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Abbygails Abenteuer

Road to Lavandia
von

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Drei gegen Einen (Aufbruch und Abschied)

„Ich soll gegen drei Hoothoots gleichzeitig kämpfen?“

Mathilda schaut ihn heraufordernd an. „Was, hast du Angst?“

Louis ballt die Fäuste, aber seine Augen sprühen Funken. „Machst du Witze? Los geht´s!“

Und so beginnt der Kampf.

„Hoot, Hypnose, Hoota, Heuler, Hooti, greif mit Schnabel an!“

„Konter mit Rankenhieb auf das linke Hoothoot, weich der Hypnose aus, los!“

„Bin ich die Einzige, die sich über diese Spitznamen aufregt?“, frage ich Raphael leise und er gluckst. Damit ist unsere Unterhaltung aber auch beendet, denn das Duell zwischen Louis und Mathilda nimmt ab dem ersten Kommando Hochspannung an.

Die drei Hoothoots verteilen sich kreisförmig um Harley in der Luft und beginnen gleichzeitig ihre Attacken. Hoot, das kleinste der drei, reißt den Schnabel auf und die Töne, die es erzeugt, bilden kreisförmige Wellen in der Luft. Harley windet sich im letzten Moment zur Seite, nur um Hoota zu nahe zu kommen, das mit seinem Heuler ihren Angriff senkt. Harley taumelt zur Seite, aus der Bahn geworfen und entkommt so der Schnabelattacke des dunkelbraunen Hootis nicht mehr rechtzeitig.

Geschwächt knicken ihre Wurzelbeine ein, aber auf Louis aufmunternden Zuruf hin reißt sie sich zusammen und attackiert Hoot mit einem Rankenhieb. Durch den Heuler ihrer Energie beraubt, schafft sie es nicht, das Hoothoot mit einer Attacke zu besiegen, aber Hoot flattert kraftlos vom Kampfgeschehen weg und muss von Mathildas strengem Ruf zurückgeholt werden.

„Harley, konzentriere dich auf das Ausweichen! Greif Hoot an, wenn du eine Chance siehst, aber lass dich nicht erwischen.“

„Hoot, nochmal Hypnose, Hoota und Hooti Schnabel.“

Ich beiße mir auf die Lippen. Harley weicht der Hypnose aus, aber eine der Schnabelattacken trifft sie, während die andere sie streift. Ihr Rankenhieb trifft dafür einwandfrei und Hoot trudelt besiegt zu Boden.

Mathilda rückt ihre Taucherbrille zurecht, dann breitet sie die Arme weit aus, bis sie selbst wie ein Vogel im Flug aussieht.

„Hooti, Hoota, Schnabel, lasst nicht locker, bis Knofensa im Staub liegt!“

„Harley, du weißt was zu tun ist!“

Harley hebt und senkt ihren Kopf langsam, als würde sie tief ein- und ausatmen, dann hebt sie ihre Blatt-Arme und beginnt ihren Tanz.

Ich kann es nicht anders beschreiben. Ihre Arme und Wurzelbeine wirbeln durch die Luft, ihr ganzer Körper dreht sich wie ein elastischer Kreisel und irgendwie schafft sie es, ihren schlanken Rankenkörper immer genau dann umzubiegen, wenn eins der Hoothoot auf sie nieder schießt. Keine der gegnerischen Schnabelattacken trifft sie, außer dem einen oder anderen Streiftreffer.

Harleys eigene Attacken werden spärlicher, aber je länger sie in ihrem Tanz verbringt, umso fließender werden ihre Bewegungen. Nach einer Minute trifft sie Hoota mit einer Ranke, nach zwei Minuten, packt sie im Vorbeiwirbeln Hooti und schleudert das Vogelpokémon durch das ganze Obergeschoss.

Doch die Attacke dauert zu lange.

Harley wird von dem Schwung mitgerissen, verliert ihren Rhythmus und Hooti nutzt die Gelegenheit, um mit einer kraftvollen Schnabelattacke auf sie niederzuschießen.

Der Angriff trifft Harley mit voller Wucht und sie taumelt einige Schritte vorwärts.

„Gib jetzt nicht auf!“, schreit Louis und Harley dreht sich zu ihm um. Dann, als hätten seine Worte neue Energie in ihr entfacht, richtet sie sich zu ihrer vollen Größe auf und hebt beide Ranken hoch über ihren Kopf.

Hooti flattert in die Höhe und einige Sekunden lang beäugen sie einander eingehend. Dann greifen sie an, Hooti mit einem Sturzflug, Harley mit nach vorne schießenden Ranken.

Ich höre ein Knallen, wie von einer Peitsche und ein Kreischen.

Harleys Ranken sind eng um Hooti gewunden und halten es mit aller Gewalt fest – nur wenige Zentimeter von Harleys Kopf entfernt.

Ich halte den Atem an und Raphael pfeift anerkennend. Hooti dreht verzweifelt den Kopf hierhin und dorthin, aber so sehr es sich bemüht, seine Flügel bewegen sich keinen Zentimeter. Harleys Ranken zittern von der Anstrengung, die der feste Griff das Pokémon kostet, aber sie lässt nicht locker.

Harley holt Schwung, dann schleudert sie Hooti genauso wie Hoota aus ihrem Rankengriff heraus und mit aller Kraft gegen die Turmdecke. Ihre nun freien Ranken setzen zu einem letzen Rankenhieb an und als sie mit einem zischenden Knall treffen, fällt Hooti sang und klanglos zu Boden.

Louis hat gewonnen.

„Wahnsinn!“ Ich laufe zu ihm und umarme ihn fest, bevor ich in die Hocke gehe und Harleys Kopf streichele. Sie schrumpft zunächst unter meiner Berührung, lässt mich aber gewähren.

„Haaa, ich dachte wirklich, du hättest keine Chance“, sagt Mathilda gut gelaunt, als sie sich zu uns gesellt und Louis ebenfalls umarmt. „Drei Hoothoot gegen ein Knofensa und du gewinnst trotzdem. Aber Wette ist Wette.“

Sie zieht ihrer Taucherbrille aus und wirft sie einem der Weisen zu, der sie erschrocken fängt und beinahe sofort fallen lässt. Aus den Tiefen ihrer Hosentasche fischt sie einen grün schimmernden Stein.

„Ein Blattstein…“, murmele ich geschockt. „Wo hast du den her?“

Sie legt einen Finger an ihre Lippen und betrachtet mich von oben bis unten, als müsste sie erst entscheiden, ob ich zu spießig für ihre Antwort bin, dann zuckt sie aber die Achseln und grinst mich breit an.

„Eine Freundin von mir hat ihn gefunden“, sagt sie schließlich. „Sie braucht ihn nicht, also hat sie mich gefragt, ob ich ihn haben will.“

„Welche Freundin?“, fragt Louis und spricht damit meine eigenen Gedanken aus. Wie kommt jemand wie Mathilda an Freunde, wo sie doch im Turm bleiben muss?

„Gudrun. Ich habe sie über ein Online-Forum kennen gelernt.“

„Online-Forum?“ Ich schaue sie perplex an, doch sie streckt mir nur die Zunge heraus und wirft Louis den Blattstein zu.

„Klar. Wir sind schließlich keine Hinterwäldler.“

„Oder Spießer?“, schlage ich vor und zum ersten Mal gilt ihr breites Grinsen mir.

„Ganz genau.“

 
 

ooo

 

Die nächsten Tage vergehen im Flug.

Harley entwickelt sich bereits am Mittwoch zu einem stattlichen Ultrigaria und obwohl sie ihren schlanken Körper verloren hat, behält sie ihre tänzerischen Fähigkeiten bei. Auch Gotts Training verstärke ich, speziell an den Nachmittagen, wenn ich nicht gezwungen bin, gegen die in zwischen zu schwachen Pokémon auf Route 31 kämpfen zu müssen. Raphael teilt meine Ansicht, dass Gotts Potential sehr hoch ist, aber überrascht ist er nicht.

„Die meisten Starterpokémon sind gezüchtet“, sagt er eines Abends, als wir auf dem Rückweg zu Heikes Haus sind. „Das gibt jungen Trainern eine bessere Chance, schnell stärker zu werden und motiviert sie.“

Am Donnerstag erreicht mich eine frustrierte SMS von Maisy, die sich in Teak City mit einigen Bikern in die Haare gekriegt hat und nicht vor nächster Woche in Viola City sein wird. Ich kann ihren Ärger verstehen, immerhin verpasst sie dadurch Golds Termin bei ihrem Großvater.

Dass ich bis dahin bereits abgereist sein werde, hebt ihre Stimmung nicht, aber sie freut sich für mein Geburtstagsgeschenk und wünscht mir viel Glück in der Zukunft. Louis vereinbart ein Treffen mit ihr.

„Da du nicht mit nach Teak City gehst, kann ich genauso gut noch ein paar Tage hier trainieren und auf sie warten“, meint er, als ich ihn frage und obwohl er sich bemüht, nicht verbittert zu klingen, gelingt es ihm nur teilweise.

Freitagnachmittag bringt mir endlich meine zweite Bezahlung ein. Ich bedanke mich für die kurzfristige Anstellung bei Madeleine Dervish und lächle, als ihre fleischige Hand die meine beinahe zerquetscht.

Vor dem Schultor wartet bereits Raphael auf mich. Er trägt einen langen, braunen Mantel, einen kartierten Schal aus schwarzgrauer Wolle und seine pinke Sonnenbrille, eins seiner Lieblingsaccessoires, wenn er sich verkleiden muss.

Ich gehe beschwingt auf ihn zu und hake mich dann bei ihm unter. Heute ist Wintershopping angesagt.

„Du weißt, dass ich dir die Jacke einfach kaufen kann, oder?“, fragt er, als ich eine halbe Stunde später vor einem Spiegel stehe und mich in der dunkelblauen Winterjacke drehe und wende. Kapuze und Säume sind mit Kunstfell ausgestattet und das Innere ist gefüttert.

Außerdem kostet sie 7500 PD.

Zum dritten Mal in genauso vielen Minuten seufze ich und zähle das Geld in meiner Börse, verzweifelt auf der Suche nach irgendeinem Schein, den ich vielleicht einfach übersehen habe. So viel glück habe ich leider nicht. Mein Vermögen beläuft sich auf genau 5691 PD und keinen Dollar mehr.

Und Raphael hatte Recht. Eine billigere habe ich hier bisher nicht gefunden und sie sieht nicht Mal schlecht aus.

Ich drehe mich verzweifelt zu Raphael um, aber er zieht nur seine Brille hinunter.

„Du willst sie haben, aber du willst sie dir selbst kaufen“, stellt er seelenruhig fest und ich nicke. Er steht von dem viereckigen Sessel auf, der nahe den Umkleiden steht und kommt zu mir. Dann beugt er sich hinunter, bis seine Lippen direkt an meinem Ohr liegen.

„Du hast drei Möglichkeiten“, flüstert er.

„Und die wären?“, flüstere ich zurück.

„Nummer eins: Du kaufst die Jacke nicht und frierst, bis du genug Geld hast, dir irgendwo eine andere zu kaufen. Nummer zwei: Du lässt mich die Jacke kaufen.“

Ich runzele die Stirn. „Und Nummer drei?“

„Nummer drei willst du nicht wissen.“ Raphael richtet sich auf und schaut mich erwartungsvoll an. „Und?“

„Ich kann mich nicht entscheiden, wenn ich nicht weiß, was die dritte Möglichkeit ist“, verteidige ich mich.

„Du hast es so gewollt.“ Mit diesen Worten verlässt er mich und geht hinüber zu einer der Kassen. Neugierig geworden folge ich ihm.

„-hier Rabatte?“, höre ich das Ende seiner Frage und die Kassiererin schaut ihn skeptisch an.

„Ab 50.000 PD gibt es 5% Rabatt, ab 100.000 PD 10%. Warum fragen sie?“

„Nur aus Interesse.“ Raphael entfernt sich vom Tresen und kommt zu mir. „Mitgehört?“

Ich nicke, immer noch unsicher, was er vorhat.

„5% von 50.000 PD sind 2500 PD. Dir fehlen etwas weniger als 2000 PD für deine Jacke.“ Er wackelt verschwörerisch mit den Augenbrauen und mir wird alles klar.

„Oh nein. Oh nein, das kannst du gleich wieder vergessen!“

Er grinst.

„Raphael, das ist doch nicht dein Ernst! Du kannst nicht so viel Geld ausgeben, nur damit der Rabatt meine Kosten deckt!“

Beim Klang seines Namens zuckt er zusammen und hält mir schnell eine Hand vor den Mund „Und wie ich das kann. Ich habe ein unbegrenztes Bedürfnis nach Verkleidungsutensilien, also entweder lässt du mich dir diese Jacke kaufen oder ich kaufe den gesamten Vorrat an karierten Schals.“

Ich schaue ihn lange an, dann schüttele ich den Kopf. „Du bist unglaublich.“

Er grinst. „Danke.“

„Okay, okay“, gebe ich mich schließlich geschlagen. „Aber lass mich wenigstens den Anteil bezahlen, für den ich Geld habe.“

„Die Hälfte.“

Ich seufze. „Fein. Die Hälfte.“

Er klopft mir auf die Schulter. „War doch gar nicht so schwer.“

 
 

ooo

 

„Nur noch drei Tage bis zum größten Event des Jahres, ich kann es gar nicht mehr erwarten!“

„Ich auch nicht, Jessy, aber ich habe Neuigkeiten, die dich aufmuntern werden.“

„Wirklich Alfred?“

„Allerdings! Du fragst dich sicher auch, wer der mysteriöse Ehrengast heute im PCN Live-Talk ist, nicht wahr?“

„Oh die Aufregung! Wirst du das Geheimnis nun endlich lüften?“

„Begrüßen sie mit mir! Noaaaah Reeeeeynes!“

„Guten Abend, Alfred, Jessy.“

„Noah, welch Freude, dich hier bei uns zu haben! Wie geht es dir und deinen Pokémon?“

„Wir sind gut vorbereitet.“

„Du hast in den letzten Wochen viel zu tun gehabt. Was fiel in deine Aufgabenbereiche?“

„Nach einem privaten Gespräch mit Gold haben wir uns mit Officer Rockey zusammengetan, um Team Rocket Einhalt zu gebieten. Ihr Hauptquartier wird auf Eiland 5 vermutet, aber unsere Übergriffe sind bisher wenig erfolgreich gewesen. Sie scheinen zwischen verschiedenen Basen zu wechseln, um nicht eingekesselt werden zu können. Es ist uns aber gelungen, einige der Rocket-Mitglieder festzunehmen. Sie werden derzeit verhört.“

„Leidet dein Training nicht unter soviel Verantwortung?“

„Es stimmt, dass ich weniger Zeit dafür habe, aber zwei Jahre an der Spitze haben mein Team gestärkt. Sie werden sich nicht so schnell geschlagen geben und eine Pause tut ihnen ganz gut.“

„Gerade um dein Zoroark-Duo ranken sich ja alle möglichen Gerüchte. Warum erzählst du uns nicht etwas von den Beiden?“

„Shade ist Swifts älterer Bruder. Die beiden sind von klein auf bei mir aufgewachsen und ließen sich nicht trennen. Also habe ich beide unterschiedlich trainiert, um das Beste aus ihren Fähigkeiten herauszuholen.“

„Was hat dich auf die Idee gebracht, gleich zwölf Pokémon aufzuziehen? Die meisten Trainer haben schließlich mit sechs schon beide Hände voll.“

„Das war von Anfang an ein Wunsch von mir. Ich musste natürlich zuerst mit sechs anfangen, aber wenn man das erste Team aufgezogen hat, fällt das Zweite leichter, weil man sie gemeinsam mit den stärkeren Pokémon trainieren kann. Das erleichtert das Leveln und gibt mir mehr Spielraum und Flexibilität in den Kämpfen. Gerade als Champ besteht immer die Gefahr, dass meine Gegner meine Strategien aus dem Fernsehen kennen und ihr Team genau auf mich ausrichten. Das wollte ich verhindern.“

„Wolltest du schon immer Pokéchamp werden?“

„Schon sehr früh. Am Anfang zweifelt man oft an sich, aber irgendwann muss man sich einen Ruck geben und darf sein Ziel nicht mehr aus den Augen verlieren. Wer nicht davon überzeugt ist, der Beste werden zu können, wird scheitern.“

„Noah, viele Fans haben uns Fragen für dich geschickt. Möchtest du sie hören?“

„Gerne, Alfred.“

"Edward aus Prismania City fragt, ob und wie du dich mit deinen Pokémon verständigst.“

„Wenn man sein Pokémon lange genug kennt, fällt es leichter, ihre Körpersprache zu lesen, wobei ich gestehe, dass ich meinen Starter am besten verstehe.“

„Dein Bisaflor?“

„Richtig. Blossom und ich sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Wenn ich sie ansehe, kommt es mir manchmal so vor, als könnte ich ihre Stimme hören.“

„Großartig! Ich wünschte, ich hätte auch ein so enges Band mit einem Pokémon.“

„Die wichtigste Frage stellt Christina aus Dukatia City. Bist du Single, Noah?“

„…Ich bin Single, das stimmt.“

„Na aber hallo, da habt ihr ja noch Chancen, Mädels! Also ran an die Liebesbriefe!“

„Und es gibt kein Mädchen, dass dir deinen Kopf so richtig verdreht, Noah? Uns kannst du es doch sagen.“

„Ich habe derzeit wirklich keine Zeit für eine Beziehung, selbst wenn ich wollte. Aber um deine Frage zu beantworten, Alfred, nein, es gibt niemanden.“

„Wie schade. Aber du hast ja dein Leben noch vor dir! Und wenn Team Rocket erstmal ausgeschaltet ist, dann hast du auch wieder Zeit für die Jagd nach der großen Liebe.“

„Ein Letztes, bevor wir uns für heute von dir verabschieden, Noah. Was glaubst du, ist dieses Mal das Ziel von Team Rocket? Hast du irgendwelche Vermutungen?“

„Das erste Mal haben sie die Silph Co angegriffen, das zweite Mal den Radioturm. Ich kann mir vorstellen, dass sie es auch dieses Mal auf ein wichtiges Gebäude abgesehen haben, aber es würde mich auch nicht wundern, wenn dieses Mal viel mehr dahinter steckt, als wir ahnen. Aber wenn sie zuschlagen, werden Gold und ich da sein, um sie aufzuhalten, das verspreche ich.“

 

Ich stöpsele meine Kopfhörer aus und drücke den Off-Knopf meines PokéComs, dann lege ich das Gerät neben mich auf den Boden. Es ist noch nicht zu spät, aber Raphael und Louis liegen genau wie ich schon in ihren Schlafsäcken. Skus Flanken heben und senken sich sanft neben meinem Kopf und ich kann ihren wachen Blick durchs Zimmer schweifen spüren. Ich drehe den Kopf und vergrabe mein Gesicht in ihrem flauschigen Fell, was ihr ein zufriedenes Brummen entlockt.

Ich grinse in Skus Fell hinein und streiche ihr über den Rücken und den Kopf. Es ist, wie Noah gesagt hat. Die Verbindung mit seinem Starter ist eine ganz besondere.

 
 

ooo

 

„Wollen wir?“

Die Sonne hat kaum die Baumkronen überschritten, als ich mit Raphael und Louis auf der Hügelkuppe von Route 31 stehe. Mein Rucksack hängt schwer auf meinem Rücken, meine Inliner sind an den Schlaufen befestigt und Hunter sitzt aufgeregt neben Mandy. Nach dem ersten Federraufen haben sie sich sofort verstanden. Ich kann Hunter zwar nicht reiten, aber nichts hält ihn davon ab, nebenher zu fliegen.

Louis steht dicht neben mir und als ich mich zum Abschied zu ihm umdrehe, wirft er Raphael einen kurzen Blick zu.

„Bin schon weg“, sagt er und entfernt sich von uns.

„Wann sehen wir uns wieder?“, fragt Louis und ich kann ihm die Mühe ansehen, die ihn der sorglose Ton kostet.

„Sobald es geht“, verspreche ich. „Vielleicht treffen wir uns schon in Teak City, wer weiß?“

„Ja, wer weiß…“ Er wirft einen zweiten Blick zu Raphael, aber der ist bereits außer Hörweite.

„Louis“, sage ich vorsichtig und atme tief durch, bevor ich eine Hand an seine Wange lege. „Wir haben Handys. Wir können telefonieren, SMS schreiben, vielleicht sogar eins von Schwester Joys Videotelefonen benutzen. Besieg Bianka und dann sehen wir weiter. Okay?“

Ich kann die Wärme in Louis´ Wange spüren, als er nickt und meine Hand mit seiner bedeckt.

„Kann ich…“ Er stockt. Dann zieht er mich in seine Arme und küsst mich. Seine Lippen bleiben lange auf meinen liegen. Regungslos. Seine Augen sind fest geschlossen.

Als er sich löst, lächle ich ihn an. „Zeig´s ihnen, Champ“, flüstere ich, dann umarme ich ihn ein letztes Mal, bevor ich ihn loslasse und Raphael zurückrufe.

Raphael sagt nichts, aber er zwinkert uns verschwörerisch zu und innerhalb von Sekunden bin ich genauso rot wie Louis.

„Zieh den hier an.“ Er wirft mir einen seiner Wollschals zu. „Es wird kalt.“ Dann krault er Mandys federlose Kehle, bis sie zufrieden knurrt und er sich beschwingt auf ihren Rücken setzen kann.

„Deinen Rucksack hängst du besser Hunter um“, meint er, als ich mich gerade vor ihn setzen will. „Mandy hat mit uns genug zu schleppen.“

Hunter kommt sofort zu uns gehopst und ich schnalle ihm meinen Rucksack um. Zehn Kilogramm sind zwar nicht leicht, aber besser als Fünfzig und er scheint mit dem Gewicht kein Problem zu haben.

Ich wickele den Schal eng um meinen Hals und meine Ohren und klettere dann vor Raphael auf sein Pokémon. Mandy sackt unter unserem Gewicht ein wenig zusammen.

„Sicher, dass sie das schafft?“, frage ich vorsichtig, aber Raphael tätschelt nur ihre Seite.

„Keine Sorge, je höher der Level, desto stärker werden sie. Mandy hier hat schon ganz andere Sache tragen müssen, glaub mir.“

„Gute Reise“, sagt Louis und winkt uns zu, während Mandy langsam lostrottet, Anlauf nimmt und dann mit kräftigen Flügelschlägen von der Hügelkuppe abhebt.

„Bis bald!“, rufe ich zurück und winke, bis Mandys im Flug wankender Körper mich dazu zwingt, beide Hände zum Festhalten zu benutzen. Der Wind beißt mir in die Augen, aber als ich die Wiese, die Dunkelhöhle, den Wald unter mir davon schießen sehe, Hunter dicht neben uns, ist es mir egal.

Ich jauchze und Hunters Kreischen begleitet meinen Freudenschrei durch die Lüfte.

Dann übertönt mich das Rauschen des Winds.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Kerstin-san
2017-04-08T15:44:55+00:00 08.04.2017 17:44
Hallo,
 
fand den Dreierkampf ziemlich cool beschrieben und ich hatte die ganze Zeit ein tenzendes Knofensa vor Augen, dass die armen Hoothoots zur Verzweiflung treibt xD
 
Ahh, die Shoppingtour war göttlich. Ich kann Abby verstehen, dass sie nicht will, dass er ihr die Jacke schenkt und an ihrer Stelle hätte ich mit ihm vereinbart, dass er ihr die Pokédollar leiht, bis Abby ihm die geliehenen Pokédollar zurückzahlen kann.
 
Nach dem Aufruf wird PNC garantiert von Tonnen an Liebesbriefen erschlagen. Noah macht nen durchweg sympathischen Eindruck und ich finde es toll, dass er sich so dafür einsetzt TR in Schach zu halten.
 
Louis scheint mehr an Abby zu hängen, als das umgekehrt der Fall ist und ich hab irgendwie auch den Eindruck, dass sie sich nur von ihm küssen lässt, weil Louis es jetzt schon ein paar mal gemacht hat und sie davor nie protestiert hat. So, als wäre es jetzt eben seltsam, wenn sie sich plötzlich dagegen wehren würde. Na ja, man darf gespannt sein, wann Louis wieder auf Abby trifft. Jetzt freu ich mich erstmal, dass Raphael mehr im Mittelpunkt steht.
 
Liebe Grüße
Kerstin
 
PS: Meine Lieblingsstelle: „Und wie ich das kann. Ich habe ein unbegrenztes Bedürfnis nach Verkleidungsutensilien, also entweder lässt du mich dir diese Jacke kaufen oder ich kaufe den gesamten Vorrat an karierten Schals.“ Ich will sehen, wie Raphael den gesamten Laden leerkauft und dann bergeweise Tüten mit sich rumschleppen muss, hahaha
Von:  _Risa_
2015-08-13T16:08:43+00:00 13.08.2015 18:08
>Mathilda schaut ihn heraufordernd an. „Was, hast du Angst?“
Es sind Hoothoots…

>„Hoot, Hypnose, Hoota, Heuler, Hooti, greif mit Schnabel an!“
Hoot, Hoota und Hooti :D Das ist wie Tick, Trick und Track

>Gudrun. Ich habe sie über ein Online-Forum kennen gelernt.“
„Online-Forum?“ Ich schaue sie perplex an, doch sie streckt mir nur die Zunge heraus und wirft Louis den Blattstein zu.
Die "Pflanzenpokemonfans!" :D

>Harley entwickelt sich bereits am Mittwoch zu einem stattlichen Ultrigaria und obwohl sie ihren schlanken Körper verloren hat, behält sie ihre tänzerischen Fähigkeiten bei.
Juhu ^^/)
Aber diese Assoziation mit der Animetunte… schlimm!

>„Die meisten Starterpokémon sind gezüchtet“, sagt er eines Abends, als wir auf dem Rückweg zu Heikes Haus sind. „Das gibt jungen Trainern eine bessere Chance, schnell stärker zu werden und motiviert sie.“
Wie Rassehunde xD

>Ich schaue ihn lange an, dann schüttele ich den Kopf. „Du bist unglaublich.“
Er grinst. „Danke.“
„Okay, okay“, gebe ich mich schließlich geschlagen. „Aber lass mich wenigstens den Anteil bezahlen, für den ich Geld habe.“
„Die Hälfte.“
Ich seufze. „Fein. Die Hälfte.“
Er klopft mir auf die Schulter. „War doch gar nicht so schwer.“<
Das Herz einer Dame kann man sich nicht kaufen. Vll. nur ein bisschen xD

Was ich von Noah halten soll, weiß ich nicht, scheint ein recht netter Kerl zu sein und ein Zoararkduo ist cool :D

>Ich jauchze und Hunters Kreischen begleitet meinen Freudenschrei durch die Lüfte.
Dann übertönt mich das Rauschen des Winds.
Haha <3
Antwort von:  yazumi-chan
13.08.2015 18:18
Hoot, Hoota und Hooti sind badass, okay? Sag nichts :D Yay, Viola City ist abgeschlossen^^
Abby will ja gar nicht gekauft werden. Raphael zwingt sie quasi.
...
Das klingt falsch xD
Antwort von:  _Risa_
13.08.2015 18:35
SEHR FALSCH XD
Von: abgemeldet
2015-04-27T07:23:16+00:00 27.04.2015 09:23
Raphael, die alte Bonze xD Wie ist der Wechselkurs zu Euro eigentlich? 1:100 ungefähr? 75€ könnten für 'ne gute Wintrerjacke durchaus legitim sein. Ich glaub er ist ja ungefähr mit dem Yen gleichzusetzen und der liegt ja glaub irgendwo bei 120:1.
PCN kommt mir immer mehr wie ein Boulevard-Magazin vor xD Eine seriöse Frage und dann Klatsch und Tratsch xD Alfred erinnert mich auch irgendwie an diesen dritten Arenaleiter aus Schwarz/Weiß. Hab grad seinen Namen vergessen. Archie?

Na ja, auf gehts zum Indigo-Plateau :D
Antwort von:  yazumi-chan
27.04.2015 15:43
Ich rechne mit dem Kurs 1:100, wobei es im Original an Yen angelehnt ist. So einen großen Unterschied macht es bei mir aber auch dann nicht :)
Von:  Kalliope
2015-02-20T17:36:07+00:00 20.02.2015 18:36
Die nächste Saga wäre damit auch durchgelesen :> Es ist wirklich schön, dass man in der nächsten Saga (hoffentlich) wieder mehr von Raphael und Abby lesen wird. Louis ist mir am Schluss doch noch ein bisschen ans Herz gewachsen und bis er Abby wiedersieht, wird er bestimmt fleißig trainieren und vielleicht noch ein weiteres Pokémon fangen.
Insgesamt war die Viola City Saga viel ruhiger als die Saga davor, es kam mir mehr wie ein seichter Filler vor, in dem es darum ging, dass Louis und Abby neue Pokémon bekommen, ihre Pokémon trainieren und ihre Beziehung im Vordergrund steht, aber das ist in Ordnung. Mit der Pokémon-Championship dürfte es dafür umso actionreicher weitergehen.
Antwort von:  yazumi-chan
20.02.2015 18:47
Du hast es erfasst ;D


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