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Love and Blood

von

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A step towards Happiness

Da waren sie nun. Am Rand der Stadt. Für Bast war es wohl die Feuertaufe in vielerlei Hinsicht. Doch sollte er zurecht kommen, dann war er auch bereit für ein neues Leben. "Lass uns gehen. Noch herrscht nicht so ein Treiben." Für den Anfang war das sicher besser.

Bast nickte. Da konnte er Aran nur zustimmen. Für den Anfang war es definitiv besser. Die Anwesenheit des Älteren beruhigte ihn ungemein und so ging er ruhiger, als er es sich selbst zugetraut hätte, Richtung Stadt los. Die Eindrücke, die mit jedem Schritt stärker wurden, versuchte er ruhig aufzunehmen.

Das ist eine andere Stadt, andere Menschen, andere Gefühle, rief er immer wieder in sich wach. Es gab keinen Grund, Angst zu haben. Aufgeregt sein, ja, aber nicht beunruhigt. Bast nahm alles viel intensiver wahr, was zweifelsohne daran lag, dass er nun ein Werwolf war. Vor allem der Aspekt des Geruchs trat viel deutlicher hervor. So hatte er eine Stadt noch nie wahrgenommen.

Sie betraten nun die erste Straße. Hier war niemand, aber Bast sah sich trotzdem aufmerksam um. Es war wirklich anders hier als in seinem Dorf. Die Gebäude waren größer und stabiler. Sie wirkten irgendwie ordentlicher und eleganter, wenn man denn ein solches Wort zum Beschreiben eines Objekts verwenden konnte.

Und die Gebäude wurden mit jedem Schritt auch immer größer. Sie waren noch nicht mal in der Nähe des Stadtzentrums, als sie an einem einfachen Wohngebäude vorbeikamen, das größer war als das Rathaus in seinem Dorf.

"Wie groß ist diese Stadt nur?", fragte er sich selbst und gleichzeitig auch Aran. Er hatte ja gewusst, dass Städte anders waren als Dörfer, aber er hätte sich diese Dimensionen niemals ausmalen können.

Was Bast nicht wusste: vor einigen Jahren noch hätte sich eine Stadt wohl nur durch die Dichte und Ballung der Häuser von einem Dorf unterschieden. Mit der Zeit jedoch hatte sich das geändert und man konnte die Entwicklung noch weiter beobachten. Gebäude schossen immer höher gen Himmel. Die Baumaterialien wurden stabiler und ausgefallener...

Alles in allem wurde aber auch das ganze Leben irgendwie schneller. Aran sah dann zu Bast und wiegte seinen Kopf leicht hin und her. "Städte sind bisweilen wirklich riesig und ich habe das Gefühl das dieser Trend zunimmt."

Während sie weitergingen, sah auch Aran sich um. "Diese hier liegt im guten Mittelfeld, aber es würden wohl auch vier oder fünf mittelgroße Dörfer hier Platz finden. Zumindest, wenn man die Anzahl der Menschen betrachtet."

Das waren wirklich ganz andere Dimensionen als die, die Bast kannte. "Im Mittelfeld...", wiederholte er murmelnd. Es gab Städte, die noch größer waren? Langsam erkannte er, wie klein die Welt doch gewesen war, in der er bis jetzt gelebt hatte. Und das, obwohl er durchaus auch lange in den umgebenden Wäldern seiner Heimat umhergestriffen war.

"Ich kann es gar nicht glauben. Ich hab ja gewusst, dass unser Dorf nicht das allergrößte war, aber das hier..." Er war fasziniert davon, was Menschen alles erschaffen konnten. Er schämte sich fast, dass er so wenig über das eigene Land wusste, wo er doch immer gedacht hatte, nicht dumm zu sein. "Und du hast schon größere Städte gesehen?", fragte er Aran, während sie weiter die Straße entlang gingen.

Die Welt hatte wohl immer Überraschungen für einen bereit, egal um was es sich dabei handelte. Auf Basts Frage nickte Aran dann aber. "Ja. Schon in mehreren. Aber ich bin auch schon eine ganze Weile länger auf dieser Erde und habe bestimmt auch schon ganz andere Dinge gesehen wie du."

Und jetzt wo sie beide nahezu unsterblich waren, würden sie auf dieser Welt noch ganz andere Sachen miterleben. Das stand fest. "Im Grunde ist es aber einfacher, hier klarzukommen. Nicht jeder kennt jeden und man kann ungestört seiner Wege gehen."

Das konnte auf jeden Fall von Vorteil sein, da stimmte Bast ihm zu. In einem Dorf, wo jeder jeden kannte, machte es sofort die Runde, wenn etwas passierte oder Fremde zu Besuch waren. Für Leute wie Aran und ihn, die gerne unbemerkt bleiben wollten, war es da von Vorteil, nicht gleich von allen Einwohnern gleichzeitig beachtet zu werden.

Es stimmte, Aran war schon viel älter als er, aber von nun an würde auch Bast viel erleben und lernen. "Das ist gut. Ich mag es nicht, wenn mich viele Leute anstarren." Von diesen Blicken hatte er genug. Er wusste, dass das zwar nie ganz aufhören würde, aber es war doch eine Erleichterung, auch mal ein Fleckchen in einer Stadt zu finden, wo man nicht feindselig betrachtet wurde.

Es war immer gut, nicht aufzufallen, gerade wenn man ein Werwolf war. Aran hatte das inzwischen gelernt. Sie konnten nicht mehr so frei leben wie in alten Zeiten. "Angestarrt wird man zwar hin und wieder immer noch, aber das liegt einfach an der natürlichen Neugier. Manche Menschen bleiben einfach an dem Gesicht eines Fremden hängen, gehen aber unbeirrt weiter. Im nächsten Moment ist es vergessen. Das scheint für die neueren Zeiten typisch zu sein." Das ging aber nicht gegen die Person. Manchmal sah man eben nur jemanden an, weil man ihn optisch ansprechend fand. Oder weil dieser jemand irgendwie auffällig war.

Bast würde sich schon daran gewöhnen. Wenn die Leute wirklich nur flüchtig zu ihm schauten, dann hatte er kein Problem damit. Er wusste ja, dass es in der Natur des Menschen lag, neugierig zu sein.

"Gehen wir ins Zentrum?", wollte Bast sich beim Älteren informieren. Aran nickte auf diese Frage. "Ja, das hatte ich vor. Bei der Gelegenheit können wir auch ein paar Dinge besorgen, falls uns noch etwas fehlt."

Arans Plan klang gut in den Ohren des Jüngeren. Meistens fiel einem eh ein, was man alles brauchte, wenn man es sah. Die Straßen wurden auch mit jedem Schritt, den sie nahmen, immer lebendiger und gefüllter. Bast konnte sich zwar vorstellen, dass das noch lange nicht alle Einwohner der Stadt waren, aber jetzt schon bekam er ein Gefühl dafür, wie voll diese Straßen sein konnten. Sein Kopf wandte sich hierhin und dorthin, um alles und jeden genau zu beobachten. Endlich konnte er das auch tun, ohne beunruhigte Blicke als Antwort zu bekommen.

Niemand wusste, wer oder was sie waren und da sie früh gekommen waren, füllten sich auch die Straßen nach und nach. Somit konnte sich jemand wie Bast gut an das ganze Gedränge und Gewimmel von all den Menschen gewöhnen. Man wuchs da praktisch rein, wenn man so wollte. Schaffte Bast es heute, hier den Tag zu verbringen, dann war er wieder sehr nah an einem normalen Leben dran, so wie es sich wohl jeder wünschte. Vielleicht konnte er dann wirklich irgendwann wieder voll und ganz glücklich werden.

Bast hatte schon lange kein Leben mehr geführt, das man als normal bezeichnen konnte. Es war komisch, dass er jetzt, wo er ein Werwolf war, diesem Zustand näher war, als all die Zeit, die er davor zusammen mit seiner Schwester verbracht hatte.

Das hatte er alles Aran zu verdanken. Genauso wie die Chance, dass er doch wieder daran glauben konnte, Glück zu finden. Als sie im Zentrum angekommen waren, staunte Bast nicht schlecht. Das war komplett anders, als er es kannte. Hier sprudelte es regelrecht vor Leben. Menschen sprachen angeregt miteinander und Händler versuchten mit lauten Rufen, Kunden anzulocken.

Es herrschte hier reges Leben, aber daran - so dachte Aran - sollte er sich lieber gewöhnen. Beinahe überall sah die Welt so aus, zumindest in den Großstädten, die wie Aran ja gesagt hatte, immer weiter wuchsen. Und auch die Technik schritt mehr und mehr voran. Wie Aran aber zuvor erwähnt hatte, achtete nicht einer auf sie beide. Nicht mal wenn man in den Massen jemanden streifte.

Bast fühlte sich beinahe wie ein kleiner Junge, der auf Erkundung gehen durfte. Doch natürlich wusste er sich seines Alters gemäß zu benehmen und so blickte er sich nur interessiert um. Solange, bis ihm einfiel, dass sie ja eigentlich hier waren, um ein paar Besorgungen zu machen.

"Wir sollten zusehen, dass wir die Sachen bekommen, die wir brauchen." Wenn sie das erst mal alles hatten, konnten sie sich immer noch anderweitig umsehen.

Aran sah das alles aber gar nicht so eng, immerhin hatten sie Zeit. Sie waren früh hierher gekommen und standen nicht unter dem Vollmond. Also konnte Bast sich alles in Ruhe ansehen. "Wir sollten gucken, dass wir langsam zum Markt kommen. Da werden wir wohl alles bekommen. Wenn du mal einen Laden siehst, in den du rein gehen möchtest, dann meld' dich ruhig."

Bast nickte. Das war wohl wirklich die beste Idee. Am Markt gab es ja für gewöhnlich immer alles zu finden, was man brauchte. "Okay, werde ich." Noch hatte er da nichts bestimmtes im Sinn, aber es konnte gut sein, dass ihn spontan etwas besonders interessierte. Auf jeden Fall ging es erst mal zum Markt. Der war gar nicht mehr so weit weg und während die beiden sich ihm näherten, strömten auch immer mehr Menschen von allen Winkeln und Ecken in die selbe Richtung.

Der Markt selbst war riesig, was aber nicht anders zu erwarten war bei so einer großen Stadt. Eine solche Auswahl an Waren hatte Bast wirklich noch nicht gesehen. "Hier werden wir wirklich alles bekommen, was wir brauchen."

Aran nickte daraufhin eifrig. Hier fehlte es einem an nichts, keine Frage. "In der Tat. Aber zu sehr beladen sollten wir uns auch nicht. Wir müssen den Rückweg bedenken." Die beiden würden zwecks der Schnelligkeit sicher wieder in Wolfsgestalt loslaufen. Dann konnten sie aber auch nicht Unmengen tragen. Aran sah sich kurz noch mal um. "Sollen wir zuerst etwas essen?"

Das war eine wirklich gut Idee. Bast nickte als Antwort. "Ja, ich bekomm' langsam ziemlichen Hunger." Sie waren ja auch die ganze Nacht durchgelaufen und das machte sich nun schön langsam bemerkbar. Aran schien auch was zu wissen, wo man Speisen von vernünftiger Qualität erhielt und dafür keinen Wucherpreis zahlen musste. Zusammen gingen sie dorthin und ließen es sich erst mal gut gehen, um einen angenehmen Start in den neuen Tag zu machen. Bast hatte etwas derartiges noch nie zuvor gemacht, deshalb genoss er es auch in vollen Zügen, sich einfach mal bewirten zu lassen.

Aran schmunzelte leicht. Wie der Jüngere merkte, war das eine feine Sache! Gemeinsam aß man also und machte dann auf dem Markt einige Besorgungen. Bestimmte Dinge mussten sie einfach in der Waldhütte haben.

Später war dann Zeit zu schlendern und Aran zeigte Bast die Stadt. "Wie fühlst du dich bisher bei all den Menschen?", informierte sich der selbsternannte Stadtführer. "Ich bin aufgeregt.", gab Bast offen zu. "Und nervös auch." Er war eben schon seit Ewigkeiten nicht länger unter vielen Leuten gewesen. Und die verstärkten Sinne spielten nun auch noch mit.

"Aber ich fühl' mich trotzdem gut.“ Und ruhig war er auch. So als ob er keine Probleme mit dieser Situation haben würde. Und das war doch ein gutes Zeichen. Im Moment spielte Arans Anwesenheit da zwar noch eine Rolle, aber Bast war sich sicher, dass er ab jetzt auch in Zukunft kein Problem haben würde, unter viele Leute zu gehen.

Leicht nickend ging der Größere auch weiter. Das war schön zu hören. "Gut, sehr gut. Bald ist das Routine. Nur musst du darauf achten, dass diese Jäger nicht in der Nähe sind. Aber wie ich schon mal gesagt habe, inmitten der Menschenmassen greifen sie für gewöhnlich nicht an." Mit der Zeit hatte Aran Bast vieles erzählt, auch was es mit den Jägern auf sich hatte. Hinzu kam, dass sie mit ebensolchen auch schon Auseinandersetzungen gehabt hatten.

Der Schwarzhaarige blickte dann aber auf ein großes Gebäude. "Ich muss in der Stadtbibliothek noch etwas erledigen. Glaubst du, du kommst allein zurecht?" Bast nickte. "Ja, das schaff ich." Aran wäre ja auch nicht lange weg und solange er sich unter der Masse unauffällig verhielt, würde es auch kein Problem geben. "Ich bleib hier einfach in der Nähe." Für Aran war es nachher ja ein leichtes, ihn wieder zu finden.

Aran war auch der Meinung, dass das eben auch eine gute Übung war. Er nickte also und ging dann los. "Wir sehen uns dann gleich." Bast würde das schaffen, da war er sich sicher. In letzter Zeit war er viel selbstsicherer geworden.

Bast nutzte dann die Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Außerdem hörte er auch den Gesprächen der Einwohner zu, um die neuesten und wichtigsten Nachrichten zu erfahren. Es war immer gut zu wissen, was sich in Stadt und Land so tat.

Er fühlte sich erstaunlich wohl unter all den Menschen. Sicher, es war noch keine hundertprozentige Sicherheit, aber immerhin hatte er nicht den Drang, in die nächste dunkle Gasse zu flüchten, wo ihn niemand sehen konnte. Aus allen Richtungen drangen Töne und Wörter auf ihn ein. Es gab viel zu erzählen und viel zu hören - und noch mehr zu sehen. Bast ließ seine Augen durch die Menge gleiten und dabei sah er die unterschiedlichsten Gesichtsausdrücke. Fröhliche, wütende, neugierige, berechnende, fragende, mürrische, feilschende und noch viele andere.

Doch sein Blick blieb bei einem Mädchen hängen. Ihr Ausdruck unterschied sich als einzige von allen anderen, denn in ihrem Gesicht konnte er die nackte Angst sehen. Durch die Menge hindurch konnte er sogar ihr unterdrücktes Schluchzen hören. Und so wie es schien, lief sie auch vor jemanden davon, denn ihr Blick schnellte hin und wieder zurück über ihre Schulter. Unweit von ihr konnte Bast auch den Grund dafür erkennen. Zwei grimmig dreinschauende Männer verfolgten sie und das Mädchen war drauf und dran, einen großen Fehler zu machen, denn sie lief in eine enge und schmale Gasse, in der sie die Männer viel besser einholen konnten. Und noch dazu würde dort niemand sein, der ihr helfen könnte.

Sofort nahm Bast die Verfolgung auf. Er konnte das Mädchen unmöglich sich selbst überlassen. Und so wie es aussah, hatte er diesen Entschluss noch rechtzeitig gefasst, denn kurz nachdem er in die Gasse abgebogen war, konnte er ihren Aufschrei hören.
 

Und während all dem war Aran noch bei all den Büchern. Aber seine Ohren vernahmen, wie Basts Schritte sich schnell von diesem Ort entfernten. Er war plötzlich außerhalb seiner Hörweite und das beunruhigte ihn dann schon.

Wenn er sich nur hätte umsehen wollen, wäre das sicher ruhiger vonstatten gegangen. Der Schwarzhaarige ging also wieder nach draußen und nahm Basts Spur auf. In der Menschenmenge war er jedoch langsam und er konnte auch schlecht seine Fähigkeiten offen zeigen. Das würde nur die ganzen Menschen verwundern. So schnell er eben konnte, eilte er dem Jüngeren nach, in der Hoffnung, ihn dennoch aus etwaigen Schwierigkeiten rechtzeitig befreien zu können.

Aran wusste ja nicht im geringsten, was sich da gerade abspielte!
 

Bast hatte auch keine Zeit gehabt, dem Älteren irgendwie eine Nachricht zukommen zu lassen. Hier zählte gerade jede Sekunde und Bast war keinen Moment zu früh, als er um die letzte Ecke bog und sah, wie einer der beiden Männer sie festhielt, während der andere sich zunächst an ihrem Geldbeuteln dann aber vor allem an ihrem Kleid zu schaffen machte. Da kannte Bast keinen Spaß mehr.

"Weg von ihr!", rief er, während er schon auf den Kerl zurannte, ihn packte und dann von dem Mädchen wegriss. Womit er allerdings nicht sofort gerechnet hatte, war die Tatsache, dass der andere Mann das Mädchen zur Seite stieß, um seinem Kumpanen zu helfen. So spürte Bast im nächsten Moment dessen Fuß in seiner Kniekehle, was ihn sofort einknicken ließ.

Doch das hielt ihn nicht davon ab, den Kerl, den er gepackt hatte, mit seiner Faust anzugreifen. Natürlich nicht zu stark, sodass dieser gleich blutüberströmt zusammenbrechen würde, aber stark genug, dass dieser nicht mehr Hand an das Mädchen legen konnte. Sein Treffer saß und während er den nächsten Angriff des anderen abwehrte, schaute er zu dem Mädchen und rief: "Verschwinde von hier! Bring dich in Sicherheit!"

Das Mädchen war aber starr vor Angst und presste sich in die Ecke der Gasse, direkt an die Wand.

Nach ein paar Momenten mischte sich unter ihren ängstlichen Blick aber auch verwundertes Staunen. Der junge Schwarzhaarige schien die Situation im Griff zu haben und das, obwohl die beiden Männer so groß und kräftig waren! Allein einer von ihnen hätte bestimmt zwei oder drei Männer außer Gefecht setzen können, doch der junge Mann führte sie regelrecht vor.

Aran stürmte ja auch schon durch die Mengen und konnte langsam ausmachen, wo Bast sich aufhielt. Die ganzen Leute hier verhinderten aber sein Durchkommen. Erst eine ganze Weile später bog auch er um die Ecke und sah, wie Bast zwei Schränke von Männern zu Boden brachte. Ehe er etwas sagen konnte, hechteten die Betroffenen an ihm vorbei und suchten das Weite. Aran stand wirklich perplex da, doch jetzt taute das Mädchen wieder auf. Sie lächelte und trat nahe zu Bast heran. "Vielen Dank! Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich gemacht hätte."

Bast blickte daraufhin nur verlegen zur Seite. "Sch-schon gut. Pass nur auf...dass du nicht noch mal in eine solche Lage gerätst. Du solltest nicht alleine in so dunkle und menschenleere Gassen gehen." Er hatte ein paar Treffer abbekommen, aber obwohl man bei einzelnen Stellen leicht was erkennen konnte, schmerzte es kaum oder gar nicht. Und die Verletzungen würden definitiv verheilt sein, bevor sie irgendwie schlimmer aussehen konnten.

Bast sah ihr kurz in die Augen, die nun zum Glück nicht mehr von Angst gezeichnet waren. Ganz im Gegenteil, sie leuchteten nun hell und ihr Lächeln steckte sogar ihn an. Als sie ihm aber plötzlich einen Kuss auf die Wange gab und nach einem "Wirklich, vielen Dank! Vielleicht sieht man sich ja mal wieder." verschwand, blieb er wie zur Salzsäule erstarrt dort stehen wo er war. Er hatte noch nicht mal bemerkt, dass Aran in der Nähe war.

Aran hatte aber das Szenario gen Ende mitangesehen und er musste etwas grinsen. Das Mädchen nickte nur noch leicht und huschte an ihm vorbei. Bast schien noch völlig perplex zu sein. Trotzdem war es doch aber eine positive Erfahrung für ihn. Der Ältere zählte ja auch eins und eins zusammen und sich räuspernd trat er an seinen Kameraden heran. "Na, hast du deine Kräfte einsetzen können, um zu helfen, so wie ich's mal gesagt habe?" Denn offenbar war das gerade geschehen.

Bast brauchte noch einen Moment, ehe er seinen Blick von der Stelle, an der das Mädchen verschwunden war, lösen konnte. Doch dann nickte er vorsichtig. "Ja...das hab ich." Seine Körpersprache war ruhig und gelassen, doch seine Augen leuchteten und zeigte, wie sehr er sich darüber freute, etwas Gutes getan zu haben. Es schien noch einen Moment zu dauern, bis er wirklich realisierte, was er da grade geschafft hatte.

Schließlich drehte er seinen Kopf zu Aran und langsam formten sich seine Lippen zu einem Lächeln. "Ich hab ihr geholfen. Und ich hab die anderen nicht ernsthaft verletzt." Er konnte gar nicht beschreiben, wie glücklich er gerade war. Mit den Kräften, die er hatte, hatte er etwas beschützt. Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte er das niemals für möglich gehalten. Sein Kopf sank zu Boden, doch sein Lächeln blieb. "Ich hab sie beschützt." Er wusste gar nicht so recht, was er jetzt tun sollte. Diese Erfahrung war so neu und unbekannt und sein Herz machte jedes mal kleine Hüpfer, wenn er daran dachte, was er gerade gemacht hatte.

Aran musterte ihn eine Weile, aber dann musste er lachen. Bast wirkte gerade wie ein kleiner Junge, der etwas geschafft hatte, was er für unmöglich gehalten hatte. Zum Beispiel war er vielleicht viel höher und weiter gesprungen wie alle anderen in seinem Alter. Eben so in der Art sah der Ältere ihn gerade.

Diese Beschreibung kam dem, wie Bast sich fühlte, gerade auch ziemlich nahe. Eine solche schlichte und einfache Freude hatte er schon lange nicht mehr verspürt. Selbst, als er Stück für Stück mehr Kontrolle über sein neues Wesen bekommen hatte, war das anderes gewesen. Der Prozess war da einfach viel schleichender gewesen. Ein solches plötzliches Erfolgserlebnis war da etwas ganz anderes. Es musste für Aran ohne Zweifel ein einmaliger Anblick sein.

Dennoch lachte dieser ihn nicht aus und bekam sich auch schnell wieder ein. "Ich habe dir von Anfang an gesagt, du sollst dich deinen Schatten stellen und drüber springen, wenn du kannst. Das scheinst du jetzt geschafft zu haben." Es freute Aran ebenso und er klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Du brauchst dich nicht länger zu verstecken. Zumindest wenn, nur noch vor den Jägern."

Langsam realisierte Bast auch, dass er tatsächlich das geschafft hat, wovon Aran immer gesprochen hatte. "Und es war gar nicht schwer." Er konnte kaum fassen, wie wenig Mühe es ihn gekostet hatte, sich zurückzuhalten. Sicher, er war wütend gewesen, aber die Wut hatte ihn nicht übermannt. Aran hatte recht. Er konnte nun solch ein Leben führen, das er sich immer gewünscht hatte. Natürlich nicht ohne auch auf Jäger aufzupassen, aber dennoch. Er hatte sich so oft danach gesehnt, in Einklang und Frieden mit anderen Menschen leben zu können. "Ohne dich hätte ich das aber niemals geschafft." Er verdankte Aran so unglaublich viel.

Aran grinste und gab Bast nochmals einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Er hatte gutes Recht, sich darüber zu freuen, er konnte nun wirklich ganz von vorn anfangen. Das war in der Tat etwas, das einem das Herz höher schlagen ließ.

"Siehst du, ich wusste, dass du das schaffst. Du brauchst dich auch nicht zu bedanken, es lag immerhin zum Großteil bei dir. Hättest du komplett aufgegeben, dann hätte auch ich dir nicht helfen können."

Bast dachte da anders. Wäre er alleine geblieben, er hätte sich vermutlich selbst verloren. Nur weil Aran bei ihm gewesen war, weil er ihn gestützt hatte, weil er ihm das Gefühl gegeben hatte, gebraucht zu werden, hatte Bast wieder ein Ziel vor Augen gehabt, hatte er wieder einen Grund zum Leben bekommen.

„Nein, das stimmt nicht ganz. Dank ist das geringste, was ich dir schulde.“ Er konnte aufrichtig sagen, dass Aran sein Leben gerettet hatte.

„Versprich mir, dass du zu mir kommst, wenn du einmal Hilfe brauchen solltest.“ Bast würde keine Sekunde zögern, um ihm eine helfende Hand zu reichen - so wie Aran es bei ihm getan hatte.

Es war einfach schön zu hören, dass Aran so viel Vertrauen in ihm gehabt hatte. Bast wollte ein solcher Mann werden, der dieses Vertrauen auch verdient hatte und deshalb wollte er ein solches Leben führen, in dem er Arans Vorbild folgen und anderen eine Stütze sein konnte.

Aran gab sein Versprechen und damit hatte nach ein paar weiteren erheiternden und vergnüglichen Stunden auch dieser Ausflug in die Stadt ein glückliches Ende gefunden. Am Ende des Tages schloss Bast die Augen und sah Saria vor sich. Sie hatte ihre Worte so bedacht gewählt.

»Es wird...alles gut, großer Bruder. Du bist...jetzt endlich frei.« Die Freude, die in ihrem Lächeln gelegen hatte, hatte ihm fast das Herz zerbrochen. »Versprich mir...werde glücklich.«

Wie hatte er jemals an ihren Worten zweifeln können? Es war alles gut geworden. Er war frei. Und er hatte einen ersten Schritt Richtung Glück gemacht.



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