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Let me be with you...

Liebe geht seltsame Wege
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Für dich Geeny-chan!!! :* Komplett anzeigen

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Complicated

Die Septembersonne stand hoch am Himmel und wärmte die Stadt mit ihren letzten kräftigen Strahlen. In wenigen Wochen würde der nasse Herbst und dann der kalte Winter die Stadt im Griff haben. Ein paar Wolken suchten sich ihren Weg und erhielten Hilfe von einer sanften Brise. Bunte Blätter, die bereits von den Bäumen gefallen waren, wehten über die Straßen Tokios. Die Menschen genossen das schöne Wetter. Es war voll in den Freisitzen der Cafés und auch die Bänke im Jubaan-Park waren fast alle vollständig besetzt. Leise rauschten die Bäume und wurden von den schnatternden Enten übertönt, die um Brot bei den Leuten bettelten. Einige von ihnen warfen tatsächlich den Tieren etwas zu. Hauptsächlich Senioren und kleine Kinder, die immer vergnügt quietschten, wenn wieder eine Ente ein Brotwürfel erwischt hatte. Sie alle waren ausgelassen und ließen es sich gut gehen. Hatten gute Laune bei ihrem Tun.

Rei saß auf einer Bank und scharrte nervös mit den Füßen im Kies unter sich. Immer wieder schaute sie auf ihre Armbanduhr. Sah sich genauso oft dabei um. Ihr war ohnehin klar gewesen, dass ihre beste Freundin zu spät kommen würde. So wie immer. Und ganz egal wie viele Nachrichten man auf ihr Handy schickte oder sie anrief: Usagi hatte einfach ein Talent dafür, vorgegebene Zeiten zu überschreiten. Nie war sie auch nur annähernd pünktlich. Rei konnte diese Eigenschaft an ihr absolut nicht leiden. Und doch war es ihr heute ganz Recht. Denn das, was sie Usagi sagen wollte, würde ihrer Freundin nicht passen. Wahrscheinlich würde sie sogar einen Wutanfall bekommen. Sowas war zwar selten bei ihr, aber wenn es vorkam, dass sie ausrastete, dann richtig. Mit allem Drum und Dran und viel Geschrei und Gezeter. Außerdem hatte Rei nicht den blassesten Schimmer, wie und wo sie anfangen sollte mit ihrer Bitte. Laut seufzte sie auf. Es war zum Haareraufen.

“Hey!”

Ein lautes Rufen ließ die Schwarzhaarige herumfahren auf der Bank. Sie blickte in das lachend Gesicht Usagis, die rennend und mit wehenden Zöpfen auf sie zukam. Dabei winkte. Rei zwang sich zu einem lockeren Lächeln, während sie aufgeregt an den Griffen ihrer Tasche herum nestelte.

“Hey Rei!”, Usagi ließ sich neben ihre Freundin fallen, “Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Ich bin wirklich gleich nach deinem Anruf los. Aber der Bus kam ewig nicht und dann steckte er auch noch im Verkehr fest. Wäre ich zu Fuß gegangen, wäre ich bestimmt schon viel eher da gewesen.”

“Macht doch nichts.”, Rei schüttelte lachend den Kopf.

“Du bist nicht böse?”

”Nein. Ist doch okay. Bei dem schönen Wetter sind doch eh alle unterwegs. Ist ja auch Sonntag.”

“Oh du bist die Beste.”

Rei konnte gar nicht so schnell reagieren, wie ihre Freundin sie spontan umarmte. Sie war immer gut drauf und die Schwarzhaarige hatte schon ein schlechtes Gewissen. Aber es ging nicht anders. Tief holte sie Luft.

Usagi bemerkte, dass etwas mit Rei war. Es war schon komisch, dass diese nicht böse auf sie und ihr Zuspätkommen war. Das war selten. Meistens musste sie mit einer Standpauke rechnen. Sie schob ihre Freundin ein wenig von sich und sah sie prüfend an. Irgendwas war doch los. Vielleicht hatte sie ja Ärger. Nur mit wem? Rei verstand sich mit allen genauso gut, wie Usagi es tat. Und es gab keinen Stress mit den anderen Mädels. Wo also lag der Grund für ihr komisches Verhalten?

“Was ist los?”

”Was meinst du?”, Rei blickte ausweichend zum See.

“Hör mal, ich weiß doch, dass du was hast.”

”Wie kommst du denn da drauf?”

”Na also, erstmal bist du nicht böse auf mich, obwohl ich eine dreiviertel Stunde zu spät gekommen bin. Und dann ist dein Lachen nicht echt. Du kaust auf deiner Unterlippe rum. Das machst du nur, wenn du nervös bist. Genauso wie mit den Griffen deiner Tasche zu spielen.”

”Du kennst mich echt gut.”

”Ich kenn dich seit gut einem Jahr. Ein bisschen länger. Auch wenn du in einem Tempel lebst und alle dich als Miko verehren, hab auch ab und an einen Riecher für sowas. Und du benimmst dich äußerst seltsam. Also, was willst du?”

“Was?”

”Was willst du?”

”Ich will nichts von dir.”

“Rei!”, Usagis Stimme war ein bisschen lauter geworden und sie sprang von der Bank auf, “Du bist eine schlechte Lügnerin. Jetzt sag schon, was du von mir willst und warum ich her kommen sollte. Sonst geh ich nämlich und treff mich lieber mit den anderen im Crown.”

Die Angesprochene sah sie verblüfft an.

“Jetzt komm schon. Ich hab nicht ewig Zeit.”

”Es ist wegen Mamoru.”, brach es aus Rei heraus.

Schon durch den Namen verfiel die Blondine in eine leichte Schockstarre. Sie wusste, dass Rei in den Oberstufenschüler verliebt war. Allerdings hatte sie keine Idee, was das mit ihr selbst zu tun hatte. Verwirrt sah sie ihre Freundin an:

”Hast du dich mit ihm gestritten?”

“Nein.”

”War er wieder mal selten dämlich?”

”Nein.”

”Ist ihm was passiert?”

“Nein.”

”Was denn dann?”, das blonde Mädchen setzte sich wieder auf die Bank und sah Rei eindringlich an.

“Ich hab euch doch erzählt, dass er sich beim Fußballtraining nach der Schule verletzt hat.”

”Der Muskelfaserriss. Ja, ich erinnere mich. Er ist immer noch zuhause deswegen, oder?”

“Ja. Ich bin bis jetzt jeden Tag nach der Schule zur Motoazabu-Schule gegangen und hab mich dort mit einem Klassenkamerade von ihm getroffen. Kobajashi hat mir seine kopierten Aufzeichnungen und die Hausaufgaben mitgegeben für Mamoru. Die hab ich ihm dann immer vorbei gebracht. Doch jetzt geht das nicht mehr.”

”Warum denn nicht?”

”Ich hab gestern Abend einen Anruf aus Kobe erhalten.”, seufzte Rei.

“Kobe? Ist da nicht dein Opa wegen so einem Klassentreffen?”

”Genau. Na jedenfalls geht es ihm nicht gut. Ich werd mich morgen von der Schule befreien lassen und zu ihm fahren mit dem Shinkansen.”

“Oh hast du es gut. Keine Schule.”, Usagi legte den Kopf in den Nacken und schaute in den blauen Himmel. Sie beneidete Rei um die ungewollten Ferien. Nur allzu gerne hätte sie mit ihr getauscht.

“Ich kann mir was Besseres vorstellen, Usagi. Aber im Grunde ist das nicht wirklich das Problem.”

”Was dann?”

“Mamoru?!”

”Hä? Was hat der denn jetzt mit deinem Opa zu tun?”

“Naja, er kann immer noch nicht zur Schule. Und wenn ich ihm jetzt nicht seine Aufgaben und die Aufzeichnungen bringe, wird er die Semsterprüfungen vielleicht nur schwer oder gar nicht schaffen.”

”Ach komm, Rei! Der ist so ein Streber, der schafft das locker!”

“Usagi!”

“Was denn? Stimmt doch. Der ist genauso schlau wie Ami.”

“Er muss auch dafür lernen.”

“Hrmpf.”

Rei sah zu Usagi. Sie wusste, dass es kein Zurück mehr gab. Sie musste es ihr sagen. Musste ihr von ihrem Plan erzählen.

“Ich wollte dich jedenfalls darum bitten, ihm seine Notizen zu bringen.”

”Was?”, der blonde Haarschopf war nach oben und zur Seite geschnellt. Fassungslos sah Usagi ihre vermeindliche Freundin an. Das konnte nicht ihr Ernst sein!

”Ich kann sonst keinen anderen fragen.”

”Ähm, was ist mit Ami oder Mako oder Mina? Oder auch Motoki?”

”Motoki arbeitete die Woche am Nachmittag im Crown. Ami schafft es nach der Schule maximal ins Crown und ist danach bei ihrem Lernkurs. Und Mako und Mina wollte ich nicht auf die Jungs der Oberstufe loslassen. Die würden zwar die Notizen holen, aber es nicht bis zu Mamoru schaffen.”

Usagi wusste, was Rei meinte. Ihre beiden Freundinnen Makoto und Minako waren derzeit nur darauf aus, schnellstmöglich einen Freund zu finden. Man konnte sie wirklich nicht zu älteren Jungs lassen.

“Muss das sein?”

”Bitte Usagi.”

“Er kann mich nicht ausstehen. Warum geht dieser Kobajashi nicht nach der Schule zu dem Baka?”

”Weil der eine Freundin hat und sich mit ihr nach der Schule trifft. Und er hat jede Menge Hausaufgaben. Außerdem hab ich ihm schon gesagt, dass du die Aufzeichnungen die Woche holst.”, grinste Rei verlegen.

“Wie bitte? Wann hast du das dem denn gesagt?”

”Vorhin am Handy.”

”Du hast die Nummer eines Mitschülers von Mamoru? Was sagt der denn dazu?”, Usagi war überrascht.

“Es war seine Idee. Falls Kobajashi oder mir was dazwischen kommt, können wir das dem jeweils anderen schreiben oder anrufen.”

”Ich weiß doch nicht mal, wie dieser Kobajashi aussieht.”

”Ich hab dich ihm beschrieben und ihm ein Foto geschickt von dir.”

“Wird ja immer besser.”

Die Schwarzhaarige hörte den genervten Unterton in Usagis Stimme. Ihr war selbst klar, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte.

“Es wäre nur bis nächsten Sonntag.”

”Heute ist Sonntag. Das ist eine Woche. Warum bist du solange in Kobe?”

”Ich weiß nicht, was Opa hat. Aber sein bester Freund hat mich angerufen und gemeint, er hätte halt Fieber und Schnupfen. Und so kann ich mich nicht mit ihm in einen Zug setzen. Deswegen bleib ich die ganze Woche und pflege ihn gesund.”

“Ich weiß nicht, Rei. Du weißt, dass wir uns nicht riechen können. Es gibt immer Streit zwischen uns.”

”Ja vielleicht könnt ihr das jetzt ändern?”, sie klang hoffnungsvoll.

“Hast du ihm davon erzählt? Das du mich bittest?”

”Ja.”

“Und er war einverstanden?”

“Schau nicht so ungläubig, Usagi! Ich hab echt Arbeit gehabt, ihn zu überzeugen. Aber er hat schneller als du eingesehen, dass es nicht anders geht und niemand sonst Zeit hat. Also bitte, bitte, bitte!”

Abrupt stand das Mädchen auf. Ging einige Schritte. Sie wusste wirklich nicht, was sie davon halten sollte. Sie und Mamoru standen auf Kriegsfuß. Es war für sie schon der blanke Horror, dass eine ihrer Freundinnen in ihn verliebt war. Und nun wollte ausgerechnet diese Freundin, dass sie sich um Mamoru kümmerte. Zu allem Überfluss schien es wirklich nur sie zu geben, um zu helfen. Laut seufzte sie und drehte sich zu Rei um, die sie mit flehenden Augen an sah:

”Es ist nur Montag bis Freitag. Am Wochenende musst du nicht zu ihm und ich bin Sonntagnachmittag wieder da. Versprochen.”

”Ich muss also nur die Notizen holen, zu Mamoru und sie ihm in die Hand drücken.”

”Ähm, ja.”

”Rei?”, Usagi hörte sofort den schwankenden Unterton.

“Er muss am Mittwoch zum Arzt.”

”Muss ich da mit?”

“Ja. Er geht ja noch an Krücken und es ist leichter für ihn, wenn ihm da jemand die Türe aufhält oder so einfach unterstützt, wenn er draußen unterwegs ist.”

”Okay. Also am Mittwoch zum Arzt.”

“Genau. Und danach vielleicht noch einkaufen. Wir waren gestern, aber haben nicht soviel eingekauft wegen dem Tragen und so.”

”Du warst seine Leibsklavin.”

”Nein.”, Rei errötete heftig und schüttelte den Kopf, “Seine Assistenz.”

”Wann muss ich an seiner Schule sein?”

“Um vier. Schaffst du das?”

”Ja, ich denke schon. Ich hab die Woche eine Stunde weniger und so nur bis um kurz nach zwei. Unser Mathelehrer ist krank.”, die Blondine grinste breit.

”Alles klar. Also um vier musst du vor der Motoazabu-Schule sein. Und dann gehst du zu Mamoru. Hier ist seine Adresse.”, Rei drückte ihr eine Visitenkarte des jungen Mannes in die Hand, “Wenn was ist, ruf mich an.”

“Okay.”

”Ich danke dir! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.”, die Schwarzhaarige umarmte ihre Freundin, “Ich muss jetzt auch los. Ich muss noch packen.”

“Verstehe.”, auch Usagi stand auf, “Ich hab echt was gut bei dir.”

”Was du willst.”

“Ich überleg mir was. Aber es wird nicht billig sein.”

“Von mir aus.”

Zusammen gingen sie noch zum Ausgang des Parks. Noch einmal umarmte Rei ihre Freundin und entließ diese dann in Richtung Crown. Sie war froh, dass alles gut gegangen war. Vorerst. Spätestens morgen hätte sie Usagi das erste Mal am Ohr. Und sicher auch nicht das letzte Mal. Doch selbst dafür hätte sie einen Plan. Sie sah der Blondine noch nach, bis diese um die Ecke verschwunden war und wandte sich dann selbst ab und zum Gehen.
 

Es war kurz vor neun am Abend, als Usagi ihre Schultasche für den nächsten Tag packte. Ihre schwarze Katze Luna lag auf einem Kissen auf der Fensterbank und schlief. Das verhasste Mathebuch mitten auf dem Schreibtisch. Sehr zum Gefallen des Mädchens. Für sie gab es nichts schlimmeres als Mathe. Nur allzu gerne hätte für sie auch ihre Englischlehrerin krank werden können. Es waren ihre zwei absoluten Hassfächer. Die Lehrer waren ihr mindestens genauso unsymphathisch wie Mamoru. Mamoru. Sie musste an den Nachmittag im Crown zurück denken.

Kurz nachdem sie sich von Rei verabschiedete hatte, war sie dorthin gegangen. Hatte die anderen Mädchen getroffen. Minako. Ami. Makoto. Und natürlich ihren Schwarm und Traummann schlechthin: Motoki Furuhata. Ein Student der nebenbei dort arbeitete. Er war ihr bester Freund. Dummerweise auch der von Mamoru. Sie wusste, sie hatte nicht den Hauch einer Chance bei dem blonden, jungen Mann. Aber anschmachten war ja nicht verboten. Immerhin war er immer nett zu ihr und wusste auch ohne einen Satz ihrerseits, was sie haben wollte: Einen Schokoladenmilchshake. Auch diesen Nachmittag wusste er es natürlich sofort. Er machte ihr sogar ein Kompliment wegen ihren Klamotten. Sie war ein bisschen rot dabei geworden. Dann war sie zu ihren Freundinnen gegangen. Schnell waren sie ins Gespräch gekommen und Usagi erzählte ihnen von Reis Bitte.

Ami war skeptisch und fragte, ob das nicht zu anstrengend für sie sei.

Sie sagte, dass es für eine Woche okay sei.

Makoto war sich schnell ziemlich sicher, dass das entweder Usagi selbst oder Mamoru nicht überleben würde.

Sie verneinte vehement und versprach, sich zusammen zu reißen.

Minako fand das alles unglaublich witzig und rang ihr das Versprechen ab, jeden Tag Infos nach dem Aufeinandertreffen zu bekommen.

Sie versprach es. Und sie harkte bei allen Dreien noch einmal nach, ob sie wirklich keine Zeit hätten. Minako meinte, dass sie schon gerne mitkommen würde. Alleine eben wegen der Jungs an Mamorus Schule. Auch Makoto überlegte laut darüber. Doch Usagi meinte, sie bekomme das schon alleine hin. Es war ja ohnehin nur eine Sache von einer knappen Stunde. Sie hatte sich vorgenommen, nach der Schule nach Hause zu rennen und sich umzuziehen. Dann wollte sie zur Motoazabu-Schule und sich mit diesem Kobajashi treffen. Und von da aus zu Mamoru. Die Notizen abgeben und schon wäre sie wieder weg. Wahrscheinlich machte sie sich umsonst Gedanken. Und das hatte sie auch ihren Freundinnen gesagt.

Das Mädchen schloss ihre Schultasche und legte sich ihre frisch gewaschene Schuluniform raus. Ihr Blick fiel auf die Uhr auf ihrem Nachtschrank. Es war halb zehn. Wenn sie morgens halbwegs pünktlich in der Schule sein und nicht nachsitzen wollte, sollte sie jetzt ins Bett gehen. Im Bad war sie sowieso schon gewesen. Hatte geduscht und ihren Pyjama angezogen. Sie strich Luna über den Kopf. Entlockte ihr so ein Schnurren.

“Schlaf gut, Süße!”

Sie machte das Licht aus, tapste zu ihrem Bett und ließ sich hinein fallen. Sie war müde. So wie immer. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Oder zumindest war das Treffen mit Rei es gewesen. Usagi kroch unter die Decke und starrte, auf der Seite liegend, aus dem Fenster. Betrachtete den Mond. Sie fragte sich nicht zum ersten Mal, was Rei an Mamoru fand. Er war ein unausstehlicher Eisklotz. Und ganz sicher nicht so charmant, wie ihre Freundin ihn immer beschrieb. Zumindest nicht zu ihr. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatten sie sich gestritten. Hatte Rei wirklich die Hoffnung, dass es sich jetzt bessern würde. Usagi musste im Stillen zugeben, dass Mamoru nicht gerade hässlich war. Eigentlich sah er wirklich sexy aus. Aber was brachte ihr das, wenn er sie immer beleidigte? Und außerdem mochte sie Motoki ja viel mehr! Sie würde die Woche schon irgendwie überstehen. Es war ja echt nichts Großes dabei, zu ihm nach Hause zu gehen. Eine Kleinigkeit. Er würde sie ja eh nicht rein bitte. Warum auch? Sie gähnte herzhaft.

“Es wird schon klappen. Ist ja nicht kompliziert.”, sagte sie zu sich selbst und schloss dabei die Augen. Wanderte ins Traumland hinüber.
 

Es hatte den ganzen Tag schon geregnet. Über Nacht war es schlagartig kalt geworden und nichts ließ mehr an den sonnigen Tag von gestern erinnern. Der Wind war kalt und wehte aus allen Richtungen. Die Menschen hielten ihre Schirme fest. Einige hatten sich die Kapuzen ihrer Jacken tief ins Gesicht gezogen. So wie Usagi.

Pünktlich war sie von der Schule nicht heim gekommen. Sie musste eine halbe Stunde nachsitzen, aber das war egal. Ihre letzte Stunde war ohnehin ausgefallen. So würde es die ganze Woche sein. Und eigentlich war sie auch am Morgen rechtzeitug losgegangen. Aber der erste Bus zur Schule war wegen dem Regenwetter vollkommen überfüllt gewesen und der zweite ebenso. Also war sie gelaufen. Frau Haruna hatte natürlich kein Erbarmen gehabt und sie zu einer Runde Nachsitzen verdonnert. Kurz nach drei war sie zuhause gewesen und hatte sich dort schnell ihrer nassen Schuluniform entledigt. Sie gegen bequemere Freizeitklamotten getauscht. Jeans und Pulli. In weniger als einer Viertelstunde war sie mit Umziehen fertig und dann noch schnell in der Küche bei ihrer Mutter gewesen.

“Bist du in Eile?”, Ikuko sah ihre Tochter fragend an und hielt ihr den frischgebackenen Zitronenkuchen unter die Nase. Das Mädchen nahm sich sofort ein Stück. Biss hinein.

“Isch musch noch schur Motoazabu-Schule.”

“Kau bitte erst runter.”

Lautstark schluckte Usagi.

“Ich muss noch zur Motoazabu-Schule.”

”Was willst du denn dort?”

”Ich tu Rei einen Gefallen. Sie musste heute wegen ihrem kranken Opa nach Kobe fahren. Der ist auf seinem Klassentreffen krank geworden.”

”Aber Rei geht doch auf diese katholische Privatschule.”, ihre Mutter war verwirrt.

“Ja sie schon. Aber sie ist doch in diesen Baka von Mamoru verknallt.”, noch einmal biss Usagi in ihre Stück Kuchen. Dieses Mal kaute und schluckte sie aber runter, bevor sie weiter sprach. Sie erzählte ihrer Mutter von der Bitte ihrer Freundin.

“Ich dachte, du magst Mamoru nicht.”

“Tu ich auch nicht. Aber ich kann doch nicht Nein sagen.”

“Du hast ein zu großes Herz.”

“Ich weiß.”, die Blondine seufzte, “Na gut, ich muss los.”

Ihre Mutter ging ihr nach in den Flur. Beobachtete sie dabei, wie sie die pinken Gummistiefel und die dazu passende Regenjacke anzog. Sich ihren Hasenschirm und die Tasche schnappte.

“Hier.”

“Was?”

“Hier. Nimm ihm etwas von dem Kuchen mit. Er freut sich bestimmt darüber.”, Ikuko strahlte ihre Tochter an.

”Mama! Ich geb ihm seine Notizen und Hausaufgaben und das war’s. Danach geh ich ins Crown zu den Mädels.”

”Stell dich nicht so an.”, ihre Mutter drückte ihr den eingepackten Zitronenkuchen in die Hand und schob sie zur Tür, “Er wird sich sicher freuen und es ist eine nette Geste.”

Usagi versuchte vergeblich das Päckchen wieder los zu werden. Versuchte Widerworte zu formen, aber als sie endlich welche gefunden hatte und sich noch einmal umdrehte, war die Türe bereits geschlossen. Sie grummelte leise. Missmutig spannte sie ihren Schirm auf und rannte neuerlich los in Richtung Bushaltestelle.
 

Die Regentropfen prasselten gegen die Fenster und auf die Kacheln des Balkons. Das Licht der Deckenlampe spiegelte sich in den Scheiben. Leise Musik erfüllte die Wohnung und der Duft von frischem Kaffee zog durch die Räume.

Mamoru stand auf Krücken gestützt vor der großen Fensterfront des Wohnzimmers. Das Wetter spiegelte genau seine Laune wieder. Gestern schon war er nicht weiter als bis auf den Balkon gekommen. Und er war angesäuert gewesen, als Rei ihn anrief und ihr Treffen absagte. So hatte er keine Chance auf einen noch so kleinen Spaziergang gehabt. Und heute sah es auch schlecht aus. Er hatte schon mehr als einmal an diesem Tag das Gefühl gehabt, dass ihm die Decke auf den Kopf zu scheinen fiel oder er an Klaustrophobie litt. Eigentlich wusste er schon seit mehreren Tagen nichts mehr mit sich anzufangen. Und er war froh, dass wenigstens die Schwarzhaarige jeden Tag vorbei kam. Was er ihr aber nicht sagen würde. Sonst hätte sie womöglich noch mehr an ihm geklebt. Ohnehin war es ihm unangenehm, dass sie sich wirklich Hoffnung auf ihn machte. Dabei war er nur freundschaftlich an ihr interessiert.

Auch jetzt war ihm schon wieder langweilig. Sein Blick glitt zur Seite und auf die Uhr, die über der Tür zur Küche hing.

”Viertel fünf.”, er seufzte. Schon seit dem Mittag hatte er nichts mehr zu tun gehabt. Den ganzen Vormittag hatte er die Mitschriften von Kobajashi studiert und seine Schulbücher durchgelesen. Hatte seine Hausaufgaben erledigt, die eh keiner kontrollieren würde. Gleich würde Rei mit den heutigen Notizen und Aufgaben kommen und er würde sich am Abend zusammen reißen müssen, sie nicht dann schon zu erledigen. Er konnte nur auf eine gute Doku im Fernsehen hoffen oder einem gescheiten Film.

Die Klingeln riss ihn aus den Gedanken. In seiner Joggingshose und dem schwarzen Muscle-Shirt humpelte er zur Tür, drückte den Summer. Er musste nicht mehr nachfragen. Es war Rei. Sie würde ihn noch zur Genüge voll plappern. Mamoru lehnte sich gegen die Wand. Seine Wohnungstüre hatte er schon geöffnet. Normalerweise ging er immer schon zurück ins Wohnzimmer. Wartete dort auf Rei. Aber heute kam sie sicher mit einem patschnassen Schirm und den wollte er ihr netterweise gleich abnehmen und in die Wanne legen, damit er nicht das ganze Parkett und den Teppich voll tropfte. Er hörte den Lift und wie die Türen aufgingen. Ein quietschendes Geräusch hallte durch den Hausflur. Scheinbar hatte das Mädchen Gummistiefel an. Mamoru schüttelte unmerklich den Kopf. Er konnte sich Rei nicht mit sowas an den Füßen vorstellen. Aber bei dem Wetter schien selbst sie Kompromisse zu machen. Die Schritte kamen näher. Der junge Mann hob seinen Kopf und erstarrte augenblicklich.

“Hey Baka!”

Usagi sah ihn unverwandt an. In der einen Hand ihren tropfenden Schirm und in der anderen einen Stapel Blätter stand sie auf seiner Fußmatte.

“Äh...”, er hüpfte auf sie zu und schob sie zur Seite, um sich im Hausflur umzusehen, “Wo ist Rei?”

Das Mädchen verstand nur Bahnhof. Warum fragte er nach Rei. Sie wollte gerade den Mund aufmachen, aber er unterbrach sie:

”Wieso ist Rei heute nicht da?”

”Ich dachte, du hast einen Muskelfaserriss. Aber anscheinend bist du auf den Kopf gefallen.”

”Was?”

“Sie ist in Kobe, du Schwachmat. Hier, die kopierten Mitschriften von Kobajashi. Schöne Grüße übrigens. Und du sollst...”

”Kobe?”, Mamoru sah sie fragend an und ignorierte die ihm hingehaltenen Blätter.

“Sie hat dich doch angerufen.”

“Nein.”

”Wie ‘Nein’?”

“Also eigentlich Ja. Ja, sie hat mich angerufen. Aber nur weil sie unsere gestrige Verabredung abgesagt hat. Von Kobe hat sie aber nichts gesagt. Kein Wort.”

“Was?”, Usagi entgleisten die Gesichtszüge, “Dieses Biest.”

Ihre Stimme war laut und grell geworden. Ein Zustand den Mamoru niemanden antun konnte in seinem Haus.

“Zieh die Schuhe aus und komm rein.”

“Nee, lass mal. Hier deine Notizen.”

”Komm rein, Odango.”, er zog sie am Handgelenk in seinen Flur und nahm ihr den Schirm ab. Brachte ihn auf Krücken ins Bad.

Das Mädchen streifte sich die Gummistiefel ab. Zog die Jacke aus und hing sie an einen freien Harken. Sie folgte Mamorus Kopfnicken in Richtung Wohnzimmer.

”Setz dich. Willst du was trinken?”

“Mach dir keine Umstände.”, sie winkte ab und setzte sich aufs Sofa. Er nahm gegenüber von ihr auf seinem Lieblingssessel Platz.

“Sie ist also nach Kobe gefahren.”

”Ja.”

”Warum?”, Mamoru war verwirrt und sah Usagi fragend an.

“Ihr Opa ist dort wegen einem Klassentreffen und krank geworden.”

”Wie lange bleibt sie.”

”Bis Sonntag.”

“So lange?”

”Ja.”

”Und du bringst mir jetzt die Schulsachen?”

”Ja. Glaub mir, ich könnte mir auch was Schöneres vorstellen.”, sie sank zurück, “Aber die anderen hatten keine Zeit. Wobei ich bezweifle, dass sie Ami, Mina, Mako und Motoki überhaupt gefragt hat.”

“Warum du?”

”Was weiß denn ich?! Sie meinte, vielleicht reden wir ja auch mal normal miteinander.”

”Aha.”

“Schau nicht so doof, Baka. Hör mal, ich werde morgen wiederkommen und dir die neuen Mitschriften bringen und das war’s. Und am Mittwoch geh ich mit dir zum Arzt.”

”Nein, vergiss es. Ich sag den Termin einfach ab.”, er sah sie erschrocken an, “Ich will da lebend hin und wieder weg kommen.”

”Na danke auch! Ich hab es Rei versprochen. Genauso wie mit dem Einkaufen.”

“Dieses Biest.”

”Sag ich ja.”, es war das erste Mal, dass das Mädchen wieder lachen konnte. Mamoru entging es nicht. Es verblüffte ihn immer wieder, dass sie so schnell die Stimmung wechseln konnte. Eine Eigenschaft um die er sie ein wenig beneidete.

Ihr entging sein Blick nicht. Es war ihr ein wenig unangenehm. Er sah sie nie so an. So durchdringend.

“Wie geht es eigentlich deinem Bein?”, sie versuchte die peinliche Stille zwischen ihnen zu durchbrechen.

“Es geht schon.”

“Sollten wir Rei vielleicht anrufen und sie zur Rede stellen?”

“Eigentlich schon.”, er versuchte sein Handy zu angeln, dass auf dem Wohnzimmertisch lag. “Warte. Hier.”, Usagi war aufgestanden und reichte es ihm. Kurz berührten sich ihre Finger und für sie fühlte es sich an wie ein kleiner Stromschlag. Für den Bruchteil von Sekunden schauten sie sich in die Augen.

“Danke.”

Mamorus Hals war trocken. Es war ihm beinahe unmöglich, sich von ihren Augen abzuwenden. Waren die schon immer so blau gewesen? So klar? In Gedanken schallte er sich selbst. Seid wann dachte er so von Odango Atama. Es kostete ihn Kraft, sich von ihr abzuwenden und die Nummer von Rei zu suchen. Er ließ sein Handy wählen und schaltete den Lautsprecher an. Das Freizeichen war zu hören. Einmal. Zweimal. Dreimal. Nach dem fünften Mal hörten sie endlich Reis Stimme:

”Ja, Mamoru? Bist du’s?”

”Hi, ja. Ich bin’s.”, sein Blick glitt zu dem Mädchen, was vor ihm stand. Was vor Wut schnaubte. Er bedeutete ihr, ruhig zu bleiben.

“Was gibt es denn?”

“Sag mal, hast du mir nicht vergessen etwas zu sagen?”

“Nein. Was meinst du denn?”

Mamoru wollte gerade antworten, als ihm das Handy aus der Hand gerissen wurde. Er konnte mit seinem ruhig gestellten Bein gar nicht so schnell reagieren. Ungläubig und mit aufgerissenen Augen folgte er Usagis Tun.

“Kobe, Rei. Er meint Kobe!”

“Usagi?”, Rei klang überrascht, ausgerechnet ihre beste Freundin an Mamorus Handy zu hören.

“Ja ich. Du bist ein Biest.”

”Was?”

“Du hast mich schon verstanden, Fräulein Miko!”, die Blondine war sauer, “Mir erzählst du, dass du Mamoru Bescheid gegeben hast, dass ich die Woche sein Schulzeugs bringe. Und als ich vor einer Viertelstunde vor seiner Türe stand, schaut der mich an, wie eine Kuh wenn’s blitzt. Er wusste von nichts.”

”Ups. Das hab ich wohl vergessen.”

”Boah, Rei...”

Mamoru hatte sich aufgerappelt und ihr das Handy wieder abgenommen. Schnaubend ließ sich Usagi wieder aufs Sofa fallen.

“Warum hast du es denn mir nicht gesagt?”

”Weil du abgelehnt hättest.”, Rei klang eingeschüchtert, “Hört mal, ich muss jetzt Schluss machen. Bis Sonntag!”

“Rei, warte.”

Aber sie hatte ihn weggedrückt.

“Die soll mir mal wieder nach Hause kommen.”

Sein Blick glitt zu dem Mädchen. Sie war selten so wütend auf eine ihrer Freundinnen. Ihren Gesichtsausdruck kannte er eher in Zusammenhang mit sich selbst.

“Und nun?”

Sie hob die Schultern:

”Was soll schon sein? Ich hab Kobajashi schon gesagt, dass ich morgen wieder bei euch an der Schule auf ihn warte.”

”Also kommst du morgen wieder hier vorbei?”

”Ja, muss ich wohl.”, sie erhob sich und ging an ihm vorbei in den Flur. Zog sich wieder an. Bat Mamoru um ihren Schirm. Er öffnete ihr die Tür und sie bedankte sich. Trat auf den kalten von Neonlicht durchfluchteten Hausflur.

“Wir sehen uns morgen, Odango.”

”Ja, bis morgen, Baka!”, sie versuchte sich trotz ihrer jetzt richtig miesen Laune ein Lächeln abzuringen, “Versuch keine Dummheiten zu machen. Ach und das hier ist von meiner Mama. Sie meinte, es würde dich sicher freuen.”

”Was ist das?”

“Selbstgebackener Zitronenkuchen. Also dann, wir sehen uns.”

“Ja. Danke! Bis morgen!”

Sie nickte nur und verschwand in Richtung Aufzug, während er sich in seine Wohnung zurück zog. Es war ihm klar, dass es anstrengend mit ihr werden würde. Wahrscheinlich hatte Rei sie auch gebeten, ihn zum Arzt zu begleiten. Mamoru humpelte wieder ins Wohnzimmer zurück. Er packte den Zitronenkuchen aus. Er war noch ein wenig warm. Zaghaft biss er hinein. Er schmeckte köstlich. Im Augenwinkel sah er sein Handy blinken, nahm es sich vom Tisch und schaute kauennd drauf. Eine SMS von Rei:

”Ruf mich heute Abend bitte an. Liebe Grüße, Rei.”

Er seufzte auf. Frauen waren einfach kompliziert.

You're beautiful (in every single way)

Autos hupten und Leute schrieen aus heruntergelassenen Seitenfenstern einander Flüche zu. Auf den Straßen waren Menschenmassen wie in der Vorweihnachtszeit unterwegs. Ein dichtes Gewusel an Körpern jeglichen Alters und bunt gemischt. Es war kaum auszuhalten und voran kam man auch nicht wirklich. Dabei hatte sie es heute besonders eilig.

Gestern war sie ein zweites Mal bei Mamoru gewesen. Hatte ihm wieder die Schulaufgaben gebracht und ungewollt ein großes Stück Schokoladenkuchen, dass ihre Mutter ihr mitgebeben hatte. Wieder mit dem Argument das er sich bestimmt freuen würde. Das tat er auch tatsächlich. Er gab ihr sogar die Box wieder, in der einen Tag zuvor der Zitronenkuchen gelegen hatte. Aufgewaschen! Sie hatten ein bisschen Smalltalk geführt und einen Tee zusammen getrunken. Sie hatte ihm gezeigt, was er alles an Hausaufgaben machen sollte. Und sich selbst darüber gewundert, wieviel sie noch wusste an Informationen, um sie ihm mitzuteilen. Nach einer Stunde war sie wieder aufgebrochen in Richtung Crown.

Usagi schaute auf die Uhr. Es war kurz vor fünf. Sie fluchte laut, als sie um die Ecke bog. Sah ihn vorm Haupteingang seines Hauses stehen.

“Er wird stocksauer auf mich sein.”, knurrte sie sich selbst an. Zwar war sie noch einige Meter entfernt, aber sein finsterer Blick war selbst auf die Distanz gut zu erkennen. Und es wurde auch nicht besser, je näher sie ihm kam. Schlitterend und nach Luft japsend kam sie vor ihm zum Stehen.

“Tut...tut mir...tut mir leid!”, sie stützte sich mit den Händen auf den Knieen ab und kniff die Augen zusammen. Versuchte Luft in ihre Lungen zu bekommen.

“Du bist viel zu spät!”, er war sauer.

“Ich weiß.”

”Musstest du wieder nachsitzen?”

“Nein. Ich war um halb drei zuhause und pünktlich bei dir an der Schule. Aber Kobajashi war schon weg.”

”Wie weg?”

“Die letzte Stunde fiel bei euch aus und er hat es mir vergessen zu schreiben. Ich hab dann von dieser Saori erfahren, dass er mit seiner Freundin im Crown ist. Also bin ich dahin, hab mir deine Notizen geben lassen und bin dann her.”

”Bist du den ganzen Weg gerannt?”

Usagi sah auf. Ihr war der sanftere Unterton in seiner Stimme nicht entgangen und statt etwas zu sagen, nickte sie nur.

“Na gut. Also ich hab schon mal beim Arzt angerufen. Ich kann noch bis sechs vorbei kommen. Schaffen wir das?”, er sah sie prüfend an. Noch immer rang sie nach Luft. Sport war definitiv nicht ihre Sache.

“Schaffen wir.”

Mamoru nickte leicht lächelnd und zusammen zogen und humpelten sie los in Richtung Bushaltestelle. Er fragte nach Neuigkeiten aus seiner Klasse und der Schule allgemein. Ließ sie reden. Ihm war selbst nicht danach. Lieber konzentrierte er sich auf die Straße. Denn obwohl es schon die dritte Woche war, in der er mit den Krücken lief, war es einfach nur lästig und er alles andere als sicher damit. Allein deshalb war er schon froh, dass ihn jemand zum Arzt begleitete. Auch wenn es nur Usagi war.

Das Mädchen redete eine ganze Weile, bis sie an der Bushaltestelle waren. Sie beobachtete Mamoru dabei, wie er sich auf die Bank im Wartehäuschen fallen ließ. Leicht schnaufte dabei. Ihr war klar, dass er niemals zugeben würde, wie anstrengend das Gehen für ihn war. Doch sie sagte nichts dazu. Ging hinüber zum Fahrplan und verglich die Daten mit der Uhrzeit auf ihrem Handy.

“In fünf Minuten sollte er kommen.”, sie ging zu ihm, lehnte sich an die Rückwand des Häuschens.

“Wir fahren zehn Minuten oder so.”

”Ja.”

“Dann schaffen wir es.”

“Ich denke auch.”, sie lächelte ihn zuversichtlich an und schaute dann auf die Straße. Hing selbst ihren Gedanken nach. Dachte an das gestrige Gespräch mit Rei zurück, als sie aus Kobe angerufen hatte. Eigentlich wollte sie ja nur wissen, wie es so lief und ihr sagen, dass sie sich auch noch einmal bei Mamoru entschuldigt hatte. Aber irgendwie klang ihre Freundin alles andere als glücklich. Allerdings bekam Usagi nichts aus ihr raus, außer der Antwort, es sei der Stress. Sie war unzufrieden mit der Antwort. Nur mehr konnte sie nicht tun. Rei würde irgendwann schon mit der Sprache rausrücken. Kurz dachte die Blondine daran, Mamoru zu fragen. Sicher war er der Grund dafür, dass Rei so seltsam war. Ohnehin war er meistens der Grund für das seltsame Verhalten weiblicher Teenager. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie zu ihm. Kurz machte sie den Mund auf. Nur um ihn gleich wieder zu schließen. In dem Moment als sie den Mut zum Fragen hatte, war er auch schon wieder verschwunden. Leise seufzte sie und wandte ihren Blick ab.
 

“Der Bus kommt.”

Das Ächzen, dass Mamoru von sich gab, war kaum zu überhören. Sie musste kichern und rollte mit den Augen. Warum bat er sie nicht einfach um Hilfe. In schnellen Schritten war sie bei ihm und harkte sich bei ihm ein.

“Was...”

“Sag doch einfach was. Ich helfe dir schon.”

“Oh. Okay. Ähm, danke!”, er war überrascht. Er wusste zwar von Rei, dass Usagi durchaus hilfsbereit war. Aber es auch mal am eigenen Leib zu erfahren, war was vollkommen anderes für ihn. Es war irgendwie seltsam. Sie ließ ihn auch nicht los. Schob ihn vor sich her und in den Bus. Mamoru lehnte sich gegen eine Haltestange. Es war kein einziger Platz frei.

“Sorry, könntest du vielleicht aufstehen?”

“Was?”, ein junger Mann nahm seine Kopfhörer aus den Ohren und blickte Usagi fragend an.

“Könntest du vielleicht aufstehen?”

“Warum sollte ich?”

”Weil ich dich darum bitte?!”

”Ich hab kein Bock zu stehen, Blondchen. Such dir einen anderen Dummen.”, mit diesen Worten versuchte er gerade wieder Musik auf die Ohren zu bekommen. Aber das Blondchen hielt ihn davon ab. Sah ihn grimmig an:

”Es ist nicht für mich, du Idiot. Sondern für ihn da.”

Sie zeigte direkt auf Mamoru, der immer noch da stand und versuchte, sein Bein nicht allzu sehr zu belasten. Was beim Ruckeln des Buses und mit Krücken jedoch eine Kunst für sich war.

“Warum sollte ich für den aufstehen?”

”Bist du dumm oder so? Weil ich dich gefragt hab.”

”Ich steh nicht auf.”

“Okay.”, Usagi hob die Schultern und wandte sich ab. Ging zu Mamoru und ergriff einen der Schlaufen, die über ihrem Kopf baumelten. Noch bevor der Schwarzhaarige neben ihr etwas sagen konnte, erhob sie ihre Stimme:

”Entschuldigung mal bitte. Hallo! Ja, Entschuldigung. Ich möchte mal was sagen.”

Mamoru sah sie mit aufgerissenen Augen an. Dank ihres lauten Organs hatte sie binnen Sekunden die ungeteilte Aufmerksamkeit des ganzen Buses inklusive dem Fahrer, der an einer roten Ampel stoppte.

“Danke schön!”, sie strahlte in die Runde, “Also wissen Sie, ich möchte mal kurz was los werden. Mein Freund hier ist an diese dämlichen Krücken gefesselt. Und ich habe den jungen Mann hier vorne gebeten aufzustehen.”

Der Angesprochene sah sie entsetzt und mit offenem Mund an.

“Ich war ausgesprochen höflich. Aber er hat sich leider geweigert.”

Raunen ging durch den Bus, gefolgt von empörten Lauten.

“Wie ich sehe, wissen Sie, was ich meine. Und wenn er nicht aufstehen mag, weil vielleicht hat er ja auch eine Verletzung, ist das auch okay. Ich wollte halt fragen, ob einer von Ihnen so nett wäre. Oh nein, danke die Dame. Bleiben Sie sitzen.”

Eine ältere Frau hatte sich erhoben. Schwankte jetzt auf das Mädchen zu:

”Sag deinem Freund, er kann sich auf meinen Platz setzen.”

”Äh, und sie?”, Mamoru hatte sich eingeschaltet und bekam ein Zwinkern der Dame zur Antwort. Ratlos schauten er und Usagi sich an. Sahen, wie sie auf den zuvor von Usagi angesprochenen jungen Mann zu ging und ihn ansprach:

”Entschuldigen Sie, wollen Sie für mich auch sitzen bleiben, wenn ich höflich um den Platz bitte?”

“Äh, nein. Nein, ähm, setzen Sie sich. Bitte.”, er stammelte und ein Lachen erfüllte den Bus, “Ich muss hier, ähm, eh raus.”

“Oh wie nett.”, sie zwinkerte Usagi und Mamoru zu und nahm Platz. Die beiden ernteten einen weiteren Blick, der vor Peinlichkeit nur so strotzte, von dem jungen Kerl. Er sprang geradezu aus dem Bus und verschwand um die nächste Ecke. Ruckelnd fuhr der Bus wieder an und Usagi drückte Mamoru in den Sitz. Er sah sie einfach nur an. Die Krücken umklammert.

“Du musst nichts sagen.”, grinste sie.

“Ähm, das hätte nicht sein müssen.”

”Warum denn nicht? Ich hab ihn wirklich nett drum gebeten. Und im Gegensatz zu dir hatte der kein Wehwechen.”

“Aber vor allen Leuten?”

”Manche lernen es nur so. Huch!”

Der Bus war scharf in eine Kurve gefahren und beförderte Usagi dabei direkt auf Mamorus Schoß. Überrascht zogen beide zeitgleich die Luft ein und hielten sie an. Sahen sich erschrocken an. Das Mädchen wurde rot um die Nase und sie hoffte, er würde nicht bemerken, wie schnell ihr Herz schlug. Einen Arm hatte sie bei ihrem Fall instinktiv um seinen Hals geschlungen. Die eine Hand ruhte auf seiner Brust. Sie spürte seine Arme, die um ihre Taille lagen. Sie wollte was sagen. Aber ihr Gehirn war wie leer gefegt und ihr Mund so staubtrocken wie die Wüste Gobi. Sie hätte sogar schwören können, dass die Zeit still stand.

“Nehmen Sie ihre Freundin lieber auf den Schoß und halten Sie sie gut fest.”

“Was?”, verwirrte wandte Mamoru den Blick ab von Usagi und sah sich um. Die ältere Dame, die mit ihm mehr oder weniger den Platz getauscht hatte, grinste ihn breit an.

“Na bei dem Verkehr ist es doch sicherer, wenn sie ihre hübsche Freundin auf den Schoß nehmen.”

Er wollte etwas sagen. Wollte sagen, dass sie nicht seine Freundin war. Also sie waren ja schon irgendwie miteinander befreundet, aber nicht so. Sie war nicht so eine Freundin, wie die Dame es wohl dachte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie auch andere Fahrgäste wissend lächelten. Sie schienen alle das gleiche zu denken. Sahen sie wirklich aus wie ein Liebespaar? Er schluckte schwer und lächelte die Dame nur an. Sein Blick glitt zu Usagi. Suchte ihren. Aber sie schaute nur auf ihre Finger. Es war ihr genauso unangenehm wie ihm.

“Was die auch immer denken.”, lachte er leise. Versuchte so, die Stimmung zu lockern.

Usagi bemerkte seinen wirklich plumpen Versuch. Sie hob nur die Schultern. Wollte wieder aufstehen. Doch er hielt sie fest.

“Sitzen bleiben.”

“Was?”

”Bleib sitzen.”

”Warum?”, sie sah ihn verwirrt an.

“Weil ich sonst bestimmt noch von ihr geschimpft werde, weil ich kein Gentleman bin.”

Sie folgte seinem Kopfnicken und erwiderte den Blick der Dame. Sah aber schnell wieder weg und Mamoru an, der bereits lachte. Sie konnte nicht anders, als einzustimmen. Beide sprachen kein Wort mehr miteinander in den folgenden Minuten.

Als sie an ihrer Haltestelle ankamen, stieg sie als erste aus. Reichte ihm die Hand zur Hilfe. Sie winkten noch der Dame hinterher. Dann sah sich Mamoru um. Es war selten, dass er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs war. Seine Orientierung war eine komplett andere, wenn er mit seinem Motorroller unterwegs war. Da sah alles anders aus.

“Wohin?”, Usagi sah sich um.

“Hier lang.”
 

Es war nach kurz vor halb sieben, als sie die Praxis verließen. Noch immer war Usagi von heftigen Lachkrämpfen geschüttelt und hatte Tränen in den Augen. Sie schniefte sogar schon. So sehr sie auch versuchte aufzuhören, so wenig gelang es ihr. Auf der Straße blieb sie stehen und hielt sich den Bauch.

Mamoru stand neben ihr. Schüttelte nur grinsend den Kopf. Es war für ihn von vorne herein klar gewesen, dass sie darüber lachen musste. Ihm war der Therapie-Name schon mittlerweile geläufig. Genau wie Rei. Aber für Usagi war es einfach ein genialer Witz:

”Pech. Das ist so...”, sie holte tief Luft und wischte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln, “Das passt bei so einer Verletzung wie die Faust aufs Auge. Wie der Deckel auf den Kopf. Wie...”

”Wie Arsch auf Eimer. Ich weiß.”

“Warum hieß das noch mal so? Ich erinnere mich an das P, das war die Pause.”

”Ja. Das E für Eis und C ist Compression.”

”Genau. Und H war Hochlagern.”

Mamoru nickte nur.

“Lustig ist es aber trotzdem. Wenn ich das Mama erzähle, lacht die sicher genauso. Oh, da fällt mir ein, ich muss sie mal anrufen und sagen, dass sie mir was vom Abendessen aufhebt.”

“Wieso denn?”

”Weil wir um sieben normalerweise essen und wir beide aber noch einkaufen gehen. Ich hab es...”

”Rei versprochen.”, er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

”Genau. Warte. Ich ruf eben kurz an.”

Er nickte nur und sah, wie sie sich einige Meter entfernte. Mittlerweile war er froh, dass sich Rei um eine Vertretung gekümmert hatte. Auch wenn er zuerst wirklich schockiert darüber war, dass sie ausgerechnet Usagi gewählt hatte. Er hatte ihre Beweggründe am Telefon erfahren. Hatte mit ihr Montagabend noch gesprochen. Er war ein wenig laut dabei geworden, obwohl sie sich entschuldigt hatte. Und als er ihre Gründe erfuhr, war er in schallendes Gelächter ausgebrochen. Denn es war einfach in seinen Augen so typisch für Frauen. Nur sie dachten in dem Schema. Er schüttelte den Kopf.

“Alles okay?”

Er schrack aus seinen Gedanken auf.

“Alles okay? Du sahst so weggetreten aus.”, sie blickte ihn besorgt an.

“Mir geht’s gut. Ich war nur in Gedanken. Hast du deine Mutter erreicht?”

”Ja. Ich soll noch mit dir einkaufen gehen und spätestens um zehn zuhause sein.”
 

Geschafft, aber um ein paar Scheine in seinem Portemonaie erleichtert, betrat Mamoru zusammen mit Usagi wieder seine Wohnung. Es war mittlerweile kurz nach acht. Für seinen Geschmackt hatten sie viel zu lange im Supermarkt ihre Zeit vertrödelt. Mit Rei war er binnen einer Viertelstunde durch. Aber mit seinem Odango Atama war es eine Stunde gewesen. Eine Stunde! Er konnte es immer noch nicht fassen. Und auch nur, weil sie meinte, er solle sicht nicht nur das Junkfood zwischen die Kiemen schieben. Ausgerechnet von ihr kam diese Aussage. Wo er doch hätte schwören können, dass sie sich ausschließlich davon ernährte. Scheinbar hatte er sich jedoch geirrt. Denn sie erklärte ihm ausführlich, wie gesund ihre Mutter kochte und sie lediglich im Crown Junkfood aß. Mamoru kam es in den Sinn, dass sie sogar mehr Schokoshake dort trank, als auch mal etwas aß. Vielleicht aller zwei Wochen sah er sie mal einen Burger oder Pommes essen. Aber sicher nicht viel mehr. So kam es, dass sie ihm frisches Gemüse und Fleisch in den Einkaufswagen packte. Und noch mehr als er zugab, auch kochen zu können. Das gleiche geschah dann in der Süßwarenabteilung. Hier hatte er dummerweise gemurmelt, dass sein Schokoladenvorrat durch die lange Zeit zuhause aufgebraucht war. Natürlich war Usagi sofort darauf angesprungen und hatte ihn solange drangsaliert, bis er zugab, nicht ohne Schokolade leben zu können. Genauso wenig wie ohne Kaffee. Binnen Sekunden war die Hälfte der Schokolade aus dem Regal in den Wagen gewandert. Das ganze Zeug hatten sie beide kaum tragen können. Den Weg von der Bushaltestelle zu seinem Apartementblock mussten sie auch noch schneller hinter sich bringen, weil es wieder angefangen hatte zu regnen.

“Hey, wohin soll ich deine Schokolade packen?”, Usagis Stimme schallte durch die Wohnung und riss Mamoru so aus seinen Gedanken. Er hinkte der Stimme nach und fand das Mädchen in seiner Küche. Die braunen Papiertüten lagen auf dem Boden verstreut.

“Wo hast du denn den Rest hingepackt?”, er ließ sich auf einen der beiden Stühle am Küchentisch sinken.

“Kühlschrank und da, in diesen Apothekerschrank.”

“Ah, okay. Danke.”

”Und die Schoki?”

”Da. Oberste Schublade.”

Die Blondine nickte und folgte seinem Fingerzeig. Verräumte die Tafeln in allen Sorten in der Schublade. Sie war bis oben ran gefüllt.

“Soll ich uns einen Tee machen?”

”Musst du nicht nach Hause?”

“Wenn ich um zehn zuhause bin, reicht es.”, sie zuckte mit den Schultern und setzte Wasser auf.

“Hast du keine Hausaufgaben?”

”Schon, aber die kann ich morgen auch bei Ami abschreiben.”

“Abschreiben? Kein Wunder das du keinen blassen Dunst vom Schulstoff hast.”

”Hey, das muss ich mir nicht anhören, Baka! Auch wenn es stimmt, dass ich ein paar Defizite hab. Aber das musst du mir nicht noch unter die Nase reiben.”

“Entschuldige.”, er hatte durchaus den verletzlichen Ton in ihrer Stimme gehört, “Was hälst du davon, wenn du deine Hausaufgaben bei mir machst?”

”Warum? Damit du mir noch mehr unter die Nase reiben kannst, wie schlecht ich bin?”

“Nein. Eigentlich nur, damit du mich fragen kannst, wenn du etwas nicht verstehst.”

”Hm, ich weiß nicht.”, sie bereitete die Teebeutel vor.

“Sieh es als Dankeschön meinerseits für deine Unterstützung momentan an.”

Sie drehte sich zu ihm. Sah ihn unschlüssig an. Sein Gesicht verriet wieder einmal kein Anzeichen von irgendetwas. Weder gut noch böse.

“Ich verspreche dir auch, dich nicht zu ärgern.”

Sie goss den Tee auf:

”Das hast du Rei versprochen oder?”

”Erwischt.”, er nahm peinlich berührt seinen Tee entgegen, “Danke. Ja, vorgestern am Telefon.”

Usagi setzte sich ihm gegenüber.

“Ich musste es ihr auch versprechen.”

“Sie hat dich angerufen?”

”Ja, gestern. Aber sie klang irgendwie bedrückt. Hast du dich mit ihr verkracht?”

”Nun ja...”

”Baka?!”

“Ich war ein wenig sauer auf sie.”, er klang mürrisch, “Dich als ihre Vertretung zu nehmen, fand ich irgendwie, naja, es hat mich überrumpelt.”

“Ja, nicht nur dich.”

Mamoru sah auf. Sah ihren neugierigen Blick.

“Es ist nicht so, dass ich es nicht nett finde, ein wenig Gesellschaft zu haben. Aber ich wollte von ihr wissen, warum sie ausgerechnet dich gewählt hat. Wo wir uns doch eh immer nur streiten.”

Das Mädchen versteifte sich auf ihrem Stuhl. Ihr Blick wandte sich von Mamoru ab und ihrer Tasse zu. Das war genau das, was sie auch Rei gefragt hatte. Worauf sie aber keine Antwort erhalten hatte. Außer, dass es vielleicht nicht mehr zu Streitereien kommen würde. Wusste Mamoru etwa die Antwort? Nur allzu gerne hätte sie ihn gefragt, aber sie traute sich nicht. Vielleicht war es auch etwas ganz banales. Eben das es wirklich keine andere Möglichkeit gab. Außerdem hatte sie sogar ein wenig Angst, vor ihren Beweggründen. Es würde vielleicht ihre Freundschaft zerstören. Vorsichtig versuchte sie die heiße Tasse zum Mund zuführen. Zitterte dabei ein wenig.

Ihm entging ihr plötzlicher Sinneswandelt keineswegs. Machte sie sich etwa Gedanken über den Grund. Wussten sie ihn nicht?

“Hat dir Rei nichts gesagt?”

Sie schüttelte nur den Kopf.

“Willst du es wissen?”

”Ja.”, ihre Stimme klang leise und verunsichert. Ihre Augen fixierten immer noch ihre Tasse.

“Das du ihr nicht gefährlich werden kannst.”

Usagi riss den Kopf hoch und sah ihn mit aufgerissenen Augen an. In ihrem Kopf arbeitete es. Nach und nach verdaute sie seine Worte. Reis Worte.

Mamoru beobachtete sie ganz genau. Sah, wie ihre Gefühle sich langsam wandelten. Von Erstaunen über Entsetzen in Wut. Sie zitterte und riss den Stuhl um, als sie wütend aufstand.

“Usagi? Ist alles okay?”, ihm war klar, dass die Frage überflüssig war. Es war alles andere als okay und er bereute es schon, es gesagt zu haben.

“Diese kleine, miese, hinterhältige...”

”Stop!”

Usagi fuhr herum. Starrte ihn an.

“Ihr seid Freundinnen.”

“Wenn sie meine Freundin wäre, würde sie so etwas nicht sagen. So etwas Herablassendes.”

“Sie hat es sicher nicht so gemeint.”

”Trotzdem sagt man sowas nicht.”, sie drehte ihm den Rücken zu, “Es klingt gemein. Es klingt so, als wäre ich hässlich.”

”Usa.”

“Ich weiß, dass ich nicht so hübsch und intelligent und wohlerzogen bin wie sie. Aber das gibt ihr nicht das Recht, so etwas zu sagen. Auch nicht zu dir. Ich hab ihr zugesagt, weil sie mich drum gebeten hat. Aber scheinbar wusste sie von Anfang an, dass sie mich und meine Gutmütigkeit ausnutzen kann. Das ich sowieso zusage. Sie hat mich gewählt, weil ich in ihren Augen total langweilig, dumm und unattraktiv bin.”

Er konnte hören, dass sie mit den Tränen kämpfte. Langsam stand er auf und ging zu ihr. Legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. Spürte, wie sie zusammen zuckte und langsam ihren Kopf zu ihm drehte.

“Bin ich hässlich?”

Er schüttelte den Kopf. In seinem Hals hatte sich ein Kloß gebildet. Er drehte sie zu sich um, wischte ihr mit dem Daumen eine Träne von der Wange.

“Bin ich hässlich?”

”Nein.”

Das Mädchen schniefte.

“Du bist nicht hässlich. Du bist attraktiv, Usa. Du bist schön, egal in welcher Art und Weise.”

”Ehrlich?”

“Ja. Und vergiss das, was Rei gesagt hat. Du hast es in den falschen Hals bekommen. Sie meinte es wirklich nicht so.”

“Wie denn dann?”

”Du weißt, dass sie in mich verliebt ist.”

Usagi nickte nur.

“Jeder weiß, dass wir nur streiten. Wahrscheinlich dachte sie sich eben, dass du ihr dadurch nicht zur Konkurrenz werden kannst.”

Ihre Augen weiteten sich erneut.

“Du weißt doch, dass sie mich ungern teilt.”, er grinste sie schief an und brachte sie so auch zum lächeln, “Die Waffen einer Frau eben.”

“Du hast Recht.”, sie wischte sich ihre restlichen Tränen weg, “Ganz schön raffiniert von ihr. Als wenn ich mich in dich vergucken könnte.”

Mamoru humpelte zurück zum Tisch, nahm einen neuerlichen Schluck Tee. Ihr entging nicht, dass er sie über den Tassenrand hinweg musterte. Eine peinliche Stille trat ein. Verlegen schaute sie sich in der Küche um und ihr Blick fiel auf die Uhr. Es war halb neun.

“Ich glaube, ich gehe jetzt doch besser heim. Wenn ich den Bus verpasse, muss ich laufen. Dann brauch ich doppelt solange.”

“Soll ich dir ein Taxi rufen? Ich zahl es auch.”

Usagi lächelte ihn an und trank ihren letzten Schluck Tee, bevor sie sich ihre Tasche schnappte, die auf der Arbeitsplatte lag:

”Nicht nötig. Vielleicht kannst du mir aber einen Schirm leihen?!”

“Sicher. Tut mir leid, wenn ich dich aufgehalten habe.”

“Ach was. Ist schon okay.”, sie ging aus der Küche. Mamoru folgte ihr in den Flur. Sah ihr dabei zu, wie sie sich die Schuhe anzog und ihre Jacke nahm. Reichte ihr einen Schirm.

“Ich bin morgen wieder da, okay?! Soll ich was einkaufen unterwegs?”

“Nein, ich glaube nämlich, dass ich nichts mehr in den Kühlschrank packen kann, ohne das er platzt.”, grinste er, “Aber du kannst deine Hausaufgaben mitbringen.”

”Willst du mir wirklich helfen?”

“Hab ich doch gesagt.”

“Wenn du dir das wirklich antun willst. Ami verzweifelt ja auch schon an mir.”

“Wir packen das schon. Vielleicht fehlt dir ja auch jemand, der den Stoff schon länger intus hat und somit ein besseres Verständnis dafür.”

“Meinst du?”, sie sah in skeptisch an und schloss den Reißverschluss ihrer Jacke. Sah sein Nicken:

”Okay.”

“Wann wirst du da sein?”

”Ich denke so zwischen vier und halb fünf.”

“Gut. Dann sehen wir uns morgen.”

“Ja.”

Usagi hatte keine Ahnung, was sie dazu trieb. Aber sie überbrückte die kurze Distanz zu ihm und umarmte ihn flüchtig. Als sich ihre Blicke trafen, sah sie seine Verwirrung.

“Danke für’s Aufmuntern.”

Mamoru schwieg. Fühlte sich überfordert. Stattdessen nickte er nur wieder und grinste dabei etwas dümmlich. Er bekam es nur halb mit, wie sie die Tür öffnete und in den Hausflur verschwand. Rief ihr Abschiedsworte hinterher und erwiderte ihr Winken. Alles ein bisschen halbherzig. Alles ein bisschen wie in Trance. Erst als er die Tür wieder geschlossen hatte, kam er zurück in die Realität.

“Hat sie mich gerade umarmt?”, er starrte sein Gegenüber im Spiegel an. Irgendwie hatte ihn das vollkommen aus der Bahn geworfen. Usagi hatte ihn schlichtweg überrannt und aus dem Konzept gebracht. Eine Tatsache die nur selten bis gar nicht bei ihm vorkam.
 

Das Mädchen war kurz nach halb zehn zuhause gewesen. Hatte sich noch das Abendessen in der Mikrowelle warm gemacht und war dann in ihrem Zimmer verschwunden. Ihre Eltern bekamen nur einen flüchtigen Nachtgruß ins Wohnzimmer geworfen.

“Hat sie bis jetzt mit den Mädchen gelernt?”, Kenji sah vom Fernseher auf und hinüber zu seiner Frau.

“Sie war beim Baka.”

“Baka?”

“Na der junge Mann von der Motoazabu-Oberschule.”

“Junge? Oberschule?”

Ikuko war die immer schriller werdende Stimme ihres Mannes nicht entgangen. Genervt und amüsiert zu gleich, legte sie ihr Buch beiseite und sah ihn ernst an:

”Sie ist fünfzehn, Liebling.”

”Woher kennt sie ihn?”

”Aus dem Crown. Er ist wohl der beste Freund von Motoki?”

”Wer ist Motoki?”

“Der junge Mann dessem Vater das Crown gehört. Er ist der beste Freund von Usagi und Mamoru.”

”Mamoru?”

”Oh, dass ist der Baka.”, kicherte Ikuko.

“Warum denn Baka?”

“Weil Usagi sich ständig mit ihm in den Haaren hat. Oder besser hatte. Er hat sie wohl immer beleidigt.”

”Oh dieser miese kleine Schuft.”, Kenjis Ohren hatten schon die Farbe Purpur angenommen vor unterdrückter Wut, “Wie kann er es wagen, mein Mädchen zu ärgern?”

”Also Usagi ist wohl auch nicht sehr zurückhaltend gewesen.”

“Und warum ist sie jetzt bei ihm?”

”Weil Rei sie drum gebeten hat.”

”Rei? Die Miko aus dem Hikawa-Tempel?”

”Ja, die ist in Mamoru verliebt. Aber weil ihr Opa krank und in Kobe ist, ist sie zu ihm gefahren.”

”Und jetzt soll mein kleines Häschen als Lückenbüßerin herhalten?”

”Nein.”, Ikuko verdrehte genervt die Augen, “Mamoru hat sich einen Muskelfaserriss zugezogen und braucht Hilfe im Haushalt und unterwegs. Deswegen holt Usagi jeden Tag von einem seiner Schulfreunde, ich glaube von Kobajashi, die Mitschriften und bringt sie Mamoru. Heute hat sie ihn noch zum Arzt und zum Einkaufen begleitet.”

”Sie trifft noch einen Jungen?”, Kenji war verzweifelt. Hatte Tränen in den Augen.

“Beruhige dich. Unsere Usagi wird nun einmal erwachsen. Ob du es willst oder nicht.”, seine Frau hatte sich bereits wieder ihr Buch geschnappt. Für sie war die Diskussion beendet, während Kenji hoffnungslos in ein Kissen schluchzte.
 

Usagi lag auf ihrem Bett. Sie hatte, während sie das aufgewärmte Teriyaki ihrer Mutter gegessen hatte, ihre Hausaufgaben gemacht und sah nun ein wenig verträumt zur Decke. Ihre Katze Luna hatte sich neben ihr zusammen gerollt und quittierte die Streicheleinheiten mit einem Schnurren. Die Gedanken in ihrem Kopf drehten sich im Kreis. Mamoru hatte es nicht nur geschafft, sie wieder aufzuheitern. Er hatte sie auch attraktiv und schön genannt. Erst jetzt sickerten seine Worte langsam zu ihr durch. Und auch erst jetzt erkannte sie, dass sie ihn umarmt hatte. Einfach so.

“Argh, was hab ich mir nur dabei gedacht?”, sie schnappte sich ein Kissen und schlug es sich mehrfach gegen die Stirn. Nur das Klingeln ihres Handys unterbrach ihr Tun. Sie fischte es sich vom Nachttisch und sah den blinkenden Namen. Rei. Das Mädchen ließ es klingeln, bis es ihre Freundin scheinbar aufgegeben hatte.
 

“Rei hat mich eben versucht anzurufen.”
 

“Hi! Versucht?”
 

“Ich bin nicht ran gegangen.”
 

“Noch sauer auf sie?”
 

”Ja. Es nervt mich noch.”
 

”Kann ich verstehen.”
 

“Hat sie dich angerufen?”
 

”Nein. Noch nicht.”
 

“Sag ihr nichts davon, dass ich es weiß. Das sag ich ihr selbst.”
 

“Von mir aus.”
 

“Danke! Gute Nacht!”
 

“Gute Nacht!”

Mamoru legte sein Handy beiseite und starrte an die Decke. Sie hatten sich noch nie Nachrichten geschickt. Bis jetzt. Aber er hatte sie auch noch nie schön genannt. Bis heute. Er fuhr sich durch die Haare und seufzte. Ja, sie war wirklich eine attraktive junge Frau. Das musste er ja zugeben. Egal was er sich bis jetzt auch immer versucht hatte einzureden, es stimmte nicht. Wenn sie wollte, konnte sie auch ganz anders sein. Und scheinbar gab ihr das Schicksal gerade die Möglichkeit dazu.

I want candy

Es war brechend voll im Crown. Viele Schüler drängten sich rund um die Theke und ließen die Kellner und Aushilfen dahinter ins Schwitzen geraten. Andere standen grüppchenweise um die Spielautomaten oder rangelten um ein paar frei gewordene Tische. Es war ein buntes Durcheinander. Der Geräuschpegel schwankte von Todenstille über Geflüster und munteres Geplauder bis hin zu Geschrei und Rumgebrülle. Ab und an ging die Schiebetür auf und gab einige Menschen frei oder fing neue ein. Die Luft war ein wenig stickig und die Scheiben beschlagen. Was kein Wunder war, wenn man bedachte, dass es draußen nur knapp zwölf Grad und im Café über zwanzig waren.

Für Motoki war es jedoch ein Freitag wie jeder andere auch. Er sah wie jede Woche die selben Gesichter, hörte die gleichen Stimmen und das immer wiederkehrende Gelächter. Gelassen koordinierte er seine Kollegen, polierte nebenbei Gläser und schickte abwechselnd die Praktikanten zum Toilettenputzen und ins Lager. Alles war so wie immer. Am Ende des Tages würde er zufrieden heim gehen. Zufrieden und erschöpft.

“Hey Furuhata-san, wir sitzen dahinten am Tisch.”

Der große Blonde schreckte aus seinen Gedanken auf und sah den jungen Schüler vor sich an:

”Tut mir leid, Hiroshi, aber der Tisch ist ein Stammtisch und somit leider für dich tabu.”

”Ach komm schon. Es sitzt doch eh keiner dort.”

“Doch. Wir!”

Hiroshi fuhr erschrocken herum und sah die vier Mädchen vor sich.

“Das ist unser Stammtisch. Verstanden? Außer uns sitzt da keiner. Okay?!”, Minako sah den Schüler herausfordernd an. Als er verdattert nickte, grinste sie nur und wandte sich Motoki zu:

”Himbeershake.”

“Geht klar. Was ist mit euch?”, Motoki sah zu den drei anderen.

“Grüner Tee mit Zitrone, bitte.”, Ami lächelte ihn nett an.

“Kiwibecher mit extra Sahne.”, grinste Makoto.

“Und für unsere liebe Usagi einen Schokoshake.”

”Haargenau, Motoki.”, lachte Usagi ihm entgegen und folgte dann ihren Freundinnen durch die Menge zu ihrem Tisch. Setzte sich neben Ami, die zum Fenster durchgerutscht war. Genau wie Minako.

“Gott ist das heute voll!”, Makoto ließ den Blick schweifen.

“Es ist Freitag. Da ist es immer so voll.”

“Ja schon, Ami. Aber heute kommt es mir so richtig überfühlt vor.”

“Meinst du?”, die Blauhaarige sah sich um, “Ich weiß nicht.”

Makoto wollte gerade etwas erwidern, wurde aber von Motoki unterbrochen. Er ließ es sich nie nehmen, die Bestellung der Mädchen höchstpersönlich zu servieren. Sogar ein wenig seiner wertvollen Zeit opferte er gerne für sie. Kaum stand alles auf dem Tisch, schnappte er sich einen Stuhl vom Tisch daneben. Setzte sich zu ihnen und lauschten ihrem Schultratsch. Viele Namen kannte er. Es waren Mitschüler der Mädchen, die ihn auch öfters beehrten und ihr Taschengeld verzockten oder es in Eisbecher investierten. Und er mochte es, den Gerüchten der Jubaan-Middleschool zu lauschen. Er selbst hatte gerade erst seinen Abschluss gemacht und würde bald mit seinem Studium beginnen. Eine Tatsache bei der er sich irgendwie steinalt vorkam. Der junge Mann wollte gerade die Mädchen fragen, als sie jäh unterbrochen wurden.

“Hey Usagi!”

Verdutzt blickte die Blondine auf und sah sich um.

“Hier drüben!”

Sie folgte der Stimme und sah Kobajashi und seine Freundin. Beide kamen zu ihnen herüber.

“Oh du. Sorry, hab dich gar nicht so schnell gesehen.”, Usagi lächelte ihn an.

“Ja, ist ja kein Problem. Wenigstens haben wir dich gefunden.”

“Bei der Frisur geht das recht schnell.”, kicherte das Mädchen neben ihm. Meinte es aber keineswegs böse. Und Usagi grinste sie schief an.

“Hast du meine Nachricht gestern Abend noch bekommen? Ich weiß, war ein bisschen spät.”

“Spät? Koba-kun, es war kurz vor zwölf.”

“Ja, ich weiß. Tut mir leid.”, er kratzte sich verlegen am Kopf.

“Muss es nicht. Hab sie erst heute Morgen gelesen.”

”Boah, Usagi!”

Die Genannte lachte auf, als sie die Empörung in Kobajashis Stimme hörte. Und auch seine Freundin stimmte mit ein.

“Wann kommt er denn wieder?”

”Hm, dass ist noch unsicher. Der Arzt meinte am Mittwoch, dass es durchaus noch bis zu zwei oder drei Wochen dauern kann.”

“So lange?”

“Ja.”

“Der arme Kerl. Ihm fällt sicher schon die Decke auf den Kopf.”

”Oh ja. Gestern hat er mir erzählt, dass er den ganzen Vormittag auf dem Balkon gesessen ist, um wenigstens ein bisschen raus zu kommen.”

“Ach du Scheiße.”, Kobajashi fuhr sich durch die Haare, “Na gut. Also ich schreib weiter für ihn mit.”

”Danke. Habt ihr trotzdem irgendwelche Hausaufgaben?”, sie sah ihn fragend an.

“Nein. Nicht übers Wochenende. Sehen wir uns am Montag vor der Schule?”

Usagi schüttelte den Kopf. Und ihre Freundinnen, die die Szene die ganze Zeit stillschweigend beobachtete hatten, hätten schwören können, so etwas wie Bedauern und Traurigkeit in ihren Augen zu sehen.

“Rei kommt am Sonntag zurück und übernimmt ab Montag wieder.”

”Oh wie schade.”, seine Freundin seufzte, “Es war immer so lustig mit dir.”

”Danke, Kiriko”, Usagi lächelte sie an, “Es war auch wirklich toll. Aber ich bin nur die Vertretung. Rei...”

“Steht auf ihn. Ich weiß.”

“Genau.”

“Hm, also wenn du mich fragst, passt sie nicht zu ihm.”

Überrascht blickten sie alle weiblichen Augenpaare an. Nur Motoki und Kobajashi nicht.

“Sag sowas nicht.”

”Warum denn, Usa?”

“Sie ist unheimlich verliebt in ihn.”

“Ja, nur er nicht in sie. Aber sie rafft es nicht. Und ihr albernes Getue macht es nicht besser. Geschweige denn das, was sie über dich gesagt hat. Er hat echt was Besseres verdient. Jemanden mit den gleichen Vorlieben. Jemanden wie dich zum Beispiel.”

Usagi spürte die brennenden Blicke ihrer Freundinnen auf sich. Doch sie versuchte es zu ignoreren:

”Das ist nicht fair.”

”Ihre Beweggründe dir gegenüber auch nicht.”, Kiriko seufzte. Sie wusste, dass sich ihre neue kleine Freundin nicht auf dieses Gespräch weiter einlassen würde und wandte sich an ihren Freund:

”Na los, Koba-chan. Wenn wir nicht zu spät kommen wollen, müssen wir jetzt los.”

“Wohin geht ihr denn noch?”

”Sie schleppt mich zum fünfundsechzigsten ihres Opas.”, Kobajashi grinste schief.

“Na dann viel Spaß.”

“Danke. Euch auch.”, er umarmte Usagi und auch seine Freundin folgte dieser Geste:

”Du weißt, dass ich Recht habe.”

Unmerklich nickte die Blondine und ließ sich dann wieder auf die Bank sinken. Winkte ihren neuen Freunden nach und wandte sich dann wieder an ihre Freundinnen.
 

“Sagt doch was.”, ihr war die minutenlange Stille schon unangenehm geworden. Suchend blickte sie sich um. Motoki hatte ihren Tisch bereits wieder verlassen. Er musste einer neuen Aushilfe unter die Arme greifen, der Probleme mit einem Spielautomaten und dem Münzeinwurf hatte.

Dem Mädchen war klar, dass die Unterhaltung seltsam auf die anderen gewirkt haben musste. Und das noch mehr als es um Rei ging. Sie wusste, dass sie gleich nachfragen würden. Mit Sicherheit wollten sie wissen, was Kiriko mit ihren Wort über Rei meinte. Und Usagi hatte nicht den blassesten Schimmer, was sie ihnen darauf antworten sollte. Nervös spielte sie mit dem Strohhalm ihres Shakes. Vielleicht entging sie ja doch dem Ganzen. Vielleicht hatte sie doch mal Glück.

“Was hat sie damit gemeint?”

Nein sie hatte kein Glück. Desillusioniert sah sie zu Makoto.

“Was meinte sie damit, dass Reis Beweggründe dir gegenüber nicht fair seien?”

“Naja, also sie hat mich aus einem bestimmten Grund als Vertretung genommen.”

“Der wäre?”

”Ich bin keine Konkurrenz für sie.”, Usagis Stimme war leise. Zitterte ein wenig.

“Was?”, die Mädchen sprachen mit einer Stimme und sahen sie überrascht an.

“Sie meint, ich wäre keine Konkurrenz für sie und hat mich deswegen zu Mamoru geschickt. Weil wir uns ja eh immer zoffen.”

“Das ist wirklich unfair.”, murmelte Minako.

“Aber ich kann es auch verstehen.”

”Bitte was?”, Makoto starrte Ami fassungslos an.

“Naja, sie ist ja nun einmal wirklich in ihn verliebt. Es ist doch nur logisch, dass sie da jemand zur Vertretung ernennt, der ihr nicht gefährlich werden kann. Und das ist nun einmal Usagi.”

“Aber man sagt sowas nicht.”

“Hat sie es dir etwa gesagt?”

“Nein, Mina.”, Usagi schüttelte den Kopf, “Mir nicht. Wahrscheinlich wollte sie es gar keinem sagen.”

”Und woher weißt du es dann und Mamorus Schulfreunde?”

”Über Mamoru. Er hat mit ihr am Montagabend telefoniert und sie solange genervt, bis sie es ihm gesagt hat, warum ihre Wahl auf mich gefallen ist. Er hat es mir dann vorgestern gesagt und Kiriko hat mir meine immer noch miese Laune deswegen gestern angemerkt. Weil Koba-kun spät dran war, haben wir uns eben ein wenig unterhalten. Daher hat sie sich eben ihre eigene Meinung über Rei gebildet. Sie kennt sie ja jetzt auch schon etwas.”

“Verstehe.”, Minako hatte sich ein wenig zurück gelehnt, “Du hast vorhin traurig ausgesehen, als es darum ging, dass ab Montag wieder Rei den Job macht.”

Ihre Freundin sah sie perplex an. Sah in die beiden anderen Gesichter, die nur wissend drein blickten und Ami das Wort ergriff:

”Du hast einige Zeit mit ihm verbracht.”

”Übertreib nicht. Ich hab ihm die Aufgaben gebracht und ihn zum Arzt begleitet. War mit ihm einkaufen. All die Dinge die ich Rei versprochen habe.”

”Und du hast mit ihm zusammen gelernt.”, Makoto klang sachlich und sah sie ernst an, “Du hättest auch mit uns lernen können. So wie immer.”

“Er hat es mir angeboten. Und auch seine ganz eigene Auffassung.”

“Die wäre?”, skeptisch hob Minako ihre eine Augenbraue.

“Er glaubt, dass ich den Lerninhalt vielleicht eher verstehe, wenn ich es mit jemanden lerne, der den Stoff schon einmal komplett durchgekaut hat und die Zusammenhänge versteht.”

”Das tue ich auch.”

”Ich weiß, Ami. Aber er wollte sich eben auch erkenntlich zeigen, weil ich meine Zeit mit ihm verbringe und so.”, ihr entgingen die Blicke, die ihre Freundinnen austauschten nicht und seufzte auf, “Was schaut ihr so?”

”Siehst du es wie diese Kiriko?”

“Weißt meinst du, Mako?”

“Denkst du auch, dass Rei nicht zu ihm passt?”

“Ist mir egal.”

“Denkst du, dass du besser zu ihm passt?”

Usagis Blick schnellte zu Minako. Sie japste nach Luft. Ihr fehlten die Worte.

“Ihr könnt euch gut unterhalten oder?”, Minako fragte unbeirrt weiter, “Ihr habt bestimmt Gemeinsamkeiten.”

“Haben wir nicht.”, Usagi hatte ihre Stimme wieder gefunden.

“Soweit ich weiß, hat er Rei nie das Angebot gemacht, ihr bei den Hausaufgaben zu helfen. Sie liefert die Mitschriften ab, trinkt einen Tee und geht nach einer halben Stunde wieder.”

“Was willst du mir damit sagen?”

“Das du in den letzten fünf Tagen auffällig viel Zeit mit ihm verbringst. Ich hab gestern gegen achtzehn Uhr bei euch zuhause angerufen. Deine Mutter sagte, dass du seit Schulschluss bei Mamoru bist. Und sie meinte, dass du wohl nicht vor neun zuhause sein würdest.”

“Du warst so lange bei ihm?”, Makoto sah sie verdutzt an.

“Du hast so lange am Stück gelernt?”, Ami klang ehrlich überrascht.

Und ihrer Freundin wurde es zu bunt. Genervt stand Usagi auf und suchte das Geld für den Shake in ihrer Tasche, um es anschließend auf den Tisch zu legen.

“Erstens mal: Ja, ich war so lange bei ihm. Zweitens: Ich hab nicht am Stück gelernt. Wir haben auch zusammen gekocht und gegessen. Und drittens: Du hättest mich auch auf dem Handy anrufen können, Mina.”

Das Mädchen schnappte sich ihre Jacke, die über der Lehne der Sitzbank lag und zog sie sich hastig an.

“Wo willst du hin?”, Ami sah sie fragend an.

“Ich hab noch was zu erledigen.”

”Du meinst, du willst zu Mamoru.”

“Denkt doch, was ihr wollt!”, Usagi sah sie alle wütend an und verschwand dann in Richtung Ausgang.

“Er gehört zu Rei!”

“Wer?”, Motoki war wieder zum Tisch gekommen und kassierte das von Usagi liegen gelassene Geld.

“Mamoru.”, murmelte Makoto.

“Er gehört niemanden. Und er kann es sich selber aussuchen, wen er um sich herum haben will.”

“Usagi ist Reis beste Freundin.”

“Ich weiß, Ami. Aber sowohl Rei, als auch Usagi und Mamoru sind alt genug, um ihre verrückte kleine Gefühlswelt selbst in den Griff zu bekommen. Und wenn sich Mamoru und Usagi ineinander verlieben, dann ist das eben so. Wenn er sich in Rei verguckt auch.”

“Passt Rei zu Mamoru?”

Die Blicke ihrer beiden Freundinnen schnellten zu Minako, die aus dem Fenster sah. Ihre Frage hatte einzig und allein Motoki gegolten. Er schaute einmal in die Runde:

“Nein.”

Ami und Makoto blickten abwechselnd zu dem jetzt sicher wieder abwendenen Motoki und zu Minako. Was ging hier nur vor sich?
 

Er hatte das Gefühl, dass sie die Stufen hochgeflogen war. Kaum hatte er den Türöffner betätigt gehabt, um sie zur Haustüre hinein zulassen nach ihrem Sturmklingeln, stand sie auch schon vor seiner Tür. Abgehetzt und schwer atmend. Sie lehnte im Türrahmen und starrte auf den Boden. Scheinbar war sie wirklich die Stufen hoch gerannt, anstatt den Aufzug zu nehmen. Leicht amüsiert sah er sie an. Musterte sie von oben bis unten. Wieder trug sie Freizeitklamotten. So wie schon die ganze Woche über. Er wusste, dass sie immer erst nach Hause ging und sich umzog, bevor sie Kobajashi und anschließend ihn traf.

“Alles okay?”

“Kann ich rein kommen?”

“Klar.”, er humpelte einen Schritt zurück und ließ sie hinein.

Usagi zog ihre Boots aus und hängte ihre Jacke auf. Legte ihre kleine Umhängetasche auf die Kommode neben sich.

“Kakao?”

“Bitte!”

Er nickte ihr lächelnd zu und bewegte sich in die Küche. Sah aus dem Augenwinkel heraus, dass sich das Mädchen auf sein Sofa fallen ließ. Den Kopf in den Nacken legte. Irgend etwas war ihr über die Leber gelaufen. Und er war nicht der Grund dafür.

“Warm oder kalt?”

“Ist egal.”

Er entschied sich für die kalte Kakaoversion. Sie ging schneller und für Usagi zählte ohnehin nur der schokoladige Inhalt. Einem Instinkt folgend, schnappte er sich noch eine Tafel Schokolade und balancierte hinkend das Tablett samt Schokolade ins Wohnzimmer hinüber. Stellte es auf dem kleinen Wohnzimmertisch ab, bevor er sich neben sie in die Ecke setzte und das verletzte Bein auf den kleinen Hocker vor sich hoch legte.

Usagi schnappte sich eine Tasse. Trank einen großen Schluck. Sie hatte schon den ganzen Weg hierher über die Worte ihrer Freunde nachgedacht. Über das ganze verquere Gespräch im Crown.

“Du bist früh dran. Es ist erst kurz nach halb vier.”

”Es ist Freitag. Da hab ich immer schon um eins aus.”

“Achso. Triffst du dann noch Kobajashi?”

“Ich hab ihn schon getroffen.”, sie nahm einen Schluck Kakao.

“Wie jetzt?”

“Ihr hattet heute irgendwie so eine Exkursion mit dem Biokurs. Das hat er mir gestern Abend geschrieben. Und dann haben wir uns vorhin zufällig im Crown getroffen. Er war dort mit Kiriko.”

“Und was hat dir jetzt die Laune verhagelt?”, er sah sie unverwandt über den Tassenrand an.

“Merkt man es so sehr?”

”Was deine Gefühle betrifft, bist du wie ein offenes Buch.”

Usagi schluckte schwer. Seine Worte erinnerten sie wieder an das Gespräch. Hastig griff sie nach der Tafel Schokolade.

“Darf ich?”

”Wenn du mir sagst, was los ist.”

”Muss ich?”

“Bist du nicht deswegen hier?”

Sie antwortete nicht.

“Oder bist du zum Lernen hier?”

”Nein.”, ihre Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, “Ich, ähm, ich mag deinen Kakao. Und ich wollte dir helfen, deinen Schokivorrat zu reduzieren. Alleine schaffst du das doch gar nicht.”

Mamoru musste lachen bei ihren Worten. Sie wollte nicht darüber reden. Und egal was er jetzt auch sagen würde, es würde alle nur noch schlimmer machen. Im schlimmsten Fall würde sie aufspringen und gehen. Was er nicht wollte. Er wollte, dass sie hier blieb.

“Wie geht’s Koba-kun?”

Sie war dankbar für den Themenwechsel und lächelte ihn an. Lehnte sich in die andere Ecke des Sofas.

“Gut. Er ist wirklich nett. Und seine Freundin auch. Kennst du sie?”

“Kiriko? Ja. Sie sind schon eine Weile zusammen. Seit letztem November.”

”Wow, schon fast ein Jahr.”

“Ja. Sie ist in einer Parallelklasse. Hast du dich mit ihr angefreundet?”

“Schon. Wir haben immer ein wenig geplaudert. Und gestern mussten wir ja beide ewig auf Koba-kun warten.”, sie lachte.

“Stimmt. Hattest du erzählt.”

Beide saßen eine ganze Weile so zusammen. Zwischendurch hatte Usagi ihnen noch einmal einen Kakao gemacht. Die Schokolade war mittlerweile vernichtet und durch Schokokekse ersetzt wurden. Mamoru hatte schon Witze gemacht, dass beide nach diesem Nachmittag wahrscheinlich einen Zuckerschock haben würden. Und doch war es beiden auch egal. Sie scherzten und lachten und Usagis Laune wurde immer besser. Die Zeit verflog und erst das Klingeln von seinem Telefon ließ die beiden wieder auf die Uhr schauen.

“Schon kurz vor sechs.”, sie schaute murmelnd auf die Uhr des DVD-Rekorders.

“Wie schnell die Zeit vergehen kann bei Schokolade und Kakao.”, grinste Mamoru sie an, während er zu einer Kommode humpelte, wo das Telefon lag. Doch so schnell wie er gegrinst hatte, verging es ihm auch wieder. Mit dem Telefon in der Hand drehte er sich zu dem Mädchen um, die auf dem Sofa saß und ihn fragend anblickte.

“Rei.”

Usagi schluckte hörbar. Wieder kamen ihr die Worte ihre Freundinnen in den Sinn. Allen voran die von Makoto und Ami. Hatten sie Rei vielleicht angerufen und ihr erzählt, das sie den ganzen gestrigen Nachmittag bei Mamoru gewesen war. Mit ihm zusammen ihre Hausaufgaben erledigt hatte. Mit ihm zusammen gegessen hatte. Sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie nicht einfach ihren Mund gehalten hatte.

“Ich hab sie gestern ignoriert, als sie versucht hat, mich anzurufen.”, Mamoru stand noch immer unschlüssig da, “Und auf ihre Nachricht von gestern Abend, habe ich erst heute Morgen geantwortet.”

“Ich hab ihr auch nicht geantwortet.”

“Soll ich ran gehen?”

”Ja. Du musst ihr ja nicht sagen, dass ich hier bin. Ich geh derweil die Tassen abwaschen. Lass dir Zeit.”, sie stand auf und schnappte sich beide Tassen und das Papier der Schokolade. Ging lächelnd an ihm vorbei und verschwand in der angrenzenden Küche.

Mamoru sah ihr nach und nahm nebenbei das Gespräch an:

”Hey Rei! – Ja, alles okay. Tut mir leid, dass meine Antwort erst so spät heute Morgen kam. Es war etwas stressig gestern.”
 

Rei freute sich, seine Stimme zu hören. Ihr Herz schlug schneller bei dessen Klang.

“Stressig? War was mit Usagi? Ich hab sie nämlich gestern und vorgestern nicht erreicht. Auch auf meine Nachrichten hat sie nicht geantwortet. – Vielleicht hat sie es auch vergessen. Würde ihr ähnlich sehen. Aber ist sie wenigstens halbwegs nett zu dir oder streitet ihr nur? – Dann bin ich beruhigt. Und die Notizen bringt sie dir auch jeden Tag. – Wieso außer heute? – Ach so. – Ich wollte dir auch nur kurz Bescheid geben, dass ich mit Großvater am Sonntagnachmittag aus Kobe eintreffe mit dem Shinkansen. – Ja, wir sollen planmäßig um zehn nach drei in Shinjuku ankommen. – Ich weiß, dass du mich nicht abholen kannst.”, Rei musste kichern.
 

Er verdrehte genervt die Augen. Sie klang immer so künstlich, wenn sie lachte. Still hörte er es sich an. Ließ es über sich ergehen. Mamoru ging ein paar hinkende Schritte hinüber zur Küche und sah Usagi dabei zu, wie sie die Tassen ausspülte. Als hätte sie ihn gespürt, drehte sie sich zu ihm um und schenkte ihm ein Grinsen. Er erwiderte es. Bedeutet mit dem Finger, dass sie leise sein sollte und stellte den Lautsprecher seines Handys an. Noch immer erklang Reis Kichern. Er zog eine Grimasse und die Blondine musste sich die Hand auf den Mund legen, um nicht laut loszulachen und sich so zu verraten. Mit der anderen stützte sie sich an der Spüle ab und sah Mamoru dabei zu, wie er angestrengt versuchte, Reis Geplapper zu ertragen.

“Willst du wirklich danach noch her kommen?”

”Ja sicher, warum denn nicht?”

”Ich finde, du solltest dich dann um deinen Großvater kümmern.”

“Ach quatsch. Das kann Yuichiro auch machen. Außerdem geht’s Opa eh wieder gut. Er hustet noch ein wenig. Komm schon, Mamoru. Wir haben uns dann eine Woche nicht gesehen.”

“Ich weiß. Aber es reicht doch auch am Montag. Ich hab soviele Hausaufgaben...”, er wurde jäh unterbrochen.

“Hast du die denn noch nicht gemacht?”, Rei klang streng.

“Doch. Aber nicht alle. Ich war in den letzten Tagen sehr erschöpft.”

”Usagi war doch keine gute Wahl.”

”Es lag nicht an ihr. Aber komm doch bitte einfach Montag ganz normal am Nachmittag vorbei und bring mir die Notizen von Kobajashi.”

“Hm, okay.”

”Bitte.”, Mamoru rieb sich genervt die Stirn.

“Wie du meinst. Aber jammere dann nicht rum, dass ich nicht so viel Zeit für dich habe. Ich muss hinterher auch noch die Mädels treffen.”

”Von mir aus. Gut, ich muss auflegen. Da hat es gerade an der Tür geklopft.”

”Okay. Dann bis Montag.”

”Bis Montag.”

”Ach und Mamoru?”

”Ja?”

”Ich liebe dich.”, Rei versuchte all ihre Gefühle in diese drei Worte zu legen. Sie hatte es ihm noch nie so gesagt. Immer nur das sie ihn wirklich sehr mochte. Aber nie das sie ihn liebte. Sie bliebt still. Wartete auf eine Antwort. Doch alles was sie zu hören bekam, war ein Tuten in der Leitung. Überrascht schaute sie auf ihr Handy. Die Verbindung war beendet wurden.

“Na macht nichts. Wahrscheinlich eine Störung.”, lächelte sie sich selbst im Spiegel, der ihr gegenüber im Hotelzimmer hing, an.
 

Mit aufgerissenen Augen starrte Mamoru abwechselnd auf das jetzt dunkle Display seines Handys und dann zu Usagi. Ihm fehlten die Worte.

“Du hast sie weggedrückt.”, das Mädchen sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen skeptisch an.

“Was hätte ich ihr denn sagen sollen?”

“Keine Ahnung. Vielleicht das du sie auch liebst?”

“Warum hätte ich das tun sollen?”

“Weil ich miteinander geht?!”

“Nein, tun wir nicht.”, er schüttelte den Kopf, “Wie kommst du darauf?”

“Ihr geht doch immer aus. Und sie hat sich um dich gekümmert. Für mich klingt das nach Pärchen-Zweisamkeit. Außerdem schwärmt Rei ja immer von euren Dates.”

”Zu denen sie mich eigentlich immer bittet.”

“Wie jetzt?”, Usagi lief an ihm vorbei ins Wohnzimmer und er folgte ihr. Nahm nebenbei noch eine weitere Schokolade aus der Schublade. Wieder ließen sich beide aufs Sofa fallen.

“Sie bittet mich jedes Mal darum. Mindestens einmal die Woche. Und weil ich eben nett bin, sag ich halt zu. Als sie das von dem Muskelfaserriss erfahren hat, stand sie dann eben jeden Tag auf der Matte bei mir.”, er seufzte und nahm sich ein neues Stück Schokolade. Schob Usagi ein zweites zu.

“Sie wirkt aber immer ziemlich happy, wenn sie eine Zusage von dir hat.”

”Wirklich?”

”Ja. Und du hast sie nie gefragt nach einem Date?”

”Nein.”

“Sie ist echt verknallt in dich. Ich meine, sie hat dir ja eben nicht umsonst gesagt, dass sie dich liebt.”, sie lutschte genüsslich die Schokolade, “Sag mal, liebst du sie denn?”

Mamoru wandte seinen Blick ab:

”Ich denke nicht.”

”Keine Schmetterlinge im Bauch?”

“Nein.”

”Kein beschleunigter Herzschlag?”

”Nein.”

”Keine Nervosität in ihrer Nähe?”

”Nein.”

”Hm, stimmt, du bist nicht in sie verliebt. Das wird sie schwer treffen.”

“Wirst du es ihr sagen?”, ein wenig Panik lag in seiner Stimme.

“Ist nicht meine Aufgabe, ihr das Herz zu brechen. Das musst du schon selber tun.”

”Wirklich?”

”Ja. Aber das kannst du sicher ganz nett rüber bringen.”

Schweigen trat zwischen die beiden. Jeder hing seinen Gedanken nach. In Usagis Schädel arbeitete es. Ihr kamen wieder die Worte von Kiriko, Minako und schlussendlich auch die von Motoki, der auf die Frage ihrer Freundin geantwortet hatte, wieder in den Sinn. Die drei waren alle der Auffassung gewesen, dass Rei nicht zu ihm passte. Nervös kaute sie sich auf der Unterlippe herum. Auch Makotos Worte traten wieder in den Vordergrund: Er gehört zu Rei. Sie sah ihn von der Seite her an. So wie er eben geklungen hatte, wollte er gar nichts von ihr. Sondern ließ einfach nur ihre Nähe zu.

“Hab ich was im Gesicht?”, er sah sie unverwandt an.

“Nein. Nur vorhin im Crown meinte Kiriko, dass Rei nicht zu dir passt.”

Erstaunt sah Mamoru sie an. Schwieg aber.

“Sie ist der Auffassung, dass du was Besseres verdient hast. Ich denke, sie ist sauer auf Rei, wegen ihrem dämlichen Auswahlgrund für mich.”

“Irgendwie hat Kiriko ja auch Recht.”

Jetzt war es Usagi, die ihn überrascht anschaute.

“Ich hab nichts mit Rei gemeinsam.”

”Gar nichts?”

”Nein. Ich mag zum Beispiel einige gute Fantasy-Romane. Sie liest sie nur wegen mir. Ich schau total gerne Reisedokus. Sie liebt Schnulzenfilme. Ich hab eine Schwäche für Schokolade. Sie für Zitronenbonbons.”

”Wow, dass sind ja schon zwei verschiedene Welten.”

“Eben. Als sie meinen Vorrat an Schokolade sah, fragte sie mich allen Ernstes, ob das mein Geburtstagsgeschenk für dich sei.”, er grinste Usagi schief an und nahm sich noch ein Stück seiner heimlichen Leidenschaft, “Aber sie bekommt es nicht einmal mit, dass wir eigentlich nichts gemeinsam haben. Wie gesagt, sie liest manche Fantasybücher nur, damit sie sich mit mir mal über andere Dinge als Schule und den neusten Liebesfilm im Kino unterhalten kann.”

“Ohje. Also ich kann dir sagen, dass ich Schokolade unheimlich gerne esse.”

”Ich weiß.”

“Und ich lese gerne Manga. Da darf es auch mal Fantasy sein. Reisedokus mag ich auch. Aber wenn ich sie mir sie dauernd ansehe, bekomme ich nur Fernweh.”, sie blickte überlegend drein, “Ich schlafe gerne und lange. Gehe gerne shoppen und bin keine wirkliche Leuchte in der Schule.”

Mamoru lachte auf:

”Ich glaube, ich hab gerade mehr Informationen über dich bekommen, als ich über Rei was weiß. Vielleicht sollten wir zusammen was anfangen.”

”Ich glaube auch.”, sie stimmte in sein Lachen mit vollem Herzen ein.

Er sah sie an. Direkt in ihre Augen. Hätte man ihn vor einer Woche gefragt, ob er sich jemals nicht mit ihr streiten würde, hätte er demjenigen wohl den Vogel gezeigt. Doch jetzt saß er schon das fünfte Mal diese Woche mit Usagi in seinem Wohnzimmer und plauderte mit ihr, als wären sie nie aneinander geraten. Er teilte sogar seinen heiligen Schokovorrat mit ihr. In seinem Inneren regte sich etwas. Etwas das ihm sagte, dass Usagi schon immer nett war. Das sie nie die Weichbirne war, als die er sie tituliert hatte. Er sah, dass sie eine Wärme der Freundlichkeit ausstrahlte.

“Jetzt starrst du mich aber an.”

Er schreckte aus seinen Gedanken auf und sah ihr Lächeln.

“Ich hab gerade in deiner Fernsehzeitschrift gelesen, dass gleich eine Doku über Italien läuft. Wollen wir die uns anschauen?”

“Musst du nicht heim?”

”Soll ich denn?”

”Nein, nicht unbedingt. War nur eine Frage.”

”Es ist Freitag. Da gehen meine Eltern davon aus, dass ich bei einer der Mädchen bin.”

”Okay.”, er hob die Schultern, “Also von mir aus.”

”Ich hol nochmal Schokolade.”, lachend stand sie auf und rannte in die Küche. Mamoru sah ihr nach. Er dachte noch einmal über die Dinge nach, die sie ihm von sich erzählt hatte. Auch über seine doch unüberlegten Worte. Sie hatten wirklich jede Menge Gemeinsamkeiten. Genug für eine verrückte Freundschaft und Beziehung.

Er mochte Fantasy. Genau wie sie.

Er mochte Reisen. Genau wie sie.

“Wer will Schokolade?”

“Ich will Schokolade.”, erwiderte Mamoru eine Spur zu laut und lachend.

“Ich auch.”, grinste Usagi und kam auf ihn und das Sofa zu. Übersah die Teppichkante und kam ins Straucheln. Verlor das Gleichgewicht und fiel.

Er schnellte nach vorne. Ihr entgegen und mit reflexartig ausgestreckten Armen.

Es dauerte nur einen Wimpernschlag, bis sie wieder auf seinem Schoß saß. Seine Hände auf ihre Taille spürte.

Mamoru sah nichts weiter als das endlose Blau ihrer Augen. Schluckte schwer.

Die Zeit blieb stehen.

More than a feeling

Das Ticken der Wanduhr erfüllte den Raum. Ein einsamer Tropfen verließ den Wasserhahn und tropfte geräuschvoll in das Spülbecken. Man konnte Autos hören, die durch die kleine Seitenstraße fuhren und einen Parkplatz suchten. Irgendwo quietschte ein Gartentor. Der Wind ließ die Blätter des Rhododendron im Vorgarten rascheln. Die Gardinen des geöffneten Küchenfensters wehten leicht.

Ikuko saß am Tisch und ihrem Mann gegenüber. Sie beobachtete ihn beim Essen. Es schmeckte ihm. So wie immer. Seit sie geheiratet hatten, kochte sie jeden Abend eine leckere Mahlzeit. Erst nur für ihn. Zwei Jahre nach ihrer Hochzeit auch für Usagi und nochmal drei Jahre später ebenso für Shingo. Doch heute Abend fehlten ihre beiden Kinder. Um Shingo musste sie sich keine Sorgen machen. Der schlief bei seinem besten Freund Masao. Bei Usagi sah die Sache jedoch anders aus:

Normalerweise schrieb sie ihrer Mutter eine Nachricht oder rief an, wenn sie bei einer ihrer Freundinnen schlief. Meistens wusste sie das ohnehin schon einen Tag vorher.Spätestens jedoch am Morgen des jeweiligen Tages. Aber weder gestern noch heute Morgen hatte sie einen Ton darüber verloren. Ikuko hatte nur am frühen Nachmittag erfahren, als Usagi aus der Schule zurück und noch nicht im Crown war, dass sie gegen vier noch einmal zu Mamoru wollte. Auch wenn dieser heute keine Mitschriften bekam, wollte sie ihm zumindest ein wenig Gesellschaft leisten. Die nachdenkliche Frau blickte verstohlen zur Wanduhr. Es war gleich acht. Noch immer hatte sie keine Ahnung, wo ihr Kind war. Ihr Bauchgefühl verriet ihr, dass es ihr gut ging. Und trotzdem hätte sie zumindest gern gewusst, warum Usagi nicht zum Essen zuhause war. Wo sie war, wusste Ikuko ohnehin.

“Wo sind die Kinder?”

Erschrocken blickte Ikuko zu ihrem Mann, der sie kauend ansah. Schnell sammelte sie sich und zeigte ihm ihr strahlendes Lächeln:

”Shingo schläft bei Masao und Usagi bei Naru.”

“Bei Naru?”, Kenji sah sie skeptisch an.

“Ja.”, sie klang vorsichtig.

“Komisch. Die habe ich eben am Heimweg getroffen. Sie war mit diesem seltsamen Streber Umino unterwegs. Du weißt schon, der kleine Kerl mit braunem Stuwelhaar und dieser großen Brille mit den dicken Gläsern. Und es sah nicht so aus, als wäre unsere Tochter bei ihnen.”

”Sagte ich Naru? Ich meinte Minako.”

”Minako?”

”Ja, ich verwechsel die beiden immer.”

”Wie denn das? Naru hat doch eine ganz andere Haarfarbe als Minako. Verschweigst du mir etwas, Ikuko?”

Sie fühlte sich ertappt. In Sekundenbruchteilen wechselte ihre Gesichtsfarbe von purpur zu kalkweiß und wieder zurück. Ihr war klar, dass sie aus der Situation nicht mehr heraus kommen würde. Und sie hatte keine Ahnung, wie sie ihrem Mann beibringen sollte, dass Usagi womöglich noch bei Mamoru war. Schon gestern hatte sie Kenji angelogen. Ihm gesagt, dass ihre Tochter bei Ami war, um zu lernen. So wie immer. Es war für ihn schon ohnehin schlimm genug, dass seine Tochter nachmittags bei einem Oberstufenschüler war. Auch wenn sie ihm nur Notizen aus der Schule brachte. Und es war auch vollkommen egal, ob dieser junge Mann auf eine elitäre Schule ging oder nicht.

Gerade als Ikuko etwas sagen wollte, klingelte das Telefon. Sie wollte aufspringen, doch ihr Mann war schneller. Blitzschnell war er aufgesprungen und ins Wohnzimmer gerannt, wo das Telefon auf dem Sofatisch lag. Er nahm sofort ab:

“Usagi, wo steckst du junges Fräulein?”

Seine Frau hörte das sekundenlange Schweigen. Vorsichtig erhob sie sich und ging zu ihm. Blieb jedoch im Türrahmen stehen und sah ihn nur schweigend an. Hoffte, dass ihre Tochter die passenden Worte hatte. Aus dem entstandenen Schweigen heraus, schlussfolgerte sie, dass Usagi nicht mit ihrem Vater gerechnet hatte. Und sie schwieg scheinbar genauso wie ihre Mutter. Dafür ergriff Kenji wieder das Wort:

”Deine Mutter sagte, du schläfst bei Naru. Aber die hab ich getroffen. Zusammen mit Umino. Auf dem Weg ins Kino. Ich gehe davon aus, dass du nicht bei Minako bist, die von deiner Mutter als zweite Übernachtungsmöglichkeit in den Raum geworfen wurde. Also Fräulein, ich höre! Und erzähl mir nicht, dass du bei diesem Mamoru bist.”

Wieder folgte ein Schweigen. Ikuko kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum und war kurz davor, wieder das Nägelkauen anzufangen, als Usagi scheinbar doch antwortete.

“Makoto? Und das soll ich dir glauben? Gib sie mir mal. – Warum geht das nicht? Ha, du bist doch bei dem Jungen. – Weil sie lacht?”, Kenji blickte zweifelnd drein und dann erstaunt, “Die hat aber eine dreckige Lache. – Wieviel später? – Halb elf Usagi und keine Minute später. – Und das nächste Mal rufst du eher an. – Gut, dann habt noch Spaß und grüß Makoto von uns. – Bis dann.”

Ikuko war erleichtert. Auch wenn sie wusste, dass ihre Tochter gelogen hatte, aber so hatte Mamoru noch eine Chance, um weiter zu leben. Zumindest noch ein Weilchen. Sie versuchte so normal wie möglich zu klingen:

”Ach bei Makoto. Na so viele Freunde wie unsere Usagi hat, da kann man mal den Überblick verlieren.”

”Wusstest du, wie dreckig Makotos Lachen klingt?”

“Nein.”

Er ging an ihr vorbei und zurück an seinen Platz am Küchentisch:

”Ich war richtig erstaunt. Ich glaube, live klingt das noch heftiger.”

“Wahrscheinlich.”, Ikuko kannte das Lachen der braunhaarigen Freundin ihrer Tochter. Usagi hatte ihr es einmal vorgespielt, nach dem sie einen Lachanfall mit dem Handy aufgenommen hatte. Und die Frau ging stark davon aus, dass es genau diese Aufnahme war, die ihr Kind eben ihrem Mann vorgespielt hat. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Usagi war wirklich clever. Und trotzdem musste Ikuko morgen dringend mit ihr reden. Sie sah zu ihrem Mann, der wieder mit dem Essen begonnen hatte. Für den Augenblick war er beruhigt. Vorerst.
 

Der Tokyo Tower strahlte in seinem allabendlichen Licht. Ein leichter Wind wehte und die Temperatur war herbstlich. Unten auf der Straße stritten sich zwei Autofahrer um einen Parkplatz. Das Gezeter war bis in den sechsten Stock hinauf zu hören. Ein Lichtschein aus dem Wohnzimmer fiel auf den gekachelten Boden des Balkons.

Mamoru stand da und starrte geradeaus. Er hatte sich einen Kapuzenpulli über sein T-Shirt gezogen, weil die Temperaturen gerade so noch zweistellig waren. Beim Ausatmen konnte er schon die Luft sehen, die seine Lungen verließ. Usagis Stimme drang an seine Ohren und das Lachen von Makoto. Er hatte keine Ahnung, was das sollte. Vielleicht würde sie es ihm ja erzählen. So wie sie ihm von ihren Hobbies erzählt hatte und von den Dingen die sie mochte. Immer mehr wurde ihm bewusst, dass er und das Mädchen viel mehr gemein hatten, als er bisher angenommen hatte. Bis heute dachte er immer, dass er und sie so verschieden waren wie Tag und Nacht. Doch es war genau das Gegenteil davon. Er hatte immer gedacht, sie schaut nur Animes und irgendwelche sinnfreien Sitcoms. Laut seufzte er. Erinnerte sich an die Szene, die sich vor kurzem abgespielt hatte:

Sie war gestolpert und er hatte sie aufgefangen. Sie an sich gezogen. Ein dünnes Schreibheft hätte noch zwischen sie gepasst. Mamoru hatte schon ihren schnellen Atem auf seinem Gesicht gespürt. Ihre Hände die auf seinen Schultern lagen. Hatte ihre endlos blauen Augen gesehen, die sich nicht von ihm abwandten. Es war schon fast so gewesen wie zwei Tage zuvor im Bus. Und doch ganz anders. Es waren keine dreißig Menschen um sie herum, die sie aufmerksam beobachteten. Niemand der etwas sagte. Nicht mal er selbst und genauso wenig sie. Die Minuten vergingen und doch schien die Zeit still zu stehen. Es war eine merkwürdige Situation. Sie waren sich noch nie so nah gewesen. So nah war ihm nicht einmal Rei gekommen. Mit der hielt er nicht mal Händchen. Das war ihm zu albern. Er erinnerte sich daran, dass sie ihn ein paar Mal umarmt hatte. Doch das Gefühl was er bei Usagis Nähe hatte, war gänzlich anders als bei den Umarmungen. Bei Rei war es ihm unangenehm. Er ertrug ihre Gesellschaft. Nicht aber ihre Nähe. Und bei Usagi? Mamoru fasste sich an seine Brust. Da wo sein Herz schlug. Selbst jetzt, als er nur an die Szene zurück dachte, schlug sein Herz schnell. Viel schneller als normal. Zu schnell. Er schüttelte unmerklich den Kopf.

“Ich mach uns noch einen Tee. Okay?”, ihre Worte drangen zu ihm durch. Er drehte sich kurz um, sah sie lächelnd im Rahmen der Balkontüre stehen:

”Okay.”

Usagi wandte sich ab und tapste in die Küche. Sie war froh, dass ihr Vater ihre Notlüge geglaubt hatte. Eigentlich hatte sie gehofft, dass ihre Mutter ans Telefon gehen würde. Ihr hätte sie sagen können, wo sie war. Das sie mit Mamoru noch diese Reisedoku über Italien sehen wollte. Doch wenn das ihr Vater erfahren hätte, wäre er mit Sicherheit höchstpersönlich durch die Telefonleitung gekrochen. Innerlich freute sie sich immer noch über ihre brilliante Idee mit der Tonbandaufnahme. Und sie war froh, dass sich ihr Vater nie Telefonnummern merken konnte. Ihre Mutter hätte sofort gesehen, dass sie nicht von Makotos Telefon aus anrief. Aber ihrem Vater entging so etwas. Sie hatte sich zusammenreißen müssen, als ihr Vater auf das aufgenommene Lachen Makotos angesprungen war. Schlussendlich ging alles gut. Die Frage war nur noch für wie lange.

Sie setzte Wasser zum Kochen auf und nahm sich zwei Tassen aus dem Schrank. Legte Teebeutel hinein und lehnte sich dann an die Küchenzeile. Ihr Herz schlug immer noch viel zu schnell und sie hoffte, dass Mamoru es nicht hören konnte. Sie war ihm viel zu nahe gekommen. Viel zu nah. Ja, es war ihr Fehler gewesen. Sie hätte auch die Augen aufmachen und auf die Teppichkante achten können. Es war ihre eigene Tollpatschigkeit, die sie da hinein manövriert hatte. Und nun bekam sie die Szene nicht mehr aus ihrem Kopf. Das Mädchen hatte keine Ahnung, wie lange sie sich so nah gewesen waren. Wahrscheinlich war es nur eine, höchstens zwei Minuten gewesen. Doch es hatte sich angefühlt wie eine kleine Ewigkeit. Kurz hatte sie sogar den Drang gehabt, ihm über die Wange zu streichen mit den Fingern. Seine Lippen zu berühren. Aber das ging nicht. Auch wenn er nicht fest mit Rei zusammen war, so gingen sie doch hin und wieder aus. Außerdem war es egal, ob er ihre Freundin liebte oder nicht. Denn Rei tat es. Und da hatte sie, Usagi, nichts in dieser seltsamen Beziehungskonstellation zu suchen. Ohnehin fragte sie sich, warum sie sich überhaupt darüber Gedanken machte. Sie wollte ja nichts von Mamoru. Zwar musste sie zugeben, dass sie ihn nicht mehr ganz so doof und blöd fand. Aber verliebt war sie ganz sicher nicht in ihn. Vielleicht bauten sie sich gerade eine Freundschaft auf. Was ja nicht schlecht wäre, dass musste Usagi selbst zugeben. Doch zusammen sein. So richtig als Beziehung. Mit Händchenhalten und Küssen und noch mehr. Nein. Nicht Mamoru.

“Nicht Mamoru.”

“Was ist mit mir?”

Erschrocken schaute sie auf. Der junge Mann stand in der Tür und sah sie fragend an.

“Ach nichts.”

”Du hast doch gerade gesagt ‘Nicht Mamoru’.”

“Das war wegen meinem Vater. Er war eben am Telefon. Ich hab ihm gesagt, ich wäre bei Makoto.”

”Deswegen die Aufnahme von Minakos Geburtstag.”

“Ja genau. Wenn er wüsste, dass ich noch mit dir zusammen fernsehen will, hätte er dich wahrscheinlich umgebracht.”

”Oh.”, er schreckte ein wenig zurück.

“Genau. Und darüber hab ich gerade nachgedacht. Anscheinend laut, wenn du es gehört hast.”

“Ja hab ich.”

“Macht nichts.”, sie lächelte ihn an, “Warum bist du hier? Willst du mir helfen?”

“Es wurde langsam kalt draußen.”

“Achso.”

Usagi versuchte ruhig zu bleiben, als er sie direkt anschaute. Wieso kamen ihr seine Augen plötzlich so blau vor? So endlos wie das weite Meer. Ihre Finger krallten sich ein wenig im Holz der Arbeitsplatte hinter ihr fest. Sie war kurz davor, sich in ihnen zu verlieren. Und die Tatsache, dass er auch noch näher kam und seine Hand auf ihre vor Verlegenheit glühende Stirn legte, machte es nicht besser. Sie betete, dass er ihr Herz nicht hörte.

Ihre Stirn fühlte sich warm unter seiner Hand an. Langsam, fast schon in Zeitlupe, ließ er seine Hand wieder sinken, als sie mit ihren großen blauen Kulleraugen zum ihm auf sah. Ihr Atem war flach. Das konnte er ganz genau hören. Und auch ihm ging es nicht besser. Mamorus Verstand streikte und reagierte auch nicht auf Zurufe seines noch halbwegs vorhandenen Bewusstseins. Sein Unterbewusstsein war ohnehin noch nie zu gebrauchen gewesen und lief mit seinem Herzen Händchen haltend über eine bunte Blumenwiese und sang schnulzige Liebeslieder. Seine Atmung meinte, sich auf ein Minimum reduzieren zu müssen. Nur seine Gliedmaßen arbeiteten dummerweise weiter. Ohne das irgendwer es hätte unterbinden können, wanderten seine Arme links und rechts an ihr vorbei und seine Hände berührten ihre. Auch seine Beine taten, was sie wollten und überbrückten die kleine Lücke zwischen ihm und Usagi. Er war ihr wieder nah. Eigentlich zu nah. Und doch genoss er es. Genoss es viel zu sehr.

Sie konnte nicht erneut widerstehen. Vorsichtig entzog sie ihm eine ihrer Hände und hob sie.Vorsichtig glitten ihre Fingerspitzen über seine Wange. Fuhren den Wangenknochen nach und hinab zu seinen Lippen. Usagi wusste, dass es falsch war, was sie hier tat. Es war Reis Platz. Sie war nur die Vertretung. Und doch konnte sie nichts dagegen tun. Mit dem Zeigefinger fuhr sie seine Unterlippe nach. Leckte sich unbewusst mit der Zunge über ihre eigene. Schluckte schwer. Ihre Augen wanderten wieder zu seinen. Sie wirkten jetzt viel dunkler. Während auch ihr Verstand sich verabschiedete bei diesem Anblick, schrie ihr Herz in den höchsten Tönen und das erste Mal in ihrem Leben hatte sie ein angenehm flaues Gefühl in der Magengegend. So sehr sie es auch genießen wollte, so wenig ging es. Sie musste sich ihm entziehen. Sollte es zumindest versuchen. Doch genau das Gegenteil war der Fall: Ihr Körper folgte dem Aufschrei ihres Herzen und näherte sich ihm. Ihre Arme drückten sich ein wenig durch, bis kein Blatt mehr zwischen ihre Körper passte. Sein Gesicht näherte sich ihrem. Sie spürte seinen Atem auf ihren Lippen. Ihre eigenen schienen zu beben. Pulsierten regelrecht.
 

Der Wasserkocher klackte laut. Riss beide aus der Nähe des jeweils anderen. Sie fuhren auseinander.

Mamoru sprang hinkend ein paar Schritte zurück zum Türrahmen. Sah sich hastig und wahllos in seiner eigenen Küche um.

Usagi drehte sich um und versuchte verzweifelt ihren Herzschlag zu beruhigen. Mit zitternden Händen goss sie den Tee auf.

“Ich bin im Wohnzimmer.”, seine Stimme war rau und er sah sie nur nicken. Humpelte ins Wohnzimmer und ließ sich in die Kissen des Sofas fallen. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und anschließend durch die Haare. Ließ sich nach vorne fallen, stützte sich dabei mit den Armen auf den Oberschenkeln ab und blickte in Richtung Fensterfront. Mamoru war froh um den kühlen Abendwind, der zur offenen Balkontüre hinein wehte. Ihm war warm. Eigentlich schon heiß. Bis eben in der Küche glaubte er noch zu verbrennen. Was war das bloß gerade eben? Nein, nicht nur eben. Schon vorher. Als sie über die Kante des Teppichs geflogen war. Als sie auf seinem Schoß gesessen ist. Seit fünf Tagen besuchte sie ihn täglich und ihm kam es vor, als kämen sie sich scheinbar immer näher. Er wollte nicht darüber nachdenken, was passiert wäre, wenn der Wasserkocher sich nicht gemeldet hätte. Aber er musste auch nicht darüber nachdenken. Ihm war klar, was geschehen wäre. So nah wie sie sich waren.

Was tat sie nur mit ihm?

Was tat er hier eigentlich mit ihr?

Waren sie sich denn so ähnlich, dass sie sich anzogen wie zwei fremdgesteuerte Magnete?

“Tee ist fertig.”

Erschrocken sah Mamoru zu ihr. Beobachtete sie dabei, wie sie vorsichtig zum Tisch ging. Dieses Mal besonders auf die Teppichkante achtete und ihm dann eine Tasse reichte.

“Danke!”

“Kein Ding.”, sie lächelte ihn scheu an und hockte sich dann in ihre neue Stammecke des Sofas.

“Ich mach mal den Fernseher an. Müsste ja gleich los gehen. Welcher Sender?”

”NHK 3.”

Usagi beobachtete ihn dabei, wie er die Fernbedienung nahm und das Programm suchte. Noch liefen Nachrichten. Sie versuchte, ihn nicht zu sehr anzustarren. Musste sich regelrecht von ihm losreisen. Noch immer musste sie an die Situation in der Küche denken. Würde es Rei jemals heraus finden, würde sie ihr den Hals höchstpersönlich umdrehen. Es konnte ja sein, dass ein Teil ihrer Freunde dachte, Rei würde nicht zu Mamoru passen. Kiriko meinte sogar, sie, Usagi, wäre der bessere Typ Frau für ihn. Und doch lag es nicht an Usagi selbst, dass zu entscheiden. Es war eine Sache, die nur ihre Freundin und Mamoru selbst etwas angingen. Er musste ihr das Herz brechen. Nicht sie. Aber selbst dann hätte die Blondine keine Wahl und es gebe keine Weg für sie und ihn. Rei war ihre beste Freundin. Sie konnte sie in solch einem Ausmaß nicht hintergehen. Ganz egal wie ihre eigenen Gefühle für ihn waren.

“Dein Tee.”

Das Mädchen schreckte aus ihren Gedanken auf und sah sowohl die Tasse als auch Mamorus Gesicht vor sich. Mit zitternden Händen nahm sie den Tee entgegen und gleich einen großen Schluck davon. Er war noch viel zu heiß.

“Autsch.”

”Verbrannt?”

”Ja. Aber geht schon.”, winkte sie ab, “Schau, es geht los.”

Mamoru wandte sich von ihr ab. Ganz genau darauf bedacht, einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sich und Usagi zu bringen. Noch einmal würde er diese intime Nähe nicht aushalten können. Nicht widerstehen können. Hartnäckig versuchte er sich auf die Doku zu konzentrieren.

“Ich möchte auch mal nach Europa. Und dann auch eine Italienrundreise machen.”

Er sah zu ihr. Aber sein Blick wurde nicht erwidert. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er sie betrachtete. In die Kissen gekuschelt und mit der Tasse zwischen den kleinen zierlichen Händen lag sie in der Ecke und genoss das Programm. Er zwang sich dazu, wieder weg und zum Fernseher zu sehen. Er musste sich ablenken. Irgendwie.
 

Es war kurz vor zehn, als Usagi bei Mamoru im Flur stand und sich die Jacke anzog. Die Dokumentation war vor einer Viertelstunde zu Ende gewesen und sie hatte Mamoru noch ein wenig beim Aufräumen geholfen. Jetzt kramte sie in ihrer Tasche und suchte ihr Handy.

“Wo hab ich es denn?”

“Suchst du zufällig das hier?”, Mamoru hielt es ihr entgegen und sie nahm es ihm ab. Ein Kribbeln durchfuhr ihren ganzen Körper, als sich ihre Fingerspitzen berührten. Vorsichtig schaute sie zu ihm auf. Scheinbar war es ihm genauso ergangen. Sie wurden beide ein wenig rot um die Nasenspitze, bevor sie verlegen zur Seite blickten.

“Ich muss dann los.”

“Okay. Schaffst du deinen Bus noch?”

”Ich denke schon. Muss ein wenig rennen.”

”Tu dir bitte nicht weh dabei.”, er grinste schief.

“Ich versuch’s. Sonst musst du mich dann eben pflegen.”

“Hm, mal sehen.”

”Baka!”, sie boxte ihm liebevoll in den Oberarm, “Danke für den schönen Nachmittag und Abend.”

”Ich hab zu danken. Ohne dich wäre ich vor Langeweile wahrscheinlich schon gestorben.”

“Bloß nicht.”

“Komm gut heim. Und schlaf gut.”

”Du auch.”

Er beugte sich kurz zu ihr runter und umarmte sie. Auf die gleiche kurze Art und Weise wie sie ihn. Nur einen Augenblick lang bevor sie sich wieder von einander lösten.

“Bis dann, Usa!”

”Bis dann, Mamoru!”, sie drehte sich um und öffnete die Tür. Etwas in ihr verlangte nach einer anderen Verabschiedung. Einer liebevolleren. Doch das Recht, so etwas einzufordern, hatte sie nicht. Mit laut schlagendem Herzen trat sie hinaus in den Flur. Sie ging ein paar Schritte und drehte sich noch einmal zu ihm um. Winkte ihm noch einmal zu, bevor sie in hastigen Schritte zur Treppe lief und die Stufen hinunter rannte. In ihren Augen sammelten sich Tränen. Was war bloß los mit ihr?

Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Plötzlich kam ihm die Wohnung kalt und leer vor. Usagi schien alle Wärme und Freundlichkeit mitgenommen zu haben. Eine Erkenntnis traf ihn wie ein kalter Eimer voll Eiswasser: Sie war wahrscheinlich das letzte Mal hier gewesen. Morgen war Samstag. Keine Schule und folglich keine Hausaufgaben. Sie hatte ihm erzählt, dass sie sich schon mehr oder weniger von Kobajashi verabschiedet hatte. Usagi würde morgen nicht mehr herkommen. Er war wieder alleine. Zumindest vorerst. Wenn man von der Tatsache mit Reis Wiederkehr einmal absah. Und er wusste, dass sie all seinen Bitten zum Trotz am Sonntagnachmittag doch noch vor seiner Türe stehen würde. Sie und nicht Usagi. Er würde das ehrliche gegen das falsche Lachen eintauschen. Charmante Direktheit gegen gekünsteltes Ja-Sagen. Wütend schlug er von innen gegen die Wohnungstür. Was lief hier bloß verkehrt?
 

Sie hatte bis nach Hause geweint. Die Erkenntnis hatte sie hart getroffen, dass sie ihn jetzt wieder mit Rei teilen musste. Das sie schweigen musste, was zwischen ihnen war oder auch fast war. Schniefend schloss sie die Haustüre auf.

”Ich bin wieder da.”

Sofort, und für Usagis Geschmack viel zu schnell, standen ihre Eltern vor ihr. Unauffällig versuchte sie ihre Tränen wegzuwischen und schob sich dabei die Schuhe von den Füßen. Hängte ihre Jacke auf.

“Wie war’s?”, sie hörte das Mitgefühl in der Stimme ihrer Mutter. Aber sie konnte nicht antworten. Es schossen ihr schon wieder die Tränen in die Augen. Stattdessen hob sie nur kurz die Schultern.

“Makoto hat ein echt dreckiges Lachen.”

“Ich weiß, Papa.”, sie schob sich an Ikuko und Kenji vorbei.

“Es ist noch was vom Abendessen da.”

“Ich bin satt. Zuviel Schokolade.”

Da war sie. Die nächste und hier im Haus erste Träne, die ihre Wange hinunter floss.

“Usagi.”

“Alles okay, Mama. Ich bin nur müde. Gute Nacht.”, Usagi eilte die restlichen Stufen hinauf und verschwand in ihrem Zimmer. Sie wollte nur noch alleine sein.

Ikuko stand an der Schwelle der Treppe und sah hinauf. Seufzte dabei:

”Ich hab es kommen sehen.”

”Was kommen sehen?”, verwirrt schaute ihr Mann abwechselnd sie an und dann die Stufen hinauf.

“Sie hätte Reis Bitte ausschlagen sollen.”

“Was? Erklärst du mir jetzt bitte mal, was du da redest! Was hat denn der Besuch bei Makoto jetzt mit Reis Bitte zu tun, diesen Oberstufenschüler zu pflegen.”

Kenji hatte seinen Satz gerade beendet, als er sich seiner eigenen Worte in Kombination mit denen seiner Frau bewusst wurde. Entsetzen und Überraschung machten sich in ihm breit. Wie konnte es ihm nur entgehen. Er wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als Ikuko ihn mit sich ins Wohnzimmer zog und ihn in seinem Sessel platzierte. Wie ein Fisch an Land schnappte er nach Luft.

“Beruhig dich, Liebling.”, sie lächelte ihren Mann mitfühlend an, “Ich weiß, was in dir vorgeht. Aber du kannst sie nicht ewig vor der Welt da draußen und den Männern verstecken. Usagi ist ein bildhübsches Mädchen und ich muss zugeben, dass ich mich schon seit einer ganzen Weile gefragt habe, wann sie sich endlich mal verliebt.”

“Unsere Usagi ist verliebt.”

Sie nickte nur.

“Sie war gar nicht bei Makoto, oder?”, harkte Kenji vorsichtig nach.

“Nein.”

“Sie war bei Mamoru, richtig?!”

“Ja.”

“Dieser Baka! Dem werde ich was erzählen. Meinem kleinen Häschen so das Herz zu brechen.”

“Halt! Ich denke nicht, dass es so ist.”

“Wie denn dann?”

”Ich hab keine Ahnung. Aber ich glaube, dass Mamoru ein anständiger junger Mann ist. Er wird ihr nichts getan haben.”

”Aber Ikuko, sie weint. Da muss doch was passiert sein.”, er war aufgesprungen, “Ich geh jetzt hoch und rede mit ihr. Und dann knöpf ich mir diesen Mistkerl vor.”

Seine Frau war ebenfalls wieder auf den Beinen und hielt ihn fest:

”Nein!”

”Aber warum denn nicht? Mein armes Häschen sitzt oben und weint sich gerade die Augen aus.”

“Sie wird es uns schon erzählen. So wie sie es immer getan hat.”

”Warum nicht jetzt?”

“Usagi ist das erste mal traurig wegen der Liebe. Bis letzte Woche dachte sie, sie könne Mamoru nicht ausstehen. Dann entwickelt sich binnen Tage eine Freundschaft und ein zartes Liebesband. Unsere Tochter ist wahrscheinlich gerade selbst damit überfordert. Ihre Gefühle überrennen sie wahrscheinlich im Sekundentakt.”

”Du hast ja Recht, Schatz. Nur ich frag mich eines.”

”Hm?”

“Usagi ist mit Rei befreundet. Rei ist in diesen Mamoru verliebt. Wenn unsere Tochter sich jetzt auch in ihn verliebt hat, was ist dann mit Rei. Ich meine, Mamoru muss sich ja ohnehin entscheiden, aber wie geht es dann weiter?”

”Das wird die Zeit zeigen.”
 

Usagi saß auf ihrem Fensterbrett. Schaute auf ihr blinkendes Handy und laß die Nachricht von Rei:

”Ich hab ihm gesagt, dass ich ihn liebe.”

Das Mädchen schmiss das Handy auf ihr Bett und schlug die Hände vors Gesicht. Ein Schniefen erfüllte den Raum, gefolgt von einem Schnurren. Luna war zu ihr rauf gesprungen und legte sich in ihren Schoß.

”Was soll ich ihr denn darauf antworten, Luna? Etwa ‘Schön für dich. Aber ich hätte ihn heute fast geküsst.’ So was vielleicht?”

Es war das erste Mal, dass sie es laut aussprach. Das sie sich selbst eingestand, dass sie und Mamoru sich fast in der Küche geküsst hätten. Warum war dieses Gefühl nur mehr als ein Gefühl? Nur mehr als Freundschaft. Musste sie wirklich gleich den harten Kurs einschlagen. Gleich von Feindseligkeit auf Beziehung. Von Null auf Hundert in fünf Tagen.

Übermorgen würde Rei zurück sein. Usagi musste dann nicht mehr zu ihm. Es war jetzt wieder der Part ihrer Freundin. Sie würde ganz normal nach der Schule ins Crown und dann nach Hause gehen. Sie würde nicht mehr zu Mamoru fahren und mit ihm Tee trinken. Nicht mehr mit ihm Hausaufgaben machen und Schokolade dabei essen. Er musste die jetzt wieder alleine essen. Denn Rei wollte Zitronenbonbons. Die Schlacht, die sie nie begonnen hatte, hatte sie schon verloren. Sie musste abziehen.

Das Klingeln ihres Handys riss sie aus den Gedanken. Doch sie ignorierte es. Es war mit Sicherheit wieder nur Rei, die auf ihre Antwort wartete. Sie ließ es klingeln. Dem Mädchen war nicht nach Reden zumute. Erstens war sie immer noch sauer auf Rei und zweitens war sie immer noch sauer auf Rei. Ihre Freundin bekam immer alles:

Gute Noten.

Genug Aufmerksamkeit.

Mamoru.

Usagi musste ja zugeben, dass ihre Freundin schon ewig in den Oberstufenschüler verliebt war. Aber konnte sie, Usagi selbst, denn ahnen, dass er doch nicht das Ekelpaket war, wie sie immer dachte? Das er eigentlich lieb und nett und zuvorkommend und sogar hilfsbereit war. Genervt löste sie ihre Haarknoten. In weichen goldenen Wellen fielen ihr die dicken Haare über die Schultern und den Rücken. Seufzend nahm sie Luna in die Arme und erhob sich. Kroch mit der schwarzen Katze in ihr Bett. Fischte nach dem Handy auf ihrer Decke. Sie sah noch einmal drauf. Das Blinken signalisierte einen entgangen Anruf. Und eine Nachricht.

“Von Mina?”, erstaunt öffnete sie den kleinen elektronischen Briefumschlag.
 

“Hallo Süße! Wie war’s bei Mamoru?”
 

“Rei hat ihm gesagt, dass sie ihn liebt.”
 

“Ich weiß. Sie hat mich angerufen. Hat er es dir gesagt?”
 

“Ich hab es gehört, als er mit ihr telefoniert hat.”
 

“Weiß sie, dass du bei ihm warst?”
 

“Nein.”
 

”Gut, denn ich hab gesagt, du bist bei Naru.”
 

“Okay.”
 

”Geht’s dir gut?”

“Sie liebt ihn, Mina. Warum muss jedes Gefühl immer mehr als einfach sein?!?!”
 

“Ach Süße. Tut mir leid. Hilft es dir, wenn ich dir sage, dass sie immer noch nicht zum Baka passt?!”
 

“Ein wenig. Egal...ich geh ins Bett. Mach das Handy aus und schlaf mindestens bis eins.”
 

“Tu das. Träum schön.”
 

”Ich versuch’s. Nacht!”

Usagi schaltete das Handy komplett aus, nachdem sie die Nachricht von Rei noch gelöscht hatte. Legte es auf den Nachttisch und löschte das Licht.

Ihre Gedanken drifteten ab zu den vorherigen Stunden. Zu Mamoru und seiner Nähe. Es war mehr als nur ein Gefühl.

First Time, First Love

Radiomusik duldete in der Küche und wurde durch Vogelgezwitscher aus dem Vorgarten ergänzt, das durch das geöffnete Fenster zu hören war. Es versprach ein schöner Tag zu werden. Sie Sonne stand strahlend hoch am Himmel und keine Wolke war zu sehen.

Ikuko stand an der Spüle und wusch das Geschirr vom Frühstück und der Vorbereitung zum Mittagessen auf. Sah durch das Fenster und versuchte einige Sätze der Nachbarn aufzuschnappen, die sich gerade vor ihrem kleinen Gartentor unterhielten. Und das lautstark. Ab und an hielt sie in ihrer Bewegung inne, um die Frauen besser zu verstehen. Aber es gab nichts, was sie nicht schon wusste. Der Tratsch in ihrer kleinen Straße verbreitete sich schnell. Und gab es mal nichts Neues, wurde eben Altes aufgewärmt. So wie gerade eben.

Ihr Mann saß an seinem Stammplatz in der Küche und studierte die Wochenendausgabe der Zeitungen. Kenji hatte es sich im Laufe der Zeit angewöhnt, alle Ausgaben aller Zeitungen zu kaufen, die ihm seriös genug und am Wochenende erschienen. Sein Hauptargument dafür war, dass er als Redakteur so auch immer auf Jagd nach neuen Presseautoren gehen konnte. Ein nicht gerade erfolgloses Unterfangen. Schon öfters hatte er so einige gute Leute für seine Abteilung der Zeitung gefunden. Gerade als er eine neue Ausgabe zur Hand nehmen wollte, fiel sein Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand. Dann zu Ikuko:

”Schläft Usagi noch?”

“Ja.”, sie drehte sich zu ihm um, “Ich war vor dem Frühstück bei ihr im Zimmer. Aber nur Luna wollte mitkommen.”

”Vielleicht wacht sie ja zum Mittagessen auf.”

“Du meinst in zehn Minuten?!”

”Zum Beispiel.”

“Ich geh mal hoch.”

Kenji nickte nur. Ihm war gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass sein kleines Häschen von Tochter Liebeskummer hatte. Geschweigedenn behagte ihm der Gedanke, dass Usagi überhaupt verliebt war. Und schon gar nicht in einen Jungen, der schon auf die Oberschule ging. Schweigend sah er seiner Frau nach. Die Zeitung war vergessen und der Drang Ikuko zu folgen groß. So groß das er ihm nach gab. Schnell stand er auf und erreichte seine bessere Hälfte, als sie gerade an der Tür von Usagi stand. Luna lag davor und sie nahm sie auf den Arm, um sie gleich ihrem Mann zu reichen. Dann klopfte sie an und öffnete leise die Tür, sah hinein.

“Usagi? Bist du wach?”

”Ja.”, es war nicht mehr als ein Knurren und beide Elternteile wussten, dass sie geweint hatte.

“Magst du was essen? Mittag ist gleich fertig. Es gibt Teriyaki mit Dangos.”

“Schokopudding?”

“Auch den wenn du magst.”

“Bin gleich da.”

“Lass dir Zeit.”, leise zog sich Ikuko wieder zurück. Bedeutete ihrem Mann, ihr wieder nach unten zu folgen.
 

Sie drehte sich auf den Rücken und wandte den Kopf ihrem Wecker zu. Er zeigte kurz vor halb eins an. Leise seufzte sie. Sie schlief meistens so lange am Wochenende. Aber letzte Nacht war es anders gewesen. Usagi war immer wieder aufgewacht und hatte dann elendig lange nicht mehr in den Schlaf zurück gefunden. Und wenn sie dann endlich eingeschlafen war, drehte sich doch immer nur alles um ihn. Eine ruhige Nacht war definitiv etwas anderes. Sie schlug die Decke zurück und setzte sich auf. Schnappte sich ihr Handy, um es anzuschalten. Ein Entschluss den sie schnell bereute. Sofort nach dem es sich komplett hochgefahren hatte, schlugen ihr vier entgangene Anrufe und eine Nachricht entgegen. Alle von Rei. Die Neugier des Mädchens hielt sich in Grenzen. Sie wollte und sie konnte ihre Freundin nicht zurück rufen. Egal wie oft Rei das Wort ‘Bitte’ geschrieben hatte. Es würde reichen, wenn sie sie am Montag sehen würde. Sie schwang die Beine halbherzig über die Bettkante und sah zum Fenster hinaus. Normalerweise liebte sie es, wenn die Sonne schien. Aber heute fand sie es einfach nur zum Kotzen. Wäre es nach ihr gegangen, hätte es aus Kübeln geschüttet. Dicke Tropfen und vielleicht ein bisschen Hagel und Nebel. Wetter um sich im Zimmer einzuigeln und im Bett zu gammeln. Langsam stand sie auf und streckte sich. Ihre Lust sich aus ihrem bequemen Pyjama zu schälen, war nicht sonderlich vorhanden. Stattdessen kämmte sie sich einmal mit der Bürste grob durchs Haar und machte sich dann auf dem Weg nach unten. Sie konnte schon das Mittag riechen und sofort meldete sich ihr Magen zu Wort. Barfuß tapste sie in die Küche. Sah den gedeckten Tisch und setzte sich hin. Ihr entging der besorgte Blick ihres Vaters und der mitfühlende ihrer Mutter nicht.

“Mir geht’s gut.”, murmelte sie und versuchte dabei halbwegs lächelnd drein zu blicken.

Ihre Eltern sagten nichts. Tauschten nur vielsagende Blicke aus.

“Du musst ihn nicht umbringen, Papa.”

“Was, wer sagt denn, dass ich Mamoru umbringen will?”

“Dein Blick spricht Bände. Und nein Mama, ich will keine Mutter-Tochter-Gespräch führen. Er gehört zu Rei und sie zu ihm und da hab ich nichts verloren.”

“Ach Mäuschen.”

“Hör auf, Mama. Ich schaff das schon.”, Usagi schob sich eine Strähne hinters Ohr und schaute ihre Eltern trotzig an.

Ikuko seufzte leise und auch Kenji wandte sich ab. Sie beide wussten, dass ihre Tochter, so lieb sie auch meinstens wirkte, auch durchaus trotzig sein konnte. Allerdings wussten sie beide auch, dass sie das meistens bei Mamoru war und nicht zuhause. Scheinbar hatte es sich jetzt jedoch ins Gegenteil gekehrt.

Usagi zog ein Bein an ihre Brust und lehnte den Kopf dagegen. Starrte vor sich hin. Sie hatte in diversen Mädchenzeitschriften von Minako gelesen, dass so etwas auch wieder vorbei ging. Aber beim ersten Mal war es wohl immer besonders schlimm. Sie merkte es gerade an sich selbst. Jede Kleinigkeit aus diesen Artikeln traf auf sie zu:

Lustlosigkeit.

Appetitlosigkeit.

Herzschmerz.

Rumgeheule.

Selbstmitleid.

Und die ewige Frage, warum es ihr nicht schon eher aufgefallen war. Wieso hatten sie immer nur gestritten. Sich nie normal unterhalten. Vielleicht wäre es ihr dann wirklich früher aufgefallen. Bevor Rei einfiel, dass sie sich in ihn verlieben könnte. Wäre es dann anders verlaufen? Wäre sie dann diejenige, die es ihm am Telefon gesagt hätte und Rei die unglückliche Pechmarie?

“Usagi, das Essen?!”

Das Mädchen sah sich überrascht um. Entdeckte den Teller vor sich, der gut gefüllt war. Ihr Blick wanderte von ihrem Essen zu ihren Eltern. Beide hatten schon angefangen. Sie zwang sich zu einem Lächeln, dass erwidert wurde und begann zaghaft zu essen. Obwohl ihr Magen auf dem Weg hierher geknurrt hatte wie eine wilde Hundemeute, hatte sie keinen Appetit. Dabei liebte sie das Teriyaki ihrer Mutter. Sie rief sich den Schokoladenpudding ins Gedächtnis, den es als Nachtisch geben sollte. Aber selbst darauf hatte sie keine Lust mehr. Alles war auf einmal fad. Nichts mehr spannend und eher trist.

Kenji und Ikuko entging das Verhalten ihrer Tochter nicht. Doch beide schwiegen. Er hauptsächlich deswegen, weil er von seiner Frau ermahnt worden war. Es fiel ihm mehr als schwer. Ihm tat sein Kind einfach nur leid. Auch wenn er wusste, dass so etwas vorbei ging und jeder da mal durch musste. Nur hatte er es sich nie so richtig bei Usagi vorstellen können. Sie war immer fröhlich gewesen und nun das ganze Gegenteil davon. Ein regelrechter Trauerkloß. Er wollte gerade ansetzen, um die Stimmung ein wenig aufzulockern, als es an der Tür läutete. Alle zuckten zusammen und sahen fragend in die Runde.

“Wer kann das denn sein?”, Ikuko war aufgestanden und zum Fenster gegangen.

“Vielleicht hat Shingo seinen Schlüssel vergessen. Ich mach mal auf.”, Kenji erhob sich und ging hinaus in den Flur. Man konnte hören, wie die Tür klackte, als sie geöffnet und gleich wieder zugeschlagen wurde. Wütend kam er zurück in die Küche.

“Wer war es denn, Liebling?”

”Niemand.”

Verwirrt blickte Ikuko zu ihrem Mann, als es erneut klingelte.

“Für einen Niemand ist der aber echt aufdringlich. Ich geh mal.”

“Ikuko, nein!”

Doch seine Frau hörte nicht auf ihn und verschwand nun ebenfalls im Flur. Wieder hörte man die sich öffnende Tür und einen erstaunten Ton. Das Rascheln einer Jacke und der leise dumpfe Schlag von Schuhen folgten.

“Ikuko, nein!”

“Doch Kenji.”

“Nein.”

”Doch. Und jetzt benimm dich nicht wie ein Kindergartenkind vor Usagis Gast.”

Langsam klickerten die Worte zu der Genannten durch und sie drehte sich um. War in diesem Moment froh, dass sie nichts im Mund hatte. Denn entweder hätte sie sich daran verschluckt oder aber man hätte das unappetitlich halbzerkaute Essen gesehen, als sie den Mund erstaunt öffnete. Sie brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln.

“Hallo Usa.”

Usagi war aufgesprungen und ging auf ihn zu. Blieb nur wenige Zentimeter vor ihm stehen.

”Was machst du hier?”

”Ähm, naja, also mir fiel die Decke auf den Kopf. Und weil das Wetter so schön ist, dachte ich mir, dass ich ja mit dem Bus herfahren könnte.”, Mamoru grinste sie verlegen an, “Aber scheinbar bist du gerade erst wach geworden und jetzt esst ihr auch gerade.”

”Oh das macht nichts.”, mischte sich nun auch Ikuko wieder ein, “Sie können gerne mitessen, Mamoru. Ich mache immer viel zu viel.”

Vollkommen überrumpelt wurde Mamoru auf den vierten Stuhl platziert und ihm ein voller Teller vorgesetzt. Er konnte nicht einmal ablehnen oder annehmen. Überrascht sah er zu Usagi, die auch wieder Platz genommen hatte und ihm nun gegenüber saß. Sie grinste ihn nur schief an. Ermutigte ihn damit, mit dem Essen zu beginnen. Er nickte nur und nahm die ersten Happen. Es schmeckte genauso wunderbar wie der Zitronenkuchen und sein schokoladiger Nachfolger. Seine Augen wanderten immer wieder zu Usagi. Trafen sich mit ihren. Er fühlte sich wieder komplett.

Ihren Eltern entging es nicht. Mit Genugtuung sah Ikuko, wie sich ihre Tochter wieder entspannte. Sich ihr Körper und Geist scheinbar wieder mit Leben füllten. Sah das Lächeln, das sie Mamoru schenkte und die Blicke, die sie austauschten.

Kenji war angespannter. Natürlich war er froh, dass es Usagi scheinbar wieder besser ging. Aber der Grund dafür gefiel ihm absolut nicht. Auch wenn er es hatte kommen sehen. Irgendwann einmal. Wenn sie zwanzig wäre. Oder dreißig. Doch nicht schon jetzt. Sein Blick huschte immer wieder zu Mamoru. Er wusste, dass dieser auf die Motoazabu-Oberschule ging. Es war eine gute Privatschule. Dagegen konnte man nichts sagen. Und schlecht sah der junge Mann zu seiner Rechten nun auch nicht aus. Trotzdem war der Gedanke, dass Usagi mit diesem Jungen Küsse austauschte und irgendwann auch mehr, für Kenji unerträglich. Nur Ikuko und Usagi zu Liebe machte er gute Miene zum bösen Spiel.

“Mamoru, möchten Sie noch eine Portion?”

Der junge Mann sah, aus seinen Gedanken gerissen, zu Usagis Mutter.

“Nimm lieber nichts mehr. Mama hat Schokopudding gemacht.”, grinste die Blondine ihn an und bekam ein breites Lächeln zurück, “Mamo-chan ist nämlich genauso schokosüchtig wie ich.”

“Oh, wenn das so ist.”, Ikuko stand auf und lief zum Kühlschrank. Sie spürte die leicht gierigen Blicke ihrer Tochter in ihrem Rücken. Sie konnte nicht anders als zu lächeln. So wie ihr Kind gestern heimgekommen war, hätte sie nicht gedacht, sie so schnell wieder lächeln zu sehen. Aus dem Kühlschrank nahm sie eine große Schüssel.

“Usagi, wärst du bitte so nett und würdest vier kleine Schüssel verteilen.”

”Mach ich.”, das Mädchen sprang auf und ging zu einem der Hängeschränke.

Mamoru musste bei dem Anblick leicht schlucken. Scheinbar trug sie immer noch ihren Pyjama. Oder wie man die kurze Shorts und das T-Shirt auch immer nennen wollte. Beides bedeckte ihren Po mehr schlecht als recht und als sie sich auch noch nach den Schüsseln streckte, musste sich Mamoru komplett abwenden. Auffällig interessiert beobachtete er Ikuko dabei, wie sie auch die Vanillesauce aus dem Kühlschrank holte und zusammen mit dem Schokopudding auf den Esstisch stellte. Auch ihre Tochter kam zurück und zupfte sich ihre Shorts zurecht. Usagi hoffte, dass Mamoru nicht die Hälfte ihrer Pobacken gesehen hatte. Es wäre einfach zu peinlich gewesen. Leicht verlegen über den Gedanken, dass er doch was gesehen haben könnte, setzte sie sich wieder. Hielt ihrer Mutter das Schälchen hin. Sowohl sie als auch ihr Gegenüber bekamen eine Extraportion des Nachtisches, den sie schweigend genossen und sich auch noch einmal nachgeben ließen.
 

“Vielen Dank für das Mittagessen und den tollen Schokopudding.”, satt und zufrieden schob Mamoru das leere Schälchen von sich und lehnte sich etwas zurück.

“Gern geschehen.”, Ikuko strahlte über das ganze Gesicht.

“Verraten Sie uns, warum sie sich mit Krücken in den Bus gequält haben?”

“Kenji.”

“Was denn? Ich hab als Usagis Vater ja wohl das Recht zu wissen, wieso ein Oberstufenschüler am Samstag das Elternhaus meiner Tochter aufsucht.”

“Usagi?!”

”Verstehe. Komm!”, Usagi war um den Tisch gegangen und half Mamoru auf. Reichte ihm seine Krücken, die ihre Mutter bei seiner Ankunft in eine Ecke der Küche gestellt hatte. Etwas verwirrt folgte er ihr. Hinter sich konnte er seinen Namen hören. Und den von Usagi. Scheinbar waren ihre Eltern in eine hitzige Diskussion vertieft.

“Bin ich der Grund dafür?”

”Ja, mehr oder weniger. Aber ich glaube, Papa hätte bei jedem männlichen Besucher so reagiert.”

”Echt? Was sagt er denn dazu, dass du dann so gut wie jeden Tag im Crown bist und dich dort mit Motoki unterhälst?”

“Frag lieber nicht. Er hat schon geheult, als er erfahren hat, dass ich mich auch mit Koba-kun wegen deiner Mitschriften treffe. Und da war es egal, dass der mit Kiriko zusammen ist.”, Usagi machte eine Grimasse, “Kannst du Treppen steigen?”

“Ja.”

Sie nickte nur und ging voraus. Steuerte ihr Zimmer an. Vor gut zwei Monaten wäre es ihr noch peinlich gewesen, einem Jungen ihr Reich zu zeigen. Vor allem Mamoru. Doch seid sie einen Radikalangriff auf ihre Kuscheltiere gestartet und diese dem Waisenhaus im Bezirk gespendet hatte, sah es nach einem normalen und mädchenhaften Zimmer eines Teenagers aus. Sie kam gerade an der obersten Stufe an, als sie ins Straucheln kam.

“Ah, Luna.”, sie konnte sich gerade noch so am Treppengeländer festhalten, während ihre Katze maunzend aufschaute. In ihrem Rücken spürte sie eine Hand und sah über die Schulter hinweg in zwei ozeanblaue Augen.

“Alles okay?”

“Ja, danke! Du kannst gerne in meinem Zimmer warten, ich zieh mich im Bad schnell um.”

”Okay.”

”Ist es kalt draußen?”

”Es geht. Der Wind ist ein bisschen kühl.”, er folgte ihr ins Zimmer, sah sich um. Entdeckte Fotos von und mit ihren Freundinnen. Auch er war auf einem mit drauf. Es war bei einer der unzähligen Geburtstagsfeiern im Crown entstanden.

”Setz dich ruhig.”

Mamoru sah, wie Usagi in ihrem Schrank kramte. Sah, wie sie sich runter beugte zu einer der Schubladen. Sah ihre Pobacken. Und dieses Mal konnte er nicht wegschauen. Vielleicht wollte er es auch nicht. Seine Augen wanderten jede Kontur nach. Vom Po hinab zu ihren endlos langen Beinen und wieder hinauf. Weiter hinauf und ihren Rücken entlang.

“Du hast ja die Haare offen.”, seine Stimme klang seltsam rau.

Usagi drehte sich zu ihm um. In ihren Armen ein Packen Klamotten. Sie fuhr sich mit einer Hand durch die Haare.

“Die sind ja wahnsinnig lang. Wenn du die Odangos hast, sind sie ein Stück kürzer.”

Sie wurde ein wenig rot um die Nase.

“Du siehst ganz anders aus.”

”Anders?”

”Wie eine Puppe.”

”Eine Puppe?”, sie lachte leicht.

“Du könntest sie ja heute offen tragen.”

”Meinst du?”

”Wenn sie dir nicht im Gesicht hängen oder stören.”

“Was willst du denn überhaupt machen?”

”Vielleich Eis essen? Ein bisschen bummeln. Ich wollt raus. Rei kommt erst morgen und heute ist so ein schöner Tag.”, seufzte er.

“Morgen? Du hast sie doch für Montag bestellt.”

“Glaub mir, sie wird morgen Nachmittag noch vor meiner Tür stehen. Egal was ich ihr gesagt habe.”

“Oh. Na gut, dann zieh ich mich um und hol dich gleich wieder hier ab.”

Er nickte nur und sah ihr nach, wie sie aus dem Zimmer verschwand. Kurze Zeit später konnte er eine zweite Türe ins Schloss fallen hören. Wahrscheinlich die vom Bad. Luna, die mit ins Zimmer gehuscht war, schlich um seine Beine. Gedankenverloren streichelte er sie, als sie ihm in den Schoß gesprungen war. Er konnte sich nicht erklären, warum er Usagi eben so angestarrt hatte. Als er im Sommer mit Motoki und den Mädchen im Yomiuri Land war, war es ihm doch auch nicht so ins Auge gesprungen. Selbst als Rei bei Saharatemperaturen eine ultrakurze Hotpants trug, die ihr gerade so über den Po reichte, hatte es ihn nicht interessiert. Und gerade hätte er schwören können, dass Usagis Beine mindestens doppelt so lang waren wie Reis. Eigentlich wusste er noch nicht einmal so recht, warum er her gekommen war. Er wusste nur, dass er nicht alleine sein wollte. Das Mädchen erschien ihm irgendwie die beste Lösung.

“Ich bin fertig.”, Usagi kam herein. Ihre eben noch nackten Beine steckten nun in einer Jeans und ihr Oberteil war gegen einen dünnen Pulli und eine Wollweste getauscht worden. Sie hatte ihre Haare tatsächlich offen gelassen. Das Kompliment, was Mamoru ihr gemacht hatte, ließ sie zu diesem Entschluss kommen. Sie fuhr sich verlegen durch eine dicke Strähne, lächelte ihn an:

”Von mir aus können wir los.”

Mamoru nickte nur. Irgendwie schien es egal zu sein, was sie trug. Ihre Beine waren immer noch endlos lang. Er verließ vor ihr das Zimmer und hinkte die Stufen mit den Krücken hinunter. Am unteren Ende der Treppe standen ihre Eltern. Sie waren scheinbar noch immer in eine heftige Diskussion vertieft. Er warf Usagi einen fragenden Blick zu, aber sie meinte, er solle es ignorieren. Sie schob ihn an Kenji und Ikuko vorbei, half ihm dabei, in die Schuhe zu kommen. Zog sich dann selbst die Boots an.

“Bis dann!”, sie drehte sich kurz um und hob die Hand zum Winken. Ihre Mutter winkte ihr ebenfalls, doch ihr Vater wollte gerade zum Sprechen ansetzen. Etwas worauf das Mädchen keine Lust hatte. So schnell es ihr möglich war, eilte sie mit Mamoru im Schlepptau aus der Tür und hinaus durch den Vorgarten auf die Straße.

“Moralpredigt?”, Mamorus Blick war zur Haustüre geglitten, die sich bereits wieder geschlossen hatte.

“Ja.”, sie seufzte. Ihr war bewusst, dass sich ihr Vater wahrscheinlich einfach nur Gedanken machte. Aber es war grundlos. Was hätte ihr Mamoru schon antun sollen? Sie kannte ihn jetzt über ein Jahr und bis auf ein paar Beleidigungen war nie etwas vorgefallen. Sie bedeutete dem jungen Mann los zu gehen. Zusammen schlenderten sie zur Bushaltestellte.
 

Die Mädchen bummelten von Schaufenster zu Schaufenster. Liebend gerne hätten sie sich auch das ein oder andere Teil gegönnt. Aber zwei der drei Freundinnen hatten ihr Taschengeld für den Monat schon so gut wie ausgegeben. Da blieb nicht mehr viel über. Ami war umsichtiger gewesen. Sie legte ohnehin ein Großteil ihres Geldes beiseite für ihr späteres Studium. Und sie wollte Minako und Makoto nicht die Laune verderben. Denn sie hätte locker mehrere Boutiquen leer kaufen können. Doch sie hätte nicht gewusst warum. Lieber genoss sie den Nachmittag mit den beiden anderen Mädchen.

Sie blieben gerade vor einem besonders auffälligen Schaufenster stehen. Sofort verfielen Minako und Makoto in eine heftige Diskussion um ein Kleid, dass an einer Puppe drapiert worden war. Ami hingegen sah sich, an ihrem Eistee schlürfend, um. Viele Leute waren heute an diesem Samstag unterwegs. Bei dem Wetter kein Wunder. Es war ein wirklich schöner Herbsttag. Sie wollten auch Usagi zum Bummeln einladen. Aber Minako hatte es ihr ausgeredet. Scheinbar hatte ihre Freundin ein mittelschwere Erkältung. Was Ami allerdings stutzig gemacht hatte. Immerhin ging es ihrer Freundin gestern im Crown, und bevor sie zu Mamoru gegangen war, noch sehr gut. Und von ihrer Mutter wusste sie, dass eine Erkältung selten so plötzlich kam. Aber Usagi hatte sicher ihre Gründe. Gerade als sie sich ihren Freundinnen, die wieder etwas ruhiger geworden waren, zuwenden wollte, erstarrte sie. Musste blinzeln. Sie war kurz davor, sich die Augen zu reiben.

“Hey, Ami. Ist alles okay mit dir?”, Minako war zu ihr getreten und sah sie besorgt an.

“Du siehst ganz schön blass aus. So als hättest du einen Geist gesehen.”, auch Makoto sah sie fragend an.

“Das ist doch Mamoru dort drüben oder?”

Die beiden Mädchen folgten dem Fingerzeig ihrer Freundin. Wie Ami sahen sie den jungen Mann. Zweifelsohne war es Mamoru, der auf der anderen Straßenseite in einem kleinen Straßencafé saß. Seine Krücken lehnten an der Rückenlehne seines Stuhls und ihm gegenüber saß eine blonde junge Frau. Eine junge Frau die sie nicht kannten. Nicht erkannten.

“Wer ist das Mädchen?”, Makoto kratzte sich am Kopf.

“Vielleicht eine Mitschülerin von ihm?”

“Meinst du Ami?”

”Naja, er sieht ja nicht schlecht aus. Und so wirklich fest ist er mit Rei ja nun auch nicht zusammen.”

”Ich finde schon, dass sie zusammen sind. Immerhin gehen sie ja auch miteinander aus.”

”Also glaubst du, dass Mamoru gerade Rei betrügt?”

“Sieht so aus, oder? Hey Mina, was denkst du?”, Makoto hatte sich zu der Blondine gedreht, die sich aber schon längst wieder dem Schaufenster zugewandt hatte, “Hey, Mina. Hörst du schlecht?”

”Ich höre sehr gut. Vielen Dank.”

”Na dann sag doch mal was.”

”Es ist Usagi.”

“Was?!”, sowohl Ami als auch Makoto sahen ihre Freundin mit offenen Mündern an und ihre Blicke wanderten von Minako zu Mamoru und wieder zurück.

“Es ist Usagi.”

”Woher weißt du das?”

“Weil sie es mir vorhin geschrieben hat, als ich sie wegen dem Bummeln gefragt habe, Ami. Sie meinte, sie wäre mit Mamoru verabredet.”

”Verabredet?”

“Er stand wohl heute Mittag plötzlich bei ihr vor der Tür und hat sie zum Eisessen und bummeln eingeladen.”, Minako sah nun auch wieder zu ihrer Freundin und dem jungen Mann herüber, “Und er hat ihr ein Kompliment über ihre offenen Haare gemacht. Deswegen trägt sie die heute so.”

“Warte mal. Mamoru hat Usagi gefragt?”, Makoto war immer noch verwirrt.

“Ja.”

“Er lädt sie zum Eis ein?”

”Ja.”

”Ist das dann ein Date?”

“Ein Date? Aber er geht doch mit Rei.”, Ami klang ein wenig panisch.

“Er geht nicht mit Rei. Ja, okay, ab und an gehen sie zusammen ins Kino. Aber er tut das nur aus Höflichkeit heraus. Er interessiert sich nicht ernsthaft für Rei. Er liebt sie nicht. Und wenn ich mir die beiden da drüben so anschaue, denke ich mir, dass unser lieber Mamoru gerade eher dabei ist, sein Herz an Usagi zu verlieren. Ich meine, als sich Rei um ihn gekümmert hat wegen seiner Verletzung, war er nicht draußen außer beim Arzt. Er war in der Zeit nicht einmal im Crown. Und dann kümmert sich Usagi fünf Tage um ihn und schwuppdiwupp sitzen sie zusammen bei einem Kaffee und Kakao und Kuchen.”

Die beiden anderen sahen zur anderen Straßenseite.

“Seht sie euch doch mal an.”, Minako machte eine schwungvolle Armbewegung in Richtung des Straßencafés, “Schaut euch an, wie sie lachen. Wie sie zusammen lachen. Ihre Blicke die sie sich zu werfen. Diese kleinen Gesten. Ha, so wie jetzt!”

Genau in jenem Moment griffen Usagi und Mamoru gleichzeitig zu dem Zuckerspender, der auf dem Tisch stand. Berührten sich kurz an den Händen und verharrten in ihrer Bewegung, als sie es realisierten. Tauschten intensive Blicke aus.

“Das da, genau das da, gab es bei Rei und Mamoru nicht. Dieses Knistern und diese Spannung die in der Luft liegen, gibt es nur zwischen ihm und Usagi.”

”Sie streiten sich doch nur immer. Da wird nie was drauß.”, Makoto winkte ab.

“Und selbst wenn sie streiten, fliegen die Funken. Beide sind genauso heißblütig dabei.”

“Er ist mit Rei zusammen.”

“Boah, Ami. Wollt ihr die Nachrichten lesen, die sie mir geschickt hat?”

“Usagi will Rei bestimmt nur eines auswischen, weil die sie um den Gefallen gebeten hat.”

”Wie kann man nur so blind sein?!”, Minako fuhr sich übers Gesicht.

“Mina, er ist mit Rei zusammen. Sie wird morgen wiederkommen. Und weil das Wetter so schön ist, geht er halt mal mit Usagi raus. Wahrscheinlich ist ihm zuhause einfach fad. Aber all die Dinge, die du da siehst, sind Blödsinn. Du wirst es schon sehen. Wenn Rei zurück ist, wird alles wieder beim Alten sein.”

“Wenn du meinst, Mako.”

“Wo gehst du denn hin?”

”Nach Hause Ami. Und vorher noch zu Motoki. Mit dem kann man wenigstens über diese Verliebtheit zwischen Mamoru und Usagi sprechen. Der glaubt mir.”, Minako hatte sich abgewandt und war rasch in der Menschenmenge verschwunden. Zurück blieben Ami und Makoto. Sie ließen sich noch einmal die Worte ihrer Freundin durch den Kopf gehen. Sahen noch einmal zu Usagi und Mamoru. Schauten sich an und schüttelten den Kopf. Minako fantasierte sich da etwas zusammen. Ganz eindeutig.
 

Im Straßencafé gegenüber bekamen Usagi und Mamoru nichts von der heftigen Debatte der Freundinnen mit. Überhaupt bekamen sie nur wenig mit von dem, was um sie herum geschah. Das am Tisch neben ihnen schon das dritte Mal neue Gäste kamen, realisierten sie genauso wenig wie den Kellner, der den Sonnenschirm aufspannte.

Sie spürte noch immer dieses Kribbeln in den Fingern. Es waren nur wenige Sekunden gewesen. Etwas erschrocken hatte sie die Hand wieder zurück gezogen. Ganz so als hätte sie sich verbrannt. Usagi war ein bisschen rot um die Nase geworden und verlegen hatte sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr geschoben. Vorsichtig an ihrem Kakao genippt. Ihr Herz hatte für einen Schlag ausgesetzt, nur um dann in einem um das dreifache schnellere Tempo zu schlagen. Ihr war klar, was das hier war.

Und genauso klar war es Mamoru. Ihm war bewusst, dass er sie mehr oder weniger um eine Verabredung gebeten hatte. Er, Mamoru Chiba, hatte sein Odango Atama, Usagi Tsukino, um eine Verabredung gebeten.

“Mamo-chan?”, sie hatte den Blick gesenkt, doch ihre blauen Kulleraugen strahlten ihn an.

“Hm?”

“Was ist das hier?”

Mamoru schwieg.

“Es ist ein Date oder? Ich meine, du kommst zu mir nach Hause und lädst mich auf ein Eis beziehungsweise Kakao und Kuchen ein und nun sitzen wir hier. Du und ich.”

Er wusste, was sie meinte. Ihr war es also auch aufgefallen.

“Ich hatte noch nie ein Date.”

Erschrocken über diese Aussage, blickte er sie an.

“Lach ruhig. Ist okay.”, sie schaute in Richtung Straße, “Du bist der erste Junge, der mich einlädt.”

“Du verarschst mich, oder?”, er hatte seine Stimme wiedergefunden. Sah, wie sie den Kopf schüttelte.

“Nein.”

”Aber warum denn nicht? Du bist doch wahnsinnig hübsch. Ich hab gesehen, dass sich die Jungs im Crown schon nach dir umdrehen.”

Es war die Wahrheit. Usagi selbst war es nicht entgangen. Doch sie hob nur die Schultern:

“Ich weiß. Es haben mich auch schon welche gefragt.”

”Aber?”

”Aber es war nie so, dass ich es wollte. Also es lag nicht an den Jungs. Die waren echt nett. Nur es hat halt nie gepasst.”

“Und heute hat es gepasst?”, er lächelte sie mehr als charmant an und sie schaute ihm wieder in die Augen. Nickte.

“Warum?”

”Frag mich nicht sowas, Mamo-chan. Ich handle immer aus dem Bauch heraus. Und es gibt für alles ein erstes Mal. Auch für Verabredungen.”

“Klingt plausibel.”

”Und dabei sollten wir nicht so vertraut hier sitzen.”

”Du meinst wegen Rei?”

“Ja.”

“Wir können auch zahlen und jeder von uns geht heim.”, er schaute sie provozierend an.

“Nein.”, ihre Antwort war laut und erschrocken darüber hielt sie sich eine Hand vor den Mund.

“Nein?”

”Nein. Ich würde sehr gerne noch mit dir hier sitzen und dann noch bummeln gehen.”

“Okay.”, er nickte, “Um ehrlich zu sein, hätte ich dich jetzt auch nicht gehen lassen.”

Sie sah es in seinen Augen, dass er die Wahrheit sprach. Sie selbst wollte das auch nicht beenden. Es war viel zu schön. Auch wenn sie nie und nimmer geglaubt hätte, dass ausgerechnet Mamoru mal ihr erstes Date sein würde. Sie fühlte sich wohl. Das erste Mal fühlte sie sich wohl in der Nähe eines Junges. Klar genoss sie auch Motokis Gegenwart. Aber bei Mamoru war es ein ganz neues Gefühl.

Der junge Mann beobachtete das Mädchen ihm gegenüber, wie es genießerisch seinen Kaffee-Schokoladen-Kuchen genoss. Der Kuchen war ein Geheimtipp des Cafés. Und Usagi schmeckte der Tipp. Mamoru nippte an seinem Kaffee. Es hatte ihn heute Vormittag allen Mut gebraucht, um überhaupt den Bus zu Usagi zu nehmen. Die ganze Nacht hatte er darüber gegrübelt, ob er sie wirklich fragen sollte. So wie es ihre erste wirkliches Date war, war es für ihn das erste Date, dass von ihm überhaupt kam. Bei dem er die Initiative ergriffen und ein Mädchen gefragt hatte. Und nun saß er hier mit Usagi.

“Ich fand unsere Woche toll.”, Usagi sah ihm direkt in die Augen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, der staubtrocken war.

“Ich auch.”

”Bleiben wir Freunde?”

“Freunde?”, er sah sie einfach nur an. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Waren sie Freunde?

“Freunde.”, ihre Stimme zitterte.

“Nicht weinen, Usako.”

“Tut mir leid. Ich wollte nicht heulen. Ich dachte auch nicht, dass ich es noch könnte nach der letzten Nacht.”

Ihm war klar, was in ihr vorging.

“Aber es ist das erste Mal, dass wir uns normal unterhalten haben. Das wir uns nicht gestritten haben. Wir hatten Spaß. Jetzt haben wir ein Date. Du und ich. Und mein Herz schlägt mir bis zum Hals.”

Er konnte nicht mehr. Mamoru zog ihren Stuhl zu sich herum und sie in seine Arme. Strich ihr beruhigend über den Rücken. Auch ohne das sie weiter sprach, wusste er, was sie sagen wollte. Und er musste sich eingestehen, dass es ihm nicht wirklich besser ging. Nicht wenn er auf seinen beschleunigten Herzschlag hörte.

“Ist das immer so?”, schluchzte sie und schob in ein Stück von sich, “Ist das erste Mal die erste Liebe immer so chaotisch?”

Kiss me

Es war voll im Crown. Zumindest im Freisitz vorm Café. Es war eine laute Geräuschkulisse. Viel Lachen, Kindergeschrei und Eltern, die ihren Zöglingen hinterher riefen. Sonnenschirme waren aufgespannt wurden. Die Aushilfen rannten im Eiltempo von einem Tisch zum nächsten und nahmen die Bestellungen auf. Verteilten Kaffee und Kuchen. Eis für die Kinder.

Zufrieden, dass alle so gut arbeiteten, stand Motoki im Rahmen der Schiebetür und beobachtete das Treiben. Für den September war es ein guter Tag. Er hatte schon verregnetere erlebt. Sein Blick wanderte umher. Irgendwas fehlte. Besser noch irgendwer. Und davon gleich mehrere. Sowohl sein bester Freund Mamoru als auch seine liebste Mädchen-Clique waren heute noch nicht hier gewesen. Er wusste, dass Rei erst morgen wiederkommen würde. Mamoru würde mit seinen Krücken wahrscheinlich eh nicht kommen. Er hatte ihm neulich erst am Telefon gesagt, dass ihm das in den öffentlichen Verkehrsmitteln einfach viel zu umständlich und anstrengend war. Motoki war noch in Gedanken, als ihn eine Stimme da heraus riss. Verwirrt sah er sich um und eine Minako, die scheinbar vollkommen aufgelöst auf ihn zugestürmt kam. Sie strauchelte beim Bremsen ein wenig und er fing sie auf.

“Entschuldigen Sie bitte.”, Minako drehte sich zu einem Pärchen um, wo sie den männlichen Part angerempelt hatte. Er quittierte es mit einem Nicken und die Blondine wandte sich ab und Motoki zu.

“Was ist denn los, Mina? Du bist ja ganz durcheinander.”

“Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten oder hast du zu tun?”

“Ich hab Zeit. Die Jungs haben alles unter Kontrolle. Komm mit. Wir gehen ins Hinterzimmer.”

“Motoki!”, Minako klang empört und grinste gleichzeitig. Er erwiderte es und schob sie vor sich her und in Richtung des kleinen Aufenthaltraumes, der sich hinter der Theke befand. Die beiden verschwanden darin und das Mädchen ließ sich augenblicklich auf das alte Sofa fallen. Ihre Tasche glitt neben sie auf den Boden.

Motoki nahm ihr gegenüber Platz und sah sie fragend an. Legte den Kopf schief.

“Erinnerst du dich an unser Gespräch gestern Nachmittag? Als die Schulkameraden von Mamoru hier auftauchten und diese Kiriko meinte, Rei würde nicht zu Mamoru passen.”

“Ja.”

”Und an die Reaktionen von Ami und Mako?”

”Ja. Sie beharrten darauf, dass Rei und Mamoru zusammen gehören würden. Aber warum fragst du mich das überhaupt?”

”Ich hab mich mit ihnen gestritten.”, Minako lehnte sich zurück und schaute zur Decke.

“Deswegen?”

”Ja. Und weil wir Usagi und Mamoru zusammen gesehen haben.”

“Was?”, der junge Mann saß kerzengerade in seinem Sessel.

“Ami, Mako und ich waren bummeln. Ich hatte vorher Usagi eine Nachricht geschickt und sie meinte, sie käme nicht mit. Mamoru wäre vor ihrer Tür gestanden und hat sie zum Eisessen eingeladen. Sie klang sehr glücklich. Erst recht als sie mir erzählt hat, dass er ihr ein Kompliment zu ihren offenen Haaren gemacht hat.”, das Mädchen lächelte, “Wir haben sie vorhin in einem kleinen Straßencafé gesehen. Mako und Ami dachten, dass Mamoru Rei mit einer anderen betrügen würde. Hätten sie das nicht gesagt, hätte ich geschwiegen. Aber so hab ich ihnen erzählt, dass es Usagi wäre. Du hättest die beiden, also Usagi und Mamoru mal sehen müssen. Sie wirkten total gelöst. Haben gelacht und als sich ihre Finger berührten, sind sie wahrscheinlich gerade in den Augen des jeweils anderen ertrunken.”

”Echt? Na wenn da mal nichts läuft. Scheint so, als wären die beiden total ineinander verliebt.”

”Das glaube ich auch. Aber erzähl das mal Ami und Mako. Die wollten davon gar nichts wissen. Sie meinten, dass Usagi nur nett wäre und Mamoru langweilig und sie ihn davon ablenken wollte. Und das wenn Rei wieder da ist morgen, alles wieder beim Alten wäre. Sie denken wirklich, dass er fix mit Rei zusammen ist. Selbst als ich ihnen sagte, dass er nur aus Nettigkeit mit ihr ausgeht. Ich meine, Mamoru hat noch nie Rei gefragt oder?”

”Nein. Nicht das ich mich daran erinnern könnte. Er war teilweise sogar eher genervt von ihren Flirterein.”

“Eben. Und heute hat er Usagi gefragt. Er hat sie nach einem Date gebeten. Vielleicht nicht offiziell, aber sie sind zusammen ausgegangen. Sie und er. Und glaub mir, nicht nur aus Nettigkeit. Aber wie gesagt, Mako und Ami sind da vollkommen anderer Meinung.”

Motoki sah, wie verzweifelt die Blondine war. Sich aufgebracht durch die blonde Mähne fuhr. Laut fluchte und seufzte und wahrscheinlich am liebsten Dinge zerschlagen hätte. Er sah ganz genau ihre Wut in den Augen. Und konnte es durchaus nachvollziehen. Schon lange war er der Meinung, dass sein bester Freund in seine beste Freundin verliebt war. Und umgekehrt genauso. Doch sie hatten irgendwie keinen guten Start gehabt. Waren ständig aneinander gerasselt und schnell zum Mittelpunkt des Crown geworden, sobald sie dort auftauchten.

“Wie wird Rei reagieren, wenn sie es erfährt?”, er blickte Minako direkt an.

“Keine Ahnung. Ich nehme an, sie wird sich fürchtlich aufregen und zu einer Furie mutieren. Sie wird Usagi allein die Schuld daran geben. Wahrscheinlich wird sie auf dem Standpunkt beharren, dass sie Mamoru verführt hätte oder so ein Blödsinn.”

”Naja, so falsch ist es ja nicht.”

“Ich weiß. Aber es gehören immer noch zwei dazu.”, Minako sah den jungen Mann herausfordernd an, “Und erinnere dich an letzten Sommer.”

Motoki wusste sofort, was sie meinte:

”Der Tag an dem Rei auf Mamoru traf, als der sich gerade einen wunderbaren Streit mit Usagi lieferte.”

”Genau.”

“Ich erinnere mich. Die beiden waren aneinander geraten, weil er sie mit ihrer schlechten Mathenote aufgezogen hatte und sie steigerten sich immer mehr rein.”

”Aber es war nicht bösartig.”

“Nein, sie hatten Spaß.”

”Und dann kam Rei.”

“Und dann kam Rei.”, wiederholte er ihre Worte, “Sie begann sofort mit den Flirtversuchen. Mina?”

”Hm.”

”Glaubst du, die beiden wären schon letzten Sommer zusammengekommen, wenn Rei nicht aufgetaucht wäre?”

”Ja. Und was denkst du?”

”Ich denke auch.”, er war aufgestanden und reichte ihr die Hand. Zog sie hoch:

”Was machen wir jetzt?”

”Keine Ahnung. Ich befürchte nur, dass wenn wir eingreifen, alles nur noch schlimmer wird. Obwohl, ich wette, dass Ami und Mako ohnehin Rei davon erzählen werden. Usagi und Mamoru sind schon so gut wie tot.”, sie seufzte und massierte sich die Schläfen, “Ich denke, wir sollten wirklich erst eingreifen, wenn es zu sehr ausartet.”

“Einverstanden.”

Das Mädchen folgte ihm zur Tür und wieder in den Gastraum. Setzte sich ihm gegenüber an den Tresen. Sie hoffte wirklich, dass alles gut gehen würde. Sie gönnte es ihrer Freundin von Herzen. Schließlich nahm die sich immer zurück, wenn es um sie selbst ging. Doch Minako wusste, dass Mamoru ihr gut tat. Zu ihr passte. Und das es andersherum genauso war. So locker wie heute hatte sie den Schwarzhaarigen bisher noch nie erlebt. Die Blicke die er Usagi geschenkt hatte, sprachen Bände. Ganze Bücher hätte man damit füllen können. Das Mädchen seufzte. Bedankte sich bei Motoki für den Himbeershake. Sie nahm sich vor, das Thema im Beisein von Ami und Makoto nicht mehr anzusprechen. Und schon gar nicht vor Rei. Die würde ohnehin noch früh genug erfahren, was da zwischen ihrem vermeintlich festen Freund und ihrer Freundin lief.

“Mach dir nicht so einen Kopf.”, Motoki grinste sie aufmunternd an.

“Ich versuch’s.”
 

Auf den Straßen war immer noch viel los. Die meisten Menschen nutzten die noch verbleibende Zeit des Nachmittages, um einkaufen zu gehen. In den Einkaufspassagen war immer noch Hochbetrieb. Soviele Leute wie in die Geschäften hinein fanden, wurden zeitgleich wieder heraus gespült. Auf den Gehsteigen schien es ein stetiger Fluss zu sein, der lauter bunte Flecken transportierte. Niemand war in Eile, aber es war eine gewisse Hektik zu spüren. So wie es in den meisten Metropolen der Welt der Fall war. Tokio war da sicher keine Ausnahme. Und doch störten die Menschen sich nicht daran. Waren es gewöhnt und hatten sich angepasst. Sie ließen sich nicht die Laune verderben.

Sie bekamen von der Hektik nichts mit. Genauso wenig wie sie im Café irgendetwas wahrgenommen hatten, war auch jetzt alles herum egal. Nur sie waren wichtig. Nur die Nähe des jeweils anderen. Die Menschen schienen ihnen auszuweichen. Schienen einen Bogen um sie zu machen. Sie konnten ab und an ein Fluchen hören, was man ihnen widmete. Doch sie lachten nur leise darüber und schüttelten die Köpfe. Ab und an blieben sie an einem Schaufenster stehen. Betrachteten es und diskutierten darüber, was sie dort sahen. Oftmals waren sie überraschenderweise der gleichen Meinung. Dann sahen sie sich verdutzt an und ertranken in den Augen des jeweils anderen. Mussten sich dann immer losreißen, um weiter zu gehen. Ihre Finger waren ineinander verschlungen. Sie konnten und wollten sich nicht loslassen. Der Tag wäre ohnehin viel zu schnell vorbei.

Usagi blieb vor einem Laden stehen, der Krimskrams verkaufte. Die Sachen waren nicht besonders wertvoll. Aber mit viel Glück hatte sie dort schon kleine Unikate erstanden. Sie zeigte Mamoru einen Anhänger, der an einem Verkaufsständer vorm Eingang hing. Es war ein einfaches Schmuckstück. Ein Sichelmond in Silber. Ohne viel Schnickschnack. Mamoru nahm ihn ihr aus der Hand und ließ ihre Hand los. Perplex starrte das Mädchen erst auf ihre Hand und dann dem jungen Mann hinterher, der im Laden verschwunden war. Sie ging ihm hinterher, kam aber nicht weit. Mamoru hatte sich schon umgedreht und grinste sie vergnügt an. Ihr Blick schien ziemlich dämlich zu sein, denn er begann schon zu lachen.

“Was ist denn? Warum lachst du so?”, sie schaute ihn schmollend an.

“Schau mal hinter mich.”

“Was?”

“Tu es einfach, Usako.”

Sie nickte nur. Schaute an ihm vorbei und in Richtung des Verkauftresens.

“Oh.”

“Das dachte ich auch.”, Mamoru drehte sich ebenfalls um und winkte der älteren Dame, die sie beide im Bus kennengelernt hatten, zu.

“Gehört ihnen der Laden?”, das Mädchen ging in Richtung Kasse.

“Ja. Aber unter der Woche stehen meistens mein Sohn und meine Schwiegertochter hier. Ich mach das nur noch am Wochenende.”, die Dame lächelte, “Sie scheinen immer besser mit den Krücken gehen zu können.”

“Es geht so. Am liebsten wäre es mir natürlich ohne.”, Mamoru verdrehte ein wenig die Augen.

“Das verstehe ich. So ein junger Mann wie sie möchte natürlich lieber schneller unterwegs sein. Aber mit so eine lieben Freundin als Krankenschwester werden sie sicher schnell wieder gesund.”

Mamoru und Usagi sahen sich an. Sie lächelte scheu und auch er wurde ein wenig rot um die Nase.

“Na zeigen Sie ihr doch mal ihr Geschenk.”

”Geschenk?”, die Blondine sah erst zu der Dame und dann zu Mamoru. Der zauberte wie von Geisterhand eine kleine Schachtel hervor.

“Mach sie auf.”

”Was?”

“Mach sie auf, Usako.”

Vorsichtig und fast schon ehrfürchtig öffnete das Mädchen die kleine rosa Schachtel. Nahm langsam die Kette samt Anhänger heraus. Samt Sichelmond-Anhänger. Mit offenem Mund starrte sie das Schmuckstück an und dann Mamoru.

“Aber...”, Tränen sammelten sich in ihren Augen.

“Nicht weinen, Prinzessin.”, die ältere Dame trat zu ihr und reichte ihr ein Taschentuch, “Freuen Sie sich, dass er Ihnen solch ein schönes Geschenk macht. Haben Sie denn heute einen besonderen Tag? Oh verzeihen Sie. Aber ich bin immer schrecklich neugierig.”

“Schon okay.”, Mamoru lächelte und legte Usagi die Kette um den Hals, “Aber eigentlich ist es gar kein besonderer Tag.”

“Doch.”

Überrascht blickte er zu dem Mädchen. In Sekundenbruchteilen lag sie in seinen Armen. Seine Krücken fielen klappernd zu Boden. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie die Dame sie aufhob und in den Armen hielt. Er wollte etwas sagen, konnte aber nicht. Sein Kopf war leer gefegt. Er spürte ihre Finger, die in seinem Nacken mit seinen Haarspitzen spielte. Sah ihre leuchtenden blauen Augen. Die Freude darin. Sein Herz raste.

“Heute ist ein besonderer Tag.”, ihre Worte waren leise und doch laut genug für alle Anwesenden. Langsam näherte sie sich mit ihrem Gesicht seinem. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und in ihrem Bauch flogen die Schmetterlinge kreuz und quer. Was sie gerade im Begriff war zu tun, war vollkommen verrückt. Genauso verrückt wie Mamoru sie gerade machte. Sie stand auf ihren Zehenspitzen und spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Er atmetet recht schnell. So wie sie. War er vielleicht genauso nervös wie sie gerade?

”Was ist denn heute so besonders?”, er flüsterte. Das sie beobachtete wurden, hatten sie schon längst vergessen. Und selbst wenn sie es noch gewusst hätten, wäre es ihnen vermutlich ziemlich egal gewesen.

“Es ist der Tag, an dem wir uns das erste Mal geküsst haben.”

Die letzten Worte kamen ihr tonlos über die Lippen, die keine Sekunde später mit seinen verschmolzen. Es war nur ein flüchtiger, zarter Kuss. Aber er sagte alles. Kaum eine Minute später trennten sie sich wieder. Sahen sich verklärt an. Ein Räuspern war zu vernehmen und beide drehten sich um.

Die altere Dame lächelte sie breit und wissend an:

”Ach so jung und die erste große Liebe. Es ist immer wieder schön, so etwas in meinem Alter noch zu sehen.”

Usagi und Mamoru schwiegen lächelnd.

“Hier.”, die Frau reichte ihm seine Krücken, “Genießen Sie beide doch bitte noch das schöne Wetter. Und die traute Zweisamkeit.”

Sie schob das Paar langsam aber bestimmend zur Tür. Vorbei an einer Horde Teenager, die gerade dabei waren, den Laden zu betreten. Die Dame wünschte den beiden alles Gute und winkte ihnen noch kurz fröhlich hinterher, bevor sie wieder im Inneren ihres Ladens verschwand.

Mamoru und Usagi sahen ihr noch kurz nach, bevor sie langsam weiter liefen. Das Mädchen nahm ihm eine der Krücken ab, so dass er nur mehr eine nutzte. Sie schmiegte sich an ihn. Darauf bedacht, ihn nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.

“Magst du noch weiter bummeln?”, er sah zu ihr, als sie an einer roten Ampel stoppten.

“Was hälst du vom Jubaan-Park. Es ist sowieso erst fünf.”

”Sicher. Da haben wir auch ein wenig Ruhe.”

Usagi nickte. Sie wusste, worauf er hinaus wollte. Sie mussten reden. Dringend! Es war etwas zwischen ihnen. Es musste geklärt werden.
 

Als sie im Park ankamen, war dieser fast wie ausgestorben. Scheinbar hatten nur ein paar wenige Pärchen den Weg hierher gefunden. Sie saßen spärlich verteilt auf dem weitläufigen Gelände.

Usagi und Mamoru suchten sich eine Bank am See. Ließen sich darauf nieder und betrachteten die Enten, die laut schnatternd auf sie zu kamen, in der Hoffnung, die beiden hätten Brot für sie dabei. Der Wind war ein wenig aufgefrischt und ließ das Wasser sich kräuseln. Leise raschelten die Blätter und die Rosen an den Büschen hinter ihnen wogen leicht hin und her.

“Letzte Woche saß ich hier mit Rei. Da hat sie mir gesagt, dass ich bei dir vorbei schauen soll.”, das Mädchen knetete nervös den Stoff ihres Pullis, “Nun sitze ich hier mit dir.”

“Du hast mich geküsst.”

“Tut mir leid.”

“Warum?”

”Weil ich dachte, dass, wenn du mich bis jetzt nicht geküsst hast, ich eben den ersten Schritt machen muss. Ich meine, wir hatten diverse Momente, wo wir die Chance dazu gehabt hätten. Als ich über deinen Teppich gestolpert bin. Oder in der Küche. Oder, oder vorhin im Café. Und als du mir den Anhänger geschenkt hast, und ich danke dir von Herzen für das schöne Geschenk, konnte ich nicht anders. Warum hast du ihn mir überhaupt geschenkt? Ich meine, dass hättest du nicht tun müssen. Jetzt muss ich dir auch was schenken. Dabei weiß ich gar nicht was. Sag mir, was du dir wünschst und ich...”

Sie wurde abrupt unterbrochen. Spürte seinen Zeigefinger auf ihren Lippen und sah sein Lächeln, dass sie fast schon zum Schmelzen brachte.

“Kann es sein, dass du dich gerade um Kopf und Kragen redest, Usako?”

Sie nickte nur und wurde rot um die Nase.

“Hör mal, du musst mir nichts schenken. Ich hab dir den Anhänger geschenkt, damit du dich immer an diese Woche, in der du mich wirklich verrückt gemacht hast, erinnerst. Es waren tolle Nachmittage. Es ist ein toller Nachmittag. Das du mich vorhin geküsst hast, hat mich glücklich gemacht. Ich muss zugeben, dass ich mich wirklich nicht getraut hätte. Somit danke ich dir dafür, dass du den ersten Schritt gemacht hast. Danke!”, er beugte sich zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.

“Wie geht es jetzt weiter? Rei wird morgen wieder da sein.”, Usagi versank in seinen Augen. Mal wieder. Der Oberstufenschüler sah sie an, strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und warf dann den Kopf in den Nacken. Seufzte laut.

“Mamo-chan?”

“Soll ich ehrlich sein?”

”Ja.”

“Ich hab nicht die leiseste Ahnung. Noch nie in meinem ganzen Leben, und wir reden hier von achtzehn Jahren, war ich so planlos wie jetzt gerade. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht, was ich tun oder sagen soll. Mal ganz zu schweigen davon, wie ich mich Rei gegenüber verhalten soll. Du hast mich wirklich vollkommen durcheinander gebracht in den letzten Tagen, Usako.”

”Das tut mir leid.”

“Muss es nicht.”, er lachte auf und schaute sie an, “In der komplette letzte Woche hast du mein Leben auf den Kopf gestellt. Bis Montag dachte ich von dir nicht wirklich das Beste. Und das tut mir auch jetzt leid. Ich hätte nie im Leben vermutet, dass du so bist, wie ich dich erlebt habe. Du warst und bist wie ausgewechselt. Ich hab in den letzten Tagen den Stunden unserer Treffen entgegen gefiebert. Das ist auch ein Grund, warum ich heute zu dir gefahren bin. Ich weiß, dass ich mich wahrscheinlich gerade wie ein Vollidiot anhöre. Tut mir leid.”

”Du hörst dich nicht wie einer an.”, ihre Stimme war leise und vor der Frage, die sie jetzt stellen wollte, hatte sie ein wenig Angst, “Willst du mich wiedersehen?”

“Ja.”, er war selbst über seine laute Antwort überrascht.

“Ja?”

”Ja! Ich will dich unbedingt wiedersehen. Jeden Tag. Und wenn ich dafür wieder am Tisch mit deinem seltsamen Vater sitzen muss.”

“Dann müssen wir es Rei sagen.”

“Ich weiß. Und ich werde derjenige sein, hab ich Recht?”

Das Mädchen nickte. Wollte gerade antworten, als ihr Handy klingelte. Sie zog es ein wenig umständlich aus der Tasche und erschrak, als sie den Namen des Anrufers auf dem Display sah. Mamoru entging ihre Reaktion nicht:

”Rei!”

“Ja. Soll ich...”

”Ja, geh ran.”

Sie nickte nur und schob mit zitternden Fingern den grünen Telefonhörer über den Bildschirm und nahm das Handy ans Ohr:

“Hallo Rei!”
 

“Endlich erreich ich dich. Mensch, warum bist du denn nicht ans Handy gegangen?”, Rei klang hektisch und erleichtert zu gleich, “Ich hab schon gedacht, dir ist was passiert. Was kein Wunder wäre. Immerhin bist du wirklich der größte Tollpatsch, den ich kenne.”
 

“Ich hatte immer viel zu tun. Mamoru hat mich rumgescheucht.”
 

“Habt ihr euch vertragen?”
 

”Ja. Halbswegs. Warum rufst du eigentlich an?
 

“Ich wollte fragen, ob du weiß, wo Mamoru ist? Sein Handy ist scheinbar auf lautlos gestellt. Er geht nicht ran.”
 

“Mamoru, ähm...”, Usako blickte zu Mamoru. Er hatte teilweise mitgehört und bedeutete ihr nun zu sagen, dass sie mit ihm einen kleinen Spaziergang machte. Sowas war ja schließlich wirklich nicht verboten.
 

“Usagi, bist du noch dran?”
 

“Ja, sorry. Da war gerade so ein Rauschen in der Leitung. Was war nochmal mit Mamoru?”
 

“Ich hab gefragt, ob du weißt, wo er ist. Er geht nicht an sein Handy und zuhause ist er scheinbar auch nicht.”
 

“Er steht neben mir.”
 

“Neben dir? Aber wieso das denn?”
 

”Nach dem er mir gestern tierisch auf den Keks gegangen ist und rumgejammert hat, weil er nicht aus der Bude kommt, hab ich mir gedacht, ich zieh ihn mal auf die Straße. Wir sind gerade im Jubaan-Park.”
 

“Aha.”
 

”Soll ich was ausrichten?”
 

”Nein. Schon okay. Ich sehe ihn ja eh am Montag. Da kann er sich morgen noch von dir erholen.”, das Mädchen kicherte, “Und bring ihn wieder heil nach Hause.”
 

“Ich versuch’s.”
 

“Danke. Wir sehen uns sicher am Montag im Crown, oder?”
 

”Klar. Hab noch einen schönen letzten Tag in Kobe.”
 

“Danke. Bis übermorgen.”
 

”Bis dann!”, Usagi packte ihr Handy wieder in ihre Tasche. Sah dann zu Mamoru.

“Sie macht sich wirklich keine Gedanken darum.”

“Sie sieht mich nicht als Konkurrenz an.”

“Du klingst enttäuscht. Bist du immer noch sauer auf sie?”, er sah sie fragend an.

“Schon. Ich überlege schon seit Mittwoch, wie ich ihr sagen kann, dass ich ihren Beweggrund weiß. Aber immer wenn ich mir einen Satz überlegt habe, werde ich wütend. Und ich weiß, dass ich ihr den sicherlich genauso wütend an den Kopf schleudern werde. Und nun ist alles noch viel komplizierter geworden.”, sie lehnte sich gegen ihn. Ihr Herz schlug ihr wieder bis zum Hals. Seine Nähe machte sie wahnsinnig.

Er hatte den Arm um sie gelegt, näher an sich gezogen. Hätte er es gekonnt, hätte er die Zeit angehalten. Aber sowas war nicht möglich. Tief atmete er ihren Duft ein. Sie roch nach Pfirsich und Vanille. Mamoru hauchte ihr einen leichten Kuss auf den Haarschopf. Sie hatte ihm vorhin im Café eine Liebeserklärung gemacht. Mehr oder weniger. Aber ihre Worte hatten sein Herz berührt und ließen es seitdem in einem unregelmäßigen Takt schlagen. Er hatte nicht viel darauf geantwortet. Sie hatte ihn sprachlos gemacht. Und ohnehin war er schon immer der Typ Mensch gewesen, der nie viel über Gefühle sprach. Für ihn war Verliebtheit bisher immer nur eine wilder Vermischung chemischer Botenstoffe gepaart mit Hormonen gewesen. Doch Usagi ließ ihn diese Gedanken über den Haufen werfen. Ihm war klar, dass das zwar schon irgendwie so war. Aber trotzdem noch nicht alles. Er schluckte schwer. Doch er war sich sicher, dass er ihr das jetzt Folgende sagen sollte und musste. Irgendwie war er es ihr schuldig.

“Usako?”

”Hm?”, sie sah zu ihm auf.

“Du hast mich vorhin im Café gefragt, ob Liebe immer so kompliziert ist.”

Usagi nickte.

“Das was zwischen uns gerade ist, ist gar nicht so kompliziert. Es ist vielleicht neu für uns, weil wir es nicht gekannt haben, aber es ist nicht kompliziert. Auch wenn wir es unseren Freunden noch sagen und Reis Herz mehr oder weniger brechen müssen, ist es im Grunde doch ganz leicht. Ich meine, wir sitzen hier, oder?”

“Ja.”

“Wir haben uns geküsst, richtig?”

”Ja.”

“Also was ist daran kompliziert? Eigentlich ist doch alles klar.”

Das Mädchen hob eine Augenbraue und sah ihn verwirrt an:

”Worauf willst du hinaus?”

”Na was glaubst du?”

”Du meinst, dass wir, also du und ich, dass wir ein Paar sind?”

“Jepp!”, er grinste von einem Ohr zum anderen, “Oder siehst du da irgendwas anders?”

Sie schlug die Hände vor den Mund und in ihren Augen sammelten sich die Tränen. Sie wollte etwas sagen. Ihm erklären, dass sie vor Freude heulte. Doch stattdessen schlang sie einfach nur die Arme um seinen Hals und drückte ihre Lippen auf seine. Versank mit ihm in einem innigen Kuss, während die erste Träne ihre Wange hinunter kullerte. Sie spürte seine Hände auf ihrem Rücken und in ihrem Nacken. Wie er sie näher an sich zog. Als beide den Kuss nach einer gefühlten Ewigkeit beendeten, lehnte Mamoru seine Stirn an ihre. Sah ihr direkt in die Augen. Sah das Glück darin.

Sie waren glücklich.

Sie waren zusammen.

Sie waren verliebt.

Und sie waren unbesiegbar.
 

Mittlerweile war es dunkel draußen, als sie den Appartementblock von Mamoru erreichten.

Usagi hatte zuhause bereits angerufen und gesagt, dass es später werden würde. Mehr musste sie ihrer Mutter, die abgenommen hatte, nicht erklären. Vielleicht morgen oder nächste Woche. Aber nicht mehr heute. Heute wollte sie nur noch mit Mamoru auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer sitzen und den angebrochenen Schokoladenvorrat weiter plündern, dabei Kakao trinken und ihn ab und an küssen. Sie nahm seinen Schlüssel und schloss die Haustüre auf. Hielt sie ihm auf, während er an ihr vorbei humpelte und in Richtung Aufzug. Sie war natürlich schneller als er und betätigte den Knopf. Die Tür des Lifts sprang sofort auf und sie stiegen ein. Sie zog ein paar Haarklammern aus der Tasche und steckte sich die Haare zu ihren zwei Knoten zusammen. Erklärte es Mamoru damit, dass sie den Nacken gerne wieder etwas luftiger hätte und brachte ihn somit zum Schmunzeln.

Mamoru drückte sein Stockwerk. Dann zog er das Mädchen an sich ran und küsste sie. Ihre Lippen waren wie eine Sucht für ihn. Seit ihrem ersten Kuss sehnte er sich stetig nach mehr. Und sie lies ihn gewähren. Zu seinem Glück. Ihre zunächst zaghaften Küsse hatten sich in den letzten zwei Stunden zu intensiveren, leidenschaftlicheren gewandelt. Waren fordernd geworden. Und Mamoru fragte sich jedes Mal, warum sie sich nicht gleich bei ihrer ersten Begegnung geküsst anstatt gestritten hatten. Soviel wertvolle Zeit war verloren gegangen. Am liebsten hätte er sie für immer bei sich behalten.

Der Aufzug gab das Zeichen, dass sie das gewünschte Stockwerk erreicht hatten. Usagis Lippen trennten sich von seinen. Verlegen lächelte sie ihn an und drehte sich dann zur Tür. Ordnete ihre Kleidung ein wenig, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Langsam schob sie dir Türe auf. Mamoru war neben sie gehinkt und stubste sie liebevoll an. Sie grinste nur:

”Warte wenigstens bis wir bei dir sind.”

”Warum denn, war doch keiner sonst da drin außer uns beiden.”

“Baka.”

”Ich dich auch!”

Sie lachte. Genau wie er.

“Da seid ihr ja endlich.”

Erschrocken verstummten sowohl Mamoru als auch Usagi und sahen nach vorne. Den Gang entlang.

“Rei.”, Mamorus Stimme war rau, “Was machst du hier? Ich dachte, du kommst erst morgen Nachmittag. Und wir sind doch auch erst für Montag verabredet.”

Die Schwarzhaarige kam fröhlich auf ihn und ihre Freundin zu. Umarmte erst Usagi, die stocksteif dastand und keine Worte fand. Dann umschlang sie Mamoru. Schmiegte sich an ihn:

”Opa und ich haben schon den heutigen Zug genommen. Ich wollte dich überraschen, deswegen habe ich dir nichts gesagt. Sorry für die kleine Notlüge. Aber ist das nicht toll?”

”Ich mag keine Überraschungen.”

“Ach komm schon, Mamoru. Freu dich doch mal. So können wir den ganzen Sonntag zusammen verbringen. Nur du und ich. Dann können wir spazieren gehen.”

”Ich war heute schon genug spazieren, stimmt’s Usagi?”

Ihr voller Name jagte dem genannten Mädchen einen Schauer über den Rücken. Seine Stimme klang kalt und fremd. Sie versuchte die Tränen zurückzuhalten. Nickte nur.

“Dann machen wir es uns eben auf dem Sofa gemütlich und schauen einen unserer Lieblingsfilme.”

Usagi wurde schlecht. Allein die bloße Anwesenheit von Rei ließ ihr speiübel werden.

“Danke, dass du ihn zurück gebracht und auf ihn aufgepasst hast, Usagi.”, die Schwarzhaarige drückte ihre Freundin erneut.

“Kein Ding. War schon okay mit ihm.”, sie schaute ihrer Freundin nicht in die Augen und stattdessen zu Mamoru. Sie sah seine Angst darin. Vermischt mit Wut und Frust und sie konnte all diese Gefühle nur allzu gut nachvollziehen.

“Jetzt kümmere ich mich wieder um ihn.”

“Tu das. Ich muss los.”

Ohne ein weiteres Wort rannte Usagi zurück zum Aufzug. Drückte verzweifelt auf den Knopf und rannte schlussendlich doch die Stufen hinunter. Ihre Finger umklammerten fest den Anhänger um ihren Hals. Es war vorbei. Es war vorbei, noch ehe es richtig beginnen konnte. Rei war zurück und hatte unmissverständlich klar gemacht, dass sie Mamoru wollte. Entfernt hörte sie ihren Namen. Hielt an und schaute im Treppenhaus nach oben. Sah sein Gesicht. Doch sie schüttelte nur den Kopf und rannte weiter hinab. Durch das Foyer, an den Briefkästen vorbei und hinaus.

Zurück blieb eine sich wundernde Freundin, die sich aber keine großen Gedanken um Usagi machte und ein verwirrter und wütender Mamoru. Er verfluchte seinen Muskelfaserriss. Ohne Krücken wäre er ihr jetzt hinterher gehechtet. Egal was Rei dann gedacht hätte. Doch so konnte er nichts tun, als ihren Namen zu rufen. Ohne ein Chance sie dadurch aufzuhalten. Sein Herz schrie nach ihr.

Sein Verstand schallte ihn einen unsäglichen Dummkopf.

That's what friends are for

Es regnete in Strömen. Hart und laut prallten die Regentropfen auf den Asphalt. Trommelten auf die wandernden Regenschirme der Leute und liefen an den Fenstern hinab. Lieferten sich dabei kleine Rennen. Die Wolken hingen schwer am Himmel und der Wind blies rasch durch die Straßen. Der Herbst hatte mit Wochenbeginn in Japan Einzug gehalten und ließ nichts mehr von den warmen Sommermonaten erahnen. Die Menschen waren dick in ihren Klamotten eingepackt. Einige trugen bereits einen Schal. Doch die meisten von ihnen Gummistiefel.

Das blonde Mädchen mit den zwei Haarknoten saß missmutig am Stammtisch im Crown. Rührte ihren Milchshake immer und immer wieder um, ohne bis jetzt überhaupt einen Schluck davon getrunken zu haben. Ihre Gedanken waren meilenweit weg. Nur ab und an tippte sie das Display ihres Handys an, um erneut festzustellen, dass die Zeit nicht schneller vorbei gegangen war und sie auch keine Nachricht erhalten hatte. Letzteres verhagelte ihr am meisten die Stimmung. Vorallem weil sie den Grund dafür kannte. Und den hasste sie seit zwei Tagen abgrundtief. Mittlerweile auch vollkommen beabsichtigt.

“Hey, Usagi. Was hälst du davon?”

Eine Hand auf ihrer Schulter riss die Genannte aus ihren trüben Gedanken. Fragend blickte sie ihre Freundin an:

”Was ist, Ami?”

“Wir wollten nachher noch zu Rei und ihr Hallo sagen. Du kommst doch mit, oder?”

”Ich denke, sie ist nicht zuhause.”, Usagi stand auf und drängelte sich vorbei in den Gang, “Sie ist bei Mamoru.”

Die Mädchen hatten den knurrenden Unterton in der Stimme ihrer Freundin vernommen. Vorallem wie sie Reis Namen ausgesprochen hatte. Makoto und Ami schauten Usagi hinterher, während Minako nur laut seufzte. Die Blondine ahnte, was in ihrer Freundin vorging. Doch sie behielt es für sich. Zumindest vor den anderen. Es würde nur wieder Streit geben und darauf hatte sie keine Lust. Aber sie fühlte mit Usagi.

Die ging geradewegs zu Motoki an den Tresen, setzte sich auf einen der Hocker. Ihren Milchshake hatte sie am Tisch stehen lassen. Ihr war heute absolut nicht nach Schokolade. Überhaupt war ihr nicht nach Essen zumute. So wie schon gestern nicht. Selbst das Essen ihrer Mutter hatte sie am gestrigen Tag verschmäht. Seit dem Kuchen vom Samstagnachmittag hatte sie nichts mehr gegessen. Ihr Bento blieb in der Schule unangerührt. Genauso wie die Kekse die Makoto mitgebracht hatte. Nicht einmal ihr Magen knurrte. Alles war ihr egal. Am liebsten wäre sie heute Morgen nicht einmal mehr aufgestanden.

“Er hat es mir gesagt.”

Langsam hob das Mädchen ihren Blick, sah in die verständnisvollen Augen von ihrem besten Freund. Tränen sammelten sich in ihren Augen.

“Wir haben ziemlich lange deswegen telefoniert.”

Sie schwieg. Die erste Träne lief ihre Wange hinab.

“Nicht weinen. Ihr werdet einen Weg finden.”

”Und wie? Wir haben vielleicht eine Idee, aber ich glaube, dass klappt nicht.”, sie schluchzte leise und wischte sich trotzig eine Träne weg.

“Ich weiß es nicht. Aber ihr habt einen Weg gefunden, trotz eurer Streitereien ein Paar zu werden. Ihr seid ineinander verliebt, oder?”

Sie nickte nur.

“Siehst du. Und solche Paare finden immer eine Lösung. Auch ihr, die wie füreinander geschaffen sind.”, er ging um den Tresen herum und zog sie in seine Arme, “Ihr müsst Rei reinen Wein einschenken. Selbst wenn es ihr weh tut. Aber ihr könnt doch am wenigsten dafür, dass ihr euch ineinander verliebt habt.”

Motoki schob sie ein wenig von sich. Lächelte sie aufmunternd an:

”Obwohl ich schon länger geahnt habe, dass mehr hinter eurer Zofferei steckt, als ihr zugeben wolltet.”

Das Mädchen sah, wie Minako nun ebenfalls zu ihnen herüber kam. Gefolgt von den Blicken ihrer beiden anderen Freundinnen. Usagi war klar, dass Ami und Makoto kein Wörtchen von Minako erfahren hatten.

“Na ihr zwei.”

”Hey Mina. Ich hab versucht zu trösten. Mamoru und ich haben gestern telefoniert.”

“Danke, Motoki.”, die Blondine grinste ihn dankend an, “Also weißt du auch, was passiert ist. Was denkst du?”

“Das gleich wie vor zwei Tagen. Und das habe ich unserer Usagi eben auch gesagt.”

“Ihr zwei seid so lieb.”, erneut musste Usagi schluchzen. Sie wusste, dass sowohl Motoki als auch Minako gestern am Telefon Recht hatten. Sie wollte ihnen beiden so gerne glauben, dass alles wieder gut werden würde. Doch ihre Hoffnung auf ein Happy End war verschwindend gering. Müde und erschöpft setzte sie sich wieder auf den Hocker, von dem ihr bester Freund sie Minuten zuvor gezerrt hatte. Stützte ihr Gesicht in die Hände und betrachtete versonnen das Regal mit den Gläsern an der gegenüberliegenden Wand.

“Mamoru und ich haben gestern Abend noch Nachrichten geschrieben.”

Die beiden anderen traten näher an sie heran. Usagis Stimme war leise und bebte leicht.

“Sie war den ganzen Tag bei ihm. Von morgens um zehn bis abends um acht. Sie hat ihm ein Bento mitgebracht und Zitronenbonbons. Die mag er nicht. Dann haben sie Liebesfilme geschaut, obwohl auf NHK 3 Thementag war und sie dort Reisedokus über Europa brachten. Die wollte er unbedingt sehen. Aber sie hat mit ihm ‘Dirty Dancing’, ‘Schlaflos in Seattle’ und andere Schnulzen geschaut. Insgesamt hatte sie zehn DVDs dabei. Er hat wohl an die vier Liter Tee getrunken. Sie ist der Auffassung, dass das besser für ihn sei. Ich glaube, Mamo-chan leidet schon an Koffeinentzug.”

Motoki und Minako tauschten Blicke aus. Ihnen war klar, dass Usagi den Namen Rei nicht in den Mund nehmen wollte. Sie waren sich beide sicher, dass sie auch nicht efersüchtig war auf ihre eigentliche Freundin. Ohnehin hatte sie auch keinen Grund dazu. Immerhin wusste sie, wem Mamorus Herz gehörte. Und dessen konnte sie sich sicher sein. Es war viel mehr der Groll darüber, dass sowohl sie selbst als auch Mamoru fast machtlos gegenüber der Schwarzhaarigen waren.

Beide wollten niemandem wehtun.

Beide wollten keinen Unmut oder Hass und Missgunst sähen.

Beide wollten einfach nur glücklich sein. Irgendwie.

“Muss denn alles so kompliziert sein?”, Usagi legte ihre Stirn auf den kühlen Tresen und schloss die Augen. Wie gerne hätte sie jetzt in Mamorus Armen gelegen. Ihn geküsst und Schokolade mit ihm gegessen. Sie bekam Herzklopfen bei diesen Gedanken.

“Gott, ich bin schon so verknallt, dass ich mir einbilde, ihn zu riechen.”, sie kicherte leise und wurde rot um die Nase.

“Ähm, Usagi. Das ist keine Einbildung.”

Erschrocken riss die Blondine die Augen auf und folgte dem Blick ihrer Freundin und dem Motokis. Drehte sich langsam auf dem Hocker um. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und erhöhte ihren Blutdruck. Gleichzeitig verschwand die Röte auf den Wangen und eine nie vorher dagewesene Blässe breitete sich in ihrem Gesicht aus.
 

Er wusste nicht, warum er zugestimmt hatte. Reis Vorschlag ins Crown zu gehen, wollte er unbedingt ablehnen. Doch sie ließ sich nicht davon abbringen. Ihr Hauptargument war, dass er schließlich auch mit Usagi spazieren war. Also zog sein Argument mit der Schonung des Beines nicht mehr. Schlecht gelaunt, aber ohne es sich anmerken zu lassen, war er schließlich mitgekommen. Mamoru wollte mit dem Bus fahren, aber Rei hielt es für zu gefährlich. Als er ihr erzählte, dass er auch mit Usagi Bus gefahren sei, regte sie sich sogar darüber auf und bestellte anschließend ein Taxi. Natürlich auf seine Kosten. Die ganze Fahrt über war ihm bewusst gewesen, im Crown auf Usagi zu stoßen. Er wusste, dass sie es Minako gesagt hatte. Sich ihr anvertraut hatte so wie er sich Motoki. Und dennoch traf es ihn wie ein Kübel voll Eiswasser, als er sie auf dem Hocker sitzen sah. Er musste schwer schlucken und sah, wie sie blass wurde. Ihm ging es nicht anders. Um vor Aufregung das Gleichgewicht nicht zu verlieren, stützte er sich mit aller Kraft auf seine Krücken, während er Usagi einfach nur anstarrte. Sein Blick wurde von ihr erwidert und er verlor sich in ihren blauen Augen. Vergaß alles um sich herum. Nur dumpf nahm er wahr, wie zwei Mädchen auf Rei, die neben ihm stand, zu stürmten und sie begrüßten.

Rei freute sich ihre Freundinnen wiederzusehen. Umarmte Ami und Makoto und ging dann auf Minako zu. Die Blondine schloss sich der Umarmung an, aber nicht ganz so herzlich wie die beiden anderen Mädchen.

“Usagi!”

Die Genannte fuhr herum und fand sich ebenfalls in Reis Armen wieder. Mehr als widerwillig umarmte sie die Schwarzhaarige ebenfalls. Murmelte ein Hallo.

“Süße, du siehst blass aus. Bist du krank?”

Usagi schüllte den Kopf.

“Danke nochmal das du auf meinen Mamoru aufgepasst hast.”

”Nichts zu danken.”, das blonde Mädchen schaute erneut zu dem jungen Mann auf Krücken. Ihr Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals. Und am liebsten hätte sie ihre auf seine Lippen gepresst.

“Aber sag mal, warum bist du vorgestern so schnell weggewesen?”

“Hatte vergessen, dass ich noch mit Naru verabredet war.”

Mamoru entging es nicht, dass die Antwort sehr mechanisch und wie auswendig gelernt klang. Scheinbar hatte sie sich schon einen passenden Plan zurecht gelegt. Humpelnd kam er näher:

”Hey.”

”Hey.”

“Wie gehts dir?”

”Gut. Und selbst?”

“Alles gut.”

Den anderen war nicht entgangen, wie normal sich Usagi und Mamoru unterhielten. Aber nur Motoki und Minako fiel die knisternde Spannung zwischen den beiden auf.

“Hast du dich heute selbst mit Koba-kun getroffen?”

“Hab ihn angerufen. Wir treffen uns hier.”

”Cool.”

”Ja, cool.”

”Dann kommst du auch ein bisschen an die frische Luft, du Stubenhocker.”

“Irgendwie muss ich ja die ganze Schokolade wieder runter bekommen.”, lachte er.

“Oh ja, bist ganz schon dick geworden.”, grinste sie ihn ebenfalls an.

“Hast du ihn etwa mit deiner Schokolade vollgestopft?”

Erschrocken sahen sich die beiden Verliebten um und in das leicht empörte Gesicht von Rei.

“Also echt mal, Odango! Du kannst ihm doch nicht nur Schokolade zu essen geben. Mein Mamoru ist sportlich und sicherlich nicht so verfressen wie du.”

Usagi blieb der Atem weg und sie taumelte für den Bruchteil von Sekunden. War froh, als Minako sie von hinten stützte. Rei hatte gerade den Spitznamen benutzt, den Mamoru ihr verpasst hatte. Und auch nur er durfte ihn benutzen. Wut brodelte in ihr auf. Kurz blickte sie zu Mamoru und sie las in seinen Augen, dass es ihm nicht anders ging.

“Hey Rei, lass das.”

Die Schwarzhaarige drehte sich zu ihm um:

”Aber stimmt doch. Du bist doch nicht so ein Schokofreak wie sie.”

”Es geht auch nicht darum, ob ich Schokolade mag oder nicht. Und nebenbei bevorzuge ich Schokolade mehr als Zitronenbonbons. Aber es geht darum, wie du sie genannt hast.”

”Odango. Na und?”, Rei war sich ihres Fehlers nicht bewusst, “Du nennst sie doch auch so.”

“Und genau da liegt der Unterschied!”

Alle zuckten zusammen, als Usagi Rei fast schon niederbrüllte. Die Wut in ihr war zur Explosion gekommen und prasselte jetzt ungehallten auf die Schwarzhaarige nieder, die sie verblüfft anstarrte.

“Mamoru nennt mich so. Es ist sein Spitzname für mich. Genauso wie ich ihn als einzige Baka nenne. Nur ich darf das. Und auch nur er darf mich ungestraft Odango Atama nennen. Er und nicht du. Nicht du Rei.”, Usagi schnaubte vor Wut.

“Was ist denn in dich gefahren. Ich hab dir doch überhaupt nichts getan.”

Ihre Freunde um sie herum hielten die Luft an. Lediglich die Regentropfen die gegen die Scheiben prasselten, waren zu hören. Das blonde Mädchen ging einen Schritt auf Rei zu. Tippte ihr mit dem Zeigefinger zwischen die Schlüsselbeine und funkelte sie dabei böse und furchterregend an:

”Du hast mir nichts getan? Du hast mich beleidigt.”

Erstaunt sah Rei ihre Freundin an.

“Du hast mich unter fadenscheinigen Gründen überredet, Mamoru die Hausaufgaben zu bringen. Weißt du, wie bescheuert ich mir vorkam, als er meinte, du hättest ihm nichts gesagt? Wir beide hatten nicht den leistesten Schimmer von deinem dummen Beweggrund. Solange, bis es Mamoru aus dir rausgequetscht hat. Und der ist sowas von mies.”

Sie hatte sich in Rage geredet und scheinbar hingen ihr alle an den Lippen. So sehr, dass sie nicht einmal mitbekommen hatten, wie neue Gäste das Café betraten.
 

Mamoru fuhr herum, als ihm jemand auf die Schulter tippte. Kobajashi und Kiriko standen vor ihm und sahen ihn fragend an. Scheinbar hatten sie den Streit mitbekommen. Der Schwarzhaarige schüttelte nur den Kopf:

”Fragt nicht.”

Kiriko sah an ihrem Schulfreund vorbei. Sah, wie ihre neue Freundin Usagi ein anderes Mädchen böse anschaute.

“Sag schon, Mamoru. Was ist los?”, Kobajashi war mehr als neugierig geworden.

“Rei hat Usagi gerade Odango genannt.”

”Autsch!”

”Jepp. Jetzt ist Usagi ausgerastet und wirft ihr auch andere Dinge an den Kopf. Ihr wisst schon, den Beweggrund.”

”Oh.”, Kiriko zog eine Augenbraue hoch und ging schnurrstracks an den beiden jungen Männern vorbei. Schon von Anfang an war Usagi ihr mehr als symphathisch gewesen. Und ihr war klar, dass sie ihre neue kleine Freundin aus dieser Situation herausholen musste.

“’Tschuldigung!”, sie drängelte sich an Rei vorbei, “Hey Usa!”

“Kiriko!”

“Ach wie schön, dich zu sehen.”

”Hallo Kirko.”

Das Mädchen drehte sich um. Ihr Blick verriet alles:

”Oh. Guten Tag Rei. Hab dich gar nicht gesehen.”

Schnell wandte sie sich wieder Usagi zu. Beugte sich an deren Ohr:

”Alles okay?”

Die Blondine nickte.

“Willst du reden?”

“Unbedingt! Mina, kommst du mit?”

“Ja.”, sie Angesprochene folgte den beiden anderen an einen Tisch am anderen Ende des Crown. Verblüfft schaute Rei ihnen hinterher und wandte sich dann Mamoru zu:

”Was war das denn?”

”Vergiss es Rei.”, Mamoru versucht sie zu ignorieren, “Koba, wie schauts aus? Ich lad dich auf einen Kaffee ein.”

Der Mitschüler nickte nur und folgte seinem Kumpel an den Tresen. Beiden ließen Rei einfach stehen, die missmutig zu Ami und Makoto ging. Ihnen an den Stammtisch folgte und sich dort auf die Sitzbank fallen ließ.

“Was ist denn mit Usagi los? Hat die ihre Tage?”

“Keine Ahnung.”, Ami hob die Schultern, “Sie hat ihren Shake auch nicht angerührt und war irgendwie abwesend. Vielleicht hat sie wieder Stress mit ihren Eltern.”

”Aber den muss sie ja nicht an mir auslassen.”

”Du hättest sie vielleicht nicht Odango nennen sollen.”

“Mensch, Mako! Das war ein Witz. Ich kann doch nichts dafür, wenn die so doof ist und es nicht versteht.”

”Scheinbar fand es Mamoru auch nicht witzig. Ist denn zwischen euch alles in Ordnung?”

”Ja. Wir haben gestern den ganzen Tag miteinander verbracht.”, die Schwarzhaarige geriet ins Schwärmen.
 

Am anderen Ende des Crown hatte Usagi Kiriko alles erzählt. Wirklich alles. Angefangen von den eindeutigen Situationen in Mamorus Wohnung bis hin zum Kuss. Beide Freundinnen seufzten so laut auf und quietschten vor Freude, dass Kobjashi ihnen zurief:

”Ich hab es auch gerade erfahren. Einfach hammer!”

Die drei Mädchen kicherten dabei und Usagi erwiderte Mamorus Blick, den er ihr zuwarf. Es tat gut, dass sie das Geheimnis um ihre Liebe nicht komplett wahren musste, sondern mit anderen teilen konnte. So eine gewisse Unterstützung hatte mit Sicherheit Vorteile, wenn es zum großen Knall kam. Und der war unvermeidlich.

“Also seid ihr jetzt zusammen?”, Kiriko sah sie freudestrahlend an.

“Nicht offiziell fürchte ich. Mamo-chan hat es Rei noch nicht gesagt. Und ich werde es sicher nicht tun. Immerhin ist er ihr Schwarm, also soll er ihr mal schön selbst das Herz brechen. Außerdem hab ich ihr im Moment sowieso nichts zu sagen.”

“Versteh ich. Aber wie wollt ihr es bewerkstelligen, euch zu sehen. Immerhin bringt sie ihm jetzt wieder die Hausaufgaben.”

“Wird sie nicht.”

”Hä?”

Usagi grinste nur geheimnisvoll und rief dann nach Kobajashi. Der ließ sich nicht zweimal bitten und kam zu ihnen herüber.

“Was gibt’s, Mondhase.”

“Mondhase?”

”Besser als Odango Atama, oder?”

“Du bist so doof.”, Usagi konnte nicht anders, als laut zu lachen. Und es war ihr dabei egal, wie irritiert Rei und die anderen beiden zu hinüber schauten.

“Ich weiß. Sagt Kiri-chan auch immer. Stimmt’s?!”

Seine Freundin nickte nur lachend.

“Hat er es dir erklärt?”

“Was erklärt?”, Minako sah fragend zwischen dem jungen Mann und ihrer Freundin hin und her. Kiriko erging es nicht anders.

“Hat er.”

“Was habt ihr vor?”, Kiriko war zunehmend verwirrter.

“Mamoru wird Rei sagen, dass wir beide, du und ich Kiriko, jeden Tag zu ihm nach Hause gehen werden. Mit den Hausaufgaben und um zu lernen.”

“Wird Rei nicht versuchen, mit euch lernen zu wollen.”, Minako sah ihn fragend an.

”Nein. Mamoru wird dem einen Riegel vorschieben.”, grinste Kobajashi.

“Also haben wir die Nachmittage nicht mehr für uns?”, seufzte Kiriko.

“Aber sicher habt ihr die. Denn ich komme wie letzte Woche jeden Tag zu euch an die Schule und bring Mamo-chan dann die Aufgaben.”

“Seid ihr euch sicher, dass das gut geht?”

”Nein.”, Usagi schüttelte den Kopf, “Aber auf die Schnelle war es das einzige, was uns einfiel.”

“Ihr könntet auch einfach Rei alles sagen.”

“Nein Kiriko. Das können wir nicht. Mina hatte schon Streit mit Ami und Mako. Die beiden stehen auf Reis Seite. Ich will sie nicht als Freundinnen verlieren. Und Rei eigentlich auch nicht.”

”Aber eure Freundschaft wird sich verändern. Egal wie.”

”Ich weiß. Aber lasst es uns doch versuchen.”

”Usagi hat Recht.”, stimmte Minako zu, “Ich stehe hinter dem Plan und geb euch Rückendeckung. Motoki weiß es doch sicher auch schon, oder?”

Kobajashi nickte ihr zu.

“Und vielleicht merkt es Rei auch von selbst, dass Mamoru nichts für sie empfindet und stattdessen total in unsere Usagi verknallt ist.”

Kiriko sah zwischen ihrem Freund und den beiden Mädchen hin und her. In allen drei Augenpaaren war Entschlossenheit zu sehen. Sie wollten den Plan versuchen. Was es auch kostete. Am längsten ruhte ihr Blick auf Usagi. Das Mädchen sah, wie sehr ihre Freundin hoffte, dass sie ihr half. Überlegend drehte sie sich um und sah zu Mamoru, der am Tresen saß. Auch sein Blick war bittend. Leise seufzte sie. Ihre Augen huschten weiter bis zum Tisch, an dem Rei saß. Kiriko beobachtete, wie das schwarzhaarige Mädchen verlegen kicherte und sie immer wieder zu dem jungen Mann am Tresen blickte. Dann wandte sie sich wieder um.

“Okay, ich helfe euch.”

“Danke!”, Usagi krabbelte über den Tisch und umarmte ihre Freundin.

“Nichts zu danken.”

“Ich sag’s den Jungs.”, damit verabschiedete sich Kobajashi wieder.

Usagi blickte noch einmal zum Tresen. Versank wieder in Mamorus Augen, der ihren Blick erwiderte. Unmerklich nickte sie. Sah sein strahlendes Lächeln, als Kobajashi ihm scheinbar sagte, dass Kiriko und Minako mit an Bord waren.

Minako und Kiriko entging das Verhalten des Mädchens nicht. Sie lächelten und holten die Blondine nach einigen Minuten wieder in die Realität zurück. Noch immer waren sie neugierig und baten sie darum, erneut zu erzählen, wie sie sich in Mamoru und er sich in sie verliebt hatte. Inklusive den Streitereien.
 

Es war schon fast sechs, als Kiriko aufstand.

“Ich muss los.”

Die beiden anderen nickten und erhoben sich ebenfalls. Gemeinsam gingen sie zum Tresen, an dem immer noch die jungen Männer saßen und lachten. Kiriko legte ihre Arme um den Bauch Kobajashis und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Die beiden sahen sich verliebt an. Minako und Motoki grinsten nur breit und ihre Blicke glitten zu dem zweiten jungen Mann am Tresen und dem blonden Mädchen.

Mamoru und Usagi standen nebeneinander. Von den anderen unbemerkt berührten sich sachte ihre Finger. Nur kurz aber bedeutsam. Schüchtern blickte Usagi ihn an. Leckte sich unbewusst über die Unterlippe, biss sachte drauf. Sie konnte in seinen ozeanblauen Augen lesen, was er dachte. Genauso wie sie ihn wollte er sie küssen. Schlagartig machte sich die Sehnsucht in beiden breit.

“Na gut, dann wollen wir mal.”, Kobajashi riss beide aus ihren Gedanken, “Schließlich können wir nicht alle so schön zuhause bleiben und ausschlafen wie der liebe Mamoru hier.”

“Ist ja nicht so, dass er es sich ausgesucht hätte.”

Erschrocken fuhr der Schüler herum und sah Rei. Das Mädchen schob sich an ihm und seiner Freundin vorbei und zwischen Usagi und Mamoru.

“Wollt ihr schon gehen?”

“Wüsste nicht, ob es dich was angeht.”, Kiriko sah sie abschätzend an, “Also Mamoru, bleibt es dabei?”

Der Genannte wusste sofort, was seine Schulfreundin meinte:

”Ja klar. Also dann morgen um halb fünf bei mir?”

“Oh, ihr kommt uns besuchen?”

”Nicht uns, Rei.”, Mamoru sah auf das Mädchen, dass er mittlerweile als Klette empfand, herab, “Zu mir.”

”Aber ich bin doch nachmittags auch bei dir.”

“Nein, ab morgen nicht mehr. Da sind dann wir da und lernen mit Mamoru. Er muss definitiv wieder auf unser Level kommen.”

“Da kann ich doch gleich mitlernen. Und die anderen auch.”, plapperte Rei munter weiter und bemerkte nicht, wie Usagi und Minako genervte Blicke austauschte.

“Lass mal. Ich werde mich besser konzentrieren können, wenn ich mit den beiden lerne. Außerdem können sie es mir gleich erklären.”

“Hm, wann sehen wir uns denn dann?”

“Ich meld mich einfach bei dir, okay?”

“Okay.”, sie konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen und wandte sich an Ami, “Dann lernen wir also wieder zusammen?!”

“Klar doch. Morgen wieder bei dir nach der Schule?”

“Ja.”

”Ihr kommt doch auch, oder?”, Makoto sah zu Usagi und Minako.

Usagi schüttelte den Kopf. Genau wie Minako.

“Wieso denn nicht?”

“Ich hab keine Lust mit jemandem zu lernen, der denkt, ich sei nicht hübsch genug für die Männerwelt.”

In Sekundenbruchteilen wanderten die Blicke der Anwesenden zwischen der Blondine und der Schwarzhaarigen hin und her. Letztere war geschockt.

“Schau nicht so, Rei. Ich kenn den Grund, warum du mich auf Mamoru angesetzt hast. Das habe ich dir vorhin schon gesagt. Du denkst, ich sei nicht so hübsch wie du und somit keine Konkurrenz.”

”So hab ich das nicht gemeint.”

“Schon okay. Mir ist es auch ziemlich egal, was du denkst. Ich weiß, dass ich ganz gut aussehe.”

”Ich hab damit gemeint, dass...”

”Erspar es mir. Ich werd nach der Schule heimgehen und da lernen. Und zur Not geh ich zu Mina und lass es mir von ihrem Privatlehrer erklären.”

”Du hast einen Privatlehrer?”, Ami starrte ihre Freundin an.

“Ja, meine Eltern waren der Ansicht, dass das mehr bringt.”, es war nur die halbe Wahrheit. Der Lehrer kam nur zweimal die Woche, aber das mussten die anderen ja nicht wissen.

“Sag mal, was zur Hölle ist dir eigentlich über die Leber gelaufen?”, fuhr Rei Usagi mit einem Schlag an, “Kaum bin ich zurück und begrüße dich, lässte du deine Launen an mir aus. Ja okay, es war ein Fehler, dich Odango zu nennen oder mein Grund wegen der Pflege von Mamoru. Aber das ist noch kein Grund mich niederzumachen. Mamoru ist sonst doch immer dein Blitzableiter.”

Usagi lachte leise auf. Schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte sie doch mit einem Mal reinen Tisch gemacht. Doch sie schob den Gedanken schnell wieder beiseite. Stattdessen ging sie nur zur Garderobe und nahm sich ihre Jacke. Minako folgte ihr.

“Mamoru, jetzt sag doch auch mal was.”, Rei sah ihren Schwarm flehend an.

“Vergiss es. Ich halte mich raus. Du weißt sowieso, dass ich deinen Beweggrund auch bescheuert finde.”, er stand vom Hocker auf und schnappte sich seine Krücken, humpelte ebenfalls zur Garderobe. Dicht stand er neben seiner Usako. Sie griff nach seiner Jacke und half ihm beim Anziehen. Beobachtet von allen, lächelten sie sich an.

“Ich wusste gar nicht, dass du auch zu anderen so unfreundlich sein kannst, Baka.”

“Ha, ich dachte, wir hatten das geklärt, Odango.”

Rei sah die Szene. Ein komisches Gefühl beschlich sie, doch sie verdrängte es schnell wieder. Der Gedanke war zu absurd. Ihre Augen wanderten zu Kiriko und Kobajashi, die zu den anderen beiden gingen und sich von ihnen verabschiedeten. Die Schwarzhaarige hatte sich bemüht, mit Kiriko Freundschaft zu schließen. Von Anfang an war sie nett zu ihr gewesen. Hatte sie mit Respekt behandelt. Doch die Oberstufenschülerin war immer leicht abweisend gewesen und Rei hatte das Gefühl gehabt, dass Kiriko einfach nichts mit ihr zutun haben wollte. Auch Kobajashi war zurückhaltend gewesen. Und jetzt sah sie die beiden zusammen mit Usagi. Die drei kannten sich jetzt erst seit einer Woche und trotzdem erschien es, als wären sie schon ewig befreundet. Selbst Minako hatte einen guten Draht zu ihnen. Leise seufzte sie. Ihr war klar, dass ihre Freundin Usagi schon immer gut auf Leute zugehen konnte. So hatte sie sie auch kennen gelernt.

“Kommst du, Rei?”, Ami sah das Mädchen an.

“Ja.”

Mit Makoto und Ami ging sie nun ebenfalls zur Garderobe. Nahm sich ihre Jacke.

“Hey, Kiriko.”, Usagi grinste, “Danke nochmal!”

”Dafür sind Freunde da, Usa.”

“Ja, aber du weißt, wie ich’s meine.”

Kiriko kicherte nur. Umarmte die Blondine und auch Minako, die sie schnell ebenfalls ins Herz geschlossen hatte. Dann wandte sie sich an Kobajashi und harkte sich bei ihm ein. Beide winkten ihnen noch einmal zu und verschwanden dann aus dem Crown.

“So, wir sind dann auch mal weg.”, Usagi umarmte Motoki und auch Ami und Makoto. Blieb dann unschlüssig vor Mamoru stehen. Sie sahen sich in die Augen und fingen an zu lachen, bevor sie sich umarmten. Es war nur kurz, aber Minako und Motoki sahen, was es beiden bedeutete, sich zu spüren. Nach wenigen Sekunden ließen sie voneinander ab und Usagi folgte ihrer Freundin durch die Schiebetür nach draußen.
 

Die Blondine saß auf ihrem Bett. Bis eben hatte sie noch die Telefonleitung blockiert, indem sie zwei Stunden mit Minako quatschte. Sie hatten zwar auch am Nachmittag ausgiebig geplaudert, aber das Mädchen war so aufgeregt, dass sie gar nicht anders konnte, als alles nochmal zu bereden. Sie war glücklich. Ganz egal was sie Rei an den Kopf geworfen hatte. Oder was die jetzt von ihr dachte. Nur ewig hätte sie ihren Zorn ohnehin nicht mehr zurück halten können. Und es war wahrscheinlich ohnehin nur die Vorstufe von einem Streit, der bald richtig knallen würde. Aber daran wollte sie nicht denken. Lieber dachte sie an die bevorstehenden Tage mit Mamoru. Mit ihrem Freund. Auch wenn es erstmal eine geheime Angelegenheit sein würde.

Gedankenverloren streichelte sie ihre Katze, die auf ihrem Schoß lag, als ihr Handy sie aus den Gedanken riss. Behutsam nahm sie Luna und legte sie neben sich auf das Kissen, bevor sie neugierig ihr Handy nahm und es aufklappte:

”Hallo Mondhase. Gut nach Hause gekommen?”
 

Gelangweilt laß er in seinem Biobuch, als sein Handy vibrierte. In Sekundenschnelle war das Buch vergessen:

”Mondhase? Hat dir das Koba-kun gesagt?”
 

“Möglich. Also, gut heim gekommen?”
 

“Ja. Und du?”
 

“Rei hat wieder ein Taxi bestellt. Dieses Mal auf ihre Kosten.”
 

“Uh, wie gemein. Ich freu mich auf morgen. Werde versuchen, nicht nachzusitzen.”
 

”Ich mich auch. Ja, sei pünktlich. Ich hoffe, dass wir es eine Weile durchziehen können. Auch wenn ich weiß, dass es womöglich ein Fehler ist.”
 

“Wenn es auffliegt, sind wir geliefert.”
 

“Willst du es absagen?”
 

“Nein! Auf keinen Fall! Ich will mit dir zusammen sein, Mamo-chan. Ganz egal, was ich riskieren muss. Es hat lang genug gedauert, dass wir es kapiert haben.”
 

“Stimmt. Es ist schon spät. Du solltest ins Bett, wenn du morgen pünktlich in der Schule sein willst.”
 

“Bin schon im Bett. Muss nur noch schlafen.”
 

”Dann tu das. Schlaf süß und hab schöne Träume. Ich liebe dich, mein Mondhase!”
 

“Du auch. Ich liebe dich auch, Mamo-chan.”, er las ihre Worte mindestens zwei Dutzend mal. Erst dann machte er das Licht auf dem Nachtschrank aus und schloss die Augen. Ihm war klar, dass es jetzt keine leichte Zeit werden würde. Immerhin riskierten sie viel. Doch das war es ihm wert. Usako war es ihm wert, dass er allen vor den Kopf stoßen würde. Das sie einen Teil ihrer Freunde hintergehen würden.

Don't worry! Be happy!

Nach beinahe acht Tagen Dauerregen hatte sich das Wetter dazu entschlossen, wieder schöner zu werden. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel und ein sanfter Wind ließ die Blätter im Jubaan-Park rascheln. Kinder sammelten fröhlich die am Boden liegenden Kastanien auf und steckten sie in Stoffbeutel. Manche von ihnen klaubten auch einige der bunten Blätter auf, hielten sie stolz als Strauß in der Hand. Das Wetter hatte einige Menschen noch einmal in den Park gelockt. Arbeit hin oder her.

Usagi schlenderte gemütlich über den Kiesweg. Sie hatte heute eher ausgehabt, weil der Sportlehrer sich das Bein gebrochen hatte. Im Unterricht. Das Mädchen hatte die Nachricht unheimlich komisch gefunden und dachte sich ohnehin im Stillen, das Sport Mord war und ihr Lehrer selbst schuld. Sie hatte Kiriko angerufen, um ihr zu sagen, dass sie auch eher an der Motoazabu sein könnte. Aber ihr Freundin meinte, dass es nicht nötig wäre. Die paar Mitschriften vom heutigen Tag konnte sie auch morgen mitnehmen. Lieber sollte sie gleich zu ihrem Liebsten gehen und den Nachmittag mit ihm genießen. Die Blondine freute sich unheimlich darüber und begann vor Freude zu hüpfen. Kicherte leise, wenn sie daran dachte, was Mamoru für ein Gesicht machen würde, wenn sie zwei Stunden eher vor seiner Tür stand. Überschwänglich drehte sie sich im Kreis und bemerkte so gar nicht, dass ihr jemand entgegen kam und sie denjenigen anstieß. Erschrocken blieb sie stehen und sah sich um:

”Entschuldigung!”

Zaghaft sah sie auf. Seit sie jetzt mit Mamoru zusammen war, hatte sie keinen anderen Menschen mehr angerempelt. Doch die Person die vor ihr stand, verschlug ihr kurzzeitig die Sprache. Mit geweiteten Augen sah sie die Schwarzhaarige an.

“Hallo Usagi.”

“Rei?!”

“Hast du heute eher Schluss?”

”Ja.”

“Cool. Wo sind die anderen?”

”Schulkurse.”

“Achso.”, Rei strich sich eine Strähne hinters Ohr, “Und sonst so? Wie läuft’s mit dem Lernen? Klappt es alleine?”

Usagi versuchte ihre Nervosität zu unterdrücken:

”Ja. Ja, geht ganz gut. Gestern hab ich mit Minas Lehrer zusammen gesessen.”

“Super. Ja, ähm, Ami hat mir erzählt, dass du im letzten Bio-Test ganz gut warst.”

”Naja, ganz gut. Es waren nur sechzig Prozent.”

“Besser als null, oder?”

“Ja. Und was machst du jetzt noch so?”

Rei wandte sich etwas ab und ging zu einer nahe gelegenen Bank. Setzte sich darauf. Usagi folgte ihr. Der Blondine entging es nicht, dass ihre ehemals beste Freundin etwas bedrückte. Und sie ahnte sofort, woher der Wind wehte.

“Ich wollte zu dir.”

”Zu mir?”

”Ja, mich entschuldigen. Meine Beweggründe waren wirklich nicht so toll. Das ist mir klar geworden. Und scheinbar bin ich auch die einzige mit der Auffassung gewesen, die glaubte, dass du damit klar kommen würdest. Ich wollte dir nicht wehtun. Natürlich bist du hübsch und attraktiv. Die Jungs schauen dir hinterher, wenn du an ihnen vorbei gehst. Und eigentlich hab ich es so gemeint, dass du und Mamoru ja eh mehr oder weniger Feinde seid. Ich bin davon ausgegangen, dass andere Mädchen ihm schöne Augen gemacht hätten. Aber bei dir war und ist die Gefahr ja wirklich sehr gering.”

Usagi schluckte schwer. Die Fröhlichkeit, die sie bis eben noch erfasst hatte, war verschwunden. Ihr war klar, dass Rei schon mit ihrer Grundidee Recht hatte. Sie selbst wäre ja nie auf die Idee gekommen, sich in Mamoru zu verlieben. Es war eher einfach so geschehen. In vielen kleinen Augenblicken an den gemeinsamen Nachmittagen.

“Ich finde es aber toll, dass ihr euch jetzt so gut versteht. Ihr habt euch letzte Woche nicht einmal gezofft. Und er hat sogar Partei für dich ergriffen.”

”Es ging ja auch um seinen Spitznamen für mich.”, Usagi sah sie an, “Dafür ist auch noch was fällig, Rei.”

“Ja, tut mir leid. Ich wusste nicht, dass ihr zwei so einen Wert darauf legt und nur ihr die Namen verwenden dürft.”

”So ist es auch nicht. Von mir aus kannst du ihn auch Baka nennen. Aber ich will nicht von einer meiner Freundinnen Odango Atama genannt werden.”

”Wie denn dann? Usako vielleicht.”, Rei grinste.

“Nein!”, die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.

“Klingt aber doch niedlich.”

”Nenn mich von mir aus Usa oder eben Usagi.”

”Warum nicht Usako?”

”Weil das so schnulzig klingt.”

Die Schwarzhaarige sah sie kurz an, schüttelte dann aber den Kopf. Die aufkommende Röte in dem Gesicht ihrer Freundin entging ihr so und sie schaute auf ihre Füße:

”Okay. Sag mal, warst du in letzter Zeit im Crown?”

“Nein. Warum?”

”Ich dachte nur. Seit letzter Woche und unserem Streit habe ich Mamoru auch nicht mehr gesehen. Ich dachte, ihr seid euch vielleicht begegnet.”

Usagi behielt ihre Gedanken für sich. Seit dem Tag war sie ihrem Baka jeden Tag begegnet. Sogar am Wochenende. Doch das konnte sie ihr nicht sagen. Stattdessen suchte sie sich eine Ausrede:

”Nein. Ist er denn nicht zuhause? Er wollte doch mit Koba-kun und Kiri-chan lernen.”

“Ich weiß. Ich hab ihn am Abend jetzt immer mal angerufen. Aber er ist nicht ans Telefon gegangen.”

“Kannst ihm doch eine Nachricht aufs Handy schicken.”

“Hab ich schon.”

”Und?”

”Er schrieb zurück, dass er einfach nach dem Lernen am Nachmittag immer zu müde sei und keine Lust mehr zum Quatschen hätte.”

”Na dann hast du doch deine Antwort.”

“Ja. Ich hab ihn gefragt, ob ich mal vorbei kommen könnte, aber er meinte, er würde sich melden. Ach ich weiß auch nicht. Ich will ihn unbedingt wiedersehen. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich ihn liebe. Er ist so toll und sexy.”, Rei kicherte, “Ich würde zu gerne wissen, wie gut er küssen kann.”

“Bitte was?”, Usagi glaubte, sich verhört zu haben.

“Was denn? Wir gehen jetzt schon so lange zusammen aus. Aber glaubst du, er hat jemals meine Hand genommen oder mich geküsst. Ach er ist so unglaublich gentlemen-like. Auch wenn ich mir wünsche, dass er endlich mal den ersten Schritt macht. Schließlich ist er der Mann, oder?”

Die Blondine musste husten. Versuchte dadurch ihre Verlegenheit zu überspielen. Bei den Worten ihrer Freundin schweiften ihre Gedanken selbst ab. Sie wusste, wie gut Mamoru küssen konnte. Wusste, wie gut er schmeckte und sich seine vollen, weichen Lippen anfühlten. Augenblicklich schlug ihr Herz schneller und nur mit Müh und Not konnte sie die aufkommende Röte in ihrem Gesicht unterdrücken.

“Alles okay? Der Husten hört sich nicht so gut an.”

“Ja, bin ein wenig angeschlagen.”, Usagi erhob sich und zupfte ihren Rock zurecht, “Ich muss jetzt auch los. Ich wünsche dir viel Spaß beim Lernen.”

“Ich dir auch. Wäre aber schön, wenn wir uns wieder zusammen hinsetzen könnten und verzweifeln würden.”

“Ich weiß. Aber momentan fahr ich so besser. Sei mir nicht böse.”

”Nein, ist schon okay.”, Rei umarmte ihre Freundin, “Pass auf dich auf.”

“Du auch.”

Usagi ging los, winkte noch einmal und begann hinter der nächsten Kurve zu rennen. Sie wollte so schnell wie möglich raus aus dem Park. Weg von Rei. Allein ihre Worte übers Küssen hatten ihre Sehnsucht nach gewissen Lippen enorm ansteigen lassen. Nur noch flüchtig achtete sie auf die ihr entgegen kommenden Menschen. Wich ihnen mehr schlecht als recht aus und rannte in Richtung Bushaltestelle. Ihre Beine schmerzten bereits. Solche sportlichen Aktivitäten war sie definitiv nicht gewohnt. Auch ihre Lunge meldete sich wieder zu Wort. Erneut musste sie husten. Doch sie ignorierte es und war froh, als sie den Bus noch gerade so erreichte. Abgehetzt ließ sie sich auf einen freien Sitzplatz fallen, versuchte ihren Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen und sich zu entspannen. Bald wäre sie bei Mamoru.
 

Musik lief leise im Hintergrund. Feinster Staub tanzten in den Sonnenstrahlen, die durch das große Fenster fielen. Am Teppich lag eine Schultasche. Sie war offen und einige Blätter stahlen sich heraus. Ein Kugelschreiber war einmal quer über den Teppich gerollt und hatte an einem Bein des Sofatisches gestoppt. Ein Kissen lag neben dem Sofa, ein zweites davor. Graue Krücken lagen auf halbem Weg zwischen Flur und Wohnzimmer. Auf dem Tisch lagen mehrere Haarklammern wahllos verstreut.

Mamoru seufzte leise. Mit einem Arm hielt er Usagi dicht an sich gedrückt, mit der freien Hand fuhr er durch ihre offenen Haare. Er liebte ihr langes Haar genauso sehr, wie er sie als Person an sich liebte. Vor zwei Stunden hatte sie bei ihm geklingelt. Vollkommen überraschend für ihn. In schnellen Worte hatte sie ihm erklärt, warum sie eher bei ihm sei und war ihm dann um den Hals gefallen. Schnell fanden seine Lippen ihre und sie verloren sich in vielen aufeinanderfolgenden Küssen. Zeigten sich so ihre Liebe. Küssend waren sie auch ins Wohnzimmer geschwankt und aufs Sofa gefallen. Nur ab und an unterbrachen sie ihre Lippenbekenntnisse. Meistens war es, weil sie sich Liebesschwüre zu hauchten. Oder so wie vor gut zwanzig Minuten, als Usagi ihm von ihrem zufälligen Treffen mit Rei im Park erzählte.

Versonnen spielte Usagi mit der Knopfleiste seines halb geöffneten Hemdes. Ihre Finger glitten unter den Stoff und berührten sanft sein Haut. Sie spürte, wie seine Muskeln sich dabei anspannten und musste leise lächeln dabei. Sie selbst durchfuhr ein leichter Schauer, als sie bemerkte, wie seine Hand von ihren Haaren hinab zum Saum ihres Uniformoberteils wanderte und darunter. In den letzten Tagen waren sie beide vorwitziger geworden. Ihre Küssen waren wilder geworden und ihre Berührungen eindeutiger. Dem Mädchen war klar, dass es ihm nicht anders erging als ihr. Doch sie wusste auch, dass es noch zu früh war. Aber so liebevolle, kleine und intime Berührungen waren nicht verboten. Vielleicht in den Augen ihres Vaters, aber der zählte jetzt nicht. Momentan zählten nur sie und Mamoru.

Seine Finger fuhren auf ihrer nackten Haut leicht auf und ab. Er hauchte ihr einen sanften Kuss auf den Haarschopf. Der junge Mann war heilfroh, dass ihr Plan so gut funktionierte und er seine Usako jeden Tag sehen konnte. Tatsächlich lernte sie auch mit ihm. Zumindest immer eine Stunde von ihren gemeinsamen Nachmittagen. Und zumindest außer heute. Er kam sich ein wenig unbesiegbar vor, auch wenn er den Preis der Hinterhältigkeit kannte.

“Was glaubst du, wie lange können wir dieses Spiel des Versteckens noch spielen?”

Mamoru sah hinunter und in ihre Augen:

”Kannst du Gedanken lesen?”

”Nein, warum?”

“Ich hab auch gerade dran gedacht.”

“Hm. Ich muss zugeben, dass es mir heute irgendwie überhaupt nicht falsch vorkam, Rei anzulügen.”

”Angelogen hast du sie nicht. Lediglich ihr was verschwiegen.”

”Wie man’s nimmt.”, Usagi setzte sich richtig auf, “Aber selbst das ist mir egal. Ich weiß, dass wir gleichzeitig auch total falsch handeln. Wenn alles auffliegt, wird Rei ein riesen Theater darum machen. Und Mako und Ami sicher auch. Ich glaube, die beiden ahnen eh etwas.”

“Achso?”

“Ja. Minako hat Makoto letzten Samstag in diesem Wiener Café getroffen. Du weißt schon. Das was neu drüben im Kitaaoyama-Viertel in Minato-ku aufgemacht hat. Sie kamen halt ins Reden und dann fiel wieder das Thema du und Rei. Mako meinte dann, dass Rei ja total in dich verliebt sei und so weiter und so fort. Als Mina nicht weiter darauf einging, harkte Mako nach und wollte wissen, ob sie immer noch der Auffassung wäre, dass du und Rei nicht zueinander passt. Und sie hat es eben bejaht. Naja, und dann gab’s halt wieder ewige Diskussionen, bis Mina einfach gegangen ist.”

“Sie hat ihr also nichts gesagt?”

“Nein. Allerdings hat Mako natürlich mit Ami geredet und die fragte mich gestern Mittag, was da zwischen uns ist.”

”Was hast du ihr gesagt?”

”Dass das Quatsch ist. Und das wir lediglich beschlossen haben, nicht mehr zu streiten. Ich meine, Mina, Ami und Mako haben uns an dem Samstag im Café gesehen. Und nur Mina hatte von Anfang an den richtigen Riecher, dass das ein Date war. Die anderen wollten davon überhaupt nichts wissen. Nur...”

”Was nur?”

”Wenn sie es raus bekommen, dann sagen sie es Rei. Sie stehen hundert Prozent hinter ihr. Mal abgesehen davon, dass beide auch glauben, du wärst ebenfalls in sie verliebt und nur zu gefasst, um es nach Außen hin zu zeigen.”

”Ich wusste nicht, dass deine Freundinnen so blind sind.”, Mamoru lachte leise auf.

“Ja, ich auch nicht.”, sie schmiegte sich wieder an ihn. Genoss seine Nähe und Wärme und die erneuten Streicheleinheiten auf ihrer Haut.

“Vielleicht sollten wir uns einfach auch weniger Gedanken machen. Bis jetzt ist doch alles gut gegangen.”

Der junge Mann wusste, dass er Blödsinn sprach. Es war eigentlich alles andere als einfach. Immerhin hintergingen sie einen Teil ihrer Freunde und logen ihnen ganz offensichtlich ins Gesicht. Doch er wollte Usagi nicht verunsichern. Es reichte, wenn er sich so seine Gedanken darum machte. Sie sollte unbekümmert sein und ihre Beziehung genießen. So oder so würde es noch früh genug hoch her gehen.
 

Es war schon dunkel geworden. Das Paar saß zusammen am Sofatisch, sah eine Reisedokumentation über die Seychellen. Aß nebenbei das Essen, was sie bestellt hatten.

Mamoru amüsierte es, dass Usagi neben ihm bei jedem neuem Bild von der Hauptinsel Mahé laut aufseufzte und so ihr Fernweh bekundete. Scheinbar konnte sie sich gar nicht satt sehen an den Palmen, dem endlos erscheinendem Strand Beau Vallon oder dem Markt in Victoria. Aufgeregt zappelte sie hin und her und vergaß nebenbei fast das Essen vor sich.

“Siehst du das, Mamo-chan? Siehst du, wie sich die Wellen an den Granitfelsen brechen? Oh ist das toll! Da will ich meine Flitterwochen verbringen.”

”Ha, danke für die Info. Dann weiß ich ja, wofür ich schon mal sparen kann.”

Mit einem Schlag war das Programm und die Unterwasserwelt im Indischen Ozean uninteressant geworden. Wie in Zeitlupe drehte sich das Mädchen zu ihrem Freund und starrte ihn mit offenem Mund an. In ihrem Kopf ratterte es. Sie versuchte seinen Satz immer und immer wieder zu analysieren. Wort für Wort. Und immer wieder kam sie auf den gleichen Schluss: Er sagte, er muss dafür sparen. Er! Er spart für ihre Flitterwochen auf Mahé. Die Essstäbchen fielen ihr aus der Hand und ein breites und glückliches Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. In Sekundenschnelle fiel sie ihm um den Hals. Drückte ihre Lippen auf seine.

Mamoru wusste, was er da gesagt hatte. Es war ihm auch nicht peinlich. Warum sollte er so etwas nicht sagen. Scheinbar war es auch genau das richtig, denn das Mädchen umklammerte ihn liebevoll und küsste ihn voller Leidenschaft. Er zog sie an sich. Das Essen war jetzt vollkommen egal. Die ganze Welt um ihn herum war egal. Und so hätte alles brennen können und es wäre egal gewesen. Nicht egal war hingegen die Tatsache, dass Usagis Handy plötzlich laut klingelte. Er wusste, was es bedeutete. Wer da anrief.

“Dein Handy.”, murmelte er in den Kuss hinein.

“Egal.”

”Es ist deine Mutter.”

Usagi knurrte und löste widerwillig den Kuss. Angelte nach ihrem Handy auf dem Tisch und ging ran. Mamoru hatte Recht gehabt, wer sie da anrief. Ihr Blick wanderte zur Uhr über der Küchentür. Nach diesem Anruf ihrer Eltern konnte man die Uhr stellen. Genervt ging sie ran:

”Hey Mama! – Ja, ich weiß. Wie soll ich es auch vergessen, wenn du jeden Abend zur gleichen Zeit anrufst. – Ich geh in zehn Minuten los. – Sag Papa in zehn oder ich komm gar nicht. – Dann schließen wir ab und rufen die Polizei. – Acht? Okay, ich geh in acht Minuten los. Bis dann!”

“Er hat heute mit sich handeln lassen?”, Mamoru sah sie lachend an.

“Jepp. Und ich schwöre es dir, ich werde jeden Tag mit ihm handeln. Solange bis ich sagen kann, dass ich erst am nächsten Morgen heim komme und er dem zustimmt.”

”Wir reden gerade von deinem dreißigsten Geburtstag, Usako oder?”

”Ja ich denke auch.”, sie lachte und stand auf. Zog ihn mit hoch. Das Mädchen sammelte ihren Schulsachen zusammen und steckte sich ihre Haare provisorisch zu zwei Haarknoten zusammen. Es sah nicht besonders ordentlich aus, aber sie wäre nach drei Busstopps ohnehin in zwanzig Minuten zuhause, also war es egal. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Mamoru die Überreste des Essens in der Küche entsorgte und dann wieder zu ihr kam. Genießend schloss sie die Augen, als er ihr einen sanften Kuss auf die Lippen hauchte. Folgte ihm dann in den Flur.

“Hoffentlich ist es nicht so kalt. Ich hab meine Winteruniform noch im Schrank.”

“Du hast doch eine Jacke.”, Mamoru sah sie fragend an.

“Ja, aber ich bin doch so eine Frostbeule.”

“Verstehe. Ich sehe schon, ich entdecke immer neue Seiten an meiner Usako.”

“Oh ja, und du weißt noch längst nicht alles von mir.”, sie schlüpfte in ihre Schuhe und stellte sich auf die Zehenspitzen. Sanft strich sie mit der Hand über seine Wange und küsste ihn liebevoll:

”Ich schreib dir dann.”

”Ich weiß. Komm gut nach Hause. Nicht mit fremden Männern mitgehen.”

”Bestimmt nicht. Ich weiß doch, zu wem ich gehöre.”

Mamoru hauchte ihr einen weiteren Kuss auf die Lippen:

”Sag deinen Eltern liebe Grüße. Vor allem deinem Vater.”

Usagi kicherte. Sie wusste, was er mit diesem Wink meinte. Noch einmal umarmten sie sich und tauschten Küsse aus, bevor das Mädchen die Wohnungstüre öffnete und auf den Flur der sechsten Etage ging. Das Neonlicht schaltete sich automatisch ein.

“Bis morgen, Usako.”

”Bis morgen, Mamo-chan.”

Ein letzter Kuss und die Blondine ging beschwingt den Gang entlang in Richtung Fahrstuhl. Sie drehte sich noch einmal um und winkte ihm zu, bevor sie im Aufzug verschwand. Mamoru schloss seine Wohnungstür. Sein Herz raste. So wie immer. Er liebte dieses Mädchen. Und das vielleicht mehr als es für ihn gesund war. Noch ganz in Gedanken humpelte er ins Wohnzimmer zurück. Sein Telefon klingelte. Er wusste, wer das war und ignorierte es. Sein Anrufbeantworter sprang an und er hörte Reis Stimme. Wieder fragte sie, wie es ihm ging. Wann sie sich denn wieder treffen würden. Das sie ihn vermisste. Am liebsten hätte er abgenommen und ihr gesagt, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Aber er tat es nicht. Die Zeit, es ihr zusagen, würde schon noch früh genug kommen.
 

Es war kurz nach halb neun, als Usagi ihr Elternhaus betrat. Verführerischer Duft kam ihr aus der Küche entgegen und begrüßte sie schon beim Schuhe ausziehen. Sie hing ihre Jacke auf und rieb sich kurz über die Oberarm. Ihr war unendlich kalt. Im Bus standen fast alle Fenster offen und dank der neuen Technik konnten die Fensterheber nur noch durch den Busfahrer bedient werden. Und scheinbar hatten einige ihrer Mitfahrer enorme Hitze intus, so dass keiner auf die Idee kam, nach der Schließung der Fenster zu bitten. Das Mädchen schüttelte den Kopf darüber und rannte fix in ihr Zimmer, um sich warme Klamotten anzuziehen und gleich die Winteruniform für den morgigen Tag heraus zu legen. Schnell war die allerliebste Jogginghose und ein dünnes, aber langärmliges Shirt gefunden. Sie nahm Luna, die auf dem Bett saß und sie beobachtet hatte, auf den Arm und ging wieder hinunter. Setzte Luna neben ihrem Futternapf ab. In der Küche traf sie auf ihre Eltern und ihren kleinen Bruder. Doch kaum sah Shingo sie, war er auch schon wieder verschwunden. Natürlich nicht ohne noch einmal und ohne ersichtlichen Grund ihr die Zunge heraus zu strecken. Usagi musste zugeben, dass diese Geschwisterbeziehung wirklich nicht die beste war. Aber beide waren es nicht anders gewohnt. Sie hob die Schultern und setzte sich an den Tisch. Sofort stellte ihre Mutter ihr eine Schüssel mit noch fast dampfendem Schokoladenpudding hin. Ein wenig gierig begann das Mädchen zu essen.

“Für Nachtisch blieb wohl keine Zeit mehr, was?”, grinste Ikuko.

“Nein.”, Usagi schluckte, “Dank Papa konnte ich das ja vergessen.”

Der Genannte sah von der Spüle auf:

”Du hättest ja auch schon früher da sein können. Überhaupt finde ich, dass du viel zu viel Zeit mit diesem Mamoru verbringst. Ich dachte, Rei sei aus Kobe wieder zurück.”

Mutter und Tochter tauschten vielsagende Blicke aus. Das Mädchen wusste, dass ihre Mutter von der Beziehung wusste. Und sie war ganz begeistert davon. Doch Kenji bekam davon gar nichts mit und fuhr ungehindert fort:

”Außerdem sind drei einer zu viel in einer Beziehung. Und Nummer drei bist du, Häschen. Mir ist es egal, was Reis Großvater zu der Beziehung sagt. Aber du solltest dich da raushalten. Hm? Komm lieber nach der Schule wieder brav hierher oder lerne mit Ami. Dann haben wir auch wieder mehr Zeit für die Familie. Am Wochenende warst du ja auch bei diesem Oberstufenschüler. Ich sag dir eines, Häschen, halt dich da raus. Die Beziehung geht dich nichts an. Am Ende gibts nur wieder Ärger. Ist doch eine gute Idee oder? Hat Papa wieder eine gute Idee, oder nicht?!”

Etwas selbstherrlich stand er da. Vollkommen begeistert.

Usagi hingegen schob ihre Puddingschüssel von sich:

”Ähm, Papa?”

”Ja?”

“Weißt du, deine Idee an sich ist nicht so verkehrt. Nur bin ich nicht die Nummer drei in dieser Beziehung. Das ist Rei. Mamoru und ich sind seit knapp zwei Wochen zusammen. Als Paar. Ich bin seine Nummer eins und er meine.”

”Wie meinst du das?”, er war kreidebleich geworden.

Ikuko kam auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. Ihr war klar, was gleich passieren würde. Ermutigend nickte sie Usagi zu, fortzufahren.

“Wir haben uns ineinander verliebt.”

”Ihr konntet euch nicht leiden.”

“Ja. Nein. Also vielleicht lebten wir auch einfach nach dem Motto ‘Was sich liebt, das neckt sich’. Aber die Nachmittage die wir zusammen verbracht haben, waren irgendwie anders. Wir waren alleine. Ganz in Ruhe und nichts gab uns einen Anlass, den anderen zu ärgern oder aufzuziehen. Wir haben uns kennen gelernt.”

”Und habt beschlossen, euch ineinander zu verlieben? Ohne mich zu fragen.”

”Es ist einfach so passiert, Papa.”, die Blondine klang verunsichert. Sah flehend zu ihrer Mutter.

“Kenji, Liebling! Uns hat auch keiner gefragt, ob wir uns ineinander verlieben dürfen. Es ist auch einfach so passiert. Und du hast Mamoru doch schon kennen gelernt. Er ist ein netter junger Mann.”

”Aber er ist doch mit dieser Rei zusammen.”

”Er war nie mit ihr zusammen, Papa. Sie hat ihn immer nur um Verabredungen gebeten, weil sie ihn mag. Das ist alles.”

In Kenjis Augen sammelten sich Tränen und in Sekundenbruchteilen begann er zu weinen wie ein kleines Kind. Schluchzend klammerte er sich an seine Frau. Er konnte es nicht fassen:

Sein kleines Mädchen hatte einen Freund. Traf sich mit ihm. Hielt Händchen mit ihm und tat womöglich noch mehr unanständige Dinge mit ihm.

Usagi kam nicht umhin, dass sie die Situation beruhigte. Es war wesentlich einfacher ihrem Vater von ihrer noch geheimen Beziehung zu erzählen und zu beichten, als es bei Rei der Fall sein würde. Sie tauschte einen Blick mit ihrer Mutter aus und schnappte sich den die Schüssel mit dem restlichen Pudding. Ihren Vater würde sie heute nicht mehr fröhlich zu Gesicht bekommen. Ihre Mutter hatte sicher mit Trösten genug zu tun.

“Schöne Grüße übrigens von Mamo-chan!”, sprach sie leise. Ihr Vater brachte allein Mamorus Spitzname dazu, laut aufzuheulen. Entschuldigend blickte sie zu ihrer Mama, um dann auf leisen Sohlen in ihr Zimmer zu verschwinden. Luna, die bereits wieder maunzend vor ihrer Türe saß, folgte ihr.
 

Die kleine Nachttischlampe erhellte den Raum in einem Dämmerlich. Weiche kleine Kissen lagen vor dem Bett und die Katze spielte mit einer Maus aus Stoff. Musik dudelte im Hintergrund und eine leichte Brise wehte durch das offene Fenster.

Usagi hatte bis eben noch einmal mit Minako telefoniert. Sie und Kiriko waren die einzigen, bei den sie ungehindert über ihre Liebe schwärmen konnte. Wo sie nicht Gefahr lief, dass es heraus kam. Liebend gerne hätte sie noch weiter telefoniert. Ganz egal ob die Uhr bereits zehn Minuten vor elf anzeigte. Morgen hatte sie eh die erste Stunde Ausfall. Ihre Englischlehrerin hatte einen Termin mit dem Direktor und den anderen Lehrern. Sie konnte also locker bis acht schlafen. Allerdings schien ihr ihre Stimme einen Strich durch die Rechnung zu machen. Irgendwie klang sie kratzig und rau. Und das Schlucken tat auch ein wenig weh. Aber sie war so positiv, dass sie sich nichts weiter dachte und gerade nach ihrem Handy griff, als es an der Tür klopfte. Überrascht blickte sie auf, als ihre Mutter den Kopf herein steckt:

”Darf ich?”

Usagi nickte nur.

Ikuko kam zu ihrem Bett und setzte sich ans Fußende. Unschlüssig sah sie sich im Raum um.

“Mama?”

”Hm?”

”Hat sich Papa wieder beruhigt?”

”Ja.”, sie lächelte, “Ich wollte dich mal was fragen, Liebling.”

Neugierig blickte das Mädchen ihre Mutter an.

“Du und Mamoru also.”

”Ja.”

”Ich muss sagen, dass ich ihn ganz reizend finde. Aber ich hab da eine Frage an dich.”

Leicht panisch blickte Usagi sie an. Hoffte innerlich, dass ihre Mutter jetzt nicht mit einem Aufklärungsgespräch um die Ecke kommen würde. Das Thema kannte sie seit dem letzten Schuljahr und ihrem Biolehrer nun schon in- und auswendig. Plus Zusatzmaterial aus diversen Mädchenzeitschriften.

“Ähm, Mama. Ich kenn mich da schon aus.”, stotterte sie mit einem leichten Rotschimmer um die Nase. Und im Stillen dachte sie sich, dass das Mamoru sicher auch tat. Immerhin war er drei Jahre älter als sie. Bestimmt hatte er sein erstes Mal schon hinter sich.

“Liebling?”

“Was?”, erschrocken fuhr sie aus ihren leicht unanständigen Gedanken auf.

“Das meinte ich nicht. Ich weiß, dass du den Aufklärungsunterricht schon hinter dir hast. Es wurde beim Elternabend im letzten Schuljahr diskutiert. Was ich fragen wollte, war eher was anderes. Ich meine, du bist jetzt mit Mamoru zusammen. Und Rei war doch in ihn verliebt. Glaub mir, ich will nicht neugierig sein. Aber wie hat sie es aufgenommen?”, erwartungsvoll sah Ikuko ihr Kind an.

“Naja, also weißt du. Rei weiß es noch nicht.”

”Was?”

”Wir kamen noch nicht dazu, es ihr zu sagen. Ich hab dir doch davon erzählt, wie Mamoru und ich uns geküsst haben und am Abend dann Rei vor seiner Tür stand.”

Ihre Mutter nickte.

“Am Sonntag haben Mamo-chan und ich dann telefoniert und einen Plan ausgeheckt. Koba-kun und Kiri-chan sind eingeweiht. Genauso wie Motoki und Mina.”

In kurzen Worten erzählte ihr Usagi von dem Montag im Crown. Davon wie sie sich mit Rei gestritten hatte und von dem Plan. Einschließlich der seltsamen Versöhnung mit ihrer Freundin heute Nachmittag im Park. Anschließend schaute Ikuko sie nur sprachlos an.

“Und, was denkst du?”

”Hm, also auf der einen Seite ist euer Plan sicher nett und lieb gemeint. Aber ihr müsst den anderen und vorallem Rei sagen, was los ist. Was das zwischen euch ist.”

“Ich weiß. Aber sie wird uns umbringen.”

”Nein. Sie wird nur stocksauer sein und vermutlich nicht mehr mit euch sprechen.”

”Was genauso schlimm ist.”

“Stimmt.”, ihre Mutter lachte leise, “Trotzdem müsst ihr es Rei sagen. Und schiebt es nur nicht auf die lange Bank.”

“Okay.”, das Mädchen musste husten. Sie bemerkte den besorgten Blick ihrer Mutter auf sich ruhen.

“Alles okay, Liebes?”

“Ja. Mein Hals kratzt nur ein bisschen. Nicht weiter schlimm.”

Ikuko hob ihre Hand und legte sie auf die Stirn ihrer Tochter:

”Du fühlst dich ein wenig warm an.”

”Ach, bis morgen ist das weg. Ist sicher nur wegen dem Wetter. Erst warm und sonnig und dann kalt und verregnet und heute wieder super Wetter aber kalt. Morgen zieh ich meine Winteruniform an.”

“Ja, dass ist wohl das beste. Na gut. Ich geh auch mal ins Bett. Schreib nicht mehr so lange mit Mamoru. Gute Nacht.”, Ikuko erhob sich und gab ihrem Kind einen Kuss auf den blonden Haarschopf, bevor sie zur Tür hinaus ging.

Erleichtert atmete Usagi aus. Neuerlich nahm sie sich ihr Handy. Jetzt würde sie noch ein wenig mit Mamoru schreiben.
 

Mamoru schaltete gerade das Licht im Schlafzimmer aus, als sein Handy neben ihm sich meldete. Er wusste sofort, wer ihm da um diese Zeit eine Nachricht schrieb. Freudig löste er die Tastensperre und las die Zeilen:

”Hey Mamo-chan! Tut mir leid, dass ich erst jetzt schreibe. Hab noch mit Mina telefoniert und dann wollte meine Mama noch über uns reden.”
 

“Über uns? Bienchen und Blümchen?”
 

“Nein, das zum Glück nicht. Da weiß ich schon Bescheid.”, kurz wurde sie rot, als sie diese Worte in ihr Handy tippte. Aber andererseits konnte er ja ruhig wissen, dass sie theoretisch wusste, wie das alles ging:

“Sie wollte wissen, was Rei zu uns beiden sagt.”
 

“Du kennst dich aus? Ich weiß nicht, ob mich das beruhigen soll?! Hehe...Sie weiß es doch noch gar nicht.”
 

“Baka!”
 

“Danke. Also, was hast du deiner Mutter gesagt?”
 

“Das sie es noch nicht weiß. Mama meint, wir sollten es ihr bald sagen. Mehr als das sie nicht mehr mit uns spricht, kann ihrer Meinung nach nicht passieren.”
 

“Hat sie Recht! Aber mach dir nicht so viele Gedanken drum. Der richtige Moment wird kommen.”
 

“Bestimmt! Und jetzt werd ich schlafen. Ich hab ein bisschen Halsweh und Husten.”
 

“Armer Mondhase! Dann ab ins Bett und Augen zu. Schlaf gut und träume süß!”
 

“Du auch. Ich liebe dich, Mamo-chan!”
 

“Ich liebe dich auch, Usako!”

Usagi hauchte einen Kuss auf das jetzt dunkle Display ihres Handys. Dann kuschelte sie sich unter ihre Decke. Luna sprang zu ihr und rollte sich am Fußende des Bettes zusammen. Das Mädchen warf einen letzten Blick auf das Bild mit vier kleinen Fotos, dass neben ihrer kleinen Nachttischlampe stand und sie und Mamoru zeigt. Die hatten sie am Wochenende in Shibuya in einem Fotoautomat gemacht. Sie lächelte, als sie das Licht ausmachte und sorgenfrei die Augen schloss. Morgen würde sie ihn wiedersehen.

Let's talk about ...

Erste Sonnenstrahlen stahlen sich unter und neben den Vorhängen vorbei. Die Bettdecke bewegte sich sachte, als die schwarze Katze vom Bett sprang. Der Radiowecker auf dem Nachttisch ertönte und ein gut gelaunter Moderator sprach einen Morgengruß.

Langsam öffnete Usagi die Augen. Blinzelte und streckte sich dann vorsichtig. Irgendwie kam es ihr vor, als hätte sie die ganze Nacht gegen irgendwelche Monster gekämpft. Ihr tat alles weh. Muskeln wie auch Knochen. So fühlte sie sich nicht mal nach dem Sportunterricht. Stöhnend fiel sie zurück in ihre Kissen. Liebend gerne wäre sie wieder in den Schlaf gesunken, aber der sich ausbreitende hämmernde Kopfschmerz hinderte sie daran. Und verstärkt wurde es auch noch durch ein Klopfen und das Geschrei ihres Bruders. Nur allzu gerne hätte sie ihm hinterher gebrüllt, dass er gefälligst leiser sein soll. Aber als sie den Mund öffnete und zum Sprechen ansetzte, kam nichts weiter als ein Krächzen aus ihrem Hals. Etwas panisch griff sie sich an den Hals. Sah zu Luna, die sie jedoch nur mit schief gelegtem Kopf ansah. Mit Mühe schwang sie die Beine über die Bettkante und stand auf. Alles drehte sich um sie herum und sie brauchte etwas, bis alles wieder klar zu erkennen war vor ihren Augen. Sie zog sich ihre Häschen-Pantoffeln an und schwankte zur Tür. Fast schon in Zeitlupentempo ging sie, sich krampfhaft am Treppengeländer festhaltend, nach unten in die Küche. Ließ sich dort auf einen Stuhl fallen. Wieder drehte sich alles und schwarze Punkte flakerten vor ihren Augen.

“Guten Morgen, Liebes!”, Ikuko drehte sich zu ihrer Tochter um und hätte beinahe die Tasse mit dem Kakao für Usagi fallen lassen, “Oh je! Usagi! Was ist denn los? Du siehst so blass aus.”

“Ach die will sich doch nur vor der Schule drücken.”, Shingo grinste fies. Seine Schwester wollte etwas antworten, aber wieder versagte ihre Stimme. Ihr Bruder lachte nur auf und verabschiedete sich in die Schule. Usagi sah ihm böse hinterher.

“Hast du Fieber?”

Das Mädchen spürte die mütterliche Hand auf ihrer Stirn und den fragenden Blick, den ihr Kenji schenkte, als er in die Küche kam.

“Was ist denn los?”

”Ich fürchte, unsere Usagi ist krank.”

”Mein armes Häschen.”, sofort war ihr Vater bei ihr und setzte ebenfalls einen besorgten Blick auf, “Dann bleibst du vielleicht lieber zuhause. Was denkst du, Ikuko?”

“Ich denke auch. Ich ruf gleich in der Schule an.”, ihre Mutter ging zum Telefon, “Und du gehst sofort wieder ins Bett. Ich bring dir dann einen Tee.”

Usagi konnte nur nicken und stand mühsam auf. Ihr Vater stützte sie ein wenig. Etwas dumpf, scheinbar schlug ihr die Erkältung auch auf die Ohren, hörte sie ihre Mutter sprechen. Auch Amis Name fiel und das Mädchen stöhnte auf. Sie ahnte, worauf das ganze hinaus lief. Es war ihr klar, dass ihr ja irgendjemand die Mitschriften bringen musste. Wer weiß, wie lange sie hier zuhause festsaß. Nur musste es wirklich Ami sein? Konnte nicht Naru die Hausaufgaben bringen. Oder hätte Minako sie nicht entgegen nehmen können. Bei Ami wäre sie nur lästigen Fragen ausgesetzt und wahrscheinlich würde ihre Freundin auch solange bleiben, bis sie sämtliche Aufgaben erledigt hatte. Genervt ließ sie sich von ihrem Vater ins Bett bringen. Den Tag konnte sie jetzt wohl abharken.

“Leg dich hin, Häschen.”, Kenji verfrachtete sie ins Bett und deckte sie zu. Sogar ein wenig zu fest. Sie konnte sich kaum rühren. Fast schon kraftlos versuchte sie sich zu befreien. Es gelang nur ein wenig.

“Du bleibst heute schön im Bett. Kein Besuch bei Mamoru am Nachmittag, verstanden.”

Usagi nickte.

“Ich habe gestern lange mit deiner Mutter darüber gesprochen. Ich weiß, du bist alt genug für einen Freund. Oder zumindest denken das alle außer mir.”, er grinste schief, “Es ist nur so ungewohnt. Gestern warst du noch ein kleines Kind, was ich im Arm in den Schlaf gewiegt und dem ich Geschichten vorgelesen habe. Und heute hast du einen Freund, der auf die Oberschule geht und von dem du mit strahlenden Augen erzählst. Ich sehe es mit eigenen Augen. Du bist sehr in ihn verliebt, oder?”

Wieder nickte das Mädchen.

“Ich will dir nur sagen, dass ich nicht böse auf dich bin. Auf ihn vielleicht, ja. Ein wenig. Das gebe ich zu. Aber wenn du denkst, dass er der Richtige für dich ist, und deine Mutter scheint das auch zu glauben, dann wird das wohl so passen. Dein Mamoru ist schon ein netter Kerl. Irgendwie. Ich würde mich nur freuen, wenn du mich beziehungsweise deine Familie nicht allzu sehr in den Hintergrund rücken würdest. Okay?!”

Sie setzte sich mit Schwung auf und umarmte ihren Vater. Aber auch nur solange, bis ihre Mutter hektisch ins Zimmer gerannt kam:

”Kenji! Du musst los! Es ist schon halb neun.”

”Was?!”

“Halb neun.”

“Verdammt! Ich komm zu spät!”, er gab seiner Tochter einen Kuss auf die Wange. Seine Frau bekam einen liebevollen direkt auf den Mund und dann war er auch schon aus dem Zimmer hinaus. Die beiden Frauen konnten ihn fluchend im Flur herum poltern hören und anschließend das Schlagen einer Türe.

“Jetzt wissen wir wenigstens mal, von wem du das Zuspätkommen geerbt hast.”, Ikuko stellte ihrer Tochter eine Kanne Tee und eine Tasse vor das Bett. Gab ihr ein Fieberthermometer.

Artig klemmte es sich Usagi unter den Arm.

“Er hat sich beruhigt. Ein wenig.”

Das Thermometer piepste und Ikuko nahm es Usagi ab:

”Hm, achtunddreizig Komma fünf. Scheinbar hat es dich gestern doch erwischt. Ruh dich aus. Frau Haruna sagt Ami Bescheid, dass sie dir nach der Schule Mitschriften bringen soll. Hier, nimm die. Die senkt das Fieber.”

Usagi sah ihre Mutter dankbar an, nahm ihr die kleine weiße Tablette ab und schaute hinterher, als Ikuko aus dem Zimmer wieder verschwand. Dann griff sie zu ihrem Handy.
 

Mamoru saß in der Küche. Vor ihm die Tageszeitung und eine Tasse Kaffee. Neben sich Rühreier und gebratener Speck. Er hatte gut geschlafen die Nacht und das Gefühl, dass sich bei seinem Muskelfaserriss endlich Besserung einstellte. Langsam konnte er kleine Strecken auch ohne Krücken zurücklegen. In der Wohnung bewegte er sich nur noch ohne. Zumindest die meiste Zeit des Tages. Und draußen brauchte er auch nur noch eine. Heute musste er wieder zum Arzt. Aber ohne Usagi. Sein Termin war um elf und sie hatte sich erst für vier angekündigt. Er musste also alleine Bus fahren. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Nie und nimmer hätte er gedacht, dass er ausgerechnet mal mit Usagi zusammen sein würde. Nicht nur als Freunde sondern als Liebespaar. Sie hatte ihn verzaubert, verhext. Das gab er zu. Jeden Tag entdeckte er neue Seiten an ihr. Verträumt blätterte er die nächste Seite der Zeitung auf, als sein Handy vibrierte.

“Guten Morgen Mamo-chan! Ich kann heute leider nicht kommen. Bin erkältet. Mir tut alles weh und meine Stimme ist auch weg. Meine Mama hat schon in der Schule Bescheid gesagt.”
 

“Guten Morgen Usako! Klingt gar nicht gut. Soll ich dir deine Hausaufgaben bringen?”
 

“Lieb von dir. Aber Ami bringt sie mir schon. Dabei will ich sie gar nicht sehen.”
 

“Ach Mondhase...Ruh dich jetzt am besten erstmal aus und ich überlege mir eine Lösung.”
 

”Du bist der Beste. Schreibst du mir dann nach deinem Arztbesuch?”
 

”Mach ich. Ich liebe dich!”
 

“Ich dich auch!”

Sie legte das Handy zur Seite und kuschelte sich wieder unter ihre Decke. Schnell fielen ihr die Augen zu und sie sank in einen traumlosen Schlaf.
 

Der Geruch von Hühnersuppe zog durch das Erdgeschoss des Einfamilienhauses. Notgedrungen hatte Ikuko ein Fenster öffnen müssen, weil selbst die Schranktüren ihrer Küche bereits beschlugen. In den letzten vier Stunden hatte sie ihre Tochter in Ruhe gelassen. Einmal war sie oben in ihrem Zimmer gewesen, um zu sehen, ob sie noch eine Tee oder etwas anderes benötigte. Aber Usagi hatte tief und fest geschlafen und lediglich Luna hatte ihr Aufmerksamkeit geschenkt. So wie jetzt. Die Katze hatte es sich auf dem Fensterbrett bequem gemacht und beobachtete sie genau. Ab und an ließ sie ein Maunzen hören und Ikuko warf ihr ein Stückchen Hühnerfleisch zu. Gerade als sie die Supper erneut umgerührt hatte und die Messer und Schneidebretter abwaschen wollte, fiel ihr Blick durch das Fenster in den Vorgarten. Ihre Augen weiteten sich und ein breites Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht.

“Schau mal, Luna, wer uns da beehrt.”

Die Katze drehte ihren Kopf nun ebenfalls und maunzte leicht, bevor sie sich genüsslich streckte und über den Arbeitsplatz auf den Boden sprang. Mit schnellen Schritten war sie in den Flur gerannt und wurde von Ikuko dabei verfolgt. Letztere machte breits die Türe auf:

”Hallo Mamoru!”

Erschrocken schaute der Oberstufenschüler auf.

“Jetzt schau nicht so. Ich hab dich vom Küchenfenster aus gesehen.”, sie ging ihm die letzten beiden Meter entgegen und nahm ihm die Pralinenschachtel und die Blumen ab. Beides hatte er mehr schlecht als recht unter die Arme geklemmt und in der Umhängetasche verstaut.

“Danke.”

”Ich dachte mir, ich mach dir lieber auf. Usagi schläft und womöglich wäre sie durch das Klingeln aufgewacht. Aber komm doch rein.”

Mamoru folgte ihr nach drinnen. Kaum standen seine Krücken in einer Ecke der Garderobe und seine Schuhe waren ausgezogen, strich auch schon Luna um seine Beine. Er bückte sich und nahm sie auf die Arme, hinkte dann in die Küche.

“Setz dich.”, aus dem Augenwinkel heraus sah Ikuko, dass er ohne Krücken unterwegs war, “Hey, du bist ja fast schon wieder rehabilitiert.”

”Ja, fast. Ich war vorhin beim Arzt und er meinte auch, dass ich wohl in zwei Wochen so gut wie wiederhergestellt bin.”

“Na das sind doch super Neuigkeiten. Ich freu mich für dich. Es hat ja jetzt auch lang genug gedauert, oder?”

”Bis jetzt sind es vier Wochen.”

“Eine wirklich lange Zeit für solch einen jungen Menschen wie dich. Ich kann mir nicht mal vorstellen, wie Usagi sich dabei fühlen würde. Sie ist immer so lebendig. Ich weiß schon, dass sie jetzt genervt ist von dieser Erkältung. Magst du einen Kaffee?”

“Kaffee?”

”Ich weiß von Usagi, dass du ein Koffeinjunkie bist.”

“Oh, ja, ähm, dann sehr gerne!”, er grinste schief, “Haben Sie Hühnersuppe gekocht?”

”Ja. Ich wollte sie dann Usagi bringen. Aber momentan schläft sie ja noch. Oder vielleicht könntest du sie damit wecken? Sie freut sich bestimmt, wenn sie dich sieht.”

”Ähm, ist ihr Gatte dann nicht sauer, wenn er mich hier sieht?”

“Nein. Usagi hat ihm gestern zwar gesagt, dass sie mit dir zusammen ist und er hat dann den ganzen Abend geflennt wie ein kleines Kind. Doch heute Morgen sagte er ihr, dass er es akzeptiert. Notgedrungen aber besser als gar nicht. Und außerdem ist er sowieso in der Arbeit. Vor um sechs heute Abend ist er sicher nicht zuhause. Ich sag ihm außerdem sicher nicht, dass du da warst. Und ich bezweifle, dass es Usagi tun wird. Ohne Stimme geht das ja auch nicht.”

Fasziniert hatte Mamoru Usagis Mutter zugehört. Scheinbar war sie sowas wie die gute Seele hier im Hause Tsukino, die alles zusammen hielt. Zaghaft lächelte er sie an und trank einen Schluck des Kaffees, den sie ihm hingestellt hatte.

“Ich komm mit nach oben.”, Ikuko nahm sich ein Tablett. Drapierte alles nötige darauf: Einen frisch aufgebrühten Tee samt Tasse, Mamorus Kaffeetasse, eine Schale mit ihrer Hühnersuppe plus Löffel und zwei Scheiben Brot. Dann bedeutete sie dem jungen Mann ihr zu folgen. Er nickte nur und erhob sich von seinem Stuhl. Mit Luna auf seiner Schulter ging er hinter Ikuko die Treppen nach oben. Öffnete sachte die Türe für sie und ließ ihr den Vortritt. Sie stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und lächelte Mamoru an:

”Sag mir Bescheid, wenn sie was braucht. Ich bin unten.”

“Okay.”
 

Leise schloss sich die Türe hinter ihm und er sah zum Bett. Versonnen kraulte er Luna am Kinn, während er zum Fenster humpelte und es erst einmal öffente. Die Luft im Zimmer war zum Schneiden. Usagi brauchte dringend frische Luft. Dann nahm er den alten Tee und stellte ihn auf das Tablett. Goss stattdessen neuen ein und stellte ihn auf den Nachtisch. Als er die Fotoreihe von sich und dem Mädchen sah, musste er breit lächeln. Er hatte genau die gleichen neben seinem Bett. Er hielt die Katze fest, als er sich auf den Rand des Bettes setzte. Luna klettere an seinem Arm herunter und rollte sich am Fußende wieder zusammen.

Mamoru sah es nur aus dem Augenwinkel. Seine volle Aufmerksamkeit galt dem blonden Engel, der vor ihm lag und schlief. Sie hatte den Mund leicht geöffnet. Ihre weichen und vollen Lippen waren nicht mehr ganz so rosig wie in den letzten Tagen. Ihr Teint war blasser und ein leichter Schweißfilm hatte sich auf ihrer Stirn gebildet. Seine Augen wanderten ihren Hals hinab. Er musste schwer schlucken: Ihr Pyjamaoberteil zeigte mehr, als ihm lieb war. Und eigentlich war es nicht mal ein richtiger Pyjama. Es war nicht viel mehr als ein weites T-Shirt mit einem riesigen Halsausschnitt. Viel zu riesig. Es entblößte beide Schultern und Mamoru konnte den Ansatz ihrer Brüste sehen. Sah die zarten Rundungen. Sein Blick glitt weiter. Die Decke hatte sie weggestrampelt und irgendwie zwischen ihre Beine geklemmt. Ihre endlos langen Beine. Ihre endlos langen und nackten Beine. Sie trug lediglich wieder so eine kurze Shorts, wie er sie schon bei seinem ersten Besuch hier vor anderthalb Wochen an ihr gesehen hatte. Eine Shorts die ihm die Hälfte ihrer Pobacken wie auf einem silbernen Tablett servierte. Gott, hatte sie denn keine vernünftigen Pyjamas? Er fuhr sich durch sein pechschwarzes Haar. Leckte sich über die Lippen. Unbewusst trieb sie ihn mit solch einem Anblick in den Wahnsinn. Andererseits wusste sie ja noch nicht mal, dass er hier bei ihr war. Sonst hätte sie sich vielleicht was über gezogen. Vielleicht.

Ein Grummeln holte ihn aus seinen verwegenen Gedankengängen zurück. Blitzschnell hob er den Blick. Sah, wie sich Usagi zu strecken begann. Sah, wie ihr Oberteil dabei soweit nach oben rutschte, dass er freie Sicht auf ihren flachen Bauch hatte.

“Nicht schon wieder.”, hauchte er.

Dieses T-Shirt, was definitiv nicht zum Schlafen geeignet war, rutschte nun auch soweit nach oben, dass er jetzt die unteren Rundungen ihrer Brüste sehen konnte. Schnell und mit einem tiefroten Schimmer im Gesicht, stand er auf und widmete sich hingebungsvoll einem ihrer Schulbücher, die auf dem Schreibtisch lagen. Und als wäre Usagis halb entblößter Busen nicht schon genug gewesen, erwischte er auch noch das Biobuch. Kapitel drei. Die menschliche Sexualität. Gerade wollte er laut fluchen, doch er wurde unterbrochen.

“Mamo-chan?”

Erschrocken fuhr er herum und erstarrte.

“Hey, was machst du hier?”, Usagi hielt sich den Hals. Scheinbar hatte sich ihre Stimme dank des Schlafes und der Tablette ihrer Mutter gebessert. Zumindest ein wenig. Ihre Augen blickten den jungen Mann neugierig an. Wanderten dann an seinem linken Arm hinab und auf das Buch, dass er in der Hand hielt. Es war aufgeschlagen. Schlagartig wurde sie nun genauso rot wie er. Schaute gebannt auf das Bild, dass das Buch zeigte.

“Kapitel drei. Die menschliche Sexualität.”, murmelte sie. Unfähig den Blick abzuwenden. Aber das gelang jetzt Mamoru. Er folgte ihren Augen und besah sich das Buch. Wie von der Tarantel gestochen ließ er es fallen und es fiel polternd zu Boden.

“Ähm, entschuldige.”, stammelte er. Hob das Buch auf.

“Warum schaust du dir einen erregierten Penis an, Mamo-chan?”

“Eigentlich wollte ich das nicht.”

”Und was dann?”, sie hatte sich aufgesetzt und schaute ihn fragend an.

“Ich, ähm, wie soll ich dir das nur erklären? Also deine Mutter hat mich herein gelassen. Und sie hat die Hühnersuppe gekocht und mir einen Kaffee. Ach und neuen Tee. Dann haben wir dir das alles gebracht.”

”Das erklärt aber immer noch nicht, warum du dich in Sachen Sex fortbildest. Ich meine, wir können gerne darüber reden, wenn du magst.”

“Mensch, Usako. Das ist alles deine Schuld.”

”Meine?”

”Ja.”, er fuhr sich neuerlich durch die Haare, “Ich wollte dich wecken, als ich deinen seltsamen Aufzug bemerkt habe.”

Verwirrt schaute das Mädchen erst an sich runter und dann ihn wieder an.

“Ich meine, hast du keinen richtigen Pyjama. Das Shirt ist oben rum so weit ausgeschnitten, dass ich fast alles sehen konnte. Und, und die Shorts. Na die verdeckt ja nun auch nicht gerade viel. Aber dann hast du auch begonnen, dich zu strecken und ich hab deinen nackten Bauch gesehen und, naja, auch einen Teil deiner Brüste.”

“Was?”, instinktiv riss sie das Shirt nach unten und hielt sich dann die Arme kreuzweise vor die Brust.

“Ich wollte das nicht. Aber ich bin auch nur ein Mann und du bist echt hübsch. Und in den Klamotten unvorstellbar sexy und heiß.”

Usagi wurde knallrot bei seinen Worten. Sie sah, wie er verlegen zur Seite blickte. Langsam stand sie auf und ging auf ihn zu. Die Welt um sie herum begann wieder damit, sich ein wenig zu drehen. Doch sie ignorierte es . Mit wenigen Schritten hatte sie die kurze Distanz zu ihm überbrückt und legte ihm sanft eine Hand auf die Wange. Zwang ihn so, sie anzusehen.

“Hm?”

”Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, Mamo-chan.”

“Und ich wollte dich nicht anstarren.”

“Findest du mich wirklich sexy?”

“Ja.”, er zog sie in eine Umarmung. Ohne das sie Widerstand leistete, wanderten seine Hände ihren Rücken hinab. Blieben auf ihrem Po liegen:

”Unglaublich sexy.”

Das Mädchen stellte sich auf Zehenspitzen. Näherte sich mit ihren Lippen seinen und ließ sie miteinander verschmelzen.

“Übrigens hab ich dir Blumen und Schokolade mitgebracht.”, murmelte er an ihre Lippen.

“Ich schmecke und rieche momentan eh nichts durch die Erkältung. Aber danke!”

Erneut prallten ihre Lippen aufeinander.
 

Ein Klingeln riss das Paar aus seinem gemeinsamen Mittagsschlaf.

Nach ihren feurigen Lippenbekenntnissen hatte Mamoru seiner Liebsten die Hühnersuppe gereicht. Usagi saß wieder im Bett und löffelte brav alles auf. Trank anschließend ihren Tee. Zwischendurch war auch ihre Mutter ins Zimmer gekommen und brachte die Blumen und die Pralinen. Sie wollte noch einmal Fieber messen. Es war zu ihrer aller Erleichterung ein wenig zurück gegangen. Zudem hatte sie den Frischverliebten Schokoladenpudding gekocht. Sowohl Mamoru als auch Usagi strahlten sie an wie kleine Kinder, als sie ihre Schüsseln entgegen nahmen. Ikuko konnte nur lachen und gab lautstark zu, dass ihre Tochter und der Oberstufenschüler zusammen passten wie Topf und Deckel. Als sie wieder aus dem Zimmer verschwunden war, hatte sich Usagi erneut unter ihre Decke gekuschelt. Mamoru lag neben ihr. Hielt sie im Arm, während Luna sich auf seinem Bauch zusammen gerollt hatte und selig schlummerte. Das Mädchen hatte sich an ihn geschmiegt und war binnen Minuten eingeschlafen. Und auch wenn er selbst die Nacht wunderbar geschlafen hatte und ausgeruht aufgewacht war, so kam er nicht umhin festzustellen, dass ein Nickerchen nicht schlecht wäre. Er vergrub sein Gesicht in ihrem blonden Haarschopf und zog sie noch näher heran. Innerhalb weniger Minuten war er selbst weggenickt.

Doch jetzt blickten sie sich verwirrt an. Empört maunzend sprang die kleine schwarze Katze vom Bett. Begann sich am Boden zu putzen.

Usagis Haare waren zerzaust. Sie spürte Mamorus Hände auf der nackten Haut ihrer Taille und ihres Pos. Innerlich musste sie sich eingestehen, dass diese Art von Pyjama ihren

Liebsten ja nur so erregen musste. Vorsichtig richtete sie sich auf und stützte sich auf ihrem rechten Unterarm ab.

“Wer hat denn da geklingelt? Ich dachte, dein Vater kommt erst gegen sechs. Und dein Bruder hat doch sicher einen Schlüssel.”, Mamoru rieb sich über die Augen und sah das Mädchen fragend an, “Was ist denn? Warum schaust du so?”

“Es ist Ami.”

“Ami?”

Die Blondine setzte sich ganz auf und nickte. In ihren Augen lagen die ersten Anzeichen einer Panik:

”Es ist Ami. Sie muss es sein. Wir haben um drei Schulschluss und jetzt ist es kurz nach halb vier. Oh Gott, wenn sie dich hier findet. Sie wird sofort zu Rei rennen.”

“Verdammt!”, Mamoru fiel mehr aus dem Bett, als das er aufstand, “Und jetzt? Ich kann ja schlecht mit meiner Verletzung aus dem Fenster und die Regenrinne hinunter klettern.”

“Dann setz dich einfach auf den blöden Schreibtischstuhl. Wir lassen sie im Glauben, dass du mit mir lernst. Nimm dir ein Buch.”

Er nickte nur und bewunderte sie für ihre wieder aufkeimende Gelassenheit. Er setzte sich auf den Stuhl, schnappte sich ein Buch.

“Nicht das, Mamo-chan.”

“Was?”

“Nicht das Biobuch.”

Sein Blick wanderte auf seine Hand und erschrocken schmiss er das Buch wieder auf den Boden. Nahm sich ein anderes:

”Ist Englisch besser?”

“Ja. Wir sind bei Kapitel vier. Australian English.”, sie stolperte zum Schrank. Kramte nach einem besseren T-Shirt. Das pinke mit dem weißen Hasen war hochgeschlossener und würde seinen Zweck erfüllen. Ohne ein Wort an Mamoru zu richten, zog sie sich mit dem Rücken zu ihm das alte Shirt über den Kopf und das neue an. Drehte sich dann zu ihm um. Er grinste nur:

”Ein hübscher Rücken kann auch entzücken. Los, ab ins Bett. Ich kann Schritte hören.”

Das Mädchen nickte nur und sprang in ihr Bett. Mit allen zehn Fingern fuhr sie sich durch die immer noch offenen Haare und versuchte sie einigermaßen zu richten. Sie legte sich einige Kissen zwischen ihren Rücken und der Wand. Sie mussten den Schein waren.

Ein Klopfen ertönte und Usagis Mutter steckte den Kopf herein:

”Oh, ihr lernt. Na da kommt dein zweiter Besuch heute ja rechtzeitig. Meldet euch, wenn ihr was braucht.”

Damit verschwand Ikuko schon wieder aus der Tür und Ami erschien. Verwundert schaute sich das Mädchen um. Sah Mamoru am Schreibtisch mit einem Englischbuch sitzen. Sah Usagi in ihrem Bett hocken.

“Mamoru?”

”Hallo Ami.”

“Was machst du hier?”

”Schön, dass er wichtiger ist als ich.”

“Hallo Usagi.”, Ami ging zum Bett und setzte sich auf den Bettrand. Umarmte ihre Freundin. Doch ihr Blick blieb an dem Oberstufenschüler haften. Was diesem nicht entging:

”Ich hab von Kiriko erfahren, dass Usagi krank ist. Also dachte ich mir, ich revanchiere mich bei ihr. Sie hat mich eine Woche lang gepflegt, also tu ich das eben auch bei ihr. Aber weil ich keine Notizen hatte, haben wir halt so ein wenig Schulstoff wiederholt.”

“Aha.”
 

Der Unterton in ihrer Stimme entging weder Usagi noch Mamoru. Nervös tauschten sie Blicke aus. Sie schien ihnen beiden nicht ganz zu glauben. Langsam stand sie auf und ging zum Schreibtisch an dem der Oberstufenschüler saß. Ami sah, dass er das Englischbuch in der Hand hielt. Es war beim vierten Kapitel aufgeschlagen. Genau das Thema was sie gerade durchnahmen. Ihr Blick streifte den von Mamoru. Es war schwer in seinen Augen zu lesen. Ihr Blick schweifte weiter. Da lagen noch das Mathebuch und das von japanischer Geschichte.

“Du hättest mich doch auch fragen können.”, Ami sah zu ihrer Freundin. Wollte sich wieder zu ihr ans Bett setzen. Doch sie übersah etwas Entscheidendes und geriet ins Straucheln. Fast wäre sie ungebremst auf Usagis Bett gefallen, wenn die sie nicht abgefangen hätte.

“Alles okay, Ami?”

“Ja. Danke!”, das Mädchen sah sich um, “Bei dir herrscht immer Chaos. Selbst wenn du Besuch hast, oder?”

“So schlimm ist es ja nun nicht. Ist ja nur ein Buch.”

“Stimmt. Und das hat nichts auf deinem Teppich verloren. Ich hätte mir sonst was brechen können.”

”Seit wann bist du so theatralisch, Ami?”, Mamoru sah sie fragend an.

Doch die Angesprochene hob nur die Schultern und beugte sich hinab zu dem Buch. Nahm es in die Hand und wurde im Bruchteil einer Sekunde rot. Als wäre es in eine giftige Substanz getaucht wurden, fasste Ami die Seite an. Sie wollte etwas sagen. Aber aus ihrem Mund kam kein Ton. Lediglich ihre Lippen bewegten sich und sie sah aus wie ein Karpfen.

Usagi sah auf das Buch. Sah zu Mamoru, bevor sie aus dem Bett stürzte. Sie wollte ihrer Freundin das Buch entreißen. Ganz egal ob es sich eigentlich um Unterrichtsmaterial handelte oder nicht. Aber die Sache war trotzdem viel zu peinlich.

Der Oberstufenschüler hatte genau die gleiche Idee wie seine Liebste. Binnen Sekunden umklammerten sechs Hände das Buch. Blicke wurden ausgetauscht. Und wäre alles nicht schon schlimm genug, fand Ami auch noch ihre Stimme wieder:

”Ihr redet über Sex?”

“Nein!”, die Antwort der beiden anderen kam wie aus der Pistole geschossen.

“Und warum ist dann das Biobuch bei Kapitel drei aufgeschlagen?”

“Das war Zufall.”, stotterte die Blondine mit hochrotem Kopf.

”Ja genau. Ich hab ihr Englischbuch gesucht und dabei ist wohl das da vom Tisch gefallen.”, murmelte Mamoru nun zerknirscht. Sein Blick wanderte über die sechs Hände und zu Usagis Augen. Doch ihre hafteten auf dem Gesicht ihrer Freundin. Sahen sie starr an.

In Amis Kopf arbeitete es. Sie hatte das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Irgendetwas war an dieser ganzen Geschichte mit dem Lernen oberfaul. Ihr Blick wandte sich von dem Bild mit dem männlichen Geschlechtsorgan ab und Usagi zu. Sie versuchte die Puzzelteile zusammenzusetzen. Ganz langsam. Gestern hatte ihr die Blondine erzählt, dass nichts dran sei an dem Gerücht, sie würde auf Mamoru stehen. Das sie lediglich Frieden miteinander geschlossen hatten. Aber war das wirklich die Wahrheit? Ihre Augen glitten zu Mamoru. Er war mit Rei zusammen. Sie gingen immer miteinander aus.

“Weiß Rei davon, dass du hier bist?”

Er fühlte sich ertappt. Amis Frage traf ihn vollkommen unvorbereitet. Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Mamoru wollte etwas sagen, aber es ging nicht. Sein Hals wurde rau und staubtrocken. Seine Zunge hing schlaff in seiner Mundhöhle. Seine Lippen zitterten leicht. Die Farbe war aus seinem Gesicht verschwunden. Statt eine gescheiten Antwort zu geben, schüttelte er nur den Kopf.

Ami ließ das Buch los und setzte sich auf den jetzt freien Schreibtischstuhl. Sie sah zu den beiden rüber. Merkwürdige Kleinigkeiten fielen ihr an den beiden auf. Usagi trug ihre Haare offen. Das tat sie sonst doch nie. Vielleicht lag es daran, dass sie krank war. Oder weil Mamoru hier war. Sie hatte die beiden doch an dem Samstag zusammen gesehen. In dem Straßencafé. Da trug ihre Freundin die Haare auch offen. Mamoru hatte ihr deswegen wohl auch ein Kompliment gemacht, hatte Minako gemeint. Ihre Augen huschten weiter. Blieben an den ultrakurzen Shorts von der Blondine hängen. Hatte sie keine richtigen Pyjamahosen? Das Teil was sie trug, verdeckte ja kaum ihren Po. Unmerklich schüttelte sie den Kopf. Sah zu Mamoru. Seine Haare standen in alle Richtungen ab. Sein Shirt war total verknittert und das eine Hosenbein seiner Jeans schien unbewusst nach oben geschoben worden zu sein. Ami legte den Kopf schief. Blickte ihren Freunden ins Gesicht.

“Sind eure Lippen geschwollen?”, ihre Stimme klang ungläubig. Und kaum hatten die Worte ihren Mund verlassen, griffen sich beide erschrocken selbst an die Münder.

“Was geht hier vor?”

“Was, was meinst du?”, Mamoru versuchte unbekümmert zu klingen. Doch er wusste, dass alles gerade gehörig schief lief.

“Rei weiß nicht, dass du da bist. Usagi sieht aus, als hätte sie sich alles andere als ausgeruht. Und du siehst auch ziemlich wild aus. Mal abgesehen davon, dass ihr scheinbar über Sex gesprochen habt. Ich meine, wir sind keine kleinen Kinder mehr. Wir können über sowas reden. Aber solltest du, Mamoru, nicht eher mit Rei darüber sprechen anstatt mit Usagi? Ihr seid doch zusammen. Deshalb sollte es wohl eher ein Thema zwischen euch sein und nicht zwischen dir und Usagi. Also was geht hier vor? Was verschweigt ihr mir?”

Die Blondine und der Oberstufenschüler sahen sich an, sahen Ami an und blickten dann verlegen auf das Buch in ihren Händen. Immer noch war es die gleiche Seite, die Mamoru am Vormittag so unglücklich erwischt hat.

“Ist es wahr?”, Amis Stimme zitterte, “Stimmt Minakos Aussage?”

”Welche Aussage?”, Usagi blickte zaghaft auf.

“Wir haben euch beide in dem Café gesehen. An dem Samstag als Rei zurück gekommen ist. Minako meinte, ihr habt ein Date. Ich wollte ihr nicht glauben. Makoto auch nicht. Aber jetzt. Wenn ich euch beide so sehe. Also stimmt es? Läuft da was zwischen euch beiden?”

Da war sie. Diese Frage vor der sich Usagi und Mamoru so gefürchtet hatten. Und die sie so schnell nicht erwartet hätten. Sie fühlten sich so sicher. Die ganzen letzten Tage war alles gut gegangen. Sie hatten alle Sicherheitsbestimmungen, die sie sich selbst auferlegt hatten, eingehalten. Genauso wie es Minako, Motoki und Kobajashi mit Kiriko tat. Jeder der vier eingeweihten Freunde schwieg beharrlich. Weichte Andeutungen aus. Wies sie als Blödsinn zurück. Sie waren nicht darauf vorbereitet, dass man ihnen die Frage überhaupt stellen würde. Sie sollten doch die Fäden in der Hand haben. Herr und Herrin über die Lage sein. Diese Situation kontrollieren. Und doch kam ihnen eine ihrer Freundinnen zuvor. Ausgerechnet Ami. Die Schlauste in ihrer Clique. Es war schon gar kein Wunder mehr, dass sie die Erste war.

Usagi ließ von dem Buch ab und sich aufs Bett fallen. Zog die Beine an und umschlang sie. Vorsichtig sah sie zu ihrer Freundin.

“Ihr habt was miteinander, richtig?”

Das blonde Mädchen konnte nur nicken.

“Seit wann?”

“Seit dem Samstag an dem Rei aus Kobe zurück kam.”, Mamorus Stimme war leise. Sie strotzte nicht mehr vor Selbstvertrauen. Vielmehr war sie leise. Zitterte. Er setzte sich neben Usagi. Nur zaghaft erwiderte er Amis Blick.

“Triffst du deswegen Rei nicht mehr? Weil du deine Zeit lieber mit Usagi verbringst.”

”Ja.”

Ami wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihre Augen huschten von ihrer Freundin zu dem Schwarzhaarigen und wieder zurück. Was war nur in die beiden gefahren? Normalerweise hätte sie Mitleid mit den beiden empfunden. Sich vielleicht sogar für sie gefreut. Wenn sie nicht gerade das Gefühl gehabt hätte, die beiden hätten sie und alle anderen verarscht. Ausgerechnet Usagi hatte sie und die anderen hintergangen. Dabei war dieses Mädchen gar nicht der Typ für sowas. Sie war nett und zuvorkommend. Sagte immer die Wahrheit. Und jetzt? Jetzt hatte sie ihre Freundinnen mindestens eine Woche lang belogen. Ami war enttäuscht. Maßlos enttäuscht.

“Warum habt ihr das gemacht? Warum hast du, Usagi, das gemacht?”

“Weil ich ihn liebe.”

“Wir haben das nicht geplant. Das musst du uns glauben. Es ist einfach passiert.”, Mamorus Stimme hatte sich wieder gefestigt, “Aber wir waren so sauer auf Rei und ihren bescheuerten Grund, warum sie Usako angeheuert hat. Und dann sind wir ins Reden gekommen. Wir haben festgestellt, dass wir viel gemeinsam haben. Das ich mit ihr mehr gemeinsam habe als mit Rei. Es waren soviele Kleinigkeiten und dann hat es halt einfach gefunkt.”

“Du musst dich nicht bei mir rechtfertigen.”, Ami nahm ihre Schultasche und stand auf.

“Glaubst du uns denn, dass wir es nicht mit Absicht getan haben? Das es wirklich einfach nur passiert ist.”, Usagi sah ihre Freundin mit Tränen in den Augen an.

“Ja. Trotzdem seit ihr zu weit gegangen.”

Das Paar schaute dem Mädchen nach, wie es zu Tür ging.

“Wirst du es Rei sagen?”

Noch einmal drehte sich Ami um. Sah Mamoru fest in die Augen:

”Heute nicht mehr. Vielleicht auch noch nicht morgen. Aber sicher bald.”

Under Pressure

Drei Tagen war vergangen. Es war Freitag. Zwar war es nicht der dreizehnte, aber alles schien darauf hinaus zu laufen, dass es mindestens so schlimm werden würde. Das schöne Wetter hatte sich verabschiedet und dicken, grauen Wolken Platz gemacht. Der Wind glich eher einem Sturm. Und die Temperaturen waren rasend schnell in den Keller gesackt. Bodenfrost war kein Fremdwort mehr sondern Realität. Das bunte Laub verschwand immer schneller von den Zweigen und Ästen der Bäume und ließ sie kahl zurück. Es war kein Vergnügen mehr, draußen unterwegs zu sein.

Das Crown war fast leer. Lediglich einige Damen vom Seniorenverein des Bezirks saßen an einem Tisch. Sie tratschten fröhlich und lachten ab und an laut auf. Vor ihnen standen dampfende Tassen mit Tee. Dazu diverse Tortenstückchen.

Am Tresen saßen zwei blonde Mädchen. Bließen Trübsal. Und Motoki leistete ihnen dabei Gesellschaft. Er hatte ohnehin nicht wirklich was zu tun. Die Seniorinnen würden sich schon bemerkbar machen. Sein Blick wanderte zwischen Minako und Usagi hin und her. Er wusste seit Dienstag von der Misere. Genauso wie es Minako wusste und auch Kobajashi und Kiriko. Mamoru hatte sie benachrichtigt. Und alle hatten keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen sollte.

Das Mädchen mit den beiden Haarknoten nahm einen Schluck Kakao. Sie sollte noch bis Sonntag zuhause bleiben und sich auskurieren. Aber schon Mittwochvormittag hatte sie es nicht mehr im Bett ausgehalten und war zu Motoki geflüchtet. Sie wusste einfach nicht mehr weiter und war froh, dass ihre Freundin Minako nun ebenfalls krank war. Oder zumindest so tat, als wäre sie es und ihr im Café Gesellschaft leistete.

“War Ami nochmal bei dir?”, Motoki sah Usagi fragend an.

“Nein. Sie hat die letzten beiden Tage immer Naru die Aufgaben gegeben.”

“Und hat sie es Rei gesagt?”

”Nein. Sonst wäre ich wohl nicht mehr unter den Lebenden.”, seufzte Usagi laut auf. Sie dachte an die letzten Tage zurück. Mamoru hatte sie seitdem nicht mehr besucht. Sie hatten nur telefoniert oder sich Nachrichten geschrieben. Dafür hatte sie Kiriko besucht. Zusammen mit Kobajashi. Beide hatten versucht, sie aufzumuntern. Aber es gelang ihnen nich wirklich. Allen Beteiligten war klar gewesen, dass sie diesen verwegenen Plan nicht ewig durchziehen konnten. Irgendwann wären die Masken gefallen. Und doch hatte keiner von ihnen erwartet, dass es so schnell sein würde. Was war nur schief gelaufen.

Minako sah ihre Freundin traurig an. Die letzten Tage war Usagi immer wieder in Tränen ausgebrochen und die Blondine hatte Mühe gehabt, sie zu trösten. Sie sah, wie sehr sie litt. Sah, dass sie Mamoru nicht verlieren wollte. Aber genauso wenig ihre Freundinnen. Doch auch sie wusste sich keinen Rat mehr. Normalerweise hätte sie Ami gefragt. Nur stand die nicht auf ihrer Seite. Sie sah zu Motoki, der auch nur den Kopf schüttelte. Selbst er hatte keine Idee mehr. Dabei wusste er genauso gut wie sie, dass ihre Freunde schon viel länger und eigentlich von Anfang an ineinander verliebt waren. Genervt schmiss er das Wischtuch auf den Tresen:

”Versteht mich jetzt bitte nicht falsch, aber eigentlich ist doch nur Rei an allem schuld.”

“Ist sie nicht.”

”Ich bitte dich Usagi, du warst doch schon vom ersten Aufeinandertreffen an in Mamoru verliebt. Und er in dich. Das sah ein Blinder mit dem Krückstock. Es wurden schon Wetten auf euch abgeschlossen, wann und wie ihr denn zusammen kommt.”

”Trotzdem ist sie nicht dran schuld.”

”Natürlich, sie hat sich an ihn rangeschmissen.”

”Ist doch nur verständlich oder?”, Usagi sah Motoki bitter an, “Er sieht gut aus. Hätten wir nicht so einen schlechten Start gehabt, wäre mir wahrscheinlich auch eher ein Licht aufgegangen und wir hätten den Schlamassel jetzt nicht.”

“Erzähl nicht so ein Blödsinn, Usako!”

Als die Stimme an ihr Ohr drang, drehte sie sich ruckartig um. Sofort war der trübe Schimmer aus ihren Augen verschwunden und machte einem Strahlen Platz. Binnen Sekunden war sie von dem Barhocker gerutscht und lag in Mamorus Armen. Schmiegte sich an ihn, als ihr die ersten Tränen über die Wange kullerten. Leise schluchzte sie.

“Scht, alles ist gut.”, Mamoru hatte seine Arme um sie geschlungen. Für einen Augenblick schien die Welt still zu stehen und es gab nur sie beide.

Ihre Freunde beobachteten sie. Lächelten breit über dieses Glück. Nahmen Mamoru die Krücke ab.

“Lassen wir ihnen den Moment.”, Kiriko zog ihren Freund an den Tresen, “Hey ihr beiden. Alles okay?”

“Ja.”, Minako nickte nur und umarmte ihre neuen Freunde, “Ihr seid früh dran heute.”

“Hatten nur am Vormittag Unterricht wegen einer Lehrerkonferenz. Und dann haben wir Mamoru abgeholt.”

Alle Augenpaare glitten zu dem Paar.

“Sie sehen glücklich aus.”, seufzte Motoki.

“Gibt es schon Neuigkeiten?”

”Leider nein, Koba-kun. Ami spricht nicht mehr mit Usagi. Aber Rei scheint sie auch nichts gesagt zu haben. Es ist alles irgendwie total verwirrend. Usagi weiß nicht mehr, was sie machen soll. Gestern meinte sie, dass sie Angst davor hat, am Montag wieder in die Schule zu gehen, weil sie da auf Ami und Makoto trifft.”

“Vielleicht sollten sie es Rei doch beichten.”, flüsterte Kiriko.

“Das haben wir auch schon überlegt. Aber seien wir mal ehrlich. Wem wird Rei wohl die Schuld daran geben, dass Mamoru nichts von ihr wissen will?”

“Du hast Recht, Mina. Nur das Geheimnis ist keines mehr. Und für uns wird es zugegebenmaßen auch immer schwieriger. Gestern Abend haben Koba und ich Rei getroffen. Sie fragte uns nach Mamoru.”

”Was habt ihr ihr gesagt?”

”Na das es ihm gut geht und wir fleißig lernen. Was wir die letzten Tage tatsächlich auch gemacht haben. Aber nur mit mäßigem Erfolg. Mamorus Gedanken waren immer bei Usa-chan.”, antwortete Kobajashi.

Die vier schauten immer noch zu dem Pärchen. Sah, wie es in einem innigen Kuss verschmolzen war und nicht voneinander abließ. Die Finger ineinander verschlungen, lag Mamorus freie Hand auf ihrer Wange und ihre auf seiner Brust. Es passte kein Blatt Papier mehr zwischen sie und es schien beinahe so, als würde eine magische Aura die beiden umgeben.
 

Usagi spürte seine Lippen auf ihren. Fühlte seine Liebe in diesem Kuss. Wie sehr hatte sie sich danach gesehnt. Gehofft, wieder darin zu versinken. So gut es ihr möglich war, presste sie ihren Körper an seinen. Unter ihrer Handfläche spürte sie sein Herz im Brustkorb schlagen. Merkte die Wildheit des Organs. Soviel Liebe wie er ihr gerade schenkte, versuchte sie zurückzugeben. Wollte ihm zeigen, wie sehr sie an ihm hing.

“Ich hab dich so vermisst.”, seine Worte waren leise, als sich ihre Lippen trennten. Seine Stirn lehnte an ihrer und seine Stimme zitterte.

“Ich dich auch. Aber warum bist du hier? Wenn die anderen uns so erwischen, dann...”

“Das ist doch jetzt auch egal, oder? Ami weiß es und selbst wenn sie es Rei noch nicht gesagt hat, aber Makoto weiß es sicher auch schon. Und mir ist diese brüchige Sicherheit egal. Ich hab die letzten Nächte beschissen geschlafen. Ich will bei dir sein. Ich will dich küssen und dich berühren. Ich will dich bei mir haben. Immer. In jedem Augenblick. Das wollte ich schon immer. Selbst als wir uns nur gezofft haben. Und wahrscheinlich hätten wir den gleichen Schlamassel, wenn wir uns nicht gezofft hätten. Dann wären wir nur Freunde gewesen, die einfach die Klappen nicht aufbekommen hätten. Es wäre so oder so aufs Selbe hinaus gelaufen. Rei hätte sich in mich verliebt und ich hätte mich nicht für sie interessiert. Verstehst du, Usako?! Ich will nur dich.”

“Rei wird mir die alleinige Schuld daran geben.”

“Und ich werde dich verteidigen.”

“Sie wird mich hassen.”

”Und ich werde dich lieben.”

”Mamo-chan.”, ihre Stimme war leise. Der Blick, den sie ihm schenkte, verzweifelt.

“Nein, Usako. Sieh mich nicht so an. Vergiss es. Ich geb das nicht auf. Ich geb dich nicht auf. Nicht für so eine Kindergartenkacke. Sie muss damit klar kommen. Sie wird damit klar kommen. Und noch haben wir eine Chance.”

”Haben wir die?”

”Ja.”, er nickte entschlossen, “Ami hat es ihr noch nicht gesagt. Also kommen wir ihr zuvor und machen reinen Tisch. Und ganz egal wie ihre Reaktion ausfallen wird, es soll uns egal sein. Wenn sie nicht mehr mit uns reden will, dann ist das eben so. Aber mach unser Glück, unsere Liebe nicht von ihr abhänig. Ich kann dich nicht mehr gehen lassen. Und ich will und werde es auch nicht. Ich liebe dich, mein kleiner Mondhase.”

Neuerlich legten sich ihrer beiden Lippen aufeinander. Wieder zeigten sie sich so ihre Liebe. Das Mädchen wusste, dass er Recht hatte. Sie sollten ihre Liebe nicht aufgeben. Freundschaft hin oder her. Viel zu lange schon verzehrte sie sich nach ihm. Wollte ihm nah sein. Wollte mit ihm zusammen sein. Er war ihr Gegenstück. Sie liebte ihn mehr als ihr eigenes Leben.

Ja, sie mussten es Rei sagen.

Nein, sie würde sich nicht von ihm trennen.

Um keinen Preis der Welt! Rei würde lernen müssen, damit zu leben. Sie würde damit klarkommen. Irgendwann. Und wenn sie nicht mehr mit ihr reden wollte, dann war das ihr gutes Recht. Genauso wie es Usagis Recht war, sich zu verlieben. Egal in wen. Sie wusste, dass Mamoru Rei nur als gute Freundin ansah. Sie musste sich keine Sorgen darum machen, dass er sich der Schwarzhaarigen zu wenden würde. Langsam löste sie ihre Lippen von seinen. Zog ihn mit sich zu den Freunden, die sie lächelnd ansahen.

“Ihr zwei seid echt kitschig, wisst ihr das?”

”Halt die Klappe, Kobajashi.”, Mamoru gab ihm einen freundschaftlichen Schlag auf den Hinterkopf.

“Bedankt man sich so bei seinem Freund, der einen aus seinem dunklen Kämmerlein hierher gezerrt hat und ihm zugesprochen hat, seine Liebste zu treffen?!”

“Schon, wenn der Freund, der einen hierher geschleift hat, nur Müll labert.”

Die beiden Oberstufenschüler brachen in Gelächter ein. Die Mädchen schauten sich nur kopfschüttelnd aber amüsiert an. Usagi sah in den Gesichtern ihrer Freunde, dass sie alle scheinbar guter Dinge waren. Das sie alle die Hoffnung hatten, dass es ein gutes Ende nehmen würde. Kompliziert vielleicht. Ja. Aber ein Happy End. Entspannt lehnte sich das Mädchen an ihren Liebsten. Genoss wieder seine Nähe, als er seine Arme um sie schloss. Spürte dieses wohlige Kribbeln im Bauch, als seine Lippen sachte die Haut an ihrem Hals berührten. Sie seufzte leise auf. Auch wenn sie gerade einmal knappe zwei Wochen zusammen waren, fühlte sie sich geborgen. Aufgehoben. Und ihr war klar, dass sie, trotz der kurzen Dauer, ihn ganz haben wollte. Spüren wollte. Ein leichter Rotton erschien auf ihren Wangen, als sie auch nur an diese Szenerie dachte. Sie und Mamoru. Vereint. Körperlich vereint. Ein Schauer fuhr über ihren Rücken. Eine Tatsache die dem Schwarzhaarigen nicht entging.

“Alles okay?”, sein warmer Atem streifte ihr Ohr.

“Ja.”, sie drehte sich in seinen Armen um und versank wieder einmal in seinen ozeanblauen Augen, “Ich hatte nur gerade einen gewissen Gedanken.”

Mamoru hob eine Augenbraue. Sah sie fragend an. Doch binnen Sekunden kombinierte er diesen verträumten Ausdruck in ihren Augen mit der Röte auf ihren Wangen und dem Schauer, der ihr wenigen Momente zuvor über den Rücken gelaufen war und den er deutlich gespürt hatte. Ein breites Grinsen auf den Lippen und ein herausfordernder Ausdruck in seinen Augen machten sich breit. Er beugte sich zu ihrem Ohr hinab:

”Ich weiß, dass du dich auskennst. Aber das du gleich so ran gehst. Respekt, Odango.”

Jetzt nahm ihr Gesicht einen purpur Ton an. Sie konnte gar nichts mehr sagen.

“Wir sollten uns damit Zeit lassen. Meinst du nicht? Solange sind wir auch noch nicht zusammen.”

“Ja.”, ihre Stimme war rau und leise, “Ich will ja auch nicht gleich mit dir in die Kiste. Aber mal abgesehen davon, dass wir erst kurz zusammen sind, kennen wir uns eh schon anderthalb Jahre. Und das sehr gut.”

“Versuchst du mich gerade davon zu überzeugen, mit dir zu schlafen?”

“Nein.”, jetzt war sie doch laut geworden. Als sie seinen Blick sah, musste sie auch noch loslachen. Und sie bemerkte die fragenden und verwirrten Blicke ihre Freunde, die hinter ihr standen.

“Was flüstert ihr denn gerade?”, Minako sah sie mit neugierigen Augen an.

“Nichts.”, kam es sowohl von Mamoru als auch von Usagi. Letztere nahm die Hand des jungen Mannes in ihre und schleuste ihn zu einem Tisch. Sie wollte das jetzt unbedingt klären. Aber nicht vor ihren Freunden. Denen warf sie einen entschuldigenden und zugleich verschmitzten Blick zu. Dann bugsierte sie Mamoru in die hinterste Sitzbank ihres Stammtisches. Verdutzt schaute er sie an.

“So. Jetzt mal ehrlich, Mamo-chan.”, ihre Stimme war gerade so laut, dass er sie gut verstehen konnte, “Ich liebe dich. Und ich weiß, dass wir noch nicht so lange ein Paar sind. Aber ist der Gedanke daran, dass wir irgendwann mal Sex haben, wirklich so abwegig?”

“Nein. Es überrascht mich nur, dass du schon so weit denkst. Das hätte ich einfach nicht von dir erwartet.”

”Was denn dann? Das ich bis zu meiner Hochzeit Jungfrau bleiben und die Katze im Sack kaufen will. Sicher nicht.”

”Das meinte ich auch nicht.”, Mamoru musste einfach lachen, “Und ich habe auch nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir zusammen ins Bett steigen. Um ehrlich zu sein, kam mir der Gedanke daran schon, als du mir gestern Abend geschrieben hast, dass du in der Wanne liegst. Ich konnte kaum mehr klar denken.”

“Hast du dir vorgestellt, wie ich nackt aussehe?”

“Ja. Deinen nackten Rücken kenne ich seit Dienstag ja schon. Deinen nackten Bauch ebenso und von dem Ansatz deiner Brüste und deiner Pobacken mal ganz abgesehen.”

”Du Schuft!”, sie lachte empört auf, “Ich finde, ich sollte das auch mal bei dir sehen. Zumindest ansatzweise. Damit es ausgeglichen ist.”

Beide mussten lachen. Tränen stiegen ihnen dabei in die Augen und sie erweckten so wieder die Neugier ihrer Freunde. Sowohl Motoki und Minako, als auch Kobajashi und Kiriko kamen zu ihnen an den Tisch. Doch alle vier besaßen die Diskretion, nicht nach dem Thema des Gesprächs zu fragen. Es war eine Privatsache zwischen Mamoru und Usagi. Wäre es das nicht gewesen, hätten sich die beiden nicht kurzzeitig zurück gezogen. Stattdessen wechselten sie schnell das Thema. Saßen zusammen. Plauderten. Und die Zeit verflog.
 

Noch immer war es ungemütlich draußen und trotz der Tatsache, dass die Schulen schon längst alle aus waren, war das Crown nicht gut gefüllt. Immernoch fehlten die Schüler der Mittel- und Oberschulen. Lediglich ein paar Grundschüler und noch mehr Senioren plus einige Geschäftsleute waren anwesend. Motoki hatte seine Arbeit an zwei Kollegen abgetreten. Er hatte ohnehin genug Überstunden und somit seine Schürze für diesen Nachmittag an den Nagel gehangen. Lieber saß er mit seiner besten Freundin und seinem besten Freund sowie den anderen liebgewonnenen Freunden zusammen. Lachte ausgelassen mit ihnen und servierte ihnen immer wieder Milchshakes, heiße Schokoladen und Kaffee aufs Haus. Er fand es wunderbar zu sehen, wie Usagi in Mamorus Armen lag und wie sie zarte Küsse austauschten. Sich verliebte Blicke zu warfen. Er war wahrscheinlich so glücklich wie das Paar selbst.

Sie waren alle gerade in einer hitzigen Diskussion über die neue Band ‘Three Lights’ vertieft, als ein kalter Wind im Crown Einzug hielt. Instinktiv zog Mamoru seine Liebste enger in die Arme. Auch Kiriko rückte näher an Kobajashi und Motoki und Minako setzten sich ebenfalls näher aneinander. Aber keiner der sechs sah auf. Stattdessen versanken sie wieder in ihre Diskussion.

“Ach hier sitzt die Verräterin.”

Alle am Tisch schreckten auf. Sechs Augenpaare wanderten zu Makoto, die mit Ami vor ihnen stand. Keiner von ihnen war fähig, auch nur ein Wort zu sagen.

“Wie kannst du Rei das nur antun? Wieso schmeißt du dich an ihren Freund ran? Rei ist mit Mamoru zusammen und du spannst ihn ihr aus. Du bist so schäbig, Usagi.”

Die Genannte starrte die Brünette mit Angst in den Augen an.

“Sei nicht so streng mit ihr, Mako.”

”Nein Ami. Ich bin streng mit ihr.”, Makoto schüttelte den Arm ihrer Freundin ab, “Es ist das allerletzte was Usagi tut. Und Minako unterstützt sie auch noch dabei. Was genauso schäbig ist.”

”Hey, ich lass mich hier nicht von dir beleidigen.”, die Blondine war aufgesprungen und funkelte ihre Freundin an, “Ihr beide ward mit dabei, als wir Usagi und Mamoru im Café gesehen haben. Ihr habt mit eigenen Augen gesehen, wie sich die beiden angeschaut haben. Wie liebevoll sie miteinander umgegangen sind. Und ihr habt gesehen, wie Mamoru mit Rei umgegangen ist letzte Woche. Keine von euch beiden wird ja wohl behaupten können, dass er da nett zu ihr war. Es war das genaue Gegenteil. Und wisst ihr auch warum? Weil er sie nicht liebt.”

“Das ist Blödsinn, Mina und das weißt du ganz genau.”

“Ach ja?”

”Ja. Mamoru liebt Rei. Warum sollten sie sonst immer so oft miteinander ausgehen? Warum sollte sich Rei sonst um ihn kümmern? Weil die beiden nämlich ineinander verliebt sind.”

“Das ist nicht wahr. Er hat Rei nie geliebt.”, mischte sich nun auch Kiriko ein. Sie war wie Minako aufgesprungen. Baute sie vor ihr auf.

“Misch du dich nicht ein. Dich geht das nichts an.”, giftete Makoto.

“Oh doch. Ich kenne Mamoru seit der Mittelschule. Seit anderthalb Jahren kenne ich Usagi. Alleine von seinen Erzählungen. Und genauso lange weiß ich, dass er sie mag. Ich konnte es immer heraus hören. Immer. Seine Augen strahlen, wenn er von Usa-chan erzählt und er muss lächeln. Und dann hab ich von Rei erfahren. Sie kennen gelernt. Soll ich dir was sagen? Wenn man Mamoru nach den Dates mit ihr fragt, leuchten seine Augen nicht. Er erzählt von diesen Dates nicht lachend, so wie er von den Zusammentreffen mit Usa-chan erzählt. Wenn ich ihn danach gefragt habe, kommt immer nur ein ‘Ja, war okay. So wie immer eben.’. Was anderes kommt da nicht. Und du willst mir sagen, dass er in Rei verliebt ist? Wirklich?”

“Er ist nur schüchtern. Mamoru hat noch nie gerne über seine Gefühle gesprochen.”

“Also mir hat er schon davon erzählt.”

”Nicht du auch noch Motoki.”, genervt sah das braunhaarige Mädchen zu dem jungen Studenten. Er fixierte sie mit seinem Blick und stand dann ebenfalls langsam auf. Die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben, sah er sie ernst an.

“Mamoru ist mein bester Freund. Das, was er Kiri-chan über die Dates mit Rei erzählt, erzählt er auch mir. Als er sie kennen gelernt hat, war er nett ihr gegenüber. Aber nie war er auf den ersten Blick in sie verliebt. Ganz im Gegensatz zu seinem ersten Treffen mit Usagi. Damals hat es sofort bei ihm gefunkt. Ich hab es ihm an der Nasenspitze ansehen können. Als er mit ihr zusammen stieß, war es um ihn geschehen. Es war immer nur Usagi, weswegen er her kam. Mal abgesehen von meinem Kaffee.”

“Und ganz ehrlich. Nichts gegen Rei. Aber sie ist das kindischste, was wir an unserer Schule je erlebt haben. Sie hat für Gesprächsstoff gesorgt. Allein wie sie sich aufgeführt hat.”, Kobajashi stöhnte genervt auf, “Sie quetschte jeden aus unsere Klasse wegen Mamoru aus. Jeden. Schon am dritten Tag, als sie seine Hausaufgaben abholen wollte, wichen ihr die Leute aus. Sie hat sich aufgeführt wie ein durchgeknallter Groupie. Und so führt sie sich immer in Mamorus Nähe auf. Immer! Es ist unangenehm, mit ihr gesehen zu werden.”

Makoto blickte verständnislos in die Runde. In allen Gesichtern und Blicken konnte sie das Gleiche lesen: Keiner stand zu Rei und alle hinter Usagi. Allen standen hinter dem Mädchen, was ihrer Freundin den Freund ausgespannt hatte. Alle nahmen sie in Schutz und verteidigten ihr Verhalten mit Mamorus angeblichen Gefühlen. Was war bloß hier los? Makoto wusste, dass Usagi das Talent hatte, Menschen für sich zu gewinnen. Sie hatte diese offenherzige Art an sich. Aber war sie auch so manipulativ? Wütend schüttelte sie den Kopf. Setzte neuerlich an und verstrickte sich so immer mehr und mehr mit den anderen vier in einen heftigen Streit. Und keiner der fünf bekam noch was von der Außenwelt mit.
 

Ungläubig sahen Mamoru und Usagi zu ihren Freunden.

Das Mädchen wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Vier ihrer Freunde verteidigten sie bis aufs Blut. Eine schoss gegen sie. Etwas was nicht sein durfte. Sie sollten sich doch alle verstehen. Sie verstehen und ihre Liebe für Mamoru. Doch stattdessen rief jetzt Makoto durch den Raum, dass sie eine Schlange sei. Eine Aussage für die die Brünette beinahe eine Ohrfeige von Minako kassiert hätte. Aber nur beinahe. Kiriko hielt sie davon ab. Tränen schossen Usagi in die Augen. Abrupt sprang sie auf und drängte sich an ihren Freunden vorbei.

Diese verstummten augenblicklich. Sahen ihr hinterher.

“Usako, warte! Vielen Dank, Makoto!”, Mamorus Stimme sprühte nur so vor Wut, “Hast du wirklich toll gemacht. Soweit hab ich sie nicht mal bekommen.”

Er stürmte an ihr vorbei und folgte seiner Freundin in den Aufenthaltsraum vom Crown. Laut knallte die Türe hinter den beiden zu.

Makoto sah dem Paar perplex hinterher. Sie wollte etwas sagen, aber das erste Mal seit sie im Crown angekommen war, war sie sprachlos. In ihrem Kopf arbeitete es. Und sie fragte sich, ob sie Mamoru gerade richtig verstanden hatte. Seine Stimmung richtig eingeschätzt hatte. Er war wütend gewesen. Zweifellos. Und bereits zum zweiten Mal hatte er sie verteidigt. Das letzte Mal vor Rei und nun vor ihr. Er hatte sie Usako genannt. Nie hatte jemand ihre Freundin so gerufen. So liebevoll. Konnte es sein, dass sie vielleicht doch falsch lag? Hatte sie sich doch geirrt. Hilflos sah sie zwischen der Türe, hinter der Usagi und Mamoru verschwunden waren, und Ami hin und her. Sie ging um die vier anderen herum und ließ sich auf einen Stuhl sinken.

“Alles okay, Mako?”, Minako hatte sich vor sie gehockt. Egal was in den letzten Minuten passiert war, war vergessen. Vorallem weil die Blondine sah, dass es ihrer Freundin langsam dämmerte. Sie ihren Fehler bemerkte.

“Nichts ist okay, Mina.”

Erschrocken fuhr die Blondine zurück. Fiel auf ihren Hintern. Dankbar nahm sie Motokis Hand an und ließ sich von ihm hochziehen. Ihr Blick traf den von Makoto. Und dabei erstarb jeder Funken Hoffnung in dem Mädchen, dass es ihre Freundin vielleicht doch verstanden hatte.

“Es läuft alles verkehrt.”

”Wie meinst du das?”, Kobajashi sah die Brünette ernst an.

“Er sollte ihr nicht hinterher rennen. Er sollte sie beleidigen. Sich über sie lustig machen. So wie er es schon immer getan hatte. Aber Usagi hat ihn um den Finger gewickelt.”

”Glaubst du etwa immer noch, dass Usa-chan ihn Rei ausgespannt hat?”, Kirikos Stimme klang scharf und angespannt.

“Na was denn sonst? Ich begreife nur nicht, warum sie das getan hat. Ich meine, ich kann es verstehen, dass sie immer noch sauer ist auf Rei wegen diesem dämlichen Grund. Aber das sie soweit gehen würde.”

Aufgebracht lief Makoto hin und her. Fuhr sich immer wieder durch ihre kastanienbraunen Haare, die schnell an allen Seiten abstanden.

Ami schaute ihr betreten dabei zu. Sie hatte die ganze Zeit geschwiegen. Und fragte sich mittlerweile ohnehin, ob es nicht ein Fehler gewesen war, ihre Freundin in ihr Wissen einzuweihen. Sie war schockiert gewesen, als sie es heraus gefunden hatte. Mal ganz abgesehen davon, wie sie es heraus gefunden hatte. Etwas was Makoto noch nicht wusste. Das Mädchen hatte die Verzweiflung in den Augen von Usagi und Mamoru gesehen. Hatte erkannt, dass sie etwas sagen wollten. Sich womöglich rechtfertigen wollten. Aber sie wurden ignoriert. Ami selbst hatte das gleiche getan, als sie bei Usagi im Zimmer gestanden war. Beide hatten ihr beteuert, dass es zufällig passiert war. Das sie nicht geplant hatten, sich ineinander zu verlieben. Und sie selbst war nicht dumm. Sie wusste, dass man Liebe nicht planen konnte. Insgeheim musste sie ohnehin zugeben, dass sie sich sowieso immer schon gewundert hatte, warum die beiden sich so leidenschaftlich angifteten. Langsam holte sie Luft. Warf einen Blick auf Makoto, die immer noch wie ein General auf und ab schritt und sich wie ein wildes Tier aufregte.

“Sie haben es nicht geplant.”

“Was?”, Makoto sah sie unwirsch an.

“Ich sagte, sie haben es nicht geplant. Sie wollten sich nicht ineinander verlieben.”

”Mussten sie auch nicht mehr Ami.”, Motoki lachte sarkastisch auf, “Die beiden waren vom ersten Augenblick an ineinander verschossen.”

“Hm. Als ich am Dienstag bei Usagi war und dort Mamoru antraf, war ich überrascht. Und wäre ich nicht über das Buch gestolpert, was am Boden lag, wäre ich wahrscheinlich auch nie auf die Idee gekommen. Für mich erschien es nur logisch, dass er sich bei ich revanchierte und nun mit ihr lernte.”

”Warte mal, Ami. Was für ein Buch?”

Alle bis auf die Angesprochene und die Brünette brachen in schallendes Gelächter aus. Und nach wenigen Sekunden kicherte auch Ami verhalten und wurde ein wenig rot um die Nase.

“Was lacht ihr denn jetzt auf einmal? Und welches Buch?”

”Euer Biobuch.”, grinste Kobajashi.

“Kapitel drei.”, kicherte Kiriko mit Tränen in den Augen.

“Mamoru hatte es aufgeschlagen.”, japste Motoki vor Lachen.

“Und Usagi hat ihn gefragt, warum er sich einen erregierten Penis ansieht.”, lachte Minako mit roten Wangen.

“Hä?”, Makoto verstand nur Bahnhof.

“Ich bin darüber gestolpert.”, Ami setzte sich neben Minako und musste nun ebenso lachen, “Als ich es aufgehoben habe, waren Usagi und Mamoru beide sehr schnell auf den Beinen und wir umklammerten das Buch. Meine erste Frage an die beiden war dann, ob sie über Sex reden. Und ob das nicht eher ein Thema zwischen Mamoru und Rei und nicht zwischen ihm und Usagi sein sollte. So bin ich dann übrigens auch drauf gekommen, dass die beiden zusammen sind.”

Noch immer fanden das alle urkomisch. Alle bis auf die braunhaarige Mittelschülerin.

“Wartet mal. Hab ich das gerade richtig verstanden? Usagi und Mamoru reden über Sex?”

Die Umstehenden nickten.

“Ami hat Recht. Es sollte ein Thema zwischen Rei und Mamoru sein und nicht zwischen Usagi und ihm. Und warum lacht ihr? Findet ihr es immer noch lustig, dass Usagi Rei den Freund ausgespannt hat? Das sie schon mit ihm Sex hat.”

Das Lachen verstummte und die anderen starrten sie fassungslos an. Scheinbar hatte sie Ami überhaupt nicht zugehört. Oder glaubte selbst ihr nicht mehr. Sie war immer noch der felsenfesten Überzeugung, dass Usagi an allem Schuld war. Das sie es mit Absicht gemacht hatte. Ihre Augen wanderten von einem zum anderen. Fixierten ihn. Und jeder einzelne von ihnen sah, dass sie stur auf ihren Standpunkt beharrte. Eine gefährliche Spannung baute sich untereinander auf. Erst recht als Ami sich räusperte:

”Vielleicht haben die anderen Recht, Mako. Ich meine, Usagi und Mamoru haben es mir ja auch gesagt. Sie haben das nicht geplant. Es ist einfach passiert. Und sie wissen, dass es falsch war und ist, Rei zu belügen. Aber ich denke, dass sie es Rei auf alle Fälle sagen werden. Sie sehen sich jetzt im Zugzwang. Sie wissen, dass wir es jetzt wissen. Und das wird sie ein wenig unter Druck setzen.”

”Sag mal, Ami? Spinnst du?! Wieso nimmst du Usagi in Schutz? Sie hat Scheiße gebaut und sowohl Rei als auch uns beide hintergangen. Sie hat total egoistisch gehandelt.”
 

”Hat sie nicht.”

Die Freunde sahen sich erschrocken um. Mamoru war aus dem Hinterzimmer gekommen. Hinter ihm stand Usagi. Sie hielt ihren Blick gesenkt. Sprach kein Wort.

“Wir haben beide egoistisch gehandelt. Und ich wahrscheinlich mehr als sie. Ich habe ihr gesagt, dass wir das schon hinkriegen. Das sie sich keine Gedanken um Rei machen soll. Ich war es, der ihr gesagt hat, dass ihr es alle akzeptieren werdet. Aber wir können es nicht mehr ändern, Makoto. Wir haben uns ineinander verliebt. Wir wollten es nicht. Doch die Woche die ich mit ihr hatte, war einfach wunderbar. Ich habe mich so entspannt wie lange nicht mehr gefühlt. Und wir haben festgestellt, dass wir jede Menge gemeinsam haben. Wir mögen die gleichen Filme und Bücher. Stehen auf Schokolade und würden gerne die Welt bereisen. Mit Rei habe ich nichts davon gemein. Sie ist ganz anders als ich. Ich gebe es zu, dass ich oft mit Rei ausgegangen bin. Aber immer hat sie mich deswegen gefragt. Immer. Ich bin nur aus Höflichkeit mit. Ja, ich könnte auch sagen, dass ich einfach zu feige war, ihr vor den Kopf zu stoßen. Gebe ich gerne zu. Aber ich bin jetzt mit Usako zusammen. Und keiner wird uns mehr auseinander kriegen. Das werde ich Rei auch sagen.”

”Wann?”, Makoto blickte ihn herausfordernd an. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt und sie wippte ungedulig mit dem Fuß auf und ab.

“So schnell wie möglich. Reicht dir das als Antwort?”

“Nein.”

”Was willst du denn hören? Das ich gleich zu ihr fahre?”

”Ja.”

”Vergiss es.”

“Dann sag ich es ihr. Und zwar noch heute.”, das Mädchen schnappte sich ihre Schultasche. Doch gerade, als sie aus dem Café stürmen wollte, wurde sie von zwei stärkeren Armen als ihren eigenen zurück gehalten. Verwirrt drehte sie sich um. Sah in die Gesichter von Motoki und Kobajashi.

“Lasst mich los!”

”Nein. Denn du wirst nicht los rennen und es Rei brühwarm berichten.”, Motoki sah sie ernst an.

“Wenn es Mamoru nicht macht, dann muss ich es ja wohl tun.”

“Mako?”

Der Blick des Mädchens wanderte zu Ami. Sah sie fragend an.

“Lass es ihn selbst sagen. Und lass ihn den richtigen Zeitpunkt dafür wählen.”

“Warum bist du jetzt auf seiner Seite?”

”Ich bin auf gar keiner Seite. Aber ich finde, dass wir uns da raushalten sollten. Es wird so oder so noch schlimm werden, wenn es Rei erfährt.”

“Aber wir sind Reis Freundinnen.”

“Wir sind aber auch Usagis Freundinnen.”

“Ami.”

”Nein. Lass es Mamoru entscheiden, wann er es ihr sagt.”

“Okay.”, Makoto seufzte resigniert auf und wandte sich dann Mamoru zu. Sie sah, dass die Blondine neben ihm ihr Gesicht an seinem Arm vergraben hatte. Sie sah, wie ihre Schultern leicht bebten. Bemerkt, wie der junge Mann sie in seine Arme zog und ihr unzählige kleine und liebevolle Küsse auf den blonden Haarschopf hauchte. Das Bild was sich ihr bot, war ungewohnt. Sie hatte noch nie gesehen, dass Mamoru so viel Nähe zu ließ. Er war immer einer der Typen gewesen, der auf Abstand ging. Das er jetzt ausgerechnet Usagi so nah an sich ran ließ, war überraschend für Makoto.

Ami und Minako standen nun ebenfalls neben der Brünetten.

“Es ist einfach so passiert?”, ein wenig Unglauben schwang in Makotos Stimme immer noch mit.

“Ja. Sie wurden von ihren Gefühlen wahrscheinlich ebenso eiskalt erwischt, wie wir alle hier.”, Minako lächelte vor sich hin. Sie wusste von Usagi, was es alles für eindeutige Situationen gegeben hatte in Mamorus Wohnung. Wenn endlich und irgendwann mal Ruhe eingekehrt war in der Clique, und Rei sich damit erfolgreich abgefunden hatte, würden sie und Usagi es vielleicht den anderen erzählen. Zusammen mit Mamoru.

Sein Herzschlag beruhigte sie. Das Mädchen schmiegte sich eng an ihn heran. Ihre Stimme war leise, aber noch gut genug hörbar für ihn:

”Bitte sag es ihr erst nächste Woche. Bitte lass uns noch das Wochenende.”

“Okay. Ich verspreche es dir.”, er hob ihr Kinn liebevoll mit Daumen und Zeigefinger an. Sah ihr direkt in die Augen. Sah ihre Angst. Langsam näherte er sich mit seinen Lippen ihren.

“Nicht, Mamo-chan. Die anderen.”

“Die anderen wissen es doch längst.”

Damit legten sich seine Lippen auf ihre.
 

Sie stand vor seiner Tür. Klingelte und klopfte. Aber niemand öffnete ihr. Wo konnte er nur sein. Rei sah auf ihre Uhr. Seine Freunde waren sicher bei ihm. Aber wo war er nur mit ihnen hin? Und warum hatte er ihr nichts gesagt. Dann hätten sie doch zusammen ausgehen können. Sie zog ihr Handy aus der Tasche. Markierte ihre vier besten Freundinnen im Feld des Empfängers. Tippte rasch den Text ein:

”Treffen uns im Crown. Müssen unbedingt reden! Rei.”

Coffee, Tea and Sympathy

Eine gespenstische Stille herrschte am Tisch. Keiner sprach ein Wort. Es fehlte ihnen auch allen etwas: Ihre Stimmen. Blicke huschten hin und her und die Zeit schien still zu stehen. Es waren bereits einige Minuten seit der Nachricht vergangen, die die Mädchenclique auf ihre Handys bekommen hatte.

Usagi hatte Mamoru wortlos die Nachricht gezeigt. Er hatte sie nur entsetzt angesehen. Auch Kobajashi mit Kiriko und Motoki bekamen die Nachricht zu lesen. Alle waren blass um die Nasen geworden. Sie hatten keine Idee, was sie tun sollten. Plötzlich war dieser unheilvolle Moment der Offenbarung da. Schneller als erwartet und unplanbar.

Makoto sah zu dem Paar hin. Sie bemerkte, wie die beiden Blicke austauschten. Sie schienen so zu kommunzieren. Keiner der beiden sprach ein Wort und scheinbar verstanden sie sich trotzdem. Es war faszinierend für die Brünette. Sie sah, wie ihre Freundin zitterte. Und das mit Sicherheit nicht vor Aufregung. Auch der junge Mann schien verzweifelt. Makoto konnte sehen, dass es in ihm arbeitet. Sah den Beschützerinstinkt. Er legte seine Arme fest um das blonde Mädchen. Nie zuvor hatte sie solche Gesten bei ihm gesehen. Dabei erinnerte sie sich nur allzu gut an eine Situation vor wenigen Wochen:

Rei hatte sich mit Usagi gestritten. Laut und lange und diverse Beleidigungen flogen durch die Gegend. Am Ende war es so schlimm, dass die Schwarzhaarige vor Wut der Blondine die Freundschaft kündigte und sie sonst wohin verwünschte. Während es Usagi relativ gelassen aufgenommen hatte, war Rei zu Mamoru an den Tresen geflüchtet. War den Tränen nahe. Doch er hatte sie nicht getröstet. Sie nicht beruhigt. Er hatte nicht einmal Usagi beleidigt. Stattdessen meinte er, dass schon alles wieder gut werden würde. Sie solle sich keinen Kopf drum machen. Mehr nicht.

“Ich muss mich entschuldigen.”

Alle schauten auf. Sahen zu Makoto, die verlegen in die Runde schaute und deren Blick schließlich wieder an Usagi und Mamoru hängen blieb. Ihre Stimme war kratzig und in ihren Augen spiegelte sich Verlegenheit und Reue.

“Es tut mir leid, dass ich dich vorhin beleidigt habe, Usagi. Nur es schien mir wirklich abwegig, dass du und Mamoru mehr für einander empfinden könntet als Hass. Eure Streitereien ließen in meinen Augen nie einen anderen Schluss zu.”

Usagi ging zu Makoto, nahm sie in den Arm:

”Schon okay. Für mich war es eigentlich auch unvorstellbar.”, sie schob ihre Freundin ein Stück von sich, “Wir haben es nicht geplant.”

”Ich weiß.”

”Wir sind da hinein gestolpert. Und eigentlich sollten wir Rei dankbar sein. Ich liebe Mamoru. Ich liebe ihn wirklich. Er ist mein Gegenstück. Wahrscheinlich haben wir es einfach auch nur nie wirklich wahrhaben wollen, dass wir ineinander verliebt sind. Aber ich muss zugeben, dass ich mich wirklich immer darauf gefreut habe, ihn hier zu treffen. Und mir tut es leid, dass wir dich und Ami nicht eingeweiht haben, so wie wir es bei Mina und Motoki und auch bei Kobajashi und Kiriko getan haben. Das war ein Fehler.”

“Dann muss ich mich aber auch noch einmal entschuldigen.”

“Du Ami?”

”Ja, Usagi.”, das Mädchen trat zu ihren Freundinnen und nickte, “Ich hab mich die letzten Tage nicht bei dir gemeldet und stattdessen Naru geschickt. Ich hab ähnlich gedacht, wie Mako. Auch für mich war es ein seltsamer Gedanke. Und dann auch noch das Buch.”

”Oh, das.”, Usagi kratzte sich verlegen am Kopf, “Das war wirklich nur Zufall. Peinlich, oder?”

Die drei Mädchen umarmten sich. Jeder von ihnen stiegen die Tränen in die Augen. Usagi war froh, dass ihre beiden Freundinnen es verstanden. Es akzeptierten.

“Ich war nie mit Rei zusammen.”

Makotos Blick wanderte zu dem Schwarzhaarigen.

“Ich habe sie nie geliebt. Aus reine Höflichkeit war ich mit ihr aus. Mehr nicht. Sie hat mich nie ernsthaft interessiert. Und wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich schon von Anfang an von Usako fasziniert war. Wie sie habe ich mich immer riesig auf unsere Treffen hier gefreut. Es war wunderbar für mich, sie zu ärgern und dann ihr Lachen und ihre Stimme zu hören.”

Makoto nickte nur. Sie verstand seine Aufrichtigkeit. Und immer mehr Puzzelteile fanden sich in ihrem Kopf zusammen. Kleinigkeiten. Wie er und ihre Freundin sich immer ansahen. Egal ob sie stritten oder nicht. Wie sie auf ihn reagierte. Das Funkeln in beiden Augenpaaren wenn sie sich sahen. Die Spannung zwischen ihnen wenn sie sich nah waren. Und sei es nur dass sie nebeneinander am Tresen standen. Die Anziehungskraft zwischen den beiden war schon immer da gewesen. Schon immer waren Funken geflogen. Nun war es endlich zur Explosion gekommen. Die beiden waren Hals über Kopf ineinander verliebt. Begehrten und verzehrten sich nacheinander.

“Was sollen wir jetzt machen?”, Minako sah die anderen ernst an und riss Makoto so aus ihren Gedanken, “Rei wird auf dem Weg hierher sein. Und ich denke nicht, dass es Usagi und Mamoru schaffen, sich keine schmachtenden Blicke zuzuwerfen. Nicht böse gemeint, ihr zwei.”

”Schon okay.”, winkte Mamoru ab und sah zu seiner Liebsten, “Was denkst du? Werden wir es schaffen, uns anzugiften?”

”So wie in den guten alten Zeiten?”

”Ja, so wie bis vor zweieinhalb Wochen.”

“Sicher schaffen wir das Baka.”, sie hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, “Aber wehe du flirtest mit ihr.”

”Uh, unsere liebe Usa-chan ist eifersüchtig.”, kicherte Kiriko lauthals. Auch der Rest lachte laut auf.

“Was denn? Ich will nur sicher gehen, dass mein Revier klar markiert ist. Ganz egal ob es dabei um Rei geht oder sonst ein Mädchen. Mein Mamo-chan. Mein Baka. Mein Revier. So einfach ist das.”

Ihre Freunde lachten immer noch. Einschließlich Mamoru:

”Du bist unschlagbar, Usako!”

“Du auch.”, sie kam nicht umhin nun auch mit einzustimmen und zu lachen.

Es dauerte einige Zeit, bis sich alle wieder beruhigt hatten. Die Stimmung war viel besser geworden.

“Ich schlage vor, dass ich mich mit Kiriko und Kobajashi vorne an den Tresen setze. Und ihr bleibt hier.”, Mamoru sah in die Runde. Alle nickten.

“Was willst du ihr sagen? Ich meine, sie will sicher mit uns über dich reden.”, Ami sah ihn ernst an.

“Keine Ahnung.”

”Wie wäre es, wenn du ihr sagst, dass du mit Usagi zusammen bist.”

“Lass mich das mal selbst planen, Makoto.”

”War ja nur ein Vorschlag.”, die Brünette verdrehte genervt die Augen.

“Ich weiß. Aber nein danke!”

”Vielleicht solltest du ihr eine Teilwahrheit erzählen?”

Sein Blick schnellte zu dem blonden Mädchen neben sich. Usagis Stimme war leise gewesen und zittrig. Ihren Blick hielt sie gesenkt. Spielte mit den Kordeln ihres Kapuzenpullis. Nur langsam hob sie ihren Kopf und sah ihn an:

”Sag ihr einfach erstmal, dass sie nicht mehr für dich ist, als eine gute Freundin. Das du gar nicht mit ihr zusammen sein willst.”

”Usako.”

”Wir können es eh nicht ewig verbergen. Ich meine, binnen knapper zwei Wochen haben es auch Mako und Ami heraus bekommen. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit. Lass sie erstmal wissen, dass du keine Beziehung mit ihr willst. Das kann sie doch einige Tage sacken lassen und dann wird sie es früher oder später ohnehin mitbekommen, dass du und ich ineinander verliebt sind. Was hälst du davon?”

Sie hatte ihren Kopf schief gelegt. Sah ihn aus ihren großen blauen Augen an. Lächelte zuversichtlich.

Mamoru ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Das zustimmende Gemurmel seiner Freunde drang an sein Ohr. Scheinbar waren sie der selben Meinung wie Usagi. Seine Hand glitt auf ihre Wange, strich sachte darüber:

”Wann bist du so erwachsen geworden?”

”Seit ich auf dich aufpassen musste.”, lachte sie leise, “Also, willst du es vielleicht so machen?”

”Ja. Ja, ich denke, dass das eine gute Idee ist. So wird sie vielleicht nur mir den Kopf abreisen und nicht dir. Okay, dann setz ich mich jetzt an meinen Platz. Versuch nicht, mich allzu sehr zu reizen. Das könnte schief gehen und ich fall zur Bestrafung über dich her.”

“Ich versuch’s, Baka.”

”Ich danke dir, Odango.”, er hauchte ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn und humpelte dann zum Tresen. Kiriko und Kobajashi folgten ihm. Letzterer beglückwünschte ihn dazu, den Rat seiner Freundin angenommen zu haben. Dafür erntete er eine Kopfnuss von Mamoru. Doch er nahm es ihm nicht übel. Zusammen mit seinem Kumpel und seiner Freundin hockte er sich auf die Hocker vorm Tresen. Motoki war ihnen gefolgt und nahm seine Schürze doch noch einmal zur Hand und hängte sie sich um den Hals. Es war sicher nicht schlecht, dem Gespräch beizuwohnen. So konnte sich Mamoru nicht raus reden und eine moralische Unterstützung war er auch noch.
 

Das Wetter draußen war noch schlimmer geworden. Es regnete mittlerweile und auch Hagelkörner mischten sich mit darunter.

Die Mädchen saßen um ihre heißen Schokoladen, die ihnen Motoki noch einmal gebracht hatte. Sie hatten sich nur mehr über belanglose Dinge unterhalten. Nur einmal hatten Ami und Makoto noch einmal nachgefragt, wie es überhaupt zum ersten Kuss zwischen ihrer Freundin und dem Oberstufenschüler gekommen war. Wie sie zueinander gefunden hatten. Und beide Mädchen mussten zugeben, dass diese Situationen einfach wie geschaffen für beide gewesen waren. Sie sahen es ein, dass das Paar mehr als nur ineinander verliebt war. Sowohl Ami als auch Makoto beschlossen, sich im Härtefall neutral zu verhalten. Usagi wusste, warum sie es so handhaben wollten: Sie würden weder Usagi noch Rei in den Rücken fallen. Die Blondine fand es vollkommen okay.

Die Mädchen schauten immer wieder hinaus, um Rei zu suchen. Es dauerte fast eine dreiviertel Stunde, bis sie die Schwarzhaarige entdeckten. Sie warfen sich untereinander Blicke zu. Ein stilles Abkommen.

Rei betrat das Crown. Sie schloss ihren Schirm und stellte ihn in den Ständer neben der Eingangstür. Während sie sich den Mantel ihrer Schuluniform auszog, ließ sie den Blick schweifen. Und sofort blieben ihre Augen an dem schwarzhaarigen, jungen Mann hängen, der mit dem Rücken zu ihr neben Schülern der Motoazabu-Schule saß. Sie wusste sofort, wer das war.

“Mamoru!”

Der Genannte stöhnte fast unhörbar aber genervt auf. Sein Blick kreuzte den von Motoki und erinnerte ihn daran, ruhig zu bleiben. Ganz egal wie sehr Rei ihm auf die Nerven ging. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie sich Kiriko zu Rei umdrehte. Sie begrüßte.

“Hallo!”, Rei grüße nahezu euphorisch zurück, “Hierher habt ihr ihn also verschleppt. Warum hast du mir nichts gesagt?”

Mamoru konnte sich gar nicht so schnell vorbereiten, wie das Mädchen seine Arme um ihn geschlungen hatte und sich an ihn presste.

“Hallo Rei.”, seine Stimme klang vollkommen emotionslos.

“Warum hast du mich nicht angerufen? Dann wäre ich nicht erst zu dir gefahren und hätte mir nicht solche Sorgen um dich gemacht. Ich hab sogar die Mädels angeschrieben, damit wir einen Plan aushecken können.”

”Einen Plan?”

”Ja, ich meine, wir haben uns so lange nicht gesehen. Und ich dachte, dass mir die Mädels helfen können. Also ich meine, damit wir uns wieder öfters sehen können.”

”Ich muss viel nachholen in der Schule.”

”Ich weiß. Aber schau mal, heute ist doch Freitag. Wenn du jetzt schon hier bist, könnten wir doch hinterher noch ins Kino. Nur du und ich und die Dunkelheit.”, sie ließ ihren Zeigefinger über den Stoff seines Shirts gleiten. Sah ihn verführerisch dabei an.

“Ich glaub, mir wird schlecht.”

“Entschuldige bitte, dass Mamoru und ich noch sehr verliebt sind, Kiriko. Wir können ja nichts dafür, wenn deine Beziehung mit Kobajashi schon leicht unterkühlt ist.”

Die Genannte sah sie ungläubig an. Sah zu Motoki und Kobajashi, die es auch nicht wirklich fassen konnten, was Rei da gerade gesagt hatte. Dann sah sie zu Mamoru:

”Ich setz mich mal lieber zu Usa-chan. Sonst gibt’s gleich Mord und Totschlag.”

”Sag ihr, dass ich gleich komme.”, Reis Stimme klang schroff.

“Sicher nicht.”

Die drei jungen Männer sahen dem Mädchen hinterher und wie sie sich an den Tisch von Usagi und den anderen drei Freundinnen setzte. Wie sie sofort zu erzählen begann und die ungläubigen Blicke der anderen.

Rei sah es nicht. Sie himmelte Mamoru schon wieder an und setzte sich jetzt einfach auf den Hocker, auf dem bis eben noch Kiriko gesessen hatte. Sie suchte mit ihrer Hand die von ihrem Schwarm. Doch er ließ es nicht zu und zog sie weg. Fragend blickte sie ihn an:

”Was hast du denn?”

Er antwortete nicht. Das übernahm Kobajashi:

”Wieso hast du meine Freundin gerade so dumm angemacht?”

”Weil sie so ein Mist erzählt hat.”

“Sie hatte ja auch Recht damit.”

“Ich weiß schon, dass ihr Usagi mehr mögt als mich.”, giftete die Schwarzhaarige nun den Oberstufenschüler an, “Aber ihr müsst es mir ja nun nicht auch noch unter die Nase reiben.”

“Oh, die kleine Miko ist beleidigt. Sorry Mamoru, ich verdrück mich. Schrei, wenn du Hilfe brauchst.”

Mamoru nickte nur und rieb sich sichtlich genervt die Schläfe. Er betete inständig dafür, dass wenigstens noch Motoki bleiben würde. Warf ihm einen flehenden Blick zu. Sein blonder Gegenüber nickte nur. Zusammen schauten sie jetzt Kobajashi hinterher, wie er nun auch zum Tisch der anderen Mädchen ging und sich hinsetzte.

“Du hast echt komische Freunde.”, säuselte Rei und sah wieder zu Mamoru.

“Ich mag sie.”, er nahm einen Schluck seines Kaffees.

“Hm, na ist ja auch egal.”

Er verschluckte sich fast, als er diesen abrupten Themenwechsel hörte.

“Also, gehen wir dann ins Kino. Es läuft ein neuer Film mit Jouji Shibue und Miyû Sawai. Bitte lass ihn uns ansehen. Du magst doch auch Liebesfilme.”

”Tu ich nicht.”

“Was?”

”Ich mag keine Liebesfilme.”, er schob sie von sich und sah sie an, “Ich mochte noch nie Liebesfilme.”

”Aber du bist doch immer so begeistert, wenn ich welche auf DVD mitbringe und wir sie uns zusammen bei dir ansehen.”

”Ich bin nicht begeistert. Ich bin nur höflich.”

Das Mädchen sah ihn entgeistert an. Sie verstand die Welt nicht mehr. Was sagte er denn da bloß? Wieso mochte er plötzlich keine Liebesfilme mehr. Unsicher sah sie zu Motoki, der nur nickte und die Aussage seines besten Freundes zu bestätigen schien. Die Gedanken in ihrem Kopf drehten sich rasend schnell. Wieder sah sie zu Mamoru. Seine Augen und sein ganzes Gesicht ließen nichts erkennen. Er schien so unnahbar. Rei hob die Schultern:

”Na gut. Dann eben Action.”

Die Gesichtszüge von Mamoru und Motoki entgleisten gleichzeitig. Scheinbar hatte Rei es nicht verstanden oder wollte es nicht verstehen. Sie schien sturer zu sein als Usagi. Was schon eine Leistung an sich war.

“Wir haben auch so nichts gemeinsam.”, der Schwarzhaarige startete einen neuen Versuch.

“Natürlich haben wir das.”, Rei lächelte ihn an, “Wir gehen beide gerne ins Kino.”

”Aber in unterschiedliche Filmgenre.”

“Egal. Kino ist Kino.”

”Ich mag Schokolade und du Zitronenbonbons.”

“Gehört beides zu den Süßigkeiten.”

“Ich bin in der Oberstufe.”

”Ich in einem halben Jahr auch.”

Er atmetete tief ein und wieder aus. Aus dem Augenwinkel heraus hatte er gesehen, dass Motoki alle seine und alle ihre Einwände aufgeschrieben hatte. Vielleicht brauchte das Mädchen vor ihm alles schwarz auf weiß. Seine Augen wanderten an ihm vorbei und zu dem Tisch, an dem seine Usako saß. Alle schauten zu ihm herüber. Scheinbar hatten sie sowohl an seinen als auch Reis Lippen gehangen. Seine Liebste nickte ihm aufmunternd zu. Laut seufzte er auf.

“Geht’s dir nicht gut, Schatz?”

“Nenn mich bitte nicht so.”

“Ach hab dich doch nicht so. Wir sind zusammen, also geb ich dir einen liebevollen Spitznamen.”

“Wir sind nicht zusammen, Rei!”, endlich war es raus. Der junge Mann hatte das Gefühl, dass ihm ein tonnenschwerer Stein vom Herzen fiel. Doch gleichzeitig bekam er nur schwer Luft. Aber immerhin hatte er das ausgesprochen, was gesagt werden musste. Er sah dem Mädchen vor sich in die Augen:

”Wir sind nicht zusammen, Rei. Wir sind nur ab und an mal miteinander ausgegangen. Mehr aber auch nicht. Ich hab dich nie als meine feste Freundin gesehen. Du bist nur eine gute Freundin für mich. Mehr nicht. Tut mir leid, wenn du es anders gesehen hast.”
 

Die Spannung am Tisch war zum Zerreißen gespannt. Kaum hatte Mamoru diesen Satz ausgesprochen, hatte Rei auf dem Absatz kehrt gemacht und war zu ihren Freundinnen geflüchtet. Gleichzeitig hatten sich Kiriko und Kobajashi erhoben und waren zu Mamoru zurück gewandert. Seit dem waren zwanzig Minuten vergangen. Zwanzig Minuten in denen das schwarzhaarige Mädchen ihnen alles erzählt hatte. Nun saß sie da, ließ den Blick von einem der Mädchen zur anderen gleiten. Sah sie erwartend an:

”Was sagt ihr dazu?”

Drei von ihnen trauten sich nicht, etwas zu sagen. Nur eine erhob ihre Stimme: Usagi.

“Er hat Recht.”

“Du schlägst dich auf seine Seite?!”, ihre Stimme klang verblüfft und wütend zugleich.

“Wenn du es so sehen willst, dann ja. Du hast doch eben gesagt, dass ihr nichts gemeinsam habt.”

”Das denkt er. Wir haben vieles gemeinsam. Kino, Süßigkeiten.”

”Aber nie die gleichen Sorten oder Filme. Er steht auf Reisedokus und Schokolade.”

”Reisedokus? Woher...”

”...ich das weiß? Weil wir zufällig mal auf das Thema kamen.”, ergänzte Usagi den Satz ihrer Freundin. Ihr war klar, dass sie sich gefährlich weit aus dem Fenster lehnte. Sie durfte nicht zu viel erzählen. Sonst wäre es Rei wahrscheinlich sofort klar, was zwischen ihr und Mamoru lief. Sie holte tief Luft:

”Sei froh, dass er es dir gesagt hat. Stell dir mal vor, du hättest ihn mit einer anderen erwischt.”

“Er hat eine andere?”, die Stimme der Mittelstufenschülerin schallte durch das ohnehin jetzt leere Crown. So laut und deutlich das Mamoru und seine Freunde am Tresen zusammenzuckten und leicht panisch zu dem Mädchentisch schauten.

“Das hat sie nicht gesagt.”, versuchte Minako hektisch auszuhelfen.

“Nur das du froh sein sollst, dass er es dir rechtzeitig gesagt hat, dass er dich nur als gute Freundin sieht und nicht mehr.”, ergänzte Ami.

“So tut es doch nur halb so weh, oder?!”, Makotos Stimme hatte nur einen minimalen Hauch von Optimismus aufzuweisen.

“Hör mal, Rei.”, Usagi lenkte Reis Aufmerksamkeit wieder auf sich, “Du hast ihm doch gesagt, dass du ihn liebst. Richtig?”

Das Mädchen nickte.

“Hat er dir jemals drauf geantwortet?”

”Nein. Aber ich meine, er ist emotional gesehen sehr schüchtern. Er kann nicht so aus sich rauskommen wie du.”

Usagi schwieg und die Schwarzhaarige fuhr einfach ungehindert fort:

”Ich habe ihn einfach überrumpelt. Und mal ehrlich, Mädels. Wir geben das perfekte Paar ab.”

”Und womit erklärst du dann sein Verhalten eben?”

“Ach Mina, er wird einfach nur gestresst vom Lernen sein. Das versteh ich schon. Sobald er wieder zur Schule gehen kann und den ganzen Stoff intensiv nachgeholt hat, wird er es mir sagen.”

”Klingst ja ziemlich überzeugt.”, skeptisch sah Makoto sie an.

Rei fing neuerlich an zu schwärmen. Bis auf Usagi hörten ihr alle zu. Jedoch tauschten sie auch vielsagende Blicke aus, die ihre Freundin vor Schwärmerei aber überhaupt nicht mitbekam. Stattdessen steigerte sie sich immer mehr rein und achtete gar nicht mehr auf ihre Umgebung. So entging ihr auch, dass Usagi ihr Handy ausgepackt hatte und damit eine Nachricht schrieb. Die restlichen Mädchen bemerkten es durchaus. Und sie wussten nur allzu gut, wem ihre Freundin da schrieb.
 

Mamoru starrte gerade auf seinen jetzt kalten Kaffee, als sein Handy auf dem Tresen ertönte. Er griff danach und grinste sofort von einem Ohr zum anderen. Zumindest als er den Absender las. Der Inhalt der Nachricht ließ ihn hingegen sauer werden:

”Sie checkt es nicht. Ich hab versucht, dein Anliegen zu erklären. Aber sie meint, du lernst zuviel.”
 

“Was?”
 

”Ja. Sie rechnet fest mit einer Liebeserklärung von dir, sobald du wieder gesund bist und in der Schule den Stoff verinnerlicht hast.”
 

“Ich glaub, ich will den Stoff nicht nachholen.”
 

“Versteh ich.”
 

“Ich geh jetzt. Sehen wir uns später?”

Usagi schaute von ihrem Handy auf und hin zu Mamoru. Ihre Augen trafen seine und sie lächelte ihn an. Nickte ihm zu und beantwortete ihm so seine Frage. Mit ihren Lippen formte sie ein lautloses ‘Ja’. Dann wandte sie sich an Rei, die sie bis jetzt nicht mehr beachtet hatte:

”Wenn du ihm noch was sagen willst, dann solltest du es jetzt tun. Er geht.”

Die Schwarzhaarige fuhr herum und sprang auf. In schnellen Schritten war sie bei den drei Oberstufenschülern. Versuchte Mamorus Blick zu erhaschen. Aber sie musste feststellen, dass er an ihr vorbei schaute und zu Usagi. Verwirrt blickte Rei zwischen den beiden hin und her. Sie sah die leichte Wut in Mamorus Augen. Gemischt mit einem gewissen Schalk.

Sie sah Belustigung in den Augen ihrer Freundin.

”Hey, reg dich nicht über Usagi auf.”, sie legte ihre Hand auf seine Wange.

“Lass das.”, er umfasste ihr Handgelenk und sah sie an, “Ich will das nicht.”

“Okay.”

“Kiriko, kannst du mir meine Krücke geben?”

“Ja, sicher.”, seine Mitschülerin reichte sie ihm und winkte dann in Richtung des Mädchentisches. Alle winkten zurück, riefen ihr Abschiedsworte zu. Dann schaute sie zu Rei, sagte aber nichts. Stattdessen harkte sie sich bei Kobajashi unter und ging bereits in Richtung Ausgang.

“Bis demnächst, Motoki.”, Mamoru sah zum Tresen.

”Lass mich nicht zu lange warten, Kumpel.”

“Fall nicht, Baka.”

Mamoru musste breit grinsen:

”Danke für deine Sorge, Odango. Aber ich kann schon zwei Schritte geradeaus gehen.”

“Rufst du mich an, Mamoru?”

Er blickte zu dem Mädchen vor sich und schüttelte den Kopf:

”Ich wüsste nicht warum. Ich hab dir alles gesagt. Aber ich wiederhole mich gerne nochmal. Nur weil wir ab und an auf einen Kaffee oder Tee waren, heißt das noch lange nicht, dass wir zusammen sind. Ich finde dich nett und sympathisch. Aber mehr nicht.”

Rei sah ihn sprachlos an. Sammelte sich aber rasch wieder. Schnell stellte sie sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Sie hielt die Augen dabei geschlossen. Wartete auf eine Reaktion. Es kam keine. Sie zog sich zurück. Sah ihn mit einem Rotschimmer um die Nase an. Erwartungsvoll.

Geschockt hatte Mamoru die Hand auf seinen Mund gelegt. Sein Herz raste. Auch wenn er nichts dafür konnte, kam es ihm vor, als hätte er Usagi hintergangen. Was natürlich Blödsinn war. Schließlich hatte sie genau gesehen, wie er stocksteift stehen geblieben war und Rei ihn überrumpelt hatte. Nur langsam sammelte er sich:

”Was sollte das?”

“Ich dachte, es wird Zeit für unseren ersten Kuss.”

Er war sprachlos. Ihre Aussage und ihr Tun traf ihn wie ein Kübel Eiswasser. Er angelte sich vom Tresen eine Serviette und wischte sich damit den Mund ab. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie Usagi auf ihn zukam. Er hoffte und betete dafür, dass sie jetzt nichts Unüberlegtes tat.

“Wow, Baka. Dein erster Kuss.”

Er starrte sie an. Sie war nicht wütend. Zumindest nicht auf ihn. Erleichterung machte sich in ihm breit.

“Neidisch?”, er hatte seine Sprache wieder gefunden.

“Hm, keine Ahnung. Ich weiß ja nicht, wie gut du küssen kannst.”

“Willst du es testen?”

“Mamoru!”, Rei klang empört. Doch weder ihre Freundin noch ihr Schwarm gingen darauf ein. Im Gegenteil. Sie ignorierten sie.

“Um dann enttäuscht zu werden? Nee, lass mal. Am Ende beißt du mich noch oder so.”, lachte sie auf.

“Ja, dann sollten wir das lieber lassen. Ich will auch nur ungern im Krankenhaus landen.”

“Eben. Nicht das du weinst.”

“Würde ich schon tun, wenn du mich küssen würdest, Odango.”, dafür handelte er sich einen Boxerschlag gegen seinen Oberarm von Usagi ein.

“Bei mir wäre es auch Schade um den Kakao.”, sie wandte sich von Mamoru ab und Motoki zu, “Apropos Kakao. Was schulde ich dir, Motoki?”

”Nichts. Geht aufs Haus. Zur Feier des Tages sozusagen.”

“Super. Du bist der Beste. Na gut, ich geh dann mal heim.”, sie nahm ihre Jacke vom Garderobenharken und zog sie sich über den Pulli. Winkte ihren Freundinnen noch einmal zu und sah Rei an:

”Wir sehen uns dann nächste Woche.”

”Warum nicht morgen?”

”Meine Eltern planen einen Familienausflug. Einmal die heißen Quellen mit Übernachtung. Wir fahren morgen Früh und sind am Sonntagabend erst wieder da.”

“Viel Spaß. Was wirst du machen?”, sie kramte ihren Schirm aus der Tasche.

“Hm, keine Ahnung. Mamoru, was wollen wir machen?”

Der Angesprochene antwortete nicht. Zog stattdessen nun selbst seine Jacke an. Ignorierte das Mädchen komplett und verabschiedete sich von Motoki.

“Er will wohl seine Ruhe haben.”

Reis Blick wanderte zu Usagi:

”Ja.”

“Denk über seine Worte nach.”

Die Schwarzhaarige antwortete nicht. Sie sah nur Mamorus Rückenansicht. Er war zu seinen Schulfreunden gehinkt und blieb bei ihnen stehen.

“Kommst du noch ein Stück mit uns, Usa-chan?”, Kiriko lächelte sie fröhlich an.

“Ja klar. Wenn ihr dafür sorgt, dass Baka seine Lippen bei sich behält.”

”Machen wir.”

Usagi ging an ihrer Freundin vorbei und zu dem Dreier-Grüppchen. Sie trat mit ihnen hinaus und spannte ihren Schirm auf. Teilte ihn sich mit Kiriko. Die Jungs zogen sich ihre Kapuzen über den Kopf. Durch den Regen und die aufkommende Dunkelheit waren die vier schnell aus dem Sichtfeld von Rei verschwunden.

Das Mädchen ging zum Tisch von ihren Freundinnen zurück. Setzte sich neben Minako. Sie sagte kein Ton. Tausend Gedanken und vorallem Usagis letzter Satz gingen ihr durch den Kopf. Sie sollte über Mamorus Worte nachdenken. Aber warum?

“Warum schlägt sich Usagi auf Mamorus Seite?”

Die anderen Freundinnen sahen sie an. Schwiegen jedoch.

“Sie haben sich gerade übers Küssen unterhalten. Und jetzt gehen sie zusammen ein Stück ihres Heimweges. Es ist seltsam, die beiden mal nicht streiten zu sehen. Auch wenn es mal ganz angenehm ist.”

”Sie haben sicher nur Witze gemacht. Du kennst doch Usagi. Und du wolltest doch auch, dass die beiden sich mal normal unterhalten und nicht immer nur streiten.”

“Schon, Ami. Aber ausgerechnet übers Küssen reden sie.”

”Wie hat er denn auf deinen Kuss reagiert?”

”Gar nicht. Wie ein kalter Fisch, wenn ich ehrlich sein soll. Er stand einfach nur da und hat den Kuss nicht erwidert.”

”Sicher, dass ihr ein Paar seid?”

Die Schwarzhaarige sah den neuerlichen skeptischen Blick Makotos.

“Ja. Es ist wirklich nur der Stress.”

“Und wenn Usagi Recht hat?!”

”Womit?”

”Vielleicht ist er in ein anderes Mädchen verliebt.”

“Quatsch. Das ist Blödsinn. Er geht mit mir aus.”

”Er ging mit dir aus.”, Minako sah nicht zu ihrer Freundin, sondern beobachtete die Menschen auf der Straße. Doch sie fühlte den stechenden Blick:

”Er hat dir letzte Woche Montag doch gesagt, dass er Zeit für sich braucht. Und heute sagte er dir, dass ihr nichts gemeinsam habt und er nur eine gute Freundin in dir sieht. Klingt meiner Meinung nach nicht nach der großen Liebe. Außerdem ist er auch nur ein Mann. Und er sieht gut aus. Ich weiß von Kiriko, dass viele Mädchen an der Motoazabu in ihn verliebt sind. Er könnte theoretisch jede haben.”

”Er hat mich.”

”Das denkt er scheinbar nicht.”

“Heißt das, du denkst auch, dass wir kein echtes Paar sind?!”, Reis Stimme wurde immer wütender.

“Worüber redet ihr, wenn ihr zusammen seid?”, fragte Minako weiter. Sie ließ sich nicht einschüchtern.

”Wir reden selten. Wir begegnen uns auf einer höheren Ebene.”

”Wie lange datest du ihn schon?”

”Seit etwas mehr als einem Jahr.”

”Und heute war euer erster Kuss?!”

”Ja. Aber ist nun mal schüchtern.”, kicherte verlegen.

Minako sah sie jetzt endlich an, fuhr sich mit der Hand durch ihr langes blondes Haar:

”Sei mir nicht böse, Rei. Nur wenn ihr eine Beziehung hättet und er dich lieben würde, hättet ihr euch schon viel eher geküsst. Zumindest hätte ich das getan. Denk die nächsten Tage wirklich darüber nach. Vielleicht seid ihr doch nicht so füreinander geschaffen, wie du momentan denkst.”

Rei sah ihre Freundin fassungslos an. Was war hier bloß los? War sie die einzige, die das perfekte Paar in sich und Mamoru sah? Sie seufzte laut auf.

“Vielleicht tu ich das. Vielleicht denke ich darüber nach. Aber ich sag euch eins. Nein, ich schwöre es: Mamoru und ich sind füreinander geschaffen. Und dafür werde ich kämpfen. Gegen jedes Mädchen das es auf ihn abgesehen hat. Er gehört zu mir.”

When you say nothing at all

Der Regen trommelte auf den Fließenboden des Balkons. Einige Tropfen verirrten sich durch die geöffnete Türe. Der lange Vorhang wehte sachte im Wind und ließ von dem Sturm, der sich außerhalb des Appartementblocks austobte, nichts erahnen. Frische Luft strömte ins Wohnzimmer und vertrieb die verbrauchte.

Das Mädchen kam aus der Küche. In den Händen zwei Tassen Tee. Sie konnte für heute keinen Kakao mehr sehen. Tatsächlich hatte sie heute viel zu viel davon getrunken. Sie stellte den Tee auf den kleinen Couchtisch. Ihr Blick glitt zu dem jungen Mann, der auf dem Sofa lag. Sie musste leise kichern. Mamoru war eingeschlafen. Ihr Blick fiel auf die Uhr hinter ihr. Leicht erschrak sie dabei. Es war schon halb elf. Eigentlich hätte sie längst zuhause sein müssen. Selbst an einem Freitagabend. Ihr Lust jedoch, sich jetzt noch bei dem Wetter raus zu bequemen und den letzten Bus versuchen zu erwischen, hielt sich mehr als nur in Grenzen. Sie war eigentlich gar nicht vorhanden. Usagi überlegte, während sie Mamoru zudeckte. Vielleicht würde ihr Plan doch noch aufgehen, den sie sich in den letzten Tagen überlegt hatte. Vorbereitet war sie ja. Sie hauchte ihrem Liebsten einen Kuss auf die Stirn. Auf dem Weg zum Telefon schaltete sie den Fernsehr aus. Der Krimi war ohnehin zu Ende und es lief nur mehr eine langweilige Talkshow mit irgendwelchen Politikern. Im Stillen fragte sie sich, wer sich sowas um die Zeit ansah. Sie schnappte sich das Telefon und ging in die Küche. Schloss die Schiebetür ein wenig. Mamoru sollte ruhig weiterschlafen können. Mit flinken Fingern tippte sie die Nummer von ihrem Elternhaus ein. Ließ es läuten. Einmal. Zweimal. Dreimal.

“Tsukino?”

”Mama, ich bin’s. Zum Glück bist du es. Ich dachte schon, Papa geht dran.”

“Hallo Liebes. Papa ist auf dem Sofa eingeschlafen. Wo bist du denn?”

Kurz musste das Mädchen kichern. Ihr Vater und Mamoru hatten scheinbar auch einiges

gemeinsam.

“Usagi?”

”Oh, tut mir leid Mama. Ich bin bei Mamoru. Und, naja, ich wollte fragen, ob ich hier schlafen darf? Es regnet doch so arg und ich war ja erst krank.”

”Ist denn Mamoru damit einverstanden?”

”Ja.”

”Hm. Na gut von mir aus. Aber macht bitte keine Dummheiten.”

”Mama!”

”Usagi. Du bist kein Kind mehr und er sicher auch nicht.”

“Okay. Also darf ich?”

”Ja. Du kannst bei Minako schlafen.”

Usagi stutzte. Hatte ihre Mutter gerade von Minako gesprochen? Sie wollte sie gerade berichtigen, hielt sich aber sofort damit wieder zurück. Sie konnte ihren Vater im Hintergrund hören. Scheinbar war er wach geworden. Jetzt verstand sie auch die Reaktion von Ikuko.

“Danke. Vielleicht auch von morgen auf Sonntag?”

”Na schön. Aber Sonntagabend bist du wieder zuhause. Und keinen Blödsinn machen.”

“Danke Mama. Gute Nacht.”

”Gute Nacht. Sag Minako schöne Grüße.”

“Mach ich.”, lächelnd legte Usagi auf. Ihr Plan hatte perfekt funktioniert. Auf leisen Sohlen schlich sie wieder ins Wohnzimmer. Doch genauso wie ihr Vater vom Telefonieren wach geworden war, war es auch Mamoru geworden. Verschlafen blickte er sie an. Rieb sich die Augen. Auch sein Blick fiel auf die Uhr und schlagartig war er jetzt doch wieder wach.

“Verdammt, schon so spät. Du musst den letzten Bus erwischen. Oder warte, ich ruf dir auf meine Kosten ein Taxi.”, so schnell es sein lediertes Bein zu ließ, sprang er vom Sofa auf. Das breite Grinsen Usagis und das Telefon in ihrer Hand ließen ihn jedoch für einen Augenblick inne halten. Fragend sah er sie an.

“Ich darf bei dir bleiben.”

”Was?”

“Ich hab gerade zuhause angerufen und gefragt.”

”Und dein Vater hat das erlaubt? Ich dachte, dass das nicht vor deinem dreißigsten Geburtstag passieren wird.”

”Nein. Meine Mama hat es erlaubt. Mein Papa denkt, ich sei bei Minako. Und zwar das ganze Wochenende.”

“Usagi.”, er grinste sie schelmisch an.

“Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass mein Plan so gut funktionieren würde.”

”Dein Plan?”

Das Mädchen nickte nur und legte das Telefon zurück an seinen Platz. Ging in den Flur und kam in wenigen Sekunden mit ihrer Umhängetasche zurück. Stellte sie auf das Sofa.

“Mach mal auf.”, forderte sie ihn auf.

Neugierig kam er ihrer Aufforderung nach. Schon auf dem Weg zu seiner Wohnung hatte er sie fragen wollen, warum sie heute ein große Umhängetasche mit sich schleppte. Langsam öffnete er den Reißverschluss. Seine Augen weiteten sich, als er den Inhalt sah. Frische Wäsche und Duschbad.

“Wie...”

“Ich wollte nach dem Crown heute zu dir. Aber du kamst mir ja zuvor. Naja, aber macht ja nix. Wurde nur ein Teil meines Plans eine Überraschung.”

Mamoru hatte sich zu ihr umgedreht. Lachte.

“Du bist Wahnsinn!”

”Danke.”, sie löste die Haarklammern und ihre Haare fielen ihr wie flüssiges Gold über die Schultern. Sie kam auf ihn zu und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.

“Hattest du deshalb das dringende Bedürfnis, mit mir heute Nachmittag über Sex zu reden?”

“Nein. Also ich möchte schon gerne mit dir in einem Bett liegen. Und, naja, kuscheln eben. Aber nicht mehr. Ich glaub, soweit bin ich noch nicht.”

Er sah die leichte Unsicherheit in ihrem Blick.

”Ich auch noch nicht. Also lass uns damit warten.”

”Danke!”, sie hauchte ihm einen weiteren kleinen Kuss auf die Lippen, “Und, ähm, wollen wir denn dann ins Bett. Ich meine, der Tee ist jetzt eh kalt und du warst ja auch schon mal eingeschlafen. Außerdem war der Tag echt anstrengend.”

“Na dann lass uns Zähne putzen gehen und dann ab ins Bettchen.”, er lächelte sie an und reichte ihr seine Hand. Sie folgte ihm und innerhalb weniger Minuten hatten sie beide ihre Zahnbürsten in der Hand. Wortlos aber lachend putzten sie sich ihre Zähne. Usagi hatte neben ihrer Zahnbürste auch ihre Bürste, Duschbad, Deo und Parfüm und eine Cremé mit ins Bad genommen. Das alles hatte sie sorgfältig in dem Regal zwischen Waschbecken und Wanne drapiert. Und Mamoru musste unwillkürlich an ein vergangenes Gespräch mit Kobajashi denken. Sein Freund hatte ihm haarklein erklärt, wie Frauen vorgingen, um ihr Revier bei einem Mann zu markieren. Mal abgesehen vom Küssen und Händchen halten in der Öffentlichkeit, ging das weibliche Geschlecht dabei sehr taktisch vor. Nach und nach würden sie sich auch in der Wohnung des Mannes bemerkbar machen. Vor allem im Bad. Zu seiner Überraschung erfüllte auch Usagi dieses scheinbare Klischee. Er konnte nicht anders als zu schmunzeln. Auf ihren fragenden Blick hin erklärte er es ihr. Und Usagi lachte. Sie lachte einfach und fiel ihm dann um den Hals. Sagte ihm, dass sie sich immer nur in seiner Wohnung breit machen würde. Bekräftigte es mit einem Zahnpastakuss, bevor sie ihn aus dem Bad drängte und dabei auf ihr Nachthemd deutete. Er nickte nur verstehend und

humpelte in sein Schlafzimmer. Schloss auf dem Weg dahin die Balkontüre. Fühlte die leichte Nässe des Teppichs. Im Schlafzimmer zog er einen Teil der Vorhänge zu, schlug die Bettdecke zurück. Er zog sich sein Muscleshirt und die lange karierte Pyjamahose an. Legte sich ins Bett. Seine Arme hinter dem Kopf verschränkt, starrte er an die Decke. Die Gedanken in seinem Kopf überschlugen sich.

Usagi würde hier schlafen.

Usagi würde hier in seinem Bett schlafen.

Usagi würde hier in seinem Bett neben ihm schlafen.

Er hoffte, dass sie nicht wieder eine dieser knappen Short tragen würde. Dann konnte er für nichts garantieren. Ganz egal was er ihr eben noch im Wohnzimmer gesagt hatte. Er war schließlich auch nur ein Mann. Andererseits hatte sie ihm ja gesagt, dass sie ein Nachthemd dabei habe. Es würde also ihren Po verdecken und auch keinen Ausblick auf ihre Brüste zu lassen. Erleichterung machte sich in ihm breit. Zumindest bis sie ins Schlafzimmer kam.
 

Usagi hatte sich noch ihre Haare durch gebürstet. Eine Sache, die bei ihrer Haarlänge doch einige Zeit in Anspruch nahm. Versonnen hatte sie sich im Spiegel über dem Waschbecken angeschaut. Hatte sich in diesem Nachthemd angeschaut. Minako hatte es ihr zum Geburtstag geschenkt. Und als sie am Vormittag ihre Tasche gepackt hatte, war es ihr wieder in die Finger gekommen. Sie fand es passend. Immerhin sah man da nicht sofort ihre Pobacken. Und dank der verstellbaren Träger und dem Gummizug unterhalb der Brust, verrutschte auch nichts so schnell. Sie konnte es noch nicht ganz glauben, dass sie tatsächlich bei ihm schlafen durfte. Noch immer in Gedanken tapste sie ins Schlafzimmer. Als sie eintrat, traf ihr Blick seinen. Unwillkürlich musste sie die Luft anhalten, als sie ihn sah.

Mamoru musste schwer schlucken. Er wusste schon immer, dass sie schön war. Aber musste sie so ihre Kurven in Szene setzen. Ihm war klar, dass sie es unbewusst tat und mit keiner Absicht. Er setzte sich leicht auf. Beobachtete sie dabei, wie sie am Saum des doch recht kurzen Nachthemdes zupfte. Er wollte etwas sagen, aber sein Hals und Mund waren trocken. Es würde wirklich schwer werden, nicht über sie herzufallen.

Usagi setzte sich langsam wieder in Bewegung. Ihre nackten Füße halten ein wenig auf dem Parkettboden wieder. Etwas zaghaft setzte sie sich aufs Bett. Als sie ihn eben gesehen hatte, schien ihr Herz für einen Moment auszusetzen. Das Oberteil was er trug, betonte jeden einzelnen Muskel. Sie wusste, dass er trainiert war. Schließlich spielte er ja auch im Fußballteam seiner Schule. Aber es dann noch einmal live zu sehen, war etwas ganz anderes und ein gänzlich neue Erfahrung für sie. Sie wusste schon jetzt, dass sie ihre Hände sicherlich nicht bei sich behalten konnte. Nur allzu gerne wollte sie seinen Körper erkunden.

“Magst du dich nicht hinlegen?”, seine Stimme klang rau und sie nickte nur. Schwang die Beine über die Bettkante und schob sich unter die Decke. Sie lag und saß mehr oder weniger. Genau wie er. Zwischen ihnen war Leere. Das Mädchen schätzte den Abstand locker auf mindestens dreißig Zentimeter. Ihr Blick glitt an ihm vorbei zum Fenster. Sie sah den Tokyo Tower trotz des Regens. Seine Spitze blinkte rot als Signal für Flugzeuge. Es herrschte Stille im Zimmer. Nur das leise Atmen war zu hören.

So müde er bis eben noch auf dem Sofa gewesen war, so wach war er jetzt im Bett liegend. Wie sie schaute er hinaus zum Tokyo Tower. Unsicher tastete er im Dunkeln nach ihrer Hand. Langsam wanderte seine Hand über das Laken hin zu ihrer. Er spürte, wie sie kurz zusammen zuckte. Doch sofort entspannte sie sich wieder. Zärtlich streichelte er mit seinem Daumen über ihren Handrücken. Und allein diese bloße Berührung löste tausende Schmetterlinge in ihm aus. Ein Gefühl das er noch nie zuvor gespürt und gefühlt hatte. Er versuchte die Kontrolle über seine Atmung zu behalten und auch die über seinen Herzschlag. Beides war viel zu schnell. Er wollte etwas sagen. Etwas belangloses. Doch ihm fiel partout nichts ein. Umso glücklicher war er, als er bemerkte, wie sich das Mädchen neben ihm räusperte. Erwartungsvoll wandte er ihr seinen Blick zu.

“Ich hoffe, ich bring dich dieses Mal mit meinem Nachthemd nicht aus dem Konzept.”, sie lächelte schüchtern. Und trotz der Dunkelheit sah er das strahlende Blau ihrer Augen.

“Willst du eine ehrliche Antwort?”

Usagi nickte.

“Es steht dir wunderbar.”

”Danke!”

”Und es bringt mich noch viel mehr aus dem Konzept als dein Schlafoutfit vom Dienstag.”

Sie starrte ihn mit offenem Mund an und brachte ihn so zum Lachen.

“Wieso denn das? Es verdeckt alles recht gut und verrutschen kann auch nichts.”, sie sah an sich herab und strampelte die Decke ein wenig zurück. Selbst sitzend sah man nichts von ihren unteren Regionen. Das Nachthemd verdeckte locker ein Drittel des Oberschenkels. Wieder sah sie zu Mamoru. Bemerkte erst jetzt, dass er die Lücke zwischen ihnen überwunden hatte und an sie herangerutscht war, sich mit der linken Hand abstützte. Das Mädchen bekam eine Gänsehaut, als er mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand unter einen der Träger glitt. Ihn leicht anhob. Seine Augen fixierten ihre.

“Dein Nachthemd hält zwar alles an Ort und Stelle, aber es betont auch deine Kurven, Mondhase.”

Schlagartig wurde sie puderrot.

“Deine Brüste werden besonders betont.”, seine Finger glitten über die sanften Rundungen ihres Dekoltees.

“Mamo-chan.”

“Vielleicht sollte ich lieber auf dem Sofa schlafen.”, seine Augen waren auf ihren Ausschnitt geheftet, während er diese Worte murmelte.

“Nein.”, sie packte ihn ruckartig am Handgelenk und schaffte es so, dass er ihr endlich wieder in die Augen blickte, “Nein. Du bleibst hier. Wir werden zusammen in diesem Bett schlafen. Sonst kann ich auch gleich nach Hause gehen. Wir werden kuscheln und brav sein.”

Sanft aber bestimmt drückte sie ihn zurück auf sein Kissen. Sank zu ihm hinab und bettete ihren Kopf auf seine Brust. Zärtlich strich sie mit ihrer Hand darüber. Genoss die Nähe und seine Hand, die über ihren blonden Haarschopf fuhr. Sie seufzte leise. Ihr Blick war wieder dem blinkenden Tokyo Tower zugewandt. Seiner galt ihr alleine. Seine Blicke waren fast schon greifbar für sie. Der Himmel über der Stadt lichtete sich. Die Wolken samt dem Regen zogen weiter. Gaben so den Blick auf den Sternenhimmel und den Vollmond frei.

“Ich liebe dich.”, Mamoru hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger an und zwang sie so, ihn anzusehen. Er sah ihre Liebe für ihn in seinem Blick. Noch immer war es ihm unbegreiflich, warum sie nicht schon früher zueinander gefunden hatten. Und jetzt lag dieses zierliche Geschöpf neben ihm. In seinem Bett. Trotz der chaotischen Umstände mit denen sie gestartet waren und in diese Beziehung gestolpert waren.

“Mamo-chan.”, ihre Hand wanderte zu seinem Gesicht. Schob ihm eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.

“Heute ist viel passiert.”

“Allerdings. Ich fürchte, wir werden jede Menge Ärger und Probleme bekommen.”

“Wir bezwingen alle Probleme, Usako. Wir müssen nur zusammenhalten. Und die anderen werden nichts sagen, bevor wir es Rei nicht sagen.”

”Ich weiß. Ich liebe dich.”

Er beugte sich zu ihr. Seine Lippen trafen ihre.
 

Es versprach ein schöner Tag zu werden. Die letzten drei Nächte hatte sie eher bescheiden geschlafen. Ständig war sie aufgewacht, weil sie damit rechnete, eine wild gewordene Furie würde in ihrem Zimmer stehen und sie gleich umbringen. Und das auf jede erdenkliche Art und Weise. Am Morgen stand sie wie gerädert auf und vermied es, in den Spiegel zu schauen. Wahrscheinlich hätte sie sich dadurch selbst ins Grab befördert, weil sie sich zu Tode erschrocken hätte. Doch heute war es anders. Usagi blinzelte und rieb sich die Augen. Ihr Blick fiel auf den Radiowecker auf der gegenüberliegenden Kommode. Er zeigte halb zehn an. Sie gähnte herzhaft und streckte sich in alle erdenklichen Richtungen. Rollte sich anschließend auf die Seite und schmiegte sich an Mamoru, der mit dem Rücken zu ihr lag.

Sein Atem war ruhig und die Sonne, die sich durch das Fenster einen Weg ins Zimmer bahnte, brachte seine pechschwarzen Haare zum Glänzen. Sie strich ihm da durch und er ließ ein leises Seufzen von sich. Das Mädchen stützte sich auf ihren Unterarm und beugte sich über den jungen Mann. Ihr warmer Atem streifte sein Ohr und sie bemerkte zu ihrer Genugtuung, wie er eine Gänsehaut bekam. Feine Härchen stellten sich auf.

“Guten Morgen, mein Prinz.”, ihrem Morgengruß folgte ein sanfter Kuss auf seine Schläfe.

“Morgen Prinzessin.”

Mamoru drehte sich auf den Rücken und öffnete die Augen. Ein Lächeln trat auf seine Lippen, als er ihre strahlend blauen Augen sah. Er legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie an sich heran. Hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Er war nur kurz, aber spiegelte all seine Gefühle wieder. Während sich Usagi wieder aufsetzte, ließ er sich zurück in die Kissen sinken.

“Hast du gut geschlafen?”

”Sehr gut.”, sie lächelte ihn verliebt an, “Und du?”

”Eben so. Am liebsten würde ich jeden Abend neben dir einschlafen und jeden Morgen neben dir aufwachen.”

“Das wäre wirklich schön. Schau mal, das schlechte Wetter ist abgezogen. Heute scheint es wieder sonnig zu werden.”

Er drehte seinen Kopf zur Seite:

”Willst du was unternehmen?”

”Hm, weiß nicht. Vielleicht könnten wir in dieses Café in Minato-ku fahren. Du weißt schon, in dem Makoto und Minako schon waren. Wenn wir ins Crown gehen, ist die Gefahr zu groß, dass wir dort auf Rei treffen. Für sie bin ich ja mit meiner Familie unterwegs.”

“Von mir aus.”

“Toll.”, sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und schwang dann die Beine über die Bettkante. Schwungvoll stand sie auf. Noch einmal streckte sie sich. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie seine Augen wieder an ihrem Körper haften blieben. Sie grinste ihn keck an und wackelte mit ihrem Po. Ihre Hände glitten durch ihre langen Haare und über ihr Gesicht. An ihrem Hals hinab und zu ihren Brüsten, darüber und an ihren Seiten hinab. Mit den Fingern umfasste sie den Saum ihres Nachthemdes und schob ihn sich ein Stück nach oben. Kurz vor ihrem Höschen stoppte sie. Lachte auf, als sie Mamorus Blick sah: Die Augen und der Mund weit aufgerissen. Fast unfähig sich zu bewegen, kam er nur langsam auf die Beine. Hinkte um das Bett herum auf sie zu.

Überrascht wich sie einen Schritt zurück. Ließ den Saum los. Sie versuchte in seinen Augen zu lesen. Beide spürten die knisternde Stimmung. Und doch waren sie ratlos, was sie tun sollten. Das Mädchen wollte gerade etwas sagen, als sich noch jemande in das Gespräch einmischten. Der Magen. Sowohl ihrer als auch seiner. Sie konnten nicht anders, als lauthals los zu lachen.

“Komm, ich mach uns Pancakes.”, er nahm sie an der Hand und humpelte zur Tür. Sie folgte ihm. Normalerweise hätte sie sich noch umgezogen. So wie sie es immer tat, bevor sie zum Frühstück ging. Auch zuhause bei ihren Eltern. Doch hier bei Mamoru war es anders. Ihre ganze Welt war in diesem Moment anders. Sie fühlte sich vollkommen und geborgen. Noch nie hatte sie sich so gefühlt. Bei ihm konnte sie sein, wie sie war. Mal durchgedreht und kindisch. Mal ernsthaft und kitschig. Von allem eine gute Mischung. Er liebte sie so, wie sie war. Und scheinbar ging es ihm genauso in ihrer Nähe. Er war viel lockerer und nicht mehr so angespannt. Lachte viel mehr.

“Kann ich dir helfen?”, sie war ihm zum Kühlschrank gefolgt. Legte fragend den Kopf schief.

“Kannst du kochen?”

”Nein.”

“Dann deck vielleicht nur den Tisch und ich mach alles fertig.”

“Okay.”

“Du weißt ja eh, wo alles steht.”, er lächelte sie an und begann alles aus dem Kühlschrank heraus zu räumen, was er für den Teig der Pancakes benötigte. Mamoru konnte das Rezept ohnehin auswenig. Aber irgendwie war es plötzlich um so vieles schöner, mehr Teig für mehr Pancakes zusammen zu rühen als nur für sich alleine. Er sah während des Rührens zu Usagi. Sie stand gerade auf Zehenspitzen und nahm die Tassen aus dem Schrank. Ihr Nachthemd war ein Stück nach oben gerutscht. Gab jetzt doch die Rundungen ihres Hinterns frei.

“Gefällt dir, was du siehst?”

“Ja. Das Lächeln auf deine Lippen sagt mir, dass ich glaube, dass du mich auch so siehst.”

Ihr Lachen klang glockenhell. Als sie die Tassen auf dem Tisch abgestellt hatte und zurück zum Schrank ging, um die Teller zu holen, gab sie ihm einen liebevollen Klaps auf den Po. Er klang gespielt empört und sie zwinkerte ihm nur zu. Nach und nach wanderte alles Geschirr auf den Tisch. Sie hatte es sogar geschafft, einen Kaffee für sich und Mamoru zu kochen. Alles stand auf dem Tisch. Inklusive Marmelade, Schokocremé und Ahornsirup für die Pancakes. Sie hatte ihm doch noch geholfen und einige Äpfel, Kiwi und Bananen geschnitten. Auf Mamorus Frage hin, warum sie das tat, antwortete sie nur damit, dass er seine Pancakes unbedingt füllen sollte. Er versprach, es zu probieren. Binnen einer Viertelstunde standen zwölf Pancakes fein säuberlich auf einem Teller gestapelt auf dem Tisch. Sie genossen ihr Frühstück. Lachten dabei, fütterten sich gegenseitig und planten ihren Tag. Mamoru erklärte ihr, dass er versuchen wollte, den heutigen Tag ohne Krücke zu verbringen. Wahrscheinlich würde er die übernächste Woche wieder zur Schule gehen können. Und wenn er schon erstmal mit Sport pausieren musste, wollte er zumindest wieder krückenfrei laufen können. Er sah den besorgten Blick Usagis und konnte sie nur umstimmen, als er ihr hoch und heilig schwor, wenigstens den Stützverband zu nehmen. Sie versanken in ihrer kleinen und eigenen Welt und bemerkten gar nicht, wie die Zeit verflog.
 

Erst das Klingeln an der Türe ließ beide hochschrecken. Verwirrten und kauend sahen sie sich an. Langsam drehte sich Mamoru in Richtung seiner Wohnungstür und wieder zurück zu Usagi. Seine Augen wanderten auf sein Handy, um nach der Uhrzeit zu sehen. Es zeigte kurz vor elf an. Wieder klingelte es.

“Erwartest du jemanden?”, ihre Stimme war leise. Genau wie seine als er ihr antwortete:

“Nein. Kobajashi und Kiriko hätten sich vorher sicherlich angemeldet. Und du bist offiziell ja gar nicht da.”

”Mina weiß, dass ich bei dir bin. Also jetzt nicht über Nacht, aber zumindest den Tag über.”

Neuerliches Klingeln wurde jetzt mit Klopfen verbunden. Langsam erhob sich Mamoru. Und Usagi tat es ihm gleich. Er legte seinen Zeigefinger auf den Mund und bedeutete ihr so, leise zu sein. Sie nickte nur. Ohne ein Wort zu sagen schlichen sie zur Türe. Gerade als der junge Mann durch den Spion an seiner Türe schauen wollte, erklang eine mehr als nur vertraute Stimme:

”Mamoru?”

Geschockt sah er zu dem Mädchen hinter sich. Sie hatte die Hände vor den Mund geschlagen und die Augen weit aufgerissen. Sie schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Wieso war sie hier? Er schob Usagi zurück ins Wohnzimmer. Nahm ihr die Hände vom Mund und sah sie ernst an. Seine Stimme war nicht mehr als ein raues Flüstern:

”Hör zu, Usako. Geh du ins Schlafzimmer. Ich werde die Türe öffnen und fragen, was sie will. Ich lass sie nicht in die Wohnung. Mach dir keine Sorgen. Sei einfach still und gib keinen Pieps von dir, okay?”

Sie nickte. Leichte Panik lag in ihren Augen, die ihn zum Lächeln brachten. Er hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Lippen.

“Du lässt sie nicht rein?”

”Nein. Mach dir keinen Kopf. Ich werde sie schon los. Das wird unser Wochenende. Nur du und ich. Gemeinsam. Okay?!”

”Okay.”, sie schmiegte sich kurz an ihn und ging dann auf Zehenspitzen ins angrenzende Schlafzimmer. Schloss die Türe hinter sich. Mamoru tat das gleiche mit der Küchentüre. Denn noch immer stand sowohl sein Teller als auch der von Usagi auf dem Tisch. Selbst wenn Rei nicht reinkam, wollte er lieber auf Nummer sicher gehen. Als es wieder klingelte und sie seinen Namen rief, stöhnte er genervt auf und warf Usagis Schuhe durch die offene Türe seines Bades. Humpelte zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit.

“Guten Morgen, Mamoru!”, flötete Rei gut gelaunt.

“Was willst du?”

“Dich überraschen.”

”Ich mag keine Überraschungen.”

”Jetzt sei nicht so ein Griesgram. Darf ich rein kommen?”, sie kam einen Schritt auf ihn zu. Ihr Fuß berührte seine Schwelle. Doch er kam ihr zuvor und versperrte ihr den Weg:

”Was willst du, Rei?”

”Ich wollte etwas mit dir unternehmen. Jetzt nicht unbedingt Kino. Aber vielleicht könnten wir ins Naturkundemuseum gehen oder in den Zoo. Oder einfach bummeln und irgendwo was essen. Ich hab nämlich schon wieder Hunger. Na gut, ich bin auch schon um sieben aufgestanden. Also?”

”Ich bin satt. Spätes Frühstück.”

“Oh. Na dann gehen wir halt nur bummeln.”

“Ich hab schon was vor.”

”Ach so?”

“Ja.”

”Verstehe. Kiriko und Kobajashi.”

”Nein.”, seine Stimme klang ernst. So wie Usagi sich weit aufs Eis getraut hatte, tat er es jetzt auch. Denn ganz offensichtlich hatte die Schwarzhaarige vor ihm seine Worte von gestern immer noch nicht verstanden. Geschweigedenn das sie Usagis Rat überdachte hatte. War er gestern nicht direkt genug gewesen? Hatte sie denn überhaupt nicht gemerkt, dass er ihren Kussversuch nicht erwidert hatte? Das er es sogar ins Lächerliche gezogen hatte, als Usagi mit dazu kam. Er hätte nie gedacht, dass sie wirklich so begriffsstutzig war. Das war bisher und bis er sich in sie verliebt hatte, immer das Steckenpferd seiner Liebsten. Aber Rei machte ihr wirklich beinharte Konkurrenz. Für Rei schienen seine Worte nur leeres Gefasel ohne Inhalt gewesen zu sein.

“Ach dann gehst du doch ins Crown. Da wollte ich sowieso auch hin. Lass uns doch zusammen gehen.”

”Ich bin nicht mit Motoki verabredet.”

”Oh.”

Er konnte genau erkennen, wie es begann in ihr zu arbeiten. Er wusste von Usagi, dass sie Rei gesagt hatte, dass es vielleicht jemand anderes in seinem Leben gab. Ein anderes Mädchen vielleicht. Und sie sah im jetzigen Moment so aus, als würden ihr genau die Worte ihrer Freundin durch den Kopf gehen. Mamoru ließ sich jedoch nichts anmerken. Er stand fest im Türrahmen und sah sie einfach nur an. Keinerlei Gefühlsregung ließ sein Gesicht erkennen.

“Mit wem denn dann?”, ihre Augen fixierten sein und ihre Stimme klang fest.

“Ich denke nicht, dass dich das was angeht.”, er wollte sich abwenden, doch sie bekam seine Hand zu fassen und hielt sie fest. Verständnislos sah er sie an.

“Hast du eine andere?”

Er seufzte auf. Scheinbar hatte sie es kapiert.

“Es geht dich nichts an.”

”Aber Mamoru, wir sind zusammen.”

”Sind wir nicht. Das habe ich dir schon gestern gesagt. Ich finde dich nett, ja. Aber auch nicht viel mehr.”

”Ich liebe dich.”

”Und ich liebe ein anderes Mädchen.”

Reis Augen wurden dunkel und funkelten:

”Wer ist sie?”

Er schwieg.

“Wie ist ihr Name?”

“Rei!”, seine Stimme war lauter, als er es beabsichtigt hatte und sicherlich konnte Usagi ihn im Schlafzimmer hören, “Es geht dich nichts an. Wir sind Freunde und mehr nicht. Mit wem ich mich treffe, hat dich nicht zu interessieren.”

”Ist sie hier? Lässt du mich deshalb nicht in die Wohnung? Weil sie hier ist.”, Rei begann sich die Haare zu raufen und hysterisch zu lachen. Mit aller Macht versuchte sie sich in die Wohnung zu drängen, aber sie kam nicht gegen ihren Schwarm an. Bestimmend schob er sie zurück in den Flur seiner Etage.

“Und wenn es so ist?”, er hatte sich gegen den Türrahmen gelehnt. Die Arme vor der Brust verschränkt. Die Tür stand nur wenige Zentimeter offen.

”Das glaube ich dir nicht.”

“Wie du meinst. Soll ich sie dir zeigen?”

“Du lügst. Du lügst, Mamoru. Ja, das ist es. Du bist einfach nur genervt, weil du kein Sport machen kannst und so viel in der Schule aufzuholen hast. Du willst mich nur ärgern. Du ärgerst mich, weil du dich mit Usagi vertragen hast. Aber darauf falle ich nicht herein.”

Sie ging wieder auf ihn zu. Legte ihre Hände auf seine Brust. Wollte ihm in die Augen blicken. Er tat ihr den Gefallen. Erwiderte ihren Blick. Doch im Gegensatz zu dem Mädchen in seinem Schlafzimmer konnte die Schwarzhaarige vor ihm nicht darin lesen. Er gab ihr ohnehin nur wenige Sekunden, bevor er sie wieder von sich schob und den Blick abwandte. Sie tat es nicht. Rei streckte in wenigen Augenblicken die Arme aus und riss die Augen noch mehr auf. Verständnislos sah Mamoru sie an. Sah das feine blonde Haar zwischen ihrem Daumen und Zeigefinger.

“Was ist das?”

”Ein Haar.”, er war seelenruhig.

“Blond.”

”Blond.”

”Hast du was mit Minako?”

Mamoru fiel aus allen Wolken. Musste sich kurz am Türrahmen festhalten und hätte fast lauthals los gelacht. Doch er fasste sich schnell wieder.

“Minako?! Wie kommst du auf Minako?”

”Ihr versteht euch gut und sie ist blond.”

“Ja das ist sie. Aber ich habe genauso wenig was mit ihr wie mit dir. Wir sind Freunde. Außerdem hat sie eh nur irgendwelche Stars im Kopf. Bis sie sich für einen Mann aus Fleisch und Blut interessiert, dauert es noch ein wenig.”

”Wer ist es dann?”

“Nochmal, Rei. Es geht dich nichts an.”

“Kenne ich sie?”

”Wahrscheinlich.”

Sie sah ihn mit einer seltsamen Mischung aus Wut, Enttäuschung und Kampfgeist an. Es machte ihm tatsächlich ein wenig Angst.

“Hör zu. Wir sind ausgegangen. Aber ich habe jemanden kennen gelernt und ich liebe sie.”

”Wie lange kennst du sie?”

”Länger als dich. Aber wir haben es irgendwie verpasst, uns einzugestehen, dass wir ineinander verliebt sind. Jetzt haben wir es aber endlich gerafft. Wir lieben uns.”

”Ich gebe dich nicht auf.”

”Was?”

”Ich werde um dich kämpfen. Du und ich, wir gehören zusammen. Wir sind das perfekte Paar.”

Er wollte etwas antworten. Doch sie lächelte ihn nur an und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Drehte sich um und ging in Richtung Aufzug. Wortlos starrte er ihr hinterher. Mamoru bemerkte gar nicht, wie Usagi von hinten an ihn heran trat. Sie schlang ihre Arme um seinen Bauch. Er schaute sie über die Schulter hinweg an. Er musste nichts sagen. So wie sie ihn anschaute, hatte sie jedes einzelne Wort dieses Gesprächs mitgehört. Mamoru zog sie um sich herum und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Als sie beide ihn lösten, beugten sie sich vorsichtig nach vorne. Beide waren sich ziemlich sicher, dass Rei noch nicht ganz weg war. Und tatsächlich: Sie stand mit den Rücken zu ihnen vor dem Aufzug. Scheinbar ganz entspannt. Aber Rei wäre nicht Rei gewesen, wenn sie nicht diesen berühmten sechsten Sinn gehabt hätte. Sie drehte sich ein Stück um und sah zurück zu Mamorus Wohnung. Sofort stolperte Usagi zurück und Mamoru schloss die Tür.

“Hat sie mich gesehen?”, Usagis Atem ging schnell.

“Ich weiß nicht. Weiß sie denn, wie du mit offenen Haaren aussiehst?”

”Nein. Ich trag sie nur für dich so.”

”Ich fühle mich geehrt, Usako. Also wenn sie nicht gleich zurück kommt und Sturm klingelt, weiß sie nicht, wer du bist.”

Sie sahen sich an und lauschten an der Türe. Nichts. Außer der Fahrstuhl der signalisierte, dass er da war und bei dem sich nach wenigen Sekunden die Türen schlossen.
 

Grübelnd stand Rei im Aufzug nach unten. Sie hatte sie gesehen. Sie hatte das Biest gesehen, dass ihr Mamoru auszuspannen versuchte. Keine Frage das sie hübsch war. Die Haare des Mädchens waren viel länger als ihr eigenes. Es sah aus wie flüssiges Gold. Als Rei sie gesehen hatte, hatte sie erschrocken die Augen aufgerissen. Blaue, durchdringende Augen. Und sie war nicht viel älter als sie selbst. Eine Mittelstufenschülerin. Die Schwarzhaarige sah neben sich in den Spiegel. Jetzt kannte sie ihre Konkurrentin.

Rule the world

So schnell sie konnte, war sie losgerannt. Kaum hatte sich ihr Handy gemeldet, war sie schon die Stufen ihres Elternhauses hinuntergeflogen und zur Türe hinaus. Auf dem Weg zum Treffpunkt hatte sie ihre beiden anderen Freundinnen angerufen. Ihr war klar, dass die auch schon von der Neuigkeit wussten. Panik hatte sich in ihnen allen breit gemacht. Die Blondine achtete nicht auf die Leute, die ihr entgegen kamen. Was mussten die auch Samstagmittag ihren Wochenendeinkauf erledigen? Schlitternd kam Minako an der letzten Kreuzung vorm Crown stehen. Ihre Lungen brannten und sie bekam kaum Luft. Wahrscheinlich sah sie aus wie ein Fisch auf dem Trockenen, so wie sie beim Atmen aussah. Schnappatmung traf es wohl am ehesten.

“Mina!”

Erschrocken fuhr das Mädchen herum. Sah Ami und Makoto auf sich zu sprinten. Genau wie sie wenige Sekunden zuvor kamen auch die beiden holpernd zum Stehen. Japsten nach Luft und sahen dabei genauso dämlich aus wie sie. Drei Kois auf dem Trockenen. Ja das waren sie. Hübsche Kois die keinen Sauerstoff in ihre Lungen bekamen. Minako konnte nur den Arm zur Begrüßung heben.

“Glaubst du, Rei weiß es?”, Ami hielt sich schwer atmend am Laternenpfahl fest, der neben ihr stand. Sah Minako an, die nur den Kopf schüttelte.

“Ich denke nicht.”, Makotos Antwort kam keuchend, “Sonst hätte sie es in die Nachricht geschrieben und Usagi wahrscheinlich an den Haaren aus Mamorus Wohnung gezerrt.”

“Usagi hat selbst eine Nachricht bekommen. Sie hat allerdings nicht zurück geschrieben.”, Minako hatte ihre Stimme und die Kontrolle über ihre Atmung wieder gefunden. Sie sah zur gegenüberliegenden Straßenseite. Die Ampel sprang auf grün. Mit schnellen Schritten gingen sie über die Kreuzung. Alle drei sahen Rei, die bereits an ihrem Stammtisch saß.

“Motoki hat heute frei.”, murmelte Minako.

”Hast du es ihm aber gesagt?”

”Ja, Ami.”

”Also Mädels.”, Makoto sah ihre Freundinnen an, “Ich heiße Usagis und Mamorus Vorgehensweise immer noch nicht gut. Aber was soll’s. Es ist wirklich ihre Sache. Tun wir also so, als seien wir schockiert, oder?!”

Sowohl Ami als auch Minako nickten. Sie atmeten noch einmal tief durch, bevor sie das Café betraten. Ohne weitere Worte gingen sie zu ihrem Tisch und setzten sich. Den Blick, den Rei ihnen schenkte, war vielsagend. Sie wussten, dass sie sauer war. Das wilde Trommeln mit den Fingerspitzen verriet sie auf hundert Meilen gegen den Wind. Und wenn ihre Freundin sauer war, ließ sie das alle spüren. Egal ob Freund oder Feind. Die Mädchen schwiegen. Sie wollten nicht den Anfang machen und sie noch zusätzlich durch ein falsches Wort reizen. Sie sahen, dass die Schwarzhaarige ihren Tee nicht angerührt hatte. Wahrscheinlich hatte sie ihn nur bestellt, um ihn mit dem Löffel beim Rühren zu drangsalieren. Eine bedrückende Stille machte sich breit und wog schwer in der Luft. Die Geräusche der Umgebung waren in weite Ferne gerückt.

“Das glaube ich einfach nicht.”

Überrascht sahen die drei Freundinnen zu Rei. Schwiegen jedoch weiterhin.

“Wie kann es dieses kleine Biest wagen, sich an meinen Mamoru ranzuschmeißen?! Und scheinbar auch noch dort zu übernachten.”

”Übernachten.”, Ami verschluckte sich und musste husten, als sie das Wort wiederholte. Auch Makoto und Minako sahen überrascht auf. Usagi schlief schon bei ihm. Das ging wirklich fix. Die Brünette und die Blondine tauschten eindeutige Blicke aus. Ein leichtes und von Rei unbemerktes Grinsen huschte über beider Lippen.

“Ja, sie hat bei ihm übernachtet. Er hat mir in Schlabberklamotten die Tür aufgemacht. Und er wollte mich nicht reinlassen. Mal abgesehen davon, dass ich sie noch kurz zu Gesicht bekam, als ich auf den Fahrstuhl gewartet habe.”

“Wie sieht sie aus?”, Makoto sah ihre Freundin erwartungsvoll an. Je mehr Rei gesehen hatte, umso eher würde sie Usagi wohl erkennen.

“Blond. Sie war blond. Ihre Haare waren schier unendlich lang. Bis knapp in die Kniekehlen. Ihre Augen waren blau. Ganz blau und durchdringend. Und sie trug ein knappes Nachthemd. Satin oder so. In rosé.”

Minako zuckte kurz zusammen. Innerlich freute sie sich riesig, dass ihre Freundin ausgerechnet ihr Geburtstagsgeschenk für ihre erste Nacht mit ihrem Liebsten gewählt hatte. Doch sie sagte nichts.

“Also hässlich ist sie nicht.”, fuhr Rei fort, “Mamoru meinte, er würde sie lieben. Pah, was für ein Schwachsinn. Ich meine, er liebt mich. Mich und nicht dieses Flittchen. Wer weiß, wo er die aufgegabelt hat. Wer weiß, wie sie ihn um den Finger gewickelt hat. Ich gebe mich nicht geschlagen. Ich kämpfe um ihn.”

“Aber wenn er sie doch liebt.”, seufzte Ami.

“Dummes Gefasel.”

”Dir hat er noch keine Liebeserklärung gemacht.”

“Nicht direkt. Aber das ist jetzt auch erstmal egal. Erstmal geht’s um was ganz anderes.”

”Und um was?”, Minako legte fragend den Kopf schief.

“Wir werden ihn beschatten.”

”Beschatten?!”, die Stimmen der drei Mädchen schallten im Chor.

“Ja.”, lachte die Schwarzhaarige auf, “Beschatten. Dieses Biest wird sich sicher den ganzen Tag an ihn kletten. Und wir werden sie verfolgen und herausbekommen, wie sie Mamoru verhext.”

”Vergiss es Rei, ohne mich.”, Minako war aufgesprungen, “Auf so einen Schwachsinn lass ich mich nicht ein.”

“Das ist kein Schwachsinn.”

”Doch. Denn scheinbar liebt Mamoru dieses Mädchen wirklich sehr, wenn er sie bei sich schlafen lässt. Und wie du eben zugeben hast, hat er dir bisher noch nie gesagt, er würde dich lieben. Du solltest echt über seine Worte und die von Usagi und mir nachdenken, bevor du dich da in was verrennst und andere in ihrem Liebesglück störst.”

“Das heißt, du hilfst mir nicht.”

”Nein.”

“Gut. Dann also nur Ami, Makoto und ich.”

”Also ehrlich Rei, auf mich wirst du auch verzichten müssen. Ich seh das ähnlich wie Mina.”, murmelte Ami mit leiser Stimme, “Auch wenn ich es nicht gut finde, dass er dir nichts gesagt hat.”

”Ich stimme Ami zu.”, nickte nun auch Makoto und erhob sich wie ihre beiden anderen Freundinnen, “Aber wenn man genau hinsieht, hat man schon Anzeichen dafür gefunden, dass er verliebt ist. Nur eben nicht in dich. Und er hat es dir gestern ja auch deutlich genug zu verstehen gegeben.”

“Das heißt, keine von euch hilft mir? Na danke auch. Usagi wäre sicher mit dabei.”

”Glaub ich kaum.”, Minako zupfte an ihrer Jeansjacke herum, “Sie kann Mamoru vielleicht nicht leiden. Doch sie würde niemals so weit gehen, ihm sein Liebesglück zu zerstören. Aber tu, was du nicht lassen kannst. Nur sei hinterher nicht angepisst, weil dein toller Plan nach hinten losgegangen ist. Viel Spaß!”

Die Blondine wandte sich zum Gehen. Die beiden anderen verabschiedeten sich ebenfalls von Rei und eilten ihr hinterher. Sie warfen keinen Blick zurück. Und sobald sie das Crown verlassen hatten und um die nächste Ecke gebogen waren, schrieb Minako Usagi eine Nachricht. Warnte sie vor ihrer Stalkerin.

“Danke. Wir passen auf.”, diese Antwort bekamen die drei wenigen Sekunden nach dem Abschicken ihrer Warnung zu lesen.
 

Die Haustüre hinter ihnen fiel ins Schloss und die Sonne blendete sie.

Während Mamoru den Schlüssel wegpackte, sah er versonnen zu seiner Liebsten, die einige Schritte vor gegangen war. Betrachtete sie verliebt. Jeden Zentimeter ihres Körpers prägte sich in seinem Gehirn ein. Seine ozeanblauen Augen scannten quasi ihre Konturen:

Ihren kleinen runden Po, den die Bluejeans umschmeichelte.

Ihre langen schlanken Beine, die in den wunderschönen braunen Schnürrstiefeln endeten.

Ihren flachen Bauch und die weiche Oberweite, die sich hinter der hellbraunen Lederjacke und dem weißen Rollkragenpulli verbargen.

Ihre gold-blonden Haare, die im leichten Wind wehten und die sie für ihn offen trug.

Warum war es ihm erst so spät aufgefallen, dass sie wie ein Göttin aussah?

“Mamo-chan?”

Er schrak auf und hinkte zu ihr. Hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.

“Alles okay? Brauchst du deine Krücke doch?”

“Nein. Ich hab mir nur gerade überlegt, dass du wunderschön aussiehst.”

Usagi wurde rot um die Nase. Sie war solche Komplimente aus seinem Mund nicht gewohnt. Es war noch nicht lange her, da beleidigten sie sich beide bis aufs Blut. Sie spürte seine Hand, die über ihre Wange strich. Verlor sich in seinen Augen und fühlte seine warmen Lippen auf ihren.

“Du siehst toll aus, Usako!”, flüsterte er in den Kuss hinein.

“Du auch.”, sie meinte es ehrlich. Schon als sie ihn nach dem Umziehen gesehen hatte, war ihr das Wasser im Mund zusammen gelaufen. Sie wusste mittlerweile, dass er einen Knackarsch hatte. Doch in der dunkelblauen Stone-Washed-Jeans kam er noch besser zur Geltung. Das schwarze Shirt betonte seine Muskeln. Sie fand es schade, als er eine blaue-weiße Kapuzenjacke überwarf. Doch er konnte ja schlecht nackt durch die Gegend laufen.

“Wir sollten los.”, er löste seine Lippen von ihr, “Rei soll uns ruhig suchen und nicht gleich bei der nächstbesten Gelegenheit auflauern.”

Das Mädchen nickte nur und harkte sich bei ihm ein. Langsam, damit Mamoru sein Bein nicht allzu sehr belasten musste, liefen sie in Richtung Bushaltestelle. Sie tauschten auf dem Weg dahin immer wieder leise Liebesschwüre aus und hauchten sich Küsse auf den Mund. Ihre Finger waren fest ineinander verschlungen. Sie bekamen wenig mit von ihrer Umgebung. Aber scheinbar waren ihnen die Leute nicht sauer, wenn sie diese ausversehen fast über den Haufen rannten. Einem verliebten Pärchen war wohl niemand böse. Kichernd kamen sie an der Haltestelle an. Standen nah beieinander. Und wahrscheinlich wäre Usagi das Mädchen gar nicht aufgefallen, wenn sie sich nicht so auffällig benommen hätte. Liebevoll stubste sie Mamoru an. Zog ihn an den Kapuzenbänder seiner Jacke zu sich heran. Ihr warmer Atem streifte sein Ohr.

“Was ist?”

”Da hinten ist Rei. Sie beobachtet uns durch eine lächerlich große Sonnenbrille und mit einem Schlapphut auf dem Kopf.”

Der junge Mann wollte herumfahren und schauen, doch seine Liebste hielt ihn davon ab:

”Nein. Lass sie uns doch beobachten. Minako schrieb, dass sie keine Ahnung hat, wer ich bin. Soll sie uns doch beobachten.”

”Was hat sie denn vor?”

”Keine Ahnung. Sie will uns beschatten. Mehr wissen die Mädels auch nicht. Aber bitte, soll sie doch. Wenn sie mich bisher nicht erkannt hat, dann lass ihr den Spaß. Mit dem lächerlichen Aufzug haben wir den sicherlich.”

Mamoru sah es in Usagis Augen, dass sie es ernst meinte:

”Du willst sie auflaufen lassen?”

”So ungefähr.”

“Sie wird uns hinterher laufen.”

”Na und. Wollen wir uns von ihr den Tag kaputt machen lassen? Das einzige was sie am Ende des Tages hoffentlich weiß, ist, dass wir beide uns lieben. Das du mich liebst und nicht sie.”

Er nickte nur und zog sie in die Arme.

“Na wenn das so ist, geb ich ihr gleich mal eine Kostprobe.”

Usagi konnte nur noch lächeln, bevor sie seine Lippen auf ihren spürten. Sie vergrub ihre Finger in seinem Nacken und lehnte ihren ganzen Körper an ihn. Ihr war egal, dass Rei wahrscheinlich gerade fuchsteufelswild wurde. Ihr kam der Kuss ewig vor. Dabei dauerte er wohl höchstens ein oder zwei Minuten. Solange bis der Bus kam. Widerwillig ließ sie von Mamorus Lippen ab, ließ sich von ihm lachend mitziehen. Kaum waren sie am Fahrer vorbei, sahen sie, dass nur noch wenige Plätze frei waren. Der Schwarzhaarige ließ sich auf einem nieder und zog die Blondine auf seinen Schoß. Sie schmiegte sich an ihn. Flüsterte ihm ins Ohr, wie seltsam sich Rei aufführte. Sie kramte ihren Schminkspiegel aus ihrer kleinen Umhängetasche. So konnte Mamoru sehen, was das Mädchen in der vorletzten Reihe trieb:

Rei reckte ihren Hals, als wäre sie eine Giraffe. Beugte sich in den Gang hinein, um noch besser sehen zu können. Die verwirrten Blicke der anderen ignorierte sie dabei komplett.

Mamoru wusste nicht, ob er über das Mädchen lachen oder sie anschreien sollte. Aber Usagi hatte wahrscheinlich Recht: Sollte sie doch mit eigenen Augen sehen, wie sehr er dieses Mädchen liebte. Sie liebte und nicht Rei.
 

Rei starrte unaufhaltsam zu dem Pärchen. Sie hatte keine Ahnung, ob Mamoru sie erkannt hatte oder nicht. Doch seine blonde Begleitung hatte sie auffällig an der Haltestelle gemustert und dann mit ihm gesprochen, bevor sie über ihn hergefallen war. Die Schwarzhaarige hätte sich beinahe übergeben müssen, als sie das gesehen hatte. Richtig an ihn rangeschmissen, hatte sie sich. Rei fand es einfach nur billig. Das Mädchen war keine Konkurrenz für sie. Sie hatte Klasse. War edel und anmutig. Ganz anders als diese Blondine, die dauernd kicherte und ihre Finger nicht von ihm lassen konnte. So wie jetzt gerade: Das Mädchen saß auf Mamorus Schoß und konnte kaum verbergen, wie rot sie um die Nase wurde. Zärtlich glitten ihre Finger über seine Wange. Sie lächelte. Permanent. Und Mamoru lachte. Zum ersten Mal hörte Rei den Oberstufenschüler herzlich lachen. Ehrlich lachen. Ihr fiel auf, dass er recht locker war. Entspannt.

“Entschuldigung, Fräulein?”

Die Schwarzhaarige schreckte aus ihren Gedanken auf und sah verständnislos zu dem Herr gegenüber:

”Was denn?”

”Wollen Sie vielleicht den Platz mit mir tauschen?”

”Warum denn?”

”Damit sie das Pärchen besser beobachten können.”, der Mann grinste süffisant und Rei wurde mehr als nur rot im Gesicht. Peinlich berührt sah sie sich um. Nestelte an dem Saum ihres Wollrockes herum. Sie bemerkte die amüsierten Blicke der anderen Fahrgäste, die ihr ziemlich viel Aufmerksamkeit schenkten. Das Mädchen zog sich den Hut tiefer ins Gesicht und versuchte in ihrem Sitz zu verschwinden. Sie nahm sich im Stillen vor, weniger auffällig zu beobachten. Wieder vollkommen in Gedanken versunken, verpasste sie beinahe, wie das Paar ausstieg. Nur aus dem Augenwinkel heraus sah sie das lange blonde Haar. Folgte diesem mit ihren Augen und sprang auf. Gerade so zwang sie sich durch die Tür. Das Geschimpfe des Busfahrers überhörte sie gekonnt. Schnell sah sie sich um. Gute zehn Meter vor sich entdeckte sie Mamoru und die Blondine. Sie hielten Händchen und warfen sich Blicke zu. Lachten wieder zusammen. Rei wurde erneut übel. Was fand Mamoru nur an dieser Gans? Vielleicht gab die Kleine ihm ein Gefühl der Überlegenheit. Das war es ganz sicher. Die Schwarzhaarige wusste, dass sie sich auch dumm stellen konnte. Dann wäre sie zwar auch auf der selben erniedrigenden Stufe wie die Blondine, aber dann würde sich Mamoru sicherlich wohler fühlen. Wenn er auf dumme Gänse stand, die keinen blassen Schimmer hatten, dann würde Rei die dümmste und unwissenste sein. Mit einem gewissen Abstand folgte sie dem Paar. Egal wohin und wie lange es dauern würde, sie würde da sein. Würde ihre Konkurrenz weiter analysieren und dann gekonnt ausstechen.
 

Das Paar blieb vor einem Reisebüro stehen. Paradiesische Plakate samt Angebot waren an den Scheiben angebracht. Verhießen Sonne, Strand und Meer und eine wunderbare Zeit. Sehnsuchtsvoll lehnte sich das Mädchen an ihren Liebsten.

“Wie schön.”, seufzte Usagi.

“Allerdings. Schau mal hier.”

”Mahé.”

“Ja. Und schau mal auf den Preis.”, Mamoru tippte auf eine dicke schwarze Zahl.

“Soviel?! Kneif mich mal. Steht das da wirklich?”

”Ja. Knapp eine Million Yen.”

“Eine Menge Geld.”

“Allerdings.”

”Du solltest am besten morgen mit dem Sparen beginnen.”

”Warum erst morgen?”

”Damit du mich heute noch in dem Wiener Café einladen kannst.”

“Usako!”, er konnte nicht anders als zu lachen.

“Pscht. Nicht so laut. Rei steht dahinten.”

“Immer noch?”

”Ja.”

Genervt sah Mamoru direkt in die Richtung seiner unliebsamen Klette. Es kostete ihn alle Mühe, nicht zu ihr zu rennen und sie zur Rede zu stellen. Es ging ihm auf die Nerven, dass Rei ihnen folgte. Und das schon seit knapp zwei Stunden. Bemerkte sie gar nicht, dass er und Usagi sie schon längst bemerkt hatten? Er hoffte, dass das Café so voll war, dass sie keinen Platz mehr darin bekam. Laut seufzte er auf.

Eine Geste die Usagi nicht entging. Sie sah ihm an, was ihn bedrückte. Zärtlich umfasste sie sein Gesicht mit ihren kleinen Händen. Liebevoll legten sich ihre Lippen auf seine.

“Du und ich.”

Mamoru wusste sofort, was sie meinte. Aber er schwieg.

“Du und ich gegen den Rest der Welt. Du bist mein Stern, der mich schon immer geblendet hat. Und ich bin froh, dass wir zusammen sind. Ich liebe dich, Mamo-chan.”

“Ich liebe dich auch, Usako.”

Für einen kurzen Augenblick blieb die Welt wieder stehen. Nur langsam und stark verzögert kehrte die Umgebung mit all ihren Geräuschen zu ihnen zurück. Das Mädchen versank in seinen Augen. Ihr Herz schlug schnell. Noch schneller als er sie an der Hand mit sich zog. Weiter durch die belebten Straßen und dem Café immer näher kommend. Sie bekam gar nicht mit, wie ihnen die Leute auswichen. Viel zu sehr hatte sich ihr Blick an ihm festgehaftet. Sie vertraute ihm. Ganz egal wohin er sie führte. Ob es ans Ende der Welt oder in den Himmel war. Sie würde ihm überallhin folgen. So vollkommen in Gedanken versunken, bemerkte sie gar nicht, wie Mamoru plötzlich stoppte. Sie lief in ihn hinein und wurde so aus ihren Gedankengängen gerissen. Etwas verwirrt schaute sie auf.

“Wir sind da.”, er lächelte sie an und ließ ihr den Vortritt. Langsam setzte sie einen Schritt über die Schwelle und ihr blieb spontan der Atem weg. Mit großen Augen sah sie sich um. Sah die Kuchentheke zu ihrer Linken und den dunklen Parkettboden.

Sah die Säulen aus Holz und die vorbei huschenden Kellner in ihren schwarzen Anzügen samt Fliege.

Sah die muntere Gästeschar und die grünen Plüschsessel.

Usagi spürte Mamorus Hand auf ihrer Taille. Ihr Blick glitt zu ihm. Er unterhielt sich mit einem der Kellner und folgte diesem dann zu einem freien Tisch. Es war der einzige. Dankbar lächelte sie den Schwarzhaarigen an, als er ihr aus der Jacke half und diese plus seine eigene dem Kellner übergab. Bedächtig setzte sie sich auf die Bank. Ihr Tisch stand in einer Nische und verfügte neben einem Stuhl eben auch über eine Sitzbank, die Platz genug für sie und ihn bot. Der Stuhl wurde somit überflüssiges Beiwerk. Erneut ließ Usagi ihren Blick schweifen:

“Es ist unglaublich voll hier.”

“Allerdings.”, Mamoru war froh darüber. Er sah, wie Rei am Eingang auftauchte, aber abgewiesen wurde. Innerlich freute er sich darüber wie ein kleines Kind. Kaum war sie aus seinem Blickwinkel verschwunden, sah er zu Usagi. Sie hatte es gar nicht bemerkt. Noch immer schaute sie sich um.

“Hast du die Kuchentheke gesehen?”

”Ja.”

”Ich weiß gar nicht, was ich essen soll.”

“Schau mal hier rein.”, er nahm die Karte und zusammen begannen sie zu stöbern. Mehrmals studierte das Mädchen die Kuchenkarte rauf und runter. So wie der junge Mann es mit der Kaffeeauswahl tat. Erst nach einigen Minuten hatte sie ihre Wahl getroffen und bestellten.

Usagi freute sich, als eine Schokoladentorte den Weg an ihren Tisch fand und sich eine heiße Schokolade mit Sahnehaube dazu gesellte. Mamoru sah ihr die Freude an. Und es machte ihn selbst glücklich. Genauso langsam wie sie ihre Torte genoss, tat er es mit seinem Stück Kuchen ebenfalls. Schweigend genossen sie diese süßen Köstlichkeiten. Ließen die Welt, Welt sein.
 

Genervt saß die Schwarzhaarige in dem Straßencafé gegenüber dem, in dem Mamoru und das Mädchen verschwunden waren. Sie wollte ebenfalls hinein. Wurde aber von einem Kellner daraufhin gewiesen, dass schon alles voll sei. Sie hatte darum gebeten, dass sie nur einen einzigen Platz wolle und sich ja irgendwo dazu setzen könnte. Aber ihr Gegenüber meinte, dass man sich fremde Menschen nicht zusammen setzen konnte. Rei fand dieses Getue ziemlich affig und zog ab. Hatte sich den Platz in dem Café gesucht, in dem sie jetzt saß. Aber sie konnte die beiden trotzdem nicht sehen. Zwar hatte das Paar einen Fensterplatz ergattert, aber die Sonne blendete doch zu sehr gegen die Fenster. Und die Blumenkästen taten ihr Übriges als Sichtblende. Säuerlich rührte sie in ihrem schwarzen Tee. Wäre eine der Mädchen mit dabei gewesen, hätten sie sicher einen Platz in dem Café gefunden. Aus der Tasche kramte sie ihr Handy. Keine Nachrichten. Ihr gingen Minakos Worte durch den Kopf: Usagi wäre auch nicht mitgekommen.

“Pah, natürlich wäre sie das. Die lässt doch keine Gelegenheit aus, Mamoru zu ärgern.”, murmelte Rei leise zu sich selbst. Auch wenn sich ihre Freundin und der Oberstufenschüler jetzt besser verstanden, hätte sie auf ihrer Seite gestanden. Doch das Mädchen war nicht zu erreichen. Rei hatte ihr eine Nachricht geschickt. Genau wie den anderen. Aber sie hatte bis jetzt noch nicht darauf reagiert. Sie genoss wohl viel lieber die heißen Quellen, als sich mit den Problemen ihrer Freundin herum zu plagen. Oder die Nachricht war gar nicht angekommen. So etwas gab es ja auch. Manchmal ging sowas unter. Sie sollte sie lieber anrufen. Entschlossen suchte die Schwarzhaarige die Nummer ihrer Freundin aus dem elektronischen Telefonbuch. Ließ es läuten.

“Hey Usagi!”
 

“Rei!”, mit einer etwas zittrigen Stimme nahm das Mädchen den Anruf entgegen. Als ihr Handy sich gemeldet und den Namen ihrer Freundin angezeigt hatte, war ihr Blick zu Mamoru geschnellt.Unsicher hatte sie ihn angesehen. Ihr Klingelton sang munter weiter, während er seiner Liebsten Mut zu sprach und sie das Gespräch doch annahm.
 

“Ja, ich. Ich wollte fragen, ob du meine Nachricht bekommen hast.”
 

“Nachricht? Nein.”
 

“Hm, dachte ich’s mir doch. Na egal. Ich wollte dir nur sagen, dass du Recht hattest.”
 

”Womit?”, Usagi hielt ihr Handy zwischen sich und Mamoru. So das er mithören konnte.
 

”Mamoru trifft sich mit einer anderen.”
 

“Oh.”
 

“Ja ‘oh’. Aber ich hab die Verfolgung aufgenommen. Ich weiß, wie sie aussieht. Und glaub mir, Usagi, ich werde am Ende die bessere Wahl für ihn sein.”
 

”Was meinst du damit? Ich meine, scheinbar liebt er dich ja doch nicht, wenn er sich mit einem anderen Mädchen trifft.”
 

“Natürlich tut er das. Wieso nimmst du ihn in Schutz? Ich werde ihm zeigen, dass das kleine Biest nicht gut genug für ihn ist. Ich verfolge sie auf Schritt und Tritt. Und eines kann ich dir sagen: Die Gans ist dumm und billig und keine Konkurrenz für mich.”, Reis Stimme klang überheblich. Sie grinste breit bei ihren eigenen Worten:

”Niemand ist eine Konkurrenz für mich, wenn es um Mamoru Chiba geht. Niemand.”

Ein Knackgeräusch ertönte und die Verbindung war weg. Verwirrt sah die Schwarzhaarige auf das Display. Keine Sekunde später bekam sie eine Nachricht:

”Sorry, die Verbindung ist echt mies. Reden am Montag. Usagi.”

Rei seufzte auf. Sie steckte ihr Handy zurück in die Tasche und sah wieder hinüber zum Café.
 

Wütend stopfte Usagi das Telefon in die hinterste Ecke ihrer Tasche. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte. So dachte also Rei. Das kein anderes Mädchen je eine Konkurrenz für sie sein könnte, was Mamoru anbelangte. Sie hatte es also immer noch nicht begriffen. Wieso war sie eigentlichen mit der Schwarzhaarigen befreundet? Wie konnte sie nur deren Arroganz, die Mamorus um einiges überbot, so übersehen? Außerdem hatte sie ihr gerade die Stimmung versaut. Irgendwann würde sie das ihr heimzahlen. Sie würde es ihr an den Kopf werfen. Jedes einzelne Wort. Ob die Freundschaft dann hinüber war, war Usagi egal. So eine Freundin brauchte sie sicherlich nicht in ihrem Leben.

“Komm!”

Verwirrt und überrascht sah Usagi auf. Direkt in Mamorus wunderbare ozeanblaue Augen.

“Komm!”

”Ich will nicht. Sobald wir hier rausgehen, wird sie wieder da sein.”, Usagi knurrte eher, als das sie richtig sprach. Es brachte ihn zum Lächeln.

“Ich hab mit dem Oberkellner gesprochen.”, er reichte ihr die Jacke und zog sie auf die Beine und mit sich. Sie folgte ihm ohne weitere Fragen.

“Ich hab schon gezahlt. Hier lang.”, sie trafen auf einen Kellner, der sie nett anlächelte. Folgten ihm durch einen Gang und bogen in einen kleinen Teil der Küche ein. Unzählige Düfte stiegen sowohl Usagi als auch Mamoru in die Nase. Neugierig bückte sich das Mädchen, um einen Blick auf die europäisch anmutenden Gerichte unter dem Küchenpass zu werfen.

“Die Speisen werden hier orginalgetreu so zubereitet, wie man sie auch in unserem Muttercafé in Wien kocht.”, der Kellner, der sie führte, lächelte sie an. Stolz schwang in seiner Stimme mit. Das Mädchen konnte ihm diesen nicht verdenken. Das Café war wunderbar und die Beschäftigten konnten zurecht stolz sein. Das Paar ging weiter und grüßte höflich einige Köche, bevor sie eine große Tür erreichten.

“Unser Personaleingang. Oder für Sie jetzt der Ausgang. Vielen Dank für Ihren Besuch und beehren Sie uns bald wieder.”, der Kellner verbeugte sich, genau wie es Usagi und Mamoru taten. Auch sie bedankten sich für ihren kleinen Fluchtweg und wünschten einen schönen Tag.

Kaum auf der Straße fiel Usagi ihrem Liebsten um den Hals. Küsste ihn leidenschaftlich. Ihr Tag war gerettet. Durch diesen simplen Fluchtweg war er gerettet wurden.

“Lass uns weiter bummeln gehen.”, seine Stimme streifte ihr Ohr. Sie nickte nur. Schmiegte sich wieder an ihn. Sie liebte ihn für seine Ideen. Dafür das er sie immer rettete. Irgendwie. Egal ob es aus ihrer miesen Laune war oder vor nervigen Noch-Freundinnen. Sie setzten sich beide langsam wieder in Bewegung. Streiften noch durch einige Seitenstraßen, bevor sie wieder auf die große Shoppingmeile wechselten. Weit genug weg von Rei und ihrem durchgeknallten Plan. Sie genossen die Zweisamkeit und noch ein Eis. Konnten einfach sie selbst sein.
 

Die Sonne war am Untergehen. Letzte Sonnenstrahlen fielen durch die schmalen Seitenstraßen vor dem Appartmentblock. Es war wieder kälter geworden und die einsetzende Dämmerung tauchte die Umgebung in ein sanftes Licht. Die Bäume warfen lange Schatten. Die Häuser und Autos taten es ihnen gleich.

Mamoru hatte Usagi fest an sich heran gezogen. Gemütlich bogen sie in die Straße ein, in der er wohnte. Und übers Wochenende auch das Mädchen in seinen Armen. Seine Gedanken trieben ab. Wandten sich den letzten Stunden zu. Seit sie Rei abgeschüttelt hatten, war die Anspannung von ihnen gefallen. Sie waren für sich und konnten die Zweisamkeit genießen. Fühlten sich nicht beobachtet und verfolgt. Zusammen hatten sie nochmal bei der älteren Dame vorbei geschaut. Mit ihr geplaudert. Usagi hatte ihm ein Armband aus schwarzem Leder und mit einem silbernen Verschluss geschenkt. Zunächst hatte er abgelehnt. Aber sie hörte nicht auf ihn. Und war immer noch schneller als er mit seinem noch nicht ganz wieder hergestelltem Bein. Die Besitzerin fand es amüsant und meinte nur, dass das nur normal seitens Usagi wäre. Und ihre Besitzansprüche unterstreichen würde. Bei diesem Punkt hatte die Blondine ihrerseits allerdings verhement verneint. Doch Mamoru versicherte ihr, dass es ihr gutes Recht war. Er hätte mit der geschenkte Kette im Grunde ja nichts anderes getan. Der Oberstufenschüler war vollkommen in Gedanken versunken und bemerkte gar nicht, wie Usagi stoppte und um ihn herum ging. Überrascht blickte er auf, als er fast in sie lief.

“Wie in guten alten Zeiten.”, grinste das Mädchen vor ihm, “Scheinbar rennen wir uns auch weiterhin um.”

”Tut mir leid.”

”Schon gut. Ich hab gesehen, dass du dein Armband betrachtet hast. Gefällt es dir?”

“Ja. Es ist wirklich schön.”

”Und passt zu dir.”

“So wie die Kette zu dir. So, und warum hast du jetzt gestoppt?”

”Weil ich dir was zeigen wollte.”

Mamoru folgte ihrem Fingerzeig. Sein Blick wanderte zu einer sehr schmalen Seitengasse, die als Einbahnstraße deklariert war. Seine Augen weiteten sich. Aus dem Augenwinkel heraus sah er Usagi lächeln.

“Wunderschön oder?!”

Er wollte etwas sagen. Ihre Frage beantworten. Aber es ging nicht. Er war viel zu fasziniert. Direkt vor ihm, und umrahmt von den Mauern in der kleinen Gasse, ging der Mond auf. Voll und rund und in seiner ganzen Pracht. Mamoru hatte so etwas nie zuvor gesehen.

“Ich liebe dich, Mamo-chan.”

Der junge Mann wandte den Blick von diesem Naturschauspiel ab und ihr zu. Sanft umschlossen seine Hände ihr Gesicht. Ein Lächeln zierte seine Lippen.

“Ich liebe dich auch, Usako.”

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und ihre Arme schlangen sich um seinen Oberkörper. Sie fühlte seinen warmen Atem auf ihren Lippen, bevor er seine darauf legte. Usagi erwiderte den Kuss mit all ihrer Liebe. Verlor sich darin. Genau wie er.
 

Sie trat aus dem Foyer des Appartmentblocks.

Nachdem Rei vergeblich bei Mamoru geklingelt hatte, hatte sie ihm eine Notiz in den Briefkasten geworfen. Jetzt wollte sie sich gerade auf den Heimweg machen. Der Tag hatte sie Nerven gekostet. Erst musste sie sehen, wie sich diese Blondine an ihren Freund ranschmiss und dann hatte sie die beiden auch noch verloren. Beinahe vier Stunden hatte sie in dem Café gegenüber dem verbracht, in dem Mamoru und ihre Konkurrentin verschwunden waren.Doch scheinbar hatte sie beide in einem unbeobachteten Moment verpasst, als sie eben dieses Café wieder verließen. Danach war sie her gekommen. Und eigentlich glaubte sie schon gar nicht mehr, ihn heute noch zu sehen. Aber da stand er. Wenige Meter von ihr entfernt stand Mamoru. Seine Hände umfassten den Körper der um fast zwei Köpfe kleineren Blondine. Zärtlich küsste er sie, während die Arme des Mädchens seinen Oberkörper umarmten. Rei musste schwer schlucken bei diesem Anblick. Schmerz ergriff ihr Herz und unwillkürlich fasste sie sich an die Stelle ihrer Brust, wo es sich befand. Ihr entging keinesfalls die Liebe, die zwischen dem Pärchen brodelte. Sie schienen unbesiegbar. Und dennoch wollte sie nicht aufgeben. Sie gehörte zu Mamoru und nicht das Mädchen, welches er gerade fälschlicherweise küsste. Mit schnellen Schritten ging sie direkt auf das Paar zu. Ihre Stiefel hallten in der aufkommenden Dunkelheit auf dem Asphalt wieder.

“Lasst euch von mir nicht stören.”

Underneath your skin

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Play the game

Es war ruhig im Café. Es war Montag und außer seinem besten Freund und einigen seiner liebsten Seniorinnen hatte er keinen weiteren Gast zu bewirten. Seinen Blick nicht von Mamoru abwendend, wischte Motoki mit einem alten Lappen über den schon blitzblanken Tresen. Das war seine Art von Stressabbau und der Bekämpfung von Nervosität und Neugier. So wie jetzt. Er biss sich auf der Unterlippe herum und überlegte fieberhaft, ob er seinen Kumpel ansprechen sollte oder nicht. Denn dieser saß sehr verdächtig da und grinste dümmlich vor sich hin. Ab und an schüttelte er den Kopf. Scheinbar glaubte er, dass es der Blonde nicht bemerken würde. Dann wieder rührte er fast schon liebevoll in seinem Kaffee herum, der dritte seit er um neun hier aufgetaucht war und jetzt war es kurz nach zwölf, und seufzte auf. Doch es war nichts aus ihm heraus zu bekommen. Es war wie verhext. Motoki wusste nur, dass er und Usagi das komplette Wochenende zusammen verbracht hatten. Bis gestern Abend um kurz vor acht, als sie in den Bus nach Hause gestiegen war. Mamoru hatte ihm von Rei erzählt und wie lässig Usagi reagiert hatte mit ihrer Stinkefinger-Aktion. Er hatte erfahren, dass sie den ganzen Samstag unterwegs und sich den Sonntag den ganzen Tag Reisedokus auf Kanal drei angesehen hatten. Aber all das erklärte noch lange nicht das dämliche Grinsen im Gesicht des Schwarzhaarigen. Und Motoki musste zugeben, dass er langsam aber sicher frustiert davon war. Genervt warf er den Lappen in das Spülbecken neben sich:

”Weißt du was?”

“Hm?”, Mamoru schaute etwas irritiert auf.

“Wenn du keine Ohren hättest, würdest du auch im Kreis grinsen.”

”Möglich. Wie spät ist es?”

“Zehn nach zwölf.”

”Dann müsste Usako gleich kommen.”

”Hä? Ich dachte, sie hat bis drei Schule plusminus einer Stunde nachsitzen.”

”Nein, heute und die ganze Woche nicht. Sie hat Projektwoche.”

”Cool. Mehr Zeit für euch.”

”Jepp.”

“Vielleicht erzählt sie mir ja, was dich so zum Grinsen bringt.”

Mamoru musste leise lachen und schüttelte den Kopf:

”Glaub ich kaum.”

”Dann verrat du es mir. Du benimmst dich wie ein liebestoller Tölpel. Was habt ihr bitte getrieben?”

Der Schwarzhaarige sah ihn einfach nur an und hob eine Augenbraue. Sein Grinsen veränderte sich und wurde leicht gönnerhaft. Eine Spur Überheblichkeit lag darin gepaart mit Frechheit. Und Motoki wurde alles klar. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Überraschung lag in seinem Blick, als Mamoru einfach nur leicht nickte. Der Blonde musste nun seinerseits breit lächeln und wollte etwas sagen, als die Türe aufging und seine beste Freundin sprichwörtlich herein gehüpft kam. Auch sie hatte den gleichen Blick drauf wie Mamoru. Doch nun da er wusste, warum beide so dreinblickten, war Motokis Neugier gestillt und er selbst wieder mehr als ausgeglichen. Er begrüßte die Blondine und schob ihr unaufgefordert einen Milchshake über den Tresen, als sie sich neben Mamoru setzte und diesen mit einem liebevollen Kuss begrüßt hatte. Sie bedankte sich artig und rutschte mit ihrem Hocker näher an ihren Liebsten heran. Ihr entging es nicht, wie ihr bester Freund sie einfach nur angrinste. Sie beugte sich zu Mamoru und ihr heißer Atem streifte sein Ohr:

”Was schaut mich Motoki so seltsam an?”

“Du und ich und Sex.”

Usagi zuckte zurück und starrte zwischen ihrem Liebsten und ihrem besten Freund hin und her.

”Du willst bestimmt wissen, wie ich das raus bekommen habe.”, grinste Motoki und sie konnte nur nicken, “Mamoru hat sich echt dämlich verhalten. Er hat dümmlich gegrinst und sehr versonnen seinen Kaffee gerührt. Und dann hab ich scheinbar die richtige Frage gestellt.”

”Du hast ihn nach Sex gefragt?”, ihre Stimme klang ungläubig.

“Nein.”, Mamoru musste lachen, “Er fragte, was wir getrieben haben und mein Blick schien Bände zu sprechen.”

“Oh.”

“Ja. Aber kein Grund rot zu werden.”, lächelte Motoki sie an.

Usagi nickte nur und genoss die Hand von Mamoru, die über ihre Wange glitt. Sie erwiderte seinen Blick und griff nach ihrem Shake. Nahm einen großen Schluck durch den Strohhalm.

“Und keine Bange: Ich werde nicht herum tratschen, dass ihr beide euer erstes Mal hattet.”

Das Mädchen musste husten, stellte das Glas zurück auf den Tresen und sah den Studenten vor sich mit großen Augen an. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Hatte er gesagt ‘euer erstes Mal’? Sie wusste, dass es ihr erstes Mal war. Mamoru war ihr erster Freund und sie hatte ihm recht spontan vor zwei Tagen ihre Jungfräulichkeit geschenkt. Und weil sie nicht genug von diesen Liebkosungen und Spielchen bekommen konnte, waren sie gestern kaum aus dem Bett gekommen und heute Morgen war sie mit Muskelkater aufgewacht. Sowas hatte sie höchstens nach dem Schulsporttag, der einmal im Jahr stattfand. Doch scheinbar hatte sie beim Sex mehr Muskeln beansprucht, als ihr bis dato bekannt waren. Heute Morgen war sie kaum aus dem Bett gekommen und erst die heiße Dusche hatte ihren Körper entspannt. Ihre Mutter hatte sie ohnehin schon wissend angelächelt, als sie schwerfällig und recht breitbeinig die Treppe herunter kam. Aber Ikuko hatte schon immer einen sechsten Sinn dafür gehabt. Doch sie hatte nichts gesagt. Zum Glück.

“Erde an Usagi. Erde an Usagi. Ist jemand zuhause?”

Die Blondine schüttelte den Kopf und schaute zwischen Motoki, der mit der Hand vor ihrem Sichtfeld herum gewedelt hatte und Mamoru hin und her.

“Alles okay?”

“Ja, keine Sorge.”, sie gab Mamoru einen sanften Kuss, “Aber hab ich das gerade richtig verstanden. Hast du ‘euer erstes Mal’ gesagt?”

Usagis Blick war neugierig zu Motoki gewandert, der nun unsicher zu seinem besten Freund schaute und dann vorsichtig nickte:

”Ja.”

”Aber ich dachte...”

”Das ich schon Sex hatte?”, Mamoru klang belustigt.

“Ja.”, sie wurde rot um die Nase. Schon wieder.

“Wie kommst du darauf?”

“Ich weiß nicht. Ich meine, du bist ja älter als ich.

”Drei Jahre.”

”Du siehst gut aus.”

”Du auch.”

”Du bist ein Mann.”

”Und du eine Frau.”

Ihr gingen die Argumente aus. Etwas betrübt ließ sie die Schultern hängen. Sie war wirklich fix davon ausgegangen, dass er schon Erfahrungen hatte. All die Stellungen die sie probiert hatten und wie er sie behandelt hatte. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass es auch für ihn das erste Mal gewesen war. Das er praktisch ebenso eine Jungfrau war wie sie. Eine männliche, zweifelsohne. Aber eine Jungfrau. Ein Schauer durchfuhr sie, als sie seine Hand in ihrem Nacken spürte und sie sanft massierte. Sie hob den Blick und sah Mamoru an.

“Ich hatte nie vor die eine Beziehung. Ich war nie in eine andere als dich verliebt. Egal mit wem ich ab und zu ausging. Ich hab immer nur dich geliebt.”

Sie musste bei seinen Worten schlucken und kleine Tränen bildeten sich in ihren Augen, die sie wegzublinzel versuchte.

“Mamoru hat Recht. Er hat immer nur Augen für dich gehabt. Seid eurem ersten Treffen.”

Usagi schaute zu Motoki, der sie aufmunternd anlächelte und dann zu Mamoru:

”Stimmt das?”

”Ja. Ich muss zugeben, dass mein Herz immer einen kleinen Sprung gemacht hat, wenn ich dich gesehen habe. Egal ob wir uns gestritten haben oder nicht. Ich hab mich schon immer in deiner Nähe wohlgefühlt und sie gesucht. Ich war ein elender Feigling, weil ich es dir nicht schon von Anfang an gesagt habe, dass ich mich in dich verliebt hab. Aber ich war echt unsicher deswegen. Und jetzt bin ich der glücklichste Mensch der Welt.”

Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihre Lippen auf seine. Spürte seine Erwiderung.

Motoki wandte sich dezent ab. Seine beiden besten Freunde waren momentan eh in ihrer eigenen kleinen rosaroten Welt gefangen. Und während das Paar vor ihm heiße Liebesschwüre austauschte, kamen Makoto und Ami hinein und fingen an mit ihm zu plaudern. Wohlwissend, dass auch sie keine Chance hatten, dass Pärchen im Augenblick zu trennen.
 

Sie saßen alle am Tresen.

Minako war erst vor einer guten Stunde angekommen. Sie war nach der Schule noch Zuhause gewesen und hatte sich umgezogen. Das blieb ihren drei Freundinnen dank der Projektwoche erspart und sie konnten in Alltagsklamotten in die Schule. Jetzt wollte sie und auch die beiden anderen nur noch wissen, wie das Wochenende von Usagi und Mamoru war und wie sie die Beschattungsaktion von Rei überstanden hatten. Zunächst waren alle drei Mädchen in Lachen ausgebrochen, als ihre beste Freundin es ihnen erzählte. Doch dann war Entsetzen in ihre Gesichter gewandert, als sie von dem Schwarzhaarigen erfuhren, wie sie Samstagabend noch auf Rei getroffen waren und was sie Usagi unwissend direkt an den Kopf geknallt hatte.

Ami hatte die Hand vor den Mund geschlagen und schüttelte ungläubig den Kopf.

Makoto hatte vor Wut mit der Hand auf den Tresen gehauen und schaute grimmig vor sich hin.

Minako murmelte Flüche und Verwünschungen.

“Ich finde es ohnehin seltsam, dass sie dich nicht erkannt hat.”

“Sie sollte eher froh darüber sein, Ami. Sonst hätte ich ihr wahrscheinlich den Kopf abgerissen.”

”Usagi!”

”Es stimmt.”, grinste Mamoru, “Sie war kurz davor.”

“Aber irgendwie hat sie sich ja auch lächerlich gemacht, oder?”, Minako sah zu dem Schwarzhaarigen.

“Ja.”

”Sie rechnet nicht damit, dass du es Usagi sagen würdest.”

Die Genannte blickte zu der Brünetten und nickte:

”Sie denkt auch, dass ich ihm nicht glauben würde.”

”Und jetzt?”

”Keine Ahnung, Mako. Hast du denn eine Idee?”

Doch Makoto schüttelte nur den Kopf.

“Geht in die Offensive.”

Alle Blicke schnellten zu Motoki. Er schenkte seelenruhig seinem besten Freund Kaffee nach. Brühte noch einmal grünen Tee für Ami und goss Orangensaft in das Glas von Minako. Füllte die Cola bei Makoto wieder auf und schob Usagi einen neuen Milchshake über den Tresen. Er wusste, dass die anderen angespannt waren, nachdem sein Satz gefallen war. Und er schaffte es, den Spannungsbogen weit auszureizen. So weit, dass Minako ihm fast an die Gurgel gesprungen wäre, weil sie es nicht mehr aushielt und kurz vorm Platzen war. Ami hielt sie nur mühevoll zurück, während seine beste Freundin ihm ein bittenden Blick zu warf, doch nun endlich mit der Sprache herauszurücken.

“Flirtet miteinander.”, er sah in die Runde und seine Augen blieben an dem Paar hängen, “Lasst es Rei wissen, dass Mamoru es angeblich Usagi erzählt hat, was Rei über sie denkt. Und nutzt es zu eurem Vorteil. Du hast ihr doch eh schon gesagt, dass ihr jetzt befreundet seid.”

Mamoru nickte nur. Ebenso Usagi.

“Dann baut das aus. Spielt das Spiel. Wir stehen hinter euch. Liebt euch. Zeigt es Rei, dass ihr es tut.”

”Motoki hat Recht.”, Ami nickte, “Lacht miteinander.”

”Ja, oder berührt euch.”

“Das ist eh leicht, Mina. Ich kann sowieso nicht die Finger von ihm lassen.”, lachte Usagi laut auf.

“Super. Dann reizt Witze zusammen. Nutzt auch eure Spitznamen dafür. Das reizt die Spannung noch mehr.”

“Stimmt. Und umarmt euch bei der Begrüßung und Verabschiedung.”, grinste Makoto. Sie und Ami hatten die neutrale Zone längst verlassen. Spätestens nach der Enthüllung von Reis Gedanken über ihre Freundin waren sie sich sicher, auf der richtigen Seite zu stehen und somit die bessere Wahl getroffen zu haben.

“Klingt gut.”, Usagi sah kurz zu Mamoru, der lächelnd nickte und wandte sich dann ihren Freundinnen zu, “Aber wie soll ich auf sie reagieren? Wenn es mir Mamo-chan angeblich gesagt hat, sollte ich doch sauer auf sie sein. Also ich meine, ich bin es ohnehin.”

”Lass es dir nicht anmerken.”, Ami nahm einen Schluck Tee und setzte ihn schnell wieder ab, “Also sie soll ruhig wissen, dass du es weißt. Aber du übergehst es dann einfach. Sie wird sich ohnehin herausreden wollen. Flirte du lieber mit Mamoru.”

“Hast du auch einen Tipp für mich? Wie ich mich verhalten soll.”, der Schwarzhaarige sah den schlauen Kopf der Mädchenclique mit schief gelegtem Kopf fragend an.

“Sei so, wie du bisher zu Rei gewesen bist. Du warst ja recht offen zu ihr, wie du zu ihrer Verliebtheit und der angeblichen Beziehung stehst. Bleib distanziert.”

”Genau. Schieb sie weg, wenn sie dir auf die Nerven geht.”

”Makoto! So hab ich das nicht gemeint.”

”Weiß ich doch. Mamoru weiß sicher auch, wie ich das meine.”

”Was ist mit uns?”

Die Freundinnen schauten zu Minako.

“Sollen wir Rei wissen lassen, dass wir wissen, was sie über Usagi denkt?”

“Selbst wenn ihr euch dumm stellt, sie weiß, dass ich es euch sagen würde. Sagt ihr einfach, was ihr davon haltet und gut ist.”

“Usako hat Recht. Sie wird eh alles abstreiten und sagen, dass sie es so nicht gemeint hat.”, Mamorus Stimme klang ein wenig genervt, “Aber im Großen und Ganzen finde ich den Plan gut. Vielleicht checkt sie ja so, dass sie ziemlich uninteressant ist für mich. Und wenn Usako und ich miteinander flirten und so weiter, wird ihr ja eventuell auch ein Licht aufgehen.”

”Stimmt.”, Motoki nickte, “Sie wird vielleicht wirklich sehen, dass sich Mamoru und Usagi ineinander verliebt haben oder eben gerade dabei sind, es zu tun. Und wenn sie das dann akzeptiert hat, kann man ja alles zur Gänze aufklären.”

”Du meinst, ich öffne dann mal rein zufällig neben ihr meine Odangos und mach einen auf Rapunzel.”

Der Blonde lachte auf, als sich seine beste Freundin überspitzt arrogant mit der Hand durch die Zöpfe fuhr und dabei den Kopf schüttelte.

“Genau so. Ja.”, lachte nun auch Makoto und die anderen stimmten mit ein. Sie wussten alle, dass es wahrscheinlich nicht mehr lange dauern würde, bis Rei bewusst wurde, mit wem Mamoru zusammen war. Wem seine Liebe galt und wem er sein Herz geschenkt hatte. Das es ihrer Freundin gehörte und Usagi eben jenes Mädchen an seiner Seite war, dass sie in die Wüste geschickt hatte. Das die unbeachtete Konkurrenz ihre größte Rivalin und eben Siegerin war. Unbewusst. Natürlich. Aber die Blondine war mit Mamoru zusammen. Sie und nicht Rei. Sie brachte ihn zum Lachen und dazu, mehr als entspannt durchs Leben zu gehen. Sie verbrachte ihre Freizeit mit ihm und auch das Wochenende. Sie liebten sich einfach. Waren füreinander bestimmt und auch nicht mehr zu trennen.

Doch sie wussten auch alle, dass es nicht ohne Tränen enden würde. Es gab nun einmal eine Verliererin in diesem Spiel. Und das war Rei. Sie würde toben. Sie würde wütend werden. Die Freundschaft wäre sicherlich irreparabel beschädigt. Das alle anderen davon wussten, würde es nicht einfach machen. Aber sie musste da durch. Musste damit leben. Schließlich hatten sie alle gewarnt.

Mamoru hatte ihr eine klare Ansage gemacht. Hatte gebeichtet, dass er jemand anderes liebte.

Ihre Freundinnen hatten sie gewarnt und davon abgeraten, sich allzu sehr in diese Schwärmerei hinein zu steigern.

Doch sie hatte alle Ratschläge und Warnungen in den Wind geschlagen. Ein Tatsache die ihre bis jetzt noch kleine heile Welt bald zum Einsturz bringen würde.
 

Das Crown hatte sich mittlerweile gut gefüllt und die beiden Aushilfen hatten ihre Schicht begonnen. So konnte Motoki mehr mit seinen Freunden plaudern. Kurz waren auch Kiriko und Kobajashi zu der Clique gestoßen. Hatten von dem neuerlichen Plan gehört und zugestimmt, bevor sie sich auch schon wieder verabschiedeten. Kobajashi hatte Fußballtraining und Kiriko wollte heim und ihrer Mutter beim Backen helfen. Beide hatten sich langsam aber sicher auch mit Ami und Makoto angefreundet. Vorallem da diese ja jetzt geschlossen hinter dem Paar standen.

Die Freunde saßen und standen immer noch am Tresen. So musste der Blonde nicht hin und her rennen und konnte nebenbei die aufgegebenen Bestellung abarbeiten, die bei ihm einlangten. Draußen verabschiedete sich bereits das Tageslicht, als Rei ins Café schneite.

Makoto entdeckte sie als Erste und stubste Usagi an, die erst sie und dann die vermeindlich Freundin anschaute. Sie hob nur die Schultern und wandte sich wieder ab und Mamoru zu. Genau wie es die Brünette tat. Keiner der Mädchen oder einer der beiden jungen Männer beachteten die Schwarzhaarige. Diese hing sichtlich irritiert ihren Mantel an die Garderobe und kam zum Tresen hinüber.

“Rutsch mal Usagi. Ich will neben Mamoru sitzen.”

Die Blondine sah zu Rei und ihre Augen blitzten auf:

”Warum sollte sich? Wir unterhalten uns gerade. Bleib halt stehen.”

“Was? Hör mal, dass ist mein Freund.”

”Komisch, ich hab gehört, dass er eine Freundin hat. Lustigerweise scheint sie vom selben Schlag zu sein wie ich.”

Rei erstarrte und wurde schlagartig weiß wie die Wand hinter ihr. Sie wusste sofort, was los war. Ihr Blick schnellte zu Mamoru:

”Du hast es ihr gesagt.”

”Ja. Aber das hab ich dir schon vorgestern gesagt, dass ich es sie wissen lasse.”

“Usagi, das meinte ich nicht so. Ich wollte damit sagen, dass du vielleicht ein bisschen zu leicht an manche Sachen ran gehst und deine Prioritäten nicht immer ganz clever gesetzt sind.”

“Spar dir das, Rei. Ich hab’s schon verstanden. Ich bin eben nicht so von Welt wie du. Aber ich hab wahrscheinlich mehr Spaß am Leben.”, grinste Usagi und drehte sich zu den restlichen Mädchen um, “Stimmt doch oder? Lieber lebensfroh als steif und verklemmt.”

Die drei Freundinnen lachten nur.

“Du hast es ihnen gesagt? Es geht nur dich was an.”, die Stimme der Schwarzhaarigen klang scharf.

“In einer Freundschaft hat man keine Geheimnisse und ist ehrlich zueinander. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum es mir Mamoru gesagt hat.”

”Ach stimmt ja, ihr seid ja jetzt befreundet.”

“Seid wann klingst du so schnippisch?”, Makoto hob die Augenbraue hoch und sah Rei schief an, “Sei doch froh, dass mal Ruhe eingekehrt ist.”

“Red nicht so ein Blödsinn. Nie und nimmer sind die befreundet.”, das Mädchen drehte sich wieder zu der Blondine und ihrem Schwarm. Die beiden ignorierten sie komplett und lachten stattdessen ausgelassen miteinander. So wie schon vor ein paar Tagen und langsam aber sicher bekam es Rei mit der Angst zu tun. Diese aufkeimende Freundschaft zwischen den beiden war irgendwie unwirklich. Langsam trat sie wieder auf Mamoru zu und ergriff seinen Arm, während sich Usagi vom Hocker bequemte.

“Wohin willst du?”, er schob Reis Hand von sich.

“Keine Sorge, Baka. Bin gleich wieder da. Muss nur mal wohin.”, zwinkerte Usagi.

“Lass mich nicht zu lange warten, Odango.”

”Dann komm eben mit, wenn du weiter quatschen willst.”

”Nein danke. Ich bin nicht so scharf auf die Mädchentoilette.”

”Okay. Wenn du es dir anders überlegt hast, klopf an. Kommt eine von euch mit?”

“Ja, warte.”, Makoto war aufgesprungen und folgte der Blondine, die einen halben Kopf kleiner war als sie.

Rei machte derweil Anstalten, sich auf Usagis Platz zu setzen. Ein Fehler, wie sie schnell bemerkte. Denn ihr Schwarm machte ihr schnell und recht deutlich klar, dass es eben nicht ihr Hocker war. Fragend blickte sie ihn an. Ebenso ihre Freundinnen. Doch die gaben ihm Recht. Motoki meinte, sie solle sich auf den Hocken neben Mamoru setzen. Sie nickte nur. Nahm seinen Vorschlag an und versuchte, gleich nachdem sie sich gesetzt hatte, mit dem Schwarzhaarigen zu plaudern. Sie erzählte ihm von ihrem Schultag. Aber sie bemerkte nicht, wie Mamoru ihr gar nicht zuhörte. Oder zumindest nur mit einem Ohr.

Im Gegensatz zu ihr entging es Minako, Ami und Motoki nicht, wie unaufmerksam der Oberstufenschüler war. Aber sie sagten nichts und unterhielten sich angeregt über die Gruppe, die Ami für die Projektwoche gewählt hatte. Der Blonde meinte, es wäre typisch für sie: Ein naturwissenschaftliches Experiment mit dem Schwerpunkt auf Biochemie. Minako schüttelte nur lachend den Kopf, während Ami wahrlich ins Schwärmen geriet. Selbst Mamoru schaltete sich nach wenigen Minuten in das Gespräch ein und unterhielt sich angeregt mit Usagis schlauer Freundin.
 

Makoto und Usagi kamen aus der Toilette und ihre Augen wanderten zu dem Grüppchen am Tresen. Sie kicherten leise, als sie bemerkten, wie hitzig Ami und Mamoru in ein Gespräch vertieft waren.

“Es tut ihm gut.”

“Hm?”, die Blondine schaute zu ihrer Freundin.

“Es tut ihm gut, unter uns zu sein. Du hast ihm aus diesem Eisklotz-Dasein geholt. Ich hätte nie geglaubt, dass ich Mamoru mal lachen sehen würde. Er kann dir dankbar sein. Dank dir zeigt er endlich mal Gefühl. Ich dachte schon, der hat gar keine.”

”Oh, er kann wirklich romantisch und sehr hitzig zu gleich sein.”

”Hä?”, neugierig sah Makoto sie an. Erkannte den Rotschimmer um ihre Nase und schaltete sofort:

”Nein!”

Usagi schwieg lächelnd. Nickte aber.

“Echt? Wann?”

”Am Samstagabend.”

“Einfach so?”

”Ja. Aber behalt es bitte noch für dich. Mina würde es nicht für sich behalten können und Ami würde uns einen Vortrag über Verhütung halten.”

“Habt ihr verhütet?”

”Ja. Meine Mama hat mich schon letztes Jahr im Sommer zum Arzt geschickt. Keine Sorge.”

”Und wie war’s?”

“Spontan.”, kicherte Usagi.

“Ja, scheint so. Aber wenn es für euch gepasst hat, war es doch schön.”

Das blonde Mädchen nickte und schaute zu ihrem Liebsten. Rei hing ihm halb über der Schulter. Doch Usagi machte es nichts aus. Sie wusste, wem sein Herz gehörte. Mit Makoto neben sich schlenderte sie wieder in Richtung ihrer Freunde.

Und übersah einen Löffel am Boden.

Sie kam ins Straucheln und konnte sich gerade noch so abfangen. Dank Makoto, die sie am Arm gepackt hatte. Stolpernd kam sie vor den anderen zum Stehen, die sie alle erschrocken anblickten.

“Alles okay, Usa?”, Motoki war sofort um den Tresen gerannt gekommen.

“Ja, alles gut. Ich glaub aber, dass ich mich gerade verissen habe.”, Usagi rieb sich den Hals und versuchte ihren Kopf zu bewegen, “Du hast aber auch einen Klammergriff drauf, Mako.”

”Entschuldige.”, die Brünette setzte sich wieder auf ihren Platz und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während sich ihre Freundin zurück auf ihren Hocker platzierte. Noch immer rieb sie sich den Hals. Versuchte den Kopf zu drehen. Ein wohliger und nur allzu bekannter Schauer durchfuhr ihren Körper, als sie seine Finger auf ihrer Haut im Nacken spürte. Leise und kaum hörbar seufzte sie auf. Minako, die direkt neben ihr saß, grinste leicht.

“Was machst du denn da?”, Reis Stimme durchschnitt den Raum.

“Ihr helfen, den Schmerz besser zu verdauen. Sowas tut weh.”

“Ja, dann soll es eben Mako machen. Oder Motoki. Aber nicht du.”

”Und warum nicht?”, Mamoru seufzte entnervt auf, massierte seine Liebste jedoch weiter.

“Weil sie nicht deine Freundin ist. Sowas solltest du eher bei mir machen. Ich bin auch verspannt.”

”Boah, Rei. Mach mal halblang.”

“Halt du dich da raus, Usagi.”

Die Genannt fuhr herum. Schneller als es ihr gut tat, denn der Schmerz kehrte augenblicklich und heftiger zurück. Wut kochte erneut in ihr auf, als sie an Mamoru vorbei und zu Rei sah:

”Hast du immer noch nicht über unsere Worte nachgedacht? Er ist nicht dein Eigentum. Er kann Hand anlegen, an we er will und wann er will. Sei nicht so krankhaft eifersüchtig und besessen von ihm.”

“Was? Du bist doch nur sauer, weil du noch keinen Freund hast.”

“Na du doch auch nicht. Er ist ja mit einem anderen Mädel zusammen. Und ich kann ihn verstehen. So wie du dich aufführst, weist du ja alle von dir. Mich inklusive.”

“Das mit der anderen ist nicht von Dauer. Diese kleine Schlampe ist oberflächlich und hat nicht meine Klasse.”

”Ja, sie ist ja so wie ich. Also hab ich auch nicht deine Klasse. Wenn hier jemand oberflächlich ist, dann wohl du.”, sie wandte ihren Blick ab und Mamoru zu, “Sei mir nicht böse, aber das ist mir echt langsam zu dumm.”

Er wusste, was sie meinte. Genauso wie es die anderen sofort wussten, nachdem die Worte ihren Mund verlassen hatten. Sie alle sahen, wie sie die Hand hob und sich scheinbar an einem ihrer Haarknoten zu schaffen machte. In Sekundenschnelle erfasste Mamoru ihr Handgelenk und schüttelte unmerklich den Kopf. Seine Augen verrieten ihr, dass es nicht der richtige Augenblick dafür war. Die Stimmung war viel zu angespannt. Sie wusste, dass er Recht hatte und ließ ihre Hand kraftlos sinken. Manchmal war sie wirklich zu impulsiv.

Mamorus Hand glitt wieder in ihren Nacken und er massierte sanft die schmerzhafte Stelle weiter. Kurz huschten seine Augen zu den restlichen Freunden. Auch sie schienen sich wieder zu beruhigen. Und Minako fand als erste ihre Stimme wieder:

”Usagi hat Recht. Sei nicht so besitzergreifend, Rei. Er will nur nett sein.”

Die Schwarzhaarige schwieg. Still ertrug sie den Anblick, der sich ihr wieder bot. Sah, wie die Hände Mamorus über Usagis Hals wanderten und ein Stück hinab zwischen ihre Schulterblätter und wieder rauf zu den Schultern. Beobachtete, wie die Blondine genießerisch den Kopf leicht zur Seite neigte und Mamoru mit dem Daumen über die gespannte Haut ihres Halses fuhr. Hörte das leichte Seufzen des Mädchens und das leise Lachen des jungen Mannes. Bemerkte, wie die beiden wieder miteinander plauderten. Ganz vertraut und so, als wären sie sich niemals spinnefeind gewesen. Rei überlegte, ob sie etwas sagen sollte. Aber die beiden waren schon wieder vertieft in ein Thema, dass ihr komplett spanisch vorkam: Reisedokus. Sie hatte bis vor Kurzem nicht einmal gewusst, dass sowohl Mamoru als auch Usagi so etwas gerne im Fernsehen sahen. Und nun redeten sie über Kalifornien und Las Vegas inklusive einer Route entlang der Pazifikküste der USA. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass sich die Blondine für so ein Thema interessieren würde. Ausgerechnet Usagi. Das Mädchen rutschte von ihrem Hocker und ging um die beiden herum, stellte sich neben die anderen Mädchen.

“Sagt mal, seid wann ist Usagi an Reisedokus interessiert?”

”Schon immer.”, erwiderte Ami und trank ihren Tee aus, “Sie ist tatsächlich ziemlich gut in Geografie. Und anscheinend deckt es sich mit Mamorus Interessen.”

“Hm. Das wusste ich nicht.”

”Vielleicht hättest du mal nachfragen sollen. Sowohl bei Mamoru als auch bei Usagi.”

Rei blickte zu Makoto, die einfach nur überlegen grinste. Die Schwarzhaarige hob nur die Schultern und ihre Augen wandten sich wieder der Blondine und dem Schwarzhaarigen zu. Mamoru hatte aufgehört Usagi zu massieren. Beide saßen mit dem Rücken an den Tresen

gelehnt. Ihre Ellenbogen hatten sie als Stütze darauf gelegt und schauten durch die Fensterfront nach draußen. Ihre restlichen Freunde unterhielten sich ohnehin gerade über diese neue Band. Ein Thema was sie momentan nicht sonderlich interessierte. Sie überlegte, ob sie nicht vielleicht etwas zum dem Thema, dass Mamoru und Usagi gerade hatten, beitragen sollte. Doch ihr fiel nichts ein. Sie war total planlos. Klar hatte sie schon was Frankreich gehört. Aber nichts im Speziellen über Südfrankreich und dessen Lavendelfelder, von denen Usagi gerade schwärmte. Stattdessen hörte sie einfach nur zu. Hörte Mamorus klares und ehrliches Lachen:

”Im Cabrio durch die Provence?!”

”Ja, warum denn nicht. Du weißt schon: Mit einem weißen Tuch um Hals und Kopf und so ein cooler Sonnenbrille.”

”Du bist fünfzehn und noch meilenweit vom Führerschein entfernt.”

”Ich weiß.”, sie rempelte ihn liebevoll an und lächelte dabei, “Aber ich stelle es mir trotzdem schön vor.”

”Ich mir ja auch. Irgendwann machen wir das mal. Gleich nach dem wir auf den Seychellen waren.”

Rei verschluckte sich fast an ihrem schwarzen Tee, als sie Mamorus Worte hörte. Die Mädchen und auch die beiden jungen Männer sahen sie besorgt an, wandten sich aber schnell wieder ab, als sie mit der Hand andeutete, dass alles gut sei. Ihr Blick schnellte wieder zur Mamoru und Usagi. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Sie wollte nachfragen, aber eine innere Stimme hielt sie zurück. Flüsterte ihr, dass er es sicherlich nur aus Spaß gesagt hatte. Weil er vielleicht selber mal drüber nachgedacht hatte und sich ohnehin gerade gut mit der Blondine verstand. Daher schwieg sie und lauschte weiter.

“Dann könnte man ja auch durch Monte Carlo brausen.”, grinste Usagi. Sie genoss es, dass sie sich ganz ungezwungen mit ihm unterhalten konnte. Und das obwohl Rei ihr fast schon auf dem Schoß saß, damit sie besser spionieren konnte. Würde sie drauf klettern, würde sie ihre Freundin runterschmeißen. Sie wusste, dass es Mamoru mitbekam. Sah es in seinen Augen.

“Was macht dein Hals?”, seine Hand wanderte wieder in ihren Nacken. Seine Finger glitten kurz in den Ansatz ihrer Haare. Sie erschauderte und er lachte leise.

Rei hörte es.

“Es geht. Ich werd mir zuhause noch so ein Wärmekissen drauf legen. Obwohl deine Massage auch schon Wunder gewirkt hat. Aber gut, deine Finger scheinen für Wunder ja gemacht zu sein.”

Rei sah das breite Grinsen ihrer Freundin. Und sie sah ein seltsames Funkeln in ihren Augen. Das gleiche, das auch in Mamorus Augen zu sehen war. Doch sie konnte sich keinen Reim drauf machen. Ihr Gefühl verriet ihr, dass sich etwas zwischen den beiden geändert hatte. Aber sie wusste nicht, was es war. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie erschrak und einen spitzen Schrei ausstieß, als Minako sie anstubste. Die Blondine musste kichern, als sich Rei mit der Hand vorm Mund zu ihr umdrehte. Kurz sah sie den irrtierenden Blick von Usagi und Mamoru, aber sie drehten sich beide nach Sekunden schon wieder weg und unterhielten sich angeregt weiter. Die Schwarzhaarige sah zu ihren drei anderen Freundinnen:

”Was denn?”

“Du warst so still. Wir haben uns gewundert. Ist alles okay?”, Ami sah sie fragend an.

“Achso, ja, alles okay. Ich hab nur bei Usagi und Mamoru zugehört. Das ist alles.”

Makoto sah an ihr vorbei:

”Toll, wie sich die beiden verstehen. Man könnte meinen, die beiden wären ein Paar.”

“Was?!”, entsetzt sah Rei die Brünette an und dann zu der Blondine und dem Schwarzhaarigen. Natürlich bemerkte sie, wie nett die beiden miteinander umgingen. Wieviel Spaß sie hatten und wie sie die Gesellschaft des Gegenüber genossen. Aber sie waren sicherlich kein Paar. Noch vor einigen Wochen hatten sie sich nur gestritten. Meistens. Öfters. Außerdem war sie doch in ihn verliebt und mit ihm zusammen.

“Rei?”

Die Genannte wandte sich ab und schaute zu Minako, die sie ernst ansah. Genauso wie es Ami, Makoto und Motoki taten, der sich wieder zu ihnen gesellt hatte, nachdem er die Bestellungen abgearbeitet hatte.

“Hm?”

“Ich finde, du solltest Usagi als ernsthafte Konkurrentin ins Auge fassen.”

You drive me crazy

16
 

Das Laub raschelte unter ihren Füßen, als sie die Abkürzung durch den Park nahm, um schneller in ihr Stammcafé zu gelangen. Sie war wirklich spät dran heute. Obwohl es Freitag war. Aber ihre außerschulische Arbeitsgemeinschaft hatte ungemein langer gedauert. Warum wusste sie selber nicht. Es interessierte sie auch nicht wirklich. Ohnehin drehten sich seid Montag ihre Gedanken nur noch um den Satz, den Minako ihr im Crown an den Kopf geworfen hatte.

Rei hatte einige Minuten gebraucht, um die Worte zu verdauen und zu verstehen. Musste sie sickern lassen, bis sie vehement ihre schwarze Mähne geschüttelt hatte und ihrer Freundin zu verstehen gab, dass das Blödsinn wäre. Allerdings hatte das Mädchen in den vergangenen Tagen ihre eigenen Untersuchungen anstellen können. Jeden Nachmittag war sie im Crown. Genau wie alle anderen einschließlich Mamoru. Und jeden Nachmittag unterhielten er und Usagi sich angeregt miteinander. Lachten viel und ausgiebig und gestern hatte er sogar ihren Schokoshake bezahlt. Rei versuchte sich immer mit einzuklinken. Aus diesem Grund hatte sie jetzt jeden Abend irgendwelche Reisedokus gesehen, um mitreden zu können. Aber es brachte nicht viel. Es waren nur kleine Brocken, die sie einstreuen konnte und die schnell wieder zur Nebensache in dem Gespräch geworden waren. Ihr fiel auf, dass der Oberstufenschüler viel mehr über die dämlichen Witze der Blondine lachte, als über ihre charmanten. Immer mehr kam ihr in den Sinn, ob Minako nicht doch Recht hatte. Scheinbar flirtete Usagi mit Mamoru. Mehr als Rei lieb war, denn der stieg auch noch darauf ein. Permanent hockten sie aufeinander. Berührten sich wie zufällig und wenn er lachte, erreichte es seine Augen. Sie neckten sich gegenseitig und auf eine, in Reis Augen, schon viel zu kitschige Art und Weise. Gestern hatte Mamoru dem blonden Mädchen eine verirrte Haarsträhne hinter das Ohr gestrichen. Den Blick der ihr dabei zuwarf, kam Rei bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht einordnen. Usagi hingegen strich ihm über den Mundwinkel und somit die Reste von einem Schokoladenmuffin weg. Die Schwarzhaarige wäre dabei fast explodiert. Hatte sich bei ihren anderen Freundinnen darüber aufgeregt, aber die hatten nur mit den Schultern gezuckt und gemeint, dass die beiden machen konnten, was sie wollten. Wozu ihrer Meinung nach auch Flirten zählte.

Aber heute wollte sich Rei nicht so schnell abspeisen lassen. Sie wollte Usagi für dieses Verhalten zur Rede stellen. Denn scheinbar war es ihrer Freundin vollkommen egal, dass Mamoru ja schon in einer Beziehung war. Egal ob mit ihr oder dieser kleinen blonden Schlampe. Mamoru sollte jedoch ruhig wissen, was sie von seinem Geflirte hielt. Nämlich nicht viel. Sie war die Frau an seiner Seite. Sie hatte schon genug damit zu tun, ihn von sich zu überzeugen und somit zu einer Trennung von der großen Unbekannten. Da konnte sie nicht noch Usagi gebrauchen, die meinte, sie könnte sich aus Spaß an ihn ranschmeißen, um sie zu ärgern.

Rei war noch vollkommen in Gedanken, als sie das Crown erreichte. Durch die große Glasfront sah sie bereits Ami und Makoto, die wie Usagi Projektwoche hatten und dadurch immer vor ihr und Minako im Café waren. Letztere war selber schon da. Bei ihr fiel die ganze Woche Volleyball aus und sie war meistens schon um halb drei im Café. Zusammen saßen die drei Mädchen am Stammtisch und schienen ausgelassen zu plaudern. Die Schwarzhaarige suchte weiter das Crown ab und entdeckte Motoki hinterm Tresen. Er hatte eine Kaffeekanne in der Hand und ihr war klar, für wen der darin befindliche Kaffee bestimmt war. Mit schnellen Schritten trat sie ein und sah sofort einen Anblick, der ihr einen leichten Stich ins Herz versetzte: Mamoru der Usagi an seiner Tasse mit dem schwarzen Getränk nippen ließ und dann schallend auflachte, als diese das Gesicht verzog und sich schüttelte, bevor sie ihn anschaute und einen Schmollmund zog. An Reis Ohr drangen die Begrüßungsrufe ihrer Freundinnen und sie sah, wie auch Mamoru und Usagi sich ihr zuwandten und sie freundlich anlächelten. Aber wie immer nur kurz, denn schnell waren sie wieder in eine Unterhaltung vertieft. Missmutig ging Rei zu den anderen, ließ sich auf die Sitzbank fallen.

“Hallo!”

“Hey Rei.”, Ami lächelte sie an.

“Kann ich euch was fragen?”

Erstaunt sahen ihre Freundinnen sie an. Doch jede von ihnen wusste, was Rei wissen wollte. Aber sie sagten nichts. Versuchten sich nichts anmerken zu lassen.

“Glaubt ihr, dass sich Usagi an Mamoru ranmacht?”

“Wie kommst du darauf?”, Minako sah zu dem Paar am Tresen und dann wieder zu ihrer Freundin.

“Ich weiß es nicht. Aber ich muss zugeben, dass mir deine Worte vom Montag nicht mehr aus den Kopf gehen. Du weißt schon, dass mit der Konkurrenz und so. Ich hab sie beobachtet. Jeden Tag und ich sehe doch, wie sie ihn anschaut. Wie sie ihn berührt. Ich weiß nicht, warum sie das macht. Vielleicht will sie mir eins auswischen, weil ich nicht allzu nett zu ihr war. Nur ich hab das Gefühl, dass es Mamoru gefällt. Ich meine, er lacht viel mehr und sie picken immer aufeinander.”

”Du meinst sie flirten.”

Rei erschrak ein wenig, als Makoto es so gerade heraus aussprach und nickte nur.

“Ich glaube schon, dass sie flirten. Warum denn auch nicht? Sie sind beide jung und scheinen sich zu mögen. Außerdem ist es doch niedlich, wie die beiden miteinander umgehen. Oder hast du Angst, dass er sich in Usagi verlieben könnte?”, die Brünette schaute die Schwarzhaarige herausfordernd an.

“Vielleicht ist er es schon.”, grinste Minako.

“Was?”, Rei sprang auf und sah zu der Blondine und dem Oberstufenschüler.

“Na schau sie dir doch mal an. Er hängt an ihren Lippen und sie an seinen. Als würden sie nur darauf lauern, übereinander herzufallen.”, die Blondine wusste, wie weit sie sich aus dem Fenster lehnen konnte. Genauso wie es Ami und Makoto wussten. Die drei hatten mit ihrer verliebten Freundin darüber gesprochen. Mit ihr und mit Mamoru. Sie vertrauten den Mädchen und gaben ihr Okay dafür, dass sie es andeuten konnten, was da zwischen ihnen war. Eigentlich war es ja schon nicht mehr zu übersehen.

“Die können die Finger schon nicht mehr voneinander lassen.”, Ami sah ein wenig sehnsuchtsvoll zu den beiden jungen Leuten am Tresen. Sie wurde ein wenig rot um die Nase.

“Nein! Nein! Nein!”, Rei schäumte vor Wut. Wollten sie hier alle für dumm verkaufen? Sie baute sich vor den Mädchen auf:

”Zwischen den beiden ist sicher nichts. Usagi ist nur noch sauer auf mich, weil sie mich falsch verstanden hat. Und Mamoru macht halt mit. Mehr ist da nicht und wird auch nie sein.”

“Du wirst es nicht verhindern können, wenn es wirklich passiert.”

Die Schwarzhaarige sah, wie Minako vollkommen gelassen zu ihr schaute und dann einen Schluck ihres Himbeershakes nahm.

“Natürlich kann ich das. Genauso wie ich ihn von einer Trennung von der anderen Tussi überzeugen kann. Ich und nur ich bin an seiner Seite. Und das sag ich Usagi jetzt auch.”, wütend rauschte sie davon und in Richtung Tresen. Die drei anderen schauten ihr nur hinterher. Sie wussten, dass es Usagi reichlich egal sein würde, was Rei ihr zu sagen hatte. Mamoru würde sich so oder so vor sie stellen. Trotzdem blieben sie in Alarmbereitschaft und erhoben sich, um Rei in einem sicheren Abstand zu folgen.
 

Motoki sah das drohende Unheil und machte das Paar vor sich darauf aufmerksam. Hinter dem schwarzhaarigen Unwetter sah er die Mädchen, die sich bereits in Stellung brachten, um das Gewitter im Rahmen zu halten. Irgendwie.

Usagi sah zu Mamoru. Las seine Gedanken in den ozeanblauen Augen. Nickte unmerklich und drehte sich dann zu Rei. Lächelte sie honigsüß an:

”Hey! Alles gut?”

“Hey Rei!”, Mamoru beugte sich an Usagi vorbei und lächelte ebenfalls, “Du siehst gestresst aus.”

Kaum sah sie seine Augen, wurde Rei wieder butterweich um ihr Herz. Wieso hatte er nur diese verherrende Wirkung auf sie? Ihre Gesichtszüge entspannten sich und sie nahm auf dem freien Barhocker Platz, den ihr Usagi zu schob.

“Mamoru hat Recht. Du siehst müde aus. Hast du schlecht geschlafen?”

“Nein. Alles okay. Wie geht’s euch so?”

Die anderen sahen, wie das Unwetter in eine durchwachsene Wetterlage umschlug. Erleichterung machte sich breit.

“Meine Projektwoche ist um und ab nächste Woche muss ich wieder lernen.”, Usagi machte einen Schmollmund. Eine Mimik die Rei mit einem schwachen Lächeln quittierte. Ihre Augen wanderten zu Mamoru, der leise lachte. Seine Blicken galten ganz dem blonden Mädchen vor sich, die munter von ihren erholsamen Schultagen plauderte. Die Schwarzhaarige wusste, warum sie eigentlich zu den beiden gekommen war. Aber ihre Freundin war zu einnehmend, als das man ihr längere Zeit böse sein konnte. Sie hatte einfach das Talent, andere in ihren Bann zuziehen. Eine Tatsache die scheinbar jetzt auch Mamoru erreicht hatte. Er lachte mit ihr und zog sie mehr als nur nett auf. Rächte sich nicht für den leichten Boxschlag, den sie ihm deswegen auf den Oberarm gab. Rei schwieg. Das Thema hatte sich geändert. Wieder ging es um verschiedene Länder und mögliche Reiserouten. Sie hörte nur zu. Nahm ab und an einen Schluck ihres Tees, den ihr Motoki serviert hatte. Ihre Augen wanderten zwischen dem Mädchen und dem jungen Mann hin und her. Sie sah, wie sie beide miteinander umgingen. Unbefangen. Wie sie sich ab und an berührten. Rein zufällig.

“Rei?”

Verwirrt sah das Mädchen zu Mamoru:

”Hm?”

“Alles klar?”

”Ja. Wo ist Usagi?”

”Telefonieren.”

“Ach so.”

Sie schwieg wieder. Eigentlich wusste sie auch nicht, was sie sagen sollte. Liebend gerne hätte sie ihn gefragt, wo denn seine Freundin war. Doch sie traute sich nicht. Insgeheim war sie momentan einfach nur froh, dass Mamoru ihr scheinbar nicht mehr böse war, weil sie ihn immer noch als ihren Freund bezeichnete. Was sie ohnehin auch weiterhin tun würde. Noch früh genug würde sich eine Chance auftun, ihm zu zeigen, dass sie die Richtige für ihn war und immer sein würde. Und erstmal musste sie auch die Lage analysieren, die sich zwischen ihm und ihrer Freundin anbahnte. Sie flirteten miteinander. Es war kaum zu übersehen und für sie selbst nur schwer zu ertragen. Am liebsten hatte sie Usagi doch noch zur Rede gestellt, aber sie war sich sicher, dass Mamoru sie aus unerfindlichen Gründen in Schutz nehmen würde und dann wieder auf sie sauer war. Das konnte sie sich nicht leisten. Lieber ertrug sie es still. Immer darauf bedacht, irgendwann ihren Platz zu sichern und zu festigen. Sehnsuchtsvoll dachte sie an den Kuss zurück, den sie ihm gegeben hatte. Es war jetzt eine Woche her. Seitdem hatte er keine Anstalten gemacht, irgendeinen Schritt in diese Richtung und zu ihr hin zu gehen. Kein Wunder wenn er immer noch dieser langhaarigen Blondine verfallen war.

Am liebsten hätte sie einen neuen Versuch gestartet. Jetzt gleich und sofort und auf der Stelle. Sie wollte wieder diese weichen Lippen spüren. Vielleicht sollte sie ihn wegen Nachhilfe fragen in Englisch. Er würde sicherlich nicht ablehnen. Dafür war er zu nett und zu höflich. Und wenn er schon eine Freundin hatte und gleichzeitig mit Usagi flirtete, dann konnte er ihr auch Nachhilfe geben. Rei holte tief Luft und wollte gerade fragen, als ihre blonde Freundin zurückkam. Das Mädchen sah, wie sich Mamoru sofort von Motoki abwandte und Usagi anlächelte. Hörte seine Stimme, die an ihr Ohr drang und doch nur der Blondine galt:

”Bist du fertig?”

”Ja. Es war Mama. Sie fragt, ob du mit uns Abendessen möchtest.”

”Was gibt’s denn?”

”Sie sagte was von Donburi und Gyôza. Und zum Nachtisch Schokoladenpudding.”

“Klar, bin dabei.”

“Super, ich hab eh schon für dich zugesagt.”, grinste Usagi nur und trank ihren Shake aus, “Wir sollen pünktlich um halb sieben da sein.”

Rei schaute ungläubig zwischen den beiden hin und her. Sie brauchte einige Sekunden, bis sie ihre Stimme wiedergefunden hatte:

”Essen? Bei euch zuhause? Mamoru?”

”Ähm, ja.”, Usagi nickte nur und schob Motoki das Geld für ihren Shake über den Tresen.

“Eingeladen?”

”Ja. So hat das meine Mama ausgedrückt.”

“Und du gehst hin?”, Rei sah zu dem Oberstufenschüler.

“Jepp.”, er rutschte vom Hocker und ging etwas steif zur Garderobe, “Warum denn nicht?”

”Weil ich dachte, dass wir vielleicht noch etwas unternehmen könnten. Es ist schließlich Freitag. Und wenn deine kleine Freundin schon nichts mit dir unternimmt, gehen wir eben aus. Also warum gehst du jetzt mit zu Usagi?”

Die anderen Freunde waren hellhörig geworden. Besorgt sahen sie sich an.

“Weil sie mich eingeladen hat. Beziehungsweise ihre Mutter. Und sowas schlägt man nicht aus.”, er zog sich seine Jacke an und half Usagi in ihre, “Außerdem wusste ich ja nicht, dass du mich bereits eingeplant hast. Und das auch noch ohne mich überhaupt zu fragen. Du kennst meine Meinung zu unserer angeblichen Beziehung, die nicht existiert, weil ich schon mit einem Mädchen zusammen bin, dass ich von Herzen liebe.”

Kurz huschte sein Blick zu Usagi, die ihn verträumt ansah und schüchtern lächelte.

”Aber mit Usagi gehst du essen?”

”Meine Mama hat ihn eingeladen, Rei.”, Usagi stöhnte genervt auf, während sie zu ihren restlichen Freundinnen ging und sie verabschiedete.

“Ich will aber ins Kino.”

“Benimm dich nicht wie ein kleines Kind.”

Empört sah die Schwarzhaarige Mamoru an:

”Wie bitte?!”

”Du benimmst dich wie eine Dreijährige. Ich bin zum Essen eingeladen worden und ich nehme diese Einladung sehr gerne an. Und bevor du fragst: Ich bin am Wochenende verabredet.”

”Mit ihr?”

“Ja.”, er schaute zu Usagi, die in jenem Moment auf ihn zu kam, “Können wir?”

Das Mädchen nickte nur und lächelte Rei an:

”Keine Sorge. Ich werde nett zu ihm sein.”

Dann wandte sie sich zum Gehen. Genau wie er es tat. Zurück blieb ein sprachloses Mädchen, dass ihnen verwirrt hinterher schaute.
 

Die ganze Familie plus dem Oberstufenschüler saß am Tisch. Unterhielten sich ausgelassen und lachten.

Mamoru fühlte sich willkommen. Ein nie gekanntes Familiengefühl hatte sich in ihm breit gemacht. Usagis Eltern behandelten ihn, wie einen heimgekommenen und verlorenen Sohn. Hatten ihm angeboten, sie beim Vornamen zu nennen. Ikuko hatte ihm immer und immer wieder Essen auf den Teller geladen. Er konnte sie kaum stoppen. Kenji plauderte ungehemmt mit ihm über seine Studienpläne und seinem Traum, einmal der beste Chirurg von Japan zu werden. Oder aber der beste Kinderarzt. So sicher war er sich da selbst noch nicht und Kenji riet ihm spontan dazu, die beiden Facharztfelder zu kombinieren. Mamoru war froh, dass Usagis Vater ihn als ihren Freund akzeptiert hatte. Er versuchte den Erwartungen gerecht zu werden. Ihr kleiner Bruder fand es immer noch seltsam, dass seine Schwester einen Freund hatte. Vorallem einen der ihn ebenso ärgern konnte, wie sie es tat. Ein Grund warum sich Shingo nach dem Essen schnell auf sein Zimmer verzogen , während sich Usagi und Mamoru mit den Eltern ins Wohnzimmer gesetzt hatten. Es war bereits neun Uhr durch, doch keiner der Vier machte Anstalten, den netten Abend für beendet zu erklären. Ohnehin wollte der Oberstufenschüler noch nicht heim und Usagi sich noch nicht von ihm trennen.

“Kann ich euch was fragen?”, Ikuko schaute in ihr halbvolles Rotweinglas, “Habt ihr es Rei mittlerweile gesagt?”

Das Pärchen schaute sich kurz an und Mamoru schüttelte den Kopf:

”Noch nicht. Wir warten auf den richtigen Moment.”

”Der wird nie kommen. Für sowas gibt es keine richtigen oder falschen Momente.”

“Ich weiß, Kenji. Aber wie würden Sie es machen?”

“Keine Ahnung.”, er sah zu seiner Frau. Doch auch die hob nur unwissend die Schulter.

“Rei hat mich beleidigt.”

Ikukos und Kenjis Augen wanderten sofort zu ihrer Tochter. Sie wussten davon nichts. Usagi hatte nichts gesagt. Bis jetzt. Langsam setzte sie zum Sprechen an. Erzählte von den ganzen Vorfällen mit Rei und musste notgedrungen auch ihrem Vater beichten, dass sie das letzte Wochenende nicht bei Minako sondern bei Mamoru verbracht hatte. Kenji sah sie vorwurfsvoll und ein wenig verletzt an. Seine Tochter entschuldigte sich sofort. Genau wie es Mamoru tat. Und auch Ikuko tat es ihnen gleich. Immerhin wusste sie davon und ebenso schnell konnte sie ihn mit den Worten besänftigen, dass sie und er es damals vor ihren Eltern genauso verheimlicht haben. Bei den Worten seiner Frau wurde Kenji mehr als nur rot, nickte aber. Usagi nahm er das Versprechen ab, dass sie ab jetzt immer ehrlich zu ihm sein würde. Sie versprach es.

“Ihr führt Rei also an der Nase herum?!”

Die Blondine sah zu ihrer Mutter:

”Ja. Also eigentlich hoffen wir, dass sie von selbst drauf kommt, dass Mamo-chan und ich ineinander verliebt sind. Sie ist uns eh schon auf den Fersen. Makoto hat mir vorhin eine Nachricht geschrieben, dass Rei sich sicher ist, dass wir miteinander flirten.”

“Ich denke, dass diese Rei nicht gut für dich ist. Für euch beide nicht.”

”Papa!”

“Was denn? Sie beleidigt den Jungen, den sie mag und bezeichnet ihn mehr oder weniger als dumm. Und dann erkennt sie nicht mal eine ihrer Freundinnen, wenn sie direkt vor ihr steht. Und das nur weil du mal deine Haare offen hast. Also entschuldige bitte. Aber wenn ich Ami oder diesen Motoki fragen würde, wer du bist und du dabei deine Haare offen trägst, könnten die es mir sicherlich sagen. Rei hat wohl Tomaten auf den Augen.”

“Kenji!”, Ikuko funkelte ihn an.

“Na hör mal, Ikuko! Ist doch wahr! Das Gesicht ist doch immer noch das gleiche. Und wenn sie schon bei Mamoru ein blondes Haar gefunden hat und es Minako zuordnet, warum dann nicht Usagi?”

”Sie glaubt, dass Usako keine Konkurrenz für sie ist.”, Mamoru nippte an dem Kakao, den ihm Ikuko gemacht hatte.

“Mina meinte, sie solle mich langsam als solche ansehen. Und Makoto schrieb mir, dass sie mir eigentlich heute im Crown auch sagen wollte, dass ich meine Finger von dir lassen soll. Sie wäre die Frau an deiner Seite.”

”Stimmt ja. Du hast ja nicht ihre Klasse.”

“Das ist wirklich unverschämt von Rei.”

Überrascht sahen alle zu Ikuko. Es war selten, dass sie Partei ergriff. Meistens stand sie auch eher hinter Usagis Freundinnen als hinter ihrer Tochter. Doch das Blatt hatte sich gewendet. Keiner legte sich ungestraft mit ihrer Familie an oder beleidigte ihre Kinder. Egal um wen oder was es ging. Das Mädchen und ihr Vater mussten leise kichern, während Mamoru nur breit grinste. Ja, er war scheinbar in der richtigen Familie gelandet.

“Beruhig dich, Mama. Ich bekomm das schon hin.”, Usagi war aufgestanden und zog Mamoru mit hoch, “Wollen wir uns noch diesen alten Schwarz-Weiß-Film anschauen?”

Unschlüssig sah der junge Mann zu ihren Eltern. Besonders lange blieben seine Augen an ihrem Vater hängen. Doch der wischte seine Bedenken mit einer Geste seiner Hand beiseite und lächelte:

”Aber nur den einen. Und dann ist Schluss.”

”Verstanden, Papa.”, die Blondine gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange, genauso ihrer Mutter, bevor sie mit ihrem Liebsten das Wohnzimmer verließ.
 

Das Licht in ihrem Zimmer war gedimmt. Nur der Schein ihrer Nachttischlampe erhellte den Raum ein wenig. Der Mond war durch das Fenster zu sehen, auf dessem gepolsterten Fensterbrett Usagis Katze Luna lag und schlief. Im Fernsehr lief ein alter amerikanischer Schwarz-Weiß-Film in gedämpfter Lautstärke.

Mamoru hatte sich ein Kissen zwischen seinen Rücken und der Wand geschoben. In seinen Arm lag die Blondine. Ihr offenes Haar ließ sie wie einen Engel erscheinen. Kurz huschten seine Augen zu dem kleinen Radiowecker neben dem Bett. Er zeigte nach elf an.

“Wie lange geht der Film eigentlich noch?”

“Noch eine halbe Stunde oder so. Warum?”, Usagi rappelte sich auf und streckte sich.

”Weil es nach elf ist. Ich möchte keinen Ärger mit deinem Vater haben.”

Sie nickte. Wusste sofort, was er meinte. Sie wollte gerade den Mund aufmachen und ihm sagen, dass er sich keine Sorgen machen sollte, als es an ihrer Türe klopfte. Nur wenige Sekunden später streckte Ikuko ihren Kopf hinein. Lächelte beiden zu:

”Hey ihr zwei Hübschen. Ich wollte euch nur sagen, dass wir ins Bett gehen. Macht nicht mehr so lange.”

“Der Film geht noch eine halbe Stunde.”, erklärte ihre Tochter und zeigte dabei auf den Fernseher.

“Ja, schon gut. Also gute Nacht.”

”Nacht, Mama!”

”Gute Nacht, Ikuko!”

Sie nickte dem Pärchen zu und wandte sich ab, nur um keinen Wimpernschlag später sich noch einmal zu den beiden umzudrehen:

”Ach Mamoru?”

”Ja?”, er sah sie fragend an.

“Du bist ein Kaffeejunkie, oder?”

”Ja.”

“Reichen dir zwei Tassen zum Frühstück?”

”Ja.”

”Gut, weiß ich Bescheid. Schlaft gut.”, sie summte grinsend vor sich hin, als sie die Tür endgültig schloss.

“Was war das denn jetzt?”, Usagi sah abwechselnd zur Tür und zu Mamoru. Langsam sickerten die Worte ihrer Mutter zu ihr durch. Ihre blauen Augen weiteten sich vor Überraschung und ihr Mund folgte diesem Beispiel. In ihrem Gehirn versuchten sich Worte zu bilden und an ihre Stimmbänder weiterzuleiten, aber es kam trotz aller Anstrengung kein Ton heraus. Sie schüttelte ihren Kopf, versuchte so, sich wieder Klarheit zu verschaffen. Es brachte allerdings nicht viel.

“Hat sie mich gerade wirklich gefragt, wieviel Kaffee ich morgens brauche?”

“Ja. Also eigentlich hat sich dich gerade mehr oder weniger dazu eingeladen, hier zu übernachten und morgen in Ruhe zu frühstücken.”, fasst die Blondine zusammen.

“Hier übernachten?”

Sie nickte nur und sprang auf, tanzte durch den Raum und freute sich wie ein kleines Kind.

“Usako? Alles okay?”

Sie nickte nur und lachte dabei:

”Du schläfst hier. Und meine Eltern haben nichts dagegen.”

Erst jetzt realisierte er selbst, was das bedeutete. Er konnte hier bei ihr übernachten. In ihrem Zimmer. In ihrem Bett. Und mit ihr in seinen Armen. Genauso abrupt wie sie aufgesprungen war, tat er es nun auch. Er packte sie an der Taille und hob sie hoch. Wirbelte sie herum und drehte sich mit ihr einige Minuten lang im Kreis. Dann setzte er sie vorsichtig ab und seine Hände umfassten ihr Gesicht. Seine Lippen näherten sich ihren und berührten sie sanft.

Usagi ließ sich nur allzu gerne in diesen Kuss verwickeln. Ihre Hände wanderten in seinen Nacken und ihr Körper drückte sich näher an seinen heran. Sie spürte seine Finger, die unter ihr Shirt glitten und liebevoll über ihre Haut strichen. Sie seufzte wohlig in den Kuss hinein, schmiegte sich noch enger an ihn. Kein Blatt passte mehr zwischen sie.

Mamoru fühlte, wie sein Verlangen nach ihr schon fast ins Unermessliche stieg. Spürte, dass es ihr ähnlich ging. Ihr Unterleib presste sich gegen seine Lenden und er musste nicht erst raten, wohin sein Blut gerade schoss. Zärtlich zog er sich zurück. Sah sie an und erkannte ein nur allzu bekanntes Funkeln in ihren Augen. Es brachte ihn zum Grinsen:

”Hier?”

Sie lächelte ihn nur verführerisch an. Senkte ihren Blick und die Finger ihrer rechten Hand glitten von seinem Nacken über seine Wange auf die muskulöse Brust. Malten dort kleine Kreise.

“Und deine Eltern?”

“Ihr Schlafzimmer ist am anderen Ende vom Flur.”

“Shingo?”

”Gleich neben ihnen.”, sie schaute zu ihm auf. Ein Rotschimmer hatte sich um ihre Nase gelegt. Sie musste zugeben, dass das ganze schon aufregend war. Schließlich übernachtete er das erste Mal hier. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Eltern sie beide doch hören würden, war zwar relativ gering, aber einer von beiden oder Shingo musste ja nur nochmal zum Klo gehen und sie zufällig dabei hören. Sie wusste, dass sie laut werden konnte bei ihrem Liebesspiel. In Mamorus Wohnung war das alles kein Problem. Aber hier? Andererseits hatte sie sich schon die ganze Woche nach ihm gesehnt. Nach seinem Körper und der Leidenschaft zwischen ihnen. Sie vermisste seine Finger und das Gefühl, dass er in ihr hervorriefen, während er ihren Körper erkundeten.

Der Oberstufenschüler sah das Flehen in ihren Augen. Es konnte schief gehen. Sie beide konnten gehört werden. Er wusste es. Wenn ihr Vater dahinter kam, würde er womöglich nie wieder bei Usagi übernachten dürfen. Geschweigedenn sie bei ihm. Und dennoch konnte er sich ihr nicht entziehen. Er zog sie wieder näher an sich ran. Seine Hände umfassten den Saum ihres Shirts und zogen es ihr über den Kopf. Mamoru spürte ihre Finger, die die Schnalle seines Gürtels und anschließend den Knopf seiner Jeans öffneten. Er merkte, wie der Denimstoff seine Beine hinab rutschte.

Während er sich sein Shirt nun selber über den Kopf zog, befreite sich Usagi von ihrer Hose. Strampelte sie zu Boden und schmiegte sich schnell wieder an ihren Liebsten. Zusammen torkelten sie zu ihrem Bett und fielen hinein. Das Mädchen fischte blind nach dem Verschluss ihres BHs, während sie seine Lippen auf ihrem Bauch spürte und wie er sich immer weiter nach oben arbeitete. Schwungvoll flog ihr Wäschestück durch das Zimmer und landete auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Ihre Lippen fanden wieder seine und ihre Küsse wurden feuriger. Heißer. Ihre Finger wanderten über seinen Rücken zu dem Bund seiner Unterhose, schoben sie über seinen Hintern nach unten. Den Rest erledigte er selber. Genau wie sie. Usagi schlang verlangend ihre Beine um seine Hüfte.

Erschrocken über soviel Dreistigkeit keuchte Mamoru auf. Seiner Männlichkeit schlug eine unsägliche Hitze entgegen. Auf seinen Lippen bildete sich ein Grinsen. Er umfasste ihre Handgelenke, hielt sie so fest. Er sah ihren überraschten Gesichtsausdruck. Sagte aber nichts. Stattdessen platzierte er sich gekonnt zwischen ihr und versenkte seine Erregung in ihrer feuchten Mitte.

Sie stöhnte auf. Bog ihren Rücken durch und drückte ihm so ihren Unterleib noch mehr entgegen. Sie spürte, wie er sie ausfüllte. Sich in ihr zu bewegen begann. Wie seine Lippen ihre fanden und so ein lautes Aufstöhnen ihrerseits unterdrückten. Ja, sie mussten leise sein. Doch wenn er sie so verwöhnte, konnte sie für nichts mehr garantieren. Sie merkte, wie er sie auf seinen Schoß zog. Sie rieb ihre Perle gierig an seiner Haut, während er sie von innen mit seiner Männlichkeit fast schon in den Wahnsinn trieb. Völlig von ihrer Lust überrannt, fuhr sie sich wirr durch ihre blonden Haare.

Mamoru sah es. Sah, wie sie genießerisch die Augen geschlossen hatte und auf ihrer Unterlippe kaute. Er umfasste ihre Taille und ließ sich nach hinten fallen, so dass sie genau auf ihm saß. Seine Hände fuhren über ihren flachen Bauch hinauf zu ihren Brüsten. Massierten und spielten mit ihnen. Er spürte die Enge, die seine pulsiernde Männlichkeit umfing. Es ließ ihn den Kopf verlieren. Erst recht als sie damit begann, ihr Becken auf und ab zu bewegen. Sie hatte ihn komplett im Griff. Bestimmte über seine Stöße. Und sie wurde immer schneller in ihrem Tun. Laut keuchte er auf. So wie sie dieses Spiel spielte, brauchte er nicht mehr lange. Seine Lenden pochten heftig. Verlangten nach einer Erlösung. Ganz egal wie kurz dieses Intermezzo gerade war. Es war lang genug, um ihn vollkommen den Verstand verlieren zu lassen.

Ihre Hände stützten sich auf seiner Brust ab. Immer schneller bewegte sie ihr Becken auf und ab, begann kurz darauf mit kreisenden Bewegungen. Ihre Perle kribbelte angenehm und ihr Innerstes zog sich immer mehr zusammen. Sie musste schneller atmen, um besser Luft zu bekommen. Ihre Fingernägel bohrten sich in seine Haut. Hinterließen kleine Kratzer auf seiner Haut. Sie hörte, wie er scharf die Luft einzog. Sie konnte nicht mehr. Sie stand kurz vor ihrer kleinen persönlichen Explosion. Sie hielt sich eine Hand vor den Mund. Sie musste leise sein.

Er konnte nicht mehr an sich halten. Sein Griff um ihre Taille verstärkte sich. Mit verklärtem Blick sah er, wie sie sich die Hand auf den Mund presste. Ihre Augen waren zusammen gekniffen. Sie hatte scheinbar wirklich Mühe, leise zu sein. Er grinste. Aber nur kurz. Schneller als es ihm lieb war, spürte er das Zucken rund um seinen Schaft. Spürte, wie es ihn immer höher trieb. Mamoru hätte schwören können, dass in seinem Kopf ein Gewitter stattfand und die Blitze vor seinen Augen einschlugen. Er fühlte den Drang. Fühlte den Drang loszulassen. Es dauerte nur noch Sekunden.

In Usagi zog sich alles zusammen. Ihr Becken bewegte sich nur noch ruckartig. Sie presste ihren Unterleib gegen seine Lenden. Ihr Innerstes krampfte und sie spürte die Erlösung, die ihren Körper durchflutete.

Ihre Enge umschloss seine Erregung und er ließ los. Ergoss sich heiß und schnell und unter einem unterdrückten Stöhnen in ihr.
 

Die Blondine kuschelte sich an ihn. Trug den Pyjama, den Mamoru nicht als solchen bezeichnete. Er hatte sich wieder seine Boxershorts angezogen. Die Decke über sich und sie gezogen. Das Licht war mittlerweile komplett aus. Genau wie der Fernseher.

“Hey, was ist das?”, Mamoru setzte sich ein wenig auf und schaute in die Dunkelheit. Versuchte etwas zu erkennen.

“Luna.”

”Luna? Deine Katze?”

”Ja.”, Usagi zog ihn wieder runter und schmiegte sich wieder an ihn, “Sobald das Licht aus ist, kommt sie aufs Bett gesprungen und rollt sich am Fußende zusammen. Das macht sie so, seid ich sie habe. Und da war sie neun Wochen alt.”

Der junge Mann nickte nur. Er würde sich schon noch mit Usagis Mitbewohnerin arrangieren können.

“Schlaf gut, Mamo-chan.”

”Du auch, Usako. Ich liebe dich!”

”Ich dich auch!”
 

Rei hockte auf ihrem Bett. Schon seit zwei Stunden hatte sie versucht, Mamoru auf seinem Handy zu erreichen. Doch er ging nicht ran. Es hätte also auch keinen Sinn gemacht, ihm eine Nachricht zu schicken. Ihr Blick glitt zu ihrem Wecker, der neben ihrem Bett auf dem kleinen Nachttisch stand. Er zeigte ihr Mitternacht an. Ihr kamen Usagis Worte wieder in den Sinn. Sie würde sich gut um ihn kümmern. Die Schwarzhaarige suchte nach der Nummer ihrer Freundin. Überlegte, ob sie sie noch anrufen sollte. Aber was sollte sie ihr sagen? Dass sie wissen wollte, ob er noch bei ihr war.

“Blödsinn!”, murmelte sie zu sich selbst. Natürlich war er nicht mehr bei ihr. Zwar war er zum Essen bei ihren Eltern eingeladen wurden, aber mehr war da nicht. Wieso sollte er noch da sein. Sicherlich war er schon zuhause und schlief.

Wieder erreichten sie Usagis Worte. Minakos mischten sich dazu. Eigentlich wollte sie ihre Freundin heute zur Rede stellen. Wollte wissen, ob sie was für Mamoru empfand. Ob sie sich an ihn ranschmiss. Aber sie hatte sich nicht getraut. Nicht vor ihm. Das Mädchen schob sich tiefer unter die Decke. Morgen Früh würde sie bei ihr vorbei gehen. Sie fragen. Dann würde sie sich nicht hinter Mamoru verstecken können. Und wenn das geklärt war, konnte sie sich ganz entspannt seiner Freundin widmen. Dann wäre der Weg frei und er würde erkennen, was er an ihr hatte.

Who better than me

17
 

Kaffeegeruch durchzog die Küche und Eier brutzelten in einer Pfanne auf dem Herd. In der Ecke neben dem Wasserkocher ertönte der Toaster und spuckte zwei weitere Scheiben Toast aus. Der Kühlschrank wurde geöffnet. Lebensmittel wanderten hinaus und auf den Tisch. Der Bacon fand seinen Weg in die zweite Pfanne, die Ikuko nun auf den Herd gestellt hatte. Die Mutter zweier Kinder summte das Lied mit, das im Radio gespielt wurde. Fröhlich eilte sie zwischen all den Küchengeräten hin und her. Deckte so ganz nebenbei noch den Tisch für fünf Personen und hauchte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange, als dieser vom Briefkasten und mit der Wochenendausgabe der Zeitung unterm Arm wieder herein kam.

“Es ist wirklich kalt draußen.”, er steckte zwei weitere Scheiben Toast in den Toaster und drückte den Schieber nach unten.

“Ja, sie meinten im Radio eben, dass wir in den kommenden Tagen mit Nachtfrost rechnen müssen.”

“Dann darf ich morgens wieder die Scheiben des Autos freikratzen. Ach ich freu mich drauf.”

“Leg doch diese silberne Plane über die Frontscheibe. Das sollte doch helfen, oder?”, Ikuko sah ihn über die Schulter hinweg kurz an, bevor sie weiter die Tomaten in Scheiben schnitt.

“Stimmt, dass ist eine hervorragende Idee. Ach wenn ich dich nicht hätte, Liebling!”

“Dafür bin ich da. Kannst du bitte den Bacon wenden?”

“Ja.”, er nahm den Pfannenwender und drehte den krossen Bacon um, “Sag mal, wer soll das eigentlich alles essen? Wir sind doch nur zu fünft.”

“Eben.”

”Aber du weißt doch gar nicht, wie viel Mamoru morgens isst.”

“Und eben weil ich es nicht weiß, mach ich lieber ein bisschen mehr.”, zwinkerte sie ihm zu und begann mit dem Kochen von Porridge.

Kenji schüttelte nur den Kopf und nahm die geschnittenen Tomaten entgegen, um sie auf den Tisch zu stellen. Er wünschte seinem Sohn, der leicht verschlafen die Küche betrat, einen guten Morgen. Der Junge ließ seinen Blick schweifen und sah dann seinen Vater nur fragend an. Mit kurzen Worten erklärte er ihm, warum seine Mutter so einen Aufwand betrieb und der Auffassung war, sie müsste ein American Breakfast zaubern. Shingo schüttelte nur den Kopf und beugte sich zu seinem Vater:

”Ich wette, ein normales japanisches Frühstück hätte Mamoru auch gereicht.”

”Ja, oder Cornflakes.”, grinste Kenji. Beide nahmen am Tisch Platz. Während Shingo den Sportteil der Zeitung durchstöberte, hatte sich sein Vater den politischen Teil vorgenommen.

Und Ikuko kochte immer noch wie eine Wahnsinnige. Sie versuchte so perfekt zu kochen, wie sie nur konnte. Mamoru sollte nicht von ihr denken, dass sie eine schlechte Schwiegermutter sein könnte. Auch wenn ihre Tochter nichts vom Kochen oder Backen verstand, musste er ja nicht gleich von Usagi auf sie schließen. Sie wusste von ihrem Mädchen, dass der Oberstufenschüler früh seine Eltern verloren und lange Zeit im Waisenhaus gelebt hatte. Erst als er auf die Oberschule kam, hatte ihm das Jugendamt erlaubt, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Deswegen und weil ihm da das elterliche Erbe ausgezahlt wurde. Seitdem lebte er sehr selbstständig und arbeitete und lernte hart für seine Träume. Er war das ganze Gegenteil von Usagi. Und doch hatten sie beide zueinander gefunden und taten sich gut. Denn während er offener und geselliger wurde, lernte sie mittlerweile fast jeden Tag für die Schule und verbesserte sich dadurch auch merklich. Was auch ein Grund dafür war, dass Kenji den jungen Mann erst duldete und jetzt wirklich mochte. Ikuko selbst fand es einfach nur schön, dass Mamoru in ihrer Familie scheinbar angekommen war und sich wohlfühlte. Sie war so in ihren Gedanken gefangen, dass sie gar nicht mitbekam, wie ihre Tochter und der hoffentlich irgendwann einmal Schwiegersohn die Küche betraten. Sie erschrak eher, als sie sich mit der Kaffeekanne in der Hand zum Tisch drehte und das Pärchen dort sah:

”Ihr seid ja schon wach.”

”Guten Morgen, Mama!”, Usagi strahlte sie an.

“Guten Morgen, Ikuko!”

”Guten Morgen, Mamoru. Ich dachte, ihr seid noch am Schlafen?”

“Usakos Magen hat uns aus dem Bett getrieben.”, der Schwarzhaarige grinste breit, “Und mich der Kaffeeduft. Außerdem ist es ja eh schon halb zehn.”

Ikuko nickte nur und goss ihm als Ersten das heiße schwarze Getränk in seine Tasse. Erst dann folgte die Tasse ihres Mannes und ihre eigene. Ihre beiden Kinder nahmen lieber und dankend den warmen Kakao entgegen. Sie reichte jedem einen Toast und musste nun auch gegenüber ihrer Tochter erklären, warum sie soviel aufgetischt hatte. Ihre Mutter war ein wenig rot bei ihrer eigenen Antwort geworden. Mamoru bedankte sich höflich. Versicherte aber auch gleichzeitig, dass ihm bei einer eventuell nächsten Übernachtung auch ein einfaches japanisches Frühstück ausreichte. Ikuko nahm es nickend zu Kenntnis und Kenji schlug dem Fass fast den Boden aus, als er meinte, dass Mamoru sicher noch öfters hier schlafen würde.

“Lieber in den Armen deiner Liebsten als alleine. Oder mein Junge?”

Alle Anwesenden am Tisch verschluckten sich und sahen den Familienvater irritiert an. Doch der grinste nur breit und biss in seinen Marmeladentoast.

“Was habt ihr heute noch so vor?”, Ikuko sah Usagi über den Rand ihrer Kaffeetasse an.

“Ich weiß nicht. Wie soll denn das Wetter werden? Ich denke, dass wir es davon abhänig machen werden.”, die Blondine drehte sich auf ihrem Stuhl um und sah aus dem Fenster. Graue Wolken hingen am Himmel und die Zweige des Rhododendron im Vorgarten bogen sich im Wind. Alles im allem schien es ein ungemütlicher Samstag zu werden. Normalerweise blieb Usagi an solch einem Tag im Bett und las Manga. Oder ging dick angezogen ins Crown, um dort einige Stunden zu verbringen. Jedoch war bei letzterem die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass sie dort auf Rei treffen würde. Sie würde Fragen stellen. Vorallem da Mamoru ihr gestern gesagt hatte, dass er schon verabredet war.

“Usako?”

”Hm?”

”Kenji meinte gerade, dass es draußen ziemlich kalt ist.”, Mamoru schob ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie trug ihr engelsgleiche Haar nur lose zu einem Zopf gebunden.

“Lass uns hier bleiben. Wir können ja einfach auf der faulen Haut liegen und fernschauen.”

“Von mir aus. Die Woche war turbulent genug.”

“Also ich geh dann zu Izumi zum Zocken.”, Shingo stellte seine leere Tasse Kakao auf den Tisch, “Vielleicht fahren wir auch nochmal nach Shibuya. Izumi wollte sich ein neues Spiel kaufen. Ich bin sicher gegen sechs wieder da.”

Kenji nickte und sah dann zu seiner Tochter:

”Deine Mutter und ich wollten noch zum Gartenmarkt fahren. Wir brauche noch ein bisschen Rindenmulch, um die Beete winterfest zu machen. Und ich brauche eine neue Gartenschere. Deine Mutter wird sicher wieder neue Orchideen finden, aber du weißt ja, was ich meine.”

”Ja, dass ihr mit viel mehr wiederkommt, als ihr eigentlich kaufen wolltet.”

”Ganz genau.”

Während Shingo schon aufgestanden war, frühstückte der Rest der Familie, zu der nun auch eben Mamoru gehörte, weiter. Es wurde tatsächlich fast alles aufgegessen.

Usagi machte sich über den Bacon her.

Mamoru verspeiste nur allzu gerne die gegrillten Tomaten.

Und Kenji lies den Toast in seinem Magen verschwinden.

Es war bereits kurz vor elf, als der Tisch abgeräumt und die übrig gebliebenen Lebensmittel im Kühlschrank verschwunden waren. Usagis kleiner Bruder hatte sich bereits vor einer dreiviertel Stunde verabschiedet und war aus dem Haus verschwunden. Jetzt kam auch der Rest der Familie in Aufbruchstimmung. Sowohl ihre Eltern als auch Usagi standen im Flur. Genau wie Mamoru. Letzterer hatte seine Liebste zu einem Besuch im Shinagawa Aquarium überredet. Denn bei längerem Nachdenken hatte keiner der beiden Lust, den ganzen Tag faul auf dem Sofa zu liegen. Sie wollten noch einmal kurz zu Mamoru, damit er sich was neues anziehen konnte und dann von ihm aus los.

“Sehen wir dich heute Abend wieder, Mamoru?”, Kenji zog seine Schuhe an und schaute vom Hocker, auf dem er saß, zu ihm auf.

”Ich weiß es nicht. Was denkst du?”

”Schauen wir mal, wohin der Wind uns weht.”

”Seid wann bist du so poetisch, Liebes?”, Ikuko sah ihre Tochter mit ungläubigem Blick an. Schlüpfte nebenbei in ihren Mantel.

“Seid ich Mamo-chan kenne.”, grinste die Blondine und hing sich ihre Tasche um die Schultern, “Ich rufe an, wenn wir uns doch dazu entscheiden sollten, bei Mamo-chan zu schlafen.”

”Okay. Passt auf euch auf.”, ihre Mutter gab Usagi einen Kuss auf die Stirn und umarmte Mamoru. Kenji erhob sich ebenfalls, zog seine Jacke an und schnappte sich den Autoschlüssel. Während alle vor die Tür traten und der Herr des Hauses diese abschloss, ermahnte er den Oberstufenschüler dazu, auf seine kleine Tochter aufzupassen. Der Schwarzhaarige versprach es, bevor er mit Usagi den Vorgarten verließ und ihre Eltern zum Auto gingen, dass unter dem Carport stand. Das junge Pärchen winkten dem metallic-grauen Honda hinterher und liefen dann in die entgegen gesetzte Richtung und somit in Richtung

Bushaltestelle.
 

Sie zog sich ihren Schal dichter um den Hals.

Nachdem sie heute Morgen die Temperaturskala ihres Thermometers, das am Fenster hing, gesehen hatte, hatte sie sofort alle dicken und warmen Wintersachen von ganz hinten aus dem Schrank nach vorne gezerrt. Und nach einem Blick aus dem Fenster und der Erkenntnis, dass der Tag mehr als nur trübe werden würde, wollte sie eigentlich das Haus gar nicht verlassen. Wäre da nicht die Tatsache gewesen, mit Usagi zu sprechen. Sie wegen ihrer Flirterei mit Mamoru zu fragen und warum sie das tat. Vielleicht ging sie auch nochmal bei Mamoru vorbei und ihn zu bitten, dass ganze zu unterlassen. Er würde es sicherlich verstehen. Schließlich war es Usagi, mit der er wie ein verliebter Teenager rumkicherte.

Rei bog um die Ecke und in die Straße von Usagis Elternhaus. Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie ein Auto war. Die Eltern ihrer Freundin saßen darin. Aber sie erkannten sie nicht, sondern schienen sich eher prächtig zu amüsieren. Die Schwarzhaarige wandte ihren Blick vom Wagen ab und wieder nach vorne. Stoppte abrupt. Was sie sah, ließ ihr Herz für einen kurzen Moment aussetzen.

Mamoru.

Usagi.

Mamoru und Usagi wie sie sich anstrahlten.

Wie sie sich anstrahlten und sich an den Händen griffen.

Wie sich Mamoru zu dem Mädchen hinab beugte und ihr einen Kuss auf die Wange hauchte.

Wie sich Usagi einen schmalen Haargummi aus der blonden Mähne zog und ihre Haare in goldenen Wellen über ihren Rücken fielen.

Die Szene traf Rei wie ein Kübel mit eiskaltem Wasser. Sie versuchte zu atmen, aber konnte nicht. Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet und schien eine normale Atmung unmöglich zu machen.

“Das kann nicht sein.”, flüsterte sie sich selbst zu. Ja, das konnte nicht wahr sein. Sie musste Halluzinationen haben. Mamoru würde niemals Usagi küssen. Warum sollte er? Das Mädchen lief einige Schritte weiter. Sowohl der Oberstufenschüler als auch die Blondine bekamen es nicht mit.

”Blondine!”, wieder schien sich ein Schwall Eiswasser über ihrem Kopf zu entleeren. Sie beschleunigte ihre Schritte und ging hinter einer Reihe von Koniferen in Deckung, während das Pärchen vor ihr an einer Ampel stoppte. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, um ihren Schock nicht laut zum Ausdruck zu bringen. Ihre Augen weiteten sich vor Unglaube. Das konnte nicht sein.

Nicht sie! Nicht Usagi! Nicht das Mädchen das keine Konkurrenz für sie war. Und doch stand sie wenige Meter vor ihr. Das Haar offen, der Blick so liebevoll auf Mamoru gerichtet. Wie konnte sie ihre vermeindliche Freundin nicht erkennen? Kannte sie Usagi so wenig?

Und was war mit Mamoru? Sie sah, wie er die Blondine ansah. Sah seine Liebe für das Mädchen in seinem Blick. Hatte er sich wirklich in sie verliebt? In dieses unbedarfte Ding das nur in den Tag hinein lebte und noch nicht mal Ziele im Leben hatte außer dem einen, irgendwann mal eine wunderschöne Hochzeit zu haben.

Sie konnte es nicht fassen. Und hätte beinahe den Anschluss verloren, als die Ampel auf Grün sprang und die beiden schon fast wieder auf der anderen Seite der Straße waren. Rei sprang aus ihrem Versteck und hechtete los. Sie hatte gerade den ersten Schritt auf die Straße gesetzt, als die Ampel wieder umschaltete. Doch es war ihr egal. Sie ging stur weiter. Die Lichtanlage für die Autos zeigte grün an, aber sie ließ sich nicht beirren. Nicht einmal von dem Hupkonzert, dass die wütenden Autofahrer nun samt fluchen zum Besten gaben.

Irritiert über den Lärm hinter ihnen drehten sich Mamoru und Usagi um. Konnten aber die Ursache des Aufruhrs nicht ausmachen und gingen weiter in Richtung Haltestelle.

Rei war hinter einer freistehenden Werbeanzeige verschwunden. Vorsichtig lugte sie um die Ecke. Wütend musste sie feststellen, dass Usagi und Mamoru gerade in den Bus einstiegen. Sie würde ihn nicht mehr schaffen. Aber das war egal. Dann würde sie eben zu Fuß zum Crown gehen. Es war nicht wirklich weit. Und wahrscheinlich nahmen die beiden Verfolgten nur den Bus, um Mamorus Bein zu schonen oder Usagis Faulheit zum Laufen zu unterstützen. “Nagut, dann stell ich dich, liebe Usagi, eben vor versammelter Mannschaft zur Rede. Mir meinen Freund auszuspannen, ich fass es nicht! Das wirst du bereuen.”

Rei bekam nicht mit, wie sie die Leute anschauten, als sie mit sich selber sprach, während sie die Straßen zum Crown entlang lief. Immer wieder schüttelte sie ihre schwarzen Haare. Grummelte Flüche von nie zuvor gekanntem Ausmaß in ihren Schal. Überlegte, welche Wörter sie der Blondine an den Kopf werfen konnte. Welche Wörte es am ehesten trafen. Diesen Verrat an ihr. Dieser Betrug. Bis ins Detail plante sie ihren Auftritt. Von vorne bis hinten.

Als sie vor dem Crown ankam, war der Plan perfekt. Schwungvoll warf sie eine Strähne mit der Hand über die Schulter und betrat das Stammcafé, dass so gut wie leer war. Suchend blickte sie sich um. Doch sie sah nur Motoki, der wie immer den Tresen auf Hochglanz polierte und sie freundlich begrüßte und die ihre drei anderen Freundinnen, die ebenfalls am Tresen saßen. Sonst war keiner da. Mit schnellen Schritten ging sie auf die Vier zu.

“Usagi hat mir Mamoru ausgespannt.”
 

Es war totenstill im Café und der zu Boden fallende Löffel hallte unwirklich laut wieder. Aber Ami ließ ihn am Boden liegen. Sie starrte Rei an. Genauso wie es Minako, Makoto und Motoki taten. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Sie beobachteten nur Rei, die sich auf einen der vielen freien Barhocker setzte und sie wütend anfunkelte. Sie schmiss ihren Schal auf den Tresen und bestellte einen schwarzen Tee. Motoki brachte ihn ihr binnen Sekunden. Schweigsam.

“Habt ihr mir gerade zugehört?”, die Stimme der Schwarzhaarigen klang gereizt.

Alle Anwesenden nickten.

“Und was sagt ihr dazu?”

Alle Anwesenden schwiegen.

“Usagi macht mir Mamoru streitig. Sie knutscht mit ihm. Hält Händchen und macht sich ungehindert und schamlos an ihn ran. Das wird sie bereuen. Ich bin Mamorus Freundin. Ich und nicht sie. Überhaupt, was will er mit ihr?”, sie redete sich in Rage, “Sie hat nicht mein Niveau und ist total schlecht in der Schule. Sie lacht über jede dummer Albernheit und nimmt nichts ernst. Sie kann nicht kochen und frisst nur Schokolade. Sie macht kein Sport und ist unmotiviert und faul. Hat keine Ahnung vom Leben und auch nicht das geringste Interesse daran, dass zu ändern.”

Amis Augen weiteten sich.

Makoto musste schwer schlucken.

Motoki presste die Lippen zusammen.

Minako schlug wütend mit der Hand auf den Tresen:

”Halt die Klappe, Rei!”

Perplex starrte die Angesprochene das blonde Mädchen an:

”Was?”

”Du sollst die Klappe halten. Und hör auf, so schlecht von Usagi zu reden.”, Minako sah die Schwarzhaarige herausfordernd an. Während Reis Blick pure Verachtung ausdrückte. Sie schaute an der Blondine vorbei zu den beiden anderen Mädchen:

”Ich hab Recht. Stimmt’s?!”

Sie sah, wie Bewegung in die beiden anderen kam. Ami rutschte unruhig von ihrem Hocker und ging zu Motoki hinter dem Tresen. Gab ihm ihre Tasse in die Hand und schüttelte nur den Kopf, während sie schüchtern zu Rei sah. Deren Blick schnellte zu Makoto. Doch auch die schüttelte nur den Kopf. Eigentlich musste sie nicht noch zu Motoki schauen, um zu wissen, dass er wahrscheinlich auch verneinte. Aber sie tat es trotzdem.Er schüttelte tatsächlich den Kopf.

“Sie hat mich verarscht. Während ich mich wundere, warum Mamoru sich nicht mehr mit mir treffen will, hat sie sich an ihn rangeschmissen.”

“Das wissen wir.”

”Was?”, Reis Augen waren aufgerissen vor Entsetzen, als sie zu Motoki blickte, der Ami eine weiter Tasse mit grünem Tee gab.

“Wir wissen es schon seit einiger Zeit. Beziehungsweisen haben wir es erst geahnt und dann hat es sich bestätigt und die beiden haben es zugegeben.”

”Ihr habt gewusst, dass sie sich an ihn ranschmeißt und mich hintergeht?”

“Red kein Scheiß, Rei!”, Makotos Stimme war laut und hart, “Sie hat sich nicht an ihn rangeschmissen und dich hintergangen. Sie hat sich schlichtweg in ihn verliebt.”

”Und er sich in sie.”

“Ami hat Recht.”

”Das du dich auf Usagis Seite schlägst, Minako, ist eh klar. Ihr seid ohnehin vom selben Schlag.”

”Das hat damit nichts zutun. Du bist doch selbst schuld.”

”Ach jetzt bin ich hier die Dumme?”

”Wenn du es so sehen willst, dann Ja. Wer hat den Usagi unter fadenscheinigen Gründen dazu gebracht, sich um ihn zu kümmern? Das warst du. Und als die beiden hinter deinen dämlichen Grund kamen, kamen sie sich eben näher. Denn Usagi war echt deprimiert deswegen.”

”Das ist aber noch lange kein Grund.”

“Aber ein guter Auslöser.”

Alle Blicke wandten sich Motoki zu, der Rei seinerseits ernst und durchdringend ansah:

”Mamoru hat sie wieder aufgebaut deswegen und sich eben immer mehr in sie verliebt. Sie hatten Spaß zusammen. Und glaub mir, wenn ich dir sage, dass ausgerechnte Usagi Bedenken hatte, ihren Gefühlen nachzugeben. Wegen dir. Mamoru hingegen war von Anfang an der Auffassung, dass du es gut aufnehmen würdest, wenn er dir nur erstmal erklärt hätte, dass er nichts für dich empfindet. Aber du warst stur. Hast seinen Worten keine Bedeutung beigemessen.”

”So wie du unseren Worten keine Bedeutung beigemessen hast.”, Ami lugte immer noch schüchtern hinter Motoki hervor. Sie fühlte sich hinterm Tresen gerade wesentlich wohler. Kannte sie doch das hitzige Temperament ihrer schwarzhaarigen Freundin.

“Wohl wahr. Wir haben dir alle dazu geraten, dass du auf ihn hören sollst. Dir gesagt, dass er womöglich schon jemand anderen hat. Usagi selbst und auch Mamoru haben es dir ins Gesicht gesagt.”

Rei tigerte unwirsch auf und ab. Raufte sich dabei die Haare und sah ihre scheinbaren Freunde eiskalt an:

”Ihr habt mich verarscht!”

“Nein! Du warst zu stur und egoistisch, um die Wahrheit zu erkennen.”, Minako seufzte, “Selbst als du wusstest, dass Mamoru tatsächlich eine Freundin hat, hast du nicht von ihm gelassen. Im Gegenteil. Du wolltest sie ausstechen. Sie ihm ausreden und ihm Glauben machen, du seist die bessere Partie. Stattdessen hättest du deine Niederlage lieber anerkennen und ihm sein Glück gönnen sollen. Aber das konntest du nicht.”

“Die beiden haben ein Versteck-Spiel-Marathon hinter sich.”, Makoto lachte leise auf, “Erst haben sie versucht, es vor uns zu verbergen und dann vor dir. Und als du dich so uneinsichtig gezeigt hast, sind die beiden eben in die Offensive gegangen. Usagi war wirklich verletzt darüber, dass du sie mit offenen Haaren nicht erkannt hast. Selbst ich weiß, wie sie so aussieht. Aber du warst in deiner Eifersucht total verblendet. Die beiden beschlossen, und das zusammen mit uns, ihre Beziehung öffentlicher zu leben. Sie fingen an, zu flirten und sich zu berühren. Ich glaube, am Mittwoch waren beide sogar nur deshalb zusammen im Hinterzimmer, um zu knutschen, während sie die Strohhalme holten.”

”Echt?”

”Ja, wirklich Ami. Süß oder?”

“Total!”

Makoto grinste nur und wandte sich dann wieder Rei zu:

”Sie haben beide gehofft, dass du sehen würdest, was sie füreinander empfinden. Das sie sich ineinander verliebt haben.”

Das schwarzhaarige Mädchen sah die Vier an und schüttelte fassungslos den Kopf:

”Ihr habt von dieser Schmierenkomödie gewusst und nichts gesagt? Ihr seid das Letzte! Und keinen Deut besser als Usagi.”

Alle zogen scharf die Luft ein. Bis auf Ami waren sie unfähig, sich zu bewegen. Nur sie ging um die Theke herum und stellte sich vor Rei auf. Hob ihre Hand und gab ihr eine gepfefferte Ohrfeige. Tränen blitzten in ihren Augen und ihre Stimme klang merkwürdig fremd, enttäuscht und wütend zu gleich:

”Du hast keine Ahnung, wie wir uns dabei gefühlt haben. Du hast keine Ahnung, wie sich Usagi und Mamoru dabei gefühlt haben. Bei dir dreht sich immer alles nur um dich. Usagi war verzweifelt, als sie ihre Gefühle für Mamoru endlich verstanden hatte, weil sie dachte, sie sei zu spät. Sie dachte das solange, bis Mamoru ihr zu verstehen gab, dass er sie auch liebt. Das er sie schon von Anfang an geliebt hat. Weißt du, warum sie es beide erst jetzt geschafft haben, zusammen zu kommen?”

Rei schüttelte, sich immer noch die pochende Wange haltend, den Kopf.

“Weil du gestört hast.”

”Was? Ich?”, die Stimme der Schwarzhaarigen klang hysterisch, als sie diese wieder gefunden hatte.

“Ja du!”, Motoki war ebenfalls um die Theke gekommen und zog Ami wieder ein wenig aus der Schussbahn, “Ich wusste, was Mamoru für Usagi empfand. Er hatte es mir von Anfang an gesagt.”

”Was gesagt?”

“Das er sie mag. Das er sie niedlich und süß findet. Aber er war zu schüchtern, es ihr zu sagen. Lustigerweise dachte Usagi das gleiche über ihn. Doch auch sie konnte sich nicht überwinden. Zumindest solange nicht, bis sie letztes Jahr an seinem Geburtstag hier herein geschneit kam. Da wollte sie es ihm sagen. Und er ihr ebenso. Er wollte sich sozusagen selbst beschenken. Aber dann kamst du.”

”Ich?”

”Ja, ich erinnere mich ganz genau.”, Makoto nickte und sah zu der Schwarzhaarigen, “Usagi hatte dich einige Tage vorher im Tempel kennengelernt und dich spontan eingeladen, mal hier vorbei zu schauen.”

“Und was hat das jetzt bitte damit zu tun, dass ich jetzt die Schuldige bin?”, Reis Stimme klang genervt.

“Kaum hattest du das Crown betreten, verließ Usagi der Mut. Sie sah Mamorus neugierigen Blick und zog sich zurück. Erst recht als du dich an ihn rangeschmissen hast.”

”Sie hat ihn beleidigt. Sie, nicht ich!”

”Weil sie vollkommen verunsichert war.”, seufzte Minako, “Sie sah, wie er nett zu dir war. Netter als zu ihr und scheinbar mit dir flirtete. Als du ihn auch noch nach einem Date gefragt hast und er netterweise zusagte, war es mit ihr ganz vorbei. Deshalb hat sie ihn ab da nur noch beleidigt.”

”Mamoru war am Anfang total überrascht über Usagis Verhalten.”

“Sie war total kindisch!”, mit blitzenden Augen sah Rei Motoki an. Doch der ließ sich dadurch nicht einschüchtern, sondern fuhr seelenruhig fort:

”Er reagierte dann so auf sie, wie sie es bei ihm tat. Aber durch die Woche als du in Kobe warst, konnten sie sich wieder annähern. Ohne Streit. Ohne Konflikte. Und soll ich dir was sagen? Das Missverständnis, was durch dich entstanden ist, haben sie auch erst letzten Dienstag hier im Crown geklärt. Kurz bevor du gekommen bist.”

“So, und jetzt sag ich euch was!”, Rei hatte sich vor den Mädchen und dem jungen Mann aufgebaut. Die Hände in die Hüften gestemmt und mit unsagbarer Wut in den Augen, schaute sie die Anwesenden an:

”Es ist mir so ziemlich scheiß egal, wie sich Mamoru in sie verliebt hat. Oder warum. Es ist mir noch mehr scheiß egal, dass Usagi vor einem Jahr ihre Chance nicht genutzt hat. Jetzt bin ich da. Sie hatte ihre Chance, jetzt habe ich meine. Und ich werde sie nutzen. Ich hab mich nicht umsonst ins Zeug damit gelegt, mir alle möglichen und unmöglichen Schönheitsprodukte auf die Haut zu packen, um damit super bei meinen Dates mit Mamoru auszusehen. Ich hab mir die Hacken wund gelaufen nach neuen Klamotten. Alles nur um gut auszusehen. All das nur für Mamoru. Und ich gehöre zu ihm. Ich und nicht Usagi. Er ist mein Freund.”

“Was hast du vor?”, Minako sah sie an. Sie hatte, wie die anderen auch, den drohenden Unterton in der Stimme des Mädchens gehört.

“Ihn mir zurückholen.”

”Zurückholen?”

”Ja. Ich bin mit ihm zusammen. Und nicht Usagi. Ich habe sein Niveau. Nicht Usagi. Und das wird er ganz schnell begreifen. Er liebt mich. Ich weiß es.”, damit wandte sie sich ab. Schnappte sich ihre Tasche und ihren Mantel. Schwungvoll machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte aus dem Crown.
 

Die vier Freunde sahen sich geschockt an. Keiner von ihnen konnte so recht glauben, was Rei da eben von sich gegeben hatte. Sie wussten nicht, was sie sagen sollten.

Motoki kramte in der Schublade unter dem Tresen nach seinem Handy, um eine Aushilfe anzurufen. Er musste hier weg. Heute hatte er einfach keinen Kopf mehr dafür, noch irgendwie nett zu seinen Gästen zu sein. Er war froh, als er Haruki erreichte und dieser ihm sofort zusagte, seine Schicht zu übernehmen.

Makoto ging in schnellen Schritten auf und ab. Immer wieder murmelte sie etwas vor sich hin und schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass Rei ein Hitzkopf war. Und stur noch dazu. In vielem nahm sie sich nichts mit Usagi. Ein Grund warum die beiden immer aneinander gerieten. Doch so wie es jetzt aussah, schien ihre Freundin komplett am Rad zu drehen und wahnsinnig zu werden.

Ami saß am Tresen und starrte auf ihren inzwischen kalten Tee. Eigentlich wusste sie, dass sie sich schämen sollte für die Ohrfeige, die sie Rei verpasst hatte. Sowas hatte sie noch nie getan. Oder auch nur daran gedacht. Aber heute war sie so sauer auf die Schwarzhaarige gewesen. Wie sie von Usagi sprach und dann von ihnen allen. Nur weil sie hinter dem Paar standen und ihr begreiflich machen wollten, dass sie auf dem Holzweg war. Ami schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, wie sie sich bei Rei entschuldigen sollte. Oder ob sie das überhaupt wollte. Sie seufzte auf.

“Hey, ich hatte auch den Drang, ihr eine runterzuhauen.”

Die Kurzhaarige hob den Kopf und sah Minako, die sie schief angrinste und in den Arm nahm.

“Sie wird mir das nie verzeihen, Mina.”

”Mir und Mako und Motoki wird sie auch nie verzeihen. Genauso wenig wie Kiriko und Kobajashi. Obwohl, mit denen war sie eh nicht befreundet.”

“Wie kannst du das nur auf die leichte Schulter nehmen? Was ist mit unserer Freundschaft?”, Ami sah sie traurig an.

“Hör mal, das renkt sich alles wieder ein. Vielleicht nicht heute oder morgen. Vielleicht auch nicht diese Woche. Aber irgendwann wird es Rei begreifen.”

”Seht ihr das auch so?”

Makoto und Motoki sahen zu den beiden Mädchen und nickten.

“Usagi ist wie ein kleiner Fixstern am Himmel.”, lächelte der Blonde Ami aufmunternd an, “Sie hat euch hierher gebracht. Erst war sie da. Dann du, Ami und Mako. Dann seid ihr hier auf Mina getroffen und einige Wochen später hat sie Rei angeschleppt. Eure Freundschaft ist durch sie entstanden.”

“Stimmt, ohne sie wären wir immer noch die seltsamen Außenseiter.”, seufzte Makoto, “Mit mir würde immer noch keiner reden, nur weil ich größer als andere Mädchen in meinem Alter bin und mich eben ab und an prügel.”

“Und mir ginge es ebenso. Nur weil ich gerne Schauspielerin werden will und dafür eben auch mal zu einem Casting gehe.”, Minako verleiherte genervt die Augen.

“Mich würde man meiden, weil ich gute Noten schreibe. Die denken alle, dass ich nichts dafür tun muss. Aber ihr wisst es besser. Usagi hat es von Anfang an geahnt, was ich dafür leisten muss.”, Ami sah zu den anderen, “Ihr wisst, was mein Traum ist. Usagi weiß es. Und dafür kämpfe ich eben. Lerne. Eure Freundschaft hilft mir dabei.”

“Seht ihr. Usagi hält euch zusammen und sie wird auch Rei wieder zu euch zurückbringen.”, Motoki ging zur Garderobe. Haruki kam gerade und nickte seinem Kollegen nur zu. Kurz besprachen sie die Übergabe. Dann wandte sich der Blonde wieder den Mädchen zu:

”Wir sollten den beiden Bescheid sagen.”
 

Das Wasser warf bunte Lichtreflexe auf den Boden, die wild hin und her tanzten. Die Fische schwammen in großen und kleinen Schwärmen umher. Ab und an kreuzte ein Schwarzspitzen-Riffhai ihren Weg. Eine Meeresschildkröte ließ sich im seichten Wellengang treiben.

Das Panorambecken übte schon von jeher eine gewisse Faszination auf Usagi auf. Hier war der einzige Ort, an dem sie abschalten konnte. An dem ihr sonst so quirliges Wesen zur Ruhe kam. Ihre Augen folgten dem Schwarm Schmetterlingsfische, die gemächlich ihre Bahnen zogen. Sanft lehnte sie sich gegen Mamoru. Sein Arm ruhte um ihre Schulter. Sie wusste nicht, wie lange sie so schon saßen. Sie wollte auch nicht aufstehen. Ihr taten die Füße weh, wenn sie ehrlich zu sich selbst war. Über zwei Drittel des Aquariums hatten sie bereits gesehen. Und für Usagi hätte der Tag nicht schöner sein können.

Mamoru hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Flüsterte liebevolle Wort in ihr Ohr. Er war so froh, dass sie zusammen gefunden hatten. Noch jetzt konnte er sich dafür in den Hintern beißen, dass er vor über einem Jahr nicht allen Mut zusammen genommen und ihr seine Gefühle gebeichtet hatte. Es hätte ihnen jede Menge Streitereien, Diskussionen und Ärger erspart. Aber wahrscheinlich wollte es das Schicksal so. Innerlich betete er dafür, dass es ihnen noch eine Weile wohlgesonnen war. Nur noch für ein Weilchen. Ihm war klar, dass es Rei hart treffen würde. Aber er hatte seinen Standpunkt mehrmals klar gemacht.

Usagi bemerkte, wie Mamoru seine Hand auf ihre Wange legte und ihr Gesich zu sich drehte. Seine Augen spiegelten das falsche Meer des Panoramabeckens wieder. Sie verlor sich darin. Spürte seine heißen Atem auf ihren Lippen, als er sich ihren näherten. Gerade als sie den magischen Moment erhoffte, wurde er durch ein lautes Summen unterbrochen. Beide zogen sich voneinander zurück und Mamoru sah sie entschuldigend an, während er nach seinem Handy in der Jackeninnentasche kramte. Sie quittierte es mit einem liebevollen Lächeln, dass ihn dazu veranlasste, ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.

Mamoru löste die Tastensperre und öffnete das Nachrichtensymbol. Er stutzte kurz, als er Motokis Namen im Feld vom Absender sah. Schnell huschten seine Augen über den Text. In Sekundenbruchteilen gefror ihm das Blut in den Adern und ihm wurde schwindelig.

Ihr entging es nicht. Besorgt sah Usagi zu ihm. Sah seine weit aufgerissenen Augen, die sie nur starr fixierten. Er schüttelte nur den Kopf und reichte ihr wortlos das Handy. Sie senkte den Kopf.

“Du solltest nicht mehr von Usagis Seite weichen. Rei weiß es.”

Today I've lost you

Der Regen prasselte gegen die Scheiben des Küchenfensters, hinter dem Ikuko stand und besorgt hinaus in den Vorgarten und auf die menschenleere Straße schaute. Seit einer Stunde regnete es Bindfäden vom Himmel hinab und nur die wenigen Plusgrade hielten das Wasser davon ab, nicht zu gefrieren und den Boden mit einer weißen Decke zu beziehen. Als sie und Kenji vom Gartenmarkt gekommen waren, wollten sie eigentlich nur einen Kaffee trinken und ein Stück von ihrem Zitronenkuchen genießen, um dann noch den gekauften Rindenmulch über die Blumenbeete zu verteilen. Doch kaum hatten sie am Tisch gesessen und waren ein wenig zur Ruhe gekommen, hörten sie ein Klopfen am Fenster. Überrascht hatte sich das Ehepaar umgedreht und festgestellt, dass die Gartenarbeit sprichwörtlich ins Wasser gefallen war. Sozusagen von jetzt auf gleich. Kenji war nochmal in den Garten gerannt und hatte die drei Säcke Mulch unter den Carport geschleift, damit sie nicht im Schlamm versanken. Als er wieder drinnen war, konnte er seine Klamotten zur Gänze wechseln, weil er binnen Sekunden durchgeweicht war. Ikuko hatte währenddessen die Mutter von Shingos Freund angerufen und gefragt, ob sie ihren Sohn mit dem Auto holen sollten oder er gebracht wurde. Zweiteres war zutreffend. Ihr Jüngster würde gegen sieben Uhr am Abend wieder da sein. Von Usagi hingegen hatte sie noch nichts gehört. Aber da war sich das Paar ohnehin noch nicht einig gewesen, wo sie über Nacht bleiben würden.

Gerade als sie die Tassen gespült hatte, klingelte das Telefon. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie ihr Mann ran ging. Sein Gesicht verhieß nichts Gutes. Mit Sorgenfalten auf der Stirn kam er zu ihr hinüber, während er mit stummen Lippenbewegungen seiner Frau andeutete, dass ihre Tochter am anderen Ende der Leitung war.

“Warte, Usagi. Ich stell auf laut, damit deine Mutter mithören kann.”, er nahm das Telefon vom Ohr und drückte die Taste mit dem Lautsprecher-Symbol, “So, und nun nochmal von vorne. Was ist los?”
 

“Rei weiß es. Sie weiß von mir und Mamoru.”
 

”Woher?”, Ikuko hatte sich zum Telefon gebeugt.
 

“Sie hat uns gesehen, als wir das Haus verlassen haben.”
 

”Woher wisst ihr das?”, Kenji klang besorgt.
 

“Motoki hat mir eine Nachricht geschickt. Dann haben wir ihn angerufen und er und die Mädels haben uns erzählt, wie Rei im Crown ausgerastet ist.”, Mamoru klang ungewohnt rau und nahezu fassungslos, “Sie gibt Usako allein die Schuld daran und will sie zur Rede stellen.”
 

”Und dich ihr ausspannen?”
 

”Ja, Papa. Sie versteht nicht, dass Mamoru mich liebt. Sie will es nicht wahrhaben.”
 

”Wo seid ihr jetzt?”
 

”Im Taxi und auf dem Weg zu euch.”
 

“Nein, fahrt zu Mamoru.”, antwortete Usagis Mutter hektisch.
 

“Was? Aber da wartet sie sicher auf uns.”
 

”Nein. Sie ist gerade bei uns.”

Kaum hatten die Worte Ikukos Mund verlassen, klingelte es an der Haustüre.

“Fahrt zu Mamoru. Ich wimmel sie ab und wir tun so, als wüssten wir nicht, wo ihr seid.”

”Usagi, Mamoru! Ihr habt deine Mutter beziehungsweise deine Schwiegermutter in spe gehört. Fahrt in die Wohnung. Wir melden uns später, wenn wir sie losgeworden sind.”, Kenji sah, wie seine Frau zur Türe ging. Das Mädchen hatte damit begonnen Sturm zu klingeln. Er hörte noch, wie sich seine Tochter und ihr Freund tausendfach bedankten und murmelte Abschiedsworte, bevor er auflegte. Er folgte Ikuko in den Flur, als diese gerade die Tür geöffnet hatte.
 

Sie war mehr als nur wütend gewesen, nach dem sie das Crown verlassen hatte. Alle, wirklich alle wussten davon, dass Usagi dem Oberstufenschüler den Kopf verdreht und ihr ausgespannt hatte. Und keiner ihrer sogenannten Freunde hielt es für nötig, dem Ganzen Einhalt zu gebieten oder es ihr zu sagen. Nein! Sie ließen es zu. Ließen es zu, dass die Blondine Mamoru um den Finger gewickelt und vollkommen verwirrt hatte. Das die beiden sich so nah kamen, dass er mit ihr Händchen hielt und ihr gewisse Blicke zu warf. Sie ließen es sogar zu, dass sie ihn küsste. Sie. Usagi. Eine schlechte Mittelschülerin, die dazu noch tollpatischig und wenig bis gar nicht damenhaft war. Wieso ließ sich Mamoru auf so eine naive und dumme Pute ein?

Ihr erster Impuls hatte Rei zu seiner Wohnung getrieben. Immerhin hatten sie die Buslinie zu ihm genommen. Eine Nachbarin kam zufällig gerade aus dem Appartmentkomplex und ließ sie hinein. Auf den Aufzug hatte sie nicht warten wollen und so war sie bis in den sechsten Stock die Treppen hinauf gerannt. Wie eine Besessene hatte sie bei ihm geklingelt und geklopft. Aber niemand öffnete die Tür. Sogar gelauscht hatte sie. Doch nichts war zu hören gewesen. Als sie gerade erneut klingeln wollte, kam aus der gegenüberliegenden Türe ein älterer Herr. Rei drehte sich um und hatte ihren besten Hundeblick aufgesetzt:

”Entschuldigen Sie bitte.”

“Hm?”

”Wissen Sie, ob Chiba-san zuhause ist?”

”Und Sie sind?”

”Seine Freundin.”

“Hm, komisch.”

”Komisch?”

”Ja, Sie sagen, Sie wären seine Freundin. Dabei hat er mir vor gut einer Stunde ein sehr liebreizendes blondes Mädchen als seine Liebste vorgestellt.”, der Herr überlegte, “Na da hat er ja wirklich viele Eisen im Feuer. Aber gut, er ist ja noch jung.”

”Ja, ja!”, Rei unterbrach ihn barsch, “Also wissen Sie, wo er hin wollte mit der Blondine?”

“Nein, keine Ahnung.”, auch der freundliche Ton von ihm hatte sich gewandelt, “Auf Wiedersehen.”

Abrupt hatte er sich abgewandt und sie stehen lassen. Wütend schaute sie ihm hinterher, bevor auch sie sich wieder in Bewegung setzte und die Treppen wieder nach unten ging. Ihr kam eine neue Idee in den Sinn, wo Mamoru und Usagi sein könnten. Schnell hatte sie sich wieder in Bewegung gesetzt und den Bus in Richtung Minato-ku genommen. Vielleicht waren sie ja in dem Café, in dem sie die beiden vor einer Woche beobachtet hatte. Aber auch hier waren sie nicht. Neuerlich hatte sie versucht ihn auf dem Handy zu erreichen. Doch es war aus. Genau wie das von Usagi. Genervt überlegte sie, ob sie noch mal ins Crown fahren sollte. Allerdings kam ihr relativ schnell in den Sinn, dass ihre Freunde die beiden schon vorgewarnt hatten und sie so einen Bogen um ihr Stammcafé machten. Während sie angestrengt überlegte, wo sie noch suchen sollte, hatte der Regen eingesetzt. Und kaum hatten die ersten Regentropfen ihren schwarzen Haarschopf erreicht, hatte sie eine neue Idee. Sie achtete nicht auf die Pfützen, als sie zur nächsten Bushaltestelle lief, um dort in den Bus zu steigen, der sie zurück zu Usagis Elternhaus bringen würde. Die letzten Meter war sie dann gerannt und somit vollends klatschnass geworden.

Nun stand sie vor der Haustüre der Familie Tsukino. Die Kuppe des Zeigefingers war mit der Klingel fast schon verschweißt. Rei hörte Schritte hinter der Tür und sah auf, als diese aufging. Es war Usagis Mutter und dahinter ihr Vater, die sie ansahen. Die sie wissend ansahen.

“Rei. Hallo!”

Die Schwarzhaarige entging der scharfe Unterton in Ikukos Stimme nicht. Sie wusste nur zu gut, dass Usagis Mutter ihre Familie wie eine Löwin verteidigte.

“Sie wissen, was Ihre Tochter getan hat?”

“Sie hat sich verliebt. Genau wie es Mamoru getan hat.”

”Mamoru tut hier nichts zur Sache.”, Rei wusste, dass ihre Stimme alles andere als höflich klang. Doch es war ihr egal. Regentropfen fielen von den Spitzen ihres Ponys direkt auf ihr Gesicht und perlten daran hinab:

”Usagi hat ihn mir ausgespannt. Ihre Tochter ist hinterhältig, und gemein. Und durch und durch verdorben.”

“Wage es ja nicht, so über meine Tochter zu sprechen!”, Ikukos Stimme hatte etwas Drohendes angenommen, “Meine Tochter hatte Liebeskummer und ein schlechtes Gewissen, weil sie sich in Mamoru verliebt hat. Und er war es, der ihr Mut zusprach und ihrer Liebe eine Chance geben wollte. Mamoru wollte eine Beziehung mit Usagi. Wir sind gestern alle zusammen auf dem Sofa gesessen und die beiden haben uns von dem erzählt, was du ihr an den Kopf geworfen hast. Was du ihm an den Kopf geworfen hat. Und glaub mir, wenn hier jemand Klasse und Niveau hat, dann ist es meine Tochter. Sie und nicht du, Rei!”

Zufrieden bemerkte Kenji, wie das Mädchen auf seiner Schwelle den Wutausbruch Ikukos verängstigt zur Kenntnis nahm. Sah, wie sie langsam den Mund öffnete:

”Sie haben alle zusammen gesessen?!”

Dunkel erinnerte sie sich daran, wie Usagi ihn zum Essen eingeladen hatte. Es begann in ihrem Kopf zu arbeiten. Mamoru war gestern Abend hier und kam heute Morgen auch aus diesem Haus.

“Hat er hier...”

”Übernachtet?”, Kenji hatte sich neben seine Frau gestellt.

“Ja?”

”Ja. Die beiden wollten noch einen alten Film sehen und dann war es schließlich schon spät. Auch wenn Mamoru schon achtzehn ist, muss er nicht mehr um Mitternacht mit dem Bus oder Taxi einsam in der Gegend rumkurven, nicht wahr?!”

Rei nickte nur fassungslos und Usagis Vater fuhr fort:

”Also schlief er hier und hat mit uns heute Morgen gefrühstückt.”

“Und wo sind sie dann hin?”

”Das wissen wir nicht. Usagi meinte, sie würden sich bei uns melden oder direkt her kommen. Sie waren sich beide noch nicht sicher, wo sie die Nacht verbringen wollten.”

”Können wir sonst noch etwas für dich tun?”, Ikuko sah die Schwarzhaarige mit verschrenkten Armen vor der Brust an. Normalerweise hätte sie jeden Gast, egal ob eingeladen oder nicht, herein gebeten bei dem Wetter. Aber nicht heute. Und nicht Rei. Sie sah, wie sich das Mädchen nur kopfschüttelnd abwandte und ohne einen Abschiedsgruß durch den Vorgarten zur Straße ging. Erleichtert blickte Ikuko ihren Mann an und schloss die Tür:

“Wir sollten Usagi anrufen und ihr sagen, was vorgefallen ist.”
 

Das Taxi hatte einige Meter vor seinem Appartementkomplex gehalten. Sie wollten sicher gehen, dass Rei nicht davor herum lungerte. Wer weiß, wie schnell sie dann doch von Usagis Elternhaus hier her geeilt war. Doch sie war nicht da. Weil Mamorus Bein immer noch nicht allzu stark belastet werden durfte, konnten sie trotz anhaltendem Regen nicht ins Haus rennen, sondern in etwas schnelleren Laufschritten hinüber gehen. Und so sehr sie sich auch bemühten und beeilten, so sehr waren sie durchnässt. Einen Schirm hatten sie ja ohnehin nicht dabei. Auf dem Weg zum und im Aufzug hinterließen sie unteren ihren Schuhen kleine Wasserpfützen. Das blonde Mädchen hatte sich an den Oberstufenschüler geschmiegt. Sie spürte die Nässe auf ihrer Haut. Zitterte am ganzen Leib und war froh, als der Aufzug Mamorus Stockwerk erreichte und sie zusammen seine Wohnung. Ihrem Drang nach Unordnung nachgebend streifte sie ihre Schuhe ab und warf sie achtlos in die Ecke. Das einzige was sie noch wollte, war eine heiße Dusche. Ihre Jacke warf sie über einen Harken der der Garderobe, ihre Tasche fand den Weg in hohem Bogen auf die Kommode. Ohne ein weiteres Wort verschwand sie im Bad.

Mamoru sah ihr besorgt hinterher. Seit dem Telefonat mit ihren Eltern war sie schweigsam gewesen. Schon seit Motokis Nachricht hatte sie begonnen, immer weniger zu sprechen. Hatte sich auf das Nötigste beschränkt. Es war nicht schwer zu erraten, woher ihr Stimmungswechsel kam. Ihm war klar, dass sie jetzt nichts wirklich aufmuntern konnte und sie lieber ihre Ruhe haben wollte. Und das respektierte er. Er nahm ihre Schuhe und stellte sie ordentlich neben seine. Hing ihre Jacke so auf, dass sie besser trocknen konnte und nahm das Handy aus ihrer Tasche. Es blinkte und zeigte einen entgangenen Anruf. Er entriegelte die Tastensperre und sah nach. Ihre Eltern hatten angerufen. Etwas unschlüssig sah er zur Badezimmertür. Er wollte sie weder stören, noch ungefragt ihr Handy nutzen. Sein Blick fiel auf das Telefon, dass noch neben der Handtasche lag. Er nahm es, tippte die Nummer ihrer Eltern ein und ließ es läuten. Während er wartete, ging er ins Schlafzimmer. Entledigte sich halbherzig seiner Klamotten, als Kenji schon abnahm. In schnellen Worten ließ sich Mamoru alles erzählen. Murrte zwischendurch oder gab eine abfällige Bemerkung gegenüber Rei von sich. Auf die Frage, ob Usagi die Nacht über bei ihm blieb, antwortete er damit, wie sie sich gerade verhielt. Er musste zugeben, dass ihm diese leichte Ignoranz schon Angst machte. Doch Ikuko, die scheinbar über den Lautsprecher wieder mithören konnte, beruhigte. Sie gab ihm den Rat, ihrer Tochter einen heißen Kakao zu machen und erst mit ihr zu reden, wenn sie damit begann. Mamoru dankte ihr dafür. Höflich verabschiedete er sich und versprach, Usagi im Laufe des nächsten Tages wieder nach Hause zu bringen. Dann legte er auf. Er sah zum Nachttisch und dem darauf befindlichen Radiowecker. Er zeigte fünf an. Der Tag war gelaufen. Als er, nur in Boxershorts bekleidet, ins Wohnzimmer ging, fiel ihm das Bami-Goreng ein. Unweigerlich fragte er sich, ob man es nochmal erwärmen oder gleich wegschmeißen konnte. Vielleicht hatte Usagi auch keinen Hunger. Er wusste es nicht. Als er hörte, wie die Tür vom Bad aufging, fuhr er herum. Seine Liebste stand nur mit einem Handtuch bekleidet da. So wie vor einer Woche. Wieder fielen ihre langen Haare über ihren Rücken. Ließen es wie flüssiges Gold erscheinen.

“Ich hab dich reden hören.”, sie blieb unschlüssig vor ihm stehen.

“Deine Eltern. Ich hab sie zurückgerufen.”

Sie schwieg.

“Willst du wissen, was passiert ist?”

Usagi nickte und Mamoru erzählte. Dabei ließ er sie nicht aus den Augen. Die kleinen Härchen auf ihren Armen hatten sich aufgestellt zu einer leichten Gänsehaut. Er sah, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Wie sich der Griff ihrer Finger um den Saum und den Knoten des Handtuchs verstärkten. Das erste Mal, seit er sie kannte, konnte er ihre Gefühle nicht deuten. Ihr Gesicht und ihre Augen spiegelten alle Arten von Emotionen wieder. Angst und Wut. Enttäuschung und Hoffnung. Aber nichts eindeutiges.

In ihrem Kopf drehte sich alles. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie konnte keinen klaren fassen. Nichts was ihr weiter helfen konnte. Was sie vor der Wut Reis retten konnte. Sie war verzweifelt. Wusste weder ein noch aus. Sie schüttelte den Kopf. Wild flogen blonde Haarsträhnen hin und her. Ihr ganzer Körper zitterte und verkrampfte sich. Sie verlor die Kontrolle über sich selbst, ihre Beine gaben nach und sie sank zu Boden. Tränen liefen ihr hemmungslos übers Gesicht und sie konnte sie nicht stoppen. Fast schon ohnmächtig sah sie, wie Mamoru zu ihr geeilt kam. Sie in den Arm nahm und sie hin und her wog wie ein kleines Kind. Usagi hörte ihr eigenes Schluchzen in den Ohren und wie ihr Blut rauschte.

“Scht, alles ist gut. Ich bin da!”

“Nein!”, Usagi schob den Oberstufenschüler von sich. Stand mit zittrigen Beinen auf und wankte vor ihm zurück. Er saß am Boden, schaute sie fragend an. Das Mädchen musste sich am Sessel neben sich festhalten. Ihre Beine waren reinster Pudding. Mit festem Blick sah sie zu Mamoru:

”Du solltest nicht bei mir sein. Du solltest bei ihr sein. Bei Rei! Sie liebt dich!”

“Was?”

”Wir streiten immer nur. Seit wir uns kennen, streiten wir. Jeden Tag. Stunde um Stunde. Wir können nicht zusammen sein.”

”Ich liebe dich!”

”Nein! So eine Heulsuse wie mich liebt niemand. Ich bin tollpatschig und naiv und eine doofe Nuss.”, sie wandte sich ab und suchte das Wohnzimmer nach ihren Klamotten ab.

“Was tust du?”

”Ich muss zu Rei. Ich muss mich bei ihr entschuldigen. Ich hab sie verletzt. Ich hab dich ihr ausgespannt. Sowas tun Freundinnen nicht.”

“Usagi!”, er packte sie am Arm und wirbelte sie herum. Zwang sie, ihn anzusehen. Seine Hände umfassten ihr Gesicht. Sie zitterte noch immer. Furcht lag in ihren Augen. Er wusste nicht, wem sie golt. Ihm oder Rei. Es war ihm momentan aber auch herzlich egal.

“Usako!”

”Nenn mich nicht so.”

”Doch. Für mich bist du Usako. Meine Usako. Und ich liebe dich. Ich hab dich von Anfang an geliebt. Nur dich. Das weißt du. Ich will nicht Rei. Ich wollte sie nie!”

“Sie liebt dich.”, die Tränen flossen immer noch in Strömen über ihr Gesicht.

“Und ich nicht sie. Wenn ich ihr falsche Hoffnungen gemacht habe, dann tut es mir leid. Irgendwann wird sie auch damit leben können, dass mein Herz nur dir gehört.”

“Ich kann das nicht.”, sie riss sich los, stürmte vollkommen planlos in den Flur.

“Was kannst du nicht?”, seine Stimme war lauter geworden, als er beabsichtigt hatte. Doch es war ihm egal. Wenn er nur so an ihren Verstand und noch mehr an ihr Herz appellieren konnte, dann musste er sie eben anschreien. Übung hatte er ja darin. Genau wie sie. Das wurde ihm mit einem Schlag bewusst, als sie sich mit einem wütenden Funkeln in den Augen zu ihm umdrehte und auch ihre Stimme das dreifache ihrer normalen Lautstärke erreicht hatte:

”Ich kann ihr nicht mehr unter die Augen treten. Ich kann dieses Spiel nicht mehr spielen. Wie soll ich mit dir glücklich werden, wenn ich weiß, wie sehr sie leidet? Verrat es mir! Verrat es mir, Baka!”

“Ich weiß es nicht, verdammt nochmal! Aber musst du immer das Glück anderer über dein eigenes stellen? Über unser Glück? Ich hab bei jedem Streit mit dir hinterher gelitten wie ein junger Hund. Ich wollte dich nie anschnauzen. Dich beleidigen. Das einzige was ich wollte, war dich an mich zu ziehen und zu küssen. Mehr wollte ich nicht. Mir ist es scheiß egal, ob Rei jetzt bockig ist. Sie erkennt nicht mal, wie sie das Glück anderer kaputt macht. Sie ist so dermaßen in ihrer Liebe auf mich und in ihrem Hass auf dich fixiert, dass sie alles dazwischen vergisst. Und ich weigere mich, dass zu akzeptieren. Ich geb mein Glück nicht dafür auf, dass dieses dumme Schulmädchen ihren Willen bekommt. Und ich will nicht nochmal leiden müssen. Willst du leiden? Willst du für Rei leiden? Für ein Mädchen das über Leichen geht und die eine Freundschaft mit Füßen tritt, weil sie eine schlechte Verliererin ist. Ich weiß, dass ihr diesen dämlichen Kodex habt. Das ein Mädchen nicht mit dem Jungen geht, in das eine ihrer Freundinnen verliebt ist. Aber ehrlich, Odango: Wie lange bist du in mich verliebt?”

Sie sah ihn mit aufgerissenen Augen an. Solch einen Gefühlausbruch hatte sie von ihm nicht erwartet. Er zitterte und seine nackte Brust hob und senkte sich schnell.

“Seit wann liebst du mich?”, seine Stimme war leiser geworden. Sanfter. Liebevoller. Langsam trat er ein paar Schritte auf sie zu und streckte den Arm aus. Zärtlich strich er mit seiner Hand über ihre Wange. Sie wich nicht zurück.

“Seit wann, Usako?”

“Seit ich dich das erste Mal sah.”, ihre Stimme zitterte, als sie sich in seine Arme warf und an ihn schmiegte. Ihre Augen trafen seine. Sie versank in ihnen, bevor sie ihre schloss und ihre Lippen gierig auf seine presste.
 

Mamoru umfasste ihre Taille. Zog sie an sich. Er spürte die Leidenschaft und das Verlangen in ihrem Kuss. Spürte ihren Körper, der sich an seinen drückte. Der Streit den sie hatten, ihrer erster seit sie ein Paar waren, war vergessen. Als hätte es ihn nie gegeben. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er bemerkte, wie sie ihr Handtuch löste und es zwischen ihnen zu Boden glitt. Ein Aufkeuchen seinerseits konnte er nicht mehr verhindern, als er ihre Hände am Bund seiner Boxershorts wahrnahm. Mit schnellen Griffen schob sie ihm diese über den Hintern und seine kaum mehr zu versteckende Erregung. Ohne den Kuss zu unterbrechen, stieg er aus dem Wäschestück und schob es mit dem Fuß von sich. Wieder zog er sie an sich, während seine Hände auf ihren Po wanderten.

Usagi stöhnte auf. Unterbrach den Kuss. Verklärt öffnete sie die Augen. Sah sein verschmitztes Grinsen. Hörte seine raue Stimme:

”Schlafzimmer?”

“Nein!”, wieder prallten ihre Lippen auf seine, “Hier und jetzt!”

Er grinste. Scheinbar war seine Usako alles andere als ein Unschuldslamm. Einige Kostproben hatte sie ihm schon letzte Woche und vergangene Nacht gegeben. Aber das sie gleich mal spontan eine Nummer in seinem Flur schieben wollte, überraschte ihn doch etwas. Im positivem Sinne. Seine Hand schob sich unter ihr rechtes Bein, und sie schlang es sofort fest um ihn. Ihre hitzige Mitte rieb sich an seiner Männlichkeit und veranlasste ihn dazu, sie komplett hochzuheben. Seine Lippen liebkosten ihren Hals, als sie den Kopf zur Seite neigt und er wankte mit ihr gegen die Wand. Ohne Widerstand glitt sein Schaft in sie hinein und umfing ihn mit einer unbändigen Wärme. Er keuchte genau wie sie auf. Ihre blonden Strähnen kitzelten ihn leicht, als sie ihren Kopf gegen seine Schulter lehnte. Er hatte seinen hingegen ein wenig nach hinten geworfen und stieß einfach nur in sie hinein.

Ein lautes Stöhnen entfuhr ihrem Mund, als er sie härter als die letzten Male nahm. Doch genau das brauchte sie jetzt. Bis vor wenigen Sekunde war ihre kleine romantische Welt, in der immer alles gut und wunderbar war, in Scherben auf dem Boden gelegen. Sie hatte ernsthaft in Erwägung gezogen, ihn zu verlassen. Aber er ließ es nicht zu. Ließ sie nicht gehen und forderte sie heraus. Kämpfte um sie. Auf alle erdenkliche Art und Weise. Sie biss leicht in die Haut seiner Schulter, als er ihre Pobacken fester anpackte und seine Stöße immer schneller wurden. Seine Männlichkeit streifte ihre Perle und erregte sie so mehr und mehr. Mit ihren Armen klammerte sie sich an ihn. Ihre Sehnsucht nach ihm stillte er mit jedem Stoß. Sie liebte diesen Mann. Sie wollte nie einen anderen lieben.

Sein Atem wurde flacher. Seine Kräfte schwanden langsam. Es würde nicht mehr lange dauern, dass wusste Mamoru nur allzu gut. Es wurde immer enger um seinen kleinen Freund. Seine Lenden pochten immer mehr und verlangten auf Erlösung. Alles pulsierte in ihm. Laut keuchte er ihren Namen. Gefolgt von Liebesschwürden und Komplimenten. Sie wusste, was sie wollte und er war glücklich, dass er es war, den sie begehrte. Dem sie sich hingab. Er umfasste ihren Po noch fester. Presste ihren Unterleib gegen seinen eigenen. Sein Eindringen in ihre Mitte wurden kürzer, aber heftiger und ging tiefer. Er spürte, wie sie unter ihm erzitterte.Wie sich ihre Fingernägel in seinen Rücken krallten. Die kleine Raubkatze in ihr kam wieder zum Vorschein.

Usagi konnte sich nicht entsinnen, ob er jemals so tief in ihr war. Sie glaubte nicht, dass er sie jemals so ausgefüllt hatte. Ihr Rausch wurde immer mehr und sie kniff die Augen fest zusammen. Ihr ganzer Körper wurde von einem schrecklich schönen Prickeln erfasst. So gut es ging, drückte sie sich an ihn. Sie war dem Ende nah. Sehr nah und binnen Sekunden entlud sich all ihr Verlangen und ihre Leidenschaft und Liebe zu Mamoru in einem befreienden Schrei.

Um seine Männlichkeit zog sich alles zusammen. So sehr, dass er nicht mehr an sich halten konnte und sich in mehreren kurzen Schüben entlud. Er verharrte noch zwei, vielleicht drei Minuten mit ihr in dieser Position, bevor er sie langsam auf ihre eigenen Füße stellte. Sein Atem war immer noch schnell. Und ihrer ebenso. Lächelnd schaute er auf sie hinab. Sein Blick wurde erwidert und er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.

“Tut mir leid!”, Usagi sah ihn schuldbewusst an.

“Schon okay. Ich war zugegebenermaßen auch ein wenig überfordert mit deinem Verhalten. Ich hab dich noch nie so stumm erlebt.”

Das blonde Mädchen schaute verlegen auf ihre Zehen, bevor ihr Blick umher wanderte und sie zu kichern begann.

“Was ist so lustig?”

“Im Flur.”

“Oh. Ja.”, verlegen kratzte er sich am Kopf, “Ich hab dir ja das Schlafzimmer vorgeschlagen, aber du wolltest ja gleich hier.”

”Ich weiß. Aber komm, das war mal was anderes.”

”Allerdings.”

“Ich glaub, ich brauch noch mal eine Dusche.”, sie bückte sich und hob ihr Handtuch und seine Boxershorts auf, “Kommst du mit?”

Mamoru entging ihr Blick keineswegs. Und nicht zum ersten Mal seit er mit ihr zusammen war, fragte er sich, wie sie nur so verführerisch sein konnte. Seine Augen folgten ihr, als sie an ihm vorbei ging und seine Hand ergriff. Wortlos, aber nur allzu gerne ließ er sich von ihr mitziehen. Und kaum hatte Usagi einen Fuß ins Badezimmer gesetzt, drehte sie sich neuerlich zu ihm um. Zog ihn nun ihrerseits an sich und verwickelte ihn wieder in einen leidenschaftlichen und fordernden Kuss. Es würde sicherlich nicht der letzte an diesem noch jungen Abend sein.
 

Ihre Hand auf den Mund gepresst, glitt Rei neben der Türe die Wand hinab auf den Boden. Sie zitterte am ganzen Leib und kämpfte gegen die Tränen.

Nach dem sie bei Usagis Eltern gewesen war und die ihre einen Vortrag gehalten hatten, war sie noch einmal in den Bus hierher gestiegen. Sie verstand nicht, warum alle die Blondine verteidigten und noch weniger konnte sie glauben, dass Mamoru das Mädchen wirklich lieben sollte. Sie hatten sich immer nur gestritten. Rei wollte ihnen allen nicht glauben. Wenn sie jemandem glauben wollte, dann war es Mamoru. Deswegen kam sie hierher. Sie wollte es von ihm hören. Wollte hören, ob das wirklich stimmte. Und wenn ja, wollte sie ihn überzeugen, dass es falsch war. Das Usagi nicht zu ihm passte. Sondern sie. Ihr war egal, ob Usagi mit dabei gewesen wäre. Sie sollte sich ruhig alles anhören und ihr am besten zustimmen, dass sie Recht hatte. Die Blondine musste längst eingesehen haben, dass sie und der Oberstufenschüler nicht zusammen passten. Sie waren beide das genaue Gegenteil voneinander. Nur deswegen war sie hergekommen. Nur aus diesem Grund.

Wieder hatte sie ein Nachbar herein gelassen. Als sie jedoch ihren Finger auf die Klingel neben seiner Wohnungstüre drücken wollte, hatte sie Stimmen gehört. Laute Stimmen. Es waren ganz eindeutig die von Usagi und Mamoru gewesen. Schnell ließ sie ihren Finger und die ganze Hand wieder sinken. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass kein anderer auf dem Hausflur war, hatte sie sich an die Türe gelehnt und gelauscht. Sie verstand schnell, dass sich die beiden stritten und ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Doch es war nur ein flüchtiges. Es verschwand schnell wieder, als sie hörte, wie sehr Usagi litt. Scheinbar schämte sie sich und wollte sich wieder von ihm trennen. Fieberhaft überlegte Rei, ob sie doch schon gewonnen hatte. Anscheinend hielt die Blondine ihrem Druck nicht mehr stand und bereute zutiefst ihr Tun. Aber sie irrte sich. Denn binnen Sekundenbruchteilen hörte sie nun die immer lauter werdende Stimme von Mamoru. Hörte, wie er zu ihr stand und wie zu dem Mädchen in seiner Wohnung. Reis Herz zog sich wie schon Vormittag schmerzhaft zusammen. Sie erkannte am Ton seiner Stimme, dass er die Wahrheit sprach. Das er es ernst meinte mit seinen Worten. Und das er Usagi mehr liebte als alles andere auf dieser Welt.

Geschockt über das Gehörte, wich die Schwarzhaarige einen Schritt zurück. Warum sagte er sowas? Tief atmete sie ein und wieder aus. Versuchte sich zu sammeln. Langsam hob sie wieder die Hand, um zu klingeln. Sie wollte ihm ins Gesicht sehen. Wollte es in seinen Augen sehen. Neuerlich wurde sie jedoch wieder davon abgehalten. Ohne Mühe konnte sie seine Frage hören, die er ihr stellte. Er wiederholte sie solange, bis Usagi ihm antwortete.

“Seit sie ihn das erste Mal sah.”, flüsterte Rei. Sie versank in ihren Gedanken, als sie ein leichtes Poltern hörte. Was passierte da nur hinter der Tür. Wieder sah sie rechts und links den Flur entlang. Keiner war da und sie legte noch einmal ihr Ohr an die Tür. Doch nur für Sekunden, bevor sie wieder zurück taumelte. Die Geräusche waren eindeutig. Eindeutig und sie wurden immer lauter. Das Paar hinter der Tür liebte sich. Wild und hemmungslos mitten im Flur. Rei erkannte Usagis Stimme, als diese laut aufstöhnte und Mamoru, der kehlig klang. Die beiden hatten Sex. Normalerweise hätte es das schwarzhaarige Mädchen nicht verwundern. Jedes Paar hatte nach einer Weile Sex. Aber bei Usagi und Mamoru schockte es sie. Liebten sie sich wirklich so sehr, dass sie sich so dermaßen begehrten? Sich wild liebten mit Haut und Haaren. Sie schwankte zur Wand und sank auf den Boden. Tränen schossen ihr in die Augen und sie hatte Mühe sie aufzuhalten. Nur allzu gerne wollte sie weglaufen. Aber sie konnte nicht. Auf der anderen Seite der Türe war kaum mehr was zu hören. Nur undeutlich konnte sie die Stimmen der beiden Verliebten hören. Dann eine Tür die ins Schloss fiel und sie selbst in ihrem Schluchzen zurück hielt.
 

Sie wusste nicht, wie lange sie am Boden saß und heulte. Erst als sie wieder Stimmen hinter Mamorus Türe hörte, rappelte sie sich auf und lief langsam den Gang hinab zum Aufzug. Sie wischte sich die Tränen weg. Keiner sollte sehen, dass sie geweint hatte. Weder ihre Freunde noch irgendwelche Menschen auf der Straße. Das verbot ihr der eigene Stolz. Mit hochgehobenen Haupt bestieg sie den Fahrstuhl, fuhr damit ins Erdgeschoss und trat ebenso aus dem Wohnkomplex. Als sie einige Schritte gegangen war, drehte sie sich noch einmal um. Ihre Augen wanderten hoch bis in den sechsten Stock, in dem sich Mamorus Wohnung befand. Sie sah, dass das Licht im Wohnzimmer und der Küche brannte. Sah Silhouetten hinter dem Küchenfenster. Usagi trug ihre Haare offen. Keine der Haarknoten war erkennbar. Rei sah, wie das Mädchen in eine Umarmung gezogen wurde. Wie sich ihre Gesichter einander näherten und sie sich küssten. Die Schwarzhaarige wandte sich ab. Sie ertrug es nicht.

Sie machte sich auf den Heimweg. Zu Fuß. Den Bus wollte sie nicht nehmen und es hatte sowieso mit regnen aufgehört. Sie brauchte Ruhe. Zeit zum Nachdenken. Zeit für sich. Um einen klaren Kopf zu bekommen. So viel prasselte auf sie ein. Jeder Satz ihrer Freundinnen. Die ganzen Diskussionen mit Minako, Ami und Makoto. Die Dummheiten die sie Usagi an den Kopf geworfen hatte. Wie sie Mamoru verhöhnt und ihn nicht ernst genommen hatte. Sie hatte keinen von ihnen ernst genommen. Sie alle mehr oder weniger als Spinner und Lügner abgetan. Rei wurde mehr und mehr bewusst, dass sie die Wahrheit verdrängt hatte. Komplett aus ihrem Bewusstsein geschoben hatte.

Schneller als ihr lieb war, kam sie am Tempel und somit ihrem Zuhause an. Auf die Zurufe ihres Großvaters reagierte sie nicht, sondern verzog sich in ihr Zimmer. Missmutig ließ sie sich aufs Bett fallen. Sie bemerkte ihr Handy, dass ihr aus der Jackentasche gefallen war und nun neben ihr lag. Zaghaft griff sie danach und setzte sich auf. Streifte die Jacke ab und schmiss sie einmal komplett durchs Zimmer. Das Mädchen überlegte, ob sie sich bei Usagi entschuldigen sollte. Oder bei den anderen. Doch sie konnte nicht. Sie schämte sich unsagbar. Ohne das sie es verhindern konnte, liefen ihr die Tränen über die Wangen. Es tat so unsagbar weh. Sie liebte Mamoru. Genau wie es Usagi tat. Und diesem Mädchen galt sein Herz. Nicht ihr. Sie hatte verloren. In nur einer Woche hatte sie alles verloren. Laut schluchzte sie auf, als sie ihr Handy heraus riss. Mit verschleiertem Blick sah sie drauf und las Usagis Namen. Wut kochte in der Schwarzhaarigen auf. Rei nahm ihr Handy und katapultierte es gegen die gegenüberliegende Wand:

”Ich hasse dich, Usagi Tsukino!”

Shame

Es war noch kälter geworden. Fast schon zu kalt für Mitte Oktober. Eine Kaltfront hatte Japan, und ganz besonders die Präfekturen rund um die Millionenmetropole Tokio, im Griff. Die Menschen begannen morgens bereits mit dem Freikratzen ihrer Autoscheiben, bevor sie damit losfuhren. Sämtliche Schüler der Stadt trugen mittlerweile ihre Winteruniformen. Heute schien die Sonne vom strahlend blauen Himmel, aber sie wärmte nicht mehr. Alles was sie zustande brachte war, dass sich die Menschen ein wenig besser fühlten und das Wetter zumindest ein bisschen genossen. Aber das war auch schon alles.

Usagi lief gedankenverloren die Straße entlang. Sie war hatte Schulschluss und musste nicht nachsitzen. Ihre Freundinnen Ami und Makoto waren noch in ihren Schulklubs. Sie selbst hatte sowas nicht gewählt. Allein aus dem Grund heraus, dass sie die meiste Zeit eh nicht dabei sein würde, weil sie nachsaß. Außerdem brachte es ihr ohnehin nicht wirklich etwas. Vielleicht würde sie einem Klub beitreten, wenn sie in die Oberstufe kam. Da war, laut Amis Aussage, sowas wohl weitaus wichtiger, weil es auch auf sämtlichen Zeugnissen erwähnt wurde und sich positiv auf die weitere Karriere auswirken konnte. Egal ob man studieren oder eine betriebliche Ausbildung machen wollte. Doch bis dahin waren noch anderthalb Jahre Zeit. Jetzt wollte sie einfach nur noch zu Mamoru und ihren Milchshake im Crown genießen. Sie beschleunigte ihre Schritte ein wenig. Nur noch um zwei Ecken biegen und sie war da.

Kaum hatte sich die elektrische Schiebetür ihres Stammcafés geöffnet, kam auch schon Mamoru auf sie zu. Zog sie in eine liebevolle Umarmung und küsste sie sanft. Sofort ließ sie sich darauf ein. Schmiegte sich an ihn. Erwiderte seinen Kuss voller Liebe. Erst nach einigen Augenblicken löste sie sich von ihm und versank, wie schon so oft, in seinen Augen:

”Ich liebe dich!”

“Ich dich auch, Usako!”, er stubste leicht mit dem Zeigefinger auf ihre Nasenspitze, “Wie war dein Tag?”

”Ganz gut. Gibt’s was neues?”

Der Oberstufenschüler schüttelte den Kopf und half ihr aus der Jacke. Er wusste, was sie mit dieser Frage meinte. Es war mittlerweile Donnerstag und seid letztem Samstag hatte keiner der Freunde mehr was von Rei gehört. Die Blondine neben ihm hatte am Sonntag vergeblich versucht, die Schwarzhaarige zu erreichen. Aber erst war sie nicht ran gegangen und schlussendlich wurde das Handy ganz abgedreht. Auch die anderen Mädchen hatten sie nicht erreicht. Am Telefon im Tempel ließ sie sich durch ihren Großvater entschuldigen und auch bei Amis Besuch gestern war sie nirgends zu finden. Ihr Großvater selbst wusste gar nicht, was los war. So kannte er seine Enkelin nicht und sie stellte ihn vor ein großes Rätsel. Ami hatte ihm erklärt, dass es einen Streit gab und Rei deswegen sehr traurig sei. Sich alle aber bei ihr entschuldigen wollten. Doch auch das brachte nichts. Scheinbar konnte sie nicht mal der ältere Herr Rei dazu ermutigen, sich dem Ganzen zu stellen. Sie stellte auf Durchzug und ließ keinen an sich ran.

Das blonde Mädchen seufzte, als es sich auf den Hocker vorm Tresen setzte. Sofort wurde ihr ein Schokoshake vor die Nase gesetzt, von dem sie einen mehr als nur großen Schluck trank. Es frustrierte sie mehr und mehr, dass Rei so bockig war und mit niemandem reden wollte. Sie verstand ja, dass die Schwarzhaarige gerade nicht so gut auf sie selbst zu sprechen war. Aber das sie auch mit den anderen Mädchen oder Motoki nicht reden wollte, fand sie so langsam aber sich einfach nur noch albern. Selbst Mamoru hatte versucht sie zu erreichen. Doch selbst bei ihm ließ sich Rei verleugnen. Langsam wurde es Usagi echt zu dumm. Oft genug hatte sie sich in den letzten vier Tagen vorgestellt, wie das dunkelhaarige Mädchen vor dem heiligen Feuer im Tempel saß und Flüche gegen sie sprach. Ein Schauer fuhr der Blondine über den Rücken, wenn sie daran dachte. Momentan traute sie Rei wirklich fast alles zu. Ganz egal ob Mamoru und Motoki gleichermaßen sagten, dass das Quatsch und Rei einfach nur traurig und verletzt sei. Usagi konnte nicht begreifen, wie ein Mensch nur so nachtragend und trotzig sein konnte. Nie und nimmer hätte sie Rei für so eine schlechte Verliererin gehalten. Geschweigedenn von ihr geglaubt, dass sie solange auf der Leitung stehen konnte, wo sie und Mamoru ihr doch schon genug Stoff dafür lieferten, was da zwischen ihnen lief.

“Ich will mit ihr reden!”

Überrascht über den trotzigen Unterton in ihrer Stimme, schauten Motoki und Mamoru sie an. Das Mädchen spürte die Blicke der Beiden auf sich ruhen, starrte jedoch weiterin auf den Inhalt ihres Glases und drehte den Strohhalm darin hin und her.

“Ich will ihr doch nur sagen, dass es mir leid tut, was passiert ist. Aber das ich es nicht mehr ändern kann und auch nicht will. Das es nun mal passiert ist und ich eben auf mein Herz gehört habe. Ist das denn zu viel verlangt?!”

“Nein, es ist nicht zu viel verlangt.”, Motoki schüttelte seufzend den Kopf und schmiss das Poliertuch weg, “Um ehrlich zu sein, versteh ich auch nicht ganz, warum sie sich so zurückzieht? Ich meine, sie will doch sonst immer von allen ihre Meinung wissen. Und ich dachte eigentlich auch, dass sie so sauer auf dich ist, dass sie dich vor versammelter Mannschaft zur Rede stellt. Schließlich macht sie dich doch alleine dafür verantwortlich, dass Mamoru nichts von ihr will.”

“Macht euch keinen Kopf um sie. Sie wird sich schon rühren, wenn sie es nicht mehr aushält.”

Sowohl der Blick der Blondine als auch der ihres besten Freundes schnellten zu dem Schwarzhaarigen, der einen Schluck seines Kaffees nahm und sich dann den beiden wieder zuwandte.

”Rei war schon immer eine Eigenbrödlerin. Das ist auch die einzige Eigenschaft, die wir gemeinsam haben.”

“Stimmt!”, kicherte Usagi.

“Wehe du erzählst ihr das!”

“Keine Sorge, Mamo-chan, ich behalte es für mich.”

“Brave Usako!”, er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, “Sie wird sich erstmal eingraben und sich in Selbstmitleid suhlen. Ihren Liebeskummer beweinen und dich verfluchen. Dann wird sie mich zum Teufel wünschen und dann aus ihrem Loch gekrochen kommen.”

”Und wann wird das sein?”

“Keine Ahnung. Geben wir ihr einfach Zeit und leben unser Leben derweil weiter. Was anderes können wir eh nicht tun. Wenn sie sich schon nicht traut mit Ami zu sprechen, die extra den Umweg von der Schule über den Tempel gemacht hat, dann weiß ich auch nicht weiter. Und um ehrlich zu sein, hab ich auch keine Lust, mir darüber Gedanken zu machen. Es interessiert mich nicht, was in ihrem Kopf vorgeht. Wenn ich anfange, darüber nachzudenken, muss ich unweigerlich daran denken, wie sie Usako behandelt hat.”

”Und das macht dich wütend.”, Motoki sah seinen besten Freund mit wissendem Blick an und der nickte nur.

“Also ignorieren wir sie eine Weile?”, Usagi sah fragend zwischen den jungen Männern hin und her.

“Ja, das werden wir tun. Wir haben schließlich nichts verbrochen, außer uns ineinander zu verlieben. Du warst bereit, dich zu entschuldigen für unser Versteckspiel. Ich war bereit dazu. Aber wenn sie daran kein Interesse hat, dann tut es mir leid. So!”

Das Mädchen nickte. Wahrscheinlich hatte Mamoru Recht. So wie in den meisten Angelegenheiten. Er war nicht so emotional wie sie selbst. Zumindest nicht außerhalb des Bettes, wo sie mittlerweile fast all seine Gefühlsregungen kannte und ihn umso mehr dafür liebte. Er betrachtete die ganze Sache genauso pragmatisch, wie es Makoto und Minako taten. Und seid gestern auch Ami. Sie alle waren der Meinung, sie sollten sich zurückhalten und Rei die Zeit geben, die sie brauchte. Egal wie lange das dauern würde. Also würde sie das von heute an auch tun. Und sich dann überraschen lassen, wenn Rei sich dazu entschlossen hatte, doch mit ihr zu sprechen. Egal auf welche Art und Weise.
 

Unentschlossen stand das schwarzhaarige Mädchen an der Ampel. Sie war sich nicht sicher, ob sie den Bus nach Hause oder den zum Crown nehmen sollte. Wusste nicht, ob sie bereit war, die beiden zu sehen. Das glückliche Pärchen. Eine glückliche Usagi die nun an der Stelle war, wo sie sich eigentlich gesehen hatte. Wie sie in Mamorus Augen sah und wie sie sich küssten. Wie sie diese verdammte Liebe ausstrahlten, die sie selbst nicht mehr ertrug. Unweigerlich stiegen ihr Tränen in die Augen, die sie hastig wegwischte. Wenn sie weinte, dann tat sie das für sich in ihrem Zimmer. Nicht einmal ihr Großvater sollte sie weinen sehen. Sie war stark. Zumindest nach außen hin. Wie es in ihrem Inneren aussah, war eine vollkommen andere Geschichte. Doch die ging niemanden etwas an.

Jede Nacht träumte sie von ihm. Von diesem perfekt aussehenden Oberstufenschüler mit den guten Manieren und dieser charmanten Art und Weise, mit der er jedes weibliche Wesen um den Finger wickeln konnte. Sein Lächeln das die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fallen ließ. Seine leicht raue Stimme die der Damenwelt einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte. All das hatte sie dazu gebracht, sich in Mamoru zu verlieben. Von jetzt auf gleich in wenigen Sekunden. Und in genauso wenigen Sekunden kam ihr mit einem Schlag die Erkenntnis: All das hatte auch Usagi dazu gebracht, sich in ihn zu verlieben. Nur viel früher. Rei musste sich am Laternenpfahl festhalten, als ihr dieser Gedanke kam und alles andere in ihrem Kopf durcheinander brachte. Das blonde Mädchen hatte sich genau wie sie auf den ersten Blick in ihn verliebt. Das hatte sie selbst am Samstag durch die Türe gehört. Und Usagi kannte Mamoru wesentlich länger als sie. Schon ein halbes Jahr als sie Rei kennen lernte und ins Crown einlud. Die Worte der anderen Freunde kamen ihr wieder in den Sinn. Das Usagi Mamoru sagen wollte, was sie für ihn empfand. Das sie den Mut an seinem Geburtstag letztes Jahr aufbrachte. Und das Mamoru das gleiche tun wollte. Das er von Anfang an in die Blondine verliebt war. Rei seufzte.

Genau wie Mamoru schaffte es auch Usagi mit ihrer unverwechselbaren Art und Weise alle für sich zu gewinnen. Rei hatte schon oft bemerkt, dass ihre Freundin mittlerweile eine eindeutige Wirkung auf die Männerwelt in ihrer Umgebung hatte. Jeder junge Mann zwischen vierzehn und fünfundzwanzig sah ihr nach, wenn sie die Straße entlang ging. Und das nicht erst seit gestern. Sowas war der Schwarzhaarigen schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen aufgefallen. Das blonde Mädchen zog sie alle an wie ein Magnet. Sie wusste nicht, woran es lag. Vielleicht an ihrer offenen und fröhlichen Art. Oder an ihrer Naivität. Dunkel erinnerte sie sich daran, wie sie einmal bei einem ihrer Date mit Mamoru darüber gesprochen hatte. Und selbst er hatte gemeint, dass Usagi in jedem Mann einen Beschützerinstinkt auslöste. Auf ihre Frage hin, ob das bei ihm auch der Fall sei, hatter er mit Ja geantwortet. Damals dachte sie sich jedoch nichts dabei. Aber mittlerweile war sie sich sicher, dass jeder andere, der nicht in die Blondine verliebt gewesen wäre, mit einem Nein geantwortet hätte. Allein schon um sie nicht zu verärgern. Doch Mamoru war ehrlich gewesen. Kein Wunder. Schließlich war er da schon in Usagi verliebt gewesen. Rei wurde bewusst, dass sie wirklich nur ein Lückenfüller gewesen war. Nicht mehr als eine gute Freundin mit der er ab und an ausging, um nicht zu viel wegen der Blondine grübeln zu müssen.

“Gott, war ich blöd gewesen.”, murmelte sie zu sich selbst und schüttelte dabei den Kopf. Alle hatten versucht, sie zu warnen oder aufzuklären. Usagi und Mamoru selbst waren in die Offensive gegangen und hatten versucht zu zeigen, was da zwischen ihnen war. Wollten sie auf den richtigen Nenner bringen. Nur damit es nicht so weh tat wie jetzt.

“Rei?”

Die Genannte fuhr herum und blickte in das Gesicht von Minako, die sie anlächelte. Zaghaft lächelte sie zurück.

“Wie geht es dir?”, Minako versuchte so ahnungslos zu klingen, wie es nur eben möglich war. Und das obwohl sie ohnehin wusste, wie es in Rei wahrscheinlich gerade aussah. Innerlich verfluchte sie sich schon für diese selten dämliche Frage.

“Geht so.”

“Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.”

”Wirklich?”, eigentlich wollte sie nicht so sarkastisch klingen, aber verhindern konnte sie es auch nicht. Trotzig schob Rei das Kinn vor und ging über die grün gewordene Ampel. Minako folgte ihr:

”Ja. Du bist nicht an deine Handy gegangen und hast dich gestern auch bei Amis Besuch entschuldigen lassen.”

“Mir ging es eben nicht gut.”

”Verstehe.”, kurz haderte die Blondine mit sich, bevor sie es doch geradeheraus aussprach, “Es ist wegen Usagi und Mamoru, stimmt’s?!”

Die Schwarzhaarige nickte nur und lief weiter.

“Sie wollten dir nicht wehtun. Und wir dir auch nicht. Wir wussten alle nicht, wie wir es dir beibringen sollten und waren schon froh, dass wir Kiriko davon abbringen konnten, es dir direkt ins Gesicht zu sagen.”

“Wäre aber vielleicht die bessere Variante gewesen. Kurz und schmerzlos.”

”Vielleicht. Aber hättest du es auch geglaubt?”, Minako war stehen geblieben und sah, dass Rei ebenso stoppte. Sah, wie ihre Schultern leicht bebten und sie zitterte. Langsam ging das blonde Mädchen zu ihr, legte ihr eine Hand auf die Schulter.

“Du hast dich vollkommen verrannt, oder?”

Rei nickte nur. Schluchzte dabei.

“Wir wollten es dir schonend beibringen. Vorallem Usagi. Sie wollte es dir zeigen, wie verliebt sie in ihn ist. Deswegen haben sie so heftig miteinander geturtelt. Mamoru hatte wirklich gehofft, dass du seine Abfuhr akzeptierst.”, das blonde Mädchen hatte ihre weinende Freundin zu einer Bank am Eingang des Jubaan-Parks gelotst und ihr ein Taschentuch gereicht.

“Warum kümmerst du dich um mich? Ich war ekelhaft zu dir.”

“Weil das Freunde eben so machen. Ganz egal was vorgefallen ist. Na los, lass dich aus. Ich verspreche dir auch, dass ich dir nicht den Kopf abreißen werde.”

Leise lachte die Schwarzhaarige auf und wischte sich die Tränen weg. Schniefte ins Taschentuch, bevor sie ihren Blick einmal quer durch den Park gleiten ließ. Atmete tief ein und aus und versuchte dir richtigen Worte zu finden.

“Es tut ganz schön weh, oder?”, Minako sah sie aufmunternd an. Sie ahnte, dass das Mädchen neben ihr jemanden zum Reden brauchte.

“Ja. Als wenn man mir ein Messer ins Herz gerammt hätte. Dabei war es so offensichtlich. Von Anfang an war es offensichtlich. Ich meine, warum haben die beiden nur so lange gebraucht?”

”Weil sie eben Usagi und Mamoru sind. Die eine tollpatschig und der andere schüchtern.”

“Hm. Ich weiß nicht, wie ich den beiden gegenüber treten soll. Ich schaff das nicht. Ich meine, ich hab euch alle verärgert und Usagis Gutmütigkeit schamlos ausgenutzt, als ich sie darum bat, sich um Mamoru zu kümmern. Ich komm mir so blöd vor. Tut mir leid, Mina! Ich heul hier rum und halte dich auf. Du hast sicher was besseres zu tun.”

“Ich war nur auf dem Weg ins Crown, um mich dort mit den anderen zu treffen. Magst du vielleicht mitkommen?”

“Nein! Ich will nicht, dass Mamoru sauer wird. Das war er nur allzu oft in letzter Zeit wegen mir.”

“Ich weiß aber, dass Usagi dich gerne wiedersehen würde.”

Überrascht schaute Rei zu der Blondine vor sich auf. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Usagi wollte sie sehen?

Minako entging der fragende Blick ihrer Freundin nicht und sie lächelte sie an, nickte dabei:

”Auch wenn sie in den letzten Tagen immer so tat, als würde es ihr egal sein. Aber das ist es nicht. Sie will nur nicht, dass sich Mamoru Sorgen um sie macht. Also was ist, kommst du mit?”

“Muss das wirklich sein? Motoki wird mich sicherlich rausschmeißen.”, nur widerwillig ließ sich die Schwarzhaarige nach oben ziehen.

“Ja muss es. Außerdem weißt du es doch selbst: Der Klügere gibt den Schlauen.”

”Das heißt, der Klügere gibt nach.”

”Ja oder so. Na also, du grinst schon wieder.”

“Hm, okay. Ich komm mit.”

“Super.”, Minako zog Rei ohne weitere Widerworte mit sich aus dem Park hinaus und weiter in Richtung ihres Stammcafés.

Rei schwieg. Sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum und hatte nicht den leisesten Plan, was sie dann sagen sollte. Sie fürchtete sich vor Mamorus Reaktion, wenn er sie sah. Und nicht weniger Angst hatte sie vor der Reaktion ihrer Freundin. Wahrscheinlich würde die Blondine aber weniger sagen als der Oberstufenschüler. Und Recht hätte er damit. Usagi selbst hatte ein großes Herz und wäre sicherlich schneller freundlich zu ihr als Mamoru. Sie wusste nur allzu gut, dass ihre blonde Freundin nie jemandem lange böse sein konnte. Außer bei ihr. Die Schwarzhaarige konnte mittlerweile nur allzu gut nachvollziehen, warum Usagi bei ihren Treffen im Crown immer bissiger reagiert hatte. Erst hatte sie sich gewundert, weshalb sie so nachtragend geworden war. Doch jetzt war es ihr mehr als nur klar. Das Mädchen wusste nicht, was es machen sollte, wenn alles gut ging und Usagi ihr schneller verzieh als gedacht. Geschweigedenn was sie mit ihr reden sollte. Laut seufzte sie auf und sah sich um. Viel schneller als gedacht, hatte sie das Crown erreicht.

“Jetzt schau nicht so. Sie werden dir schon nicht den Kopf abreißen.”

Missmutig nickte Rei, folgte ihrer Freundin betreten nach drinnen.
 

Die Schwarzhaarige ließ den Blick schweifen und bekam nur halbherzig mit, wie Minako ihr die Jacke abnahm und bereits zu einem Tisch ging. Sie folgte ihr mit den Augen und das Herz sackte ihr augenblicklich zwischen die Kniekehlen. Dort wo die zweite Blondine aus ihrer Clique gerade Platz nahm, saß auch der Rest der Gruppe. Inklusive Motoki und Mamoru. Letzterer hielt Usagi ihm Arm, hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Scheinbar hatten sie den uneingeladenen Gast noch gar nicht bemerkt. Zumindest bis jetzt. Minako drehte sich zu ihr und lächelte sie an, bedeutete ihr, rüber zu kommen. Rei musste schwer schlucken. Ihre Beine fühlten sich wie Blei an, als sie einen Fuß vor den anderen setzte und sie dem Tisch immer näher kam. Flüchtig streiften ihre Augen die Blicke von Makoto und Ami. Beide sahen sie freundlich und aufmunternd an. Verzweifelt versuchte das schwarzhaarige Mädchen zu lächeln, aber es gelang ihr mehr schlecht als recht. In nur wenigen Schritten stand sie vor ihren Freunden. Zaghaft nickte sie Motoki zu, der sogleich aufsprang und zum Tresen ging, um ihr einen Tee zu machen. Sie hauchte ihm ein Danke hinterher. Er grinste nur. Dann wandte sie sich an Mamoru und Usagi. Während er sie nur emotionslos anschaute und seinen Griff um das Mädchen neben ihm verstärkte, schaute Usagi sie ein wenig ängstlich an.

“Hey!”, mehr bekam sie nicht raus. Beschämt sah sie zu Boden und trat von einem Fuß auf den anderen, während sich ihre Finger krampfhaft in das Leder ihrer Schultasche krallten.

“Lässt du mich bitte vorbei?”

“Hm?”, Mamoru sah Usagi fragend an und nickte dann, als er den Sinn ihrer Frage in ihren Augen sah. Er rutschte aus der Sitzbank und reichte ihr die Hand, um ihr hoch zu helfen. Er sah sie eindringlich an. Doch anstatt einer Antwort bekam er nur einen Kuss auf die Wange. Ihm war klar, dass sie ihn vor Rei nicht richtig küssen würde. Dazu hätten sie später aber sicher eh noch genug Zeit.

“Hey.”, Usagi sah Rei liebevoll lächelnd an, “Wollen wir erstmal unter vier Augen sprechen?”

“Bitte!”

“Okay. Motoki, können wir ins Hinterzimmer?”

Der Blonde nickte nur und gab Rei den Tee, den sie bestellt hatte, bevor diese mit Usagi im Hinterzimmer verschwand. Neugierig sahen ihnen alle hinterher. Warfen sich dann unschlüssige Blicke zu.

“Wenn sie in einer Viertelstunde nicht wieder da sind, schauen wir besser mal nach.”, murmelte Mamoru, während er sich hinsetzte.
 

Als die Tür ins Schloss und das Licht angeschaltet war, drehte sich Usagi um. Sah zu Rei, die auf dem Sofa saß und auf ihren Tee starrte, den sie abwesend umrührte. Langsam kam die Blonde auf sie zu, blieb vor dem kleinen niedrigen Sofatisch stehen. Sie ahnte, wie es in ihrer Freundin aussah. Vermutlich genauso, wie es in ihr letztes Jahr an Mamorus Geburtstag ausgesehen hatte, als sie ihm ihre Gefühlte gestehen wollte. Als sie damals gesehen hatte, wie er scheinbares Interesse an Rei bekundet hatte, war auch etwas in ihr zerbrochen. Sie konnte den Schmerz, der ihre Freundin gerade von Innen zerfraß, vollkommen nachvollziehen. Und dennoch hatte sie keine Ahnung, wie sie das ganze irgendwie besser machen konnte. Sie wusste nur allzu gut, dass es Zeit brauchte.

“Ich hab mir damals einen Panzer zugelegt.”

”Hm?”, verwirrt schaute Rei auf. Sah wie die Blondine zum Fenster hinüber ging und auf dem staubigen Fensterbrett kleine Kreise mit dem Zeigefinger malte.

“Als du damals ins Crown kamst und Mamoru dich so gemustert hat, hat sich alles in mir zusammengezogen. Ich hab ihn in dem Moment so gehasst. Erst recht als er dir zugesagt hat.”

“Hast du ihn deswegen beschimpft und beleidigt?”

“Ja! Ich wollte nicht, dass er mitbekommt, was ich eigentlich für ihn empfinde. Das ich mich in ihn verliebt hatte. Er schien sich mit dir viel besser zu verstehen. Und ich wollte mich nicht dadurch runterziehen lassen. Aber weil ich schon von Anfang an ein offenes Buch für ihn war, war es auch nur durch diese permanenten Streitereien möglich, ihn nicht in mir lesen zu lassen.”

”Tut mir leid.”

”Muss es nicht. Ich hätte es ihm ja trotzdem sagen und hoffen können, dass er sich für mich entscheidet.”

”Das hat er jetzt.”

”Schon, aber auch wohl eher nur durch Zufall. Nur weil du nach Kobe gefahren bist und uns alleine gelassen hast. Nichtsahnend. Ich wusste, dass ich meine Gefühle nicht verbergen kann, wenn wir alleine sind. Es war für mich einfacher, wenn ich mit euch zusammen war. Aber so alleine mit ihm. Und dann hab ich auch noch deinen Grund erfahren, warum die Wahl auf mich fiel. Ich konnte ihn ebenso wenig nachvollziehen wie Mamoru. Ich war wirklich stocksauer auf dich und am liebsten hätte ich dich nach Kobe persönlich in Empfang genommen und dir den Hals umgedreht.”, Usagi hatte sich zu Rei umgedreht und schaute sie mit Tränen in den Augen an, “Du hast mich so verletzt damit und ich dachte, dass mein Herz wegen Mamoru doch schon genug gebrochen sei. Aber dein Grund war wie ein Tritt in den Arsch. Die großen Splitter wurden noch weiter zerlatscht. Immer feiner und kleiner.”

Geschockt und sprachlos sah die Schwarzhaarige das blonde Mädchen vor sich an. Mit leiser Stimme fuhr die Blondine fort:

”Dummerweise war es ausgerechnet mein Baka, der meinen Schmerz erkannte und mich tröstete. Mir aufmunternde Worte zusprach. Und als ich ihn zum Arzt begleitete und eine alte Frau im Bus da noch fälschlicherweise annahm, wie wären ein Paar, keimten alle Gefühle für ihn sofort wieder auf. Ich bekam Herzklopfen und wir schrieben uns ab da jeden Tag. Jede Stunde und lernten zusammen. Die anderen wussten sofort, was in mir vorging. Sie alle versuchten es mir auszureden. Aber es war schon zu spät. Als ich mich an dem Freitag vor deiner Rückkehr von Mamoru verabschiedete, hab ich abends mein Kissen voll geheult. Ich glaubte ihn schon wieder verloren zu haben. Aber dann stand er am nächsten Tag bei uns vorm Haus und hat mich auf einen Kaffee eingeladen. Oder besser um ein Date gebeten. Wir haben lange geredet an dem Tag und uns auch das erste Mal geküsst.”

”Und dann war ich wieder da.”, seufzte Rei.

Usagi nickte nur und erzählte ihr, wie sie mit Mamoru und seinen Freunden von der Oberschule Pläne schmiedete. Wie Ami es herausbekommen hatte. An dieser Stelle musste Rei schallend auflachen. Sie konnte sich nur allzu gut das Gesicht der gemeinsamen Freundin dabei vorstellen. Die Blondine fuhr damit fort zu erzählen, wie Makoto sie zur Schnecke gemacht und Mamoru sie verteidigt hatte. Und so erst die Brünette eingesehen hatte, wie sehr die beiden ineinander verschossen waren. Wie dann dieser aberwitzige Plan mit der Flirterei von Motoki vorgeschlagen wurde und sie so versuchten, ihr aufzuzeigen, dass Mamoru sie, Usagi, liebte. Und wie dann alles zu Bruch ging und sie die beiden entdeckte.

“Wir hätten es dir eher sagen sollen.”

”Vielleicht. Aber eigentlich habt ihr das ja auch. Nur nicht ganz so direkt. Außerdem hätte ich es euch auch nicht geglaubt. Ich hab ja schon bei eurer Flirterei gedacht, dass ihr euch einfach so aus Spaß gegen mich verbündet habt, um euch wegen meiner Kobe-Pflege-Aktion zu rächen.”, nun hatte auch Rei Tränen in den Augen, “Wie geht es jetzt weiter?”

“Du meinst mit unserer Freundschaft?”

”Ja.”

”Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich Mamoru liebe. Und das so sehr, dass es schon wehtut. Ich hab ihn geliebt, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe. Er bringt mich zum Lachen und träumen. Ich kann mich mit ihm über Gott und die Welt unterhalten und wir haben die gleichen Interessen, was ich nie gedacht hätte.”

“Das heißt, du wirst dich nicht von ihm trennen, um unsere Freundschaft zu retten?”

“Nein.”

Die Schwarzhaarige hatte die Antwort gekannt, noch bevor sie Usagis Mund verlassen hatte. Die Mädchen hatten schon gemeint, dass die Blondine einmal im Leben ihre Selbstlosigkeit zurückschrauben und egoistisch handeln würde. Sie würde ihre Beziehung zu Mamoru nicht aufgeben. Ganz egal was Rei veranstalten würde. Nichts konnte die beiden mehr auseinander bringen.

“Tut mir leid, Rei. Es mag egoistisch für dich klingen, aber ich hab lang genug wegen meiner Liebe zu ihm gelitten. Ich weiß, dass ich hätte schneller sein können. Genau wie er. Aber so wie es nun einmal ist, können wir es nicht mehr ändern. Und wir wollen es auch nicht. Ich bin es leid, mein Glück unter das von anderen zu stellen. Ich werde es auch für dich nicht tun.”

Rei erhob sich und wischte sich mit einem trotzig nach vorne gereckten Kinn die Tränen von den Wangen. Sah zu Usagi und wandte sich dann der Tür zu:

”Wenn das so ist, fürchte ich, dass wir nicht länger befreundet sein können.”

”Rei.”, die Stimme der Blondine war leise und brüchig.

“Ich liebe Mamoru. Genauso wie du es tust. Ich habe mich monatelang um ihn bemüht und nichts ist passiert. Er hat dich gewählt. Durch mein Zutun. Das macht es doppelt so hart. Ich kann es nicht ertragen, euch zusammen zu sehen. Vielleicht später mal. Aber nicht jetzt.”

”Was heißt später?”

”Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich solange, bis mein Herz wieder heil ist. Mach’s gut, Usagi!”, mit diesen Worten öffnete sie die Tür und verschwand hinaus. Zurück ließ sie eine weinende und auf den Boden sinkende Usagi. Doch Rei konnte es nicht ändern. Es war die Wahrheit: Sie ertrug den Anblick nicht, wenn Mamoru und das blonde Mädchen sich so nah waren. Sich umarmten und küssten. Geschweigedenn ertrug sie nicht den Gedanken daran, dass die beiden ganz offensichtlich und unüberhörbar Sex hatten. Sie spürte die Blicke der anderen auf sich und ging hinüber zum Tisch. Nickte allen zu. Ihr Gesicht war wie versteinert, als sie sich Mamoru zu wandte:

”Du solltest zu ihr gehen. Sie braucht dich jetzt.”

Der Schwarzhaarige ließ es sich nicht zweimal sagen und stürzte geradezu in das Hinterzimmer. Rei sah ihm wehmütig hinterher.

“Alles okay?”, Ami sah besorgt zur Tür vom Hinterzimmer, hinter der Mamoru verschwunden war und dann zu Rei.

“Ja. Wir haben gesprochen.”

”Und?”

”Nichts und. Ich muss jetzt auch los. Macht’s gut!”, sie hob zum Abschied die Hand und ging dann schnurrstracks zum Ausgang. Sie blickte sich nicht noch einmal um. Der Anblick der ihr mittlerweile so ans Herz gewachsenen Clique tat ihr weh. Sie wollte stark bleiben. Und vielleicht würde sie später doch noch einmal eine Chance ergeben. Man wusste schließlich nie. Usagi und Mamoru waren jung. Genau wie sie. Keiner konnte sagen, ob sie für immer zusammen bleiben würden.
 

Es herrschte Schweigen am Tisch. Vor einer Viertelstunde war Mamoru mit Usagi im Arm aus dem Hinterzimmer gekommen. Alle Augen waren zu dem Pärchen gewandert. Der Schwarzhaarige sah, dass mittlerweile auch Kiriko und Kobajashi dazu gekommen waren. Sie alle blickten die beiden fragend an. Mamoru nahm Platz und hob seine Liebste auf den Schoß. In schnellen Worte hatte er den anderen erklärt, was die Blondine ihm erzählt hatte. Keiner sprach seitdem mehr ein Wort.

Ami war geschockt, dass es sich in diese Richtung entwickelt und Rei Usagi anscheinend die Freundschaft gekündigt hatte.

Makoto verstand es nicht und schüttelte nur immer wieder den Kopf darüber, dass die Schwarzhaarige der Blondine scheinbar immer noch indirekt die Schuld an allem gab.

Minako war einfach nur traurig. Sie hatte so sehr nach dem Gespräch im Park gehofft, dass sich die beiden Konkurrentinnen wieder zusammen raufen würden.

Motoki murmelte ständig kleine Flüche vor sich hin. Er verstand nicht, warum Rei so gehandelt hatte.

Kiriko sah nur schweigend in die Runde. Innerlich war sie sich sicher, dass es so der beste Weg war. Bis auf die Tatsache dass sie diesen Gedanken Kobajashi ins Ohr flüsterte, behielt sie es für sich. Der nickte auch nur. Er dachte genau das gleiche.

“Das war’s dann also.”, flüsterte Usagi. Mamoru entging der Unterton in ihrer Stimme nicht und sofort nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände:

”Denk nicht mal daran. Wir haben am Samstag darüber gesprochen und am Sonntag. Und am Montag und am Dienstag und bis heute. Immer und immer wieder.”

Neugierig sahen die anderen zu ihm.

“Du wirst dich nicht von mir trennen. Ich lass das nicht zu.”

“Was?!”, die anderen sprachen entsetzt im Chor.

“Hast du ihm das vorgeschlagen?”, Ami sah zu Usagi, die nur zaghaft nickte.

“Ich lass dich nicht gehen. Wir beide haben für alles und gegen jeden Widerstand gekämpft. Ich liebe dich. Außerdem hast du Rei selbst gesagt, dass du unsere Liebe über eure Freundschaft stellst. Und es ist vollkommen egal, dass dir Rei deswegen schon wieder Vorwürfe gemacht hat. Es zählt nicht. Nur du und ich. Nur wir zählen. Verstanden?!”

Das blonde Mädchen nickte nur. Sie wusste es ja selbst, dass er sie nicht mehr gehen lassen würde. Und freiwillig wäre sie auch nie gegangen. Während er sie liebevoll küsste und sie in die Arme nahm, nahm sie sich selbst vor, nie mehr einen Gedanken an eine Trennung von Mamoru zu verschwenden. Sie wollte bei ihm bleiben. Am liebsten für immer und ewig. Kein Mädchen würde sich mehr zwischen sie drängen. Auch wenn ihr Rei leid tat. Doch jetzt war es an der Zeit, dass sie selbst glücklich wurde. Jetzt sollte sie ihr Glück leben. Es in vollen Zügen genießen. Keiner konnte ihr sagen, wie lange es anhalten würde. Aber jeden Tag davon würde sie dankbar sein. Ja, es war schade, dass Rei es ihr immer noch nicht zu gönnen schien. Das sie trotz Liebeskummer nicht darüber hinweg sehen konnte. Usagi hatte es schließlich auch getan. Aber zumindest hatten sie jetzt geredet. Auch wenn es kein allzu glückliches Ende für ihre Freundschaft gab. Sicher würde sie noch eine Zeit lang daran zu knabbern haben. Doch Mamoru wäre für sie da. Sie war über ihren Schatten gesprungen und hatte Rei um ein Gespräch gebeten. Ohne Minako wäre sie auch nie hier aufgetaucht. Das wusste Usagi. Aber wie sich die Schwarzhaarige letzten Endes entschied, konnte keiner voraussehen. Das sie den Weg gewählt hatte, war ein Schock gewesen. Vor allem weil die Blondine immer an ein Happy End geglaubt hatte. Das Rei jetzt nicht mehr zu ihrem Freundeskreis zählen würde, würde sicherlich eine kleine Umstellung sein. Immerhin hatten sie sich über ein Jahr lang täglich hier getroffen. Sich kennen gelernt und viel miteinander unternommen. Doch ihr Vater hatte ihr gestern Abend noch gesagt, dass Freunde kamen und gingen. Wenn sie echte und wahre wären, kämen sie immer wieder. Egal was vorgefallen war. Usagi hoffte, dass es bei Rei irgendwann auch so sein würde. Irgendwann.

I'll be there for you

Geschirr klapperte, als es in den Geschirrspüler geräumt wurde. Eine Kaffeedose aus Metall schepperte leise, als sie ihren Weg zurück ins Regal fand. Durch das Fenster schien die Sonne in die Küche hinein, erwärmte die Fließen so dermaßen, dass man barfuß laufen konnte.

Usagi schmiegte sich von hinten an ihren Liebsten ran. Hauchte ihm einen Kuss in den Nacken, nachdem sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hatte. Ihre Arme umschlangen seinen Oberkörper und leise seufzte sie auf, als er sich zu ihr umdrehte und einen Kuss auf ihre Lippen hauchte.

Mamoru war in seine kleine Odango so verliebt wie am ersten Tag. Nie mehr wollte er ohne sie sein. Und musste es auch nicht mehr. Zusammen hatten sie jede Menge durchgestanden und hatten alles geschafft, was sie sich vorgenommen hatten:

Das Mädchen hatte es dank seiner Hilfe auf die Oberschule geschafft. Und sogar auf seine. Zusammen hatten sie diese ein Jahr lang besucht, bevor er seinen Abschluss machte und auf die Tôdai gewechselt hatte, um sein langersehntes Medizinstudium zu beginnen. Während er dafür lernte, tat sie es für einen guten Abschluss. Mamoru wusste, dass es nicht in Usagis Sinn war, zu studieren. Dafür war sie einfach zu faul zum Lernen. Was er mittlerweile auch respektierte. Schon bei ihrer Aufnahme auf die Motoazabu-Schule hatte sie ihm mitgeteilt, dass sie liebend gerne mit Kindern arbeiten würde. Ohne Murren hatte er ihre Entscheidung akzeptiert. Schließlich sollte sie das machen, was ihr Spaß machte. Genauso wie er. Ihren Abschluss schaffte sie dank ihm und ihrer Freundinnen spielend und mit einem guten Durchschnitt. So gut, dass ihre Eltern ihr erlaubten, mit Mamoru für ein halbes Jahr nach Amerika zu gehen, wo er ein Semester studieren wollte. Kenji hatte geweint wie ein kleines Mädchen, doch Ikuko redete ihm ins Gewissen. Schlussendlich zog das Argument, dass sich Usagis Englisch dadurch ja nur verbessern würde. Eine Tatsache die ohnehin von Vorteil war, da sie nach dem halben Jahr an einem internationalen Kindergarten ihre Ausbildung beginnen sollte.

Die sechs Monate in New Jersey vergingen für beide wie im Flug. Während er tagsüber an der Medical School of Havard in den Vorlesungen saß, jobbte sie nebenbei in einer Nursery School. Sie gehörte zur Universität und die Kinder waren entweder von Studenten oder auch von den Professoren. Schneller als gedacht verbesserte sich Usagis Englisch und sie hatte keinerlei Probleme mehr mit der Verständigung. Am Ende ihres Aufenthaltes wollte sie am liebsten gar nicht mehr zurück nach Tokio. Sie hatte die Kinder alle in ihr Herz geschlossen und nahm am letzten Tag mit Tränen in den Augen die kleinen Geschenke entgegen, die alle für sie gebastelt hatten. Ihre Chefin stellte ihr ein hervorragendes Zeugnis aus. Genau wie Mamoru eines für seine Studienleistungen bekam. Mit ihren kleinen und großen Erfolgen im Gepäck flogen sie zurück nach Tokio, wo der Schwarzhaarige sein Studium um einige Erfahrungen reicher an der Tôdai wieder aufnahm und die Blondine ihre Ausbildung zu Erzieherin bestens vorbereitet startete. Ihre Eltern waren froh, dass ihre Tochter zurück und erwachsen geworden war.

All das war jetzt fast sieben Jahre her. Mamoru hatte seine Assistenzarztstelle an der Tokioer Kinderklinik angetreten mit dem Fachbereich Chirugie. Mittlerweile war er im dritten Jahr. Nächstes Jahr hatte er die Abschlussprüfung. Etwas was jedem außer ihm keine Sorgen bereitet. Seine Freunde und Usagi wussten, dass er der beste in seinem Jahrgang war. Die Oberärzte und der Klinikchef selbst waren begeistert von ihm und teilten seine Sorgen ebenso wenig wie der Rest seines Umfeldes. Doch so wie Usagi konnte er immer noch nicht so ganz in den Tag hinein leben. Sie hatte ihren beruflichen Abschluss mit Bestnoten abgeschlossen und war nun mit ihren fast fünfunzwanzig Jahren die rechte Hand der Kindergartenleiterin. Er war sehr stolz auf sie. Genau wie alle anderen.

Es war eine Umstellung gewesen, als sie nach ihrem Aufenthalt in Amerika zusammen gezogen waren. Er musste sich an das Chaos erst gewöhnen, auch wenn sie schon öfters das Wochenende bei ihm verbracht und sie sich auch in New Jersey ein Appartment geteilt hatten. Doch da waren sie abends oft mit ihren neuen Freunden unterwegs, so dass Usagi gar keine Zeit hatte, dass Appartement zu verwüsten. Eine Tatsache die sie nun in Tokio spielend leicht geschafft hatte. Nach und nach hatten sie sich dann darauf geeinigt, dass das Mädchen zumindest ihre Kleidung abend gescheit verräumte. Eine Bedingung an die sich Usagi hielt. Für den Rest hatten sie Ikuko. Seine Schwiegermama in spe kam zweimal die Woche zum Aufräumen vorbei. Sie kannte ihre Tochter und hatte Mamoru dieses Angebot schon nach wenigen Wochen gemacht. Er hatte es nur allzu gerne angenommen.

“Was wollen wir heute machen?”, Usagi sah zu ihm auf.

“Ich dachte, deine Eltern hatten uns heute Nachmittag eingeladen?”

“Ja, aber erst um vier. Was wollen wir bis dahin machen?”

Mamoru sah erst zu ihr und dann in den Kühlschrank:

”Einkaufen wäre nicht schlecht. Wir haben nichts mehr da und morgen ist Sonntag.”

”Aber vorher ins Crown zum späten Frühstück?”

“Von mir aus.”

Usagi klatschte erfreut in die Hände und hüpfte ins Schlafzimmer zurück, um sich dort umzuziehen. Sie hatte trotz Jetlag gute Laune. Schließlich hatten sie und Mamoru noch eine Woche Urlaub. Die ersten beiden hatten sie in New Jersey verbracht, wo sie einige Freunde besuchten und einer Hochzeit beiwohnten. Seit gestern Nachmittag waren sie wieder da. Ohne großes Suchen schlüpfte sie in eine Jeans und schob sich ein Shirt über den Kopf. Es war zwar schon April, aber mehr als fünfzehn Grad zeigte das Thermometer am Balkon nicht an. Sie würde noch ihren kurzen Trenchcoat anziehen und ihre Stiefeletten, die sie sich erst vor ein paar Tagen bei einem Ausflug nach Boston gekauft hatte. Ihre Haare trug sie offen. So wie die meiste Zeit, wenn sie privat unterwegs war. Beruflich trug sie nach wie vor ihre Haarknoten. Die Kinder liebten sie so und alle anderen ebenfalls. Warum sollte sie sich also davon trennen? Kurz huschte sie ins Bad, um sich die Zähne zu putzen. Sie traf Mamoru, der sich gerade dort anzog. Zusammen waren sie schnell fertig und schnappten sich ihre Jacken und Usagi sich ihre Umhängetasche und verließen die Wohnung.
 

Die Schiebetür schloss sich hinter ihr und dem jungen, brünetten Mann neben ihr, der mehr als nur zwei Einkaufstaschen voll mit Lebensmitteln schleppte. Und froh war, dass der Wochenendeinkauf nun zum Ende kam. So gut es eben ging, schaute Yuichiro auf seine Armbanduhr. Sie zeigte kurz vor elf an. In einer guten Stunde wären sie wieder im Hikawa-Tempel. Eigentlich hasste er Shopping. Doch für die schwarzhaarige Miko neben ihm würde er fast alles tun.

“Jetzt steh doch nicht so rum. Komm endlich!”

Ganz egal wie kalt sie manchmal zu ihm war. Schon vom ersten Augenblick an hatte er sich in sie verliebt. Wie ein Hund folgte er ihr.

Rei ging stur gerade aus. Sie achtete nicht wirklich auf den jungen Mann hinter sich. Ja, sie mochte Yuichiro. Er bemühte sich um sie. Das wusste und bermerkte sie nur allzu gut. Selbst ihrem Großvater entging es nicht und er hatte schon mehrmals gefragt, wie es denn um eine Hochzeit zwischen den Beiden stehe. Doch die junge Frau wies es jedes Mal als Unsinn ab. Ihr stand nicht der Sinn danach. Schon gar nicht nach einer Beziehung. Und ganz egal was Yuichiro für ein großes Tamtam um sie veranstaltete. Manchmal wurde es ihr alles zu viel. Es erinnerte sie an sich selbst. Vor Jahren war sie auch so drauf. So wie der Tempelgehilfe sie immer und immer wieder um ein Date bat, so hatte sie einen jungen Mann damals in ihren Teenagerzeiten um ein Date gebeten. Ihr Schwarm war immer wieder mit ihr ausgegangen. Bis er sich selbst verliebte. Jedoch nicht in sie sondern in ihre beste Freundin. Es hatte lange gedauert, bis Rei realisiert hatte, dass Mamoru Usagi von Anfang an geliebt hatte und sie ihn. Und trotzdem hatte sie ihre Freundin vor die Wahl gestellt: Beziehung oder Freundschaft. Innerlich hatte sie bis zum Schluss gehofft, dass sich die Blondine damals für sie entschieden hätte. Doch sie wählte die Liebe. Und die Schwarzhaarige kündigte ihr die Freundschaft. Sie traf sich nicht mehr mit Usagi und den anderen Mädchen. Reagierte nicht auf deren Anrufe oder E-Mails und kam nicht mehr ins Crown. Sie schottete sich ab. Wusste nicht, was sich im Leben ihrer alten Clique verändert hatte. Über drei Ecke hatte sie vor einigen Jahren erfahren, dass Ami so wie Mamoru an der Tôdai Medizin studierte und Makoto einen privaten Cateringservice aufmachte und mit diesem sehr erfolgreich war. Von Minako hatte sie mal in einer Zeitung gelesen. Sie war ein gefragtes Model für TV-Werbung geworden, schaltete aber immer um, wenn sie ihre ehemalige Freundin dort sah. Und Motoki hatte das Crown von seinen Eltern übernommen. Doch von Usagi und Mamoru wusste sie so gut wie nichts. Wollte sie auch nicht. Sie war schon froh, ihnen nicht mehr über den Weg laufen zu müssen. Wahrscheinlich waren sie mittlerweile sowieso getrennt. Und vielleicht sollte sie doch mal schauen, dass sie Mamoru über den Weg lief. Eventuell wurden sie ja doch noch ein Paar.

“Rei, alles okay?”

Die Stimme ihres Begleiters riss sie aus den Gedanken. Sie nickte nur und wandte sich wieder ab. Wollte weitergehen und musste doch abrupt stoppen. Kurz fluchte sie, als Yuichiro in sie hinein rannte. Aber nur kurz. Ihre Augen wanderten zu dem Pärchen, dass sie vor sich sah. Nur wenige Meter entfernt standen Usagi und Mamoru. Händchen haltend standen sie an einer Ampel. Und erst jetzt realisierte Rei, wo sie ihre Beine überhaupt hingetragen hatten. Eine Ecke weiter war das Crown. Seit Jahren war sie nicht mehr hier gewesen. Und heute auch nur, weil ihr Großvater dieses Angebot bezüglich Sake haben wollte und das nur für diesen Supermarkt, wo sie eben waren, galt. Ihr Herz raste, als sie die beiden sah. Liebevoll hatte der Schwarzhaarige seinen Arm um die Blondine gelegt. Nie im Leben hatte Rei geglaubt, dass die beiden noch zusammen waren. Sie waren doch so verschieden. Langsam setzte sie sich wieder in Bewegung. Folgte den beiden Verliebten. Sie ignorierte die Rufe des jungen Mannes hinter sich. Ihr einziger Gedanke galt Mamoru und Usagi. Mit schnellen Schritten erreichte sie das Crown. Doch im Gegensatz zu dem Paar bliebt sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen. Beobachtete die beiden durch die Scheibe. Sie wirkten so vertraut wie damals. Küssten sich und scherzten scheinbar mit Motoki, der die beiden kurz umarmte. Sie erkannte, dass die blonde junge Frau einen Schokoshake bestellte und der schwarzhaarige Mann einen Kaffee. Manche Dinge änderten sich scheinbar nie. Rei schüttelte kurz den Kopf. Ihre Augen wanderten zu ihre alten Freundin. Sie hatte sich verändert. War noch ein Stück gewachsen und sah wesentlich reifer aus. Ihre Haare sahen immer noch aus wie flüssiges Gold. Mamorus Gesicht sah erwachsener aus. Seine Statur wirkte maskuliner als früher. Und er brachte ihr Herz immer noch zum Rasen.
 

Motoki setzte sich zu seinen besten Freunden an den Tisch, nachdem er ihnen ein American Breakfast gebracht hatte. Als Inhaber konnte er sich das jetzt besser leisten als früher. Seit er den Laden führte, hatte er sowieso einige Umstellungen beim Personal vorgenommen. Es waren keine Aushilfen mehr beschäftigt. Alle Mitarbeiter waren fix angestellt und gelernte Fachkräfte. Eine Tatsache die ihm Stress ersparte. Neugierig wie er war, ließ er sich von Usagi und Mamoru von ihrer Reise und der Hochzeit in den Staaten erzählen. Seit der Schwarzhaarige eine feste Stelle als Arzt hatte und Usagi ausgelernt war, nutzten die beiden ihre Urlaube zum ausgiebigen Reisen. Endlich konnten sie die Welt und das sehen, was sie bis dahin nur aus dem Fernsehen gekannt hatten. Dafür schoben beide gerne mal Überstunden, um diese dann für ihren Urlaub zusammen zu fügen und diesen zu verlängern.

“Wohin fliegen eure Freunde in die Flitterwochen?”, Motoki trank einen Schluck seiner Cola.

“Europa.”, antwortete Usagi, “Ein Ziel das für uns ja schon abgeharkt ist.”

Sie hatte zusammen mit Mamoru eine Rundreise durch Europa gemacht, als er seinen Studienabschluss in der Tasche hatte. Vier Wochen quer über den Kontinent.

“Und wohin geht es dann für euch? Ich meine, so langsam solltet ihr euch darüber Gedanken machen. Nächstes Jahr im April hat Mamoru seinen Doktor in der Tasche und euer Termin ist wann? Im Juli?”

“Ja, am fünfzehnten.”, nickte Mamoru und grinste dabei breit. Seit er Usagi zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstags den Antrag gemacht hatte, konnte er den Tag ihrer Hochzeit kaum abwarten. Nach mehreren Überlegungen hatten sie sich auf einen Termin einigen können. Das Datum lag fast mittig zwischen ihren beiden Geburtstagen. All ihre Freunde fieberten dem Tag entgegen. Auch wenn es noch mehr als ein Jahr bis dahin war. Doch er wusste bereits, wo sie feiern würden. Die Location und die Kirche, Usagi wollte mehr als romantisch heiraten, hatten sie bereits gebucht und seine Liebste schaute sich schon nach einem Kleid um. Der Tag würde wohl schneller kommen, als er ‘Ja, ich will’ sagen konnte. Liebevoll sah er zu Usagi, strich mit seinen Fingern über ihren Ringfinger. Den zierte ein schlanker goldener Ring mit einem herzförmigen rosafarbenen Diamanten, der in kleine feine Perlen gefasst war. Dann sah er zu seinem besten Freund:

“Wir wissen ja, wohin es gehen soll.”

“Achso?”

”Wir wissen es schon, seit wir zusammen sind. Eigentlich sogar noch vorher.”, grinste Usagi.

“Was? Ihr beide überrascht mich immer wieder. Ich dachte, ich weiß bereits alles darüber, wie ihr zusammen gekommen seid.”

”Na fast. Als ich damals Mamo-chan pflegen sollte, haben wir eine Doku über die Seychellen gesehen. Und ich meinte, dass ich da auch mal hin will. Woraufhin Mamo-chan meinte, dass er ja dann schon mal anfangen könnte mit sparen. Als wir dann fix zusammen waren, kamen wir schnell überein, dass das unser Ziel für die Flitterwochen sein sollte.”

“Also fliegt ihr dahin?!”

“Ja.”, Usagis aß ihr Omelette und sah aus dem Fenster. Sie hatte unterwegs Makoto und Ami geschrieben und gefragt, ob sie sich hier treffen wollten. Beide hatten zugesagt. Minako ebenso, wollte aber später kommen. Die Augen der Blondinen suchten die Umgebung ab, als sie mit einem Schlag die Luft scharf einzog und sie sich fast an ihrem Frühstück verschluckte. Das blieb nicht unbemerkt von ihrem Liebsten und ebenso wenig von ihrem besten Freund. Beide sahen sie besorgt an.

“Alles okay, Usa?”, Motoki folgte ihrem Blick und stockte, “Ist das nicht...?”

”Rei.”

“Was?”, Mamoru sah nun ebenfalls in die Richtung, in die die beiden anderen blickten. So wie sie sah er die schwarzhaarige junge Frau auf der anderen Straßenseite stehen. Neben ihr ein junger Mann, der etwas eingeschüchtert schien.

Ohne groß nachzudenken, hob Usagi die Hand und winkte in Richtung Rei. Ihr war egal, was die beiden Männer neben ihr dachten. Nach all den Jahren wollte sie die Schwarzhaarige einfach nur in die Arme schließen. Sie bemerkte, wie diese zaghaft die Hand hob und winkte. Sich dann dem Brünetten neben sich zuwandte und der nur nickte, bevor er schwer beladen in Richtung Bushaltestelle schwankte. Die Blondine stand auf und ging ein Stück in Richtung Eingang. Sie spürte die Blicke von Mamoru und Motoki auf sich. Schenkte ihnen für den Augenblick keinerlei Beachtung. Stattdessen wurde sie nervös, als sie sah, wie Rei tatsächlich über die Straße und ins Café kam.
 

Rei trat schüchtern auf Usagi zu. Es überraschte sie nicht, dass Usagi nach all den Jahren ihr noch zuwinkte. Das war etwas, was sich bei der Blondine in der ganzen Zeit nicht geändert zu haben schien. Sie war immer noch offen und scheinbar nicht nachtragend. Erschrocken schnappte die Schwarzhaarige nach Luft, als sie sich in den Armen des blonden Mädchens wiederfand. Und ohne den Hauch eines Zweifels schloss sie ebenfalls ihre Arme um sie. Hörte das Schluchzen an ihrem Ohr:

”Ich hab dich so vermisst!”

“Usagi!”

Die Genannte schob ihre alte Freundin von sich und sah sie verheult an. Wischte sich die Tränen von den Wangen. Nach all den Jahren wurde ihr erst bewusst, wie sehr sie Rei vermisst hatte.

Die Schwarzhaarig lächelte etwas betreten, bevor ihr Blick auf den Ring an Usagis linkem Ringfinger fiel. Sie musste schwer schlucken. Aber trotzdem fühlte sie sich gut.

“Ihr seid verlobt?”

“Ja. Seid meinem einundzwanzigsten Geburtstag.”

”Oh, das ist wundervoll!”, sie meinte es ehrlich. Rei freute sich für ihre wiedergefundene Freundin und umarmte sie stürmisch, “Wann ist denn der Termin?”

“Nächstes Jahr am fünfzehnten Juli.”

“Ich freu mich für dich.”

“Danke! Komm, Mamoru und Motoki wollen dir sicher auch Hallo sagen.”

“Meinst du?”, vorsichtig lugte die schwarzhaarige junge Frau an der Blondine vorbei. Sie hatte eher mit bösen oder zumindest mit kalten Blicken gerechnet. Doch stattdessen lächelten beide Männer zu ihr rüber. Hießen sie somit willkommen. Und selbst wenn sie nicht gewollt hätte, hatte sie die Kraft von Usagi unterschätzt. Diese zog sie einfach bestimmend mit sich und schob sie in die Sitzbank hinein.

“Das gleiche wie früher?”, Motoki sah sie lachend an und sie nickte nur, während er einem der Angestellten die Anweisung gab, einen schwarzen Tee zu kochen.

“Wie geht’s dir?”

“Ganz gut.”, Rei lächelte Mamoru zaghaft an. Er sah wirklich immer noch umwerfend aus. Und dennoch brachte er ihr Herz nicht mehr zum Stillstand mit seinem Lächeln. Wahrscheinlich war das Rasen von vorhin auch nur deshalb, weil sie ihn und Usagi nach so vielen Jahren wieder sah. Aber sie spürte nicht mehr dieses Kribbeln wie damals. Erst jetzt war sie sich vollkommen sicher, nicht mehr in ihn verliebt zu sein. Eine Tatsache für die sie lange gebraucht hatte.

“Wie ist es dir so ergangen?”

Die Schwarzhaarige dankte kurz dem Kellner für den Tee und wandte sich dann Usagi zu, die einen großen Schluck ihres Schokoshakes nahm und sie anstrahlte. Langsam begann sie zu erzählen. Davon wie sie ihre Schule abgeschlossen und die Ausbildung zur Miko begonnen hatte. Was sich alles in ihrem Leben verändert hatte und auf drängen ihrer Freundin hin erklärte sie auch, wer der junge Mann neben ihr gewesen war.

“Magst du ihn?”

”Usagi!”

“Ach komm schon. Er hat dich angesehen, wie ein verknallter Teenie.”

“Er ist nett. Aber ich lass ihn noch ein bisschen zappeln.”

“Verstehe.”, die Stimme Usagis war ein wenig leiser geworden und sie sah ihre wiedergewonnene Freundin schon fast schüchtern an, “Ist es wegen...”

”Nein. Darüber bin ich hinweg.”

”Ehrlich?”, Mamoru sah sie ernst an. Er hatte keine Lust, dass sich die junge Frau ihm gegenüber nur was vormachte und sich dann doch wieder verrannte. Eine neuerliche Freundschaftskündigung würde seine Liebste wahrscheinlich nicht überwinden. Sie hatte damals lange dran zu knabbern gehabt. Und er jede Menge zu tun. Es hatte Wochen, wenn nicht sogar Monate, gedauert, bis sie nicht mehr jeden Tag darüber grübelte und es einfach akzeptierte.

“Um ehrlich zu sein, hatte ich schon Herzklopfen, als ich euch vorhin erkannt hatte. Aber als ich mich gerade hingesetzt habe, habe ich erkannt, dass das nur war, weil wir uns so lange nicht gesehen haben. Ich seh dich nicht mehr als einzigen Mann auf der Welt für mich.”

“Das beruhigt mich tatsächlich.”

“Baka!”

”Was denn?”

“Sowas sagt man nicht.”

“Schon klar, Odango. Aber du fragst sie ungeniert nach dem Kerl von vorhin.”

Rei lachte laut auf, als sie die beiden beobachtete und hörte, wie sie sich bei ihren alten Spitznamen nannten. Zog damit auch alle Aufmerksamkeit auf sich und bemerkte, dass es ihr gut tat, endlich ihre engsten Freunde zu sehen. Und als auch noch Makoto, Ami und eine Stunde später Minako ebenfalls im Crown aufschlugen, fühlte sie sich endlich wieder komplett.

Mit Ami plauderte sie ausgelassen über deren Studium und bedankte sich für deren Zuspruch bezüglich ihres geplanten Fernstudiums in Betriebswissenschaft. Freute sich darüber, dass ihre einst so schüchterne Freundin mittlerweile auch in festen Händen mit ihrem alten Schulfreund Ryo war.

Mit Makoto lachte sie über so machen außergewöhnlichen Kundenwunsch, mit dem die Brünette des öfteren in ihrem Cateringunternehmen konfrontiert wurde. Und staunte, als diese ihr erzählte, dass sie endlich jemanden an ihrer Seite hatte, der sie ihren Exfreund vergessen ließ. Ihr Blick glitt zu Motoki, der sie genauso liebevoll ansah wie sie ihn.

Mit Minako tratschte sie über so manchen Star oder denjenigen, der sich dafür hielt und mit denen die Blondine schon Werbespots gedreht hatte. Sie wurde rot, als ihr ihre Freundin von ihrem Liebesleben in allen Zügen vorschwärmte, dass sie mit einem bekannten Männermodel hatte.

Sie erkundigte sich nach Kiriko und Kobajashi und erfuhr, dass beide mittlerweile in Kyoto lebten und arbeiteten, nachdem sie dort auch studiert hatten. Sie Medienwissenschaften und er Bauingenieurswesen. Genau wie Mamoru und Usagi waren auch die beiden verlobt. Ihre Hochzeit würde in einem halben Jahr stattfinden. Rei freute es, dass auch die beiden noch zusammen waren.
 

Mamoru kam gerade von den Toiletten zurück, als Usagi ihn auf halben Weg zum Tisch abfing. Erstaunt sah er sie an, als sie ihn mit sich ins Hinterzimmer zog. Manchmal überraschte sie ihn nach all den Jahren immer noch mit ihren Aktionen.

“Was ist?”

“Ich wollte dich was fragen. Also eigentlich wollte ich Rei fragen, aber dich betrifft es ja auch und deswegen muss ich dich zu erst fragen. Ich meine, es ist echt wichtig und da müssen wir das vorher bequatschen. Ich will dich ja nicht überrumpeln und deswegen sind wir jetzt hier. Wegen meiner Frage.”

”Usako?”

“Hm?”, sie sah zu ihm auf.

“Frag einfach.”

“Also ich hab mir überlegt, dass wir Rei doch vielleicht zu unserer Hochzeit nächstes Jahr einladen könnten.”

“Sicher. Warum nicht?”

Nun war es die Blondine, die ihren Verlobten erstaunt musterte. Mit solch einer lockeren Antwort hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Eher damit das er erstmal nein sagen würde.

“Ähm, naja, weil sie doch...”

”Du meinst, weil sie mal in mich verliebt war und wir deswegen alle im Streit auseinander gegangen sind?”

Usagi nickte nur.

“Hör mal, du hast sie vorhin gehört. Sie ist über mich hinweg. Wahrscheinlich hat sie es auch wirklich heute erst gemerkt, als sie mir gegenüber stand. Ich glaube ihr, dass sie in mir nur noch ein Freund sieht. Und deinen Verlobten.”

“Also kann ich sie einladen?”

”Sicher! Du kannst sie von mir aus auch zu einer deiner Brautjungfern machen. So wie ich dich kenne, reichen dir Naru, Mina, Ami und Mako doch noch nicht aus. Erst recht nicht jetzt, wo du Rei wieder hast.”

“Stimmt, ich finde fünf auch besser als vier. Dann stockst du aber auch auf.”

”Ich?”, er sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. Schon seit sie ihre Brautjungfern erwählt hatte, hatten sie die Diskussion, dass er auch soviele Trauzeugen an seiner Seite brauchte.

“Ja du, Mister Chiba.”

”Also Motoki, Kunzite, Ryo und Umino?”

“Und vielleicht diesen Yuichiro, von dem sie uns eben erzählt hat.”, Usagi wandte sich ab und öffnete die Tür, um wieder zu den anderen zu gehen. Mamoru folgte ihr:

”Aber sie sind doch noch nicht mal zusammen.”

”In einem Jahr kann sich viel ändern. Oder in einer Woche.”

“Stimmt.”

Das Paar trat wieder an den Tisch, wo die anderen sie neugierig ansahen.

“Na, mal wieder heimlich im Hinterzimmer geknutscht?”, grinste Makoto.

“Oder rumgemacht?”

“Mina!”

“Was denn Ami? Stimmt doch und wäre nicht das erste Mal, dass unser armer Motoki die Schweinerei hinterher aufräumen muss.”

”Hey, wir haben weder geknutscht noch eine Nummer geschoben. Wir haben lediglich was besprochen wegen unserer Hochzeit.”, erklärte Usagi und ließ sich von Mamoru auf dessen Schoß ziehen, “Wir hätten gerne, dass du auch dabei bist, Rei.”

”Ich?”

“Ja.”

”Aber wir haben uns heute das erste Mal seit Jahren wiedergesehen.”, stotterte die Schwarzhaarige.

“Wir sind aber immer noch sehr gute Freundinnen. Und genauso wie Ami, Naru, Mina und Mako meine Brautjungfern sind, möchte ich, dass du es ebenso wirst.”

”Ich? Deine Brautjungfer.”

“Ja.”, Usagi hoffte, dass Rei ja sagen würde. Ihr war egal, wie sehr sie sich wegen eines Mannes gestritten hatten. Das lag Jahre zurück und heute hatten sie sich endlich wiedergefunden. Und nichts sollte sie mehr trennen.

“Ich fürchte, wenn du nein sagst, wird sie dir den Hals umdrehen.”

Rei sah zu Mamoru, der nur nickend grinste. Sie wusste, was er meinte. Ihr Blick glitt zu den anderen. Jedes einzelne Augenpaar sprach das selbe zu ihr. Alle sprachen ihr Mut zu, baten sie darum Ja zu sagen zu Usagis Bitte. Sie atmete tief ein und aus, bevor sie sich zu ihrer blonden Freundin drehte und nickte:

”Okay. Sehr gerne!”

Sofort schossen Usagi die Tränen in die Augen. Sie krabbelte halb über den Tisch, um die Schwarzhaarige zu umarmen und ihr tausendmal Danke ins Ohr zu kreischen. Sie war einfach glücklich. So viel Zeit war ins Land gegangen, so viel war passiert. Sie hatte einst eine ihrer besten Freundinnen verloren. War mit dem Mann zusammen gekommen, den sie über alles liebte und hatte sich mit ihm verlobt. Mit ihm die halbe Welt erkundet und würde ihn im kommenden Jahr heiraten. Und nun war Rei in den Kreis ihrer liebsten Freundinnen zurück gekehrt und hatte eingewilligt, eine ihrer Brautjungfern zu werden. Es war ein wundervoller Tag heute.
 

Die Tür fiel ins Schloss und Schuhe landeten in einer Ecke des Flurs. Das Licht der untergehenden Sonne fiel durch die lange Fensterfront im Wohnzimmer und streifte das Parkett im Flur. Tauchte ihn ein orangefarbenes Licht.

Mamoru nahm Usagis Jacke ab und hing sie neben seine an die Garderobe, bevor er ihr ins Wohnzimmer folgte. Bis vor einer halben Stunde waren sie noch bei Usagis Eltern gewesen. Sie waren zum Kaffee eingeladen wurden. Fast wären sie zu spät gewesen, weil sie noch lange mit ihren Freunden im Crown gesessen hatten. Die Freunde der Mädchen waren noch dazu gekommen und Rei hatte, auf bitten von Minako und Usagi, Yuichiro angerufen und dorthin gebeten, um ihn den anderen vorzustellen. Spontan hatte Mamoru ihn dann gefragt, ob er denn die Begleitung für die Miko sein würde, wenn er Usagi heiraten würde. Etwas überrumpelt über diese Verkupplungsaktion versuchte Rei es ihm auszureden, gab schlussendlich aber doch nach und bat den Tempelhelfer, sie zu begleiten. Mit Freuden hatte der Brünette eingewilligt. Und durch all das Wiedersehen und den Trubel drum herum hatte das Paar vergessen, dass sie vor dem Kaffeetrinken noch einkaufen wollten. Zum Glück gab es aber noch Ikuko. Als sie davon erfuhr, hatte sie die Hälfte ihres Kühlschranks für das Paar zusammen gepackt und mitgegeben. Usagi packte den Inhalt gerade aus.

Als alles verräumt war, kam sie mit zwei heißen Tassen Kakao ins Wohnzimmer. Stellte ihn auf dem Tisch ab und ließ sich neben Mamoru aufs Sofa fallen. Der Jetlag machte sich bemerkbar. Nach all dem Trubel heute hatte sie ihn gar nicht mitbekommen. Doch jetzt schlug er knallhart zu. Herzhaft gähnte sie. Schmiegte sich an ihren Liebsten. Spürte, er sie in seine Arme zog.

“Glücklich?”

”Ja. Ich freu mich so, dass sie wieder da ist.”

”Es ist so, wie dein Vater damals gesagt hat. Wahre Freunde kommen immer wieder.”

“Stimmt. Ich fühle mich wieder komplett. Ich meine, dass hab ich mit dir schon immer. Aber jetzt wo Rei wieder da ist, ist die Clique wieder vollständig.”

”Und größer. Immerhin musst du die Jungs mit dazu zählen.”

”Ich weiß. Wir haben uns verdoppelt.”

”Irgendwann werden wir uns hoffentlich verdreifachen. Oder vervierfachen.”

Usagi wusste sofort, was Mamoru meinte:

”Aber erst nach der Hochzeit.”

“Ich weiß.”, lachte er.

“Wird es jetzt für immer so sein?”

“Was meinst du?”

”Na werden wir für immer alle so zusammen bleiben?”

“Ich weiß es nicht. Und ich werde es auch nie wissen. Ich weiß nur, dass ich für immer bei dir sein will.”

”Und ich bei dir.”

Langsam beugte sich Mamoru zu ihr runter. Blickte ihr für einen Moment in die sanften blauen Augen, bevor sich seine Lippen auf ihre legten. Er ihr einen liebevollen Kuss gab, der alles sprach, wofür seine Liebe zu ihr stand. Er war glücklich.

Usagi drückte ihren Körper an seinen. Schlang ihre Arme um ihn. Er würde immer an ihrer Seite sein. Ganz egal was passierte. Was sie anstellte, er war da. Bald würden sie heiraten und in einen neuen Lebensabschnitt starten. Sie würden eine Familie gründen und eventuell in ein Haus ziehen und Mamorus Wohnung verkaufen. In der der Nachbarschaft ihrer Eltern wurde eine neue Einfamilienhaussiedlung gebaut. Und ihre Eltern hatten angedeutet, dass sich so eine Häuschen doch ganz gut als riesengroßes Hochzeitsgeschenk machen würde. Zuzutrauen war es ihnen.

Vorsichtig löste er den Kuss. Lehnte seine Stirn gegen seine.

“Wir können Rei dankbar sein.”, seine Stimme war leise.

“Wirst du das in deiner Hochzeitsrede erwähnen?”

“Ja. Ohne sie hätten wir niemals zueinander gefunden. Du hättest mich weiter beleidigt und ich hätte niemals mehr den Mut aufgebracht dir zu sagen, was ich wirklich für dich empfinde. Dabei bist du mein Ein und Alles.”

”Mamo-chan!”

”Ich lasse dich nie wieder alleine. Da wo du bist, werde ich sein und anders herum. Du und ich. Gemeinsam.”

”Gemeinsam.”, wiederholte sie leise seine Worte, “Du bist mein bester Freund, mein Liebster und alles, was ich je gebraucht habe. Lass mich für immer bei dir sein.”

”Das werde ich. Solange wie du mich bei dir bleiben lässt.”

”Für immer.”

Er bedeckte ihr Gesicht mit Küssen und ihre Lippen fanden wieder zueinander.

“Ich liebe dich!”

”Ich liebe dich auch, Usako!”


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ^^
Da ist es also: Das erste Kapitel meiner neuen Fanfiction. Freut ihr euch?
Ich muss zugeben, dass es mir gar nicht ganz so gut gefällt. Ich hab einiges heute nochmal umgeschrieben, was gestern schon stand. Liegt vielleicht auch daran, weil es noch so unspektakulär ist?! Ich denke mal, ab Nummer 2 kommt das eh mehr in Schwung. Mal sehen, wann ich da weiter schreiben kann. Hab mir ja morgen vorgenommen. Aber ich hab morgen wohl von 9h bis 18h Seminar...30km vor den Toren Wiens. Wenn ich Pech hab, bin ich erst kurz vor 20h zuhause...na mal sehen ^^
Ich freu mich auf eure Kommis! Sowohl hier als auch bei FF.de ^^ Ich akzeptiere die gerne doppelt auf beiden Plattformen...hihi!
Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ^^
Da ist also Nummer 2. Mögt ihr es? Gefällt es euch?
Ich hab eben beim Korrekturlesen sooo viele Rechtschreibfehler gefunden -.- Meine Erkältung leistet wirklich gute Arbeit.
Soll ich euch meine persönliche Lieblingsstelle verraten? Ja?! Also: Die im Bus als sie ihm auf den Schoß plumpst. Ich mag die Szene total!
Jetzt kennt ihr auch Reis Gründe und warum ihre Wahl auf Usagi fiel. Eigentlich schon fies von ihr. Aber keine Sorge...*kleiner spoiler*...sie wird ihre "Strafe" schon noch bekommen ^^v
So, dann freue ich mich mal auf eure Kommis und pack mich dann ins Bett. Mir tut so der Schädel weh...kein Wunder bei 24h Dauerregen v.v
Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ^^

Ich hab endlich mal wieder einen guten Lauf mit dem Schreiben. Daher ist schon Nr3 fertig. Mögt ihr es?
Sie stehen beide auf Schokolade. Hehe...und haben noch andere Gemeinsamkeiten. Schon mal ein Anfang, oder?! Rei kann einem ein wenig leid tun. Aber nicht viel...nicht so wie sie sich Verhalten hat. Und der arme Mamoru ist ein wenig überfordert. Irgendwie behält da nur Usagi den Überblick. Naja, noch...
Ich hab heute auch gar nicht viel zu schreiben. Wie in dem Vorwort (und das ist das erste Mal, dass ich eines geschrieben habe!!!), ist das Kapitel für Geeny-chan.
Du weißt, warum ;) That's what friends are for!
Muss jetzt auch mal noch Beta-Lesen für die liebe Luna und die liebe MissSenshi, sonst bekommt ihr deren neues Kapitel auch nicht zu lesen. Alles von mir abhängig...hehe! :D
Ich freu mich auf eure Kommis!
Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Es ist kurz nach 22 Uhr. Mein Mann zockt PS3 und ich hab Nr4 fertig. Dabei dachte ich, dass ich es erst am Sonntag beenden werde. Aber gut. So geht's auch und es ist schöner für euch :)
Gefällt es euch? Ist ganz schön prickelnd oder. Und mal ehrlich...Hand hoch...wer hat geglaubt, dass ich den beiden einen Kuss gönne nach dem Cliffhanger in Nr3??? Na kommt...sagt schon! Tja, und wie ihr eben gelesen habt, ist es auch in Nr4 den beiden nicht vergönnt. Ätsch! Immerhin gestehen sie es sich langsam ein. Wenigstens etwas oder?
Ich hab auch schon die Storyline für Nr5 im Kopf. Und sogar schon einen Titel dafür. Aber den verrate ich euch nicht. Hehe...
Ich freu mich auf eure Kommis (egal ob hier oder bei FF.de)!
Hab euch lieb, Vienne Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Es ist jetzt zehn Minuten vor Mitternacht. Und ich bin hundemüde.
Eigentlich hätte das Kapitel schon gestern (Montag) fertig sein sollen. Aber ich kam Sonntag nicht wirklich dazu und gestern auch nicht, weil einer unserer Wellis gestorben ist.
RIP Alfred 2009 - 2014 :(
Und dann mussten wir für Azuro (der Welli-Witwer) noch jemanden suchen. Jetzt ist er der Babysitter...bei uns zogen Charly und Rudi ein. Beide 7 Wochen alt :)
Na wie auch immer...jetzt ist es ja fertig. Gefällt es euch? Mögt ihr es?
Ich finde den Anfang nicht wirklich gelungen :P Um ehrlich zu sein, mag ich das Kapitel erst ab dem Auftritt der Mädels und Minakos Ansage. Und natürlich das Ende. Aber sonst...naja...
Ich freu mich über eure Kommis!
Gute Nacht!
Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben :)

Sorry, dass ihr wieder ein wenig warten musstet, bis ihr was Neues zum Lesen bekommt. War ein wenig turbulent in den letzten Tagen ;)
In den nächsten 10 Tagen werde ich auch Nr7 nicht hochladen. Auch nicht schreiben. Ich muss unbedingt für diese dämliche Standardprüfung nächste Woche lernen. Wenn das Thema Versicherungen (allg. Bedinungen, österr. Soz.versicherun, private Unfall plus Sachsparten) nicht soooo sterbens langweilig wären, wäre ich vielleicht auch weiter im Stoff bzw. würde mehr im Kopf behalten. Aber so zieht sich das...drückt mir auf jeden Fall nächsten Donnerstag von 10h bis 13h die Daumen!!! Danke...
So, was soll ich zum Kapitel sagen? Ich mag Mina. Ich bin eigentlich kein Fan von ihr, aber hier mag ich sie wirklich. Was Mamoru und Usagi angeht...ja also irgendwie sind sie jetzt ein Paar. Und dann kommt Rei und haut alles durcheinander. Ich weiß ja schon, wie es weitergeht. Das gibt noch Drama, Baby, ich sag's euch... ;)
Naguti, ich freu mich auf eure Kommis.
Hab euch lieb,

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ^.^

Sorry, dass erst jetzt wieder ein Kapitel folgt. Aber ich hatte so unglaublich viel zu lernen für meine Prüfung (die ich übrigens mit 176 von 222 und so mit gutem Erfolg bestanden habe!!!) und dann hab ich noch an einem neuen Gruppen-Projekt geschrieben. Und heute (nach der neuen SM-Crystal-Folge) hab ich es endlich geschafft, Nr7 zu schreiben und Korrektur zu lesen.
Gefällt es euch? Mögt ihr es?
Zugegeben...es ist ziemlich hinterhältig von Usagi und Mamoru, was sie jetzt machen wollen. Aber man kann es doch auch irgendwie verstehen, oder? Und Rei macht es ihnen nun auch nicht gerade leicht. Und ihr seht...langsam spaltet sich das Lager. Vielleicht wird es noch schlimmer werden. Mal sehen...
Na gut, ich fang jetzt mal mit Nr8 an. Hab die Idee gerade im Kopf und mit viel Glück, lad ich es morgen schon hoch ;)
Freu mich auf eure Kommis!
Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Ach es hat schon so seinen Vorteil, wenn man krank geschrieben ist. Man kann viel schneller auch mal tagsüber, wenn das Kind im Kindergarten ist, ein neues Kapitel schreiben. Und tatatataaaa...hier ist auch schon Nr8 :)
Mögt ihr es?
Hier ist ein übrigens ein Link von dem Café in Minato-ku:
http://www.giraud.co.jp/landtmann/
Es ist eine japanische Kopie des Wiener Restaurants und Café, in dem mein Mann als Koch arbeitet. Jetzt im Oktober sollten wieder ein paar japanische Kollegen zum Kochen her kommen nach Wien.
@Wolferl: Dir ist das Landtmann ja als alter Wiener sicher ein Begriff :D
Was kann ich sonst noch zu dem Kapitel sagen. Außer vielleicht, dass Mamoru wirklich alles zu sehr auf die leichte Schulter nimmt. Und das sowohl er als auch Usagi ihren Freunden ins Gesicht lügen, ist nicht abzustreiten.
Ihr dürft euch auf Nr9 freuen. Da geht's sehr chaotisch und lustig zu :D
Ich freu mich auf eure Kommis!

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben :)

Es ist Freitag. Die Woche ist fast schon wieder um und ich habe es geschafft, drei Kapitel zu schreiben. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei den Viren bedanken, die mich in den Krankenstand versetzt und mir so die Zeit zum Schreiben gegeben haben ;)
Also wie findet ihr es?
Die allerliebste Luna wusste schon von meiner humorvollen Einlage. Aber irgendwie musste das mit dem Biobuch sein. Und dem Bild dazu. Außerdem mag ich es, wenn ich Mamoru -der sonst immer so gefasst und selbstsicher ist- in eine peinliche Situation bringen kann. Das macht ihn menschlicher :D
So...Ami weiß es jetzt also. Langsam beginnt die Fassade des durchgeknallten Plans zu bröckeln. Ich weiß schon, wie es weitergehen wird. Aber ich werd erst nächste Woche -ich denke so am Mittwoch- wieder zum Schreiben kommen. Jetzt am WE gönne ich mir eine Auszeit und am Montag und Dienstag bin ich auswärts auf Seminar. Für Nr10 muss ich aber auch noch einige Ideen für die Umsetzung sammeln...
@Freischalter: Ich war mir nicht sicher, ob ich es gleich auf Adult setzen sollte wegen dem Bild im Biobuch ;) Ich beuge mich einfach deiner Entscheidung :)
Ich freue mich auf eure Kommis!
Hab euch lieb!

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Es ist gleich 22:45h und ich bin mit Nummer 10 fertig. Hat wieder einmal ein wenig länger gedauert. Obwohl. Es geht...
Wie gefällt es euch? Mögt ihr es?
Ich finde, es beinhaltet mal einfach alles. Humor, Drama und Romantik. Und Biobuch, Kapitel 3 :D Ach ich liebe das Teil einfach. Ja ja...Eigenlob stinkt. Aber es ist in meinen Augen einer der besten Einfälle und Running-Gags, die ich je hatte :D Ich lache heute noch drüber ;)
Wahrscheinlich seid ihr von Makoto ein wenig (?) schockiert. Aber ich hatte ja schon mal gesagt, und in unzähligen Kommis geschrieben, dass das Freundelage sich ein wenig spalten wird. Nun ja, dafür steht auch Ami wieder in einem besseren Licht da. Ihre Sympathie-Punkte waren ja auch in den Keller gesackt :P Gerettet erstmal.
So, ich muss jetzt auch sagen, dass ich keine Ahnung habe, wann ich Nummer 11 anfange. Denn obwohl ich die Storyline im Kopf habe, werde ich nicht mehr die Woche damit anfangen. Hab mir nämlich heute die Fortsetzung einer meiner liebsten Romanreihe geholt. Vielleicht kennt ja der ein oder andere von euch "Skulduggery Pleasant". Ach ich liebe den Gentleman mit Knochenhand :D
Na gut...habt ein schönes Wochenende und ich freu mich auf eure Kommis. Und vergesst nicht:
Am Samstag läuft die neue SAILOR MOON CRYSTAL-Folge!!!!

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Es ist Montagabend und nichts Gescheites rennt im TV. Also schaue ich eine Doku nach der anderen auf Phoenix. Erst Thomas Münzer und der Bauernaufstand. Und jetzt August der Starke. Ich glaube, wenn ich alles fertig hochgeladen und Kommis beantwortet habe, geh ich ins Bett und lese "Skulduggery Pleasant 8" weiter -.-
Jetzt ein paar Infos über das Kapitel:
Also erstmal...vielleicht habt ihr das ja schon mitbekommen. Alle Kapiteltitel sind Songtitel. Der jetzige stammt von Robbie Williams. Sucht ihn unbedingt mal bei YouTube oder so und hört ihn euch an. Er ist wirklich toll!!! Schade, dass der nie als Single veröffentlich wurde.
Dann...die beiden Schauspieler von denen Rei redet im Zusammenhang mit Ins-Kino-Gehen und Liebesfilm schauen...Jouji Shibue und Miyû Sawai...das sind die beiden Hauptdarsteller aus der "Sailor Moon Live Action"-Serie. Sie haben Mamoru und Usagi gespielt. Ich musste diese Anspielung einfach bringen. Es passt so gut! :D
Noch was??? Ähm, nee...ich glaube das war's mit den Erklärungen.
Wie gefällt euch das Kapitel? Mögt ihr es?
Es ist teilweise ziemlich heftig, wie ich finde. Einige bzw. viele von euch wollten ja, dass Mamoru reinen Tisch macht. Das hat er ja jetzt erstmal zur Hälfte. Aber ich wollte nicht, dass Rei ihn kampflos aufgibt. Deswegen habe ich sie ein bissel dumm dastehen lassen ;) So kann ich den Spannungsbogen noch mehr ausreizen. Ach ja...
Sodala...ich geh mal noch Kommi beantworten und freu mich auf eure neuen.

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Hier ist also Nummer 12. Eigentlich wollte ich ihm einen anderen Titel geben, aber ich habe mich entschlossen, doch zu tauschen. Der eigentlich Titel kommt für Nummer 13.
Und was sagt ihr? Mögt ihr es?
Ich hoffe, ich hab jetzt Rei nicht als absolute Psychopathin dargestellt. Aber sie will eben nicht aufgeben. Und nein: Sie hat Usagi nicht erkannt. Keine Sorge.
Mehr kann ich zu dem Kapitel eigentlich auch gar nicht schreiben. Ich persönlich finde nur den Schluss und das Gespräch zwischen Mamoru und Rei spannend. Der Rest plätschert eher so dahin...
Ich freu mich auf eure Kommis!

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben :)

Da bin ich wieder. Ich weiß, es hat ein wenig gedauert. Aber ich habe es euch ja auch angekündigt ;)
Heute ist Mittwoch. Ich hab am Montag damit angefangen und durch die kleine einwöchige Pause hat es ein wenig gedauert, bis ich wieder im Schreiben drin war. Was auch immer normal ist bei mir... Montag war es echt schleppend und ich hab nach 3 Seiten abgebrochen. Gestern war ich dann echt gut im Flow, aber weil mein Hals zu kratzen anfing und es dann schon fast halb 12 war, hab ich aufgehört. Obwohl ich da schon am Ende war. Also fast...ich hab da innerhalb von wenigen Minuten zwei- oder dreimal einen kurzen Abschnitt gelöscht. Und dann hab ich's einfach gelassen. Was auch gut war. Heute habe ich auch doch länger noch an dem Ende gesessen, obwohl es gar nicht mehr so viel war. Aber es hat 2h gedauert :P
Wie gefällt es euch? Mögt ihr es?
Ja, sie stehen alle hinter Usagi und Mamoru und verarschen Rei jetzt mehr oder weniger. Oder bringen sie auf den entscheidenden Tipp.
Das Ende ist fies, gell?! Ihr kennt mich und meine Cliffhanger. Entweder hardcore oder gar keiner ;)
Ich freu mich auf eure Kommis!
Hab euch lieb,
Vienne

PS: Ich werd die Woche nichts mehr hochladen bei der FF. Muss ein kleines Projekt vorbereiten und dann nächste Woche vorstellen bzw. auch Nr16 schreiben. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Es ist 21:45 Uhr am Freitagabend und ich bin froh, dass diese Woche um ist. Es lief alles schief, was nur schief gehen konnte...Aber wenigstens ist ein neues Kapitel fertig und ich hoffe, dass es euch gefällt.
Eine Leserin auf FF.de meinte zum vorherigen Kapitel, dass es schon arg scheinheilig von Usagi und den anderen Mitwissern ist, was sie da veranstalten und Rei gegenüber abziehen. Was denkt ihr?
Also meine Meinung ist, dass sie es Rei eher schonend beibringen wollen, was da zwischen Usagi und Mamoru ist. Und im jetzigen Kapitel kommt Rei ja auch immer mehr drauf, dass ihre Freundin mit ihrem Schwarm flirtet. Uiiiiiiiiii...ich kann es gar nicht abwarten, mit Nummer 17 zu beginnen. Es wird so GROSSartig!!! :D
Also ich freue mich auf Kommis von Euch :)

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben!

Es ist kurz vor 23 Uhr und ich lad ein neues Kapitel hoch. Es war wirklich arg schwer für mich, es so umzusetzen, wie es in meinem Kopf vorhanden war. Ich hab drei Tage lang dran gesessen und immer wieder halbe bis ganze Abschnitte heraus gelöscht oder umgeschrieben.
So...nun ist es also raus. Was sagt ihr dazu?
Sorry, dass mein Nachwort ein bisschen kurz ist, aber ich bin gerade voll müde -.-
Freu mich auf eure Kommis!

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Sorry, dass es mal wieder etwas länger gedauert hat. Aber wenn mein Mann abends zuhause ist, kann ich einfach nicht in Ruhe schreiben. So hatte ich aber Zeit genug, damit sich die Storyline in meinem Kopf entwickeln konnte.

Was sagt ihr dazu? Gefällt es euch?
Wahrscheinlich seid ihr ein wenig enttäuscht über Rei. Es war allerdings meinerseits von Anfang geplant, dass sie den beiden KEINE Szene machen wird. Das sie sich sozusagen nicht traut. Genauso wie es von Beginn an vorgesehen war, dass sie es selbst heraus findet. Jetzt hat sie ihre Bestätigung. Ich denke mal, ihre Wut am Ende werdet ihr alle verstehen können. Auch wenn ihr Rei so unsympathisch gefunden habt. Mir war sie ja selbst unheimlich.
Nr19 wird nächste Woche folgen. Irgendwann zwischen Dienstag und Donnerstag. Hoffe ich...und dann in der Woche vor Weihnachten dann das letzte. Ja, mit Kapitel 20 ist Schluss und ich geh in die Weihnachtsferien. So viel sei schon mal verraten und ihr auch vorgewarnt ;)

Jetzt freue ich mich auf eure Kommis und wünsche euch vorab schon mal einen schönen Nikolaus (uns bringt er die Schwiegermutter und ein neues Bett...ahahahahahaaaa XD) und einen wundervollen 2. Advent!

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Da ist es endlich: Kapitel 19 :) Es hat lange gedauert. Ich weiß...aber es gab soviel zu tun. Jetzt am WE war mein Schwiegerpapa da und wir haben den 3. Geburtstag meiner Chibimaus groß gefeiert. Und nächstes WE kommen schon wieder meine Eltern...achja...wenigstens habe ich alle Geschenke zusammen und meine letzte Arbeitswoche ist echt entspannt. Daher auch folgender Plan:
Ich habe morgen nur ein Meeting am Vormittag und fang dann mit dem letzten Kapitel an. Am Mittwoch hab ich Weihnachtsfeier im Büro und versuche da noch hinterher was zu schreiben. Wenn also alles gut geht, kann ich Freitagabend Nr20 hochladen.
Sodala...wie gefällt es euch denn? Ihr ärgert euch sicher, weil Rei schon wieder leicht verständnislos reagiert hat bei dem Gespräch mit Usagi, oder?! Sie ist eben verletzte. Und Usagi hat ihr ja gesagt, dass es ihr damals nicht besser ging...außerdem brauch ich diese Ausgangslage für das letzte Kapitel :)
Ich freu mich auf eure Kommis und wünsche euch einen schönen Abend!

Hab euch lieb,
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :)

Hier ist es also: Das letzte Kapitel. Es ging mir wahnsinnig leicht von der Hand. Binnen drei Stunden war es geschrieben und gegengelesen und ich hab dazwischen auch noch Mittag gegessen. Krass oder?!
Also wie findet ihr es. Dieses Kapitel hatte ich schon seit der Hälfte der Story im Kopf und ich finde, es ist ein wunderbarer Abschluss. Oder nicht?
Rei ist zurück zu ihrer Clique gekommen und Usagi und Mamoru werden heiraten. Das dürft ihr euch selber dann vorstellen. Darüber schreibe ich nicht mehr :)
Ich gehe jetzt in die Weihnachtsferien. Morgen im Büro Party machen und dann noch die Geschenke an meine Moonies verschicken und dann sind auch schon meine Eltern und über Silvester meine Cosplay-Partnerin da. Wir lesen uns also im neuen Jahr!
Vielen lieben Dank für eure zahlreichen Kommis und Favos! Es hat mich jedes Mal aufs Neue gefreut!!! Ich danke euch allen!
Somit bleibt mir nur noch eines:
Habt ein wunderbares Weihnachtsfest und einen guten Rutsch!

Dickes Bussi an euch :*
Hab euch lieb,
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Von:  Serafina2104
2017-12-21T14:39:37+00:00 21.12.2017 15:39
Wow...einfach nur wunderschön. Mir geht das Herz auf bei deinen Storys.
Ich finde es super wie du schreibst. Einfach nur klasse
Von: abgemeldet
2015-11-25T21:53:10+00:00 25.11.2015 22:53
Kopfkino oh mein Gott qow👏🏻👏🏻👏🏻👏🏻👍🏻i bin total hin und her gerissen wow
Von:  SakuraTsuki
2015-09-01T20:07:44+00:00 01.09.2015 22:07
Ok, erst mal Hallo, hab ja schon länger nich mehr gekomit.
Und zu deinem Seminar kurz vor Wien, was ja jetz schon länger her is *lach*, echt cool. :m
Und nun zur FF, ich werd's wieder Kapitelweis machen.

Kapitel 1:
Also... wie hast du es genannt *oben nachschau* ... unspektakulär fand ich das jetz nich unbedinkt. :)
Allein Usagis Reaktion bei Reis Bitte, köstlich! Und dann noch ihr spruch bei Mamoru:
"Und als ich vor einer Viertelstunde vor seiner Türe stand, SCHAUT DER MICH AN, WIE EINE KUH WENN'S BLITZT. Er wusste von nichts." Ich hab wieder so'nen Lachflash bekommen, keine Sorge es gab dieses mal keine Erstickungsgefahr. ;)
Und JETZT freu ich mich wie ein Schnitzel *hände mit schelmischen grinsen reib* auf Kapitel 2!
Antwort von:  SakuraTsuki
01.09.2015 23:14
So Kapitel 2:
Lass ma überlegen... also es war toll und, ah, grade is mir was eingefallen!
Die Stelle im Bus, wo sie den jungen Kerl so blamiert, einfach genial. Aber Usagi hat schon recht,
manche lernen's halt nur so. Und dann die Oma, einfach göttlich.
Und ,ja da stimmen wir wieder überein, als sie im auf den Schoß fällt. *blush,freu* *augen mit hände zuhalt*
Ich glaub das sagt alles! *verlegen lach*

Wegen Rei: Eigl. nur dämlich, in meinen Augen! Das das nach hinten geht, also ein eigen Tor wird, is eigl. klar.
Und DAS wird auch ihre Straffe sein, denk ich mir. Aber mal schaun.

Uuund weiter geeeht's! :D
Antwort von:  SakuraTsuki
02.09.2015 00:06
Kapitel 3:
Also echt, die Mädels gehen einem schon auf den Wecker!
Warum können die nich einfach mal sensibler sein und ihre Neugier zügeln?!

Ja, die "liebe" o.ô Rei! Ja eetwas tut sie mir auch leid. Wie gesagt, etwas und selbst Schuld!
Wenn man 1. so unverschämt und 2. so dämlich ist.
Das die es einfach nich (ein)sieht das er nix von ihr will! *tss*

Zu deinem Komi, Vienne: "Sie stehen beide auf Schokolade. Hehe..." Ja, Hehehe :D
Wat dat den fün Grund bitteschön?! XD Aber naja, man(n) kanns ja ma probiere ne.

Hm... sonst noch was...? Fällt mir grad nix mehr zu ein.
Und weiterrrrr geeeht's! X)
Antwort von:  SakuraTsuki
02.09.2015 00:09
Doch noch was! :D

Wie hat der das mit dem Bein so schnell geschafft?! o.O Na egal.
Einfach nur *quiiick* *huiii* *wie kleinkind rumhüpf* XD
Antwort von:  SakuraTsuki
02.09.2015 01:25
Kapitel 4:
..... *schmacht* *träum*
Hand heb: also um erlich zu sein, ich weis es nicht mehr ob ich einen Kuss erwartet, also nein, erwartet natürlich schon. Ich meinte, ich weis nicht mehr ob ich gedacht habe das er jetz kommt.
Bin mitlerweilen in der Phase das ich das gelesene zwar noch abspeichern kann, aber mir keinerlei Gedanken mehr darüber mache. Mich folglich also auch nicht mehr an meine Gedanken, die ich dort oder sonst wo hatte, erinnern kann. *lach* *an hinterkopf kratz*

Bin ja auch sehr darüber überrascht um diese Zeit noch, mehr oder weniger, so fehlerfrei schreiben zu können. Werde momentan, seit mitlerweilen 3 Tagen schon, von einer permanenten Müdigkeit geplagt.
Obwohl ich mich, wie immer, zu den selben Zeiten schlafen lege. Obwohl ich, mehr oder minder, erstaunlich früh aufwache (für meine Verhältnisse). Obwohl eigl. alles so wie immer ist wach ich auf, bin kurz munter, bis nach dem Frühstück, und dann werd ich wieder müde. So das der Tag nur dahin dümpeln kann. Und nichts gemacht wird. Gott sei Dank is auch nichts zu tun, nichts wichtiges zumindest.
Ach herje, jetz quatsch ich hier so viel von mir rum! õ.ó *gome*

Mann ei! Is ja toll einen so lieben Vater zu haben, aber diese "mein kleines Mädchen" Einstellung kann ich echt nich ab. Nich in diesen Ausmaßen! (-.-)

Usagi tut mir echt leid! *mitheul* *schniff* Und ausnahmsweise bin ich Mina ECHT dankbar dass sie das richtige Gespürr in solchen Dingen hat. Nicht anders zu erwarten, bei der Göttin der Liebe.
Oder hier in dem Fall noch (nur) Kriegerin?!
Antwort von:  SakuraTsuki
02.09.2015 01:27
Meine Fr****! ÔoÔ Schon 1:26 Uhr!
Ich muss schlafen!!! Gute Nacht! *kicher*
Antwort von:  SakuraTsuki
02.09.2015 01:38
Aber eines muss ich noch los werden!
Ich find's ja besonders schlimm, das/sowas immer wieder lesen zu müssen. Da WIR ja in dem Wissen sind das die beiden zusammen GEHÖREN. Aber es gehört nun mal zu den beiden dazu, iwie. Und es ist ja auch iwie... (toll ist das falsche Wort, aber ich hoffe ihr wisst was ich meine) das immer wieder zu lesen.
Bittersüß fiel mir dazu gerade ein. Ich denke das passt wie, hihi, "Arsch auf Eimer". Oder?
Antwort von:  SakuraTsuki
22.09.2015 12:33
Hallo jetz erst mal eine Vorwarnung.
Da ich übers WE in Hamburg war und somit, zwas lesen, aber nix posten konnte hab ich alle Komis im Word geschrieben und werde nun die gepallte Ladung hier rein kopieren und posten.
Dafür möchte ich mich im Vorfeld entschuldigen, für den gigantisch großen Post der jetz gleich kommen wird. *gome* (>/./<)

Aber da diese FF ja schon älter ist werd ich damit glücklicherweise niemanden belästigen, außer dir, Vienne. :D
Und hier kommt er *trommelwirbel*
Antwort von:  SakuraTsuki
22.09.2015 12:39
Oh weh, ja sowas is immer traurig! Mein gr. Bruder hatte auch mal einen. Spiddy, der wurde für Welliverhältnisse echt steinalt. Aber mussten ihn dann wegen eines bösartigen Tumors einschläfern lassen. :'(
Das is jetz schon viele Jahre her, stimmt mich aber immer noch traurig, wenn ich dran denke.

Kapitel 5:
Also hier passt die Bezeichnung unspektakulär schon eher, finde ich. Aber mir hat auch dieses Kapi gut gefallen. Muss ja nich immer so spannungsgeladen sein. ;)
Werd jetzt nach der langen Pause ;P auch wieder weiter lesen.

Kapitel 6:
Hm, iwie is nich viel hängen geblieben. Das liegt vermutlich daran das ich im Auto lese.
Sind schon 7 Std. unterwegs und haben noch 2-3 vor uns. Wie machen nämlich einen WE Ausflug nach Hamburg. Und heute Abend schauen wir uns das Musical König der Löwen an. XD Ich freu mich schon riesig drauf, auch wenn's für mich das 2te mal ist.
Ich schweife wieder ab. Also von dem was ich noch weiß stimm ich dir wieder zu.
Das Ende war doch sehr abrupt für die beiden, und etwas grausam. *gezwungen schief grins*

Kapitel 7:
Irgendwie ist mein sonstiger Komischwal versiegt. Liegt wohl daran das es mir wirklich nicht gut geht. Mir tut alles weh, hab grade mal 3 Std. geschlafen, wenn überhaupt. Und jetz plagt mich auch noch meine Erdbeerwoche, die eine Woche zu früh dran is. (-.-)''

Kann nur sagen: Jaaa, lass es raus Süße!
Und zu dem hinterhältigem, was bleibt ihnen denn anderes übrig. Sie haben schließlich keine andere Wahl!
Ich mag ja Mamos Freunde total gern. Die sind so lieb/süß! (-^.^-)p

Kapitel 8:
Awww (-^3^-) Jeeaaa Juhuuu Echt tolles Kapitel!

Ja, da hat Mama Ikuko schon recht, aber so können sie's wenigstens noch etwas genießen.
Und ja, Mamoru is zu leichtgläubig. Aber ich glaub innerlich weiß er es besser.

Kapitel 9:
Super Kapitel. *das OK zeichen der taucher geb* :)
Oh, die arme Usagi. :( Aber echt süß von Mamo-chan. (^.^) Und wie er sie dann, sozusagen, halb nackt sieht. Und dann das mit dem Biobuch, wo sie gerade aufwacht. XD

Ach Ami, das ist eine ihrer schlechten Eigenschaften und etwas was ich bei ihr schon fast hasse.
Sie weiß doch gar nicht wie Usa schläft! Woher nimmt sie es sich dann raus ihr zu unterstellen das sie es nur wegen ihm macht. Ich mein mit dem Rest lag sie ja richtig, aber das is... arrgh Ami, du bist echt so blöd! Und du willst Usagi kennen?!

Sind wieder auf der Rückreise vom tollen Hamburg nach Hause. Und so eben haben wir die bayerische Grenze hinter uns gelassen. Schönes Bayern du hast uns wieder! Juhuu! \(-^0^-)/ XD

Kapitel 10:
Wow O.O mein Herz wummert ganz schön. Ich muss sagen ich bin wegen Mako-chan nicht geschockt, aber sehr erbost. >:( Und ja, Ami hat sich gerade noch gerettet, aber bei ihr eigl. nich sonderlich überraschend. Schließlich is sie ja das Hirn der Gruppe, meistens. ;D

Das Kapitel ist wirklich richtig gut! Und...
Omg omg omg! Platzt in das ganze Chaos jetzt etwa Rei rein?! Das wär der Supergau!!!
Also Schluss jetz ich muss weiter lesen! Sonst platz ich vor lauter Spannung! XD

Kapitel 11:
Huijuijui *handschüttel*
Auch wenn der Supergau ausblieb ging's trotzdem mehr oder minder ganz schön her. :D
Aber wegen Rei, ich kann mir sehr gut vorstellen das sie echt auch so wäre. Na ja obwohl sie vermutlich schneller die richtige Einsicht hätte und Verständnis. Aber ich find's gut das du so die Spannung noch etwas länger aufrecht erhältst. ;)
Und die Infos von den Schauspielern ect. find ich echt klasse! *beide daumen hoch*
Das is echt interessant. Und dank dir hat diese Buchreihe „Skulduggery Pleasant“ nun einen weiteren Fan. :D Ich hab auch mal einen Film gesehen in dem es um genau das gleiche Thema ging. Nur spielte es eher im Mittelalter und es kam auch kein lebendes Skelett vor. Also keine Ahnung ob da ein Zusammenhang besteht. Blöderweise weiß ich den Namen des Films nicht mehr. *schulterzuck*

Kapitel 12:
Ein wirklich schönes und tolles Kapitel. *verträumt drein blick*
Wirklich süß/ulkig die zwei. (-^.^-) Und dann die Gemeinsamkeiten die Mamo-chan und Usagis Vater haben. Ich kann mir gut vorstellen wie der reagieren würde wenn er das wüsste. :D
Wegen Rei: Eigl. muss man schon Respekt vor ihr haben. Dieser unerschütterliche Optimismus und der Glaube das sie recht hat. Aber im anderem Blickwinkel, den hier wohl die meisten haben dürften, ist sie mehr als dämlich und bald wohl auch gemein-gefährlich. ;D o.ô
Bin gespannt wie's weiter geht. Vor allem was sie jetz dann den Mädels und Usagi, der blauäugigen goldblonden fremden Schönheit, sagt! XD

Kapitel 13:
Ohuuu (>///<) *quiiieck* Sowas von süß! <3
Und der Kellner, echt toll.*daumen hoch* Meine Mama war schon in Wien im Wiener Cafe. Und nach ihren Erzählungen her würd ich sagen das die das in echt wohl auch so machen würden. (^.^)
Erst recht in Japan, wenn du verstehst was ich meine. ;)

Uih, holla. „Lasst euch von mir nicht stören!“ Oh oh o.O
Und weiter geht’s!

Kapitel 14:
Hihi, hab mich schon gewundert und musste zwei mal hin schaun, bis ich es geglaubt hab, das das Nachwort fehlt. ;D
Ja, das mit den schönen Urlaubszielen is so'ne Sache, ne. Auch bei uns nich grade günstiger. Oder gerade bei uns, wie
Ja, richtig heiß! (-^o^-) Und wie das ganze anfing. XD Ich konnte es richtig vor meinem inneren Auge sehen. Wie Mamoru gebannt und wie in Zeitlupe sich den Knoten lösen sah. Mit der leichten Panik. :D Und wie Usa-chan dann gleiches mit gleichem vergolten hat. Richtig keck! XD
Einfach so süß die beiden und in dem Fall auch richtig heiß und sexy. (-^.^-)p

Ja stimmt. Ich hab mir das jetz auch schon öfter gedacht. Gut das nicht nur Kleider Leute machen. ;)
Uns sie sieht mit offenen Haaren wirklich wunderschön und wie eine Göttin aus, was sie ja im endeffekt auch ist. (^.^)y Ich hab mir früher, und auch heute noch, immer gewünscht sie öfter mit offenen Haaren zu sehen. Und ich frag mich ebenso heute wie damals warum sie das nicht von vornherein hat, offene Haare. Wollte unsere Sensei damit etwas bezwecken?! Es für besondere Momente verwenden, weil sie so eben viel schöner aussieht?! Hmmm *ernst darüber nachgrübel und an kopf kratz*

Die Auszeit sei dir mehr als vergönnt. :)

Kapitel 15:
Das macht doch nix. RL geht nun mal vor und bei sowas sag ich immer: Lieber später als nie/garnich. ;)

Das find ich richtig toll/cool. Sonst war ja immer Usa die leidtragende. Jetzt hat sich der Spieß halt gefreht. Und Rei hat es nach all dem auch wirklich nicht anders verdient! *mit bösem blick kopfnick*
Und der letzte Satz, echt genial! Ich hab nur mies gegrinst und zustimmend genickt. Hehehe

Kapitel 16:
Ja, das was die Leserin bei FF.de meinte ist die andere Sichtweise, wo ich zuvor schon schrieb, aber meiner Meinung nach wahrscheinlich nur wenige vertreten. Und wie auch schon gesagt ist Rei selbst schuld, wenn sie es einfach nicht (ein)sehen will. Und das sie es so versuchen ihr langsam und schonend vor Augen zu führen finde ich auf auch auf jeden Fall besser, als einen Supergau hinzu legen.
Das war wieder mal ein super tolles Kapitel. Echt nett von ihrer Mama das ganze zu unterstützen und etwas leichter zu machen indem sie Mamo-chan zum essen einlädt. (^.^) Das mit Shingo fand ich auch toll. Ist er doch immer so frech zu seiner Schwester. Aber das kenn ich nur zu gut. *schief grins und in erinnerungen schwelg*
Das Mamoru bei ihr schlafen soll/darf hab ich auch erst überrissen als es ausgesprochen wurde! ÔoÔ Und dann das kleine bzw. kurze Liebesspiel. *verträumt dreinblick* Kann mir vorstellen das diese Situation iwie erregend ist. Hab zumindest schon öfter davon gehört. *blush*

Rei wieder... ich sag da jetz nix mehr. Hab ja schon oft genug meine Meinung dazu geäußert.
Aber eines doch noch, ich bin gespannt ob sich meine Vorahnung bewahrheitet. Ich hoffe ja, zu Gunsten des Paares, nein.

Kapitel 17:
Jetz is es also raus! :D Reis erste Reaktion is verständlich. Und endlich hat sie auch begriffen das sie ihre „Freundin“ eben mehr schlecht als recht kennt. Aber der Rest is wie immer einfach nur SAU DÄMLICH und krank! (¬_¬) Die-gehört-eindeutig-in-die-Klapse!!! Wenn es nich schon 23:46 Uhr und ich allein zu Hause wäre würde ich jetz wie 'ne Furie rum brüllen und meinem Tablett an die nicht vorhandene Gurgel gehen. >:( XD
Ami, NEIN, du musst dich ganz und gar nicht schämen!!! Hättest du es nicht dann ich und dann wär's nicht bei der einen geblieben! Nur leider geht das ja nicht. *seufz und frustriert mit fuß auf boden aufstampf* Und wehe du entschuldigst dich! >:(
Motokis Aussage, das Usagi wie ein Fixstern am Himmel ist is so süß! (-^.^-) Aber ich stimme ihm da zu. Oh weh! Wie's wohl weitergeht? Als Mamo-chan die SMS las hielt ich den Atem an und als Usa und somit auch ich den Text zu lesen bekam tat ich nur noch das: Augen zugekniffen, mit der Faust immer wieder auf die Matratze gehaun (die Federung hat das noch ganz toll unterstützt :D) und im Flüsterton geschätzte 20 mal „OH MEIN GOTT!“ gesagt wie ein Maschinengewehr. XD
Jetzt ist es 0:13 Uhr und ich sollte „eigl.“ schlafen, was mir auch mein Körper seit einiger Zeit zu verstehen zu geben versucht. Aber es ist verdammt noch mal grad so verdammt spannend! Und dann dieser letzte Satz, als schwebe sie in Lebensgefahr. Was ich grade übrigens wirklich glaube. (-.-)“
… iiich... werd einfach mal... weiter lesen. :)


Kapitel 18:
Waaas??? OoO Die Überschrift macht mir etwas Angst.
NEEEIN Usagi! Mensch Usa-chan! Aber ich kann's auch verstehen. Sie hat angst und es ist nun mal ihre Art, leider, in dem Fall. :(
Man was bin ich froh das Mamoru sie nich mehr gehen lässt! (^3^)
Ebenso froh bin ich wie zuvor Usagis Eltern Rei die Meinung gegeigt haben.
Die Art wodurch es Rei nun endlich begriffen hat is schon heftig. Aber allein schon durch ihr arschiges grinsen, obwohl sie kurz zuvor mit bekommen hatte wie sehr Usa-chan litt, vertrieb das leise aufkeimende Mitgefühl für sie sofort wieder. Reis Reaktion, nach dem läängst überfälligen erkennen, ist verständlich aber sie bekommt von mir keinerlei Verständnis oder gar Mitgefühl! (T_T) Ich kann mich nur wiederholen: „DU-BIST-SELBST-SCHULD!“ *mit ruhiger aber festen stimme sag und hinterher leise knurr* Aber wenigstens hat sie jetzt eendlich eingesehen wer hier der „Dummkopf“ ist/war. *seufts*
So wie du es mit Rei enden lassen hast find ich es ok, ich hab mir da ehrlich gesagt auch keine Gedanken darüber gemacht. ;)

So, es ist jetzt 1:17 Uhr. Die große Spannung ist weg (dafür hab ich jetz wieder Hunger (^o^)' *verlegen lach*). Also leg ich mich jetzt schlafen. Sofern ich das kann, mein Kater hat das ganze halbe Bett in Beschlag genommen. Und da ich ihm seit einiger Zeit schon seiner Freiheit berauben muss und noch einige Tage länger, da er eine verletzte Pfote hat, erlaube ich ihm das auch. ( ^.^-)
Und der Hunger wird einfach ignoriert. :D
Hm, jetzt is es 1:25. Ich hab echt 8 min. für diesen kleinen Abschnitt gebraucht?! Krass o.ô

Kapitel 19:
Das war mal wieder ein ruhigeres Kapitel, es hat mir gut gefallen.
Um ehrlich zu sein bin ich nicht sauer auf Rei, nicht wirklich. Ja es ist doof das sie es Usa anscheinend immer noch vorhält, aber so ist sie nun mal. Es war wirklich mutig von ihr Mina zu begleiten. Dafür hat sie meinen Respekt. Und auch weil sie die Bedeutung von Usas Worten erkannt hat. Klar ist es schade das sie sich so entschieden hat, aber ich bin mir sicher das du sie wieder zurück kommen lässt. ;)

Kapitel 20:
Aaaaaaaaaaawwwwwwww!!! <3 Soooooooo schöööööön! q(-^.^-)p
Ein wirklich perfektes Ende. *seufz* Ich hab das starke Bedürfnis mehr dazu zu schreiben, aber ich find keine Worte dafür. :3

Erst dachte ich mir, was so viel Zeit ist vergangen, kommen sie doch nicht mehr zusammen?!
Meeep XD Und als ich von Makoto und Motoki hörte sprangen mir fast die Augen aus dem Kopf. :D War das doch sehr überraschend für mich, da er bei dir ja sonst auch schon immer fest vergeben war. Aber alles im allem eine wirklich sehr gute/schöne FF. Das war wirklich mal was anderes. A) Wie du Anfangs sagtest nur ihr normales Leben und B) sehr lange. :)
Um ehrlich zu sein war's mir manchmal zu lang, bin ja die kurzen FFs gewöhnt, wo jedes Kapitel das letzte sein könnte. Aber es war eine willkommene Abwechslung. Sollte dir mal wieder der Sinn danach stehen, bitte, nur zu! ;)

PS: Ich musste doch sehr lachen als ich von Usagis zahlreichen Brautjungfern hörte, aber eigl. klar. Wie ebenso das es ihr natürlich nicht reichte, Rei muss selbstverständlich auch noch mit rein! XD
Iwie echt süß.

PS:Das waren volle 4 Word Seiten. *erst verlegen und dann schelmisch grins*
Antwort von:  Vienne
22.09.2015 13:46
Danke für die vielen Wordseiten voller netter Kommiwörter :)
Antwort von:  SakuraTsuki
22.09.2015 13:47
:D Gerngeschehen
Von:  Lunata79
2015-02-17T16:48:45+00:00 17.02.2015 17:48
Oi!
Bin grad am wiederholten Lesen deiner FF und habe grade einen Logikfehler entdeckt:

> “Schau nicht so doof, Baka. Hör mal, ich werde morgen wiederkommen und dir die neuen Mitschriften bringen und das war’s. Und am Mittwoch geh ich mit dir zum Arzt.

und ganz unten:

> Sie nickte nur und verschwand in Richtung Aufzug, während er sich in seine Wohnung zurück zog. Es war ihm klar, dass es anstrengend mit ihr werden würde. Wahrscheinlich hatte Rei sie auch gebeten, ihn zum Arzt zu begleiten.

Wollte dich nur darauf aufmerksam machen.

Lg
Lunata79
Antwort von:  Vienne
17.02.2015 19:16
Ach schau...na egal...aber danke ^^
Von:  Lunata79
2015-01-08T17:15:29+00:00 08.01.2015 18:15
Abgeschlossen? Nein?
Hast du vergessen abzuschließen? Na, die FF! ist immer noch 'nicht abgeschlossen'. *lach*
Von:  Lunata79
2014-12-19T17:44:48+00:00 19.12.2014 18:44
Das wars also. Das letzte Kapitel.
Ich finde es wirklich toll, dass Rei den Liebeskummer überwinden konnte und nun wieder Teil Usagis Leben ist. Nun können alle glücklich sein.
Wirklich schöner Abschluss.
Hast du auch nicht vergessen, diese FF als abgeschlossen zu kennzeichnen? ^^
Hab deine FF wirklich gerne gelesen und hat riesen Spaß gemacht, mitzuerleben, wie Usagi mit Mamoru langsam zusammenkommt und dann der ganze Ärger mit Rei, bis sie endlich begriffen hat, dass Mamuro wirklich Usagi liebt und nur mit ihr zusammen sein will.
Tja, jetzt hat sich´s wohl ausgelesen.
Na, dann wünsch ich dir mal ebenfalls schöne Weihnachtsferien und einen guten Rutsch in neue Jahr. Vielleicht liest man sich ja mal wieder.

Lg
Lunata79
Von:  Lifestar
2014-12-19T16:50:03+00:00 19.12.2014 17:50
Sorry wenn ich in letzter Zeit nicht so viel Kommis gebe oder auch selbst was rein stelle.
Meine Mum ist grad im Krankenhaus und ich hab viel zu viel zu tun da ich ihren Part auf dem Betrieb übernehmen muss xD
Wie auch immer ....
Das Kapitel und und auch das letzte waren mal wieder super, auch wenn ich drei Ansätze gebraucht habe um dieses Kapitel zu lesen ^^
Solltest du mich nichts mehr von mir hören bis Weihnachten, wünsche ich dir jetzt schon schöne und auch ruhige Weihnachten ^^
GLG
Lifestar
Von:  solty004
2014-12-19T12:30:17+00:00 19.12.2014 13:30

Hey,
Sorry das ich mich erst jetzt schreibe.
Doch ist mein wenige Freizeit die so schon habe noch weniger. Den meine Baustelle neigt sich endlich zum Ende und dann noch die Weihnachtszeit kombiniert mit Geburtstag.
Jeder der eigene oder kleine Kinder in der Verwandtschaft hat weiß das heißt. Dass man mit den kleine jetzt halt Kekse backen um sie auf weinachten ein zu stimmen.
Also nicht böse sein wen ich zur Zeit etwas unregelmäßige schreibe!!!!!!

Es waren echt super Kapiteln.
Es war so eine wundschöne Story und da sagst du das du kein Talent für Rahel Storys hast, schäm die für so eine Aussage fünf Minuten in die Ecke. :)

Der Schluss war einfach der Hammer. Wie sie sich alle wieder versöhnt haben nur durch Usagis unbeschwerte Art. Es ist auch schön das die beiden Heiraten nach dem Mamoru ihr klarmachen musste das er sie niedriger gehen lassen wird. Weil sie glaubte wegen Rei sich von ihm trennen zu müssen. Nur das sie glücklich ist. Aber er hat es geschafft es ihr ein zu bläuen das sie auch mal egoistisch sein darf, besonders wenn es um die lieben geht. Es ist auch gut das erst Heiraten wen jeder der beiden ihre Ausbildung beendet haben und dann vielleicht mit der Familien Planung beginnen.

Aber das ist eine anders Story!!!;))


Freu mich schon auf was Neues von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

Ps.: Ich gelobe im neuen Jahr wider Besserung mit den Kommentar schreiben. So das wider regelmäßig kommen wie gewohnt von mir. Die mich schon länger kennen wissen dass ich ansonsten ein regelmäßiger Kommentar Schreiber bin.

Hiermit möchte ich dir noch ein besinnliches Weinachten mit Freunden und Familie und ein guten Rutsch ins neue Jahr. Aber nicht zu feucht dafür umso fröhlich!!!!!

Von:  selena
2014-12-18T20:16:27+00:00 18.12.2014 21:16
was für ein schönes ende.
ich war ganz gerührt von vielen stellen und ich freu mich riesig das die beiden heiraten.
das rei wieder dabei ist, war abzusehen und so wie es passiert ist ist das richtig toll geworden.

schade finde ich das es nun schon zu ende ist, aber ich freu mich schon auf weitere geschichten von dir.
Von:  Shanti
2014-12-18T18:06:31+00:00 18.12.2014 19:06
Abend

omg ich hat tränen in den augen
ein super kappi

icj freu mich schon aif weitere ffa von dir

lg shanti


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