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Magi - The Labyrinth of MMORPG

von
Koautoren: Arcturus  _Delacroix_

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Freundschaftsdienste

„Na bitte, sieht aus wie echt“, verkündete Carter und lehnte sich zurück, bis sein Schreibtischstuhl nur noch auf zwei Beinen balancierte. „Wer ist ein Genie?“, wollte er wissen.

Scott seufzte schwer.

„Du“, antwortete er tonlos, doch wenn Carter seine Bedenken bemerkte, sagte er nichts. Stattdessen friemelte er lieber an seinem Drucker herum um seine Schöpfung auch gleich auszudrucken.

Scott starrte das Gerät finster an.

Er wusste was sie gerade taten war falsch. So richtig falsch. Nur Carter aufzuhalten, traute er sich nicht. Immerhin hatte er sich selbst in die Scheiße hinein manövriert.

„Guck nicht so“, kam es erwartungsgemäß vom Schreibtisch, „Du hast ihr die Lüge aufgetischt. Ich helf dir nur damit auch durchzukommen.“

Scott seufzte noch einmal.

Ja, Carter hatte recht. Hätte er sich getraut seiner Mutter sein Zeugnis zu zeigen, er hätte den Ärger gleich in den Ferien bekommen und wäre jetzt vermutlich schon über den Berg. Stattdessen hatte er gelogen.

Einmal, zweimal und irgendwann hatte er fast selbst geglaubt, dass das Zeugnis richtig gut war. Leider war dieses Gefühl vor kurzem von dem jähen Bewusstsein überschattet worden, dass seine Mutter sein Zeugnis noch unterschreiben musste.

Und so saß er jetzt hier, in seinem Zimmer und legte sein Schicksal in die Hände seines Teamkameraden. Eines Teamkameraden den er noch nicht einmal wirklich mochte.

„Dein Drucker ist ein ganz schön lahmes Teil“, unkte dieser und sank auf Scotts Beliebtheitsskala gleich noch ein Stückchen weiter ab. Wie gerne hätte er ihm gesagt, dass das vermutlich an seinen Griffeln lag, aber leider brauchte er ihn noch. Irgendwer musste ja die Unterschrift auf dem echten Zeugnis fälschen und Carter konnte solche Sachen.

Machte er angeblich ständig.
 

Der Papiereinzug ratterte unheilvoll und hätte Scott es nicht besser gewusst, er hätte schwören können, dass das Gerät ihn warnen wollte. Was „Tu es nicht!“ wohl in Druckersprache hieß? Bestimmt irgendwas, dass wie ein unheilvolles Rattern klang. Es fühlte sich jedenfalls ganz richtig in seinen Ohren an. Irgendwie schmerzhaft.

„He, sag mal“, plapperte Carter weiter, der sich für den Drucker, jetzt, wo er die Arbeit einmal aufgenommen hatte, kein bisschen mehr interessierte, „spielst du den Unsinn eigentlich?“
 

„Hä?“
 

Zugegeben, er hatte schon intelligenter auf Themenwechsel reagiert, aber für einen Moment wusste Scott wirklich nicht, worum es ging. Dann sah er sein neues Add-On in Carters Hand.

Verdammt!

Das hatte er doch eigentlich in den Schreibtisch räumen wollen.

„Hab ich geschenkt bekommen“, log er mehr aus der Gewohnheit heraus. Er ahnte, wenn Carter erfuhr, dass er gerne „Magi“ spielte, würden er und seine Freunde ohne zu zögern über ihn herfallen. Er hatte es bei einigen der gängigen Looser beobachtet. Looser, die sich nicht wehren konnten, zugegeben, aber selbst er kam nicht gegen die halbe Footballmannschaft an.

Nein, er konnte es nicht riskieren, es sich mit den Anderen zu verscherzen.

Er brauchte die Jungs.

Sie waren schließlich seine Freunde.
 

„'n Add-On?“, fragt Carter misstrauisch und Scott beeilte sich zu nicken.

„Du weißt doch wie Mütter sind“, log er weiter, „Keinen Plan von nichts.“
 

Insgeheim schämte er sich dafür, dass schon wieder seine Mutter die Dumme war. Dabei hatte sie ihm sogar die fehlenden fünf Dollar gegeben, damit er sein Spiel bezahlen konnte. Etwas, was sie sicher nicht getan hätte, hätte sie gewusst, was er ihr verschwiegen hatte, oder was er in ihrer Abwesenheit so über sie sagte.
 

Wenigstens schien Carter seine Antwort lustig zu finden.

„Oh man, deine Alte“, verkündete er glucksend, bevor das Spiel unsanft auf dem Boden seines Zimmers landete. Scott atmete tief durch. Zum Glück war die CD nicht in ihrer Hülle und Plastik war bekanntlich geduldig. Geduldiger jedenfalls als er.

„Ist es fertig?“, fragte er, um von dem Spiel und seinen Gefühlen abzulenken. Carter nickte.

„Isses“, bestätigte er mit einem Blick auf das Druckergebnis. „Damit gehst du jetzt zu deiner Alten, lässt es unterschreiben und dann pinseln wir das einfach noch mal ab. Auf das Original, du weißt schon? Und dann sind alle glücklich. Deine Alte hat was unterschrieben, die Pauker sehen 'ne Unterschrift und keiner muss erfahren, dass du da deine Finger mit drin hattest.

Ein Kinderspiel.“

Scott nickte.

Klar, ein Kinderspiel. Carter konnte das auch sagen, es war ja nicht seine Mutter, die gleich von hinten bis vorne angelogen werden würde. Dennoch, zu warten bedeutete, dass Carter noch länger in seinem Zimmer sitzen und die Sachen auf seinem Schreibtisch durchwühlen würde und das wollte er nicht.

Am Ende fand er noch das Onlinespiel auf seinem Rechner, oder schlimmer, den Ordner, den er ganz hinten in seinen Dokumenten aufbewahrte und der den netten Titel Mathehausaufgaben trug.

Ruckartig rappelte er er sich hoch, schnappte sich den Ausdruck und rannte aus dem Zimmer.

Direkt hinein in die Höhle des Löwen und in seinen potentiellen Untergang.



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