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Aeonar

Willkommen im berühmtesten Magiergefängnis Thedas'
von

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Als Cullen aufwachte, wusste er zuerst nicht, wo er war. Es war dunkel um ihn herum und nur langsam konnten seine, immer wieder zufallenden, Augen sich an das spärliche Licht, das unter den Türspalt hindurch in den kleinen Raum drang, gewöhnen. Er keuchte, schmeckte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Seine Lippe pochte unangenehm und sein Rücken schmerzte – dazu kam der Schmerz an seinem Hinterkopf, als würden tausend kleiner Hämmerchen gegen die Schädeldecke hauen.

Er lag auf einer erstaunlich weichen Matratze und war nachlässig in eine Decke gewickelt worden. Der Krieger blieb noch eine Weile liegen und versuchte, sich an die letzten Geschehnisse zu erinnern:

Er war nach Aeonar gelangt. Zwar äußerst knapp, aber er hatte es geschafft.

Und er… hatte den Knight-Commander des Turmes getroffen.

Magnus.

Und danach… hatte er etwas gesehen. Etwas, das ihn unheimlich erschreckt hatte. Cullen kniff die Augen zusammen, als der Schmerz ihn übermannte und stöhnte leise. Er hielt sich eine Hand gegen den Hinterkopf, als könne er den Schmerz damit ‘wegdrücken‘, doch jener wurde stattdessen noch viel stärker.

Konzentriere dich!

Cullen fuhr sich mit der Zunge über die spröden, trockenen Lippen und spürte dabei sogleich einen brennenden Schmerz – er zuckte zusammen. Anschließend folgte der metallene Geschmack von Blut und der Fereldener ahnte, dass er sich wohl die Unterlippe aufgebissen haben musste, als man ihn ohnmächtig geschlagen hatte. Doch darüber konnte sich der Kommandant jetzt keine Gedanken machen.

Stattdessen versuchte er, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Magnus hatte so arg blass ausgesehen.

Seine Adern waren hervorgestochen – es war kein schönes Bild gewesen. Der Knight-Commander Aeonars hatte todkrank gewirkt.

Aber Cullen wusste, jener war nicht krank. Zumindest nicht auf diese Art und Weise.

Er hatte es gesehen.

Er hatte dieses… rötliche Funkeln in den leeren Augen des Knight-Commanders ausmachen können. Wie damals, als er gegen die Roten Templer in Therinfals Schanze gekämpft hatte. Sie hatten denselben, schrecklichen Blick besessen…

Rotes Lyrium.

Es verderbte den Körper, verlieh ihm gleichzeitig jedoch ungeahnte Kräfte.

…Cullen hätte niemals gedacht, dass sich die Elite-Templer von Aeonar Corypheus verpflichten würden. Denn das taten sie, indem sie das Rote Lyrium von jenen angenommen und getrunken hatten. Es benutzten, als wäre es weniger gefährlich, als sein blauer Verwandter.

Langsam richtete sich der Templer schließlich auf – er fragte sich, ob ganz Aeonar verpestet war, oder nur der Knight-Commander… aber im nächsten Moment verwarf er diesen Gedanken schon wieder: Natürlich hatte er Commander verlangt, dass alle anderen ebenfalls das Rote Lyrium zu sich nehmen sollten.

Aeonar befand sich also in den Händen des Feindes.

Kein angenehmer Gedanke. Der Fereldener schluckte schwer und sog die Luft zischend durch die Zähne ein, als ein neuerlicher Schmerz sein Kreuz hinaufschoss.

…beim Erbauer, so langsam wurde er zu alt für solche Aktionen!

Nachdem er sich vollständig aufgerichtet hatte und die Decke dabei von seinen Schultern gerutscht war, bemerkte der Templer, dass er halb nackt war.

Und es war zudem enorm kalt in dem Raum, in dem er sich befand.

Cullen fröstelte und zog sich die Decke doch wieder lieber um die Schultern – dann rieb er mit seinen Fingern über den rauen Stoff der, an den Knien gerafften, Hose und seufzte schwer aus: War ja eigentlich klar gewesen, dass man ihn aller seiner Sachen berauben würde. Und dennoch wünschte sich der Kurzhaarige, sie hätten ihm wenigstens seinen gemütlichen, wärmenden Mantel gelassen…

Ich sollte mich auf Wichtigeres konzentrieren!, schalt sich der Templer unruhig. Zum Beispiel darauf, was sie mit mir vorhaben…

Ganz langsam stand der Fereldener auf und tastete sich durch das Zimmer – inzwischen hatten sich seine Augen schon so weit an die Dunkelheit gewöhnt, und er konnte zumindest die Größe des Raumes erahnen, in dem er – wahrscheinlich – eingesperrt war.

Und ein kurzes Rütteln an der Tür seinerseits verschaffte ihm dahingehend auch Gewissheit.

Cullen ließ seine Hand einen Augenblick lang auf der kalten Türklinke ruhen, dann stieß er sich von der Tür ab und tastete sich weiter an der Wand entlang.

Gab es kein Fenster?

Vielleicht war es schon dunkel, oder sie hatten es verhangen… Der Krieger taumelte ein wenig und keuchte auf; der Schmerz kam immer wieder in Schüben und machte ihn fertig. Er nahm zwar kein Lyrium mehr, aber dennoch… die Folgen seines Entzuges machten sich auch deswegen bemerkbar. Er hielt sich eine Hand an die Brust und versuchte, ruhig und kontrolliert ein- und aus zu atmen: So, wie Adan es ihm gezeigt hatte.

Und dann ließ er sich an der Wand zu Boden sinken und versuchte, klar zu denken.

Sie hatten ihn hier eingesperrt… In Ordnung. Es war wahrscheinlich nicht anders zu erwarten gewesen, vor allem, wenn man bedachte, dass Aeonar jetzt wohl der Feind der Inquisition war. Und nach mindestens zwei Wochen würde man ihn suchen kommen – immerhin hatte er versprochen bei Celenes Winterball anwesend zu sein.

Ob man ihn finden würde, war jedoch die andere Frage… Immerhin war ER ja auch in die Falle getappt!

Cullen lehnte den Kopf an die kalte Steinwand und überlegte sich, ob er die Wachen, wenn sie denn kommen würden, anstürmen sollte, um frei zu kommen. Im nächsten Moment jedoch wusste er ganz genau, wie idiotisch dieser Plan war, denn wie sollte er, halbnackt und ohne Waffen, gegen eine Horde von gerüsteten Elite-Templern ankommen?

Gar nicht und genau das war das Problem.

Vielleicht sollte er ein Duell vorschlagen?

Einen ehrlichen Zweikampf, bei dem es um seine Freilassung ging.

Würde sich der Commander darauf einlassen…?

Bestimmt nicht.

Und außerdem-

Meine Rekruten!
 

Der Gedanke schoss dem Fereldener urplötzlich durch den Kopf und seine Augen weiteten sich im Dunkeln.

Beim Erbauer… was war aus den Männern geworden, die er mitgebracht hatte?! Waren sie bereits tot…? Oder lagen sie in anderen Zimmern, genau wie er?

Dem Kurzhaarigen beschlich ein sehr schlechtes Gefühl und sofort schaltete sich auch sein schlechtes Gewissen ein: Er hatte die Verantwortung für diese Männer besessen.

Und nun… nun wusste er noch nicht einmal, was aus ihnen geworden war.

Cullen stand wieder auf – er war entschlossen den Verbleib seiner Soldaten rauszufinden. Der Kommandant wollte zur Tür gehen und etwas rufen – irgendetwas, einfach nur, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Aber bevor er sein Vorhaben in die Tat umsetzten konnte, hörte man einen Schlüssel, der von der anderen Seite ins Schloss gesteckt wurde: Ein metallenes Klicken erklang, als jener umgedreht wurde; Cullen hörte regelrecht, wie sich der Riegel zurückschob und es klang in seinen Ohren wie das Donnern eines schlimmen Gewitters.

Er erstarrte, wich anschließend vorsorglich ein paar Schritte zurück – so weit, bis seine Kniekehlen gegen den Rand des kleinen Bettes im Raum stießen. Die Tür öffnete sich und ein heller Lichtstrahl blendete ihn für einige Sekunden.

„Er ist wach.“

„Wie schön. Dann kann er jetzt ja mitkommen.“

Cullen hielt sich eine Hand vor das Gesicht, um seine empfindlichen Augen zu beschatten; sie tränten von der plötzlichen Helligkeit und er schluckte erneut schwer, als er die beiden schwer gerüsteten Templer sah, die den Raum betraten, um ihn zu holen. Cullen überlegte, ob er sich wehren sollte, doch er verwarf den Gedanken lieber schnell: Man kam besser - und vor allem unbeschadeter – voran, wenn man einfach mitging.

Und genau das tat er auch.

Die beiden Templer nahmen ihn in die Mitte, nachdem sie ihn die Handgelenke mit seltsamen, metallenen Fesseln, die vor Antimagie nur so trieften, vor dem Körper gefesselt hatten und führten ihn durch einen langen Gang.

Kein Fenster.

Das Licht kam durch Öllampen, die weit oben an Halterungen befestigt waren; das Licht warf gespenstische Schatten an das alte Gemäuer und der Fereldener sah sich unbehaglich um: Kein Laut, außer ihren Schritten und das Geklapper der Rüstungen, war zu hören.
 

„Wo sind meine Rekruten?“, wollte der Kommandant schließlich wissen; seine Stimme klang in seinen Ohren unheimlich laut und hallte in dem langen Gang wieder.

Er bekam keine Antwort von seinen beiden Begleitern, doch er versuchte es noch einmal: „Wo sind sie? Ich verlange Antworten!“

„Ganz schön große Klappe für einen Gefangenen“, meinte der rechte Templer und der linke lachte leiste: „Ihr wollt wissen, wo Eure Rekruten sind? Erdenay hat ein schönes Mal mit ihnen genossen…“ Der rechte fiel in das Kichern mit ein und Cullen war verwirrter als vorher:

Wer oder was war ‘Erdenay‘?

„Und was habt ihr mit mir vor?“, fragte er anschließend, da er ein wenig mehr Mut gefasst hatte. Die beiden Templer antworteten ihm jedoch erst nach wenigen Sekunden: „Wir bringen dich auf Etage Drei. Das ist dein neues Zuhause.“

„Aeonar ist ein Magiergefängnis…“, murmelte Cullen, war jedoch nicht gerade überzeugt von seinen eigenen Worten. Die Elite-Templer schnaubten nur abfällig aus und schubsten den Kommandanten grob den Gang entlang.

Cullen stolperte beinahe, fand jedoch noch rechtzeitig das Gleichgewicht wieder. Doch er gab keine Beschwerde von sich, sondern biss auf seine wunde Lippe – ein paar Blutstropfen fielen auf seinen nackten, durchtrainierten Oberkörper und er versuchte, den brennenden Schmerz zu ignorieren.
 

„Da seid ihr ja endlich.“

Die Stimme von einem Mann, den Cullen nicht kannte, aber bestimmt gleich kennenlernen würde.

„Hat er Probleme gemacht?“

„Nein. Er ist ein schlauer Bursche.“

Cullen blieb stehen und sah hoch. Vor einer großen, metallenen Tür stand einer der roten Templer; er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte ihn abschätzig an. Neben ihm standen zwei weitere Templer, die sich kein Stück rührten. Cullens Augen glitten an dem schwer gerüsteten Soldaten herab, der hier wohl gerade der Ranghöchste war, und blieben an dessen, mit Dornen besetzten, Peitsche kleben.

Eine Peitsche war eine seltsame Waffe für einen Krieger.

Hatte er damit irgendein Tier gezähmt?

Die fünf großen Narben, die quer über das Gesicht des Mannes liefen, sprachen zumindest dafür.

„Soso… der Kommandant der Inquisitionstruppen. Ein richtig schöner Fang, den der Commander da gemacht hat…“ Das Narbengesicht lachte leise und trat näher an ihn heran.

Klapp-klapp.

Cullen konnte das Geklapper nicht mehr hören – obwohl er ihm vertraut war, war es nun ein widerlicher Klang - aber er richtete sich auf und blickte dem Mann, der sogar noch größer war, als er selbst, standhaft in die Augen. Der Narbige blieb nur wenige Zentimeter vor ihm stehen und meinte: „Nun… ich bin gespannt, wie lange er sich auf Etage Drei machen wird.“

Der hässliche Templer schmunzelte ein wenig und Cullen musste sich anstrengen, nicht die Schultern hängen zu lassen. Er durfte keine Schwäche zeigen!

Er… er durfte einfach nicht!

Sie gingen los.

Einer der Templer holte einen kleinen, silbernen Schlüssel hervor und steckte ihn in das Schloss der großen Tür. Die anderen Templer öffneten sie quietschend und Cullen war, als öffneten sie gerade das Tor zur ewigen Verdammnis.

Ein weiterer Gang, der in ein paar Treppenstufen endete.

Weitere Öllampen an den Wänden.

Der Krieger wurde in den Rücken gestoßen und setzte sich langsam in Bewegung. Er trat durch den Gang und erwartete schon fast, dass man das Tor donnernd hinter ihm zuschlug und ihn alleine ließ.

Doch dies war nicht der Fall; stattdessen folgten ihm die Templer im Gleichschritt; Cullen fragte sich, ob JEDER Magier auf die gleiche Prozedur hier reingeführt würde – es wirkte schon fast wie eine Zeremonie und-

Eine weitere Tür, ein wenig kleiner als die erste, aber nicht weniger beeindruckend. Einer der Templer – ein anderer als vorhin – drängelte sich vor und öffnete auch diese Tür.

Ein weiterer Gang, der in Treppenstufen endete.

Weitere Öllampen an den Wänden.

Und eine weitere Tür am Ende des Ganges.

Cullen schluckte.

Aeonar war bekannt dafür das sicherste Gefängnis der Welt zu sein.

Man hatte mit dieser Bezeichnung nicht untertrieben.



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