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L - You have changed my World

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Der letzte Ausweg

Der letzte Ausweg
 

Stumme, forschende wie gleichsam unergründliche Blicke, trafen auf die vom Fieber gezeichneten blassen Gesichtszüge der jungen Frau, welche seine Hand noch immer mit einer unerwarteten Kraft und merklichen Nachdruck gefangen hielt. „…Nick weiß was er tut…“ hatte Zahra ihm mit brüchiger Stimme zugeflüstert, die beinahe nur einem heißem Windhauch glich und damit L’s scharfen Verstand zum wiederholten Male in eine zwiegespaltene Dimension aus Unverständnis gestoßen. Sie musste vermutlich, oder gar mit hoher Wahrscheinlichkeit, trotz ihres Zustandes einiges aus seinem Gespräch mit Nick und von der sich neu entwickelnden Sachlage um diesen mitbekommen haben, selbst wenn er im Moment nicht genau bestimmen konnte, wieviel dieses Wissen am Ende wirklich umfasste. Dennoch blieb es ihm ein unverständliches Rätsel, was diese undurchsichtige Frau plötzlich zu solch einer widersprüchlichen Aussage verleitete, da all ihre vorangegangenen Handlungen hinsichtlich dieses Mannes von unleugbaren Misstrauen durchzogen waren. Eine in sich stimmige Schlussfolgerung und die einzige logische Erklärung, die sich aus den Erläuterungen von Nick wie auch unter der Heranziehung aller gegeben Fakten in Zahras Verhaltensmuster festmachen ließ. Aber warum schien sie jetzt ihre Meinung über ihn geändert zu haben? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn. Lag es vielleicht einzig an ihrer gesundheitlichen Verfassung, sodass das hohe Fieber ihr den Geist und allen voran den Verstand vernebelte? Es schien zumindest die plausibelste Erklärung zu sein, denn aus medizinischer Sicht waren Halluzinationen und Verwirrungszustände zwar nur einige der typischen Symptome, aber nicht desto trotz die am häufigsten vertretenen. Andererseits, was wenn es dahinter einen ganz anderen Grund gab? Etwas, das sie bisher erfolgreich vor ihm verborgen hatte? Ein Gedanke, der seiner Erfahrung nach nicht ganz abwegig schien und sich postwendend mit einem schmerzhaften Ziehen in seinem Magen festkrallte. Es war gleich, was ihm seine verwirrenden Emotionen auch über diese Frau zu erzählen versuchten, denn der neu aufgekeimte Funke des Zweifels züngelte bereits nach jeder ihm dargereichten Form von neuer Nahrung und vergifte damit langsam das mit der Zeit in Zahra gesetzte Vertrauen. Es war das Misstrauen, geboren aus einer veruntreuten Situation der Vergangenheit, das seinen rationalen Geist nunmehr zustimmend in seinen einstigen Befürchtungen gegenüber seinen überhand nehmenden Gefühlen unterstütze. Er selbst schwankte weiterhin in seiner Entscheidung, ob die Geschichte des Fremden mehr der Wahrheit oder mehr dem trügerischen Bild der Lüge zusprach, jedoch das Zahra nun offenkundig ein wachsendes Vertrauensverhältnis zu diesem Nick aufbaute, brandet trotz alledem seltsam schwer in seinem Herzen. Für nicht einmal eine bestehende Millisekunde schloss der schwarzhaarige Detektiv besinnend seine dunklen Augen und versuchte seinen abtrünnigen Fokus erneut auf das wesentliche zu konzentrieren. Fakt war, das sie sich nach wie vor in der Gewalt von ihm unbekannten Verbrechern befanden und ihm allein die fragwürdigen Ausführungen dieses Nicks als Anhaltspunkt für etwaige Spekulationen blieben. Ebenso war klar, das dieser tollkühne Typ, egal ob seine Story nun stimmte oder nicht, ihre derzeitige Lage mit seinem waghalsigen treiben nicht gerade verbessert und somit nicht bloß sich selbst, sondern auch ihn und Zahra einer noch größeren Gefahr ausgesetzt hatte. Allerdings konnte L im Augenblick absolut nichts an dieser Sachlage ändern, da er sich hierfür unausweichlich auf dem selben Weg aus ihrem Gefängnis hätte stehlen müssen, wie es der Fremde kurz zuvor getan hatte und dies wiederum würde bedeuten, das er die junge Frau vollends sich selbst überlassen müsste. Ein unkalkulierbares Risiko, welcher er bei ihrem aktuellen Zustand einfach nicht eingehen konnte. So blieb ihm, gleich wie sehr es dem jungen Detektiven auch gegen den Strich ging, keine andere Option offen, als tatenlos abzuwarten und wachsam der Dinge zu harren, welche als nächstes auf ihn zukommen mochten.
 

„…Du vertraust ihm also?...“ Eine spekulative Frage, ausgesprochen mit dieser mir so vertrauten, dunklen, emotionslosen Stimme und dennoch war diese für mich eindeutig als eine Feststellung zu definieren, in der gar ein leichter Unterton des Vorwurfes mitschwang. Ich deutete ein zaghaftes Nicken an und umgehend folgte auch das von mir bereits erwartete nachforschende „… Warum?...“ von Ryuzaki, während ich spürte wie sich L’s Hand langsam aber stetig der meinen entzog. Ungern ließ ich ihn gehen und diese angenehme Berührung sich auflösen, doch ich hatte mittlerweile weder das Recht noch die Kraft um ihn zurück zuhalten. Nach meinem Traum mit Lina hatte ich schlussendlich begriffen, das ich nicht nur ihr und Nick, sondern vor allem auch L großes Unrecht getan hatte, indem ich ihr Vertrauen in mich wie ebenso mein Vertrauen in sie hinterging. Eine schmerzhafte Erkenntnis, die ich jedoch nicht mehr rückgängig machen konnte und mit dessen Konsequenzen ich nun unbeschönigt Konfrontiert wurde. Das sanft und warme Lächeln in meinem Gesicht wurde traurig, als ich fortwährend in seine mich lauernd begutachtenden dunklen Seen blickte, denn so nah er mir auch gerade körperlich schien, so unendlich weit entfernt war sein Herz tatsächlich von mir. „… Ich war blind und habe ihm Unrecht getan…ihm genauso wie dir…Es tut mir leid, das ich uns in diese Situation gebracht habe…ich…“ Angeschlagen versagte mir meine Stimme den Dienst, sodass ich mit einem resignierten Aufseufzen abbrach und stattdessen versuchte, das mich schwindelnde Pochen in meinem Kopf in die dunkle Stille der Bedeutungslosigkeit zurück Zudrängen. Plötzlich fühlte ich jedoch unvermittelt eine wohlige Kühle auf meiner Stirn, die mich zeitgleich frösteln wie angenehm Aufatmen ließ, bevor ich meine müden Augen suchend auf dessen Ursache richtete. L hatte sich wortlos zu der Brünetten niedergehockt und überprüfte abermals mit unleserlicher Mine ihrer Temperatur, wobei er im Stillen gründlich ihre Worte zu analysieren begann. Wie er vermutete hatte, verschlechterte sich ihr Zustand allmählich und doch bemühte er sich darum, die daraus erwachsene Sorge in seinem Inneren unter Verschluss zu behalten. Zahras Antwort hingegen, lieferte ihm wiederum keine brauchbare Erklärung, sondern warf in dem Schwarzhaarigen an selber Stelle nur noch mehr Fragen auf. „…Inwiefern hast du ihm Unrecht getan?...Was bringt dich plötzlich zu der Annahme, das du ihm Vertrauen könntest, obwohl du dich, soweit ich weiß, mit aller Kraft gegen seine Aussage gesperrt hattest?...“ hakte er tonlos nach und überging indessen bewusst den vorausgegangenen Bezug auf seine Person. Auf diese Form der Unterhaltung stand ihm nach allem was vorgefallen war nun wahrlich nicht der Sinn. Meine Lippen blieben jedoch versiegelt. Allein ein lautloser Zeuge meiner inneren Zerrissenheit und meines Schuldbewusstseins kämpfte sich seinen Weg über mein schweißnasses Gesicht. Wie sollte ich ihm etwas erklären, was ich selbst gerade erst begriffen hatte? Eine Tatsache, die nicht auf Logik oder rationalem Verhalten gründete, sondern vor allem auf eigens gemachte emotionale Erfahrungen beruhte, die für jemanden wie ihn gerade zu lächerlich wirken mussten? Nein, es würde schon fast an eine Farce grenzen, jemanden wie ihm ein anderes Bild der Wahrheit malen zu wollen. Meine unbestreitbare Blindheit, entstanden aus meiner eigenen Uneinsichtigkeit und gefühlsbetonter Sturheit, spottete bereits genug meinem ursprünglichen Wesen, das dem von L ab und an gar nicht so unähnlich war. Manchmal musste man einfach einsehen, das man etwas verloren hatte, auch wenn es noch so schwer viel. Trübes Fieber und Erschöpfung jagten den eisigen Schauer der Gänsehaut über meinen Körper, während mein Verstand immer mehr in ein schwarzes Loch gesogen wurde. Meine physischen und psychischen Kräfte hatte nunmehr merklich ihre Belastungsgrenzen erreicht, was mir das Offenhalten meiner bleiernen Lider mit jeder Sekunde zu einer wahren Bewährungsprobe werden ließ, ehe das Licht um mich herum letztendlich vollkommen erlosch.
 

Die dunklen Seen des Detektiven verengten sich, als er Zahras Namen mit Nachdruck Aussprach und unterstützend an ihrer schmalen Schulter rüttelte, doch jeglicher Versuch sie zum Aufwachen zu bewegen, blieb erfolglos. Grübelnd wie gleichsam beunruhigt legte sich sein Daumen an seine Unterlippe, unterdessen sein Blick scheinbar durch die junge Frau hindurch ging. Die Bewusstlosigkeit hatte die Brünette abermals zurückerobert und dieser Umstand verhieß absolut nichts Gutes, nicht bloß weil er unter diesen Gesichtspunkten keinerlei Antworten mehr von ihr erwarten konnte. Aber was sollte er tun? Er hatte keine Möglichkeiten um ihr wirklich zu helfen und die, welche ihm blieben, waren entweder zu riskant als das er diese in Erwägung ziehen könnte oder hinterließ schon beim bloßen Gedanken daran einen bitteren Nachgeschmack für ihn. Angespannt richteten sich seine Aufmerksamkeit hinüber zu dem zerbrochen Fenster, durch welches ihn beständig der kühle Windhauch der Nacht entgegenschlug, der selbst ihm einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Das dieser tollkühne „Held“ das Fenster gänzlich in seine Einzelteile zerlegt hatte war ein Ärgernis, das sich nicht so leicht reparieren ließ, wobei sich für L noch immer die Frage stellte, was dieser Nick eigentlich vorhatte. Nachdenklich schweifte sein Blick von dem zugigen Loch wieder hinüber zu Zahra, die von Schüttelfrost geplagt unter dem als Decke missbrauchten Stofffetzen ruhte, welcher inzwischen eher einem nassen Lappen glich, als das er ihr tatsächlich Wärme spenden könnte. Viel hielt dieser wahrlich nicht ab, da selbst wenn durch die Nässe in Verbindung mit der kühlen Luft ihr Fieber vielleicht ein wenig gesengt wurde, war die sich daraus ergebene nachteilige Gefahr einer Lungenentzündung doch weitaus größer. Er hatte also keine große Wahl, denn es gab am Ende wiederum nur eines, das er im Moment für die junge Frau tun konnte, ob es ihm nun gefiel oder nicht.
 

Missmutig ließ er sich somit neben ihr an der Wand nieder und begutachtete die unruhig schlafende Brünette für einen Atemzug lang mit einem sichtlich skeptischen Seitenblick, bevor er sie dann behutsam zu sich hinüber zog. Sogleich hielt L die Luft an, als sich Zahra wohlwollend und mit einem zustimmenden Seufzen an seine Brust kuschelte, sodass er nunmehr mit einem Schlag die gesamte Hitze ihres Körpers an dem seinigen zu spüren bekam. Heftig schlug sein Herz schmerzhaft in seinem sofort überreagierenden Leib und er kämpfte mit aller Macht gegen die ihn zu übermannen drohenden Gefühle an, aber irgendwie schaffte Ryuzaki es letztendlich doch, seinen logischen Verstand in den Fluten der Emotionen nicht wieder ertrinken zu lassen. Dennoch saß der schwarzhaarige Detektiv für etliche Minuten wie erstarrt in derselben Position und beobachtete stillschweigend die einzige Frau auf dieser Welt, - in seiner Welt - , welche dazu in der Lage war, nach wie vor solch ein Chaos in ihm auszulösen, ganz gleich, was auch zwischen ihnen geschehen war oder wie hoch der Funken des Misstrauens bereits in ihm loderte. Ihn verärgerte der Umstand zutiefst, das Zahra sein Vertrauen so hintergangen hatte und trotz dessen weiterhin eine derartige Schwachstelle für ihn darstellte, doch diese Entwicklung hatte er im Vorfeld längst vermutet gehabt. Einer der Gründe, warum ihn der Gedanke an diese Art der Hilfestellung alles andere als Zusagte. Wiederholt tobte ein unerbittlicher Kampf zwischen rationaler Logik und unkontrollierbaren Emotionen in ihm hoch, aber am Ende war diesmal keiner der beiden Gegner stark genug, um sich die Oberhand zu erringen. Ryuzaki blieb in seinem Zwiespalt hängen. Unzufrieden mit sich selbst zog der junge Detektiv das durchgeschwitzte Stück Stoff mit spitzen Fingern ein wenig enger um sich und die bewusstlose Brünette, während er deutlich die unregelmäßigen Zuckungen ihrer fieberkrampfenden Muskeln wahrnehmen konnte, die in einem wechselnden Rhythmus mit ihrem rasenden Pulsschlag standen. Allein die wenige Körperwärme, welche ihm in diesem maroden Gefängnis noch geblieben war, konnte er ihr zur Verfügung stellen. Tief versunken in seinen wirbelnden Gedanken zu Kira, Nick und Zahra, saß er regungslos an der Wand, die junge angeschlagene Frau zwischen seinen Beinen und gegen seinen Körper gelehnt, unter einem Hauch von minimal wärmenden stinkenden Deckenersatz, während er hinüber zu dem scheibenlosen Fenster starrte. Irgendwie schien sein sonst so „perfektes“, ruhiges Leben vollkommen außer Kontrolle geraten zu sein und einer der Hauptgründe dafür, lag direkt vor ihm.

Wie lange der junge Detektiv in dieser Starre verharrte, ließ sich für ihn im Nachhinein nicht mehr bestimmen. Sein Kopf war schlichtweg vollkommen überfüllt mit Fakten, wie mit sich daraus neu ergebenen Gedankengängen und Spekulationen, welche sogar die Zeit in ihrem beständigen Rhythmus zu verstören schienen. Selbst Zahra wirkte inzwischen mehr wie eine wärmende lebensgroße Puppe, die sich in ihren Regungen ausschließlich auf das Notwendigste beschränkte und L beinahe vergessen ließ, wie nah sie ihm eigentlich war. Nur die fortwährenden Antworten seines reaktiven Körpers erinnerten ihn dann und wann an ihre unbestreitbare Anwesenheit, ebenso wie an das weiter steigende Fieber, das die Brünette in regelmäßigen Abständen erschütterte. Erst als ein kontinuierlich lauter werdendes Rufen und Klopfen von den maroden Wänden des dunklen Zimmers widerzuhallen begann, kehrte sein wachsamer Geist schlagartig zurück in die Realität, während sich sein Blick zeitgleich lauernd auf die vor Empörung ächzende Tür richtete. Die suchende Stimme war ihm gänzlich unbekannt, aber sie klang eindeutig nicht nach jemanden der auf Ärger aus war und zudem, soviel konnte er bereits jetzt schon festmachen, gehörte sie mit hoher Wahrscheinlichkeit einem Mann, welcher noch nicht sehr viel mehr Jahre auf dieser Erde verweilen konnte, als er selbst. Die nächsten Worte, welche er von dem Fremden vernahm, brachten für einen winzigen Moment ein unwilliges Schmunzeln auf seine Lippen, ehe plötzlich alles ins Chaos stürzte.
 

„…Ist hier jemand?...Hier spricht die Polizei…Sie brauchen keine Angst zu haben…Wir holen Sie hier raus…Hallo?...Hören Sie mich?...“ L’s finster dreinblickende Augen ruhten angespannt auf dem altem Holz, unterdessen er die junge Frau instinktiv ein wenig näher an seinen Körper drückte. Dieser offensichtlich noch recht junge Beamte, wenn er denn wirklich einer war, begann gerade einen sehr schwerwiegenden Fehler, falls das gesamte Gelände, auf welchem sie sich befanden, bisher nicht vollständig von den Behörden abgesichert wurde und das dies ohne sein Bemerken geschehen war, hielt der schwarzhaarige Detektiv für nahezu ausgeschlossen. Die Erstürmung eines Gebäudes rief früher oder später unweigerliche Unruhe unter dessen „Besitzer“ wach, denn ein vollkommen lautloses Eindringen war selbst für seine, bis ins kleinste Detail durchkalkulierten, Pläne so gut wie unmöglich geblieben. Um nicht zusagen, vollends undurchführbar und das dieses Gefängnis von keiner Menschenseele be- oder überwacht wurde, war ebenfalls eine absolut wiedersinnige Vorstellung, an die Ryuzaki nicht einmal einen Gedanken verschwenden wollte. Seitdem er in dieser Bruchbude erwacht war, hatte es, bis auf den selbstmörderischen Trip dieses Nicks, keinerlei Anzeichen oder wahrnehmbare Hinweise auf Vorkommnisse dieser Art gegeben, sodass letztendlich nur zwei logische Schlussfolgerungen übrig blieben. Entweder hatten sie den Ausbruch dieses Vollidioten bemerkt und versuchten ihn nun mit dieser recht schalen Lüge aus seinem Versteck zu locken, wobei er diesen Nick so viel Dummheit trotz alledem nun wahrlich nicht zutraute, oder , was für ihn die wahrscheinlichere Variante darstellte, dieser grünschnäblige Polizist wandelte mit zu viel Überreifer wie falschen Heldenmut durch das alte Haus und weckte damit unbewusst die schlafenden Hunde. Kaum hatte L diesen Gedankengang beendet, herrschte unvermittelt eine gespenstische Stille, die der altbekannten Ruhe vor dem Sturm erschreckend nahe kam, bis im nächsten Augenblick bereits das ohrenbetäubende Bersten von splitternden Holz den Raum erfüllte. Intuitiv schloss er für einige Sekunden seine dunklen Seen und versuchte sich schützend ein wenig mehr über die bewusstlose Zahra zu beugen, bevor er missmutig wie ebenso aufmerksam in das helle Licht einer Taschenlampe blinzelt. Staub wirbelte in nebelartigen Wogen in dem blendenden Schein durcheinander und verdeckten so für einen Moment das erfreute und gleichzeitig besorgt dreinschauende Gesicht eines tatsächlich noch sehr jungen Polizeibeamten, welcher sich abermals vorschriftsmäßig als solcher zu Erkennen gab. Merklich aufgeregt erkundigte er sich nach einem ersten abebbenden Hustenanfall händewedelnd nach ihrem Befinden, aber ganz gleich was er versuchte, er bekam von seinem Gegenüber keinerlei akustische Reaktion. Misstrauisch wie ebenso lauernd, schirmte Ryuzaki stattdessen seinen wachsamen Blick gegen das störende Objekt ab, sodass der vermeintliche Polizist hastig sein Arm sinken ließ und den Lichtstrahl in eine andere Richtung lenkte, doch dieser gab nun plötzlich etwas preis, das selbst dem Detektiven einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Pures Entsetzten flimmerte in derselben Sekunde in seinen undurchschaubaren Iriden auf, in welcher L’s scharfer Verstand den mattglänzenden Lauf einer Walter P99 erfasste, aber es war zu spät. Ein markerschütternder Schuss zerriss das unheimliche Schweigen des Zimmers, dann ein zweiter, dritter, gefolgt von einem schmerzerstickten Aufschrei und einem ebenso merkwürdig dumpfen Aufprall, welcher durch das metallische Klingeln in ihren Ohren fast zur Gänze verschluckt wurde.
 

„…Zahra…Ryuzaki…Sind Sie ok?...Wurden Sie getroffen?...“ Der Klang einer vertrauten Stimme schreckte den Schwarzhaarigen unsanft aus seiner Gedankenstarre auf und auch wenn es nur wenige Augenblicke gewesen waren, so schaffte er es erst jetzt seine dunklen Seen von der absolut bizarren Szene vor sich zu lösen. Der junge Beamte, welcher wie ein ungestümer Elefant in einem Porzellanladen durch diese Bruchbude getrampelt war, hatte seine Waffe mittlerweile achtlos fallen gelassen und saß geschockt zusammengesunken auf dem nackten Steinboden, während er ungläubig immer wieder zwischen den beiden bewegungslosen Körpern hin und her stierte. Er lebte, war unverletzt, ja hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen, jedoch war dieser Umstand am Ende nicht sein Verdienst gewesen. Langsam löste L seinen schützenden Griff um Zahra und horchte bedächtig auf den rasenden Rhythmus ihres Herzschlags, welcher sich nach wie vor mit aller Macht gegen das Fieber anstemmte. Auch sein Puls hatte merklich auf die plötzlich eingetretene Gefahr reagiert, aber dieser Effekt war schlussendlich nur allzu natürlich und dennoch ärgerte sich der junge Detektiv insgeheimen über seine eigene Handlungsunfähigkeit. So hautnah wie eben, hatte er dem Tode, trotz seiner langjährigen Tätigkeit als weltbester Ermittler, noch nie ins Auge blicken müssen und hierbei halfen ihm auch all seine bisher gemachten Erfahrungen nicht. Dessen ungeachtet, ließ er sich jedoch nichts von seinem Schrecken anmerken, sondern richtete nun seine vollkommende Aufmerksamkeit auf das inzwischen zu ihnen herüber geeilte SOKO-Mitglied, welches sich mit skeptisch dreinschauender Mine vor ihnen nieder ließ. „…Aizawa…Nehmen Sie Zahra und sorgen Sie dafür, das sie auf schnellsten Wege medizinisch versorgt wird…“ wies Ryuzaki ohne große Umschweife den Beamten nüchtern an und drückte diesem bestimmt wenn gleich behutsam die bewusstlose Brünette entgegen, sodass der Angesprochene gezwungen war, seiner derzeitigen Position mit einem kleinen Schritt geistesgegenwärtig in eine stabilere Lage zu bringen, um nicht unter dem Gewicht der jungen Frau den Halt zu verlieren. Erschrocken entwich dem Mitglied der Sonderkommission sichtlich die Farbe aus dem Gesicht, als er sich der Bedeutung dieser Worte erst richtig bewusst wurde, denn dieser rechnete bereits mit dem Schlimmste, da vernahm er erneut die tonlose Stimme des Schwarzhaarigen in seinen Ohren. „…Keine Sorge…Zahra ist soweit unverletzt…Aber ihr gesundheitlicher Zustand ist sehr ernst…“ Jetzt, wo L dies erwähnte, spürte Herr Aizawa plötzlich deutlich die ungewöhnlich hohe Temperatur des zierlichen Körpers in seinem Arm und auch die durchgeschwitzte Kleidung war nun merklich für ihn wahrnehmbar. „…Alles Klar…“ ließ er besorgt verlauten und stemmte sich im selben Augenblick kraftvoll mit der Brünetten in die Höhe, ehe er nochmals inne hielt und zu dem Detektiven zurück sah. „…Was ist mit Ihnen Ryuzaki?...“ „…Machen Sie sich um mich keine Gedanken…Mir fehlt nichts…Außerdem habe ich da noch etwas zu erledigen…“ folgte sogleich hinterdrein die Antwort von des Schwarzhaarigen und erhob sich nebenher ein wenig umständlich von seinem Platz, denn diese andauernde aufgezwungene Haltung hatte unzweifelhaft ihre Spuren auf seinen Muskeln hinterlassen. Ein fragendes wie ebenso beunruhigtes Stirnrunzeln traf für einen kurzen Moment auf den auffordernden Blick des Detektiven, bis sich Aizawa schlussendlich mit einem resigniertem Aufseufzen und einem letzten „…Die Polizei hat die Lage hier unter Kontrolle…aber seien Sie trotzdem vorsichtig…“ schnellen Schrittes wieder aus dem modrigen Zimmer entfernte. Eine halbe Minute lang schaute L grübelnd dem impulsiven Ermittler nach und lauschte wachsam auf die ferner werdenden Geräusche seines eilenden Ganges. Die leise vor sich hin schwellende Besorgnis um Zahra in seinem Inneren, konnte er nicht verleugnen; - ebenso wenig wie die weiterhin spürbare Anspannung in seinen Knochen, welche seinen Verstand zu neuen Hochformen auflaufen ließ. Seine Konzentration allerdings, lag längst schon wieder auf einem ganz anderem offenkundigen Puzzelteil, das nicht so recht in sein logisches Gesamtbild zu passen schien.
 

Nachdenklich schlich sich seine Aufmerksamkeit von dem am Boden kauernden, noch immer unter Schock stehenden, unbekannten Beamten hinüber zu der vor der Tür liegenden regungslosen Person und dann weiter zu dem bekannt wirkenden Körper am Fenster, welcher bei genauer Betrachtung plötzlich einen kaum erkennbaren Atemzug tat. Die dunklen Seen des Detektiven merkten auf, während er sich umgehend wie gleichsam vorsichtig auf den fremden Mann zubewegte, um einen näheren Blick auf diesen zu erhaschen und tatsächlich, - dieser tollkühne Möchtegernheld hatte den Angriff wirklich überlebt. „…Sie da…Sitzen Sie da nicht so tatenlos rum, sondern holen Sie Hilfe…Dieser Mann hier atmet noch…“ richtete er nachdrücklich das Wort an den jungen Polizisten, der nun endlich aus seiner Starre erwachte und völlig entgeistert zu L hinüber schaute. „…Ja…Ich…Es tut mir Leid…Ich wusste nicht, das…Ich…“ begann dieser verwirrt vor sich hinzustammeln und wurde postwendend von dem Schwarzhaarigen unterbrochen. „…Das ist jetzt nicht Wichtig…Sehen Sie zu, das Sie Hilfe holen…“ warf er missmutig ein, sodass der junge Mann im selben Satz gehetzt aufsprang und Hals über Kopf aus dem Raum verschwand. Ein genervter kurzer Seitenblick von Ryuzaki folgte dem überforderten Beamten, bevor er seine Aufmerksamkeit erneut auf die schwerverletzte Person vor sich lenkte und diese dann behutsam mit spitzen Fingern auf den Rücken drehte. Das Gesicht von Nick war aschfahl und blutiger Schaum trat in hustenden Wogen über seine Lippen, sodass es für L nicht einmal der knappen Musterung seines Leibes bedurft hätte, um zu sagen, das dieser dem Tod näher stand als dem Leben. Zwei Projektile hatten ihn zielsicher getroffen. Das Eine steckte in seiner Brust und musste einen Teil seiner Lunge schwer in Mitleidenschaft gezogen haben, selbst wenn sie das Herz um Haaresbreite verfehlt hatte. Das Zweite hatte sich seinen zerstörerischen Weg durch seine Bauchdecke gesucht und allein anhand der Menge wie auch der Geschwindigkeit, mit welcher der rote Lebenssaft pulsierend aus ihm herausströmte, machte klar, das ihm nicht mehr viel Zeit blieb. „…Nick…können Sie mich hören?...“ sprach er den Verletzten an und beobachtete aufmerksam, wie sich dessen Lider mit einer flatternden Bewegung langsam öffneten. Unvermittelt schlug ihm jedoch sofort ein blutrotes Lächeln entgegen, während ihm die zwei trüben Iriden seines Gegenübers eines ganz deutlich entgegen schrien, - Er wusste das er starb und das es keine Rettung mehr für ihn geben würde. Ein Gedanke, nein, eine Erkenntnis, die sich unerwartet bitter auf seine Zunge legte und den scharfen Geschmack von Galle in ihm hochtrieb, sodass er sich bestärkend seinen Daumen an die Unterlippe legte. L hatte viele Menschen in seinem Leben sterben sehen. Duzenden, wenn nicht sogar Hunderte, die der Tod auf oft grausamste und unverschuldeter Weise geholt hatte, doch – so nah wie jetzt war noch niemals einem Sterbenden gewesen. Eine viel beklemmendere Erfahrung, als er sich tatsächlich eingestehen wollte. „…Sie misstrauen mir… immer noch, …hab ich Recht?...“ kam mit einem seltsam gurgelnden Laut über seine verschmierten Lippen, welche weiterhin dieses unheimliche wissende Schmunzeln umspielte. „…Ich glaube…ich verstehe langsam…was Zahra an Ihnen findet…“ folgte sogleich hintendran und dieses Mal lag sogar etwas spöttisches in seinem allmählich zerbrechenden Blick. „…Ich möchte Sie…um etwas Bitten…Kümmern Sie sich …um Zahra…Beschützen Sie sie…vor diesen Verbrechern…Versprechen Sie mir das…Bitte…“ Ein quälender Hustenanfall und ein neu herausbrechender Schwall des roten Lebenssafts, unterbrach Nick mitten in seinem Satz. Der Detektiv hörte dem Fremden dennoch sehr genau zu und allein der Klang ihres Namens, löste in seinem Herzen einen schmerzhaften Stich aus, welcher die Unruhe in ihm abermals neue Nahrung gab. Aber sein Gesicht blieb leer, ausdruckslos. Sein rationaler Verstand sagte ihm, das er diesem Nick gegenüber skeptisch bleiben sollte und trotz alledem steckten in seinen Worten eine unleugbare Wahrheit, welche sich nicht abstreiten ließ. Manchmal war der Grad zwischen Lüge und Wahrheit so schmal, das es sich einfach nicht definieren ließ, wo das Eine anfing und das Andere aufhörte. Hin und wieder sogar kam es vor, das der fließende Übergang gar allein das Maß aller Dinge darstellte. „…Ich verspreche es…“ gab er nach ewig erscheinenden Minuten der bedrückenden Stille leise zu verlauten und abermals zeigte der undurchsichtige Fremde seine blutbeschmierten Zähne, die sein Lächeln zu einer abstrusen Maske werden ließ. „…Danke…Ich weiß,… das Zahra bei Ihnen…in sicheren Händen ist…Auch Lina…hätte es so…gewollt…“ Nicks Stimme wurde mittlerweile merklich schwächer und die Pausen zwischen seinen gurgelnden Sätzen umso länger, doch sprach er einfach immer weiter, ohne das Ryuzaki ihn auch nur ein einziges Mal unterbrach. „…Ich vertraue… Ihnen jetzt… ein Geheimnis an…Aber ich weiß…das Sie das Richtige…daraus machen werden…“ L blieb unterdessen äußerst wachsam und lauschte sorgfältig auf jedes noch so kleine Geräusch in seiner Umgebung, jedoch entging ihm nicht ein einziger Laut, nicht ein einziges Wort, welches Nick ihm mit letzter Kraft anvertraute. Stillschweigend sog er all die benannten Informationen in sich auf, bis auch der letzte Ton mit einem erleichterten Aufseufzen endgültig verstummte und ihm am Schluss nur noch zwei leere, gebrochene Augen leblos entgegen starrten.
 

Tief in Gedanken versunken, hockte der schwarzhaarige Detektiv auf seinem Sessel in dem gut temperierten Hotelzimmer und blickte konzentriert auf den flackernden Monitor, auf welchen er die ihm verlorengegangenen Zeit von Lights Überwachung aufmerksam vor und zurück spulte. Mehrere Stunden war es nun her, das man Sie aus ihrem verrotteten Gefängnis befreit hatte und einen überwiegenden Teil ihrer Entführer festnehmen konnte, aber noch immer war es ihm nicht möglich gewesen, all das gesammelte Videomaterial zu sichten. Zudem kam, das es L mehr als gewaltig gegen den Strich ging, das man ohne seine Zustimmung Light in die Aufklärung ihres Verschwindens mit eingebunden hatte, denn selbst wenn ihnen durch seine Mithilfe ein schnellerer Zugriff geglückt war, so änderte es nichts an der Tatsache, das er weiterhin ihr einziger Hauptverdächtiger im Fall Kira blieb. Wenigstens war Watari so geistesgegenwärtig gewesen und hatte eine möglicherweise verhängnisvolle Freilassung des jungen Studenten zu verhindern gewusst, doch selbst dieser Umstand machte die darum entstandene Sachlage nicht besser. Das Light die Informationen auf der kleinen SD-Karte so schnell entschlüsseln konnte, wunderte Ryuzaki absolut nicht, da er an seiner überdurchschnittlichen Intelligenz wie auch seiner guten Kombinationsgabe keinerlei berechtigten Zweifel hegte. Nein, er selbst hatte den vermeintlichen Kira schon öfters in seine eigenen Ermittlungen mit eingebunden, auch wenn dies wiederum einen ganz anderen Hintergrund beherbergte. Hiermit allerdings, hatte sich der Student weitere Pluspunkte im Vertrauen der restlichen Mitglieder der Sonderkommission erschlichen, ganz gleich, ob er ihnen nun tatsächlich Helfen wollte oder allein auf seinen sich daraus ergebenen Vorteil bedacht gewesen war. So oder so musste sich der junge Detektiv jetzt mit neuen Argumenten gegen seine Kiratheorie herumschlagen und dies schmeckte ihm absolut gar nicht. Es erschwerte seine Ermittlungsarbeit nur weiter. „…Ryuzaki?...Was haben Sie jetzt eigentlich mit den Daten auf dieser SD-Karte vor?...Seit Watari mit dem Ding verschwunden ist, haben Sie kein einziges Wort mehr darüber verloren…“ unterbrach Matsuda neugierig die eingetretene Stille in dem spärlich beleuchteten Raum und lenkte damit alle Aufmerksamkeit hinüber zu L, welcher zunächst ignorierend einen genüsslichen Schluck von seinem überzuckerten Kaffee tat. „…Machen Sie sich darum keine Gedanken…Ich werde mich später damit beschäftigen…Im Moment geht von diesen Verbrechern wohl die geringste Gefahr aus…“ gab er knapp erklärend preis und wandte sich anschließend abermals den Geschehnissen auf dem Bildschirm zu, aber so leicht ließen sich die Mitglieder der SOKO leider nicht gnädig stimmen. „…Wie meinen Sie das?...Ist es Ihnen denn inzwischen gelungen, das verschlüsselte Programm darauf zu öffnen?...Diese Typen haben uns schon einmal gefunden…Woher wollen Sie also wissen, das Sie nicht wieder unangemeldet hier herein platzen?...“ meldete sich jetzt auch Aizawa lauernd zu Wort, dem diese Heimlichtuerei des Schwarzhaarigen ohnehin bereits auf dem Zeiger ging. Unwillen begann sich für einen minimalen Wimpernschlag in den Gesichtszügen von L widerzuspiegeln, bis er dann missmutig das vorwärts laufende Videoband stoppte und sich wortlos zu den Anwesenden herum drehte, welche er einige Sekunden lang mit prüfenden Blick abschätzend maß. Ja, er hatte zusammen mit Watari die Datei decodieren können, aber das jedoch bloß, weil ihm dieser Nick kurz vor seinem Tod die Entschlüsselung dafür mitgeteilt hatte. Etwas, das Schwer an seinem Ego nagte, denn egal wie er es auch drehte und wendete, dieser Mann hatte ihm in Sachen Technik tatsächlich einiges voraus gehabt. Seine Nachforschungen zu diesem Nick hatten ergeben, das ein großer Teil seiner abstrusen Geschichte tatsächlich der Wahrheit entsprach, - zumindest dieser, welcher ihm möglich war anhand von Indizien nachzuvollziehen. Einige Fragen allerdings, würden wohl für immer ein gut gehütetes Geheimnis dieses Mannes bleiben, denn die Lösungen darauf, hatte Nick mit ins Grab genommen. „…Dieser Mann war schlau genug, vor seinem Tod einen gut getarnten Virus in die Zentrale Datenbank dieser Organisation einzuschleusen…Das Programm auf der SD-Karte, ist der dazugehörige Schlüssel, mit dem es möglich ist, all die gesammelten Daten von ihnen zu rekonstruieren, ohne auch nur eine winzige Spur zu hinterlassen…Wir haben also demzufolge den entscheidenden Vorteil auf unserer Seite, das wir ihnen immer einen Schritt voraus sind…“ erläuterte L sodann widerwillig und hoffte inständig darauf, das sich die aufkeimende Diskussion damit erledigt hatte, sodass er sich endlich wieder ungestört seinen Ermittlungen im Fall Kira zuwenden konnte, doch diese Information brachte die wissbegierigen Gemüter der Mitglieder nur noch mehr in Aufruhr. „…Wow…das ist echt genial…“ ließ Matsuda postwendend beeindruckt verlauten und auch Herr Yagami brachte sich nunmehr mit ins Gespräch. „…Dieser Nick schien wirklich gut gewesen zu sein, indem was er tat…Ein Jammer, das Zahra ihm nicht ein wenig mehr vertraut hatte…aber unter den gegebenen Umständen kann ich Sie durchaus verstehen…“ „…Da haben Sie Recht Chef…Zahra musste sich nach alledem ziemlich hintergangen gefühlt haben…“ stimmte Aizawa mit ein und eine bedrückende Stimmung legte sich unheilschwanger über die Anwesenden der Sonderkommission. Sie all hatten von der Story gehört und keiner von ihnen machte der jungen Frau daraus einen Vorwurf, denn sie konnten sich nur allzu gut vorstellen, was in ihr zu dem Zeitpunkt vorgegangen sein mochte. Für L hingegen, hatten sich die unlogischen Verhaltensmuster wie gleichsam ihr spontaner Sinneswandel bis heute auf keinem plausiblem Weg eingefunden, ganz gleich er auch um die theoretische Bedeutung solcher Vorgänge wusste. Aus rationaler Sicht warfen ihre Handlungen schlichtweg Ungereimtheiten in sich auf.
 

Ein lautstarkes Piepen, holte die Männer jedoch umgehend zurück aus ihren düsteren Grübeleien und lenkten ihre Aufmerksamkeit unverzüglich auf den schwarzhaarigen Detektiven, welcher sich erkundigend zu dem auf seinem Laptop aufleuchtenden W wandte. „…Was gibt es Watari?...“ „…Ryuzaki…Es ist jetzt alles vorbereitet…Sind Sie sicher, das Sie wirklich soweit gehen wollen?...“ meldete sich die altbekannte Stimme des älteren Herren, in welcher man deutlich den leisen Unterton von Zweifel heraushören konnte. „…Watari…Ich dachte, wir hätte dieses Thema längst besprochen…“ entgegnete L genervt, denn er konnte geradezu spüren, wie sich die wiederholten Einwände der Anwesenden zu akustischen Lauten zu formen begannen und auf diese konnte er auch ebenso gut verzichten. „…Ich bitte um Verzeihung…aber ich denke, das Zahra diese ganze Geschichte vielleicht falsch verstehen könnte…Sie ist…nun ja…ein recht impulsiver Mensch…“ merkte sein Assistent besorgt an und prompt schaltete sich der Rest der SOKO unterstützend hinzu, sodass Ryuzaki verärgert einen Seitenblick auf die Anwesenden warf. „…Watari hat Recht…Das können Sie nicht so ohne weiteres tun…“ erklärte Herr Yagami bestimmt, während ihm Herr Aizawa mit einem mahnenden „…Falsch Verstehen ist noch recht nett ausgedrückt…Zahra wird Ihnen den Kopf abreißen, wenn Sie die Gelegenheit dazu bekommt...“ beisprang und von Matsuda zusätzlich mit den Worten „…oder Schlimmeres…“ beistand bekam. Die dunklen Seen des Detektiven verfinsterten sich schlagartig und seine Laune sank stetig weiter Richtung Polarkappen, denn genau mit dieser Reaktion hatte er nach Wataris Anspielung gerechnet. Er wusste selbst allzu gut, das er mit seinem Vorhaben an einer imaginären Grenze kratze, ja sie vielleicht sogar gewaltig überschritt, aber es war der einzig sichere Weg. Es war seine einzigste Möglichkeit Zahra vor alledem zu bewahren und letzten Endes ebenso die einzigste Option, ein Stück weit sich selbst zu beschützen. „…Es reicht…Ich denke, wir haben bereits alle wichtigen Details zu diesem Thema besprochen und ich werde meine Entscheidung diesbezüglich auch nicht mehr ändern…ganz gleich welche Einwende sie noch erheben…“ erklang die nachdrückliche scharfe Stimme von L im Raum und ließ für einen Moment die Mitglieder der Sonderkommission überrumpelt inne halten. „…Watari…leiten Sie bitte alles in die Wege…“ gab er sodann befehlend an den älteren Herrn weiter, welcher sich umgehend mit einem resigniertem „…Jawohl…“ von den Anwesenden verabschiedete, während sich L anschließend mit einem missmutigen „…Und sie sollten jetzt besser gehen und sich auf den morgigen Tag vorbereiten…Besonders ihre Mithilfe, Herr Yagami, wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob Light und Misa Amane aus der Haft entlassen werden…“ an die restlichen Mitglieder wandte. Kurz beobachtete Ryuzaki skeptisch die nicht sehr erfreuten, ja überwiegend empört, dreinschauenden Gesichter der Ermittlungsbeamten, bevor er sich ohne ein weiteres Wort abermals den flimmernden Monitoren widmete und seine gesamte Konzentration auf Kira zu lenken versuchte.
 

Die sanften hellen Strahlen der Morgensonne kitzelten wohlig durch meine trägen Augenlider und zogen meinen bewölkten Verstand Stück für Stück zurück in die Realität. Wärme umschloss meinen bleiernen Leib, sodass ich mich mit einem zufriedenen Aufseufzen noch ein wenig mehr unter meine Decke kuschelte und das grelle verschwommene Licht mit dessen Hilfen auszusperren versuchte. Mein erster Gedanke an diesen Tag galt einem jungen starrköpfigen Mann, der mich mit seiner Art schon so oft in den Wahnsinn getrieben hatte und dem ich nichts desto trotz mit ganzem Herzen verfallen war. „…L…“ flüsterte ich schlaftrunken in mein Kissen und ein sanftes Lächeln umspielte dabei meine spröden Lippen, ehe ich unvermittelt aus meinen immer weiter abdriftenden Traum hochschreckte. Geschockt riss ich die Augen auf und lauschte angespannt auf meine Umgebung, während ich mir behutsam das raschelnde Bettzeug vom Kopf zog. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, das sagte mir nicht nur mein plötzlich aufbegehrender Pulsschlag, sondern gleichsam auch der seltsam vertraute Geruch, welcher mir immer nachhaltiger in die Nase stieg. Da waren Stimmen, fremd und irgendwie undeutlich. Als meine blaugrauen Iriden dann endlich den abdunkelnden Schutz der Decke überwandten, traf es mich plötzlich wie ein Schlag und ich saß kerzengerade in meinem Bett, während ich mich absichernd nach allen Seiten umsah. Meine Wahrnehmung hatte mich also nicht getäuscht und ich hockte mal wieder in einem Krankenhaus, aber warum? Ein scharfer pochender Schmerz in meinem Haupt, ließ mich zähneknirschend Aufstöhnen, sodass ich schützend meine Hände vor mein Gesicht schlug und darauf wartete, das die leidige Karussellfahrt schnellstmöglich ihr Ende fand. Meine Gedanken rasten und die schreckenhafte Bilder der Erinnerungen suchten mich heim, was meine schlechtes Gewissen wie ebenso meinen postwendend rebellierenden Magen zurück auf den Plan rief. Lina, Nick, L, Kira, die Sonderkommission, - alles strömte mit einer überwältigenden Wucht über mir zusammen und dann stand mit einem mal die Zeit still. Schwer atmend und mit zitternden Händen lauschte ich auf die auf- und abschwellenden Stimmen vor meiner Tür, was meinen Herzschlag augenblicklich zum Aussetzten brachte. Nein, das konnte nicht sein. Das war doch absolut unmöglich. Ruckartig zuckte mein schwindelnder Kopf hinüber zu dem lichtdurchfluteten Fenster und schneller als meine Beine mich tragen konnte, war ich auch schon aus dem Bett gesprungen. Mein Brustkorb drohte beinahe auseinander zuspringen, als ich vollkommen ungläubig auf die durchsichtige Scheibe zusteuerte und fast den Boden unter den Füßen verlor. Hastig hielt ich mich am Fensterbrett fest und starrte entgeistert hinaus auf die unter mir liegende Stadt, während die Uhr des großen Turmes Mittag schlug. Ich war nicht mehr in Tokio, nein, ich war London. Doch wie um alles in der Welt war ich hier her gekommen?



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