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Panem Adventskalender

von

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17.12 - Enobaria Brannon

Heiligabend

Einige Jahre nach der Rebellion
 


 

Ungeduldig stand Enobaria an der Theke und beobachtete, wie die Verkäuferin zu verschiedenen Regalen lief und schließlich mit einer dunklen schlanken Flasche zur Kasse zurückkehrte. Stolz hob sie die Flasche an, um sie Enobaria zu präsentieren.

„Das ist der Beste, den wir haben. Ich versichere Ihnen, Sie werden ihn bis auf den letzten Tropfen genießen!“, sagte sie freudestrahlend. Enobaria erwiderte ihr Lächeln mit einem knappen Nicken.

Sie fühlte sich im Umgang mit Menschen nicht wohl, die so viel redeten wie diese Verkäuferin. Was tat man nicht alles, um seinen Lieben eine Freude zu machen.

Die Verkäuferin packte die Weinflasche in eine dunkelrote Geschenktüte und verschnürte sie liebevoll mit einem Stück Geschenkband. Oh, er würde sofort wissen, dass sie es nicht selbst eingepackt hatte. Für solche Kleinigkeiten hatte sie wenig übrig, zumindest wenn es darum ging, sie selbst zu erledigen.

Sie legte das Geld auf die Theke und nahm die Tüte mit ihrer Linken etwas unbeholfen entgegen.

Den glücklichen Abschied der Verkäuferin quittierte sie mit einer Grimasse.

„Frohe Weihnachten wünsche ich Ihnen!“, rief sie ihr hinterher, als Enobaria sich mit der Schulter gegen die Tür lehnte und aus dem Laden trat. Ihre Wohnung lag nur ein paar Straßen weiter, weshalb Enobaria die Strecke zu Fuß zurücklegen würde.

Die Kälte umfing sie wie ein Schlag, die eisige Luft war mit dem warmen Laden kaum zu vergleichen. Außerdem hatte es angefangen zu schneien, wenn die weißen Flocken auch nicht auf der Straße liegen blieben. Es war trotzdem kalt genug, sodass sich der Schnee in ihrem Haar sammelte.

Es war fast niemand mehr auf den Straßen unterwegs, was sie nicht wunderte. Es war Heiligabend, die meisten Menschen saßen zuhause mit ihren Familien und feierten zusammen.

Enobaria hatte für diesen Brauch nie besonders viel übrig gehabt. Als sie noch ein Kind war, hätten ihre Eltern zwar die finanziellen Möglichkeiten gehabt, aber Weihnachten gehörte doch mehr ins Kapitol als nach Distrikt 2. So war sie erst nach ihrem Sieg damit konfrontiert worden.

Gemocht hatte sie es nie. Sie fand es idiotisch, einen Baum zu fällen, nur um ihn zuhause aufzustellen und sich dann gegenseitig Geschenke zu machen, weil es sich nun mal so gehörte. Nicht, um dem anderen eine Freude zu bereiten. Sie war sich zumindest sicher, dass es bei den meisten nur darum ging. Die alberne Dekoration und das ganze Theater waren Enobaria zuwider. Der Sinn, der hinter dem Ganzen steckte, war ihr immer verborgen geblieben.

Mittlerweile glühten ihre Wangen, Ohren und ihre Nase. Hätte sie in einen Spiegel schauen können, dann wären sie sicher rot gewesen. Ihre Hand hingegen fühlte sich eiskalt an. Ihre Rechte ruhte in ihrer Jackentasche, doch die Linke umklammerte die Henkel der Tüte. Sogar ihr Atem dampfte in der Dunkelheit.

Enobaria blieb stehen, hob den Kopf und blickte in den dunklen Himmel. Sanft und leise fiel der Schnee hinunter und für einen Augenblick war sie fasziniert. Ein wenig konnte sie ja doch nachvollziehen, warum er den Schnee mochte. Er hatte etwas Ruhiges, Klares, Wunderschönes.

Trotzdem würde das Wetter ihr wieder eine laufende Nase bescheren, wenn sie nicht bald zuhause war. Glücklicherweise war es nicht mehr weit.

Auch wenn Enobaria die übliche Weihnachtsfeier nicht mochte, so hatten sie und Jaron sich doch eine eigene kleine Tradition geschaffen. Sie hatten keinen Baum und hörten keine dieser nervtötenden Weihnachtslieder, aber sie genossen den Abend. Dieses Jahr wollte sie ihn überraschen, nur mit einer Kleinigkeit. Deswegen hatte sie eine Flasche Wein besorgt. Jaron liebte Wein und sie hoffte, dass es der Richtige war.

Mit dem Ellenbogen drückte sie die Türklinke hinunter und betrat das Apartmentgebäude. Der Aufzug brachte sie ins richtige Stockwerk. Umständlich klemmte sie sich die Tüte unter den Arm, während sie nach dem Schlüssel suchte und ihn schließlich ins Schloss steckte. Leise betrat sie die Wohnung, schloss die Tür hinter sich und stellte die Tüte auf dem Boden ab. Sie hängte ihre Jacke an die Garderobe und schob die Schuhe in die Ecke, bevor sie ins Wohnzimmer ging.

Kerzen füllten den Raum mit gedämpftem Licht und zauberten flackernde Schatten an die Wände. Enobaria wusste, dass Jaron sich damit wohler fühlte als mit dem hellen Licht der Lampe. Außerdem sorgten die Kerzen für einen Hauch Romantik. Nicht zu viel, nicht auf die kitschige Art, sondern so, dass es ihr gefiel und ein Lächeln auf ihrem Gesicht erschien.

Jaron drehte sich zu ihr um und erwiderte das Lächeln.

„Überraschung“, sagte sie sanft und hob die Tüte in die Höhe, sodass er erkennen konnte, woher sie sie hatte. Sie stellte die Tüte auf dem Tisch ab und lief zum Regal an der Wand, um noch zwei Weingläser zu holen, bevor sie sich neben Jaron auf das Sofa sinken ließ.

Weihnachten war nicht nur dazu da, Zeit in ausgefallene Geschenke und bunt blinkende Dekoration zu investieren. Es war ein Fest für Familie und Liebe. Gegen diesen Part hatte Enobaria nichts einzuwenden.



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