Zum Inhalt der Seite

Loving Heartbreaker

Liebe ist nicht immer leicht
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Lonely

„Ich geh ins Crown.“, Usagi kam ihre Tasche packend ins Wohnzimmer.

Ihre Mutter sah von ihrer Näharbeit auf.

„Schon wieder? Du warst schon die ganzen letzten Tage da und ich dachte, wir planen ein bisschen deinen Geburtstag durch. Der ist immerhin schon morgen.“

„Ich feier nicht. Das weißt du.“

Ikuko seufzte tief und stand auf. Begleitete ihre Tochter zurück in den Flur. Sie lehnte sich gegen das Treppengeländer und sah der Blondine dabei zu, wie sie sich die Schuhe anzog.

„Willst du nicht nochmal drüber nachdenken? Es ist immerhin dein sechzehnter und wir müssen ihn ja auch gar nicht so groß feiern.“

„Ich hab es dir schon vor drei Tagen gesagt, Mama. Ich feier meinen Geburtstag nicht.“

„Darf ich dir wenigstens einen kleinen Zitronenkuchen backen?“

„Tu, was du nicht lassen kannst. Wir sehen uns heute Abend.“, das blonde Mädchen kam auf ihre Mutter zu und umarmte sie kurz. „Sei mir bitte nicht böse. Ich habe einfach keine Lust zu feiern.“

„Ich versteh schon.“, winkte Ikuko ab. „Dann bis heute Abend!“

„Ja, bis dann!“

Usagi schnappte sich ihre Tasche und verschwand aus dem Haus. Sie hielt es schon seit Montagmittag nicht mehr hier aus. Heute war Freitag. Aber sie hatte das ständige Gefühl, ihr würde die Decke auf den Kopf fallen. Zudem ertrug sie den mitleidigen Blick ihrer Mutter nicht. Das brachte sie nur noch mehr zum Heulen. Als sie ihren besten Freund angerufen und dieser sie ins Crown eingeladen hatte, war sie sofort aufgebrochen. Ihr war egal, dass sie eigentlich krankgeschrieben war. Um die Zeit saßen eh alle ihre Mitschüler im Klassenzimmer. Seitdem saß sie nun schon vier Vormittage und Nachmittage im Crown. Heute würde es der fünfte Tag werden.

Ihre Beine trugen sie zur Bushaltestelle. Sie warf einen Blick auf den Fahrplan und zog dann ihr Handy aus der Hosentasche ihrer Hotpants. In den letzten Tagen war es heiß geworden. Langsam aber sicher hatte der Sommer in Tokio Einzug gehalten. Und so wie die Temperaturen nach oben kletterten, hatte er wohl vor, eine ganze Weile zu bleiben. Wenigstens etwas worüber sich Usagi freuen konnte. Sie verglich die aktuelle Uhrzeit mit der Anzeige des Fahrplans. Ein wenig länger blieb ihr Blick am Display hängen. Sie musste sich beim Anblick des Hintergrundbildes schwer zusammen reißen. Noch immer hatte sie es nicht übers Herz gebracht und es geändert. Es waren immer noch sie und Mamoru zu sehen. Glücklich vereint. Keinem hatte sie davon erzählt. Noch immer klammerte sie sich an den winzigen Funken der Hoffnung, dass alles gut werden würde. Auch wenn dieser von Tag zu Tag kleiner wurde.

Sie hob den Kopf, ging vor zum Rand des Gehsteigs und stieg in den gerade kommenden Bus. Er war vollkommen leer. So wie immer in den letzten Tagen. Das Mädchen war der einzige Fahrgast. Sie setzte sich ganz nach hinten in die letzte Reihe und blickte aus dem Fenster. Sie freute sich auf Motoki. Durch ihn hatte sie wenigstens nicht mehr die ganze Zeit geheult. Als es die letzten Tage am Nachmittag stressig wurde, hatte sie ihm zeitweise sogar hinterm Tresen geholfen. Er hatte alles unternommen, damit sie auf andere Gedanken kam und nicht mehr soviel nachdachte.

Ihre Gedanken schwenkten wieder ab zu Sonntagabend. Sie hatte seine Nummer gewählt. Es hatte bestimmt zwanzig mal angeläutet. Aber Mamoru hatte nicht abgenommen. Vielleicht hatte er auch schon geschlafen. Sie wusste es nicht. Er hatte auch nicht am nächsten Tag zurückgerufen oder ihr geschrieben. Im Crown war er auch nicht mehr gewesen. Motoki hatte gemeint, er wolle ihn auch nicht mehr sehen, solange er sich nicht bei ihr und den anderen entschuldigt hatte. Usagi konnte es verstehen. Sie hatte auch nicht nochmal versucht, ihn anzurufen oder ihm zu schreiben. Sie wollte ihm nicht hinterher kriechen. Ganz egal wie sehr ihr Herz nach ihm rief. Sie hatte sich nichts vorzuwerfen und vertraute darauf, dass ihre Freundinnen den Übeltäter ausmachen würden. Bisher waren sie jedoch noch nicht sehr weit gekommen. Wahrscheinlich blieb sie auch noch nächste Woche zuhause. Die Ruhe tat ihr gut. Ohnehin würde sie kaum Stoff verpassen. Ami kaute ihn jeden Nachmittag mit ihr im Crown durch. Und Tests standen drei Wochen vor den Sommerferien eh nicht mehr an.

Ruckelnd kam der Bus zum Stehen. Usagi sah sich um. Sie hatte noch zwei Stationen vor sich. Doch sie wusste sofort, wo sie war. Jeden Tag war sie hier lang gekommen. Es war die Haltestelle von Mamoru. Sie hatten immer die gleiche Buslinie, wenn sie zum Crown wollten. Ihr Weg war ein bisschen länger. Sie atmete tief ein. Jeden Tag hatte sie überlegt, genau hier auszusteigen und bei ihm zu klingeln. Aber sie traute sich nicht. Nicht mal einen Blick hatte sie gewagt nach oben zu richten in den sechsten Stock. Eigentlich sollte sie mit dem Thema abschließen. Sie rutschte auf die andere Seite der Sitzbank. So musste sie nicht sein Wohnblock sehen.

„Usako!“

Ihr Name traf sie wie ein Blitz. Vorsichtig wandte sie sich vom Fenster weg und sah den Bus entlang, der wieder angefahren war. Ihre Augen weiteten sich und ihr Herz schlug augenblicklich schneller. Sie hatte das Gefühl, es würde stolpern und jeden zweiten Schlag aussetzen. Usagi konnte nicht anders, als zu starren. Da stand er. Mamoru. Er stand bei der vordersten Tür und hielt sich an eine der Halteschlaufen über ihm fest. Genau wie sie ihn anstarrte, tat er das gleich wegen ihr.
 

Mamoru wollte seinen Blick abwenden. Aber er konnte es nicht. Viel zu sehr war er von ihren blauen Augen gefangen. Er sah, wie sie sich krampfhaft am Griff der Rückenlehne vor ihr festhielt. Er konnte die Überraschung und Nervosität in ihren Augen sehen. Das und Tränen. Sie sah aus, als wollte sie etwas sagen. Doch dann wandte sie sich ab. Schaute wieder aus dem Fenster und wischte sich eine Träne von der Wange, die sich heimlich ihren Weg gebahnt hatte. Der Schwarzhaarige musste schwer schlucken. Setzte sich dann jedoch ebenfalls. Die Gedanken rasten durch seinen Kopf. Warum war sie hier? Müsste sie nicht in der Schule sein und warum weinte sie? Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich würde sie immer noch versuchen sich raus zu reden, wenn er eine Erklärung fordern würde. Sie war einfach eine gute Schauspielerin. Mehr nicht. Seine linke Hand wanderte auf die Höhe seines Herzens. Es schlug schmerzhaft schnell. Wie gerne hätte er ihr ins Gesicht gesagt, dass noch nie jemand ihn so sehr verletzt hatte wie sie. Aber er konnte es nicht. Viel zu sehr hatte er Angst, dass er ihrem Charme neuerlich erliegen würde.

Gedanklich wanderte er zurück zu jenem Abend, als sie ihn angerufen hatte. Er hatte auf sein Handy gestarrt und mehr als einmal den Drang gehabt, abzunehmen und ihrer Stimme zu lauschen. Aber er brachte den Mut nicht auf. Auch nicht dazu sie zurückzurufen. Und sie hatte es auch nicht nochmal versucht. Mamoru wusste, dass sie ihn nicht mal jetzt in diesem Augenblick beobachtete. Ihre Blicke hatte er immer gespürt. Jetzt nicht mehr. Er überlegte, wohin sie wohl wollte. Die Buslinie fuhr direkt zum Crown. Er war seid Sonntag nicht mehr dort gewesen. Motoki hatte ihn rausgeschmissen. Vollkommen zu unrecht wie er fand. Aber scheinbar spielten seine sogenannten Freunde alle noch dieses durchgeknallte Spiel.

Ein nur allzu vertrauter Geruch stieg ihm in die Nase, als der Bus neuerlich nach einem Halt los fuhr. Er wandte sich von der Scheibe ab. Der Duft nach Pfirsich und Vanille wurde immer intensiver. Unbewusst schloss er die Augen und atmete tief ein. Wie gerne hätte er sie jetzt aufgehalten. Er öffnete seine Augen wieder und sah auf. Usagi stand vor ihm an der Tür. Die nächste Station würde sie aussteigen.

„Warum bist du nicht in der Schule?“, seine Stimme klang rau und trocken. Er wusste selber nicht so genau, warum er ihr diese Frage überhaupt stellte. Es sollte ihn eigentlich nicht interessieren. Genauso wie ihn die ganze junge Frau nicht mehr interessieren sollte.

„Ich bin krank.“, Usagi vermied den Blick mit ihm. Er sollte nicht sehen, wie sehr sie litt. „Und du?“

„Auch krank.“

„Aha.“

Ihr Herz schrie vor Freude auf. Allein seine Stimme zuhören, gab ihr Trost und füllte die Flasche der Hoffnung neu auf. Als der Bus stoppte und die Türe sich öffnete, nahm sie allen Mut zusammen und suchte seinen Blick. Ihr Herz setzte wieder einige Schläge aus. Sie konnte die Traurigkeit in seinen blauen Augen sehen.

„Gute Besserung!“, sie versuchte sich zu einem Lächeln durchzuringen. Hoffte, dass es nicht zu verkrampft aussah.

„Dir auch.“

Mamoru sah, wie sehr sie sich zu einem Lächeln zwingen musste. Wie schwer es ihr fiel. Und nachdem er ihre Augen gesehen hatte, wusste er auch warum. Sie war verletzt. Sie war traurig und enttäuscht. Dann stieg sie aus dem Bus und verschwand um die nächste Ecke. Er sah ihr hinterher. Ihr ging es nicht gut. Genauso wenig wie ihm. Wieso war sie so traurig? Es konnte doch nicht nur daran liegen, dass ihr Plan schief gegangen war und er sie zusammen gestaucht hatte. Vielleicht hätte er ihr folgen sollen. Aber dann würde er ihr nur noch die Genugtuung geben, dass ihr Plan doch noch aufgegangen war. Und das verbot ihm sein eigener Stolz.
 

Kaum war sie um die nächste Ecke geborgen, begann sie zu rennen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie konnte nicht anders, als breit zu lächeln. Ihr Blut rauschte ihr in den Ohren und das erste Mal seid Sonntag fühlte sie sich glücklich. Richtig glücklich.

Ihr kam es vor wie eine kleine Ewigkeit, bis sie das Crown erreicht hatte. Die Schiebetür öffnete sich und sie sah sich suchend um.

„Motoki?“, ihre Stimme hallte in dem fast leeren Café wider. „Motoki, wo steckst du?“

„Ich bin hier.“

Usagi fuhr herum. Der Blonde kam gerade mit mehreren Kaffeepackungen unter den Armen aus dem Lager. Sie rannte sofort auf ihn zu.

„Ich hab ihn gesehen.“

„Wen?“, Motoki legte seine Waren auf die Arbeitsfläche neben der Kaffeemaschine.

„Mamoru.“

„Was?“

„Ja. Eben im Bus. Du weißt doch, dass wir immer die selbe Linie nehmen müssen, wenn wir zu dir wollen. Als der Bus bei ihm hielt, ist er eingestiegen. Er hat mich Usako genannt. Dann haben wir uns eine Weile angeschwiegen und dann hat er mich angesprochen, als ich ich aussteigen wollte.“

„Wieso fährt er um die Zeit Bus? Er hat doch auch Schule.“

„Er ist krank. Beziehungsweise macht er krank. Genau wie ich.“

„Und ihr habt miteinander gesprochen?“, er runzelte die Stirn.

„Ja. Er hat mich gefragt, warum ich nicht in der Schule bin und ich hab ihm gesagt, ich sei krank. Dann sagte er, er sei es auch und wir haben uns gegenseitig gute Besserung gewünscht.“

„Aha.“

„Aha? Mehr fällt dir dazu nicht ein?“, enttäuscht ließ sich Usagi auf einen der Barhocker fallen. „Mamoru und ich haben uns kurz unterhalten. Er hat mir in die Augen gesehen.“

„Usa! Ich freue mich ja für dich, aber mal ganz ehrlich. Er hat sich nicht bei dir entschuldigt für sein Verhalten, oder?“

Die Blondine schüttelte den Kopf.

„Er wird immer noch glauben, dass du ihn betrogen hast.“

„Aber…“

„Kein aber, Usa. Er wollte nur höflich sein. So wie er es immer ist. Solange er sich nicht bei dir entschuldigt hat oder wir ihm keinen Gegenbeweis für deine Unschuld liefern können, wird das nichts zwischen euch ändern.“

Motoki konnte sehen, wie sie bei jedem seiner Worte ein bisschen mehr in sich zusammen sackte. Er wusste, dass seine beste Freundin Mamoru immer noch liebte. Die ungerechtfertigten Anschuldigungen seinerseits hatten an ihren Gefühlen für ihn nichts verändert. Und doch wollte er ihr keine falschen Hoffnungen machen. Wenn sie nicht beweisen konnten, dass die Fotos gefälscht waren, würde Mamoru immer nur das Mädchen in ihr sehen, das ihn betrogen hat.

„Usa, du weißt, dass ich dich genauso liebe wie meine kleine Schwester. Und daher will ich auch nur das Beste für dich.“

„Ich weiß. Kann ich einen Shake haben?“, Usagis gute Laune war auf einen Schlag wie weggeblasen. Bis eben war ihre Stimmung noch himmelhoch jauchzend gewesen. Nun war sie tiefer als nur im Keller. Ein Danke murmelnd, nahm sie den Shake von Motoki entgegen und ließ weiter den Kopf hängen. Mit dem Zeigefinger malte sie unsichtbare Kreise auf die polierte Fläche des Tresen. Sie wusste, dass ihr bester Freund Recht hatte. Mamoru wollte sicher nur nett sein. Hätte er ihr geglaubt, hätte er sich doch schon längst bei ihr gemeldet und sich für seinen Fehler entschuldigt.

Motoki beobachtete die Blondine, die tief in Gedanken schien. Er gönnte es ihr ja, dass sie Mamoru gesehen und kurz mit ihm gesprochen hatte. Auch wenn er in den letzten Tagen alles versucht hatte, um sie abzulenken. In den Minuten wo sie nichts zu tun hatte, war sie immer wieder in Gedanken versunken gewesen. Zwar hatte sie den anderen gegenüber behauptet, sie hätte alle Erinnerungen an ihn vernichtet, doch erst gestern Mittag hatte er ihr Hintergrundbild auf dem Handy gesehen. Sie und Mamoru. Es hatte ihm beinahe schon selbst das Herz zerissen. Wahrscheinlich hatte sie auch noch die ganzen Briefe aufgehoben, die sie ihm bis vor wenigen Wochen noch geschrieben hatte.

„Du sag mal.“

Der junge Mann sah auf. Usagi hatte den Kopf nicht gehoben.

„Können wir morgen einfach so ein bisschen zusammen sitzen?“

„Ich dachte, du willst nicht feiern.“

„Will ich auch nicht. Ich will einfach nur ein bisschen mit euch zusammen sein.“

„Haben deine Eltern denn nichts geplant?“

„Nein. Eigentlich wollten wir ja hier eine große Party feiern. Aber naja. Meine Mutter will nun unbedingt ein nettes Kaffeekränzchen veranstalten, weil sie meint, dass es besser wäre für mich und meinen momentanen Gemütszustand. Aber sowohl ich als auch Papa und Shingo sind davon nicht gerade begeistert. Wir haben keine Lust drauf, die heile Welt zu spielen.“

„Verstehe ich.“

„Also?“

„Von mir aus. Wenn du eh kein großes Brimborium veranstalten willst. Mir soll’s recht sein.“

„Danke!“, sie drehte sich auf ihrem Hocker um und beobachtete die Passanten durch die Fensterfront. Ihre Mutter wäre sicherlich enttäuscht, wenn sie am morgigen Nachmittag nicht zuhause wäre. Aber das war ihr ziemlich egal. Sie konnten den Kuchen genauso gut am Vormittag essen und ihr dann auch die Geschenke geben. Es war ja nur ihr Geburtstag.

„Usa?“

Sie neigte ihren Kopf leicht zur Seite, um Motoki zu zeigen, dass sie ihm zuhörte.

„Kannst du kurz ein Auge auf den Laden haben? Ich muss im Lager nachsehen, was ich noch bestellen muss.“

„Okay.“

Obwohl sie gedanklich immer noch abwesend war, wusste der Blonde, dass sie seiner Bitte nachkam. Sie wusste ohnehin, was sie zutun hatte, wenn ein Gast kam.

„Danke!“, er wandte sich ab und ging nach hinten ins Lager. Usagi hörte, wie die Tür zuschlug. Sie seufzte leise und ließ kurz ihren Blick durch das Café schweifen. Bis auf einige ältere Herrschaften war keiner da. Sie war wohl die Jüngste hier. Ihre Gedanken schweiften wieder zurück zu Mamoru. Sein trauriger und verletzter Blick kam ihr in den Sinn. Wie gerne hätte sie ihn im Bus in den Arm genommen und ihm gesagt, dass alles nur eine große Lüge war und nichts von dem, was er auf den Fotos sah, der Wahrheit entsprach. Minako hatte vor zwei Tagen die großartige Idee gehabt, sie zu einem Gynäkologen zu schleppen und Mamoru so dann den Beweis ihrer Unschuld zu erbringen. Bis Minako selbst fanden alle den Vorschlag äußerst schräg und peinlich. Was wohl am meisten auf Usagi selbst zutraf, da auch Motoki mit am Tisch saß. Und sie hatte nicht die geringste Lust, mit ihrem besten Freund darüber zu sprechen, ob sie noch Jungfrau war oder nicht. Auch wenn er sich das sicher denken konnte.

Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. Ihr Herz raste und sie hatte das Gefühl, als würde es ihr zerspringen. Auch wenn das theoretisch unmöglich war. Aber es fühlte sich so real an. Und sie fühlte sich alleine. Ja, sie hatte ihre Freundinnen jeden Tag um sich. Doch es war nicht das selbe. Ohne Mamoru war sie nur ein halber Mensch. Ein unvollständiger Mensch. Allein gelassen und hilflos.
 

Übertrieben fröhlich lief Saori die Straßen entlang. Sie hatte heute ihren Universitätstag gehabt und somit keine Schule. Den Vormittag hatte sie an der Tôdai verbracht und sich über das Medizinstudium informiert. Sie hatte gehofft, dort auf Mamoru zu treffen. Schließlich brannte er fast schon darauf, endlich mit dem Studium zu beginnen. Auch wenn es bis dahin noch zehn Monate waren und er noch nicht mal zur Aufnahmeprüfung angetreten war. Saori selbst konnte es ebenfalls nicht erwarten. Was aber weniger an dem Studium selbst als viel mehr an dem Schwarzhaarigen lag. Alleine die Vorstellung jeden Tag neben ihm zu sitzen und gemeinsam an irgendwelchen Seminaren und Praktika teilzunehmen, berauschte sie.

Es hatte sie verwundert, dass er nicht zur Informationsveranstaltung gekommen war. In einer kurzen Pause zwischen zwei vortragenden Professoren hatte sie ihm eine Nachricht geschrieben. Er hatte ihr bisher nicht geantwortet. Die Brünette konnte sich sein Verhalten nicht wirklich erklären. Zwar wusste sie, dass er schon immer eher der Einzelgänger gewesen war, doch seit der Trennung von Usagi hatte er sich noch mehr zurückgezogen. Er hatte ihr gesagt, er würde sie anrufen. Eine Tatsache die er bis heute nicht getan hatte. Kobajashi hatte ihn vor drei Tagen zufällig in einem Supermarkt getroffen. Laut seiner Aussage war Mamoru ziemlich wortkarg. Es konnte doch nicht sein, dass ihr Mamoru solch schweren Liebeskummer hatte. Das wollte sie zwar, aber es war nicht vorgesehen, dass er sich deswegen tagelang verkroch.

Sie seufzte und hob den Kopf, als sie an einer Ampel zum Stehen kam. Gegenüber von ihr lag das Crown. Es war nicht sonderlich voll und ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr auch warum. Es war kurz nach halb zwei. Die Mittagspause der Geschäftsleute war seit einer halben Stunde vorbei und die Schüler saßen noch in ihren Klassenzimmern. Aber sofort fiel ihr die markante Frisur ins Auge. Was tat sie um diese Uhrzeit hier und warum war sie nicht in der Schule? Als die Ampel auf grün umsprang, lief sie eilig über die Straße. Sie musste unbedingt wissen, warum Usagi ebenfalls die Schule schwänzte. Mamorus Grund kannte sie, aber nicht ihren. Und den musste sie wissen! Kurz warf sie noch einen Blick auf ihr Spiegelbild im Fenster, bevor sie eintrat. Die Blondine stand zusammen mit dem Besitzer des Ladens hinter der Theke. Sie hatte sich eine Schürze umgebunden und war gerade dabei, die frisch gewaschenen Gläser aus dem Geschirrspüler zu nehmen und zu polieren. Saori sah ihren nachdenklichen Gesichtsausdruck und konnte sich denken, wo das Mädchen mit ihren Gedanken war. Langsam ging sie zur Theke und setzte sich.

„Guten Tag!“, sie schaut auf die Getränkekarte hinter der Theke an der Wand. „Ich hätte gerne einmal den Chai Latte bitte. Einen großen.“

„Möchten Sie ihn hier trinken oder mitnehmen?“, Usagi hob ihren Kopf und verharrte in ihrer Bewegung. Es dauerte einige Sekunden, bis wieder Leben in sie kam. Eine Tatsache die der Brünetten nicht entging und die diese sichtlich genoss.

„Hallo Saori.“

„Oh, Usagi. Was machst du denn hier?“

„Aushelfen.“

„Hast du denn keine Schule?“

„Nein.“, die Blondine versuchte freundlich zu sein. „Also was ist mit deinem Chai Latte? Willst du ihn hier trinken oder mitnehmen?“

„Ich würde ihn gerne hier trinken, wenn es okay ist?“, Saori suchte den Blick von Motoki. Der hob nur die Schultern und nickte, bevor er zu einem Tisch ging und abräumte. Sie beobachtete Usagi dabei, wie diese die Milch aufschäumte und ihr Getränk zubereitete. Sie hatte sie glatt angelogen. Das war der Brünetten bewusst. Wahrscheinlich litt sie immer noch unter der Trennung und machte krank. Eine Genugtuung für Saori. Auch wenn sie es lieber gehabt hätte, dass sie noch mehr litt. Aber Seiya hatte sie davon abgebracht, die Fotos noch weiter in Umlauf zubringen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie die Fotos auch an Mamorus und ihrer Schule unter die Schülerschaft gebracht. Jeder sollte sehen, was für ein Flittchen die Blondine war. Nur weil Seiya selbst um seinen guten Ruf fürchtete, wenn er mit Usagi zusammen käme, hatte sie ihr eigentliches Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt. Was vielleicht auch klüger war. Wenn herauskam, dass Mamoru mit ihr zusammen war, wäre wohl auch sein Ruf im Eimer gewesen.

„Bitte sehr.“, Usagi stellte der jungen Frau die Tasse mit dem dampfenden Getränk hin. „Wieso bist du nicht in der Schule?“

Die Blondine konnte sich kaum vorstellen, dass auch Saori krank war oder sowas vortäuschte. Selbst bei Mamoru war sie überrascht gewesen. Vielleicht waren seine Beweggründe die selben wie ihre. Auch wenn sie darüber nicht groß nachdenken wollte. Es sollte sie eigentlich gar nichts angehen. Motoki hatte Recht: Solange wie sich der Oberstufenschüler nicht entschuldigt oder eingesehen hatte, dass er sich irrte, würde sie nicht mehr mit ihm zusammen kommen.

„Ich hatte heute Universitätstag und war an der Tôdai.“

„Ach du willst ja auch Medizin studieren, stimmt’s?“

„Ja genau. Hat dir Mamoru davon erzählt?“, Saori versuchte so unbekümmert wie möglich zu klingen.

„Er hat es mal erwähnt. Wie war denn die Veranstaltung?“

„Ganz okay. Die Professoren schienen sehr nett zu sein. Aber sag mal, weißt du, warum Mamoru nicht da war?“

„Was?“

„Er war nicht da. Dabei ist der Universitätstag heute an allen Oberschulen. Die ganzen Abschlussklassen in Tokio haben deswegen frei. Ihr seid doch zusammen. Ist er vielleicht krank?“

Saori sah, wie Usagi bei ihren letzten Worten zusammen gezuckt war. Wie ihre Augen begannen zu glänzen, als Tränen sich empor kämpften. Innerlich vollführte sie einen Freudentanz.

„Ja, er ist krank.“

Die Brünette sah sie überrascht an. Woher wusste das diese dumme Pute nur schon wieder. Hatten die beiden etwa schon wieder Kontakt und sie hatte es nicht mitbekommen? Waren die beiden schon wieder zusammen?

„Aber…“, Usagi fiel es unendlich schwer zu sprechen.

„Aber was? Warum weinst du denn?“, Saori musste sich überwinden, Mitleid vorzuheucheln. Sie hätte auch damit weitergemacht, hätte sich ihr Handy in dem Moment nicht gemeldet. Sie warf einen entschuldigenden Blick zu Usagi, die nur abwinkte und sich umdrehte. Motoki kam gerade wieder und nahm sie in den Arm. Was geflüstert wurde, verstand die Brünette nicht. Es war ihr auch egal. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und ihr Herz setzte einen Moment lang aus, als sie den angezeigten Namen las. Bevor sie das Telefonat annahm, warf sie noch einen flüchtigen Blick auf Usagi, die in den Armen des Blonden lag und trotzig versuchte, nicht gleich loszuheulen. Saori konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie daran dachte, dass dieses Vorhaben gleich zunichte gemacht wurde. Sie schob den Balken mit dem grünen Telefonhörer beiseite und legte das Handy ans Ohr.

„Hallo Mamoru!“

Sie musste sich auf die Lippen beißen, als sie sah, wie Usagi erschrocken zu Motoki aufblickte. Um nicht ganz in Lachen auszubrechen, wandte sie sich ab und beobachtete die beiden nur durch die Spiegelung in der Fensterfront. Sie musste nur noch einige Sätze fallen lassen und Usagi würde sofort auf die falsche Fährte herein fallen.

„Ja sicher können wir uns treffen.“
 

Mamoru stand an der Haltestelle vorm Jubaan-Park.

Nach seinem kurzen Ausflug heute Morgen in die Bibliothek und dem Treffen mit Usagi hatte er sich wieder in seine eigenen vier Wände zurückgezogen. Hatte über diese kurze Begegnung nachgedacht. Jedes Mal wenn er einen Gedanken an die Blondine verschwendete, begann sein Herz zu rasen. Er versuchte es zu ignorieren, aber der dabei ausgelöste Schmerz waren zu groß. Er hatte sich in letzter Zeit sogar dabei ertappt, dass er wegen ihr geweint hatte. Sein Ego war mehr als nur angekratzt und er fühlte sich seit langem wieder hilflos und allein.

Auf dem Heimweg hatte er kurz überlegt, ob er nicht ins Crown gehen sollte. Sein Herz schrie vor Sehnsucht nach ihr. Und doch verbot er es sich am Ende selbst. Er musste sie vergessen. Ihm war eingefallen, dass heute der Universitätstag war. Er hatte es bis dahin vollkommen vergessen. Mamoru hatte eigentlich vorgehabt, dorthin zu gehen. Aber durch die ganze Aufregung in letzter Zeit, war das irgendwie untergegangen. Dunkel erinnerte er sich daran, dass Saori hingehen wollte. Auch wenn es ihm momentan widerstrebte, Kontakt zu seinen Mitmenschen aufzunehmen, rang er sich dazu durch und rief sie an.

Als er ihre Stimme am anderen Ende der Leitung hörte, freute er sich sogar. Irgendwie zumindest. Es war nicht die gleiche Freude wie im Bus bei Usagi. Aber besser als nichts und er kam sich nicht mehr ganz so leer innerlich vor. Er fragte sie, ob sie sich treffen könnten. Sie hatte sofort eingewilligt und er hatte es auch nicht anders von ihr erwartet. Jetzt stand er hier und wartete darauf, dass sie mit dem Bus ankam. Er ließ seinen Blick schweifen und entdeckte dabei den Bus, der gerade um die Ecke bog. Eine leichte Freude breitete sich in seinem Bauch aus. Ihm fiel ein, dass er sich auch noch bei Saori bedanken musste wegen der Fotos und der Aufklärung von Usagis wirklichem Ich. Und das erste Mal seit Tagen konnte er auch ehrlich lächeln, als die Brünette aus dem Bus stieg.

Saori sah gleich den Schmerz in seinen Augen. Sein Lächeln fand sich in seinen Augen nicht wieder, wirkte aber auch nicht gequält. Sie dachte an Usagis entsetztes Gesicht zurück, als sie mit Mamoru telefoniert hatte. Sie hatte ihr gegenüber nicht zugegeben, dass die Beziehung zu dem Oberstufenschüler beendet war. Aber das musste sie auch nicht. Wahrscheinlich ahnte sie, dass es Saori längst wusste. Umso schockierte schien sie darüber zu sein, dass ihr heißgeliebter Mamoru die Brünette nun anrief und sich mit ihr verabredete. Natürlich hatte Saori noch mehr Salz in die Wunde gestreut und zweideutige Bemerkungen fallen lassen. Mamoru selbst war darauf nicht weiter eingegangen oder er hatte es gar nicht so richtig mitbekommen. Was auch egal war. Usagi dachte jetzt wahrscheinlich, dass Mamoru sie schon längst vergessen hätte und Saori wusste, dass sie ihrem Ziel nun zum Greifen nah war. Trotzdem würde sie Mamoru erstmal nichts davon erzählen, wo sie gerade herkam und wen sie getroffen hatte. Sicher war sicher.

„Hallo Mamoru!“

„Hallo Saori.“, er ließ sich auf die Umarmung ihrerseits ein. Auch wenn sein Herz und sein Verstand laut Verrat riefen. Er ignorierte es.

„Du siehst ja schon viel besser aus. Bist du denn drüber hinweg?“

„Naja, geht so. Ich glaube aber, dass ich nächste Woche den Kurs auch noch sausen lasse. Oder verpasse ich sehr viel?“

„Nein. Ich kann dir ja meine Notizen kopieren und vorbei bringen. Dann kannst du das auch so lernen.“

Mamoru nickte nur und setzte sich dann mit ihr in Bewegung. Sie plauderten über Kleinigkeiten. Er vermied es peinlichst genau, dass das Gespräch auf Usagi und ihn kam. Allgemein blendete er das Thema Liebe und Gefühle aus. Auch wenn ihm nicht entging, dass Saori nur allzu gerne das Gespräch immer wieder in diese Richtung lenken wollte. Was auch logisch war, da sie ja selbst gerade in einer Beziehung war. Aus Höflichkeit fragte er sie, wie es denn ihrem Freund ging. Auf welche Schule er ging und was er in seiner Freizeit machte.

Die Brünette hatte damit überhaupt nicht gerechnet. Für sie war das Thema mit dem angeblichen Freund schon beinahe vergessen gewesen. Daher brauchte sie einige Sekunden, bis ihr was passendes einfiel. Ihm direkt ins Gesicht zu lügen, fiel ihr sogar relativ leicht. Und er glaubte ihr, dass sah sie auf den ersten Blick. Wenn er nur nicht so abwesend sein würde. Seine Gedanken schienen immer woanders hin zugehen. Das hatte sie schon vor einigen Minuten bemerkt. Es war wie bei Usagi, die genauso abwesend war. Ein wenig Wut stieg in ihr auf. Es konnte doch nicht sein, dass die beiden selbst in Gedanken so verbunden waren, obwohl sie selbst einen tiefen Keil zwischen sie getrieben hatte. Sie versuchte ihre Wut wegzulächeln.

Zusammen gingen sie durch den Park und blieben bei einem kleinen Eisstand stehen. Das Wetter war wunderbar sonnig und warm heute. Aus dem Augenwinkel ließ Mamru seine Augen über Saori wandern. Sie trug einen knielangen hellblauen Rock und ein weißes T-Shirt dazu. Ballerinas zierten ihre Füße und sie trug eine Handtasche über die linke Schulter. Nichts besonderes. Er erinnerte sich an Usagis Outfit heute im Bus. Sie hatte türkisfarbene Hotpants an und ein roséfarbenes Top. Er hatte ihre langen Beine gesehen und ihre Kurven, die durch ihre Kleiderauswahl betont wurden. Er musste sich eingestehen, dass sie wesentlich attraktiver war als Saori gerade. Gedanklich schallte er sich selbst. Er musste dieses Mädchen vergessen.

„Hallo Mamoru!“

Erschrocken fuhr er herum. Genau wie Saori.

„Minako!“, seine Stimme klang trocken.

„Wie ich sehe, geht es dir sehr gut.“, Minako konnte sich einen abfälligen Tonfall nicht verkneifen.

Mamoru sah, worauf sie mit ihren Worten abzielte. Ihre Blicke wanderten zwischen ihm und Saori hin und her.

„Schön, dass du dich schon wieder amüsieren kannst, während sich Usagi wegen dir die Augen ausheult. Ich an ihrer Stelle würde dir keine Träne nachweinen. Aber gut, dass ist Usagi. Viel Spaß noch!“

Der Schwarzhaarige konnte gar nicht so schnell reagieren, wie sich die Blondine auch schon wieder abgewandt hatte und davon ging. Irritiert sah er ihr hinterher. Was hatte sie gerade gesagt? Usagi heulte ihm hinterher? Wieso sollte sie das tun, wenn sie doch nur ein Spiel mit ihm spielte.

„Hey, ist alles okay?“, sachte berührte Saori ihn am Arm. Sein Gesichtsausdruck gefiel ihr gar nicht. Warum musste Usagis Freundin auch ausgerechnet jetzt auftauchen?

„Ja, alles gut. Komm. Gehen wir noch ein Stück.“, er rang sich ein Lächeln ab und bot der jungen Frau neben sich seinen Arm an. Freudig nahm sie diesen an. Sie musste dringend versuchen, ihn auf andere Gedanken zu bringen und ihn noch mehr für sich zu vereinnahmen.
 

Wütend stapfte Minako ins Crown und direkt zum Tresen, an dem Makoto mit Rei und Ami saß und hinter dem Usagi stand und Gläser polierte.

„Ihr erratet nie, wen ich gerade im Park getroffen habe.“, sie schmiss ihre Schultasche auf den Boden neben dem Barhocker und setzte sich. „Mamoru und diese komische Tussi. Wie hieß die doch gleich? Safari oder Salami oder so.“

„Du meinst Saori.“, Ami kicherte bei der Namenswahl von Minako für die Oberstufenschülerin.

„Ja genau die. Er und sie und jeder von beiden ein Eis in der Hand. Könnt ihr euch das vorstellen? Es ist nicht mal eine Woche her, dass er mit Usagi Schluss gemacht hat und schon datet er die nächste. Was für ein Macho. Aber könnt ihr euch das vorstellen? Könnt ihr das fassen?“

„Ja, Mina. Können wir.“

Erstaunt sah Minako zu Rei.

„Saori war heute Mittag hier gewesen.“, Usagi stellte eines der polierten Gläser in das Regal hinter sich. „Als sie hier saß und ihren Chai Latte trank, hat Mamoru sie angerufen und gefragt, ob sie sich treffen wollen. Sie hat sofort zugesagt und es kam mir und Motoki so vor, als würden sie sich schon länger wieder treffen.“

Sie verschwieg, dass sie selbst nicht wirklich daran glauben wollte und konnte.

„Wie kommt ihr darauf?“, Makoto sah sowohl die Blondine als auch Motoki fragend an. Bisher wussten die anderen Mädchen und jetzt auch Minako nur, dass Saori hier war und mit Mamoru telefoniert hatte wegen einem Treffen. Von dem ganzen Gespräch hatte sie aber noch nichts gehört. Umso neugieriger sahen die vier nun zu den beiden hinter dem Tresen.

Motoki legte seinen Lappen beiseite und atmetet tief durch.

„Sie meinte, dass sie sich auch freue, ihn endlich wiederzusehen. Das sie schon fast sehnsuchtsvoll auf seinen Anruf gewartet hätte. Das sie ihn schon auf andere Gedanken bringen würde und er sich deswegen keine Sorgen machen soll, sie würde ihr Handwerk verstehen. Ich weiß nicht, was ihr bei solchen Sätzen denkt, aber für mich klingt das so, als wären beide zusammen.“

Besorgt blickten die Mädchen bei seinen Worten zu Usagi. Sie hatte sie abgewandt und stand mit den Rücken zu ihnen. Sie konnte und wollte ihren Freundinnen jetzt nicht in die Augen sehen. Viel zu sehr war sie verletzt und die mitleidigen Blicke würde sie nicht ertragen. Ihr war es sowieso schon vorhin schwer gefallen, ein gescheites Gespräch mit Motoki darüber zu führen, als die Mädchen noch nicht da waren. Erst hatte sie sich bei ihm im Hinterzimmer ausgeheult und dann mit ihm über die Situation gesprochen.

„Was willst du denn nun tun, Usagi?“, Ami sah mitleidig auf den Rücken des blonden Mädchens.

„Wenn ihr mich fragt, sollte sie ihn in den Wind schießen.“

„Tun wir aber nicht, Mina. Ami hat Usagi gefragt und nicht dich.“, fuhr Rei die Blondine neben sich scharf an.

„Du solltest um ihn kämpfen. Manchmal lohnt es sich.“

„Makoto?“

Die Angesprochene sah zu dem großen Blonden, der den Kopf schüttelte. Er wusste, dass seine beste Freundin von alldem nichts hören wollte.

„Ami, hast du denn schon etwas herausgefunden wegen der Fälschungen?“

„Nein. In den Schulfluren schwirren die üblichen Gerüchte umher. Aber nichts verwertbares. Ich hab die Fotos aber sowohl vom Vorsitzenden des Fotografie-Clubs als auch meinem Informatiklehrer gezeigt. Beide sind der selben Auffassung wie wir alle hier. Es sind sehr gelungene Fälschungen und nicht wirklich von echten Aufnahmen zu unterscheiden. Derjenige, der diese Fotos hergestellt hat, muss ein sehr neues Bildbearbeitungsprogramm besitzen oder aber sich irgendwo reingehackt haben. Anders kann man es sich nicht erklären.“

„Und wie weisen wir das nun nach? Also das es Fälschungen sind, meine ich.“, Rei schaute über den Rand ihrer Teetasse hinweg in die Runde.

„Keine Ahnung.“, Ami stützte den Kopf auf beide Hände. „Zum ersten Mal im Leben bin ich wirklich ratlos.“

Stille breitete sich zwischen den Freunden aus. Jeder von ihnen hing seinen Gedanken nach.

Ami überlegte fieberhaft, mit welchem Programm auf ihrem Computer sie die Fälschungen nachweisen konnte.

Makoto sinnierte gedanklich darüber, ob Usagi jemals über Mamoru hinweg kommen würde.

Rei dachte darüber nach, ob sie nicht die Geister ihres heiligen Feuers im Tempel befragen sollte.

Minako war im Gedanken bei Mamoru und verfluchte ihn.

Auch Motoki war still. Sein Blick war auf Usagi gerichtet, die fast schon mechanisch die Gläser polierte.

Und Usagi selbst war die Stille unangenehm. Sie dachte an Mamorus Ausdruck heute Vormittag. Wie er sie angesehen hatte. So traurig. Wenn sie sich schon einsam fühlte, wie musste es ihm dann ergehen? Er war solange alleine gewesen. Freunde hin oder her. Sie wusste, wie schwer es ihm fiel, sich auf Gefühle einzulassen. Er hatte Gefühle wie Liebe und Freude solange missen müssen, seid seine Eltern gestorben waren. Und nun wurde er wieder verletzt. Genau wie sie. Aber im Gegensatz zu ihr, hatte er niemanden. Sie hatte ihre Familie. Ihre Freunde, die geschlossen hinter ihr standen. Aber wer stand hinter Mamoru? Sie überlegte hin und her. Niemand fiel ihr ein. Nicht einmal Motoki tat es. Er war auf Usagis Seite. Er glaubte an ihre Unschuld und gab Mamoru die Schuld an ihrem Herzschmerz. Wie gerne wäre sie jetzt bei dem Schwarzhaarigen gewesen. Hätte ihn in den Arm genommen und ihn sein Leid vergessen lassen. Ihn aus seiner Einsamkeit geholt. Aber es ging nicht. Mamoru hatte sie von sich gestoßen. Und doch schaffte sie es nicht daran zu glauben, dass er nun mit Saori ausging. Womöglich mit ihr zusammen war.

„Minako?“, Usagis Stimme war leise. Und doch hörten die Mädchen und Motoki sie klar und deutlich. Die Blondine legte den Polierlappen beiseite und drehte sich um. Sie musste sich an der Arbeitsfläche hinter ihr abstützen. Zu leicht brachten sie die ganzen Dinge um Mamoru momentan aus dem Gleichgewicht. Sie spürte die Blicke der anderen auf sich. Aber sie erwiderte sie nicht. Der Boden mit dem dreckigen Fließenmuster war interessanter.

„Hast du mit Mamo-chan gesprochen?“

Sie konnte hören, wie ihre Freundinnen scharf die Luft einzogen, als sie Mamoru bei seinem Kosenamen nannte. Die anderen mussten wahrscheinlich denken, sie war komplett besessen und durchgeknallt.

„Ja.“, Minako klang vorsichtig. Ihre Augen trafen kurz die der anderen Mädchen. Dann sah sie wieder zu ihrer Freundin, die den Kopf gehoben hatte und auf ein unbestimmtes Ziel hinter der Fensterfront auf der Straßenseite blickte.

„Was hast du zu ihm gesagt?“

„Das ich sehe, wie gut er sich wohl amüsiert. Und das du ihm halt nachweinst, was ich ja nicht tun würde. Und das ich ihm noch viel Spaß wünsche.“

Usagi atmete tief ein und aus.

„War das falsch?“

„Du hast bestimmt gehässig geklungen, oder?“, Usagi kannte Minako viel zu gut und somit auch schon ihre Antwort. „Hat er dir geantwortet?“

„Nein.“

„Wie hat er dich angesehen?“

„Nun ja, er war ziemlich erschrocken, als ich ihn angesprochen habe. Warum?“

Erst jetzt fand Usagi den Mut und sah zu ihren Freundinnen.

„Ich habe ihn heute Morgen im Bus getroffen.“

„Was?“, bis auf Motoki starrte der Rest der Clique das Mädchen überrascht an.

„Wir haben uns ganz kurz unterhalten.“

„Was hat das damit zutun, wie er Minako angesehen hat?“, Rei sah Usagi fragend an.

„Oh Usa, bitte!“

Alle Blicke huschten nun zu Motoki. Er ahnte, worauf seine beste Freundin aus war. Und er war nicht gerade begeistert davon.

„Warum interpretierst du in seine Blicke etwas hinein? Er hat ganz offensichtlich ein Date mit Saori und sie sah nicht so aus, als wäre sie nicht gerne dahin gegangen. Mamoru hat mit dir aus einem schwachsinnigen Grund Schluss gemacht und ist nun mit einem anderen Mädchen zusammen.“

„Glaub doch was du willst!“, Usagi war sauer geworden. „Ich kennen Mamoru nun auch schon eine ganze Weile. Und in den letzten Wochen habe ich ihn noch besser kennen gelernt und eine andere Seite von ihm entdeckt. Er ist nicht der Typ, der ein Mädchen einfach so fallen lässt und gleich einen Tag später mit dem nächsten zusammen ist. Er ist kein Seiya. Okay?!“

„Beruhig dich!“

„Nein, Rei! Ich habe keine Lust, mich zu beruhigen. Ich weiß, dass ich unschuldig bin und Mamoru reingelegt wurde. Ich weiß nur noch nicht, wer dahinter steckt und wieso. Aber das werde ich auch noch herausfinden. Mit oder ohne eure Hilfe. Und dann wird Mamoru seinen Fehler einsehen.“, sie band sich die Schürze ab und knallte sie auf den Tresen. Wieso glaubte keiner ihrer Freunde daran, dass alles wieder gut werden würde? Sie drückte Motoki das Geld für ihre Shakes in die Hand und holte ihre Tasche aus dem Hinterzimmer.

„Wohin gehst du?“, Motoki sah sie fragend an.

„Nach Hause. Und vergiss es wegen morgen. Ich ziehe das langweilige Kaffeekränzchen mit meiner Familie euch vor. Meine Eltern hoffen zumindest, dass alles wieder gut wird. Im Gegensatz zu euch.“

Damit verschwand sie aus dem Crown. Sie sprintete fast schon über die Straße und bekam nicht mal mehr mit, wie Seiya um die Ecke bog und nun seinerseits das Café betrat.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Eine neue Woche und ein neues Kapitel für euch. Ich hatte dank dem verlängerten Wochenende genug Zeit zum Schreiben und nun lad ich es euch hoch.
Ich weiß, dass einige von euch wohl immer noch entsetzt sind über Mamorus Verhalten. Aber keine Sorge:
Auch er wird leiden.
Auch er wird sich irgendwann besinnen.
Und weil ich kein Unmensch bin, hab ich euch diesen netten Cliffhanger gegeben. Vielleicht könnt ihr ja ahnen, worauf es nun hinaus läuft. Außerdem bin ich nicht der Typ Autor, der einen Chara so mies macht, nur weil man ihn weniger leiden kann. Das geht mir nämlich...
...und das muss ich jetzt mal schreiben...
... bei den ganzen Usa-Seiya-FFs gehörig auf den Zeiger! Der arme Mamoru wird immer als mieses Arschloch dargestellt, der Usa entweder betrügt oder schlägt oder sonst was. Das ist echt nicht fair. Es gibt genügend andere Gründe, warum man sich voneinander trennt. Nur weil man einen Chara weniger mag, muss man ihn nicht gleich so denunzieren!!! So, dass musste mal geschrieben werden!
Ich freu mich auf eure Kommis!

Hab euch lieb,
Vienne Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  solty004
2015-06-01T16:24:50+00:00 01.06.2015 18:24
Hei,
War ein super Kapitel.

Es ist gut das er auch leidet und nicht nur Usagi. Das er auch sah das sie kleidet wegen ihm und bekommt noch die Bestätigung von Minako. Hoffe das er wenigstens mehr an den Fotos zweifeln beginnt, wenigsten unbewusst.

Hoffe das er Sasori Schwindel durch schaut durch irgend eine Tat von ihr oder Seiya bringt darauf. Da er nicht mehr sehen kann wie Usagi leidet und bereut was er mit Sasori ihr angetan hatte.
So das Mamoru sich mehr als nur reumütig bei ihr entschuldigt doch sollte sie es ihm nicht so leicht machen auch wen es schwerfällt.
Und wen sie sich versöhnt haben sollten sie es Sasori für das falsche Spiel was gespielt hatte büßen lassen. Und mit ihr ein falsches Spiel spielen das sie merkt wie das ist, so was angetan zu bekommen.


Bis dahin, bin schon gespannt wie es weiter geht, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty
Antwort von:  Vienne
01.06.2015 19:56
Danke :)
Von:  Lunata79
2015-05-28T12:08:46+00:00 28.05.2015 14:08
26.05.2015 | 11:55 Uhr
Hi, ich noch mal.
Saori könnte sich ja auch verplappern.
Noch eine Möglichkeit, die zum Happy End führen könnte.

Lg
Lunata79



Antwort von Vienne Style am 26.05.2015 | 12:47:26 Uhr
Hallo du nochmal :)

Na so leicht mach ich es nicht :)

LG
Von:  Lunata79
2015-05-28T12:07:39+00:00 28.05.2015 14:07
26.05.2015 | 10:57 Uhr
Trauriges Kapitel.
Usagi klammert sich wirklich an den Funken Hoffnung.
Ich sehe eigentlich keine Möglichkeit mehr für ein Happy End für die beiden. Seiya ist hier der Einzige, der die Lage noch aufklären könnte.
Bin gespannt aufs nächste Kapitel.

Lg
Lunata79



Antwort von Vienne Style am 26.05.2015 | 12:38:39 Uhr
Hallo Lunata :)

Danke für deinen lieben Rev!
Na sieh das Ganze doch nicht so schwarz. Ich hab den Cliffhanger ja nicht umsonst gemacht am Ende ;)

LG Vienne
Von:  Kaninchensklave
2015-05-27T18:50:48+00:00 27.05.2015 20:50
ein immer noch heftiges Kap für Penzing

Oh man Seiya ist echt ein Trottel und Eier in der Hose hat er auch keine
sonst würde er mit dem ganzen miesen Spiel aufhören und die wahrheit sagen
aber das Mamoru Saori glaubt macht Ihm zu einem noch größeren Idioten
das er das offensichtliche nicht sieht

aber auch saorie hat ein Problem denn das mit dem Angeblichen Freund
wird ihr noch das Genickj brechen doch vorallem hat Ihm Minakos ansage
wohl zum nachdenken gebracht

Ich bin immer noch der Ansicht das sie Strafanzeige gegen unbekannt wegen verleugnung
machen sollten dann muss Mamoru wohl auch eine aussage machen von wem er die Bilder hat
und dann würde auch Saorie dazu vernommen werden und sie ist bei weiten nicht Mutig genug
ein verhör bei der Polizei zu überstehen ohne sich selber zu wieder sprechen
oder gar einen Lügendedektor test bestehen vorallem wenn Ihr Vater noch dabei ist

nur so kann momentan das ganze Lügen gebilde auffliegen
denn saorie sollte dringend ijn eine Geschlossene anstallt überstellt werden
etwas wo sie hin gehört vorallem Mamoru sollte die Klappe aufmachen
von wem er die Bilder hat

GVLG in den Alsergrund / Brigittenau  solltest du gerade in der Arbeit sein ;)
Antwort von Vienne Style am 26.05.2015 | 12:37:41 Uhr
Hey Wolferl :)

Danke für deinen Rev!
Jetzt warte doch mal ab, was ich für Seiya geplant habe Ôo
Und ich schreib deshalb nix mit Anzeige und so, weil ich das nicht alles unnötig kompliziert machen will.

Hab einen regnerisch-schönen Tag!
GVLG aus dem 20. von der Arbeit :)
Antwort von:  Vienne
27.05.2015 21:33
:)


Zurück