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Weggehen und etwas anderes machen

von

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Sechs

Seine früheste Kindheitserinnerung ist die an den Tag, als er in Papas Arbeitszimmer getapst ist und dort alle Schriftrollen aus dem Regal geräumt hat. Die meisten waren leicht zu öffnen, er hat sich einen Spaß daraus gemacht, sie über den Boden zu rollen. Nur einige hatten seltsame Siegel, ein bisschen wie Wachs, leuchtend orange. Er hat versucht, eines dieser Siegel aufzubrechen mit seinen kurzen, kraftlosen Fingern, aber es hat nicht funktioniert. Er ist wütend geworden und hat die Schriftrolle gegen einen Schrank geschlagen, und plötzlich ist das Siegel explodiert. Es hat überall leuchtend orange Farbe verspritzt, über seine Arme und seine Brust bis ins Gesicht. Vor Schreck hat er angefangen zu weinen.

„Was ist denn hier los?“

Er erinnert sich an Papas schwere Schritte hinter ihm. „Biwako! Ich habe doch gesagt, du sollst die Kinder nicht in mein Arbeitszimmer lassen!“

„Asuma? Oh nein, was hast du denn gemacht?“

Er hat weiter geheult, und Biwako hat ihn hochgenommen, wobei sie sich selbst mit oranger Farbe beschmiert hat.

„Scht. Ist doch alles gut. Alles gut.“

„So ein Durcheinander!“, hat Hiruzen geschimpft. „Das waren wichtige Dokumente!“

„Warum bewahrst du sie dann in deinem Haus auf? Du hast kleine Kinder!“

„Und auf die sollst du ein Auge haben, das kann ja nicht so schwer sein!“

„Hast du eine Ahnung! Man kann besser einen Sack Flöhe hüten als deine Affenbande, Hiruzen!“

Meine Affenbande? Unsere Affenbande!“

Danach konnte Asuma sich erst recht nicht mehr beruhigen. Mama und Papa sollen sich nicht streiten.
 

*
 

„Nun, das kommt davon!“, sagt Biwako und lacht. „Man bricht nicht einfach so geheime Siegel des Hokage auf. Aber langsam könnte die Farbe doch wirklich abgehen ...“

Asuma sagt nichts dazu. Er ist sechs Jahre alt und hat gerade eine Stunde in der Badewanne eingeweicht. Von Zeit zu Zeit packt Biwako der Eifer, noch einmal zu versuchen, die drei Jahre alte Farbe ab zu bekommen. Mittlerweile sind die orangen Spritzer auf Asumas Armen, Oberkörper und Kinn stark verblasst, aber ein paar Reste sieht man immer noch.

„Sowieso ist das eine seltsame Sicherheitsvorkehrung, die Hiruzen da hat. Ein kleines Betäubungsjutsu wäre doch viel nützlicher.“

Sie hebt Asuma aus der Wanne und trocknet ihn gründlich mit einem Handtuch ab. Asuma angelt nach seiner Schlafanzughose.

„Darf ich noch raus, Mama?“

Biwako sieht ihn fragend an. „Wo willst du denn hin? In einer Stunde musst du ins Bett.“

„Nur kurz. Ein bisschen auf die Veranda. Es ist doch so warm, Mama.“

„Also schön.“ Sie rubbelt noch einmal durch seine Haare. „Aber zieh dich ordentlich an. Auch Schuhe!“

„Hmmm“, macht Asuma, der mit den Gedanken woanders ist.
 

Draußen auf der Veranda sitzt Hiruzen mit seiner Pfeife, die Beine verschränkt, ganz still. Asuma bleibt in der Schiebetür stehen und atmet den Rauch ein. Es ist der unverwechselbare Geruch von zu Hause, von Papas Pfeife, die ihm aufs Höchste imponiert, und von Erwachsensein. Erwachsene können so viele Sachen, rauchen und spät auf der Veranda sitzen und seltsame Schriftrollen in ihrem Haus aufbewahren.

„Komm doch näher, Asuma.“

Asuma zuckt zusammen, als Hiruzen sich zu ihm umsieht. Er lächelt, die qualmende Pfeife in der rechten Hand. Niemand lächelt so wie er, mit den vielen Falten um den Mund und mit diesen klugen, gütigen Augen. In solchen Momenten fällt Asuma auf, wie gern er ihn eigentlich hat.

Barfuß tritt er näher und setzt sich neben Hiruzen, wobei er unwillkürlich dessen Haltung imitiert.

„Du bist noch wach?“, fragt Hiruzen.

„Ich habe schon gebadet“, antwortet Asuma schnell. „Aber ich wollte zu dir.“

„Warum das denn?“

„Weil du ja sonst nie Zeit hast. Du arbeitest so viel, oder du trainierst irgendwen, nur nicht mich.“

Hiruzen hebt die Augenbrauen, sagt aber nichts dazu, sondern zieht bedächtig an seiner Pfeife. Fasziniert beobachtet Asuma, wie er den Rauch einsaugt und durch Mund und Nase wieder ausstößt.

„Wie ein Drache“, rutscht es ihm heraus.

Hiruzen schmunzelt. „Soll ich versuchen, Rauchringe zu machen?“

„Mach mal!“

Er nimmt einen tiefen Zug, spitzt die Lippen und versucht es einige Male, aber es gelingt ihm nicht. Sie müssen beide lachen.

„Tja, mein Sohn. Es gibt auch Dinge, die dein Vater nicht kann.“

„Obwohl du der Hokage bist?“

„Natürlich.“

Der Gedanke, dass selbst ein Hokage nicht alles können muss, kommt Asuma zum ersten Mal. Er muss Hiruzen einige Sekunden lang anstarren, um darüber nachzudenken. Hiruzen zieht erneut an seiner Pfeife.

„Also gebadet hast du?“, fragt er. „Du siehst aber noch ein bisschen dreckig aus. Ist das Farbe an deinem Kinn?“

Asuma reibt über den orangen Fleck, der schon so lange da ist, dass er glaubt, er könnte ihn fühlen. „Das ist von damals. Von dem komischen Siegel.“

„Immer noch?“, fragt Hiruzen überrascht. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Farbe so hartnäckig ist.“

„Warum machst du so was an die Schriftrollen, Papa? Dann kann man sie ja nicht lesen.“

Hiruzen lacht. „Natürlich kann man das – wenn man weiß, wie man das Siegel öffnen muss. Niemand, der nicht eingeweiht ist, kann die Schriftrolle unbemerkt öffnen. Es ist ein Trick, um Geheimnisse zu schützen. Verstehst du?“

Asuma macht große Augen. „Was für Geheimnisse denn?“

„Nun ... ich bin der Hokage. Ich befasse mich mit Dingen, die nicht jeder wissen muss.“

„Kannst du mir ein Geheimnis verraten?“, fragt Asuma aufgeregt. „Nur ins Ohr!“

Erneut muss Hiruzen lachen. „Nein, Asuma. Solche Geheimnisse kann ich nur ausgebildeten Shinobi anvertrauen. Wenn du groß bist ...“

Beleidigt schiebt Asuma die Unterlippe vor.

„Mach doch nicht so ein Gesicht. Streng dich an der Akademie an, dann wirst du schon bald ein guter Shinobi sein.“

„Wenn du das willst, warum trainierst du mich dann nicht?“

Hiruzen hebt die Augenbrauen. „Sobald du ein, zwei Jahre auf der Akademie warst und die Grundlagen solide beherrschst, kann ich dir gerne etwas beibringen. Davor gibt es wenig, was ...“

„Die Großen hast du schon trainiert, bevor sie auf der Akademie waren“, unterbricht Asuma ihn. „Schon mit vier.“

„Habe ich nicht.“

„Hast du doch! Hat Mama gesagt.“

„Ja ... doch, sie hat recht. Ich erinnere mich.“ Hiruzen seufzt und strubbelt Asuma durch die etwas nassen Haare. „Verzeih mir, Asuma. Es ist wahrscheinlich, weil du der Jüngste bist.“

„Ich weiß. Ich war gar nicht mehr geplant, sagt Mama. Aber ich bin schon sechs! Du kannst mir ruhig mal irgendwas beibringen. Irgendwas Cooles!“

„Irgendwas Cooles“, wiederholt Hiruzen belustigt.

„Die an der Akademie fragen schon immer, was ich für Sachen kann, weil ich der Sohn vom Hokage bin. Und wenn sie merken, dass ich nichts kann, lachen sie mich immer aus. Ich ...“ Asuma spürt, dass er rot wird. „Ich will schon gar nicht mehr sagen, dass ich Sarutobi heiße. Alle lachen immer.“

Hiruzen runzelt die Stirn. „Du brauchst dich für unseren Clan nicht zu schämen, Asuma.“

Er sagt es so ernst, dass Asuma nicht weiß, ob es ein Trost oder ein Vorwurf sein soll. Unbehaglich zieht er seine verschränkten Beine enger zu sich.

„Weißt du, welches Tier mit dem Sarutobi-Clan in Verbindung gebracht wird?“, fragt Hiruzen.

„Der Affe“, murmelt Asuma. „Deswegen nennt Mama uns doch die Affenbande.“

„Ganz genau. Und was tut ein Affe?“

Asuma zuckt die Achseln. „Bananen fressen. Auf Bäume klettern. Mit Aa werfen.“

„Bäume sind ein gutes Stichwort.“

Hiruzen deutet auf den größten Baum des Gartens, der am anderen Ende der Wiese steht. Oben hat er große, starke Äste dicht an dicht, aber auf den untersten fünf Metern sind sie eher spärlich.

„Glaubst du, du kommst diesen Baum hinauf, Asuma?“

„Weiß nicht. Eher nicht.“

„Weißt du, wie du dein Chakra einsetzen musst, um am Baumstamm mehr Halt zu haben?“

„Nein. So was gibt es?“

„Natürlich. Soll ich es dir beibringen?“

Asuma blinzelt einige Male. „Das ... ist nicht so richtig cool, Papa.“

„Aber es hilft hervorragend bei der Chakrakontrolle. Soll ich es dir beibringen oder nicht?“

Es ist das erste Mal, dass Papa ihn trainiert, schießt es Asuma durch den Kopf. Vor Aufregung kann er nichts sagen, also nickt er nur.

Hiruzen lächelt und steht auf. „Komm mit. Machen wir ein würdiges Mitglied der Affenbande aus dir.“
 

Sie trainieren so lange, bis Biwako aus dem Haus kommt und schimpft, es sei schon fast Mitternacht und Asuma müsse längst im Bett liegen, was denkt Hiruzen sich eigentlich? Asuma hat es bis in die dicken Äste oben geschafft, und er hat trotz der Dunkelheit im Garten Hiruzens zufriedenes Lächeln gesehen. Das entschädigt ihn für all die Kratzer von der Baumrinde, die kalten Füße und die eingerissenen Fingernägel. Hiruzen ist froh, und deswegen ist Asuma es auch.

„Jetzt könntest du gleich noch einmal baden“, raunt Hiruzen ihm zu, als er ihn die Treppe hoch ins Haus trägt. Asuma schüttelt nur den Kopf, schon schlaftrunken. („Sieh ihn dir an, Hiruzen, der Junge ist ja völlig erschöpft! Du bringst ihn sofort ins Bett!“) So leise wie möglich schiebt Hiruzen die Tür zu Asumas Zimmer auf, legt ihn ins Bett und deckt ihn ordentlich zu.

„Wenn ich groß bin“, fragt Asuma, dem schon die Augen zufallen, „werde ich dann so stark wie du?“

„Wenn du hart an dir arbeitest, bestimmt“, antwortet Hiruzen lächelnd.

„Kann ich dann auch Pfeife rauchen?“

„Natürlich, wenn du möchtest.“

„Kriege ich einen Bart wie du?“

„Ganz bestimmt. Aber jetzt schläfst du erst einmal. Mit dreckigen Füßen schläft es sich ausgezeichnet, das weiß ich aus Erfahrung.“

Er grinst, und Asuma muss lachen und danach gähnen.

„Gute Nacht, kleiner Affe.“

„Gibst du mir noch Mori-san?“, murmelt Asuma und deutet auf die Stofftiere, die aufgereiht an der Wand sitzen. Hiruzen mustert sie überrascht.

„Du brauchst ein Stofftier zum einschlafen?“

„Quatsch. Mori-san braucht mich, sonst kann er nicht einschlafen.“

Hiruzen lacht. „Dann kann man da wohl nichts machen. Wer ist es denn? Der hier?“

Er greift nach dem orangen Affen, der ganz links sitzt, aber Asuma schüttelt unwillig den Kopf. „Nicht der. Der Bär.“

Den Affen hat er schon ewig und kann ihn nicht ausstehen. Vielleicht liegt es an den ausgeleierten langen Armen oder den dumm starrenden Glasaugen, aber vielleicht auch einfach an der Farbe. Wann immer Asuma Orange sieht, hat der den Drang, wegzugehen und etwas anderes zu machen.

„Das ist also Mori-san? Sehr angenehm.“ Hiruzen reicht den Teddy an Asuma weiter, der ihn sorgfältig neben sich aufs Kopfkissen legt. „Gute Nacht, ihr beiden.“

„Gute Nacht, Papa.“

Hiruzen klopft noch einmal die Decke zurecht und lächelt Asuma zu. „Sicher kommt Mori-san bald in ein Alter, in dem er dich nicht mehr zum einschlafen braucht. Was meinst du?“

„Bestimmt“, sagt Asuma. Solange Hiruzen nicht vorschlägt, stattdessen den orangen Affen mit ins Bett zu nehmen, ist ihm alles recht. Oranger Affe. Also wirklich.
 

Jeden Tag, wenn Asuma von der Akademie kommt, sieht er als erstes nach, ob Hiruzen da ist. Meistens ist er es nicht. In diesem Fall isst er zu Mittag, macht seine Hausaufgaben, klettert dann in den höchsten Baum im Garten und wartet. Er kann lange warten, es ist schön hier oben. Die Blätter malen grüne, zuckende Schatten auf den Ast unter seinen Händen und auf seine nackten Arme. Er kann alles beobachten, seine älteren Geschwister, die manchmal im Garten trainieren und ihn nie bemerken, oder Biwako, wenn sie die Blumen gießt. Er wartet.

Irgendwann sieht er Hiruzen auf die Veranda treten, meistens in seinem Hokage-Mantel, aber ohne den Hut, etwas müde nach dem Arbeitstag, etwas gebeugt. Und Asuma reckt den Kopf aus den Blättern und schreit hinunter.

„Papa! Guck mal, wo ich bin!“

Jedes Mal hebt Hiruzen den Kopf, tut, als müsse er erst suchen, und lacht dann. Es macht ihm Freude, wenn sein jüngster Sohn durch die Äste turnt wie ein Affe. Und wenn das die einzige Art ist, auf die Asuma seine Aufmerksamkeit erregen kann, dann soll es so sein.

Acht

„Asuma!“, ruft Biwako über das Prasseln des Regens. „Komm sofort da runter!“

Er kann ihr Gesicht unter der Kapuze des orangen Regenmantels erkennen, verständnislos, wütend. Durch den Regen sieht er alles verwaschen. Oben in den Ästen des Baumes weht ein schneidend kalter Wind. Einen Moment lang blitzt der Garten taghell auf, dann liegt er wieder im Halbdunkel. Es ist früher Nachmittag, aber der Himmel ist fast schwarz.

„Du holst dir den Tod, Freundchen! Was denkst du dir eigentlich?“

„Ich kann nicht runter!“

„Ach ja? Und warum nicht?“

„Die Äste sind zu nass! Ich rutsche ab!“

Asuma muss schreien, um das Donnergrollen zu übertönen. Er sieht, wie Biwako unten den Kopf schüttelt, aber sie sagt nichts mehr. Stattdessen zieht sie die Hände aus den Taschen, krempelt die Ärmel hoch und tritt auf den Baumstamm zu.

„Bleib, wo du bist!“

Verblüfft sieht Asuma zu, wie sie den Baum erklimmt. Er wusste nicht, dass seine Mutter so etwas kann. Und das ist doch sein Baum.

Als Biwako sich ächzend neben ihn auf den Ast setzt, blitzt es gerade noch einmal. „Jetzt aber schnell“, sagt sie und beginnt, ihren Regenmantel zu öffnen. „Du ziehst den über, und dann klettern wir runter, zusammen. Ich halte dich.“

„Nein“, sagt Asuma.

Sie funkelt ihn an. „Sarutobi Asuma! Du wirst mit mir von diesem verdammten Baum herunter kommen, oder ich vergesse mich!“

„Ich komme ja. Aber den Mantel ziehe ich nicht an!“

„Du machst mich wahnsinnig!“ Biwako schließt den Mantel wieder, in leuchtendem Orange, alarmierendes Orange, das-darfst-du-nicht-Orange. „Aber wie du willst. Noch nasser kannst du ja nicht werden. Komm jetzt.“

Sie lässt sich herunter gleiten, bis sie auf einem Ast weiter unten steht, und greift nach Asumas Hand. Seine Finger sind eiskalt und glitschig vom Regenwasser, seine Zähne klappern.

„Ganz langsam, Asuma. Wir schaffen das schon.“

Sie schimpft nicht. Das hebt sie sich sicher für später auf.
 

„Also, Asuma.“

Sie hat ihn direkt in die Badewanne gesteckt und ist gerade dabei, ihm die Haare zu waschen. Er hat die Augen zu. Das warme Wasser brennt auf seiner kalten Haut.

„Ich weiß nicht, was mit dir los ist. Gut, du hast schon immer gerne auf diesem Baum gesessen. Das respektiere ich auch. Aber in den letzten zwei Wochen hast du ja bis abends dort gehockt. Sogar das Abendessen hast du ein paar Mal verpasst! Was ist los mit dir, Asuma?“

Asuma schluckt.

„Hast du irgendwelche Probleme?“ Biwako streicht ihm die nassen Haare aus dem Gesicht und verharrt einen Moment so, die Hand auf seiner Stirn. „Irgendetwas an der Akademie?“

Er schüttelt den Kopf.

„Oder hast du dich mit einem Freund gestritten? Du kannst mir alles sagen, Asuma. Ich bin doch deine Mutter.“

Sie klingt so ernst, so besorgt, dass er sich kaum traut, zu sprechen.

„Ich habe auf Papa gewartet.“

Biwako hält kurz inne. „Meinst du das ernst?“

Er kann nichts sagen.

„Aber Hiruzen ist doch längst hier. Er ist gegen fünf nach Hause gekommen und hat etwas gegessen. Danach ist er gleich in sein Arbeitszimmer gegangen. Er hat etwas viel zu tun im Moment.“

„Aber“, murmelt Asuma und muss daran denken, wie Hiruzen immer gelächelt hat, wenn er in den Garten gekommen ist und Asuma in seinem Baum gesehen hat, wie ein Affe in den Ästen, sein jüngster Sohn. Vielleicht ist er nur in den Garten gekommen, um Asuma zu sehen, ein oder zwei Jahre lang. Und jetzt kommt er nicht mehr.

„Aber ich habe auf Papa gewartet.“

Ein Shinobi weint nicht, aber Asuma ist erst acht, noch nicht einmal Genin, und das Schluchzen bricht aus ihm heraus.

„Armer Junge“, sagt Biwako. „Du bist ja völlig durch den Wind. Du gehst sofort ins Bett, und ich mache dir einen Tee. Das wird schon wieder.“

Sie gießt ihm Wasser über den Kopf, um den Schaum abzuspülen. Asuma öffnet die nassen Augen und starrt seine Brust an, auf der noch so lange die orangen Spritzer waren. Aber mittlerweile sind sie spurlos verschwunden. Es ändert nichts daran, dass Orange die verbotene Farbe ist, die geh-weg-und-mach-was-anderes-Farbe. Die Asuma-Papa-kann-dich-jetzt-wirklich-nicht-gebrauchen-Farbe.
 

Am nächsten Morgen ist bei Asuma alles zu, Nase und Ohren und Augen, und Husten hat er auch. Biwako misst Fieber und verordnet ihm ein paar Tage Bettruhe. Er liegt da, den Teddy Mori-san neben sich, und döst. Der orange Affe sitzt auf seinem Platz und sieht ihn mit blöden Glasaugen an, aber er ignoriert ihn nach Kräften.

„Wie geht es dir?“, fragt Biwako, als sie mittags nach ihm sieht und ihm Tee bringt. Sie hat noch kein einziges Mal Das kommt davon gesagt. Asuma zuckt die Achseln, richtet sich in seinem Kissen auf und greift nach der Teetasse. Er kann sie kaum halten, so kraftlos sind seine Hände. Das hasst er am meisten an Erkältungen.

„Ich werde Papa sagen, er soll später nach dir sehen“, fährt Biwako fort.

„Muss er nicht, wenn er viel zu tun hat.“

„Ach was! Er wird wohl zehn Minuten für seinen kranken Sohn aufbringen können, das wäre ja noch schöner.“

Asuma nimmt einen kleinen Schluck Tee und schüttelt den Kopf. „Ich will nicht, dass er die ganze Zeit ungeduldig ist, weil ich ihn von der Arbeit abhalte. Da kann er lieber ganz weg bleiben.“

Biwako seufzt und lächelt Asuma an. „So ist das eben, wenn man der Sohn des Hokage ist.“

„Ich will gar nicht der Sohn des Hokage sein“, sagt Asuma trotzig. „Andere Väter haben wenigstens Zeit.“

„Andere Väter tragen nicht das Wohl eines ganzen Dorfes auf ihren Schultern“, erwidert Biwako. „Reiß dich ein wenig zusammen, Asuma. Du bist acht Jahre alt. Du solltest stolz auf deinen Vater sein.“

Aber Asuma kann nicht stolz darauf sein, dass er seinen Vater mit all den dummen Dorfbewohnern teilen muss. Die haben ja wohl nicht mehr Recht auf Hiruzen als Asuma. Aber so ist das, wenn man einen Vater hat, der Hokage ist.
 

Am Abend kommt Hiruzen leise ins Zimmer, setzt sich neben das Bett und flüstert.

„Asuma?“

Asuma liegt auf der Seite, das Gesicht zur Wand, und stellt sich schlafend. Einen Moment lang wartet Hiruzen ab. Dann beugt er sich über Asuma, mit raschelndem Gewand, und küsst ihn auf die Wange.

„Werde bald wieder gesund, mein Junge. Schlaf dich aus.“

Unverändert leise steht er auf und geht wieder.
 

Drei Tage später sitzt Asuma morgens am Küchentisch, obwohl Biwako ihn frühestens nächste Woche wieder zur Akademie lassen wird. Er pustet seinen Tee, und Biwako macht den Abwasch und redet.

„Ich habe Hiruzen nicht gesagt, warum du auf dem Baum gesessen hast. Ich finde, das ist etwas, was ihr beide unter euch ausmachen müsst.“

Asuma zuckt die Achseln. „Er braucht es nicht zu wissen. Es würde ja doch nichts daran ändern, dass er nie Zeit hast.“

„Kurz bevor du geboren wurdest“, sagt Biwako, „ist der letzte große Krieg der Shinobi zu Ende gegangen. Dein Vater setzt alles daran, dass Konoha in Frieden leben kann. Er tut es für dieses Dorf, für jeden seiner Einwohner. Und er tut es für dich, Asuma. Du wurdest in Friedenszeiten geboren, und du sollst keinen Krieg kennen. Hiruzen will dir das ersparen.“

„Ist mir doch egal!“, sagt Asuma ungeduldig. „Ich will nur, dass Papa mehr Zeit hat! Dass er da ist! Der Frieden ist mir scheißegal!“

Biwako wirft ihm einen tadelnden Blick zu. „Lass das bloß nicht deinen Vater hören.“

Sie wendet sich wieder ab und lässt klappernd das Besteck ins Waschbecken fallen.
 

Die Tage zu Hause werden lang, solange er nicht zur Akademie darf. Er hat überlegt, wann Hiruzen ihn das letzte Mal ins Bett gebracht hat, und es ist ihm tatsächlich eingefallen. Damals, als er sechs Jahre alt war und gerade gelernt hatte, wie man auf den hohen Baum klettert. Asuma weiß noch, wie zufrieden Hiruzen war. Wie er gelächelt hat. Was er über den Teddy Mori-san gesagt hat.

„Ich will die Stofftiere nicht mehr, Mama.“

Biwako sieht ihn überrascht an. „Was meinst du?“

„Ich will sie wegwerfen“, sagt Asuma entschieden. „Ich bin doch kein Baby mehr.“

„Ach was, weggeworfen werden die nicht! Wir packen sie weg, für meine Enkelkinder.“

Asuma zuckt die Achseln. Ihm ist alles recht, solange sie nur wegkommen. Biwako holt einen großen Plastiksack aus der Küche, und sie sammeln die ganze plüschige Bande ein, gelb und grün und braun, schlaffe Arme und Beine, starrende Glasaugen. Den Affen pfeffert Asuma ganz unten in den Sack.

„Nicht so grob“, tadelt Biwako ihn.

„Den Affen fand ich schon immer doof“, sagt Asuma missmutig.

„Gefällt dir Orange nicht?“

Er wird rot. „Das hat doch gar nichts mit der Farbe zu tun!“

Sie sagt nichts und fährt fort, den Beutel zu füllen. Den Teddy Mori-san legt sie obenauf, und Asuma muss ein bisschen schlucken, als sie den Sack über ihm zuknotet.
 

„Ich glaube, unser Asuma wird langsam erwachsen“, sagt Biwako beim Abendessen.

„Ach ja?“, fragt Hiruzen.

„Er hat sich heute von all seinen Stofftieren getrennt.“

„So?“ Hiruzen sieht Asuma an und lächelt. „Dann schafft Mori-san es jetzt, auf eigenen Beinen zu stehen?“

Asuma muss daran denken, dass Mori-san jetzt im Keller in einem Plastiksack liegt und sicher furchtbar einsam ist.

„Klar schafft er das“, antwortet er fest. Hiruzen und Biwako lachen, ein bisschen amüsiert, ein bisschen stolz. Das war alles, was Asuma wollte.
 

Hiruzens Lächeln hält nie lange vor. Nach einer Weile vergisst er Asuma wieder, meistens schon am nächsten Morgen, wenn er sich wieder mit Jounin zu streng geheimen Besprechungen trifft und Schriftrollen mit orangen Siegeln verteilt. Aber später, denkt Asuma. Wenn er erst einmal Genin ist, dann wird Hiruzen Zeit haben. Dann wird er ihm beibringen, wie man die orangen Siegel öffnet, ohne dass sie explodieren. Asuma freut sich darauf.

Neulich hat Biwako ihm ein oranges T-Shirt aus der Stadt mitgebracht, vielleicht nur aus Versehen. Er hat es am ersten Tag mit Wasserfarbe bekleckert, ganz aus Versehen natürlich. Biwako hat es dem Waisenhaus gespendet und kein Wort mehr darüber verloren.

Zehn

Als Asuma an diesem besonderen Tag von der Akademie kommt und seine Schultasche in die Ecke pfeffert, sieht er durch ein Fenster, dass Hiruzen im Garten steht. Sein Herz macht einen Hüpfer.

„Papa!“

Er schiebt die Tür zur Veranda auf und springt die Holzstufen hinunter. „Papa, rate, was passiert ist! Ich ...“

Er stockt, als wie aus dem Nichts zwei ANBU vor Hiruzen auftauchen. Der eine sagt gedämpft etwas zu ihm, und Hiruzen nickt und überlegt kurz. Er gibt irgendeinen Befehl, und einer der beiden Männer verschwindet wieder.

„Papa?“, fragt Asuma zaghaft.

Hiruzen dreht sich um, und einen Moment lang sieht er ungeduldig aus. Dann lächelt er und streicht Asuma über den Kopf.

„Asuma. War es schön an der Akademie?“

Er fragt, aber Asuma weiß, dass er für die Antwort gar keine Zeit hat.

„War gut“, murmelt er. „Wie immer.“

„Das freut mich. Ich muss dringend weg. Sag deiner Mutter, sie soll das Abendessen für mich aufheben, ja?“

Mit dem nächsten Wimpernschlag ist er in einer Rauchwolke verschwunden, zusammen mit dem verbleibenden ANBU. Asuma bleibt stehen, wo er ist, und ballt die Fäuste.

„Asuma!“, erklingt Biwakos Stimme hinter ihm, aber er achtet nicht darauf. Soll Papa doch gehen und irgendwelche orangen Siegel verteilen, um Geheimnisse zu schützen, die Asuma nichts angehen. Oder womit auch immer er seine Zeit verbringt.

„Asuma?“

Biwako tritt hinter ihn und streichelt seine Schulter. „Hey. Was ist denn los? Wie lief die Abschlussprüfung der Akademie?“

Asuma kann nichts sagen. Seit drei Wochen konnte er an nichts anderes denken als an die Prüfung, hat ständig davon erzählt, beim Frühstück, beim Abendessen, einfach immer. Wie oft hat Hiruzen nur genickt und ihn angelächelt. Du schaffst das schon, mein Sohn. Ich glaube an dich. Aber für Asuma hat es immer geklungen wie Ich bin der Hokage, ich habe wichtige Dinge zu erledigen. Glaubst du wirklich, ich mache mir Sorgen um deine lächerliche Prüfung?

„Asuma?“, fragt Biwako besorgt. „Was ist denn, mein Schatz? Ist es nicht gut gelaufen?“

„Habe bestanden“, murmelt Asuma. „Mit Auszeichnung.“

Tränen schießen ihm in die Augen. Er reißt sich von seiner Mutter los, rennt zu dem Baum im hintersten Teil des Gartens und klettert die Äste hinauf, gelenkig wie ein Affe.
 

Neun Jahre alt und Genin zu sein, ist gut, hat Asuma gedacht. Aber das ist es nicht, weil seine Missionen Unsinn sind, stumpfsinnig und nutzlos. Und weil Hiruzen ihn noch immer kaum ansieht, nicht mehr als ein Lächeln beim Abendessen und ein „Wie war dein Tag?“. Danach geht er wieder in sein Arbeitszimmer und versiegelt Schriftrollen. Asuma betrachtet die orangen Siegel feindselig. Irgendwann wird er groß genug sein, um sie zu bezwingen. Irgendwann.
 

Aber zuerst einmal wird er zehn, und der Winter und der Frühling gehen vorüber. Danach kommt der lange Sommer, in dem er sich mit den anderen Jungen herumtreibt, mit Gai und Ibiki, mit Obito und den restlichen schwarzhaarigen, schwarzäugigen Uchiha-Bälgern, manchmal mit Kakashi, manchmal mit den Großen, Genma und Ebisu und Raidou. Söhne von Jounin und ANBU, Söhne von Chuunin, Söhne stolzer Clans und solche aus den bescheidensten Verhältnissen. Gais Vater ist nur Genin. Manchmal zieht jemand Gai damit auf, und dann prügeln sie sich, bis eine blutet, und dann ist alles wieder in Ordnung. Das Leben ist so einfach.

Nur einer von ihnen ist der Sohn des Hokage, aber das kommt nie zur Sprache. Beinahe wünscht Asuma sich, jemand würde einen dummen Spruch darüber bringen. Dann könnten sie sich gegenseitig eine blutige Nase hauen, und damit wäre das Thema erledigt. So funktioniert das.
 

„Ich habe dir doch gesagt, wann es Mittagessen gibt! Jetzt ist es natürlich kalt! Wo hast du so lange gesteckt?“

Biwako muss immer öfter Asumas zerrissenen Kleider flicken, seine aufgeschlagenen Knie verarzten und sich die Beschwerden der Nachbarn anhören. Ihr Sohn hat meine Katze mit Steinen beworfen! Ihr Sohn hat meine Kirschen gestohlen! Ihr Sohn hat meinen Gartenteich tintenblau gefärbt!

„Du machst mir Sorgen, weißt du das?“, faucht sie und sucht einen passenden Stoffrest für einen Flicken aus ihrem Nähkästchen. Asuma sitzt ihr gegenüber am Küchentisch und schaufelt lauwarmen Reis in sich hinein. Er sagt nichts.

„Und du machst deinem Vater Sorgen!“

„Als ob“, knurrt Asuma. „Der hat doch zu viel zu tun. Der merkt gar nicht, was ich mache.“

„Was glaubst du, warum er so viel zu tun hat? Konoha regiert sich nicht von allein! Die diplomatischen Beziehungen zu Iwa sind die reinste Katastrophe, und dein Vater verhandelt Tag und Nacht, um einen Krieg zu verhindern! Einen Krieg, Asuma!“

„Das sagst du schon ewig. Papa muss hier Krieg verhindern und da. Aber nie passiert wirklich etwas.“

„Und dafür solltest du deinem Vater danken!“, herrscht Biwako ihn an und greift nach seiner Hose, die ein Loch am Knie hat. „Du solltest deine Aufgaben als Konoha-Nin mit Stolz und Pflichtbewusstsein erfüllen. Aber nein, stattdessen treibst du dich müßig herum mit deinen Freunden ... wer nochmal? Der Junge von Maitos, und der kleine Ibiki?“

„Geht dich doch nichts an, wer meine Freunde sind.“

Biwako funkelt ihn an. „Wirst du jetzt auch noch frech, ja? Ich verstehe dich nicht mehr, Asuma. Du bist unausstehlich geworden. Du vernachlässigst sogar dein Training in letzter Zeit. So geht es nicht weiter.“

Asuma starrt in seinen Reis. Er könnte sagen, dass er so lange unausstehlich sein wird, bis Hiruzen bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Aber da kann er vermutlich lange warten.

„Du hast Hausarrest“, sagt Biwako knapp. „Bis auf Weiteres.“

Erschrocken hebt er den Kopf. „Warum?“

„Weil du dein Training wieder aufnehmen musst, Asuma, und weil ich dich im Auge behalten will.“

„Ich bin morgen mit den Uchihas verabredet! Wir wollen schwimmen!“

„Sie werden dein Fehlen schon verkraften“, erwidert Biwako trocken, ohne den Blick von dem Flicken zu heben.

„Du bist gemein!“, schreit Asuma und springt vom Tisch auf. „Ich habe gar nichts gemacht!“

„Du warst schon wieder nicht pünktlich zum Mittagessen, und dein Sensei hat sich schon zum zweiten Mal über deine mangelnde Disziplin beschwert! Du wirst hier bleiben und trainieren. Das ist mein letztes Wort.“

Was soll er antworten? Er will rufen Das sag ich Papa!, aber Hiruzen hat Biwako noch nie in ihre Kindererziehung hineingeredet. Er wird Asuma jedenfalls nicht unterstützen. Wütend dreht er sich um und verlässt die Küche.

„Du hast nicht einmal aufgegessen, Asuma! In Ame verhungern Kinder!“

Er ignoriert Biwako. Was sie gesagt hat, würde nicht so schmerzen, wenn er nicht wüsste, dass es stimmt. In letzter Zeit hat er das Training schleifen lassen, viel mehr sogar als seine Freunde. Er wollte ein guter Shinobi werden, irgendwann einmal wollte er Hiruzen übertreffen. Was ist passiert? Wie soll er je lernen, die orangen Siegel zu öffnen, wenn er schon als Genin keinen Antrieb mehr hat, sich zu verbessern?

Es wird doch keinen Unterschied machen. Wütend springt er die hölzerne Treppe zum Garten hinunter, überquert mit ein paar Sätzen den Rasen und greift nach dem Baumstamm. Es ist egal, was er tut, Hiruzen wird sich niemals ändern. Selbst wenn Asuma Chuunin würde, oder Jounin, oder womöglich zur ANBU gehen würde – Hiruzen hätte immer nur als Shinobi für ihn Zeit. Und das will Asuma nicht. Er will, dass sein Vater Zeit für ihn hat. Ist das zu viel verlangt?

Den Baumstamm hochzulaufen ist ein Kinderspiel, so oft hat er es schon getan. Das hier ist Asumas Baum, er kennt ihn in- und auswendig. Mit schlafwandlerischer Sicherheit greift er nach den untersten Ästen, stemmt sich hoch, zieht und drückt. Höher, höher hinauf, bis die Wiese unter ihm kleiner wird und er vor lauter Blättern kaum noch hinaus sehen kann. Geschickt wie ein Affe. Sein Ehrgeiz mag kaum nennenswert sein, aber er reicht, um auf den Baum zu klettern. Das wäre ja noch schöner.
 

„Asuma! Du musst ins Bett!“

In Biwakos Stimme liegt schon längst eine Mischung aus Mahnung und Resignation. Das Licht ist so weit geschwunden, dass Asuma ihre Silhouette auf der Veranda kaum noch erkennen kann. Er bleibt auf seinem Baum, die Hände über einem dicken Ast verschränkt und das Kinn darauf gelegt. Die Feuchtigkeit der Nacht kriecht langsam heran und schleicht sich klamm in seine Kleider. Sie schleicht wie ein Ninja, denkt Asuma und bleibt liegen.

„Dann bleib eben dort oben. Wenn du dir eine Erkältung holst, wirst du ja sehen, was du davon hast.“

Er antwortet nicht, rein aus Prinzip. Sie verschwindet wieder im Haus, und er bleibt, wo er ist. Wie lange er bleiben will, weiß er noch nicht. Biwako hat ihn zu Hausarrest verdonnert, aber sie hat vergessen, ihm zu verbieten, auf seinem Baum zu hocken.

Hinter den erleuchteten Fenstern des Hauses sieht er undeutliche Gestalten umher laufen, seine Mutter, seine Geschwister. Er sitzt draußen im dunklen Garten und gehört nicht dazu. Es gefällt ihm. Eine Weile lang träumt er in seiner Rolle des Ausgestoßenen vor sich hin, bis die Tür sich erneut öffnet und jemand hindurch tritt. Langsam steigt er die Treppe hinunter und bleibt unter dem Baum stehen.

„Asuma?“

Die Stimme lässt Asuma zusammenzucken. Warum ist Hiruzen da? Er kommt seit Jahren nicht mehr in den Garten, um Asuma zu sehen. Er antwortet nicht und versucht, sich kein Stück zu rühren.

„Ich weiß genau, dass du da oben bist“, sagt Hiruzen. Das Gesicht hat er erhoben, ein verwaschener, heller Fleck im Schatten des Gartens. „Deine Mutter hat mir gesagt, dass sie sich Sorgen um dich macht.“

„Und jetzt machst du einen auf besorgter Vater?“, flüstert Asuma unhörbar. „Gib es einfach auf. Du taugst nicht als Vater.“

Hiruzen schweigt einen Moment lang. Als er wieder spricht, klingt er sehr ernst.

„Ab heute liegt Konoha im Krieg, Asuma.“

Asuma fährt zusammen, ein Zweig neben seinem Fuß raschelt. Krieg? Was ist das? Hat Mama nicht gesagt, Papa würde alles tun, um einen Krieg zu verhindern?

„Ich hätte dir gerne eine friedliche Kindheit gegeben“, fährt Hiruzen leise fort. „Das wäre das Mindeste gewesen, was ich als Vater und Hokage für dich hätte tun können. Aber es hat nicht sollen sein. So sehr ich es dir gönnen würde, weiter ein unschuldiges Kind mit nichts als Flausen im Kopf zu sein – es geht nicht. Du musst erwachsen werden, und zwar sofort. Du bist einer der Shinobi Konohas. Konoha braucht dich.“

„Ja, Vater“, antwortet Asuma automatisch, und erst im nächsten Moment fällt ihm ein, dass er eigentlich so tun wollte, als sei er nicht da. Noch immer schwirrt ihm der Kopf. Ein Krieg? Was bedeutet es, ein zehnjähriger Genin in einem Staat zu sein, der im Krieg liegt?

„Du bist mein Sohn, Asuma.“ Hiruzen stockt kurz. „Das wissen nicht nur die Bewohner Konohas, sondern auch unsere Feinde. Ich fürchte, dass du an der Front in noch größerer Gefahr schweben wirst als die anderen Genin. Aber du musst kämpfen. Dein Vater, dein Clan und du selbst dürfen nicht als feige dastehen.“

„Ja, Vater“, murmelt Asuma.

„Ich will, dass du auf dich aufpasst. Natürlich will ich keines von Konohas Blättern verlieren, aber das wird bald unvermeidlich werden. Nur bist du kein Blatt wie jedes andere. Du bist mein Sohn, und dich will ich am allerwenigsten verlieren. Du hast einen besonderen Platz in meinem Herzen, Asuma. Ich will nur, dass du das weißt.“

Er verstummt, und Asuma muss schlucken. Er weiß gar nicht, was er sagen soll. Als er spricht, klingt seine Stimme erstickt.

„Ich habe verstanden, Vater.“

Hiruzen nickt, wartet noch kurz, wie in Gedanken, und wendet sich ab. Plötzlich wirkt er sehr alt, sein Gang langsam, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern. Er will den Frieden erhalten, hat Biwako gesagt. Wenn jetzt Krieg ist, heißt das wohl, dass er versagt hat. Es ist das erste Mal, dass er in irgendetwas versagt. Oder nein, fällt Asuma ein. Rauchringe machen kann er auch nicht.

Als Hiruzen ins Licht tritt, das durch die Fenster auf die Veranda fällt, leuchtet eine Schriftrolle in seiner Hand auf. Sie trägt ein oranges Siegel. Geheimnisse also. Ob es im Krieg mehr Geheimnisse gibt als sowieso schon? Immer, wenn Asuma Orange sieht, will er weggehen und etwas anderes machen. Es ist eine böse Farbe, eine Asuma-Papa-hat-keine-Zeit-für-deine-Kindereien-Farbe.

Hiruzen verschwindet im Haus und nimmt die Schriftrolle mit, und Asuma lässt die Stirn auf seine Hände sinken. Der Ast des Baumes ist hart, die Nachtluft ist kalt. Er hat keine Lust, hinunter zu klettern. Also bleibt er liegen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  L-San
2015-01-09T16:35:08+00:00 09.01.2015 17:35




Farbenspiel



Hallo, Niekas!


Vielen Dank für die Teilnahme am Wettbewerb Farbenspiel.
Wie der Titel des Wettbewerbs vermuten lässt, geht es darum, eine Geschichte zu schreiben, in der mindestens eine Farbe eine bestimmte Rolle im Leben des jeweiligen Charakters spielt.
Ob du diese Aufgabe erfüllen konntest, werde ich dir im Folgenden verkünden.
Vorab will ich dir hier – um unnötigen Stress und Ärger zu vermeiden – nur noch sagen, dass mein folgender Review weder darauf abzielt, dich zu verletzen, noch dein Werk in den Dreck zu ziehen.
Falls du noch offene Fragen hast oder etwas erklären möchtest, dann wäre es schön, du wendest dich an mich.
Nachdem dies gesagt ist, komme ich nun zur Auswertung deiner FF.
Die für die Bewertung relevante Kritik erfolgt in verschiedenen Blöcken:
Kurzbeschreibung | Inhalt | Charaktere | Rechtschreibung/Grammatik | Schreibstil | Fazit


Kurzbeschreibung: |03 von 10 Punkten|
In diesem Bereich wird geschaut, inwiefern der Autor Aufmerksamkeit erregt.

Die Inhaltsangabe war kurz, knapp und präzise. Sie hat Neugierde geweckt, ebenso der Titel.
Die Kurzbeschreibungsseite wurde durch die Abstände klar und schön strukturiert.
Allerdings hätte man Anmerkungen in einem Spoiler angeben können. Bilder sowie eine Charakterbeschreibungsseite fehlen, weswegen die FF nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit erregt.


Inhalt: |29 von 30 Punkten|
In diesem Bereich wird geschaut, ob die Geschichte an sich logisch und stimmig aufgebaut ist, ob sie durch Kreativität oder Details oder dem besonderen Etwas hervorsticht, was Pluspunkte gäbe, oder ob sie den Leser emotional erreicht.

Ich fasse mich kurz zusammen:
Die Geschichte ist interessant erzählt und hinterlasst bleibende Eindrücke.
Die Farbe Orange wurde schön in den Text integriert, und du bist stark auf Gedanken und Beschreibungen eingegangen.
Am Ende wurde Asumas Entwicklung nicht ganz aufgegriffen. Es wird im Verlauf gezeigt, dass ihm der Krieg egal ist, aber was bedeutet er nun für ihn, jetzt, da einer bevorsteht? Irgendwie wäre es effektiver gewesen, wenn du vielleicht mehr auf seine Reaktion eingegangen wärst.


Charaktere: |18 von 20 Punkten|
In diesem Bereich wird geschaut, ob die Charaktere IC sind oder doch ein wenig abweichen, und wenn ja, warum.
Des weiteren wird die Konstellation der Figuren betrachtet.

An sich hast du interessante Charaktere genommen, über die man sonst sehr selten liest.
Du hast dir ein wenig Spielraum bei Asuma gelassen, was nicht schlimm, da wir kaum was über ihn wissen und er im Laufe der Jahre sicherlich eine Entwicklung macht, die ihn zu dem Shinobi macht, der er war. Nichtsdestotrotz hätte man Asuma auch durch ein anderes Kind ersetzen können, weil seine Persönlichkeit nicht markant genug dargestellt wurde.
Das Verhältnis zu seinen Eltern hast du gut aufgegriffen, und man kann sich gut in ihn hineinversetzen.


Rechtschreibung/Grammatik: |09 von 10 Punkten|
Du verfügst über eine außerordentlich gute Rechtschreibung und Grammatik. Mir sind diesbezüglich so gut wie gar keine Fehler aufgefallen.
Lediglich ist mir nur ein Kommafehler aufgefallen, und die Auslassungspunkte (…) sollten eigentlich dünner sein, und zwar so, wie ich hier aufgezeigt habe. Deine sind dick.


Schreibstil: |28 von 30 Punkten|
In diesem Bereich wird geschaut, wie gut das Ausdrucksvermögen ist.
Ist er abwechslungsreich, einigermaßen flüssig und leicht verständlich?
Sticht er durch den besonderen Stil des Autors aus?
Es ist schwer, bei diesem Punkt objektiv zu bleiben, da der Schreibstil eigentlich immer ein subjektives Empfinden ist, doch will ich versuchen, mein Bestes zu geben.

Sauber Stil.
Der Text liest sich flüssig und schön angenehm. Deine Wortwahl ist abwechslungsreich.
Ansonsten – ich weiß nicht, wie ich deinen Schreibstil beschreiben soll. Er hat was, teilweise wirken manche Sätze nüchtern und verleihen dem Text dadurch eine interessante Note.


Fazit: |87 von 100 Punkten|
Zusammengefasst kann ich sagen, dass du eine interessante Geschichte geschrieben hast, die den Leser fesselt und bitter-süße Momente beschert.
Vielen Dank für die Teilnahme.
Die Aufgabenstellung hast du gut erfüllt.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann hast du insgesamt 87 von 100 Punkten erreicht, was nach meinem Bewertungsskala eine 1- wäre.
Ich hoffe, ich habe dich mit meinem Review nicht allzu sehr an den Kopf gestoßen.
Bedenke, dass der Kommentar nur meinen Eindruck wiedergibt, denn es kann ja sein, dass andere Leser anderer Meinung sind.
Für offene Fragen stehe ich dir jederzeit zur Verfügung.


LG
L-San


Antwort von:  Niekas
09.01.2015 21:35
Hey. :)

Weißt du, warum ich bei dem Wettbewerb überhaupt mitgemacht habe? Weil ich gesehen habe, was für ausführliche Reviews du bei anderen Fanfics schreibst, und da wollte ich auch. Jetzt ist es raus.
Du hast mich im Übrigen nicht enttäuscht.


Aaaah, Layout ist ein leidiges Thema, wenn man allergisch gegen aufwendige Formatierungen ist und aus Prinzip keine fremden Bilder als Cover oder für Charakterbeschreibungen verwendet. Ich kriege das bei so ziemlich jedem Wettbewerb angekreidet, wahrscheinlich sollte mir das zu denken geben. Leider fällt mir bis heute keine Alternative ein, mit er ich mich nicht fühle, als wäre meine arme Fanfic ein geklautes Fotoalbum oder eine schreiende Bild-Zeitung. :(


Bei Inhalt und Charakteren mache ich mir besonders über das Gedanken, was du zu Asuma sagst. Irgendwie gibt es Charaktereigenschaften, die man besser auf Kinder übertragen kann als andere. Ich meine, dass zum Beispiel Gai auch als Fünfjähriger schon übermotiviert war (eher noch schlimmer als als Erwachsener, Gott bewahre!), ist logisch. Bei Asuma ist die Sache irgendwie nicht ganz so eindeutig. Ich überlege gerade ernsthaft, was seine prägendste Charaktereigenschaft überhaupt ist.
Ich fühle mich uninformiert. Werde mir Gedanken machen. Und versuchen, es bei der nächsten Geschichte besser zu machen.


Boah, Punkte! Bei dir kann man noch was lernen. Sind die richtigen … die hier? Gewöhnungsbedürftig, aber nun gut. Ich werde sehen, dass ich dran denke.


Beim Schreibstil fühle ich mich gerade einfach sehr geehrt und mir fehlen die Worte. Ich hatte fest damit gerechnet, du würdest über das Präsens stolpern. Yay.



Also, danke für die ausführliche Rückmeldung. Und den Anstoß zum Schreiben, nebenbei. ;)

Liebe Grüße,
Niekas
Antwort von:  L-San
12.01.2015 15:15
Hallo!^^

Sorry, dass ich so spät antworte. Ich hatte leider viel zu tun in den letzten Tagen. u.u

Weißt du, warum ich bei dem Wettbewerb überhaupt mitgemacht habe? Weil ich gesehen habe, was für ausführliche Reviews du bei anderen Fanfics schreibst, und da wollte ich auch. Jetzt ist es raus.
Du hast mich im Übrigen nicht enttäuscht.

~ Danke, ich fühle mich geehrt^^
~ ich schreibe gern lange und ausführliche Reviews, und da ich selber nur durch konstruktive Kommentare lernen konnte, dachte ich mir, ich geb diese Erfahrung weiter. Vor allem da einige Leute ja an meinem Wettbewerb teilnehmen und sich dafür anstrengen. Es ist in meinen Augen das Mindeste, ihre Mühen zu belohnen.^^

Aaaah, Layout ist ein leidiges Thema, wenn man allergisch gegen aufwendige Formatierungen ist und aus Prinzip keine fremden Bilder als Cover oder für Charakterbeschreibungen verwendet. Ich kriege das bei so ziemlich jedem Wettbewerb angekreidet, wahrscheinlich sollte mir das zu denken geben. Leider fällt mir bis heute keine Alternative ein, mit er ich mich nicht fühle, als wäre meine arme Fanfic ein geklautes Fotoalbum oder eine schreiende Bild-Zeitung. :(
~ du kannst ja immer noch Quellenangaben machen, um dich sicher zu fühlen und damit die Leute wissen, wo du Bild x her hast^^
~ mit der Formatierung spielen schadet nie, wenn man Leser auf sich aufmerksam machen will, vor allem da die meisten hier anscheinend stark auf Optik achten
~ natürlich ist Optik kein Indikator für eine gute Geschichte. Ich erlebe immer wieder, wie FFs ohne besonders viel Aufmachung gut geschrieben sind^^

Boah, Punkte! Bei dir kann man noch was lernen. Sind die richtigen … die hier? Gewöhnungsbedürftig, aber nun gut. Ich werde sehen, dass ich dran denke.
~ DDDDD
~ ja, manchmal kann ich sehr pingelig sein. Wohl eine lästige Angewohnheit meines Vaters. DD
~ genau, die Punkte sind richtig^^

Beim Schreibstil fühle ich mich gerade einfach sehr geehrt und mir fehlen die Worte. Ich hatte fest damit gerechnet, du würdest über das Präsens stolpern. Yay.
~ eine Geschichte muss nicht zwangsweise in Präteritum geschrieben werden, manchmal passt Präsens einfach besser. Und in Kurzgeschichten sehe ich oft Präsens, von daher lasse ich mich dadurch nicht stören^^


Also, danke für die ausführliche Rückmeldung. Und den Anstoß zum Schreiben, nebenbei. ;)
~ kein Ding, viel Erfolg und Muse beim Schreiben!^^

LG
L-San

Antwort von:  Niekas
18.01.2015 11:54
Sorry, dass ich mich so spät nochmal melde, aber die Sache ging mir nicht aus dem Kopf.


~ du kannst ja immer noch Quellenangaben machen, um dich sicher zu fühlen und damit die Leute wissen, wo du Bild x her hast^^

Oh, um das Copyright geht es mir bei der Sache gar nicht. :'D
Wenn ich jeden Buchstaben an meiner Geschichte selber gemacht habe, kann ich nicht plötzlich die Bilder irgendwelcher fremden Zeichner da rein klatschen, die jeder Hanswurst bei Google findet. Das passt nicht zusammen. Wenn meine Fanfics Cover haben, sind die immer selbst gezeichnet oder selbst fotografiert. Weil mein Prinzip ist, wenn ich's nicht selber machen kann, lasse ich es ganz.
Ich hänge mir ja auch keine Fotos von fremden Fotomodels ins Wohnzimmer, obwohl der ästhetische Wert sicher höher wäre als bei meiner buckligen Verwandtschaft. Aber ich mache es nicht. Punkt.
(Davon mal ganz abgesehen: Da ich nicht sooo unterirdisch schlecht zeichne, habe ich mir fest vorgenommen, demnächst zumindest Charakterbilder für meine Naruto-Fanfics zu zeichnen. Ich muss mir nur noch dahingehend in den Hintern treten.)


~ mit der Formatierung spielen schadet nie, wenn man Leser auf sich aufmerksam machen will, vor allem da die meisten hier anscheinend stark auf Optik achten

Und ich weiß, dass es umgekehrt Leute gibt, die bei einer Fanfic sofort wegklicken, wenn die Formatierung zu übertrieben ist – weil das in 95% der Fälle ein Hinweis auf „aufwendige Verpackung und nullachtfünfzehn drin“ ist. Mich zum Beispiel.
Tut mir leid, aber ich mag überzogene Formatierungen einfach nicht. Und mir ist es wichtig, dass ich meine eigene Fanfic noch ansehen kann, ohne mich in Grund und Boden zu schämen – wenn ich deshalb ernsthaft Leser verliere, nehme ich das eben in Kauf. ;)
Von:  rokugatsu-go
2014-08-18T17:00:36+00:00 18.08.2014 19:00
Eine sehr schöne FF, sowohl was die Charaktere, als auch die Handlung, als auch die Atmosphäre betrifft. Ich war erst skeptisch bezüglich des Präsens, aber die Skepsis verflog sehr schnell. Toll geschrieben.
Von:  Sternenschwester
2014-08-03T14:01:58+00:00 03.08.2014 16:01
Eine irrsinnig süße Vater und SohnGeschichte. bei dir in ich meist schon ab den ersten saetzen voellig gebannt und du bringst die einzelnen szenen immer so lebendig rueber^^.
Lg, Sternenschwester
Von:  fahnm
2014-08-02T20:36:20+00:00 02.08.2014 22:36
Super Kapi^^


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