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Muzukashii Sekai

MiA x Meto / Tsuzuku x Meto
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wow, jetzt sind wir schon bei Act 10!
Ist wieder ein etwas kürzeres Kapitel. Komplett anzeigen

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[meto] Act 10

Ich gab meinen Eltern nach und ging doch wieder zu Frau Hiranuma. Zum einen, weil ich die beiden nicht noch mehr beunruhigen wollte, und zum anderen, weil ich irgendwo in mir drin hoffte, dass mir diese Frau, so unsympathisch sie mir auch war, vielleicht doch helfen konnte. Immerhin hatte sie sich, laut den Worten meiner Mutter, Gedanken um meinen Fall gemacht und sich etwas einfallen lassen, das vielleicht ja doch etwas brachte. Auch, wenn ich mir nicht vorstellen konnte, was das sein sollte.
 

Auf dem Weg dahin nahm ich mir jedoch vor, ihr nichts zu erzählen, was ich nicht erzählen wollte. Mein Liebesleben ging sie schlicht und einfach nichts an, alles was ich von ihr wollte, war, dass sie mir diesen bescheuerten Sprachfehler vom Hals schaffte.
 

„Guten Tag, Yuuhei“, sagte Frau Hiranuma, als ich dann schließlich vor ihrem Schreibtisch saß und darauf wartete, dass sie mit ihrer angeblich so tollen Idee rüberkam.

„Tag…“

„Ich weiß, dass Sie nicht gern herkommen. Die ganze Fragerei hat Sie… oder soll ich lieber Du sagen?“

Ob sie mich nun duzte oder siezte, war mir so ziemlich egal. Ich zuckte mit den Schultern.

„Also bleibe ich bei Yuuhei und Sie, ist das in Ordnung?“

Wieder gleichgültiges Schulterzucken meinerseits.
 

Frau Hiranuma sah mich über ihre eckige, rot gerahmte Brille hinweg an und fragte: „Können Sie mir sagen, wann das begonnen hat, dass Sie so stottern und Wörter vertauschen?“

„Immer… schon…“, sagte ich leise. „Ganz …früher aber… war’s… so schlimm… nicht…“

„Gab es irgendwelche Ereignisse, die das schlimmer gemacht haben?“

Natürlich gab es die. Wenn man so wenig und fehlerhaft sprach wie ich, dann war man in der Schule außen vor und unten durch. Meine Schulzeit war eine einzige Katastrophe, auch wenn ich gern lernte und es mir auch nicht besonders schwer fiel. Aber jeder weiß, dass das Soziale mehr oder weniger die Hälfte des Lebens in der Schule ausmacht und genau da hatte es mir gefehlt. Nicht richtig sprechen zu können, hatte mich von den anderen getrennt, mich zum Außenseiter gemacht und irgendwann, als ich dann anfing, auch so auszusehen, war es zwischen mir und den anderen endgültig vorbei gewesen. Es hatte kein offenes Mobbing gegeben, aber immer wieder diese kleinen Attacken, unterschwellige Gemeinheiten, die doch ganz schön wehgetan hatten. Sie hatten bewirkt, dass ich zwischenzeitlich ganz verstummt war, bis zu meinem Abschluss, als ich Tsuzuku kennenlernte.
 

„Sie wurden in der Schule attackiert, nicht wahr?“, hakte Frau Hiranuma nach und ich nickte. So, wie sie mich ansah, verstand ich, was manche Leute meinten, wenn sie sagten, dass Psychologen alles Mögliche von einem einfach erraten konnten.
 

„Haben Sie jetzt Freunde?“

Ich nickte.

„Gute Freunde?“

„Ja…“

„Mögen Sie mir etwas über diese Freunde erzählen?“

„Ich hab sie gern“, antwortete ich.

„Sind diese Freunde mehr männlich oder mehr weiblich?“

Ich dachte an Tsuzuku, an Haruna und Hanako, an MiA. „Beides“, sagte ich. „Ich… hab als Freunde… Mädchen… und Jungs…“

„Das ist doch schön, Yuuhei. Sie haben Freunde gefunden, die Sie mögen, obwohl Sie nicht richtig sprechen können. Ist es bei Ihren Freunden einfacher mit dem Sprechen?“

Ich nickte.

„Haben Sie auch… einen solchen Freund?“

Ich kniff die Lippen zusammen und nickte.

„Darüber wollen Sie nicht sprechen, oder?“

„Geht… Sie… nichts an!“

„Yuuhei, Sie wissen aber, dass ich nichts von dem, was sie hier erzählen, an ihre Eltern oder jemand anderes weitererzählen werde, es sei denn, Sie gestatten es mir?“

Wieder nickte ich. Ja, Schweigepflicht und so, das wusste ich. Aber darum ging es mir nicht. Ich wollte einfach nicht mit Frau Hiranuma über MiA reden, ich fühlte mich nicht danach.
 

Sie sah mich noch einen Moment lang an, dann schrieb sie etwas auf. Wahrscheinlich, dass ich das Thema „geliebter Freund“ verweigerte. Okay, sicher musste sie das, schließlich verlangte man einen Bericht von ihr, doch es störte mich trotzdem. Ich tat mich einfach unheimlich schwer damit, dieser Frau eine Chance zu geben.

„Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schreibe das nur für den Bericht auf, das muss sein.“

„Weiß ich…“, antwortete ich. Was nichts daran änderte, dass ich es nicht mochte, wie sie da hinter ihrem Schreibtisch saß, mich Sachen fragte und meine Antworten aufschrieb.
 

„Wir können uns auch da vorn hinsetzen“, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken gehört, und deutete auf eine kleine Sitzgruppe schräg hinter mir. „Vielleicht ist Ihnen das lieber und ein bisschen bequemer, hm?“

Ja, vielleicht. Ich stand auf, nahm meine Jacke und meine Tasche und setzte mich auf einen der mit dunklem Leder bezogenen Sessel.

„So ist es doch besser, oder?“, fragte Frau Hiranuma und setzte sich mir mit Klemmbrett und Stift gegenüber. „Sehen Sie, ich kann Ihnen nur helfen, dieses Problem zu überwinden, wenn Sie zumindest versuchen, mit mir zu reden. So lange ich nicht weiß, wie es in Ihrem Leben aussieht, kann ich nicht viel tun. Verstehen Sie das?“

Ich nickte. Verstehen tat ich ja, warum sie mich so viel fragte. Es leuchtete mir sogar ein und ich sah, dass das ein Weg zur Lösung meines Sprachproblems sein konnte. Doch trotzdem: Ich wollte einfach nicht über manche Dinge sprechen. Und so schwieg ich die Psychologin an, nickte nur ab und zu oder ließ ein paar leise Worte fallen.
 

Als die Stunde vorbei war, stand ich auf und ging, ohne „Auf Wiedersehen“ zu sagen.

Ich wusste, dass ich meine Eltern enttäuschte, wenn ich mich so weigerte, ordentlich zu sprechen. Ob Frau Hiranuma auch enttäuscht war, wusste ich nicht. Vielleicht war sie auch so eine geduldige Psychologin, die meinte, dass ich nur etwas Zeit brauchte. Ob das so war, also dass ich einfach Zeit brauchte, wusste ich nicht.
 

Von der Praxis nahm ich zuerst den Zug und lief dann vom Bahnhof in Richtung Akutagawa. Natürlich erwartete ich, Tsuzuku auf seinem üblichen Schlafplatz zu sehen, doch im Gegensatz zu seinen Sachen, die wie üblich dort herumlagen, war er nicht da.

„Der ist beim Fluss!“, rief mir Haruna zu.

Ich lief zu der Bank am Flussufer und tatsächlich saß er dort und schaute den kleinen Booten auf dem Fluss hinterher.
 

„Hey, Tsu.“

Er sah mich an und lächelte. „Wo warst du heute Morgen?“

„Bei der Psychologin.“

„Welche Psychologin?“

Ach so, davon hatte ich ihm ja an dem furchtbaren Tag, als ich das erste Mal bei Frau Hiranuma gewesen war, gar nichts erzählt. „Sie heißt Hiranuma. Meine Eltern wollen, dass sie mir hilft, damit ich wieder richtig mit allen sprechen kann.“ Ich setzte mich neben Tsuzuku auf die Bank und wandte meinen Blick ebenfalls den Booten zu.

„Also so, wie du auch mit mir redest?“

Ich nickte. „Aber… ich glaube, das kann ich nicht. Und irgendwie… irgendwie will ich auch nicht. Ich meine…“

„Na ja, es ist ja auch ein bisschen was Besonderes, dass du nur mit mir so reden kannst.“ Seine Hand suchte wieder meine und ich nahm sie. Irgendwie fühlte sie sich ein klein wenig wärmer an als sonst.
 

„Sag mal, Meto“, fragte er dann, „Redest du mit MiA eigentlich auch so …normal?“

Ich schüttelte den Kopf. Zwar fiel mir das Sprechen bei MiA etwas leichter als bei Fremden, doch ich machte trotzdem eine Menge dieser Fehler, die ich bei Tsuzuku eben nicht machte, und besonders fließend sprach ich auch nicht.
 

„Ich hab gestern mit MiA gesprochen“, sagte er dann.

Ich sah ihn verwundert an. Was hatte er mit MiA zu reden? Das konnte ja eigentlich nur mich betreffen.

„Genauer gesagt hat er mich angesprochen. Er wollte mich wohl irgendwie genauer kennen lernen, so weil ich dein bester Freund bin und so. Und dann hat er mich zum Essen eingeladen.“

Oh Gott, dachte ich, was war da passiert? Doch hoffentlich nicht …

„Alles okay.“ Tsuzuku sah mich von der Seite an und lächelte kurz. „Nichts passiert.“
 

Mein erleichtertes Ausatmen konnte ihm gar nicht entgehen und so fügte er noch hinzu: „Ich hab sowieso das Gefühl… so als ob es irgendwie… besser wird mit mir.“

Wieder lächelte er und zwar so strahlend, dass mein Herz aufgeregt zu klopfen anfing. Und mein Tag war gerettet. So war es mit mir und Tsuzukus Lächeln. Ich liebte es und weil es so selten war, machte es mich umso glücklicher.
 

Wieder suchte seine Hand nach meiner, ich ergriff sie und hielt sie fest. Seine große, schlanke, warme Hand mit den kleinen Tattoos auf den Fingern und dem einen Ring, der mal silbern gewesen war, bevor er sich schwarz verfärbt hatte. Meine war kleiner und irgendwie, wenn ich sie so mit seiner verglich, kam ich mir genauso klein und hilflos vor wie meine kleine Hand, die versuchte, Tsuzukus große festzuhalten und zu beschützen und es nie so ganz schaffte.

„Meto…“, sagte er leise und als ich in seine dunklen Augen schaute, sah ich dort ein warmes Leuchten, wie ich es bei ihm lange nicht gesehen hatte. Vielleicht ging es ihm ja wirklich besser, vielleicht hatte er doch noch eine Chance und schaffte es raus aus dem tiefen, schwarzen Loch.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel wird das erste aus Tsuzukus Sicht. Es wird ziemlich dramatisch und traurig, erzählt unter anderem genauer die Gründe dafür, dass er auf der Straße gelandet ist und so weiter. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2015-01-21T22:05:31+00:00 21.01.2015 23:05
das ist doch toll das es tsu anscheinend besser geht obwohl ich eher vermute das das nur so ne art gute phase ist und dann geht es ihm schlimmer als vorher

Lg kai


Antwort von: Harulein
22.01.2015 07:31
Da vermutest du leider richtig. Tsuzuku schwankt hier sehr zwischen guten und schlechten Phasen und im nächsten Kapitel kommt ein Absturz.
Von:  Enoka
2015-01-21T18:32:16+00:00 21.01.2015 19:32
Ich freu mich total, dass es Tsu besser zu gehen scheint, was auch Meto gut tut.
Das Ende des Kapitel ist pure Liebe! Ich kann mir Tsu mit dem warmen Blick zu gut vorstellen und ich schmelze dahin *^*

Ich bin gespannt wie Tsu auf der Straße gelandet ist, auch wenn ich vermute, dass es mich dezent runterzieht.
Antwort von: Harulein
21.01.2015 19:39
Jaa *-* Tsuzukus Lächeln ist ja pures Gold.

Ich sag's ganz ehrlich, ich hab beim Schreiben von Act 11 fast geheult. Es tut mir immer voll Leid, was ich den Jungs hier antue. Sie müssen ganz schön was mitmachen.
Von:  Tesla
2015-01-21T18:27:39+00:00 21.01.2015 19:27
Das heißt ich muss fürs nächste kapi tatü bereitlegen. Aber ich muss ja sagen ich hab schon gedacht das die Psychologin eine von der Sorte ist " sie stottern weil sie schwul sind" hihi.
Antwort von: Harulein
21.01.2015 19:37
Die Psychologin ist eigentlich in Ordnung. Nur Meto will halt noch nicht so recht, was ich aber auch verstehen kann. Aber letztendlich wird er ihre Hilfe annehmen.
Ja, Taschentücher sind ne gute Idee bei Act 11 ...


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