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Like a pawn checkmates the king

von

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Der Turm

Er fluchte lautstark und fegte mit Schwung die Blumenvase von dem Regal neben der Tür. Mit einem lauten Scheppern zersprang sie in tausend Scherben, Wasser floss über den Boden, zog vereinzelte Blütenblätter mit sich und sickerte langsam in das Holz ein.

Nile starrte ausdruckslos auf das, was er gerade angerichtet hatte, doch er fühlte absolut nichts dabei, nicht einmal die kurze Erleichterung, die er sich erhofft hatte, einfach nichts. Seine Fingernägel bohrten sich tief in seine Handflächen bis die ersten, kleinen, roten Tropfen Blut hervortraten.

Das durfte einfach nicht wahr sein, das konnte nicht passieren. Es war nichts als ein schlechter Scherz, ein wahrgewordener Albtraum.

Ein erschrockenes Aufkeuchen ließ ihn aufsehen. Marie stand vor ihm. Er hatte sie nicht kommen hören, auch wenn er vermutlich hätte wissen sollen, dass der Tumult, den er hier veranstaltet hatte, sie herbeirufen würde. Wenn er Pech hatte, hatte er auch noch ihre Kinder geweckt, die um diese Uhrzeit eigentlich schlafen sollten.

Maries rechte Hand war auf halbem Weg zum Mund erstarrt, der offen stand, als sie nach Worten suchte. Vermutlich sah er nicht gut aus, das Gesicht verzerrt vor Wut. Wut, die aus Ratlosigkeit, Frustration und Resignation bestand und langsam, aber sicher anwuchs.

Seiner Frau zuliebe versuchte Nile sich ein wenig zu beruhigen, nahm zwei, drei tiefe Atemzüge und schaffte es schließlich die geballten Fäuste ein Stück zu lösen und den Kopf abzuwenden, um sie hoffentlich nicht länger hasserfüllt anzusehen. Sie war die letzte, die all das abbekommen sollte.

Marie erwachte nun auch aus ihrem Schock und stürmte auf ihn zu. Ehe er es sich versah war sie bei ihm, legte sacht die Arme um ihn und wisperte ein paar beruhigende Worte, die er nicht verstand, die ihre Wirkung aber dennoch nicht verfehlten. Langsam und vorsichtig, um nicht wieder auszurasten, hob Nile die Arme und löste Maries.

„Sie haben ihn verurteilt.“

Er überraschte sich selbst mit dem seltsam losgelösten, sachlichen Tonfall, in dem er diese Worte hervorbrachte. Marie sah ihn nur verständnislos an, während Nile sich herunterbeugte und anfing die Scherben aufzusammeln.

„Nile, wer …?“

Nile zuckte ungewollt und stieß sich eine Scherbe in die Hand. Seltsamerweise schmerzte es nicht, er merkte es kaum, als er unerwartet ruhig mit der anderen Hand danach griff und sie herauszog. Ein kleines Blutrinnsal lief seine Hand herab. Er beobachtete den Weg über die Falten seiner Hand und als er sprach, war es beinahe ein Flüstern.

„Erwin hat versucht den König zu stürzen. Er wurde den Gesetzen entsprechend morgen zur Mittagszeit zum Tod am Galgen verurteilt.“

Nile schloss kurz die Augen, schloss dann die Hand und verschmierte damit das Blut. Er sammelte die übrigen, großen Bruchstücke eilends ein und warf sie in einen nahe stehenden Abfalleimer. Die Blumen folgten. Sie waren noch frisch gewesen, aber Nile konnte ihnen ohnehin nichts abgewinnen.

Er wollte gerade einen Lappen holen gehen, doch Marie war ihm zuvor gekommen. Sie wischte schnell das Wasser auf, warf den Lappen in die Spüle und griff erneut nach Niles Armen. Er ließ sie.

„Nile. Sag mir, dass das nicht wahr ist.“

Ihre Stimme war beherrscht, aber in ihren Augen brannte ein schreckliches Feuer. Sie wollte die Kinder nicht wecken, das war der einzige Grund, aus dem sie nicht laut wurde. Solange er sie kannte, hatte Marie niemals ein Blatt vor den Mund genommen und es war nicht schwer sie zu lesen.

Sie war außer sich. Wie konnte sie das auch nicht sein? Auch wenn der Kontakt heute minimal war, so waren auch Marie und Erwin einmal gute Freunde gewesen und natürlich regte es sie genauso auf, wie ihn. Sie hatte Angst, machte sich Sorgen und gleich würde sie ihm sagen, dass er es verhindern musste.

Wenn Nile das nur gekonnt hätte … Aber er wusste ganz genau wie sie, dass er machtlos war. Er hatte einen direkten Befehl bekommen – die Grausamkeit der Obrigkeit. Sie wussten von seinem und Erwins Verhältnis und doch hatten sie ausgerechnet ihn zum Henker bestimmt. Weil es als Kommandant der Militärpolizei seine Pflicht sei und er für Ordnung und Sicherheit stehen musste. Für die Bestrafung der Verbrecher. Für den König.

Nile presste die Augenlider fest zusammen und drückte Marie an sich, ehe sie etwas sagen konnte.

Er wusste, dass es unmöglich war. Er würde niemals in der Lage sein Erwin hinzurichten, selbst wenn er das gewollt hätte. Nile war seit dem kryptischen Gespräch in der Kutsche klar gewesen, dass Erwin etwas vorhatte. Und wenn er ehrlich mit sich selbst war, hätte er vielleicht sogar den Militärputsch erahnen können. Es war nicht untypisch für Erwin zu extremen Mitteln zu greifen und er hatte auch nie einen Hehl daraus gemacht, wie wenig er vom momentanen König hielt. Und dennoch … derart größenwahnsinnig war er doch normalerweise nicht. Warum hatte er auf einmal das Bedürfnis gehabt sich selbst auf den Thron zu setzen? Und seit wann pokerte er so hoch und verlor?

Marie bebte leicht in seinen Armen, doch Nile war nicht sicher, warum. Er ließ ein wenig locker und sie hob den Blick und traf seinen. Darin lag die gleiche Unsicherheit und Verwirrung, die sich sicher in seinen Augen spiegelte, aber in ihren glomm nach wie vor dieses Feuer. Es machte ihm Sorgen, es bedeutete selten etwas Gutes Marie aufzuregen.

Er senkte den Kopf wieder ein Stück. „Ich soll …“

Er brachte es nicht heraus, aber Maries erschrockenes Luft einziehen und der nur halb erstickte Schrei sagten ihm, dass sie auch so verstanden hatte.

„Nile, das … das kannst du nicht tun, du …!“

„Ich weiß!“, unterbrach er sie und fuhr sich ruckartig mit der rechten Hand durch die Haare. „Verdammt, Marie, das weiß ich selbst!“ Er hatte sich nicht so gut unter Kontrolle, wie sie und nur ihre Hand auf seinem Mund ließ ihn die Stimme wieder senken und sich stattdessen schwer auf einen Stuhl am Esstisch fallen.

„Das weiß ich.“, wiederholte er schwach. Es war ihm in dem Augenblick klar gewesen, als sein Vorgesetzter ihm diesen Befehl gegeben hatte. Er würde verweigern. Er hatte keine andere Chance. Und das bedeutete, er war seinen Job los – und noch mehr, wenn es richtig schlimm lief.

„Ich …“, er schluckte schwer, „Ich werde morgen zu ihm gehen und mit ihm reden und anschließend … anschließend werde ich mein Amt niederlegen.“ Das war die einzige Chance ohne eine direkte Befehlsverweigerung aus der Sache heraus zu kommen. Am sichersten wäre es gewesen das ganze sofort zu tun, aber das hatte Nile ebenfalls nicht über sich gebracht. Marie verdiente wenigstens das Gefühl eines Mitspracherechts, außerdem würde er nicht mehr zu Erwin kommen, wenn er nicht mehr im Dienst war. Und egal, was in den letzten Jahren gewesen war und egal, was er von dieser Sache hielt, er musste mit ihm reden, ehe er … ehe er …

„Oh nein.“, Marie zitterte wieder leicht und Nile zog sie langsam auf seinen Schoß.

„Marie, wenn ich morgen gegangen bin … nimm die Kinder und geh zu deiner Mutter. Ich habe das Gefühl, dass das Innere von Rose morgen nicht sicher sein wird.“

Es war mehr als ein Gefühl, irgendetwas würde sicher geschehen. Sei es nun Erwins Einheit, die meinten, ihn da rausholen zu müssen, ein Anschlag ehe er offiziell hingerichtet wurde, ein Ausbruchsversuch oder vielleicht weitere Titanen. Der angeblich sicherste Ort innerhalb der Mauern war schon lange nicht mehr sicher.

Marie versteifte sich. „Das werde ich nicht tun, wenn du da rausgehst!“

 

Diese Nacht machte Nile kein Auge zu und so hatte er tiefe, dunkle Augenringe und wirkte krank, als er in aller Herrgottsfrühe am nächsten Tag zum Kerker lief. Bewusst schroff und im Befehlstonfall befahl er den Soldaten ihn hineinzulassen.

Sie tauschten einen besorgten Blick, aber als er sie anfunkelte, ließen sie ihn gewähren. Sie waren dieses Verhalten von ihm nicht gewohnt. Er hätte fast ironisch gelacht. Er selbst war es auch nicht von sich gewohnt.

Die Diskussion mit Marie hatte ihm fast mehr zugesetzt als die ganze Situation. Sie hatte bleiben wollen, wenn er blieb. Oder ihn mitnehmen. Aber auf keinen Fall wollte sie ihm erlauben nochmals dorthin zu gehen, wo er selbst eine kleine Hölle voraussagte. Dabei wusste er nicht mal so genau selbst, was er eigentlich erwartete. Erwin selbst war keine Gefahr, wo er jetzt war, und das, was von seiner Einheit übrig war, waren, wenn es hoch kam, zehn Mann. Keine Gefahr.

Kein Grund für die innere Polizei einzugreifen, sagte er sich, nichts würde passieren. Jemand anderes würde seinen Platz einnehmen – schließlich war er ersetzbar – und Erwin würde sterben. Ende der Geschichte.

Und doch störte ihn etwas, ließ ihn sich nervös umsehen und gab ihm das dringende Gefühl einen Blick im Nacken zu spüren. Es war unangenehm, nervenaufreibend und machte ihn nervös und unruhig.

In entsprechend schlechter Laune trat er vor Erwins Zelle – und schluckte. Erwin saß zurückgelehnt auf der kleinen Bank, die das einzige Möbelstück in dem winzigen Raum war. Seine Hand war an die Wand hinter im gekettet, die Füße vermutlich auch, doch die Ketten verschwanden irgendwo unterhalb der hölzernen Sitzfläche.

Er trug schlichte Gefangenenkleidung, keine Schuhe und mehrere Stellen seiner Haut zeigten Blutergüsse und kleinere Platzwunden. Das alles hatte Nile erwartet. Was ihn viel mehr schockierte, war Erwins Ausdruck.

Er wand sich nicht zu ihm um, starrte mit offenen Augen irgendwo ins Leere ihm gegenüber und lächelte das selige Lächeln eines Wahnsinnigen. Nicht das gruselige Lächeln, wenn er sich etwas in den Kopf setzte, nicht das unberührte Lächeln, das er trug, wenn ihm jemand etwas erzählte, dass er nicht hören wollte, nein, es war wahrhaftig das Lächeln eines Menschen, der seinen Verstand verloren hatte und nichts mehr um sich herum mitbekam.

Nile hatte es schon einmal gesehen, bei einem alten, geisteskranken Mann, der eingefangen worden war, weil er laut lachend und singend durch die Straßen gerannt war und von einer Zukunft an der Seite der Titanen geschrien hatte. Jede Versuche zu erfahren wer er war und woher er auf einmal kam waren gescheitert und zwei Tage später war er noch in Gewahrsam gestorben – mit einem breiten, sorglosen Lächeln auf den Lippen.

Das ließ nur einen Schluss zu und er schnürte Nile regelrecht die Kehle zu. Erwin war gebrochen worden.

„Erwin …“

Er wusste selbst nicht genau, was er eigentlich sagen wollte und wich instinktiv einen halben Schritt vom Gitter zurück, das sie trennte, als Erwin sich langsam zu ihm umdrehte.

„Nile.“

Das Wort kam ihm leicht über die Lippen, aber Nile hatte nicht das Gefühl Erkennen in Erwins Augen zu lesen. Sie waren nicht auf ihn gerichtet, eher ging ihr Blick durch ihn hindurch. Und doch, für einen Moment flackerte Erwins Lächeln.

„Du solltest nicht hier sein.“

Nile wusste nicht, was er aus diesen Worten machen sollte. Erwins Tonfall war absolut neutral, als würden sie sich gerade in aller Ruhe über das Wetter unterhalten. Nicht sein manchmal kühler, emotionsfreier Kommandantentonfall, nicht der alte Erwin von damals, nichts, was Nile je von ihm kannte.

„Erwin“, er wappnete sich innerlich, atmete tief durch und stellte die eine Frage, wegen der er überhaupt hierhergekommen war: „Warum?“

Erwin sah ihn einen Moment lang an und für einen kurzen Augenblick war da wieder der Mann, der er sonst war. Ein abschätzender Blick, den er kurz abwand, um nachzudenken, dann schüttelte er den Kopf.

„Je weniger du weißt, desto sicherer bist du. Ich habe das Pokerspiel verloren, Nile, ich weiß nicht, wie, aber sie sind zu schnell dahinter gekommen.“ Wieder sah Erwin zu ihm und diesmal traf der Blick seine Augen wirklich und für einen Bruchteil einer Sekunde lag darin Ernst und Sorge. „Sie sollen nicht denken, dass du da mit drinsteckst. Allein hierher zu kommen war für dich schon zu gefährlich.“

Nile ballte die Fäuste fest genug, dass sich die Fingernägel ins Fleisch bohrten. „Schön!“, schrie er ungeplant, als seine Wut ihn übermannte, „Der Herr Erwin ist sich also wieder mal sicher, was ich tun sollte und was nicht. So warst du schon immer, geheimnistuerisch bis zum geht nicht mehr. Traust du mir so wenig zu, dass du mir selbst jetzt nicht sagen willst, was in deinem Kopf abgeht? Verdammt, denkst du jemals an die anderen, Erwin? An die, die du angeblich nicht verletzten willst, aber die es abkriegen, wenn du dich in deine eigene Welt zurückziehst?“

Nile packte eine der Gitterstangen, erwog kurz seine Wut daran auszulassen und sie zu schlagen, entschied sich aber eines Besseren und wand sich einfach nur ab.

Er hörte Erwins leises „Es tut mir leid, Nile“ nur wie durch Watte. „Ja, mir auch, Erwin“, knurrte er trocken und presste für ein paar Sekunden die verräterisch feuchten Augen fest zusammen, „Ich wollte glauben, dass du weißt, was du tust, aber letzten Endes waren es wohl doch nur die haltlosen Träumereien eines Irren.“

Damit wand er sich ab und sah nicht mehr zurück.

 

Er wollte direkt zum Büro des Generalkommandanten und seine Kündigung einreichen, doch als er über den zentralen Marktplatz von Sina lief, hielt er inne. Der Galgen war bereits aufgebaut. Und in Niles Innerem zog sich alles zusammen.

Ihm wurde übel und er musste mit einiger Mühe ein Würgegefühl niederkämpfen. Am besten nicht daran denken. Er würde kündigen und Marie und den Kindern folgen. So sehr es ihn schmerzte, er konnte nicht zusehen, wie Erwin starb – erst recht nicht nachdem dies ihre letzten Worte zueinander hatten sein sollen.

Nile spürte, dass er zitterte und als er die Hand hob bebte auch sie. Ein paar kleine, verschmierte Bluttropfen hatten sich darauf mit etwas Dreck gemischt. Er ballte eine Faust, rammte damit die Finger direkt wieder in die Wunden und zischte leise. Warum nur? Warum, Erwin?

Nile schüttelte den Kopf und wollte seinen Weg fortsetzen, als ihn auf einmal jemand an der Schulter antippte. Zum Glück waren seine Reflexe schnell genug, sonst hätte Nile in seiner üblen Laune um ein Haar den jungen Soldaten eiskalt geschlagen.

„Was?“, fauchte er, woraufhin der Junge – vermutlich keine zwanzig und dem Abzeichen nach in seiner Einheit – hastig salutierte und nervös stammelte: „Ko-kommandant, ich soll Ihnen sagen, dass Sie schnellstmöglich in die Kaserne kommen sollen. Es gibt dort ein dringendes Problem.“

„Und welches?“, knurrte er unwillig. Unnötige Verzögerungen hatten ihm gerade noch gefehlt.

„Das weiß ich nicht, Herr.“

Nile funkelte den Jungen noch einmal zum Dank sauer an, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte in eine der kleineren Seitengassen, die zu den Unterkünften der Militärpolizei führten. Hier war es ruhiger, da in dieser Richtung sonst nichts lag und um diese Uhrzeit die meisten ihren Dienst bereits angetreten hatten, war Nile alleine, kaum, dass er um zwei Ecken gebogen war.

Hoffentlich war das jetzt wenigstens etwas wirklich wichtiges, sonst würde wer-auch-immer-dafür-verantwortlich-war sich gleich gehörig was anhören dürfen. Nile war es gewöhnt, dass seine Einheit alles andere als organisiert war und er oft eingreifen musste, aber heute war ein wirklich schlechter Zeitpunkt dafür.

„Nile.“

Als ihn erneut jemand von hinten ansprach, verdrehte Nile genervt die Augen, fuhr herum und schrie beinahe schon: „Was??“

Er stutzte kurz. Vor ihm stand ein Mann, mit dem er bisher nur wenige Male in Kontakt gekommen war und von dem er, wenn er ehrlich war, nicht gerade viel hielt. Wo er vorhin von Wahnsinnigen gesprochen hatte …

„Kaney, was willst du?“, fragte er unwirsch, was seinem Gegenüber nur ein schiefes Grinsen abrang.

„Dich nur kurz etwas fragen. Hast du es eilig? Deine Aufgabe beginnt doch erst in vier Stunden?“

Nile verzog das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Ehe er aber auch nur zu einer Antwort ansetzen konnte, machte Kaney einen Schritt auf ihn zu und begann zu sprechen.

„Nein, sag nichts, lass mich lieber reden. Du weißt, dass dein Jugendfreund heute wegen einem Putsch sterben wird – natürlich weißt du das, immerhin wirst du sein Henker sein.“, er lachte dieses komische Lachen, als fände er das auch noch witzig. So, wie Nile Kaney kannte, tat der das vermutlich auch noch. „Nun, die Sache ist die. So etwas kriegt man unmöglich alleine hin, uns allen ist klar, dass er Helfer hatte.“

Nile schnaubte. „Was soll das werden, Kaney? Wenn ich mich richtig erinnere, sind alle seine Leute - auf deinen Befehl hin - festgenommen worden und …“

„Ja, alle, die wir kriegen konnten“, unterbrach Kaney ihn und hob einen Finger, „Eine kleine Gruppe fehlt noch und, was viel wichtiger ist, ich glaube nicht, dass das alle sind. Vor zwei Wochen ist Erwin Smith mit einem seltsamen Gesuch vor den Senat getreten. Du hast zuvor mit ihm gesprochen, nicht?“

„Ja, und?“

„Nun wird er heute hingerichtet und du stattest ihm direkt zuvor einen Besuch ab.“

„Kaney, wenn du andeuten willst, dass ich …“

„Nachdem der Schlüssel zum Kerker verschwunden ist.“

Nile verzog erneut das Gesicht. „Was?“

Kaney legte kurz den Kopf schief und nickte dann. „Schöner Zufall, nicht? Du bringst ihm den Schlüssel und er haut ab? Oder hast du nur seine Hände, Verzeihung, seine Hand befreit und er wird am Galgen selbst fliehen? Etwas riskant, aber durchaus sehr eindrucksvoll … kein Wunder, dass du diese Aufgabe übernommen hast …“

Er sah mit einer gehobenen Augenbraue erwartungsvoll zu Nile herüber, der ihn nur fassungslos anstarrte.

„Halt, halt, halt! Das ist doch Humbug! Ich weiß nichts von den Schlüsseln, ich hatte und habe keinen bei mir und ich war gerade auf dem Weg zurückzutreten. Das ist Wahnsinn, wenn du glaubst, ich könnte ihn umbri…“

Kaney lachte. „Das ist ja noch besser. Hat er dir den Fluchtplan gesteckt und weil der Henker draufgeht, wirst du zurücktreten?“

„Nein! Verdreh mir nicht die Worte im Mund!“, fauchte Nile ungläubig, „Erwin war überhaupt nicht mehr ansprechbar, er hat mir rein gar nichts verraten!“

„Mmh …“, Kaney, kramte in seiner Jackentasche, zog einen Zettel hervor, betrachtete ihn kurz und steckte ihn wieder weg, ehe er  - schneller als Nile reagieren konnte – direkt aus der Tasche heraus eine Schusswaffe abfeuerte.

Nile fluchte noch über sich, dass er das nach dem Verhör hätte kommen sehen müssen, aber seine Wut hatte ihn blind gemacht. Er war so ehrlich ersetzt gewesen, dass er nicht wirklich mit dem Angriff auf einen Unschuldigen gerechnet hatte.

Mit offenem Mund starrte er Kaney an, während sich sein Hemd an der Brust langsam rot färbte.

„Ich glaube dir nicht.“, erwiderte Kaney noch in aller Ruhe, „Aber selbst wenn, du wärst nicht der Erste. Sicherheit geht vor, weißt du?“

Damit hob er den Arm mit der Pistole nun auf Niles Augenhöhe – und schoss ein zweites Mal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KiraNear
2015-01-26T12:13:39+00:00 26.01.2015 13:13
Oh, mit dem Ende habe ich nicht gerechnet - aber ein schöner OS, ist echt angenehm zu lesen und die Stimmungen kommen gut rüber^^


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