wollte. Na ja und das alles war dafür da, um die richtige Atmosphäre aufkommen zulassen.“

„Na, wenn Sie das sagen. Noch irgendetwas, dass Sie uns mitteilen wollen?“

Rufus schüttelte den Kopf.

„Und wie sieht’s aus?“ Herr Steiner wandte sich zwei Beamten zu, die gerade aus dem Haus kamen.

„Nichts Auffälliges, bis auf das Ambiente und das Chaos. Die Scherben stammen von ein oder zwei Weinflaschen, einer Bierflasche, Saftflaschen und Trinkgläsern. Keine Menge, die beunruhigend wäre. Kein Hinweis auf irgendwelche Drogen. Ein paar Zigarettestummel einer handelsüblichen Marke im Aschenbecher auf dem Balkon. Was sagen die Sanis?“

„Keine Alkoholvergiftung, keine Anzeichen für Drogen. Passt alles mit dem zusammen, was mir der junge Mann hier gerade erzählt hat.“

„Na schön, dann fahren wir jetzt.“

„Kann man in die Wohnung?“, erkundigte sich Herr Steiner

„Ja, es sollte aber besser möglichst nichts verändert werden, je nachdem wie es den Verletzten geht, könnte es noch zu weiteren Untersuchungen kommen.“

„Tja, Herr Binder, dann dürften Sie hoch oder wollen Sie lieber ins Krankenhaus.“

Rufus starrte zu der Wohnung hoch, es hörte sich nicht gut an, was die Beamten sagten und er fürchtete, er war ihnen irgendwie verdächtig erschienen, obwohl er ja gar nichts getan hatte. Vielleicht wäre es besser nicht in die Wohnung zu gehen. „In welche Klinik wurden meine Freunde denn gebracht?“

„Rot-Kreuz-Klinik.“

„Danke.“ Rufus trat zu seinem Fahrrad und schloss es auf. Besser nicht jetzt fahren. Er wusste nicht einmal, wie viel Promille er durch den Kirschwein intus hatte. Und laufen täte ihm gut, trotz Regen. Er schob das Fahrrad neben sich her solange er die Straße entlang ging. Erst als er am See angekommen war, der die schnellste Verbindung zum Krankenhaus von seinem Standort aus darstellte, blieb er stehen. Er schrieb Jaqueline eine SMS und hoffte sie könnte sie empfangen. Keine Minute später vibrierte sein Handy.

„Ja?“

„Was heißt das, du gehst nicht in die Wohnung?“

„Ist besser, die wollen die später vielleicht noch genauer untersuchen. Ich komme zur Klinik und bring dir deine Schlüssel. Wie steht es?“

„Sie sagen mir nichts. Ich hab nur Thomas Eltern erreicht.“

„Okay, versuch es weiter bei Stinas Eltern, wenn es geht. Ich bin bald da.“

„Ist gut. Bis gleich.“

„Bis gleich.“

Rufus legte auf. „Das ist doch alles ein Scheiß!“

„Nein, Pech. Reines Pech, das eure Seance funktioniert hat.“

„Ich brauch keine nervigen Hallus!“

„Ich bin keine Halluzination.“

„Ach und warum warst du dann so still, als ich mit den Bullen geredet habe?“

„Hätte ich die Situation noch schwieriger für dich machen sollen, in dem ich dich ablenke und die glauben du bist auf Drogen, weil du in die Luft stierst und mit dir selbst zu reden scheinst?“

„Hau einfach ab.“

„Kann ich nicht. Ich häng in dem Ganzen mit drin. Und nur zur Info, ich kann dir helfen es zu lösen.“

„Ja, klar doch. Ein Geist kann mir dabei helfen, wenn meine Freunde aus ungeklärter Ursache im Koma liegen!“

„Ich kenne die Ursache.“

„Erzähl keinen Blödsinn!“

„Es ist kein Blödsinn, auch wenn es sich für dich wahrscheinlich wie der Plot einer Fantasystory anhören wird.“

„Halt einfach die Klappe!“

Rufus schob sein Rad noch immer, obwohl er schon längst hätte aufsteigen können.

„Werd ich...weg da!“ Er erhielt mal wieder einen harten Stoß von Peregrin, welcher ihn samt Rad auf die Wiese neben dem Weg beförderte und fast die Böschung runter in den See.

„Au, verdammt!“ Rufus befreite sich aus dem Knäuel aus Rad, Peregrin und sich selbst. Durch den Sturz war er noch nasser als zuvor geworden, da der Boden voller Feuchtigkeit war. Achtsam kletterte er mit Rad die Böschung hinauf. Oben angekommen, entdeckte er eine der Straßenlaternen, die quer auf dem Weg lag.

„Nicht schon wieder! Warum ständig die Lampen?“

„Poltergeistaktivitäten verbrauchen Energie, die wir nicht haben, um sie zu erlangen und materielle Gegenstände zu bewegen müssen wir aus irgendetwas Energie ziehen, darum die Lampe.“

„Aber...“

„Ich schätze, deine Stromrechnung für heute Nacht ist auch in die Höhe geschnellt. Du hattest Glück, dass dein Handy nicht kaputt gegangen ist.“

„Aber...“

„Glaub es mir endlich. Das Ganze hier passiert wegen euer Seance und nur du kannst helfen es zu beenden!“

„Warum ich?“

„Weil du ein Spökenkieker bist.“

„Bitte?“

„Ein Geisterseher. Du kannst mich sehen. Deine Freunde konnten das nicht. Und dieses Talent wirst du brauchen um alles wieder gerade zu biegen. Junge du hast es sogar im Namen!“

„Was?“

„Binder.“

„Drehst du jetzt völlig ab, der hat doch nur irgendetwas mit Besenbinden oder einem ähnlichen Beruf von früher zu tun.“

„Genau, Banner, Binder. Geistbinder.“

„Was ein Quatsch.“

„Komm mit und ich zeig es dir.“ Peregrin wies auf das verschlossene Tor des Friedhofes, der an den See angrenzte. Rufus war gar nicht aufgefallen, dass er schon soweit gekommen war.

„Du erwartest ernsthaft von mir, dass ich JETZT auf den Friedhof mit dir gehe.“

Peregrin nickte. „Du willst doch deinen Freunden helfen.“

„Jaqueline wartet auf mich.“

8i]„Je mehr Zeit du verschwendest, desto unwahrscheinlicher wird es, dass deine Freunde wieder aufwachen.“

„Sagt die Illusion.“

„Ich hab dir heute Nacht dreimal das Leben gerettet, so langsam solltest du mal Vertrauen zu mir fassen.“

Nachts auf dem Friedhof

Einen Moment stand Rufus im Gras, dann schob er sein Fahrrad neben das Tor, wobei er argwöhnisch zu der weiter entfernten Straßenlaterne hinschielte, die ausgegangen war, wohl wegen eines gerissenen Kabels. Er lehnte das Fahrrad an die Mauer und schloss es ab. „Ich muss verrückt sein.“ Dennoch sprang Rufus hoch und zog sich auf die Mauer. „Ich muss völlig verrückt sein, nachts auf den Friedhof einzubrechen.“

„Nur ein bisschen merkwürdig, mehr nicht.“ Peregrin hielt sich nicht damit auf über die Mauer zu klettern. Er nahm den direkten Weg, mitten hindurch.

Rufus sprang von der Mauer auf den Weg, der daneben längs verlief. Ein kalter Schauer rann ihm über den Rücken. Nachts auf einem Friedhof, mit einem Geist, schlimmer konnte es nicht werden.

„Mann, hast du etwa Angst vor Geistern?“

„Fragt der Richtige!“

„Keine Sorge, hier ist total tote Hose. Die meisten Geister spuken nicht auf dem Friedhof, sondern da, wo sie gestorben sind. Und aktive Nekromanten gibt’s kaum noch, also wirst du wohl eher weniger auf rumlatschende Tote treffen.“

„Genau DAS hab ich jetzt gebraucht,“ murrte Rufus. Peregrin hatte ihn daran erinnert, warum er bestimmte Horrorfilme nicht leiden konnte, zu viele Zombies oder Mumien oder Skelette. Eine unangenehme Schwäche, die er selten eingestand. Wenn es um Horrorstreifen ging, sträubte Rufus sich regelmäßig gegen Filmabende und fabulierte sich zur Not sogar fadenscheinige Ausreden zusammen, nur um nicht mitmachen zu müssen. Davon Lesen ging grad noch so, in einer Rollenspielrunde war es auch kein allzu großes Problem, aber angucken, in einem Film? Nee, nicht mit ihm.

Zögerlich folgte er Peregrin, der zielstrebig durch die Reihen der Gräber schritt. Vor einem Grab blieb sein Begleiter stehen. „Oh, wie nett da hat mir jemand einen Brief geschrieben, keine Ahnung was das soll, aber sei doch mal so freundlich und lies ihn mir vor.“

„Dein Grabstein?“

„Jep.“

„Warum liest du... ach, stimmt ja.“ Rufus beugte sch vor und zog den durchweichten Umschlag unter dem Grablicht hervor. Er klappte sein Handy auf und entzifferte zunächst die Schrift auf dem Grabstein.
 

„Peregrin Silberblatt

5.4.1987 - 11.12.2007
 

Was wirklich zählt, ist klar:

Liebe das Leben,

jeder hat nur eines!“
 

Er schluckte, da hatte sein nervtötender Begleiter anscheinend die Wahrheit gesagt, zumindest gab es hier ein Grab, wo der Name „Peregrin Silberblatt“ drauf stand.

„Warum hast du mich hergebracht?“

„Um dir zu erklären, wieso ich in dem ganzen Scheiß mit drin hänge. Lies jetzt bitte, was in dem Umschlag steht.“
 

„Hallo Per,

komisch Dir jetzt einen Brief zu schreiben, wo Du schon so lange nicht mehr lebst. Aber irgendwie, dachte ich, ich sollte mich Dir erklären, wobei Du das nicht mitbekommst. Ich mein, ich glaube es würde Dich nicht stören, wenn Du es wüsstest. Aber ich will es Dir trotzdem erklären. Ich möchte eine Seance bei einem Rollenspielabend machen. Du warst ja selber auch mal in einer Rollenspielgruppe. Und na ja, weil ich es möglichst authentisch wollte, dachte ich, ich nehme richtige Erde von einem Grab. Und da bist Du mir wieder eingefallen, weil ich glaube, dass Du es eher verstehen kannst, als irgendein Fremder oder einer meiner Großeltern. Darum also, es tut mir Leid. Sei mir nicht böse. Ich habe mir eine Handvoll Erde von Deinem Grab geliehen und werde sie auch später wieder zurückbringen.

Ich hoffe es geht Dir gut, da wo auch immer Du jetzt bist.
 

Deine ehemalige Klassenkameradin
 

Stina“
 

„Ich bin ihr aber böse. Wenn sie es gelassen getan hätte, hätte ich jetzt meine Ruhe,“ maulte Peregrin und fuhr fort, „DU hingegen kannst Stina dankbar sein, denn ohne mich hätte dich eine Straßenlaterne erwischt. Warum könnt ihr Lebenden uns nicht einfach ruhen lassen?“

„Scheiße.“ Rufus schüttelte sich. „Wie kommt man auf die bescheuerte Idee echte Erde von einem Grab zu nehmen, für eine nachgespielte Seance? Wer tut so etwas?“

„Stina.“

„Ja, offensichtlich. War das der Grund, warum die Seance funktioniert hat? Das ist es doch oder? Die blöde Seance hat funktioniert!“

„Jain. Da sind mehrere Dinge zusammengekommen unter anderem deine Anwesenheit.“

„Was hab ich.... weil du behauptest ich sei ein Spökenkieker?“

„Auch, plus Zeit und Ort.“

Rufus trat ein paar Kiesel hoch, die auf Peregrins Grab landeten.

„Hey!“

„Sorry.“ Rufus seufzte, wie konnte es nur sein, dass sich sein eigentlich netter Abend in einen schlechte Horrorstory verwandelt hatte?

„Dieses Ding, was will es?“

„Keine Ahnung. Mit mir hat es noch nicht gesprochen. Und mit deinen Freunden hat es die Kommunikation auch vermasselt.“

„Du meinst, die liegen im Koma, weil dieses Etwas mit ihnen kommunizieren wollte?“

„Eventuell.“

„Was ist es?“

„Jedenfalls nicht das, was ich bin.“

„Bitte?“

„Hey, so lange bin ich nun auch wieder nicht im Jenseits! Ich stecke eher einfach in einer Warteschleife und darf mir die Zeit vertreiben.“

„Warteschleife?“

„Na komm, du kennst doch sicher den Spruch, die Toten sind erst dann wirklich gestorben, wenn sich kein lebender Mensch mehr an sie erinnert. Es gibt noch Leute, die sich an mich erinnern, also hänge ich solange in der Warteschleife.“

„Warteschleife worauf?“

Peregrin zuckte mit den Schultern. „Ich bin nur eine kleine, verstorbene Seele, woher soll ich das wissen!“

„Weil du verstorben bist.“

„Ja, und ich kann nicht weiter, also darf ich hin und wieder hier nach meiner Familie sehen, was ziemlich deprimierend ist und sonst gibt es halt noch so Verschiedenes, wo ich aushelfen darf.“

„Wem?“

„Denkst du wirklich, dass dürfte ich verraten?“

„Fair enough.“

„Wär’ ja auch zu einfach, wenn man das als Lebender erfahren würde. Tun wir jetzt was, um das Schlamassel zu lösen?“

„Ach, und was meinst du soll ich tun?“

„Du könntest es beschwören und versuchen es zum Reden zu bringen.“

„Nachts, auf einem Friedhof, ist klar. Schon vergessen, dass es mich auf dem Kieker hat?“

„Wenn du es ordentlich beschwörst, bist du am längeren Hebel.“

„Ach, und womit soll ich es beschwören?“

„Improvisier halt, aber Grablichter zur Hand zu haben ist schon mal hilfreich.“

„Du schlägst mir gerade vor, ich soll von den Gräbern Grablichter stibitzen, um etwas zu beschwören, das mir etwas antun will?“

„Du weißt nicht, ob es dir etwas antun will.“

„Hallo, meine Freunde liegen im Koma.“

„Genau, ein Grund der Sache ein Ende zu setzen.“

„Auch wieder wahr.“ Rufus sah sich um. Er war umgeben von Büschen, Bäumen und lauter Grabsteinen, die Schatten warfen. Der Regen hatte aufgehört, dafür tropfte es von den kahlen Ästen herab. Mit dem spärlichen Licht seines Handybildschirms suchte er die Grablichter zusammen.

„Du brauchst fünf. Und einen Stock um ein Pentagramm zu zeichnen.“

Seufzend nickte Rufus. Hatte er überhaupt Streichhölzer oder ein Feuerzeug dabei? Würden sich die Kerzen anzünden lassen, so nass wie sie waren? Ein kalter Wind brachte die Äste über ihm zum Rauschen und Rufus zum Zittern. Seine Klamotten waren vom Sturz auf das Gras völlig durchnässt. „Muss ich das wirklich hier tun?“

„Je eher, desto besser.“

„Aber mir ist kalt, ich bin nass und auf dem Friedhof!“

„Hör auf zu jammern. Oder willst du in deiner Wohnung eine Beschwörung durchführen?“

Rufus schüttelte den Kopf.

„Siehst du und hier bemerkt das wohl kaum jemand.“

„Na toll.“ Rufus fand einen heruntergefallenen Ast, den er aufhob. Fünf Grablichter plus Stock zu tragen, kam jonglieren recht nahe. In den Gängen zwischen den Gräber war wenig Platz für einen Beschwörungskreis, also ging er zurück zum nächsten Punkt, wo die Wege sich kreuzten.

„Du brauchst auch noch ein kleines Pentagramm in einem Kreis, in das du dich stellst und denk dran, ja keine Lücke lassen!“

Nachdem er die Kerzen abgestellt hatte, ritzte Rufus grummelnd zuerst einen ununterbrochenen, scheppsen Kreis in die Erde. Das Pentagramm darin, war ähnlich schief. Als besonders schwierig erwies es sich nicht auf die Linien zu treten oder beim Zeichnen abzusetzen. Es gelang ihm seinen Schutzkreis auf dem Weg zu ziehen. Vor sich hinschimpfend, zeichnete er das große Pentagramm auf die Wegkreuzung.

„Stell die Kerzen an den Ecken des Pentagramms auf, aber lass die Linien dabei heil!“

„Du bist mir echt ein große Hilfe...“

„Da freu ich mich aber. Lauf im Uhrzeigersinn drum herum!“

„Wieso, dass denn?“

„Weiße Magie im Uhrzeigersinn, schwarze Magie gegen den Uhrzeigersinn. Solltest du als Rollenspieler schon wissen.“

„Schnauze!“

„Würde ich still sein, wäre es dir weniger recht als du denkst.“

Rufus rieb sich die Schläfen. Leider musste er Peregrin da zustimmen. Der Schlagabtausch mit dem Geist, lenkte ihn genug ab, um diese blödsinnige Aktion durchziehen zu können. Behutsam umrundete er das große Pentagramm, während er die Kerzen aufstellte. In seiner Jackentasche hatte er sogar ein Feuerzeug gefunden. Meist benutzte er es dazu den Schlüssel seines Fahrradschlosses zu erwärmen, wenn das Mistding mal wieder eingefroren war. Es dauert zwar ein wenig, doch die Kerzen ließen sich entzünden. Knisternd erwachten die kleinen Flämmchen zum Leben. Von seinem Schutzkreis aus musterte Rufus sie. Es war immer wieder erstaunlich, wie hell Kerzen doch leuchteten. Leider dämpfte das rote Glas das Licht der Kerzen effektiv, wenigstens waren sie dadurch vor dem Wind sicher. Die Flammen flackerten wild, was bizarre Schatten zu Folge hatte.

Rufus schluckte. „Und jetzt?“

„Jetzt erkläre ich dir den Spruch, mit dem du diesen Geist beschwörst. Du kennst die Regeln?“

„Du meinst, keine Pause beim Sprechen des Spruches lassen?“

„Genau.“

„Ich finde die Idee immer noch bescheuert.“

„Kannst du auch, solange du dich trotzdem um den Geist kümmerst.“

Rufus runzelte die Stirn. „Lockst du mich etwa in eine Falle?“

Peregrin seufzte. „Erstens, das fällt dir ja früh ein. Zweitens, ihr habt mich da mit reingezogen. Drittens, ich wäre schön dumm, dich in eine Falle zu locken, denn dann würde ich hier bis zum Sankt Nimmerleinstag herumhängen!“

„Klingt logisch.“

„Ist es auch. Kratzt du jetzt deinen Mut zusammen oder muss ich mir weitere Ermutigungen ausdenken!“

„Lass es besser.“

„Lass was besser?“

„Dir Ermutigungen ausdenken.“

„Na schönen Dank auch!“

„Wie lautet denn jetzt die Beschwörungsformel?“

Peregrin schwebte zu Rufus. Neben dem Schutzkreis hielt er an. „Da gibt es keine Feste. Zumindest, wenn du nicht gläubig bist. Ich schätze es klappt mit: Bei meinem Blut ruf’ ich dich. Mit meiner Macht bind’ ich dich. Geist, der du mich verfolgst, komm!“

„Sicher?“

Der Geist zuckte mit den Schultern. „Bei was du ihn rufst, ist ziemlich egal, der wichtigste Part ist der, dass du ihn mit deiner Macht bindest und die hast du.“

„Das heißt: du hast improvisiert.“

„Ja. Aber das alles hier ist doch eh Improvisation.“

„Wenn ich dir den Hals umdrehen könnte, dann...“

„Versuch’s ruhig. Berühren kannst du mich und zu atmen habe ich schon vor einer ganzen Weile aufgegeben. Also los, lass deinen Ärger an mir aus.“

„DU... „

„Ja, ich?“

„Argh, ich geb’s auf.“

„Bedeutet das, du fängst jetzt endlich mit der Beschwörung an?“

Rufus raufte sich die nassen Haare. Peregrin war aber auch penetrant. Wie hatte es nur hierzu kommen können? Er glaubte nicht an Geister und nun klebte einer an ihm und ein anderer jagte ihn. Schaudernd, es war doch recht kalt in den nassen Klamotten, rieb er sich die Hände. Er redete sich zumindest ein, dass das Schaudern nur an der Kälte lag.

So sehr er es auch verleugnen wollte, blieb ihm wohl nur die Möglichkeit diese dämliche Beschwörung durchzuführen. Er räusperte sich. Musste er irgendwelche okkulten Bewegungen machen? Da er es nicht wusste und aufmerksamkeitsheischende Armbewegungen albern fand, ließ er sie weg. Auch das mit dem, auf das Blut beschwören, empfand er als unpassend, außerdem sollte man dazu sein eigenes Blut vergießen, hatte er mal gelesen. Er schluckte und rief in einem Atemzug:„Im Namen meiner Freunde ruf ich dich. Mit meiner Macht binde ich dich. Geist, der du mich verfolgst, komm herbei!“

„So geht es natürlich auch,“ kommentierte Peregrin von außerhalb des Schutzkreises. Erst jetzt, wo er die Beschwörung gesprochen hatte, fiel Rufus auf, dass Peregrin die Linie des Schutzkreises nicht überwunden hatte.

Das Blut pochte in seinen Ohren. Stille breitete sich aus, alle Geräusche wurden verschluckt, als wären sie in Watte gepackt worden. Weder der Verkehr auf der Straße vor dem Friedhof noch das Rauschen der Äste und das gelegentliche Tropfen des Regenwasser war zu vernehmen. Rufus hielt den Atem an. Als er gezwungen war einzuatmen, war das Pentagramm immer noch leer. Sein Herz schlug, ähnlich schnell wie kurz zuvor auf dem Weg zu Jaqueline. Wo er so untätig bibbernd herumstand, erinnerte er sich daran, dass Jaqueline ihn sicher schon längst im Krankenhaus mit ihren Wohnungsschlüsseln erwartete. Wie hatte er sich nur auf diesen Unsinn einlassen können? Das war doch echt albern. Er sollte zusehen, dass er hier wegkam und zu seinen Freunden. Er würde das nicht mehr länger mitmachen und dabei seinem Anhängsel auch noch erklären, was er hiervon hielt.

Rufus verengte die Augen und starrte Peregrin an, der einen Finger auf seine Lippen legte und zum Pentagramm deutete.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ich weiß ich der Cliffhanger war gemein, aber er bot sich so schön an. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von: Futuhiro
2017-02-05T15:23:08+00:00 05.02.2017 16:23
... und durch das Pentagramm latscht gerade eine Miezekatze durch und beschädigt dabei die Linien. XD

Au man, ich liebe das Kapitel. Schade, daß es hier gerade nicht weiter geht. Ich habe bei den Dialogen viel gelacht. Die haben mich extrem an mich selber erinnert, wenn ich gerade irgendwas mache(n muss), was ich eigentlich gar nicht einsehe. Peregrin ist echt schlagfertig.

Aber wie um Gottes Willen kommt man auf die Idee, Erde von einem echten Grab zu klauen? Ehrlich, das Mädel hat es nicht besser verdient! =_=
Von: Futuhiro
2017-02-05T15:04:54+00:00 05.02.2017 16:04
Yeay, Perry! ^_^ ... Den kenn ich doch noch irgendwoher, aus einer anderen deiner Geschichten. Aus dieser Böses-Blut-Geschichte mit den HIV-infizierten Blutkonserven.
Peregrin tut mir irgendwie total leid, auf so nen undankbaren Schützling gestoßen zu sein. Allerdings wüsste ich auch nicht, wie ich an Rufus´ Stelle reagiert hätte. Wenn ich schon wegen Poltergeistern um Leib und Leben bangen muss, würde ich vermutlich auch nicht gut auf die Geister zu sprechen sein, die ich sehen kann. Geister sind ja nicht direkt dafür bekannt, es gut zu meinen, wenn sie einem Vorschläge machen, oder es ernst zu meinen, wenn sie einem Hilfe anbieten.
Von: Futuhiro
2017-02-05T14:35:01+00:00 05.02.2017 15:35
Ich mag den namenlosen Jungen mit den schwarzen Haaren. XD
Für einen Schutzengel ist er ziemlich seltsam gekleidet, schwarzes T-Shirt mit Rabenskelett ... Klingt eher nach einem Goth. Aber er scheint nen witzigen Humor zu haben. ^^
Von: abgemeldet
2015-09-11T21:32:21+00:00 11.09.2015 23:32
Hallo!

Sollte er. Andererseits würde ich mir an Rufus' Stelle überlegen, ob der Schutzgeist nicht auch den Poltergeist magisch anzieht ... du siehst, ich bin immer noch misstrauisch! Umgekehrt aber auch von den neu hinzugekommenen Fakten begeistert. Dadurch, dass der chaotische-bösartige Geist versucht Lampen zu Bruch gehen zu lassen und sogar für Ohnmacht bei allen anderen sorgte, wirkt er beunruhigend. Nein, mehr als das, lebensgefährlich!
Werden die Drei je wieder wach? Wird man etwas erfahren, was vor ihrer Bewusstlosigkeit statt fand? Wie steht es um sichtbare Verletzungen? (Letztere waren gar nicht erwähnt, als die Tragen vorbei fuhren. Mysteriös, da gehe ich davon aus, sie hatten keine.) Sonst hast du einige schöne Zeilen untergebracht, über die man sogar kichern konnte, z.B. die Peregrin-Sache. Rufus Konter war fantastisch, herrlich impulsiv und wenig respektvoll, ohne fehl am Platz zu sein. Ebenso gut zu wissen, dass er seine Freundschaften so wertschätzt - er wird daher auch auf den Friedhof gehen. Egal, was Gruseliges geschieht! Das Risiko ist doch zu hoch, dass er eine Chance vergibt und zu wenige Informationen besitzt. (Wahrscheinlich hätte er einfach in die Wohnung gehen sollen.)
Apropos, die Reaktion des Wachtmeisters: Trockener geht es ja nicht. Ebenso gut hätte er sich ein Schild an die Stirn schlagen können, dass er ihn für verrückt hält. Solche Charaktere mag ich, die sind bodenständig und verschlimmern langfristig alles. ;)
Nun,auf alle Fälle bin ich gespannt, ob Peregrin sich von der Seance erzählen lässt und wen sie dadurch anlockten. Plus, woraus Peregrin gern entkommen würde. Klang dramatisch und dringend ...
Kurzum: Den Schutzgeist mag ich dank seines Ernsts, der zwischendurch von schlagfertigen Anekdoten aufgelockert wird, sehr!

Einige Tippfehler sind auch noch enthalten, auch wenn die mich im Lesefluss nie störten. Dazu ist die Szene zu lebendig und die Charaktere zu bildlich.
Einmal: Drittletzte Zeile ist eine Formatierung unvollständig.
Dann hast du im oberen Drittel einige Male das Komma nach der wörtlichen Rede zu früh gesetzt: nachkommen,“ wandte (nachkommen", wandte); und es fehlen zwei Fragezeichen: "Und du kommst wirklich."/"... wollen Sie lieber ins Krankenhaus."; sowie zwei Buchstaben: "Jetzt galt es/Zigaretten[/ b]stummel".

Viele Grüße, Morgi

Antwort von:  Salix
11.09.2015 23:51
Danke für deinen ausführlichen Kommentar.
Schön, dass du Peregrin magst.
Und jay, die Sprüche haben gewirkt. Äh, sie haben sich beim Dialogschreiben ergeben. Aber ich liebe es trotzdem, wenn ich es mit solchen Sätzen schaffe Leute zum kichern zu bringen. Humor gehört für mich in eine Schauergeschichte, um zwischen durch die Spanung zu lockern und damit die Stimmung nicht zu düster wird.
Gut zu wissen, dass die Spannung erhalten geblieben ist und die weiteren Fakte zu weiteren Fragen führen.
Ich will jetzt nicht zu ausführlich antworten, damit ich nich aus Versehen spoilere. Ich werde aber im Verlauf wahrscheinlich auf Sachen aus deinen Kommentare eingehen.

Was die Rechtschreibfehler angeht, da weiß ich jetzt, worum ich mich die Tage kümmere.

Viele liebe Grüße
Von: abgemeldet
2015-09-10T23:37:13+00:00 11.09.2015 01:37
Hallo!

Oha, so eine Begegnung bei dem Wetter kann man nicht gebrauchen. Ich frage mich schon die ganze Zeit, wovor der Geist Rufus gerettet haben könnte. War da etwas Anderes am Lampensturz Schuld? Ich will es nicht hoffen, aber wenn der eine Geist freundlich ist, muss es wohl auch das Pendant dazu geben ...
Auf alle Fälle ist es sehr leicht dem roten Faden zu folgen, und man denkt sich bei der ersten Spiegelung noch nichts Böses. Wie oft bildet man sich immerhin Schatten ein, sobald man schläfrig ist? Der Spannungsbogen hat da allerdings kein Mitleid; nun häufen sich die merkwürdigen Begebenheiten und das Krachen, der Stromausfall und Höllenlärm nachts bei Regen ist einer guten Schauergeschichte sehr zuträglich. Das Rufus am Ende z.B. alle Zimmer kontrolliert, war ganz logisch aufgefächerte Paranoia - da beißt sich die Rationalität mit dem untrüglichen Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmen kann.
War einer meiner Lieblingsnebensätze. :)
Allgemein fällt auf, dass du dich stark am Alltag der Personen entlang hangelst. Da istdie Dame, die im Nachthemd vor die Tür kommt oder der viel zu selten fahrende Bus (wobei es hier seltsam war, dass er die halbe Stunde punktgenau schätzt, obwohl du auf die fehlende Armbanduhr verweist). Dafür war mein persönliches Highlight eindeutig die Einstiegsfrage des Geistes, der in Gestalt eines jungen Mannes angenehm ernst und analysierend-besorgt erscheint. Das Wort "abgedroschen" ist fantastisch, klingt nach einem Mittdreißiger. Auf dessen Rückkehr bin ich nun sehr gespannt ...

Die Atmosphäre ist durchgehend dicht, dezent gruselig und da fast alle im Moment der Begegnung namenlos bleiben, anonym und abgeschottet. Der Polizist war für mich nur eine belanglose Randfigur, ich glaube nicht, dass er ernsthaftes Interesse daran hatte, einer kaputten Lampe auf den Grund zu gehen. Dafür ist das Rätselraten um die "bescheuerte Aktion" famos. Ich tippe auf Gläserrücken oder okkulten Krimskrams, toll, dass du nur bruchstückenhaft im Verlauf einige Infos streust. So wird man neugierig!

Vereinzelte Tippfehler gibt es noch, sind stets von derselben Art und ganz leicht auszumerzen:
Vor Konjunktionen gehört ein Komma (hier: "als", "bevor" oder "einige Minuten, in denen"); einmalig fehlte eins am Anfang zwischen zwei Verben ("Feigling dazustehen, hatte") und sonst gibt es manchmal Wortwiederholungen. Ganz prägnant war das in dem Absatz, in dem du von der "bleichen Hand" sprachst, viermal.

Nun, mal schauen wie es ihm weiter ergeht ...

Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Salix
11.09.2015 13:58
Vielen Danke für deinen ausführlichen Kommentar.
Es freut mich sehr, dass die Geschichte angemessen gruselig rüberkommt. Ich bin ziemlich leicht zu gruseln und kann deshalb schlechter einschätzen, was andere gruselig finden könnten. Ich kenne von Freunden die Bemerkungen: "Das findest du gruselig, das war doch noch harmlos!"
Toll, dass dir das Wörtchen abgedroschen gefallen hat, mir kam es einfach nur passend in der Situation vor. Da bin ich ja mal gespannt, was du so von dem Geist hälst, wenn er wiederkommt.
Du liegst übrigens mit deinem Tipp sehr nahe. ;)

Ich werde mich der Tippfehler annehmen und auch bei den Kommata noch einmal genauer nachsehen
Kommaregeln sind mein größtes Handycap bei der Rechtschreibung. Ich kenne die Regeln, ich verstehe sie und dennoch hapert es bei der Umsetzung öfter mal. Entweder ich setze zu viele, wenn ich genau drauf achte oder zu wenig, wenn ich einfach losschreibe. Ich werde wieder mehr darauf achten.

Vielen Dank für den Hinweis mit den Wortwiederholungen, eigentlich ist das etwas, was ich eher vermeiden möchte, mir aber dennoch durchrutscht.

Deine Rückmeldung hilft mir ehr weiter und ermutigt mich, dass mein Versuch mit der Schauergeschichte eine gute Idee war.


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