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Ein unerträglicher, nicht enden wollender Schmerz

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Zuallererst einmal möchte ich mich für die lange Unterbrechung entschuldigen.
Und dann möchte ich mich fürs YUAL bedanken, denn meine kleine FF hier wurde doch tatsächlich dafür vorgeschlagen und ist es auch geworden. Das hat mich gigantisch gefreut! Wer auch immer daran beteiligt war, vielen Dank. Komplett anzeigen

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In the dark I have no name

Obito Uchiha hatte immer angenommen, dass man, kurz bevor man starb, sein Leben noch einmal vor dem inneren Auge an sich vorbeiziehen sähe. Warum er dies immer angenommen hatte, wusste er selbst nicht so genau. Vielleicht hatte er es von anderen gehört, vielleicht hatte er tatsächlich einmal etwas darüber gelesen. Wie es auch gewesen war, nie, wirklich nie, hatte Obito dabei daran gedacht, dass er so jung und auf diese Weise sterben würde.

Eventuell, so dachte Obito, war sein frühes Ableben der Grund dafür, dass er sein Leben nicht an sich vorbeiziehen sah? Weil er einfach noch nicht viel erlebt hatte? Es stimmte auch nicht ganz, dass er währenddessen nichts sah oder an niemanden dachte. Nein, seine Gedanken waren bei drei Menschen und bei zwei von ihnen ganz besonders. Es waren die drei Menschen, mit denen er so viel Zeit verbracht hatte und mit denen er noch so viel Zeit hatte verbringen wollen. Minato war sein Lehrer, und nicht einfach nur das, er hatte ihn trainiert und motiviert, obwohl so viele andere gesagt hatten, dass er ein hoffnungsloser Fall wäre. Es war also nicht verwunderlich, dass Obito nun auch an ihn dachte.

Wer hätte allerdings angenommen, dass er in diesen Momenten, die eindeutig seine letzten waren, ausgerechnet auch an Kakashi denken musste? Er sicher nicht.

Es war Ironie, eine bittere Ironie, aber nichtsdestotrotz hatte es etwas Komisches an sich. Ein (wie er selbst bemerken musste, kurzes) Leben lang hatten Obito und Kakashi sich gestritten, beschimpft, gerauft und hin und wieder tatsächlich gehasst. Minato und Rin hatten immer wieder alles versucht, um die beiden dazu zu bringen, sich zu vertragen, doch es war stets ergebnislos geblieben. Letzten Endes hatte es einen ganzen Krieg gebraucht, um aus Feinden Freunde zu machen.

Obito konnte das Gefühl nicht beschreiben, dass er gehabt hatte, als er mit Kakashi zusammen gekämpft hatte und sie Rin hatten befreien können. Es war ein überragendes Gefühl gewesen. Und für einen Augenblick machte es Obito unendlich traurig, dass es ein einmaliges Gefühl bleiben würde. Er war sich sicher, dass sie nun Freunde geworden wären (natürlich mit einem gelegentlichen Streit, denn irgendwie gehörte dies zu ihnen dazu), jetzt, da sie endlich auf einer Wellenlänge angekommen waren und da Obito damit begonnen hatte, Kakashi zu verstehen.

Aber Obito würde nicht mit ihnen zusammen nach Konoha zurückkehren. Ihre Wege wurden an diesem Punkt gewaltsam getrennt und während er hier allein unter diesen Felsen zurückblieb, hoffte er, dass seine beiden Kameraden es zurück nach Hause schaffen würden. Er war mächtig stolz auf seinen Einfall mit dem Auge (besonders, da es nicht einmal etwas war, worüber er lange nachgedacht hatte, denn Denken war nicht so seine Stärke). Das Sharingan war bei Kakashi sicher mehr als gut aufgehoben, er würde herausfinden, wie es sinnvoll einzusetzen war. Warum sonst nannte man ihn ein Genie? Das Denken sollte Kakashis Stärke sein, wenn es auch das Fühlen definitiv nicht war. Viel wichtiger war, dass er damit Rin beschützen konnte.

Rin.

Der wichtigste Mensch auf Erden. Der Mensch, an den Obito nun am stärksten denken musste. So gerne hätte er sie in diesem Moment noch einmal gesehen, da dies aber nicht ging, reichte es ihm auch, dass sie seine Hand hielt. Er wollte nicht, dass sie um ihn weinte, denn niemals wollte er der Grund sein, warum Rin traurig war. Obwohl sein Herz langsam seinen Dienst versagte, ließ sie es noch einmal schneller schlagen. Sie hatten Rin gerettet. Das war alles, was zählte. Und Kakashi würde sie sicher nach Hause bringen. Darauf musste und konnte er sich verlassen. Solange es Rin gut ging, war alles andere egal. Rin war nicht nur der wichtigste Mensch auf dieser Welt. Sie war seine Welt. Sie war das Licht, das Leben erst ermöglichte. Ohne Licht kein Leben.

Vielleicht war es Einbildung, oder vielleicht ein Zeichen dafür, dass es zu Ende ging, aber der Gedanke an sie machte seine Schmerzen erträglicher. Als erneut Gefahr drohte, ließ er ihre Hand ohne zu überlegen los. Diese Welt brauchte das Licht und er hatte es Kakashi anvertraut. Kakashi würde sie beschützen. Er hatte es versprochen.

Als die Felsen Obito vollständig unter sich begruben, konnte er nur daran denken, wie gerne er Rin noch gesagt hätte, dass er sie liebte.

Mehr als alles andere auf dieser Welt.

 

Obito hatte sich nie wirklich Gedanken darum gemacht, was nach seinem Tod auf ihn warten würde. An der Akademie hatten sie den angehenden Genin immer eingeschärft, dass Shinobi eine nicht sehr lange Lebenserwartung hatten, jedoch war das, wie so vieles an der Akademie, etwas gewesen, bei dem Obito nur halbherzig zugehört hatte. Er hatte sich nicht mit dem Tod beschäftigen wollen, während das Leben auf ihn gewartet hatte.

Als die Felsen ihn endgültig unter sich begraben hatten, hatte er das Bewusstsein verloren und eigentlich nicht damit gerechnet, es wieder zu erlangen. War er tot? Sollte man das Gefühl haben, aufzuwachen, wenn man tot sein sollte? Irgendetwas stimmte ganz gewaltig nicht.

Vorsichtig öffnete Obito sein verbliebenes Auge und erschrak sogleich beim Anblick des alten, unheimlichen Mannes vor ihm.

Der humorlose Alte war entgegen seiner ersten Befürchtung (Gott sei Dank!) nicht der Sensenmann, doch Obito konnte nicht aufhören, sich zu wundern. Wo war er? Was war er? Wieso in aller Welt hatte er Schmerzen? Richtig schlimme, unerträgliche Schmerzen? Die sollte man definitiv nicht haben, wenn man tot war, oder?

„Du hast Schmerzen. Also bist du am Leben“, erklärte der humorlose Alte.

Obito nickte verständnisvoll. Das machte Sinn. Er … Moment, was? Er lebte?!

Dieser Gedanke ließ ihn für einen verschwindend geringen Augenblick einen Teil seiner Schmerzen vergessen. Auf seinem malträtierten Gesicht formte sich ein breites Lächeln.

Er lebte!

Er konnte nach Konoha zurück! Er konnte zu Rin zurück! Es war nicht vorbei, nicht vorbei!

Den Alten interessierte sein Freudentaumel nicht. Während er irgendetwas über Licht und Schatten, Ursache und Wirkung faselte, seufzte Obito genervt. Bei was für einem Laberkopf war er hier nur gelandet?

Obito stutzte. Auch wenn das Denken nie seine Stärke gewesen war, in diesem Moment ratterte sein Gehirn auf Hochtouren. Ein alter Mann mit Sharingan, der allein in einer Höhle lebte? Ein abtrünniger Ninja vielleicht?

„Wer bist du?“, platzte es aus ihm unfreundlicher als gewollt heraus. Der Alte hatte ihn wahrscheinlich gerettet, da gehörte es sich nicht, unfreundlich zu werden.

Statt zu antworten, schlürfte der Alte unendlich langsam zu einem thronartigen Sitzplatz und gab Obito so die Gelegenheit, seinen Blick über das unheimliche Gebilde im Hintergrund schweifen zu lassen. Der Junge schluckte verängstigt. Was war das? Eine Pflanze? Was hingen da für Gestalten herunter? Ein unheilvolles Gefühl beschlich ihn, als sein Blick wieder auf dem Alten landete, der endlich antwortete: „Madara Uchiha.“

 

So schwach Obitos Körper auch war, so hoffnungslos es auch schien, so unheimlich dieser Ort auch war, der junge Uchiha gab nicht auf. Er musste einen Weg nach draußen, einen Weg zurück nach Konoha, einen Weg zurück zu Rin und Kakashi finden. Der Alte … Madara, war zwar nun still, weil weggetreten, jedoch waren diese weißen Gestalten noch da und redeten und redeten. Er wollte doch einfach nur nach Hause, und nicht sich so einen Unsinn über Genjutsu-Traumwelten anhören.

So hoffnungslos es auch schien, Obito war stur, nein, optimistisch. Er lebte. Er musste nur einen Weg aus dieser Dunkelheit herausfinden und zum Licht, zu seinem Licht zurückkehren. Und dann, dann würde er es ihr sagen. Allein der Gedanke daran ließ ihn lächeln.

 

Es gab keinen Weg mehr aus der Dunkelheit heraus. Denn es gab kein Licht mehr. Fassungslos sah Obito mit an, wie Kakashis Chidori Rins Brustkorb durchbohrte. Was geschah hier? Was geschah hier bloß? Panisch war er zuvor mithilfe einer der weißen Gestalten hierher geeilt, so voller Angst, es nicht rechtzeitig zu schaffen, seinen Kameraden nicht zu Hilfe kommen zu können. Niemals hätte er mit diesem Anblick, der sich ihm nun bot, gerechnet, nichts und niemand hätten ihn jemals auf so einen Anblick vorbereiten können. Nie zuvor hatte er solche Schmerzen erlebt, selbst die noch gegenwärtigen Schmerzen seiner Verletzungen erschienen ihm wie ein Nichts, ein lächerliches Nichts, im Vergleich zu dem, was er nun fühlte. Es war der Moment, in dem alle seine Hoffnungen und Träume, jeglicher Sinn und jeglicher Lebensinhalt, ja seine gesamte Welt endeten.

Dies konnte nicht die Realität sein. Es muss ein Albtraum sein. Nichts anderes als ein Albtraum. Es konnte nicht die Realität sein. Es durfte nicht die Realität sein!

Rin war tot.

Aber das konnte nicht sein. Denn es konnte keine Welt ohne Rin geben. Rin war das Licht dieser Welt. Was blieb denn noch von einer Welt, in der es kein Licht mehr gab? Was blieb am Ende der Welt übrig?

Rin war tot.

Und das war alles, an das er denken konnte, während er unter den verbleibenden Ninjas ein Massaker anrichtete. Er fühlte rein gar nichts, als er durch den riesigen Blutsee watete und ein heftiger Blutregen auf ihn niederprasselte. Achtlos ließ er den letzten Getöteten der feindlichen Ninjas in den See fallen und ging auf Rins leblosen Körper zu. Langsam kniete er vor ihr nieder und erschrak, als er sie nicht berühren konnte und stattdessen durch sie hindurch fasste. Für einen kurzen Moment war er selbst überrascht, wie schnell er begriffen hatte, was passiert war. Es musste das Mangekyou-Sharingan sein. Rin hatte sein Mangekyou erweckt.

Rin.

Sie war tot. Rin war tot.

Was war das für eine Welt, in der ein so wunderbarer Mensch wie Rin getötet wurde? Es musste eine falsche Welt sein. Es konnte nur eine falsche Welt sein.

Während er ihr immer kälter werdendes Gesicht berührte, sie langsam hochhob, verzweifelt an sich drückte und bittere, brennende Tränen seine Wange hinunterliefen, hallten plötzlich Madaras Worte in einer unaufhörlichen Schleife in seinem Kopf wider.

Was blieb von einer Welt, in der es kein Licht mehr gab?

„Rin“, flüsterte er ihr zu, „ich werde eine Welt erschaffen, in der du wieder lebst.“

 

Diese Welt, diese falsche Welt, war ihm nun egal geworden, sie war nur noch ein Mittel zum Zweck. Sie war nur ein Werkzeug für das höhere Ziel, dass er nun verfolgte. Genau wie die drei jungen Ninjas aus Amegakure, von denen er nur einen wirklich für seinen Plan gebrauchen konnte und deren lästiger Anführer ihm mit seiner lächerlichen Hoffnung, diese Welt zu verbessern, im Weg stand. Es war ihm egal, dass er sich nun Madara Uchiha nennen sollte, denn ein Name bedeutete ihm nichts mehr. Es hatte einmal einen Obito Uchiha gegeben, jedoch war dieser unwichtig geworden.

Es interessierte ihn nicht, was aus Kakashi, Minato, Kushina, dem Dorf oder dieser Welt würde. Und es ärgerte ihn, dass er Wut fühlte, als er Kakashi an Rins Grab stehen sah und er hörte, wie dieser ihr vom Kind des einstigen Lehrers erzählte. Die Wut gehörte zu dieser falschen Welt, von der er sich lösen wollte. Sie stand ihm nur im Weg.

Dieser kurze Moment der Schwäche, in der er eine Emotion zugelassen hatte, ließ ihn mit erstarkter Entschlossenheit vorgehen, als er die Anbu-Wachen und die beiden Frauen tötete, die zwischen ihm und dem Kyuubi standen.

Kushina und Minato waren dumm. Nicht nur dass sie so etwas Unsinniges taten wie ein neues Leben in diese furchtbare Welt zu setzen, nein, sie versuchten diese falsche Welt zu beschützen. Ihre Hartnäckigkeit und Dummheit mussten bestraft werden. Und so empfand er nichts, als er sie aus seinem Weg räumte.

Der Zusammenhang von Ursache und Wirkung musste ein für alle Mal durchbrochen werden.

 

Als er, so kurz vor seinem Ziel, erneut demjenigen gegenüberstand, mit dem dies alles begonnen hatte, fühlte er sich ein letztes Mal mehr als bestätigt. Wenn Kakashi die Falschheit dieser Welt nicht erkannte, dann war er ein Hindernis, das ebenso beseitigt werden musste.

Es sollte nun also da enden, wo es angefangen hatte.



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