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Wie Sommer in Deinen Augen

[Sai & Sakura]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Es gab vergleichsweise wenige Rückmeldungen zum letzten Kapitel, deswegen meine Frage: Seid ihr hier noch dabei?
Aufwachen aus dem Winterschlaf. ; )

Viel Spaß beim Lesen!

Jaelaki Komplett anzeigen

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Wie Asche in Deinen Augen

Sie lehnte sich zu ihm und berührte seine Wangen und die Stirn, die halb unter einem Verband lag, strich über seine Lippen, die leicht spröde waren und beugte sich weiter. Sai betrachtete sie und sah, dass ihr Blick auf seinen Lippen lag. Es schien, als dehnte sich die Zeit aus. Und dann berührte Sakuras Mund den seinigen. Nicht wild und leidenschaftlich und ungestüm, sondern zärtlich und ruhig, als legte sie all ihre Besonnenheit in den Kuss.

 

„Andernfalls würde ich dir jetzt die Klamotten vom Leib reißen, was nicht gut wäre, weil du dich noch nicht übermäßig anstrengen sollst“, erklärte sie an seinem Ohr, doch er wusste nicht, was sie erklärte.

„Sich umziehen ist doch nicht anstrengend“, entgegnete er und ein Grinsen zuckte an ihren Lippen. „Stimmt, das nicht.“

„Oh! Oh! Das war eine Anspielung auf Geschlechtsverkehr!“, erkannte er und sie giggelte.

 

Sakura hing noch immer halb über ihm, doch hatte sich beruhigt. Sie schnaufte ganz regelmäßig, so dass er sie ein wenig zur Seite schob. Sie sah auf und er sah, dass noch ein paar Tränen in ihren Augenwinkeln hingen, die sie sich wie nebenbei wegwischte, vielleicht hoffend, dass er es nicht sah. Sai spürte etwas, irgendetwas, das sich regte. Ein Gefühl und dann war da dieses – er sah auf seine untere Region, woher das Gefühl stammte und erstarrte.

 

„Du solltest weiterarbeiten“, behauptete er. „Mir geht es ja wieder gut.“

„Falsch. Also ja. Ich muss weiterarbeiten, aber dir geht es nicht wieder gut, Sai! Du musst dich ausruhen, verstanden?“

Obwohl es formal eine Frage war, klang es wie ein Befehl. Immerhin kannte er sich mit Befehlen aus. Er nickte.

„Du bleibst im Bett. Am besten schläfst du. Wir geben dir wieder mehr Schmerzmittel und –“

„Wann kann ich wieder auf Missionen?“

Sie stöhnte angesichts der Frage, mit der sie sich wohl tagtäglich herumschlagen durfte. Ninja, die keine Zeit hatten, um zu genesen, keine Geduld, keine Lust.

Mit letzterem hatte Sai allerdings keine Probleme augenblicklich – oder eigentlich ja doch.

„Du hast schwere Verletzungen erlitten.“

Er wich ihrem Blick aus, denn er hatte versagt. Auf sozialen Ebenen zu versagen war er gewohnt, aber Missionen nicht erfolgreich abzuschließen – sein Problem erledigte sich von selbst.

„Er ist entkommen, nicht?“

Sie schwieg einen Moment und es sagte alles für ihn, aber scheinbar war sie nicht dieser Ansicht, denn sie legte ihre Finger an seine Wange und strich über die Schrammen, die er davon getragen hatte.

„Hör zu, Sai. Dieser Ninja hatte ein Kekkei Genkai. Er konnte die äußere Erscheinung anderer Menschen annehmen. Nicht einmal die Frau, von deren Mann er die Erscheinung inne hatte, hat es gemerkt. Es muss ein lang angelegter Plan gewesen sein. Deine Reaktion war fabelhaft. Ohne dich wären die Kinder und die Frau verletzt – wahrscheinlich eher getötet worden.“

Sie berührte seine Schulter, dann seine Wange. Diese Geste voller Vertrauen ließ ihn den Blickkontakt wieder zulassen.

„Hörst du? Du hast sie beschützt. Aber –“

Ihre Augen verengten sich.

„Beim nächsten Mal beschütz auch dich selbst, du Idiot! Ich hätte es auch ohne deine Hilfe gepackt, Blödmann!“

 

Naruto hatte es ihm einmal erklärt, als er gefragt hatte, warum Sakura ihn beschimpfte. Ob das der Definition von Freundschaft nicht widersprach. Naruto hatte gelacht und gemeint, dass es Sakuras Art wäre, ihm zu zeigen, dass sie sich verdammt Sorgen gemach hatte. Wie Sakura gerade mit ihm sprach, erinnerte ihn daran, wie sie mit Naruto sprach. Seine Mundwinkel hoben sich.

 

Er konnte seine Arme nur mühsam bewegen. Sakura erzählte ihm, dass sie die Muskeln und Chakrabahnen und Sachen, von denen er gar nicht gewusst hatte, dass sie in seinen Armen waren, wieder hatte zusammenfügen können. Aber trotzdem müssten sie sich erholen und besonders die Nerven wieder besser zusammenwachsen.

 

In der Nacht machte er kein Auge zu. Seine Arme wurden mit Schmerzmittel vollgepumpt, nachdem er einen Schmerzschub erleiden musste, und er fühlte sich, als wäre er unbesiegbar, obwohl er natürlich wusste, dass das ein Irrtum war – andernfalls läge er ja nicht hier. Seine Beine funktionierten einwandfrei. Vielleicht könnte sein Gehirn nach einem Spaziergang endlich abschalten. Er stieg aus dem Bett und wanderte durch die einsamen Flure. Er schwebte. Die Nacht war frisch, doch in dem Gebäude herrschte eine Temperatur, die ihn dazu verleiten wollte, das Krankenhemd auszuziehen. Er tat es nicht, weil er plötzlich Sakuras Stimme vernahm.

 

„Hast du Schmerzen?“

Er schüttele den Kopf.

„Sai, du sollst noch nicht aufstehen. Das weißt du“, warf sie ihm vor.

„Wenn sich ein Kamerad verirrt, würdest du ihm sagen, dass er sich verirrt hat, auch wenn du den richtigen Weg nicht weißt?“

Wie so oft, stand sie an dieser Tür, die Hand wie eine Feder auf die Türklinke gelegt und wartete. Alles hatte ein Ende. Tage endeten, Menschenleben endeten, Freundschaften endeten. Es wäre dumm sich etwas anderes einzureden. Sai hatte genug gesehen und erlebt, um zu wissen, dass alles andere nur Betrug war. Und er war sich sicher, dass auch Sakura genug gesehen und erlebte hatte, um das zu wissen. Und trotzdem betrog sie sich. Und stand wieder einmal hier. Und wartete. Aber vielleicht hatte sie eigentlich keine Zeit mehr dafür. Vielleicht wartete sie schon zu lange und vielleicht wartete auch er schon zu lange, obwohl er noch nicht ganz begriff, worauf. Vielleicht war das auch nur das Schmerzmittel.

 

„Sai, du bist voller Schmerzmittel, du solltest wirklich –“

„Das sind nicht die Schmerzmittel“, behauptete er und bestand auf eine Antwort. Aber ganz ausschließen konnte er es nicht.

 

„Ja“, entgegnete sie langsam, als erwartete sie einen Haken. „Natürlich, wenn ich weiß, dass er sich verirrt hat.“

„Ich auch“, erwiderte Sai und dann sagte er ihr, was sie nicht hören wollte „Sakura, du hast dich verirrt.“

„Nein, habe ich nicht, ich wollte lediglich zu dir, um nach dir zu sehen.“

Sie standen in dem leeren Flur, der durch Sterilität gezeichnet war – so ein Krankenhausflur mit Bilder die nichts aussagten und nur dort hingen, in einem Versuch, die Anonymität aus dem Gebäude zu vertreiben, doch es gelang nur, sie zu verschleiern. Die Nacht scheuchte alle Geräusche des Tages in weite Ferne und übrig blieben nur seine Worte.

 

„Warum stehst du dann vor ihrer Tür?“

 

Sakura stand zwischen diesen Bildern und schaute ihn nicht an, doch er hatte bemerkt, dass sich ihre Augen geweitet hatten. Strähnen fielen ihr ins Gesicht, das Müdigkeit in sich verbarg. Es versuchte. Und sie wartete. Wartete hier auf jemanden, auf den sie schon seit ihrer Kindheit wartete. Sai wusste das, weil er es selbst gefühlt hatte – vor langer Zeit. Er hatte sich immer ausgemalt, wie es sein würde, seinen Bruder wiederzutreffen. Er hatte es sich als Kind so oft und so sehr gewünscht, dass er manchmal davon geträumt und aufgewacht war, in der Annahme, es wäre Realität geworden. Doch das war es nie.

 

„Hier – wo du stehst. Es ist eine Sackgasse.“

Sie wollte widersprechen, er bemerkte es daran, wie sie ihre Kiefer aufeinander presste. Doch er hatte recht und sie entkräftete es nicht. Nicht einmal Schmerzmittel konnten diese Wahrheit verunreinigen.

 

Danzou hatte in seiner These nicht falsch gelegen. Hass führte zu Konflikten und Konflikte arteten in Kriege aus. Die Liebe war nicht die Lösung. Denn auch die Liebe führte zu Konflikten, zu Kriegen. Es ging nicht darum, Gefühle zu haben oder keine Gefühle zu haben. Oder welche. Vielleicht war es gar nicht so wichtig, was für ein Name seine Gefühle besaßen. Vielleicht ging es darum, wie man mit ihnen umging. Das hatte Naruto ihm doch schon so oft vorgeführt.

 

„Ich stecke auch in einer Sackgasse“, gab er zu. „Würdest du mir die Richtung zu deinem Herzen zeigen?“

Für einen Moment war Sakura still.

„Das sind jetzt aber wirklich die Schmerzmittel, Sai. Aus welchem Buch hast du das schon wieder?“, prustete sie dann los und es passte nicht an diesen Ort oder zu ihrem Gespräch. Es passte nicht, so wie sie beide nicht hierher passten. Zusammen in diesen Gang, über das redend, über was sie sprachen.

Er öffnete den Mund, doch sie winkte ab.

„Schon gut. Ich will es gar nicht wissen. Wir haben uns beide verrannt, Sai. Jeder von uns auf seinem Weg. Aber –“

Mühsam konzentrierte sie ihren Blick auf ihn, aber es wirkte, als wollten ihre Augen ihn nicht erfassen, als versuchten sie ihn auszublenden, während ihr Blick auf ihn gerichtet war. Er sah etwas, dass wie ein Kampf aussah. Es durchzuckte ihre Iris wie ein Blitz, der in einen Baum einschlug, das Laub entfachte. Feuer fing. Sie versuchte, es zu löschen. Er sah es ganz deutlich, wie es flimmerte, was auch immer es war.

„Aber ich glaube nicht, dass ich dir auf deinem Weg helfen kann. Höchstens zurück in dein Zimmer.“

 

Asche, es war wie Asche in ihren Augen. Sakura lächelte schwach. Nein, es war kein Lächeln, sie verzog lediglich die Lippen, als versuchte sie, sie nicht aufeinander zu pressen, als wollte sie ihm zeigen, dass es okay war. Aber es war nicht in Ordnung. In ihrem Augen stand es. Dort stand er geschrieben, der Schmerz, der Verlust, die Schuld. Alles, was sie in ihrem Leben gezeichnet hatte, alles, was sie mit ihm verband und all die Gründe, warum sie in diesem Moment hier stand. Und warum sie ihn küsste und doch wieder abwies.

 

In dem Buch war die Reaktion der Frau anders ausgefallen.

 

„Ich glaube, dass es nie wieder so sein wird, wie es mal gewesen ist“, stellte sie plötzlich zwischen sie beide. Es hing in der Luft. Die Erinnerung an Krieg und Verletzte und Tod. An unschuldige Opfer und Kinder, die ihre Eltern verloren hatten und nach ihnen fragten. Und sie selbst, die so viel geopfert hatten, die zwischen all den Ereignissen standen und für eine Zukunft gekämpft hatten, mit der sie inzwischen kaum mehr etwas anzufangen wussten. Sie führten Missionen durch und sie erwarteten, irgendwann während einer zu sterben.

 

„Du hast zu mir gesagt, ich soll wiederkommen und ich bin wiedergekommen, Sakura“, erinnerte er sie, stützte sich an ihrer Schulter ab, weil seine Beine plötzlich so schwer wurden.

„Ich bin nicht er“, murmelte er, während sie seinen Arm um ihren Nacken legte und ihn zurück in sein Zimmer brachte. Er folgte ihren Bewegungen und ließ sich im Bett nieder, spürte, wie sie ihm die Decke bis zum Hals zog.

„Nicht er“, hauchte er und seine schweren Augenlider schlossen sich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  jyorie
2015-03-06T21:23:43+00:00 06.03.2015 22:23
Hey ( ˘▽˘)っ♨

manchmal glaub ich das Sakura es einfach nicht wahr haben will, das Sai in sie verliebt sein könnte. Das er mit seiner Aussage recht hat, das sie wohl immer noch auf Sasuke wartet und er nicht Sasuke sein kann. Aber ich denke auch das es ihr schon schmeichelt, wenn sie so schöne Worte von Sai hört. Weil das was er gesagt hat, auch wenn unter Schmerzmitteleinfluss, war schön poetisch.

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Jaelaki
02.06.2015 21:21
Hallo,

ja, da könntest du recht haben. Ich denke, es sind auch irgendwie Schuldgefühle und Angst vor Veränderung? Aber mehr dazu in den nächsten Kapiteln. ; )

Gruß,
Jaelaki
Von:  Anime-Reader-2014
2015-03-06T16:39:27+00:00 06.03.2015 17:39
Das war ein sehr schönes Kapitel
Ich freue mich schon darauf wenn es weiter geht °.*\( ˆoˆ )/*.°
Lg
Antwort von:  Jaelaki
06.03.2015 17:41
Hallöchen! Hehe, dankeschön! ; )
Die nächsten Kapitel sind schon fertig geschrieben und müssen nur nochmals überflogen und dann hochgeladen werden.
Danke dir für die Rückmeldung!

Gruß,
Jaelaki
Von:  blauflussgoldy
2015-03-06T05:22:24+00:00 06.03.2015 06:22
RE: dein autorenkomentar


Guten morgen. ich lese deine Geschichte gern, jedoch traute ich mich bisher nie ein koment abzugeben, da ich öfters gelesen habe, dass du mit deinen antwortern nicht immer zufrieden bist, dass du sie schimpfst wenn sie etwas nicht richtig verstehen, dass hat mich immer zurückgehalten, möglich dass auch andere user diesen Gedanken haben.

mir gefallt deine geschichte, jedoch sind darin so viele philosophie Gedanken dass ich unsicherbin alles korekt zu verstehen.

viele grüße
Edelsteinchen
Antwort von:  Jaelaki
06.03.2015 14:07
Hallo!

Ohje. So etwas lese ich zum ersten Mal. Deswegen bin ich etwas erstaunt. Vor allem, weil du schreibst »öfters«. Wo habe ich denn mit jemandem »geschimpft«, weil jemand etwas nicht verstanden hat? Mir ist kein Fall bekannt. Im Gegenteil. Es hilft mir sehr, wenn mir jemand schreibt, dass er bei der Geschichte irgendwo nicht mitgekommen ist oder dass etwas für jemanden nicht logisch erscheint. Dann kann ich da als Autorin nämlich nochmals in der Geschichte darauf eingehen bzw. Fehler verbessern. Das habe ich auch schon öfters geschrieben.

Ich frage höchstens nach, wenn ich nicht verstanden habe, was ein Leser meint, aber ansonsten bedanke ich mich für die Kommentare bzw. antworte auf Fragen von Lesern.
Vielleicht ist das bei dir falsch angekommen?
Es würde mich jedenfalls freuen, wenn du mir verraten würdest, wo ich mit Antworten »nicht zufrieden« war. Denn ich kann mich nicht daran erinnern. Zudem geht es ja nicht darum mit einem Kommentar zufrieden zu sein, sondern darum, dass Leser ihre Meinung schreiben dürfen. : )

Danke jedenfalls für deinen Kommentar! Es freut mich, wenn du die Geschichte gerne liest. Und du darfst mir gerne Fragen stellen, wenn du etwas nicht verstanden hast. Auch gerne per ENS, wenn dir das lieber sein sollte. : )

Gruß,
Jaelaki
Von:  Kleines-Engelschen
2015-03-05T21:08:49+00:00 05.03.2015 22:08
ein tolles kapitel. ich bin gespannt wie es sich weiter entwickelt.

greetz
Antwort von:  Jaelaki
06.03.2015 16:38
Hallöchen!
Vielen Dank! ; )

Gruß,
Jaelaki
Von:  jillianZ
2015-03-05T19:15:56+00:00 05.03.2015 20:15
Schönes kapi mach bitte weiter. LG:-)
Antwort von:  Jaelaki
06.03.2015 16:39
Hi! Dankeschön! Und gerne! Die nächsten Kapitel sind bereits vorgeschrieben! ; )

Gruß,
Jaelaki


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