Zum Inhalt der Seite

Euer Liebeslied

Reader x [variabel]-Sammlung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Lieber Leser,

ich hoffe, du hast dich heute besonders hübsch gemacht, denn du bist verabredet. Du wirst dich jeden Moment mit Otoya treffen und viel Zeit mit ihm verbringen. Bist du dafür bereit? Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schlaflos [Reader x Cecil]

Du stehst am Fenster. Still. Die Luft ist lau, die gelegentlichen Windzüge angenehm und sanft. Sie streicheln zärtlich deine Wangen, beinah tröstlich.

Es ist schon spät. Normalerweise würdest du um diese Uhrzeit bereits in deinem kuscheligen Bett liegen, tief in deine Decke gemummelt und würdest auf einen schönen Traum warten, der dich sanft aus dem stressgespickten Alltag entführt und behutsam wiegt. Dafür hast du bereits vor einiger Zeit das Licht gelöscht, alle Vorkehrungen getroffen und alles beiseitegelegt, das dich zuvor noch beschäftigt hatte. Doch kaum, dass du in deinem Bett gelegen warst, wollte sich keine Ruhe bei dir einfinden und deine Gedanken hingen überall und nirgendwo, beraubten dich deines ersehnten Schlafes.

Nun ist alles still. Es ist ruhig um dich herum, letzte Geräusche blendest du einfach aus, ohne dir dessen bewusst zu sein. Du stehst hier an deinem geöffneten Fenster, die Arme auf dem Rahmen und lehnst den Kopf darauf. Du hattest gehofft, wenn du nur eine Zeit lang die Sterne ansehen und versuchen würdest, an nichts zu denken, würde sich deine innere Unruhe ganz von selbst wieder legen und die Müdigkeit bei dir einkehren, doch bisher hat sich nicht viel getan. Du bist zwar ruhiger geworden, Hoffnung auf Schlaf hast du allerdings noch immer nicht.

Dabei ist es so sinnlos, jetzt noch wach zu sein. Es ist niemand da, mit dem du reden könntest. Du weißt auch, dass du um diese Uhrzeit niemanden mehr anrufen könntest, ohne ihn zu stören oder gar aufzuwecken. Das möchtest du natürlich nicht, obwohl du weißt, dass es dir gut tun würde, mit jemandem zu reden. Es würde dich beruhigen und eventuelle Sorgen vertreiben, die irgendwo in dir festsitzen müssen und dich am Schlafen hindern. Doch es geht nicht, du bist in der Nacht gefangen. Allein, auf dich selbst angewiesen und musst es jetzt irgendwie durchstehen, auf eigener Faust.

Es entlockt dir ein müdes Seufzen.

Sinnlos. Draußen gibt es nichts zu sehen. Nichts, das wirklich interessant oder zumindest in der Lage wäre, deine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Im Gegenteil: Je länger du hier stehst und es krampfhaft versuchst, umso schlimmer wird es nur. Je länger du darüber nachdenkst und nach einer Lösung für dein Schlafproblem suchst, umso mehr wird dir klar, dass du keine andere Wahl hast, als es erneut mit dem Bett, deinem weichen Kissen und vielleicht einem Kuscheltier oder Ähnlichem zu versuchen, das du dir in die Arme legen und gegen die Brust drücken kannst. Vielleicht beruhigt dich das, wenigstens ein bisschen. Genug, dass du irgendwann doch einschlafen kannst.

Du stößt dich vom Fenster zurück und drehst dich in dein Zimmer. Lustlos gehst du an die Stelle, wo du zuletzt dein Handy abgelegt hattest, um noch einmal der Routine nachzugehen, nach eventuellen neuen Anrufen, Nachrichten oder wenigstens der aktuellen Uhrzeit zu prüfen. Obwohl du weißt, dass dich nichts Neues erwarten wird, das du verpasst haben könntest in deiner trübseligen Geistesabwesenheit.

Nichts Neues. Keine verpassten Anrufe, keine neuen Nachrichten. Die Zeitanzeige spricht noch immer, dass es mitten in der Nacht ist und definitiv nicht die Zeit, irgendetwas zu versuchen, sie zu überbrücken und dich auf irgendeine Art zu beschäftigen, bis auf Schlaf. Du hast es gewusst. Natürlich hast du das, Dummchen.

Du seufzt leise, legst das Handy zurück an seinen Platz und drehst dich herum, um das Fenster zu schließen, da die Temperaturen draußen noch etwas zu frisch sind, um es über Nacht geöffnet zu lassen. Doch kaum, dass du dich herumgedreht hast, erschrickst du und presst dir rasch beide Hände auf den Mund, um den lauten Aufschrei zu ersticken, der alle anderen in deiner näheren Umgebung mit Sicherheit aus den Betten gerissen hätte.

Dort, im Fensterrahmen, erkennst du eine Gestalt. Beschattet, sodass du erst nicht weißt, um wen oder was es sich handelt. Du erkennst aber schnell, dass es eine Person ist, die dort in deinem Fenster steht mit beiden Händen je links und rechts am äußeren Rahmen, wohl um sich festzuhalten. Es ist dir ein Rätsel, wie es überhaupt möglich ist, dass eine Person mitten in der Nacht ausgerechnet in deinem Fenster auftauchen konnte, und als dir das bewusst wird, spürst du erneut die Panik in dir aufsteigen: Ein Fremder, direkt vor dir! In deinem Zimmer, mehr oder weniger zumindest. Er kam aus dem Nichts, du hast nichts von seiner Ankunft bemerkt und seine Anwesenheit erst gar nicht realisiert. Was will er, wo kommt er her und wie und warum überhaupt?

„Guten Abend“, erklingt die sanfte, recht jung klingende Männerstimme leise und ruhig und scheint alles für sich einzunehmen: dein Zimmer, deine kleine Welt, dich selbst. Du spürst, wie dein Herz einen Schlag lang aussetzt, nur um dann ruhig und besänftigt in deiner Brust weiterzuschlagen. Dein Atem stockt, dein Kopf ist für einen Moment wie leer gefegt und du musst dir erst wieder in Erinnerung rufen, irgendetwas zu tun, um nicht in diesem seltsamen Sog gefangen zu bleiben.

„Hallo?“, hörst du dich selbst zweifelnd fragen. Dabei meinst du kein »Hallo, wie geht’s?«, sondern dir schwebt vielmehr ein »Hallo, geht’s noch?!« im Kopf herum. Dumm, dass du gerade nicht dazu in der Lage bist, das wiederzugeben, was wirklich in dir vorgeht. Dafür bist du noch zu benommen von dem Schock und der schleichenden Erkenntnis, wer dort vor dir steht, was dich sogleich an Unglauben und höchster Aufregung weiterreicht, als seist du ein Geschenk in einer Weihnachtsfabrik, das maschinell Schicht für Schicht verpackt und weitergeschoben wird.

Du erkennst, wie sich die Mundwinkel des jungen Mannes, dessen sonnenbrauner Teint durch die vorherrschende Dunkelheit beinah schokoladenfarben wirkt, heben und er dir ein Lächeln schenkt. Ein sanftes, traumhaft schönes Lächeln, das dich fast noch mehr fasziniert als das silberne Lichtspiel auf seinem dunklen Schopf, von dem du dir nun absolut sicher bist, dass man die Farbe des kurzen Haares bei besserem Licht als Dunkelbraun identifizieren könnte. Unterbewusst fragst du dich, ob dir vorhin am Fenster ein besonders heller Vollmond aufgefallen wäre, doch irgendwie erscheint dir das im Augenblick als nebensächlich und vollkommen gleichgültig. Es gibt wahrlich Wichtigeres für dich zu bedenken.

Er rührt sich und springt schließlich vom Fenster in dein Zimmer hinein. Einfach so, in dein Zimmer, als wäre das etwas ganz Normales, was jeder so macht. Dass er damit in deine Privatsphäre eindringt und du das Recht hättest, laut um Hilfe zu schreien, die Polizei zu verständigen oder gar eine Waffe auf ihn zu richten – sofern du eine in greifbarer Nähe hättest – zu deinem eigenen Schutz, scheint ihn nicht im Entferntesten zu interessieren. Ganz im Gegenteil, er geht sogar noch weiter! Lässig kommt er auf dich zu, langsam zwar, aber zielgerichtet.

„Ich habe gesehen, dass du die Sterne angeschaut hast. Es ist eine schöne Nacht, nicht wahr?“

Was ist los mit diesem Kerl? Wie kommt er dazu, nicht nur in dein Zimmer einzudringen, ohne zu fragen, sondern auch noch offen zu verkünden, dass er dich beobachtet hat? Was läuft falsch bei dem und was ist nur los mit dir, dass du nichts gegen ihn unternimmst, sondern nur verdattert dastehst und ihn fasziniert anstarrst, als sei er ein berühmtes Idol oder der rettende Ritter in strahlender Rüstung?

Gut, das mit dem Idol stimmt sogar. Kaum, dass du dich von deinem ersten Schock erholt hattest, hast du ihn natürlich sofort erkannt: Cecil Aijima, Mitglied der Musikergruppe STARISH  und Thronfolger von Agnapolis. Ein leibhaftiger Prinz, tatsächliches Idol am Musikerhimmel und wer weiß, vielleicht auch der erlösende Ritter in strahlender Rüstung, auf den du gewartet hast, ohne dir selbst darüber bewusst gewesen zu sein.

Nur das mit der »strahlenden Rüstung« passt nicht ganz. Nicht wirklich. Stattdessen trägt er sein landesübliches Gewand, dessen grüner Stoff mit der Gold auf Schwarz Randverzierung bis über die Kniekehlen hinabreicht und bei jedem seiner Schritte seicht wippt. Mit schwarzer, luftiger Stoffhose und den weißen, dünnsohligen Schuhen könnte er wohl kaum fahnewehend einen Drachen bezwingen, sicher aber dein Herz im Sturm erobern, denn es ist genau das Outfit, das zu ihm passt und du schon immer sehr an ihm gemocht hast.

Seine strahlend grünen Augen eifern mit seinem Lächeln um die Wette, als er nur zwei Schritte von dir entfernt mitten im Raum stehen bleibt und zu dir herüberschaut. Du merkst, wie dein Herz einen erwartungsvollen Takt einschlägt, doch du weißt nicht, was du tun oder sagen sollst, um zur Abwechslung etwas anderes zu tun, als ihn nur peinlich anzustarren, als sei er ein Geist. Bei diesem Gedanken fragst du dich, woher du dir sicher sein kannst, dass er das nicht wirklich ist.

Du bemerkst, dass es bedrückend still zwischen euch ist. Vermutlich wartet er noch immer darauf, dass du ihm eine Antwort auf seine Frage gibst. Dabei hattest du bis jetzt daran gezweifelt, dass es tatsächlich als solch eine gemeint war, geschweige denn, dass er dich tatsächlich etwas gefragt hatte.

„Du bist wirklich hier?“, willst du wissen, denn du zweifelst noch immer an seiner Anwesenheit.

„Du wirkst traurig“, spricht er, ohne damit auf deine Frage einzugehen.

„Was machst du hier?“, versuchst du, beharrlich zu bleiben und dich nicht von ihm einwickeln zu lassen. Etwas in deinem Kopf sagt dir, dass du aufhören sollst, ihm in die Augen zu sehen und dich von ihnen in ihren besonderen Bann ziehen zu lassen. Sie wirken so klar und offen, als lüden sie dich dazu ein, ihm direkt in die Seele zu blicken, doch stattdessen ist er es, der genau das bei dir versucht.

Statt dir zu antworten, streckt er seine rechte Hand nach dir aus. Mehrere Armringe klirren dabei leise um sein Handgelenk, als sie verrutschen. Sein Lächeln wird weicher, wärmer, und du liest etwas auf seinem Gesicht, das wie Barmherzigkeit auf dich wirkt.

„Komm mit mir“, spricht er leise, sanft, mit einer Forderung, die dich verheißungsvoll zu sich zu holen versucht. Keine Gefahr, ein stummes Versprechen ist es, das dich erwartet, wenn du annimmst. Du weißt es, du kannst es spüren, irgendwo in dir drin.

Stumm siehst du zu ihm herüber, betrachtest für einen Moment die offene Handfläche, die nur darauf wartet, dass du die richtige Entscheidung triffst. Du zögerst, handelst dann aber, ohne groß darüber nachzudenken, und legst deine Hand vorsichtig in die seine. Sie umfängt dich warm und sicher, als sich seine Finger um die deinen schließen. Ein starkes Gefühl von Geborgenheit macht sich in dir breit, legt sich über alles andere und du spürst, wie du dich schlagartig entspannst, die Schultern locker lässt und einen Schritt auf ihn zu machst.

Er zieht dich zu sich, ohne den geringsten Zwang auf dich auszuüben. Im nächsten Moment findest du dich in seinen Armen wieder, nah an seiner nackten Brust, auf der jetzt deine freie Hand ruht. Seine Haut fühlt sich angenehm warm unter deinen Fingern an, beinahe heiß, und das, obwohl er zuvor mit unbedeckter Brust in der kühlen Nachtluft unterwegs gewesen war.

Du spürst, wie sich seine freie Hand auf deinen Rücken zwischen den Schulterblättern legt. Sanft, sodass es weniger der Druck, sondern vielmehr die Wärme ist, die sie dort an dich verrät. Mit der anderen Hand hält er noch immer die deine zwischen euren Körpern, und als du deinen Blick hebst, versinkst du erneut in dem hellen Grün seiner Augen, die dich an leuchtende Smaragde erinnern. Dir fällt erst jetzt, da du direkt vor ihm stehst und ihm so nahe bist, auf, dass er noch ein gutes Stück größer ist, als du vorerst angenommen hattest. Und von ihm geht ein Duft aus, der dich entfernt an Lebkuchen erinnert. So … dezent zimtig, unterschwellig süßlich, eigentlich typisch orientalisch. Es ist ein Duft, den du nicht erwartet hättest, der aber zu ihm passt und jetzt, da du von ihm umgeben bist, nie anders hätte sein können.

Dein Herzschlag beschleunigt sich, als du bemerkst, dass er den Kopf zu dir herunterneigt. Intuitiv schließt du die Augen und wagst nicht, dich zu rühren. Tausend Dinge gehen dir durch den Kopf, was er vorhaben könnte und wie du am besten reagieren solltest, doch du hast nicht damit gerechnet, dass sich seine Lippen auf deine Stirn legen. Ein federleichter Kuss, fast ein Hauch, der dir für einen Moment den Atem raubt. Die Welt bleibt für dich stehen, du hörst dich weder atmen noch deinen eigenen Herzschlag.

 

Es ist, als zöge sich dieser Augenblick in eine Ewigkeit. Eine Ewigkeit, die du aus vollen Zügen genießt, und die doch, letztendlich, viel zu schnell für dich vorüber ist.

Du öffnest deine Augen.

Etwas ist passiert. In diesem kurzen Augenblick, der er gewesen sein muss, hat sich dein Umfeld verändert.

Du stehst nicht länger in deinem dunklen Zimmer. Es sind keine gewohnten Geräusche von fernem Straßenlärm, leisen Stimmen oder Sonstigem zu hören, wie du es sonst gewohnt bist. Hier ist alles ruhig, friedlich.

Du befindest dich mit nackten Füßen inmitten einer Wiese, deren dünne Grashalme erfrischend kühl sind und zwischen deinen Zehen kitzeln. Es fühlt sich weich an, kein Steinchen sticht dir unangenehm in die Sohle. Sanfte Windböen streichen wie ein verspieltes Pusten über die mondlichtreflektierende Fläche und deine nackte Haut an Armen und Gesicht. Dich fröstelt es für einen Moment und du legst die Arme um dich, bis du bemerkst, dass es gar nicht so kalt ist, wie du zuerst angenommen hast. Es ist mild, du frierst nicht.

Neugierig schaust du dich in deiner neuen Umgebung um. Die Wiese ist weit, schier endlos. Vereinzelt stechen Bäume heraus, ragen kräftig und gesund empor und ihre weiten Kronen bieten tagsüber sicherlich angenehm schattige Plätzchen für Rastsuchende. Du fragst dich, ob in ihnen wohl Vögel in ihren Nestern sitzen und schlafen mögen, denn hören kannst du sie nicht.

Neben dir raschelt es. Erschrocken machst du einen Schritt zur Seite und blickst zu der Stelle, von der das Geräusch kam. Zu deiner Erleichterung stellst du fest, dass es nur Cecil ist, der sich hinunter ins Gras gesetzt hat. Cecil … für einen kurzen Moment hattest du ihn ganz vergessen.

„Komm“, sagt er sanft und sieht mit einem Lächeln zu dir hinauf, während er mit der Hand auf den Platz links neben sich klopft, „setz dich zu mir.“

Du hast keine wirklich andere Wahl. Du gehst die wenigen Schritte zu dieser Stelle und lässt dich in das weiche Gras sinken, ziehst die Beine an und legst locker deine Arme darum.

Die Situation kommt dir auf einmal seltsam vor. Noch seltsamer, dass du dir erst jetzt wirklich Gedanken darum machst. Eben warst du noch in deinem Zimmer gewesen, allein und hast dich mit deiner Schlaflosigkeit abgemüht. Bis er auf einmal bei dir aufgetaucht ist. Und jetzt? Jetzt bist du hier, an diesem seltsamen Ort, der dich so gar nicht an zu Hause erinnert.

Daraufhin lässt du deinen Blick zu ihm hinüberschweifen. Wenn du es realistisch betrachtest, ist er rücksichtslos in dein Zuhause eingedrungen. Es hat ihn nicht gekümmert, er hat dich nicht einmal um Erlaubnis gefragt. Und dem nicht genug, hat er dich …

„Du hast mich entführt“, sprichst du deinen Gedanken laut aus und lässt es bewusst vorwurfsvoll klingen. Er soll ruhig merken, dass du damit nicht ganz einverstanden bist. Dass es so, auf diese Art, einfach nicht okay ist.

Erstaunt sieht er dich an. Du erkennst die Verwunderung in seinem Blick.

„Ist das schlimm?“, fragt er dich, unschuldig wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal von seinen Eltern zurechtgewiesen wurde.

‚Ja, natürlich ist das schlimm!‘, geht es dir sofort durch den Kopf, doch du behältst es zurück, als du bemerkst, dass er den Kopf nachdenklich zur Seite legt.

„Du hast traurig ausgesehen, da dachte ich, dass ich dich ein wenig aufmuntern könnte“, erklärt er und scheint es ehrlich zu meinen. Er legt daraufhin zweimal den Kopf nach links und rechts, ehe er dich wieder ansieht. „Bist du mir jetzt böse deswegen?“

Du verfällst in Schweigen. Die Frage ist fies, denn du weißt, dass du ihm natürlich nicht böse bist. Wie könntest du das auch bei diesen grünen Augen, die dich so groß und unschuldig anblicken, dass es kaum zu glauben ist, dass du einen jungen Mann vor dir hast, der definitiv nicht mehr unter die Bezeichnung »kleiner Junge« fällt.

Doch das allein ist es nicht. Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, weißt du, dass es auch sonst keinen Anlass für dich gibt, böse auf ihn zu sein. Sicher, er hat dich, böse ausgedrückt, »entführt«, aber er hat dich dadurch aus deinem Trübsinn herausgeholt und dir seine Gesellschaft angeboten. Er ist ein rücksichtsloser Entführer in der Rolle des gutwollenden Helden, der nur das Beste für dich wollte.

Nein, du bist ihm nicht böse. Du kannst ihm gar nicht böse sein.

Du seufzt geschlagen und lehnst das Kinn gegen deine Knie.

„Wieso ich?“, willst du wissen, leise. „Wieso bist du ausgerechnet zu mir gekommen?“

„Ich weiß nicht“, sagt er und scheint selbst zu überlegen. „Ich war eben dort und habe dich gesehen und … Sag, magst du vielleicht Musik?“

Fragend siehst du ihn an. „Ja, natürlich.“

„Glaubst du an die Musen?“

Du zögerst. Natürlich weißt du, dass er eine besondere Glaubensbeziehung zu der Inspirationsgöttin hegt und sein Volk, von welchem er abstammt, sie sehr hoch schätzt, sie anbetet und verehrt. Er ist in dieser Hinsicht etwas eigen, das ist dir bewusst, weswegen du vorsichtig nickst.

Sein Gesicht hellt sich durch ein breites, fröhliches Lächeln auf. „Dann glaube ich die Antwort zu wissen.“

Unweigerlich errötest du. Du spürst es anhand des warmen Kribbelns in deinen Wangen und wendest sogleich den Blick von ihm ab, damit er es nicht bemerkt. Du weißt selbst nicht, warum du so reagierst, obwohl es doch gar nichts so Besonderes war.

Erneut raschelt es neben dir und als du zur Seite blickst, hat sich Cecil der Länge nach ins Gras gelegt, die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und den Blick zum weiten Nachthimmel über euch gerichtet. Der grüne Stoff seines Gewands ist dabei zur Seite gerutscht und gibt dir den Blick auf seinen nackten Oberkörper frei. Es stimmt dich auf eine gewisse Weise verlegen und du musst dich zwingen, deinen Blick von seiner bronzenen Haut und der violetten Herztätowierung über seiner rechten Brust abzuwenden, um ihn nicht anzugaffen wie ein kleines, pubertierendes Ding, das zum ersten Mal etwas nackte Haut zu sehen bekommt. Das ist einfach zu albern und viel zu peinlich.

„Sieh mal“, spricht er dich plötzlich an und lässt dich dadurch unwillkürlich zusammenfahren. „Da vorn ist die Milchstraße. Da, wo ich herkomme, wird sich erzählt, dass dort des Nachts die Musen wandern und sich die Schönheit der Welt unter sich betrachten. Sie sammeln auf ihrem Weg die Schönheit der Sterne ein und schicken sie zu den Menschen, die die Gabe besitzen, sie zu empfangen und aus ihnen neues Schönes für das Irdische zu schaffen und so die Musen ihrerseits zu erfreuen und ihnen ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen.“

Begleitet von seinen Worten hebst du deinen Blick und siehst hinauf zu dem schier endlosen Nachthimmel, der von unzähligen Sternen geschmückt ist. So einen klaren, hellen Sternenhimmel hast du noch nie zuvor gesehen. Dort, wo du wohnst, gibt es auch manch schöne Sternennächte mit vielen Sternen, die dir fröhlich entgegenzwinkern und dich erfreuen. Doch das ist kein Vergleich zu dem hier. Du hast das Gefühl, in einer ganz anderen, offeneren und freieren Welt zu sein, in der nichts einen solch klaren Nachthimmel in all seiner weiten, überirdischen Schönheit trüben könnte.

Würdest du mehr von seinem Glauben teilen, könntest du durchaus glauben, was sich die Leute seines Heimatvolkes untereinander über die Musen erzählen. Ja, etwas so Schönes muss wohl von einer solchen Göttin geliebt werden. Du fühlst dich frei und gänzlich unbeschwert, nur beim Anblick dieser Sterne, einige kleiner und einige größer, wie sie sanft auf dich hinabzublicken scheinen, um dir das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein.

„Indem der Mensch Schönes schafft, erfreut er die Musen. Mein Volk lebt für die Musik und huldigt der großen Göttin auf diese Art, wofür sie uns im Gegenzug segnet und unsere Seelen behütet. Sie hat uns Stimmen gegeben, die ihr dienen und für sie singen, um ihr zu zeigen, dass wir dankbar dafür sind, dass sie stets bei uns ist, uns führt, den Weg weist und stets über uns wacht.“

Es ist erstaunlich. Du hast gewusst, dass Cecil eine sehr starke Bindung zu der Musengöttin hat und sie immerzu und überall mit einbezieht. Du hast auch gewusst, dass er der felsenfesten Überzeugung ist, dass es diese Göttin wirklich gibt und er durch sie gesegnet ist. Aber erst jetzt realisierst du, dass du keine Ahnung hattest, wie groß sein Glaube tatsächlich ist und wie weit er reicht. Du weißt nicht, ob du es faszinierend, befremdlich oder gar beängstigend finden sollst, doch dir wird klar, dass es ihn ausmacht und diese Tatsache ihn zu Recht als Prinz seines Volkes auszeichnet. Du ahnst, dass in seiner Brust ein reines Herz schlagen muss – anders kann es schlichtweg nicht sein, wenn du ihn so reden hörst.

„Denkst du“, hörst du dich zögerlich sprechen, „dass auch ich das kann? Schönes schaffen, meine ich.“

Er wendet sein Gesicht in deine Richtung und blickt dich für einen Moment an, ohne dass du in ihm lesen kannst, was ihm dabei durch den Kopf gehen mag. Bis ein herzenswarmes Lächeln seine Lippen ziert.

„Ja, das denke ich. Nein, das weiß ich. Ich kann spüren, dass du von der Muse umgeben bist und etwas von ihr in dir steckt. Ich kann es in deinen Augen lesen.“

Schnell blickst du zur Seite. Verdammt, du hast vergessen, dass Cecil die Gabe besitzt, allem Anschein nach in die Seele eines Menschen blicken zu können, nur indem er ihnen in die Augen sieht. Dein Herz rast aufgeregt unter deiner Brust.

„Das wird es sein“, spricht er weiter, ohne dir dein zurückweisendes Verhalten zum Vorwurf zu machen. „Der Grund, warum ich zu dir gefunden habe. Die Muse muss deinen Schwermut gesehen haben und hat mich zu dir geführt, um dir ihren Trost zu schicken.“

Daraufhin verstummt er und es kehrt Stille zwischen euch ein. Nicht für lang, schon hörst du, wie er neben dir zu einem Lied ansetzt und leise vor sich hin summt. Es ist eine ruhige, sanfte Melodie, die dir ins Herz geht und dich nach und nach besänftigt.

Während er fortfährt, folgst du seinem Beispiel und lässt dich zurück ins Gras fallen. Es kitzelt angenehm an deinem Rücken und die Kühle liebkost wohltuend deine nackte Haut an deinen Armen. Dein Blick ruht auf dem klaren Nachthimmel weit über dir, bis du deine Augen vor ihm verschließt und dich ganz darauf konzentrierst, Cecils leiser Melodie zu lauschen.

Seine sanfte, helle Stimme fügt ihr schließlich einige Zeilen hinzu. Er singt von Freiheit, der Schönheit einer unbeschwerten Seele und dir scheint, als wolle er dir damit etwas sagen. Dir ist nicht bekannt, dass du ein solches Lied bereits kennst, daher vermutest du, dass er spontan handelt und die Zeilen, die er dir flüstert, aus seinem Herzen stammen. Ein Lied nur für dich.

Du merkst, wie du ruhiger wirst, dich entspannst. Während du so daliegst, wird der Wind, der sanft über deinen Körper streicht, ein wenig frischer und eine Gänsehaut macht sich auf deinen Armen bemerkbar. Du fröstelst und wünschst dir, eine flauschige Wolldecke bei dir zu haben, in die du dich hineinmummeln und weiterhin Cecils ruhigem Gesang zuhören kannst. Dem ist nicht gegeben, also beschließt du kurzerhand, dich zu überwinden und auf die Seite zu drehen, deinem umsorgenden Prinzen zugewandt. Er lässt sich durch dein Tun nicht stören und unterstützt sogar, dass du dich an seine Seite schmiegen und den Kopf auf seine Brust betten kannst. Du spürst, wie er den Arm zärtlich um dich legt, um dich zu halten. Die Wärme, die von ihm ausgeht, ist fast so gut wie eine Wolldecke, die du dir gewünscht hattest. Nein, sie ist noch besser. Viel besser.

Dein Atem geht ruhig und jedes Mal, wenn du die Luft tief durch die Nase einziehst, nimmst du wieder diesen zarten Duft von Zimt wahr. Dezent, kaum greifbar, und doch genug vorhanden, dass dir erneut dieser Vergleich in den Sinn kommt. Sein Geruch wirkt beruhigend auf dich und irgendwie … warm.

 

Du öffnest deine Augen. Wie es scheint, musst du eingeschlafen sein. Irgendwann, während du Cecils Stimme und sein Lied noch immer im Ohr gehabt hattest.

Die Ebene, auf der dein Kopf ruht, hebt und senkt sich leicht. Die Bestätigung, dass es nicht nur ein Traum war und du noch immer hier bist. Hier, an diesem Ort in der freien Natur unter offenem Sternenhimmel. Neben dir Cecil, der inzwischen verstummt ist und den du nur noch leise, stetig atmen hören kannst. Du spürst unter deinen Fingern, dass sein Herz ruhig und gleichmäßig in seiner Brust schlägt. Er ist offenbar eingeschlafen.

Du zögerst, hebst dann aber langsam und vorsichtig deinen Kopf. Du möchtest nicht riskieren, ihn aufzuwecken, doch du kannst auch nicht anders und willst es sehen. Willst ihn sehen, sein schlafendes Gesicht, und dich noch einmal absichern, dass es tatsächlich wahr und er noch immer hier bei dir ist.

Seine Augen sind geschlossen, seine Gesichtszüge entspannt und seine Lippen wenig geöffnet. Er sieht so friedlich aus, während er schläft. Es weckt den Wunsch in dir, immer so an seiner Seite bleiben zu können, bei ihm sein zu können, ihn genau so ansehen und seine Anwesenheit genießen zu dürfen. Du weißt nicht, woher dieser Gedanke kommt, aber du verspürst das Bedürfnis, ihn beschützen zu wollen. Auch wenn es lächerlich in deinen Ohren klingt. Du wünschst dir, dass er immer so friedlich schlafen kann, wann immer er es möchte, und du jene Person bist, die dann über ihn wacht und ihn vor allem Unheil und Übel bewahrt.

Ohne dein bewusstes Zutun hebst du deine Hand und streckst sie nach seinem Gesicht aus. Vorsichtig, nur zögerlich und äußerst behutsam lässt du deine Finger über seine Wange gleiten. Weich, und warm. Du gehst höher und streichst ihm über das dunkle Haar, ordnest ein paar der Strähnen, die sich in die falsche Richtung gelegt haben. Dann kehrst du zu seinem Gesicht zurück.

Er zieht dich magnetisch an. Irgendetwas muss er mit dir angestellt haben, dass du jetzt, während du ihn dir in aller Ruhe betrachtest, eine so vollkommene Ruhe und einen solch inneren Frieden mit dir selbst und der Welt verspürst. Dein Herz möchte sich dafür bei ihm bedanken, weil dir just bewusst wird, wie viel er für dich getan hat und wie gut es dir tut. Wäre er nur wach, dann könntest du ihm all das sagen, doch du bringst es nicht übers Herz, ihn aufzuwecken.

Deine Finger streichen zaghaft an seinem Mundwinkel vorbei. Deine Augen sind auf seine Lippen gebannt, die regelrecht dazu einladen, ihnen eine Botschaft für ihn zu hinterlassen. Sollst du oder sollst du besser nicht?

Du entscheidest dich für den Mittelweg, hauchst einen Kuss auf deine Finger und legst sie vorsichtig auf seine Lippen. Ein indirekter Kuss. Du lächelst, obwohl dir zugleich das Herz schwer wird, denn zu gern hättest du ihn richtig geküsst. Doch das ist nicht richtig, nicht so, und irgendwo in einer hintersten Ecke deines nur noch reststückhaft vorhandenen Verstandes bist du dir dessen auch bewusst. Eigentlich müsste man dir dafür einen Orden verhängen, dass du überhaupt noch imstande bist, rational zu denken in dieser emotionalen Situation, in der du dich im Augenblick befindest.

Ohne dich zu lange deinen Gefühlen hinzugeben und auch nur kurzzeitig zu seufzen, bettest du deinen Kopf zurück auf seine Brust. Er brummelt daraufhin leise und seine Hand zuckt leicht an deinem Rücken, dann wird er wieder ruhig und du lauschst seiner ruhigen Atmung, die dir Gewissheit zu seinem andauernden festen Schlaf gibt. Beruhigt schließt du deine Augen und lächelst in dich hinein. Nur noch ein wenig so liegen und den Moment genießen, mehr möchtest du nicht.

 

 

Als du das nächste Mal deine Augen öffnest, begrüßt dich der warme Schein der Sonne, die dir einige schüchterne Strahlen in dein Zimmer geschickt hat. Ja, du befindest dich zurück in deinem Zimmer, wie du schnell, wenn auch noch unbewusst, feststellst, als du wie gewohnt die Decke über dir bemerkst. War das alles nur ein Traum?

Du bleibst noch einige Zeit liegen, betrachtest unbeteiligt die Zimmerdecke und sinnst dem nach, dessen du dir sicher bist, dass es wirklich passiert ist.

Cecil war hier. Er hat dich an einen fremden Ort geführt und dort mit dir die Sterne betrachtet. Er hat für dich gesungen, du hörst seine sanft wiegende Stimme noch immer in deinem Ohr, und er hat dich in seinem Arm gehalten. Er war warm und roch nach … nach …

Dir wird bewusst, dass deine Erinnerung bereits zu schwinden beginnt. Dass, was immer es auch gewesen sein mochte, vorüber ist und du zurück in der Wirklichkeit bist. Allein, zurückgelassen und mit einem Gefühl von tiefer Sehnsucht in deiner Brust, die du kaum zu beschreiben vermagst. Dir fehlt etwas, du vermisst etwas, kannst aber nicht genau benennen, was es ist.

Schwerfällig, müde und mehr gezwungen als gewollt bringst du dich in eine aufrechtsitzende Position, verharrst so einige Minuten. Schließlich schlägst du die Bettdecke zurück und steigst widerwillig aus deinem Bett hinaus.

Das Erste, was dir anschließend auffällt, ist, dass es äußerst kühl in deinem Zimmer ist. Du fröstelst und schlingst die Arme fest um deinen Körper, während dein Blick hinüber zu deinem Fenster geht. Kein Wunder, bemerkst du sofort, du hast letzte Nacht vergessen, es zu schließen, ehe du ins Bett gekrochen bist. Nun hast du den Salat, es ist arschkalt in deinem Zimmer, und du willst dich am liebsten wieder unter die warme Decke verkriechen, doch du weißt, dass das auf die Dauer nichts nützen wird. Welche andere Wahl hast du also, als in den sauren Apfel zu beißen und irgendwie das Beste aus dieser unangenehmen Situation zu machen?

Brummig und mit klappernden Zähnen gehst du hinüber zu deinem Fenster, das speerangelweit offen steht, und schließt es, ohne dich lange daran aufzuhalten. Als alles wieder ist, wie es sein sollte, gehst du als Nächstes direkt ins Bad. Nun bist du schon einmal wach, es ist helllichter Tag, da kannst du auch gleich zusehen, dass du allmählich in die Puschen kommst.

Im Badezimmer steuerst du direkt auf die Heizung zu und schraubst sie hoch. Dir ist immer noch kalt, also beschließt du kurzerhand, dich dem warmen Wasser zu übergeben und den Vorgang auf die Art ein wenig zu beschleunigen, dich aufzuwärmen und wach zu werden. Entsprechend stellst du den Wasserhahn ein und drehst ihn auf, und während das Wasser schon einmal fließt, wendest du dich dem Spiegel zu, um dir das Unheil zu besehen, das in deinem müden Gesicht geschrieben stehen muss.

Du glaubst, noch zur Hälfte im Traumland zu sein, als du an deinem Spiegelbild etwas bemerkst, das nicht nur ungewöhnlich, sondern auch absolut unmöglich sein dürfte. Prüfend fasst du dir an den Hinterkopf in dein Haar und tastest, bis du etwas Grünes daraus hervorgeangelt hast und dir jetzt direkt vor die Augen hebst.

Ein Grashalm. Dabei erinnerst du dich nicht, gestern im Gras gelegen zu haben oder anderweitig damit in Berührung gekommen zu sein, dass sich ein Halm in deinem Haar hätte verfangen können. Wo kommt es also her und wie ist es dorthin gekommen?

Du überlegst angestrengt. Versuchst, eine logische Erklärung dafür zu finden, doch was du auch versuchst und wohin du deine Gedanken auch lenkst, es führt stets aufs Selbe hinaus. Dabei weißt du, dass das unmöglich ist, und doch …

War deine Begegnung mit Cecil letzte Nacht wirklich nur ein Traum?

Sein Wunsch [Reader x Otoya]

Kinderlachen um dich herum. Zwei kleine Mädchen und ein Junge spielen mit dem gefleckten Hündchen, lassen ihn Stöckchen holen, welches er ihnen wieder und wieder Schwänzchen wedelnd zurückbringt. Zwei junge Mütter folgen ihnen, kichern und tuscheln heiter. In der Nähe ruft ein Eisstandverkäufer, um Kundschaft anzulocken.

Du befindest dich auf dem Zentralplatz der städtischen Parkanlage. Erblühte Bäume und farbenfrohe Blumen laden Menschen jeder Gesellschafts- und Altersstufe ein, nach Feierabend oder zu persönlicheren Anlässen in der weiten, verzweigten Anlage in der warmen Nachmittagssonne zu entspannen. – Heute gehörst du zu der zweiten Gruppe von Besuchern, die sich hier eingefunden haben.

Seit einer halben Stunde schon bist du hier. Sitzt auf einer der schlichten Holzbänke um die zentrale Uhr herum, die eine Zeit von fünf vor vier zeigt. Bis vor zehn Minuten noch warst du ganz unruhig gewesen, aufgeregt und nervös angespannt. Doch inzwischen ist es besser, du bist entspannt und hältst das kleine Plastiktäschchen auf deinem Schoß, in dem drei Muffins auf ihren Einsatz warten. Selbstgemacht, mit Konfitürefüllung. Du bist gespannt, ob sie ihm schmecken werden; ob du seinen Geschmack mit deiner Entscheidung getroffen hast. Fragen wolltest du ihn nicht, es sollte eine Überraschung werden.

Seit einer halben Stunde schon sitzt du hier und wartest. Er hat sich nicht verspätet, du warst nur bewusst früher an eurem Verabredungsort eingetroffen. Weil du genau wusstest, dass du nervös sein würdest. Weil du noch etwas Zeit für dich haben wolltest, um dich zu beruhigen. Diese ganze Aufregung ist vollkommen unnütz, wie du weißt. Es ist nicht das erste Mal, dass du ihn triffst, schließlich seid ihr bereits seit über einem Monat offiziell zusammen. Ihr hattet bereits einige Verabredungen ähnlicher Art, doch heute ist ein besonderer Tag. Für ihn, und somit auch für dich.

Du atmest tief durch, ziehst die warme Luft voller Blütendüfte durch die Nase ein. In einem leisen, langen Seufzer atmest du aus und lässt die Schultern fallen. – Ja, du weißt, dass du viel zu früh dran bist. Dennoch hoffst du, dass er sich nicht verspäten wird. Jetzt, da du entspannt bist, fällt dir das Warten nur noch schwerer als zuvor.

„Ah, du bist ja schon da!“, vernimmst du nur wenig später jene Stimme, auf die du die ganze Zeit gehofft hattest, sie aus der Menge herauszuhören. Du spürst, wie dein Herz einen freudigen Hüpfer macht.

Schnell erhebst du dich von deinem Platz. Derweil hat er den Zentralplatz überquert und ist bei dir angekommen. Nur einen halben Meter von dir entfernt kommt er zum Stehen und legt sich in einer verunsicherten Geste eine Hand an den Hinterkopf.

„Tut mir leid, dass du warten musstest. Bin ich etwa zu spät?“

„Nein, nein“, winkst du schnell ab und lächelst beschwichtigend zu ihm hoch. „Du bist pünktlich, keine Sorge. Ich war nur etwas frühzeitiger hier, das ist alles.“

„Ach so, ich dachte schon“, lächelt er erleichtert und zieht die Hand aus seinem roten Haar zurück. Es wirkt heute irgendwie anders auf dich. Hat er es hergerichtet? „Hübsch siehst du aus.“

„D-danke.“ Verlegen verschränkst du die Hände hinter deinem Rücken. Du hattest dich schon gefragt, ob ihm wohl auffallen würde, dass du dich extra für eure Verabredung bemüht hast, besonders hübsch auszusehen. Für dich war es selbstverständlich, es zu tun für diesen besonderen Tag, dennoch wusstest du nicht, ob er es bemerken würde. „Du auch.“

Er sieht immer gut aus, geht es dir durch den Kopf. Selbst in einem so schlichten Outfit in blauer Jeans und rot-braun kariertem Hemd, das er halb geöffnet über einem weißen T-Shirt trägt, dessen Aufdruck du nicht richtig erkennen kannst. Immer, egal, was er trägt.

„Findest du, das steht mir?“, will er wissen und zieht mit Daumen und Zeigefinger an einer der roten Haarsträhnen, die etwas igelig von seinem Kopf abstehen. „Sie haben mir Haargel reingetan, um mir eine Frisur zu verpassen, die etwas länger halten soll. Um ehrlich zu sein, ist es irgendwie ungewohnt. Ich wusste nicht, ob du mich auslachen würdest, wenn ich so bei dir auftauche.“

„Nein, das ist schon in Ordnung“, antwortest du ehrlich und lächelst. Du überbrückst die Distanz zu ihm, richtest dich etwas weiter auf die Zehenspitzen, um eine der Strähnen zu fassen zu bekommen. „Es ist anders, aber es steht dir. Es sieht gut aus.“

„Ehrlich?“ Bei deinem Kompliment hellt sich sein Gesicht auf. „Dann bin ich ja erleichtert. Das freut mich.“

„Wer hat dir denn diese Frisur verpasst?“, willst du wissen.

„Die Hairstylistin“, erklärt er und ein verlegener Schimmer legt sich über seine Wangen. „Als ich ihr nach den Aufnahmen sagte, dass ich noch eine Verabredung mit meiner Freundin habe, meinte sie, dass sie mir noch schnell eine coole Frisur macht, damit ich hübsch für sie aussehe.“

Schnell ziehst du deine Hand zurück. Du merkst, dass du verlegen wirst bei seinen Worten, was wohl vor allem daran liegt, dass er dich unverhohlen als »seine Freundin« vor einer fremden Person bezeichnet hat. Diese Tatsache allein spricht Bände darüber, was er von dir hält und wie er zu eurer Beziehung steht.

„Ist ihr gelungen“, sagst du und bemerkst sein schiefes Lächeln, das er dir im Gegenzug dafür schenkt. „Du hattest heute wieder Aufnahmen, richtig?“

„Mhm, für die Comedy-Show, in der ich im Moment mitwirken darf. Es war lustig.“

„Das freut mich. Ich freu mich schon, wenn es ausgestrahlt wird. Ich schaue es mir auf jeden Fall an!“

„Ja.“

Er sieht dich an. Du kannst in seinem Gesicht lesen wie in einem offenen Buch und im Moment steht auf seinen sanften Zügen geschrieben, dass er zufrieden ist. Wenn du das Leuchten seiner rubinroten Augen etwas mehr berücksichtigst, könnte sogar die Bezeichnung »glücklich« zutreffen. Und das, obwohl ihr noch gar nicht mehr getan habt, als euch hier zu treffen und ein wenig zu unterhalten.

„Also“, unterbricht er deine Gedanken mit klarer, heller Stimme. „Was machen wir? Worauf hast du Lust?“

Du zögerst. Eigentlich war das anders von dir geplant. Heute willst nicht du im Vordergrund stehen, sondern es geht um ihn. Es ist sein großer Tag, heute ist er der alleinige Star auf eurer kleinen gemeinsamen Bühne.

Entschieden schüttelst du den Kopf. „Du entscheidest“, bestimmst du. „Ich möchte gern das tun, worauf du heute Lust hast.“

Überrascht sieht er dich an. Er scheint mit so etwas nicht gerechnet zu haben, demzufolge braucht es einige Sekunden, bis er eine Antwort darauf weiß.

„Mh, na schön. Dann … wie wäre es mit Kino? Das ist nicht weit von hier, da können wir zu Fuß hinlaufen.“

Kino.

Du bemühst dich um ein fröhliches Lächeln. „Okay, bin dabei. Was immer du möchtest.“

 

Ihr braucht tatsächlich nicht lang bis zum städtischen Kino. Indem ihr auf direktem Wege die Parkanlage durchquert, sind es gerade einmal zehn Minuten, bis ihr zurück auf der Straße seid. Von dort aus folgt ihr noch weitere knappe zehn Minuten über einige Ampeln Richtung Stadtzentrum, bis ihr euer Ziel erreicht habt. Die Zeit bis hierhin verging viel zu schnell, wie es meist der Fall ist, wenn du mit Otoya zusammen bist. Er hat immer etwas zu erzählen, weiß immer ein Thema und versagte bisher nie darin, dich gut zu unterhalten. Das war schon so gewesen, als ihr nur Freunde gewesen wart.

Du vermisst die Parkanlage. Du vermisst die Bäume, die Blumenbeete, den fröhlichen Vogelgesang von überall her. Wäre es nach dir gegangen, wärt ihr jetzt nicht hier. Aber heute geht es nicht nach dir, das hast du dir fest vorgenommen. Und wenn er lieber mit dir ins Kino gehen wollte, würdest du ihm natürlich nicht widersprechen und dein Bestes geben, dich auch darüber zu freuen.

„Hm, das ist ein blödes Timing“, hörst du Otoya neben dir sagen, als du an seine Seite vor den Bildschirm mit der Programmanzeige trittst. Er klingt bedrückt, während er die Filmeauswahl und die vorgesehenen nächsten Vorstellungszeiten prüft. „Der nächste Film läuft in zwanzig Minuten und ist ein Science Fiction-Film. Ich denke nicht, dass du den schauen möchtest?“

„Naja“, gestattest du dir nur zögerlich eine Meinung. Zum Glück weißt du, dass Otoya auch kein großer Science Fiction-Fan ist und andere Genres bevorzugt. „Es wäre zumindest nicht meine erste Wahl. Eine neue Alieninvasion muss ich nicht unbedingt haben.“

„Der Film soll zwar nicht schlecht sein, habe ich gehört, aber ich hätte auch lieber etwas anderes gesehen. Hm … Zur 18 Uhr-Vorstellung läuft wieder etwas Gutes, das ich gern sehen würde. Aber das ist noch über eine Stunde. Alles andere bis dahin …“ Fragend wendet er sich dir zu. „Was meinst du? Was sollen wir machen?“

„Also, wenn ich ehrlich bin …“ Du haperst. Du erinnerst dich erneut an deinen Schwur, heute in allem ihm den Vorzug zu geben und das mitzumachen, was er gern möchte. Immerhin ist es sein Geburtstag. Aber wenn er dich schon um deine Meinung bittet … „Mir wäre es eigentlich lieber, wenn wir etwas anderes machen. Heute ist so schönes Wetter, wäre es da nicht etwas schade, in einem dunklen Kinosaal zu sitzen? Zumal … ich würde lieber etwas mit dir unternehmen, das weniger passiv ist.“

„Weniger passiv?“, wiederholt er deine Worte und legt den Kopf zur Seite. Nachdenklich reibt er sich das Kinn. „Hm, verstehe. Tut mir leid, mir ist auf Anhieb nichts Besseres eingefallen, das wir machen könnten. Kino war das Erste, was mir eingefallen ist. Ich schätze, ich bin nicht sonderlich gut in so was.“

„Ach was“, willst du ihn beschwichtigen und lächelst zu ihm hoch. „Das ist nicht schlimm, ehrlich! Ich habe doch gesagt, dass ich das tun möchte, worauf du Lust hast. Nur wenn du mich schon fragst … naja …“

„Lass uns etwas anderes suchen!“, fällt er dir ins Wort und greift nach deiner Hand. Sein Griff ist fest und warm.

Lächelnd sieht er dich an. „Du hast recht. Es ist schön draußen. Lass uns etwas an der frischen Luft unternehmen. Ich habe auch schon eine neue Idee, die bestimmt besser ist als meine letzte!“

Schneller als du in der Lage wärst, irgendetwas zu tun oder darauf zu erwidern, zieht er dich auch schon sanft hinter sich her und verlässt mit dir den Kinovorraum. Ohne dir zu verraten, was er sich dieses Mal ausgedacht hat, führt er dich zur Ampel und steigt mit dir in den nächsten Bus, der nur fünf Minuten später an der naheliegenden Haltestelle eintrifft. Die Fahrt dauert zehn Minuten, in denen du nicht wagst, ihn nach seinem Vorhaben zu befragen.

Deine Fragen beantworten sich wie von selbst, als ihr euer nächstes Ziel erreicht habt und vor einem großen Schild mit grünem Untergrund steht, auf dem mehrere Tiere abgebildet sind. Du könntest den hellen, unübersehbaren Schriftaufdruck genauso gut ignorieren; du weißt, wo ihr euch befindet.

„Der Zoo?“, wendest du dich fragend an Otoya, welcher verlegen zu dir herübergrinst.

„Naja, das erfüllt doch alle Kriterien, nicht? Wir sind an der frischen Luft und unternehmen etwas Aktives. Ich weiß, es ist vielleicht nicht sehr spannend und eher etwas für Kinder –“

„Nein, das ist schon okay!“, unterbrichst du seine Zweifel und schüttelst betont mit dem Kopf. „Das ist wirklich vollkommen okay. Ich war lange nicht mehr im Zoo. Bestimmt gibt es einige neue Tiere, die ich noch nicht gesehen habe. Und zu zweit macht es sicherlich sehr viel mehr Spaß als allein.“

„Wenn du lieber etwas anderes tun würdest, musst du es nur sagen. Du musst dich wirklich nicht –“

„Nein, es ist okay. Ehrlich! Lass uns reingehen.“ Du ergreifst wieder seine Hand und dieses Mal bist du es, der ihn antreibt und bestimmt hinter sich herzieht. Sicher, dir ist nicht entgangen, dass er sich Sorgen macht, dass du auch von dieser Idee nicht sehr angetan bist. Aber du meinst es ehrlich. Du hast nichts dagegen, mit ihm in den Zoo zu gehen und dir mit ihm die Tiere anzusehen. Du bist dir sicher, dass es Spaß machen wird, solange er es ist, der dich begleitet. Daran hast du keinen Zweifel.

Die Besuchertickets sind schnell gelöst. Es lag nicht ganz in deinem Plan, dass er es ist, der sie bezahlt, aber er hat darauf bestanden. Du nimmst dir fest vor, ihm im Gegenzug dafür etwas zu spendieren. Vielleicht ein Eis oder eine Cola, je nachdem, was es gibt und was er gern hätte.

„Sieh mal, die Bären“, hält er dich an, als ihr zeitnah das offene Bärengehege passiert. Er winkt dich an seine Seite, wobei er sich gegen die Abzäunung vor dem breiten Wassergraben lehnt, der den Besucher auf sichere Distanz zu den zotteligen Raubtieren halten soll, um Mensch und Tier nicht zu gefährden. „Scheint, als hätte es hier neulich Nachwuchs gegeben. Ich erinnere mich gar nicht, dass es hier ein Bärenjunges gab, als ich zuletzt vor einem halben Jahr mit meinen Geschwistern hier war.“

„Wie süß“, stößt du begeistert aus und trittst näher an die Abzäunung heran, um das kleine, braune Bärenkind besser beobachten zu können, wie es gerade mit dem an einem kahlen Baum befestigten Gummireif spielt und einen kläglichen Kampf gegen den vermeintlichen Angreifer kämpft. „Das ist ja noch jung. Was schätzt du, wie alt es ist?“

„Ich weiß nicht, vielleicht vier Monate? Ich kenne mich da nicht so aus.“ Er tritt ein paar Schritte zur Seite vor ein Infoschild, auf dem Fotos der dreiköpfigen Bärenfamilie abgebildet sind. Laut liest er vor: „Jana, Braunbärin aus Mitteleuropa, Belgien, elf Jahre. Tustin, Grizzlybär aus Nordamerika, Kanada, zwölf Jahre. Masa, Braunbär, geboren am 29. Dezember … Haha, am selben Tag hat auch unser Masa Geburtstag. Das muss ich ihm nachher unbedingt erzählen, dass er einen bärischen kleinen Bruder hat, haha!“

„Das passt ja“, kannst auch du dir ein amüsiertes Kichern nicht verkneifen. „Ich bin gespannt, was er dazu sagen wird.“

„Bestimmt etwas in der Richtung: »Sei nicht albern. Das ist nur ein Zufall.« Und dann wird er schimpfen, wenn wir ihn dennoch damit aufziehen“, grinst Otoya vergnügt wie ein kleiner Junge vor sich hin.

„Vermutlich. Aber dann lagst du ja mit deiner Einschätzung gar nicht so verkehrt.“

„Ja“, bemerkt er und richtet sich auf, um sich abermals gegen das Geländer zu lehnen. „Naja, er ist ja auch noch sehr klein. Vermutlich nimmt er noch nicht mal richtig feste Nahrung zu sich. Aber ich kenne mich da wirklich nicht aus.“ Schweigend beobachtet er den kleinen Bären, wie er derweil seine Niederlage gegen den schwingenden Gummireif anerkennt und müde zu einem der größeren Tiere tapst, das ihm am nächsten in den kühlen Schatten liegt. Sicher die Bärenmama.

Otoya schmunzelt. „Klein-Masa.“ Sein leises Lachen klingt wie eine schöne Melodie in deinen Ohren.

 

Die Zeit verfliegt und bald habt ihr den Großteil des Zoos mit seinen tierischen Helden gesehen. Als sich auf eurem Rückweg die nächste Gelegenheit bietet, lässt sich Otoya auf die bunt bestrichene Bank sinken und streckt alle Viere ausgiebig von sich.

„Oh Mann, ich habe den Park gar nicht so groß in Erinnerung“, brummelt er, während er sich rekelt.

„Lass uns kurz Pause machen“, schlägst du vor und setzt dich neben ihn. „Bist du müde?“, erkundigst du dich, als du sein Gähnen bemerkst, das er hinter vorgehaltener Hand kaum verbergen kann.

„Ein wenig vielleicht“, gibt er zu. „Ich bin heute schon seit fünf auf den Beinen.  Ich hatte einiges zu erledigen. Nichts wirklich Anstrengendes zwar, aber irgendwie –“ Ein lautes Magenknurren, das von ihm ausgeht, lässt Otoya mitten im Satz abbrechen und euch beide verdutzt aus der Wäsche gucken.

„Hast du Hunger?“, fragst du mehr rhetorisch, um zu verhindern, in lautes Gelächter auszubrechen. Ein leises Kichern kannst du dir dennoch nicht verkneifen.

Verlegen kratzt er sich an der Wange, auf der ein farblicher Schimmer liegt. „Sch-scheint so. Ich habe seit dem Mittag nichts mehr gegessen.“

„Also wenn du mich fragst, ist es ziemlich offensichtlich. Zum Glück bin ich ja da.“ Damit hebst du dir das kleine Plastiktütchen auf deinen Schoß, welches du die ganze Zeit um dein Handgelenk getragen hattest. Vorfreude mischt sich mit Nervosität. – Dein großer Augenblick ist gekommen!

„Oh? Was hast du denn da?“, will er sofort wissen, seine Stimme in heller Aufregung. Neugierig rückt er näher an dich heran, hängt regelrecht über deiner Schulter, um einen Blick in das Innere des Täschchens zu erhaschen, das bis eben eher uninteressant für ihn gewesen zu sein schien. „Zeig her, lass mich sehen! Hast du mir etwa etwas mitgebracht?“

„W-warte!“, stammelst du verlegen und bist bemüht, das Täschchen vor deinem übereifrigen Freund in Sicherheit zu bringen. Gleichzeitig versuchst du, ihn ein Stück weit von dir wegzudrängen, damit du nicht unter ihm begraben oder von der Bank geschoben wirst. Nicht, dass du generell etwas gegen seine Nähe hättest, aber so …? „Otoya, du bedrängst mich. So kann ich nichts machen.“

„Oh, sorry“, lässt er sogleich von dir ab und rückt ein Stück zur Seite, um dir genug Raum zu lassen. Obgleich du ihm ansehen kannst, dass ihm sein Verhalten selbst peinlich ist, erkennst du auf seinem Gesicht ein heiteres Grinsen. „Ich freu mich nur so, dass du mir etwas mitgebracht hast. Wieso hast du es mir nicht gleich gesagt?“

„Ich … es sollte eine Überraschung werden“, murmelst du leise. Um dir nichts anmerken zu lassen, konzentrierst du dich darauf, vorsichtig in das Täschchen hineinzugreifen und die Muffins herauszuholen, die du in einige Servietten gewickelt hast, damit sie nicht austrocknen oder Schaden nehmen. Als du den ersten Kuchen erwischt hast, reichst du ihn in seiner typischen Papierform samt frischer Serviette an deinen Freund weiter. „Hier. Ich hoffe, dass sie schmecken.“

„Woah, Muffins!“, strahlt er wie ein kleiner Junge, als er das Küchlein entgegennimmt. Er hebt ihn vor sich in die Höhe und betrachtet ihn von allen Seiten, als hielte er eine wertvolle Porzellanfigur in den Händen. „Hast du die selbst gebacken?“

„Mhm, heute Morgen“, bestätigst du schüchtern und nimmst selbst einen der beiden übrigen Muffins zur Hand. „Sei vorsichtig, dass du dich nicht bekleckerst. Sie sind mit Konfitüre gefüllt.“

„Alles klar, vielen Dank. Na dann, guten Appetit!“

Neugierig beobachtest du von der Seite, wie er einen ersten, mutigen Happen von dem Kuchen nimmt. Während er genüsslich kaut, lässt er ein erstes „Mhh“ verlauten. Ein zweiter Bissen folgt und ein dritter, wobei du lachen musst, da etwas von der roten Konfitüre an seinen Lippen kleben bleibt.

„Das ist wirklich lecker“, befindet er strahlend, ehe er schon wieder in den Kuchen beißt, von dem kaum noch die Hälfte über ist.

Erleichtert über sein Urteil gestattest auch du dir, von dem selbstgebackenen Muffin zu kosten. Nicht schlecht, befindest du schnell. Der Rührteig ist angenehm weich und zart, schmeckt sogar noch etwas warm. Vielleicht aufgrund des warmen Wetters und weil du ihn kurz nach dem Backen eingewickelt und verpackt hattest. Der Teig ist genau richtig gelungen, schmeckt nicht zu süß und dezent nach dem Vanillepulver, das du verwendet hattest. Die Konfitüre mittig im Inneren des Kuchens stellt einen angenehmen Kontrast dar: süß-säuerlich, fruchtig erfrischend. Du hattest erst Zweifel, ob du wirklich Konfitüre als Füllung verwenden wolltest, doch jetzt stellst du fest, dass sie dem Teig über die Zeit mehr Feuchtigkeit gegeben hat, wodurch er sich noch im Nachhinein überraschend saftig entfalten konnte. Doch, es war eine gute Wahl gewesen. Du kannst zu Recht stolz auf dich sein.

„Hast du vielleicht noch welche?“, hörst du Otoya neben dir fragen und lächelst zufrieden. Wie gut, dass du ihn gleich richtig eingeschätzt und zwei Muffins für ihn eingepackt hattest.

„Ja, einen habe ich noch“, antwortest du und holst das letzte Küchlein hervor, das von Anfang an ihm bestimmt gewesen war. Du reichst es ihm.

„Super, danke.“ Gerade, als er in den Muffin beißen will, fällt ihm etwas ein. Er hält inne und besieht dich mit einem besorgten Blick. „Ah, hast du nicht eben gesagt, das sei der Letzte? Aber dann bleibt für dich ja gar nichts über. Sollen wir ihn uns nicht besser teilen?“

Du schüttelst den Kopf und erklärst beschwichtigend: „Nein, das ist schon okay. Es war von vornherein geplant, das zwei für dich sind. Einer reicht mir. Du siehst ja, ich knabbere immer noch an ihm.“

„Sicher?“

„Ja“, lächelst du ihm ermutigend zu. „Iss ruhig. Zwei Muffins werden wohl ohnehin nicht reichen, um satt zu werden.“

„Na schön“, gibt er bei und widmet sich abermals seinem Kuchen. Der kurze Anflug von Sorge weicht einem zufriedenen Strahlen, als er genüsslich seinen zweiten Muffin verputzt.

Du beobachtest es mit einem zufriedenen Schmunzeln, während du an deinem eigenen Kuchen isst.

„Hah, das war lecker“, verkündet Otoya laut, als kein Krümelchen mehr übrig ist. „Hab vielen Dank. Meinetwegen kannst du bald wieder welche machen. Ich würde selbstgebacken Muffins von dir jederzeit wieder essen.“ Das breite Grinsen, das dabei auf seinem Gesicht spielt, klingt deutlich aus seinen Worten heraus.

Zum Glück bist du gerade damit beschäftigt, dir die Hände mit der Serviette abzuwischen und den Müll zusammenzuräumen. So lässt du dir nicht anmerken, wie sehr dich seine Worte freuen und dass sie dich ein wenig verlegen stimmen. „Mal sehen“, entgegnest du. „Vielleicht zu Weihnachten wieder.“

„Was?!“ Er setzt betont viel Bedauern in seine Reaktion zu deiner Aussage. „So lange muss ich warten? Wie gemein. … Ne, sag mal … kann es sein, dass du dir nur wegen mir die Mühe mit den Muffins gemacht hast? Ich meine, weil ich doch heute … also, weil doch heute mein … Du weißt schon. Oder hast du es vergessen?“

Du spürst, wie sich das Blut unangenehm in deinen Ohren sammelt. Du weißt nicht, wieso du schon wieder verlegen wirst, aber du gibst dir Mühe, einen vorwurfsvollen Blick aufzulegen, als du dich ihm zuwendest.

„Wie kommst du nur darauf, dass ich das vergessen haben könnte? … Natürlich habe ich die Muffins für dich gebacken.“

„Echt? Das freut mich.“ Erleichterung klingt aus seiner Stimme heraus. „Dann war das also mein Geburtstagsgeschenk?“

„Hm, nein. … Nicht ganz.“

Du bemerkst, wie er dich fragend ansieht. Zu Recht und du sagst dir, dass es gut so ist, dass er deine Antwort nicht ganz zu deuten weiß. Genau so hattest du es von Anfang an geplant, denn natürlich waren die Muffins nicht alles, was du für ihn vorbereitet hast. Das sollte er natürlich nicht wissen, denn du wolltest einen guten Moment abpassen, um ihm sein eigentliches Geschenk zu überreichen.

„Nicht ganz?“, wiederholt er deine letzten Worte und du hörst heraus, dass er voller nichtsahnender Erwartung ist. Welchen besseren Zeitpunkt gäbe es für sein Geschenk als jetzt?

„Schließ deine Augen“, forderst du ihn auf und beobachtest streng, ob er deiner Anweisung nachkommen wird. Er scheint verwundert, hinterfragt dein Vorhaben jedoch nicht und tut, wie du von ihm verlangt hast.

„Gib mir deine Hand“, forderst du weiter und nimmst sein Handgelenk entgegen, als er es unbeholfen nach dir ausstreckt. Nebenher kramst du mit einer Hand in dem Täschchen, in dem die Muffins verstaut gewesen waren, und holst ein dünn gebundenes Armband mit aufgesteckten, verschiedenfarbigen Plastikperlen hervor, deren Farben in Rot, Schwarz, Braun und Grün dominieren. Dank des elastischen Gummibandes, das du hierfür verwendet hast, als du dieses besondere Armband selbst hergestellt hattest, hast du keine Mühe, es ihm einfach überzustreifen und in eine rechte Position zu rücken, wo es nicht stören dürfte.

„Okay. Du kannst die Augen wieder aufmachen.“

Er folgt auch jetzt deiner Anweisung. Seine Augen öffnen sich langsam, heften sich sogleich an sein Handgelenk und das, was sich nun dort befindet. Ein Blinzeln folgt, ehe er den Arm vor sich hebt und mit der freien Hand das Armband mit den Perlen daran untersucht. Es vergehen nur wenige Sekunden, und doch hast du das Gefühl, du musst eine ganze Ewigkeit auf sein finales Urteil warten.

„Hast du das auch selbst gemacht?“, will er wissen, was dich verunsichert, da du nichts aus seinem Gesicht ablesen kannst. Freut er sich? Gefällt es ihm wohlmöglich nicht?

Unsicher ziehst du die Schultern hoch und gibst ein leises „Mhm“ von dir. „Du musst es nicht die ganze Zeit tragen“, sprichst du vorsichtig, „sollte es dich irgendwie bei der Arbeit behindern oder so. Ich dachte nur … es könnte zu deiner Kette passen.“

Als sei dies eine Aufforderung gewesen, greift er an seinen Hals und bekommt die dünne, schwarze Perlenkette seines Rosenkranzes zu fassen, den er die meiste Zeit bei sich trägt. Das wusstest du, auch wenn die Kette meist unter seiner Kleidung verborgen ist. Sie war dir ein paarmal aufgefallen und hatte sich in dein Gedächtnis eingebrannt.

„Wie gesagt, du musst es nicht tragen“, versuchst du es erneut, da er noch immer nichts sagt. „Ich wusste nur nicht –“

„Ah, tut mir leid!“, schreckt er endlich aus seinen Gedanken hoch und sieht dich an. Die Hand, um dessen Gelenk dein Armband liegt, drückt er sich fest an die Brust. „Ich war nur … Ich finde es toll, ehrlich! Und natürlich werde ich es tragen!“ Ein sanftes Lächeln breitet sich über sein Gesicht aus und bringt das Rot seiner Augen zum Leuchten, als er ruhiger weiterspricht: „So habe ich immer ein Stück von dir bei mir und kann es mir jederzeit ansehen, wenn ich an dich denke. Solange ich dieses Armband trage, habe ich dich die ganze Zeit bei mir. Daher … danke.“

Du wirst rot, unweigerlich. Du weißt, dass es so ist, aber du kannst nicht von ihm wegblicken. Sicher, du hattest gehofft, dass er dein Geschenk nicht als zu albern empfinden würde, aber mit einer solch inbrünstigen Antwort hattest du nicht gerechnet. Du bist erleichtert und glücklich über diesen Ausgang, da ist es auch egal, wenn er es dir vom Gesicht ablesen kann. Soll er ruhig. Bei ihm ist es okay.

„D-darf ich dich vielleicht umarmen?“, fragt er allen Ernstes und wirkt dabei so schüchtern, dass du im ersten Moment nicht weißt, ob du ungläubig oder amüsiert darauf reagieren sollst. Immerhin seid ihr ein Paar, nicht wahr? Was sollte ihn davon abhalten, dich einfach in den Arm zu nehmen, wenn ihm danach ist?

Aber so ist er eben. Du kannst es ihm nicht zum Vorwurf machen.

Entsprechend nickst du, woraufhin er näher zu dir rückt und dich schließlich an den Schultern packt, um dich sanft an sich zu ziehen. Du spürst, wie er seine Arme fest um dich schließt, als wolle er der ganzen Welt zeigen, dass du zu ihm gehörst und er nichts anderes will als genau das.

Weniger scheu erwiderst du die Umarmung und schmiegst das Gesicht an seine Schulter. So warm, Otoya ist so warm. Alles an ihm, geht es dir durch den Sinn, ist warm und wirkt beruhigend: seine Stimme, sein Lächeln, sein an frisches Gras erinnernder Geruch, der sich heute mit einer dezenten Herrenparfumduftnote im perfekten Einklang befindet. Selbst die Art, wie er dich immerzu aus seinen fröhlichen, roten Augen ansieht. Es war diese Wärme gewesen, wegen der du dich damals sofort in ihn verliebt hattest. Diese Wärme, die auch in jedem einzelnen Lied steckt, das er bisher gesungen hat. Diese Wärme, die dir heute kostbarer ist als alles andere auf der Welt. Du freust dich heute schon auf den ersten Winter, den ihr zusammen verbringen werdet, denn du bist dir sicher, in seinen Armen wird es dir nie mehr möglich sein, zu frieren.

Du genießt den Moment. Nährst an seinem Duft, der dir schon so vertraut ist, und lauschst seinem aufgeregten Herzschlag, den du dicht an deinem eigenen verspüren kannst. Solch intime Momente mit ihm sind selten, aber immer, wenn du ihm so nahe bist, wirken sie so intensiv auf dich. Nie wieder willst du ihn loslassen.

„Danke“, hörst du ihn nah an deinem Ohr leise sagen, was dir einen wohligen Schauer beschert. Sein Atem fühlt sich heiß auf deiner Haut an, als reagiere sie besonders empfänglich auf ihn.

Er löst die Umarmung und drängt sich aus deinen Armen zurück, was du nur widerwillig zulässt. Die Intimität jedoch bleibt bestehen, da er körperlich kaum von dir weicht und du sein Gesicht so nah vor dem deinen siehst, dass du kaum zu atmen wagst. Sein Blick fängt dich auf, nimmt dich vollkommen für sich ein. Fast hast du das Gefühl, dass die Hitze zwischen euch kontinuierlich zunimmt, was keinen Sinn macht, denn es besteht ein geringer Raum zwischen euch. Wenige Zentimeter nur, aber immerhin.

„Zu meinem Geburtstag … darf ich mir etwas wünschen?“, klingt seine Frage wie ein leiser Hauch. Ein Flüstern voller Hoffnung.

Du kannst nicht sprechen. Das Atmen fällt dir schwer. Von deinem Körper spürst du längst nichts mehr bis auf deinem wilden Herzschlag, der seinem ganz eigenen Takt zu folgen scheint, zu schnell für alles andere. Du willst nicken, dein Kopf sagt es dir ganz deutlich, doch du fühlst dich wie gelähmt. Es kostet dich viel Kraft, das Ergebnis ist eher mickrig.

Ihm scheint es zu genügen. Vorsichtig nähert er sich dir wieder an, neigt sein Gesicht näher an das deine heran.

Dir wird heiß. Dein Herz scheint dir jeden Moment aus der Brust zu springen. Wenn es das ist, was du denkst, das es werden soll, dann wird es euer erster Kuss sein. Euer erster Kuss, den du dir schon immer herbeigesehnt hast, und der dir jetzt, da es soweit ist, als ein viel zu schnell erfüllter Traum erscheint.

Da passiert, was sonst nur in schlechten Filmen geschieht: Der schrille Rocksound von Otoyas Handyklingelton meldet sich viel zu laut zu Wort und lässt euch beide so heftig aufschrecken, dass eure Köpfe gegeneinanderstoßen. Der plötzliche Schmerz an deiner Stirn bringt dich völlig aus dem Gleichgewicht, sodass du im ersten Moment gar nicht weißt, was da gerade passiert ist. Und warum.

„Tut mir leid!“, hörst du Otoya neben dir sagen, wobei er in die Brusttasche seines Hemdes greift und das schmale, orangefarbene Mobiltelefon herausholt.

Grummelig ziehst du dich zurück, dir noch immer schmerzlich die Stirn reibend, und versuchst dich damit abzulenken, indem du unnötigerweise deine Kleidung richtest.

„Ja? Otoya hier“, hörst du ihn das Telefonat annehmen, das du innerlich zum Teufel wünschst. Ganz gleich, wer der Störenfried am anderen Ende der Leitung sein und worum es gehen mochte.

 „Ah, Tokiya! Das ist gerade etwas ungünstig … Hm? Wann ich heute nach Hause komme? Hm, ich weiß noch nicht. Ich bin gerade mit meiner Freundin unterwegs …“

Schon wieder »seine Freundin«. Da fällt dir ein, dass du nie mit ihm darüber gesprochen hast, ob die anderen überhaupt wussten, dass er jüngst eine Freundin hat. Bei dem Gedanken wirst du doch neugierig, worum es bei dem Gespräch geht, und versuchst mitzubekommen, wie auf der anderen Seite des Telefonats reagiert wird.

„Mit deiner …?“, hörst du einen Mann sagen, von dem du vermutest, dass die tiefe Stimme tatsächlich Tokiya zuzuordnen ist. Du verstehst nicht sehr viel, glaubst aber, dass er aufgeregt oder zumindest überrascht klingt.

„Mh“, bestätigt Otoya seine Aussage und nickt, was Tokiya schlecht sehen kann. „Habe ich dir das nicht gesagt? Ich bin mir sicher, ich habe es gestern noch erwähnt.“

Schweigen am anderen Ende der Leitung. Muss Tokiya überlegen? Dir gefällt der Gedanke, dass er von dem Gedanken überrumpelt ist, dass sein Freund in diesem Moment ein Date hat. Ob ihm das wohl unangenehm ist?

„Ja, hattest du“, bestätigt er endlich. Du schmunzelst voller Stolz auf deinen Freund, der aus eurer Beziehung wirklich kein Geheimnis macht. „Tut mir leid, dass ich euch störe.“

„Mh-mh, das ist schon in Ordnung“, entgegnet Otoya, woraufhin du prüfend zu ihm herüberschielst. Seinem Gesicht ist abzulesen, dass ihm dieses Gespräch wohl unangenehm ist. Oder aber, das vermutest du zumindest, dass es ihm unangenehm ist, den Freund soeben belogen zu haben, denn er hatte euch natürlich durchaus gestört. Zum unpassendsten Zeitpunkt, den er sich hätte aussuchen können. „Also, ähm, ich weiß noch nicht, wann ich wieder nach Hause komme … Wieso? Ist etwas passiert oder so?“

„Nein, so ist es nicht“, hörst du Tokiya sagen, was durch eine weitere Stimme im Hintergrund gestört wird, von der du irgendetwas in der Richtung „Mensch, er soll einfach herkommen!“ verstehst. – Syo?

Tokiya räuspert sich. „Also … wie soll ich sagen? Es wäre schon wichtig, dass du nicht zu spät kommst.“

„Er soll sie einfach mitbringen“, hörst du wieder die zweite Stimme genervt im Hintergrund rufen. Du bist dir jetzt sicher, dass es sich dabei um Syo handelt.

Ein Seufzen von Tokiya, das selbst du noch als heimlicher Zuhörer deutlich vernehmen kannst. „Wenn du mich ohnehin die ganze Zeit unterbrichst, wieso hast du ihn nicht selbst angerufen?“

„Keine Zeit. Außerdem hört er auf dich eher als auf einen von uns.“

„Das ist nicht …“, stammelt Otoya leise, hörbar verlegen.

Du fühlst dich ertappt, als er plötzlich zu dir schaut und dich mit einem fragenden Blick besieht. Erst denkst du, dass er es verdächtig oder unhöflich findet, dass du ihn bei seinem Telefonat belauschst, doch du merkst schnell, dass es etwas anderes ist, was ihm auf dem Herzen liegt.

„Was meinst du?“, richtet er seine Frage an dich. „Die Jungs wollen, dass ich bald nach Hause komme, und meinen, dass es okay ist, wenn du mitkommst. Würdest du wollen?

Du musst aber nicht!“, beschwört er schnell, als du nicht sofort weißt, was du antworten sollst. Es scheint, als wäre es ihm unangenehm, dich das zu fragen.

Kurz darauf hast du dich entschieden. „In Ordnung. Wenn es niemanden stört, komme ich gern mit.“

 

Es ist bereits früher Abend, als ihr das Wohnheim erreicht, welches die Jungs von Starish gemeinsam beziehen. Die Sonne ist ihrem hohen Stand am Himmelszelt gewichen und nimmt ihre wärmenden Strahlen mit sich. Zu dieser Jahreszeit kühlt die Luft noch sehr schnell ab. Ein schöner, warmer Nachmittag wird viel zu schnell zu einer Erinnerung, von der du hoffst, dass du sie morgen erneuern kannst.

Otoya trägt einen Bund Schlüssel mit sich und schließt gewohnt die Tür zu dem Haus auf, das dich mehr an eine Villa erinnert mit dem großen Garten, der das Grundstück gleich eines eigenen Parks mit viel Grün versieht. Du zweifelst, ob deine Entscheidung richtig war, mitzukommen, denn jetzt, da du hier bist und schlecht umkehren kannst, fühlst du dich so fehl am Platz wie ein Fisch in der Wüste. Dir wird bewusst, dass du nicht mit »irgendwem« zusammen bist, sondern nach wie vor mit einem Musikidol. Dir wird bewusst, dass dein Freund in einer ganz anderen Liga spielt als du. Dass seine Welt eine ganz andere sein muss als die deine, was du sonst gut ausblenden kannst, wenn ihr euch außerhalb trefft und Dinge miteinander unternehmt, wie es auch andere, gewöhnliche Paare tun.

Nur zögerlich folgst du ihm ins Hausinnere hinein. Hier ist alles hell, reich an Farben und Eindrücken und vor allem großräumig. Die Zimmerdecke ist so hoch, dass du mutmaßt, wie oft man dich klonen und übereinanderstapeln müsste, um sie mit den Fingerspitzen zu berühren. Dreimal? Viermal? Würde das genügen?

Der sanfte Druck, der plötzlich auf deine Hand ausgeübt wird, lässt dich aus deinen Überlegungen hochschrecken. Es ist Otoya, der dich an sich genommen hat und dich nun mit einem ermutigenden Lächeln mit sich zu ziehen versucht.

„Nur keine Angst“, spricht er ruhig, als wüsste er genau, was in dir vorgeht. „Ich war am Anfang auch eingeschüchtert. Aber es ist schon okay, vertrau mir.“

Du nickst.

Sicher, was hattest du auch anderes erwartet? Du wusstest von Anfang an, um wen es sich bei deinem Freund handelt und womit er sein Geld verdient. Du warst dir durchaus dessen bewusst gewesen und es hatte nie ein Problem zwischen euch dargestellt. Du hast andere Gründe, warum du ihn dir ausgesucht und dein Herz an ihm verloren hattest. Es besteht kein Grund, dich jetzt von einem großen Haus verunsichern zu lassen.

Ohne weitere Widerworte lässt du dich von ihm durch den langen Flur führen, von dem einige Räume abführen. Du denkst nicht darüber nach, was hinter welcher Tür stecken mag. Du fragst dich nicht, wie dieses Haus in sich aufgebaut ist und wo sich was befinden mag. Du vertraust darauf, dass du das wirklich Wichtige zu sehen bekommen wirst und dich Otoya richtig führt. Indem du dich auf das angenehme Gefühl konzentrierst, das durch das Halten seiner Hand, die deine warm umfängt, in dir auslöst, machst du dir keine unnötigen Gedanken.

Ziemlich am Ende des mit einem verziert roten Teppich ausgelegten Korridors bleibt Otoya vor einer doppelflügeligen Tür stehen und hält dich an, einen Moment zu warten, während er anklopft. Von drinnen sind Stimmen zu vernehmen, die darauf schließen lassen, dass sich hier der Rest der Gruppe aufhalten muss.

„Ich bin’s“, kündigt sich Otoya an, laut genug, dass es auf der anderen Seite der Tür zu hören sein musste. Das eifrige Plaudern im Raum verstummt augenblicklich und einzig ein Zischen, wie wenn man zu Ruhe auffordert, ist zu vernehmen. „Ich komm rein.“

Er drückt die Tür nach innen auf und kaum, dass er eingetreten ist, hörst du einige Knallgeräusche, bevor bunte Luftschlangen auf den roten Schopf deines Freundes herunterregnen. Die bunten, sich kringelnden Papierschlangen legen sich auf seinen Schultern, seinem Rücken, sogar über sein Gesicht ab. Du weichst einen Schritt hinter ihm zurück, um von diesem überraschenden Angriff von Konfetti und Papiergirlanden verschont zu bleiben.

„Tanjoubi omedeto!“, hörst du die sechs Jungs im einstimmigen Chorus rufen und du weißt, auch ohne viel über Japanisch wissen zu müssen, was es bedeutet.

Otoya vor dir schnappt nach Luft. Du erkennst anhand seiner Haltung, dass er sich die freie Hand gegen die Brust gedrückt hält.

„Mensch“, japst er aufgeregt, „habt ihr mich erschreckt! Ich dachte, es stürzt die Decke über mir ein.“

„Ist das alles?“, hörst du Syo empört schnappen. „Sag mir nicht, du hast mit so etwas nicht von uns gerechnet?“

„Ich sagte doch, wir sollten lieber das andere machen.“

„Das andere machen?“, wiederholt Otoya Tokiyas Worte und klingt zu Recht verwirrt.

Du bist versucht, hinter seinem Rücken hervorzutreten, um selbst zu sehen, was gerade zwischen den Jungs vorgeht. Doch solange er dich nicht offiziell vorgestellt hat, ist es unhöflich, sich in den Vordergrund zu drängen. Oder bist du nur zu schüchtern, um dich jetzt, verspätet, der versammelten Gruppe zu zeigen?

Ein Piano, das im Raum stehen muss, erklingt. Eine Melodie wird eingeleitet, von der du dir sicher bist, dass sie dir bekannt vorkommt. Doch woher, wird dir erst bewusst, als der Männerchorus zu singen beginnt: „Happy Birthday to you, happy Birthday to you …“

Während sie ihr Ständchen vortragen, dem sie eine eigens geschriebene Lyrik hinzugefügt haben, in der jeder Einzelne von ihnen Otoya in einer einzigen Zeile seine persönlichen Glückwünsche ausspricht, wagst du einen neugierigen Blick an deinem Freund vorbei. Du erkennst die Gruppe unweit von euch im Halbkreis aufgestellt stehen, links von ihnen sitzt Masato hinter einem eher kleinen, schwarzen Piano und spielt die Leitmelodie. Der Raum ist mit pompösen, bunten Girlanden ausgeschmückt. Rechterseits des Zimmers wurde ein Buffet hergerichtet, das zwar kein ganzes, gut besuchtes Restaurant ernähren könnte, für eine Gruppe von zehn Mann sollte es aber durchaus reichen. Es riecht appetitlich von dort aus. Gleich nebendran auf diesem Tisch liegen eingepackte Geschenke, eines lässt von seiner Form auf ein großes, schlankes Paket schließen. Du bist neugierig, was die Jungs ihrem Freund geschenkt haben mögen.

„Danke“, reißt dich Otoyas Stimme aus deiner kleinen Raumbesichtigung und du weichst wieder hinter seinem Rücken zurück. „Das war wirklich schön. Und weit weniger erschreckend“, lacht er auf.

„Wer ist das?“, hörst du einen der Jungs fragen, und du bist dir sicher, dass es sich dabei um Cecil handelt. Du fühlst dich ertappt.

„Hm?“, reagiert Otoya, als wüsste er nicht, worauf Cecil hinaus wollte.

„Dort, hinter dir. Das Mädchen.“ – Mist, er hat dich tatsächlich gesehen!

„Ah, das! Das ist meine … Hey!“, wendet er sich flüsternd über die Schulter in deine Richtung um. „Es ist schon okay. Sie werden dich nicht beißen.“

„Oh! Ich glaube, ich weiß, wer das ist!“ Natsukis glockenhelle Stimme überschlägt sich fast, als hätte er die Lösung zu einem schwierigen Kreuzworträtsel gefunden. „Du bist Otoya-kuns Freundin, nicht wahr? Na, so was, du bist ja wirklich süß! Genau, wie er gesagt hat. Na komm, wir werden dir keine Angst machen.

Hallo, ich bin Shinomiya Natsuki“, stellt er sich dir höflich vor, kommt in wenigen Schritten zu euch herüber und reicht dir frei heraus die Hand, die du nur zögerlich entgegennimmst, um sie zu schütteln. „Du darfst mich Nacchan nennen, wenn du möchtest. Aus der Nähe siehst du noch viel süßer aus!“

„Nicht schlecht, Ikki“, hörst du Ren in der Nähe sagen und hast gar nicht bemerkt, wie sich in der kurzen Zeit eine Traube um euch gebildet hat. Der orangeblonde Frauenheld, als der er verschrien ist, legt kameradschaftlich einen Arm über die Schulter deines Freundes, während er dich mit einem schmeichelhaften Lächeln ansieht. „Du hast dir eine reizende Lady geangelt. Da könnte ich glatt neidisch werden.“

„Ich bin Kurusu Syo“, wird dir eine fingerlos behandschuhte Hand entgegengestreckt. Große, himmelblaue Augen lächeln dir freundlich entgegen. „Freut mich sehr, dich kennenzulernen.“

 

Na, da bist du ja in etwas hineingeraten. Nun hast du auch den Rest der Gruppe kennengelernt und erfahren, dass alle Angst und Sorge, die du vor diesem Zusammentreffen gehabt hattest, gänzlich unbegründet gewesen waren. Sicher, es war ein chaotisches Durcheinander gewesen, als du plötzlich von gleich sieben Jungs umgeben warst, alle so verschieden, die dich allesamt kennenlernen wollten, sich dir unnötigerweise vorgestellt und bunt durch die Runde Fragen an dich gerichtet haben. Für kurz hattest du das Gefühl, der Sache nicht gewachsen zu sein, aber irgendwie hast du es überstanden. Und du bist dir sicher, dass es vor allem Otoya zu verdanken ist, der die ganze Zeit über nicht von deiner Seite gewichen war und dich keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte. Stellenweise hattest du sogar das Gefühl, dass er mit der Eifersucht zu kämpfen hatte, während du bemüht gewesen warst, jedem der Jungs deine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Wie peinlich, dabei wolltest du gar nicht so sehr im Mittelpunkt stehen. Hoffentlich würdest du dich nicht daran gewöhnen müssen.

„Tut mir leid wegen vorhin“, hörst du Otoya neben dir sagen. Es klingt, als sei ihm der Vorfall, der sich vor derweil einer halben Stunde im gemeinsamen Übungsraum ereignet hat, noch immer unangenehm.

„Muss es nicht“, besänftigst du ihn und genießt die frische Abendluft, die um dein Gesicht streicht. Ihr habt euch auf den Balkon zurückgezogen, um ein wenig von eurer Zweisamkeit zurückzugewinnen. Zwar sind die anderen Jungs noch immer durch die Glastüren zu hören, aber sie sind anständig genug, euch nicht zu stören. Im Vergleich zu den letzten Minuten ist es nun angenehm ruhig um euch herum.

„Ich hätte wissen müssen, dass sie so etwas in der Art planen“, sagt er und meint damit die Überraschungsparty, mit der sie euch regelrecht überfallen haben. „Ich war dennoch überrascht. Die meisten von ihnen hatten mir im Laufe des Tages schon gratuliert. Aber durch unsere verschiedenen Arbeiten neben der Musik sehen wir einander nicht immerzu. Vielleicht haben sie deswegen eine kleine Party organisiert.“

„Ihr seid wie eine große Familie“, sprichst du deine Gedanken laut aus und lachst leise. „Das ist schön. Ich bin froh, dass ich mitgekommen bin und das selbst einmal erleben durfte.“

Otoya neben dir lächelt.

„Sie sind alle so herzlich. Und sie haben dir wunderbare Geschenke gemacht. Sie kennen dich wirklich gut.“ Dabei denkst du an die schicke E-Gitarre, die in dem großen Geschenkpaket gewesen war, welches dir sofort aufgefallen war. Doch nicht nur das, auch ein neues Plektrum – da das alte Gitarrenplättchen wohl bereits vergriffen gewesen war –, neue Turnschuhe und eine speziell aus der Schweiz importierte Tafel Schokolade waren darunter gewesen. Alles Geschenke, die außerhalb deiner Reichweite gewesen wären oder auf die du nicht hättest kommen können, da du nicht wusstest, dass Otoya diese Dinge gebraucht oder sich irgendwann einmal gewünscht hatte.

Du weißt, dass es eigentlich Unsinn ist, sich deswegen verrückt zu machen. Dennoch fühlst du dich schlecht. Was ist schon ein Muffin und ein handgemachtes Armband gegen eine teure, sehr hochwertig aussehende E-Gitarre mit versprochen neuestem Klangsystem?

„Ja, das stimmt“, bestätigt er deine Worte. Du kannst sein Lächeln heraushören. „Sie sind wirklich liebe Freunde.“

Vor seinem Blick verborgen ballst du eine Hand zur Faust. Du ärgerst dich. Warum, das fragst du dich selbst.

„Hm? Was hast du?“, hörst du ihn fragen und bemerkst, dass dein Schweigen dich verrät.

„Nichts. Ist schon gut“, sagst du leise und lügst.

Es wird still zwischen euch. Kurz darauf spürst du, wie er nach deiner Hand greift und sie warm in seiner auf dem Balkongeländer hält. Du bist verwundert und siehst ihn fragend an.

„Ich muss dir noch etwas sagen“, beginnt er zu sprechen und dir fällt auf, dass seine Stimme sehr sanft dabei klingt. Einen Moment lang fragst du dich, ob du etwas verpasst hast, das diesen Wandel in seiner Stimmlage erklären würde.

„Hm, wie packe ich das in Worte? … Danke.“

„Hm?“, hörst du dich fragen. „Wofür?“

„Ich fand den Tag heute mit dir sehr schön. Und ich freue mich, dass du noch mitgekommen bist. Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt hier so mit dir stehen kann.“

Du wirst augenblicklich rot. Die kühle Luft macht dir umso bewusster, wie dir die Hitze in die Wangen schleicht. Aller Unmut, den du eben noch verspürt hattest, ist mit einem Mal verflogen.

„Hm, und vorhin im Park …“ Du merkst, dass auch Otoya verlegen wird. Warum, das ist dir nicht sofort klar. Aber du bemerkst, wie er deinem Blick kurz ausweicht, sich mit der freien Hand an der Wange kratzt, wie es typisch für ihn ist, wenn er verlegen ist.

Als er wieder zu dir sieht, erkennst du dieses gewisse Leuchten in seinen Augen, das dir schon oft an ihm aufgefallen ist, wenn er einen Entschluss gefasst hat, von dem er nicht mehr abweichen wird.

„Ich … Also, das ist jetzt vielleicht ein wenig egoistisch von mir. … Habe ich immer noch meinen Wunsch bei dir frei?“

Da fällt es dir wieder ein. Vorhin, im Park. Jener Moment, der durch Tokiyas Anruf unterbrochen worden war. – Meint er …?

Vorsichtig nickst du, wie du es heute schon einmal getan hast. Und wartest gespannt.

Jedes noch so kleine Detail nimmst du wahr. Das rötliche Farbspiel auf Otoyas Wangen. Das nervöse Leuchten seiner Augen. Sein warmer Atem, der gegen deine Lippen schlägt und immer heißer wird, je näher er dir mit seinem Gesicht kommt. Wie er sich zu dir herüberbeugt, die Augen schließt, seine Hand fest die deine umschließt … und schließlich der weiche Druck auf deinen Lippen, als er dich küsst. Vorsichtig, und doch keinen Zweifel daran zulassend, dass er weiß, was er tut und was er will. Dass er weiß, dass du es bist und dass du es weiterhin sein wirst, die er an seiner Seite haben will. Seine Lippen flüstern es dir, ohne ein einziges Wort zu formen. Du bist dir sicher, du weißt es.

Dankbar schließt du deine Arme um seinen Nacken, erwiderst den Kuss nur zu gern.

Anders als heute Nachmittag verspürst du in diesem Augenblick nicht das Verlangen, ihn nie wieder loslassen zu wollen. Du weißt, dass du es nie mehr musst.

Er ist dein.

Du bist seine Freundin.

„Happy Birthday, Otoya.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Auch von mir geht heute, am 11. April, ein ganz besonders lieber Geburtstagsgruß an unseren warmherzigen Otoya. Alles, alles Liebe von mir. Du hast dir einen Tag verdient, der nur dir gehört und an dem dir alles Glück der Welt hold ist.

Lieber Leser, ich hoffe, du hast deinen Tag mit Otoya genossen. Wenn du möchtest, lass es mich wissen, wie es dir mit ihm ergangen ist. Ich würde mich freuen. :) Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Erenya
2015-07-16T11:56:24+00:00 16.07.2015 13:56
egal wie oft ich diese FF lese, liebe Shicchi, ich heule jedes Mal und es macht ganz viel Doki Doki in meinem Herzen. Die Art wie du den Reader-Inser geschrieben hast, ist einfach nur unbeschreiblich schön. Als Leser konnte ich das alles sofort auf mich beziehen. Und selbst nach dem Lesen bleibt eine Schwermut zurück die mir sagt "ich wünschte das wäre real gewesen".
du bist und bleibst meine Inspiration und meine Muse und ich weiß, immer wenn ich deine Geschichten lese, dass auch ich mein bestes geben kann.
Antwort von:  Shizana
18.07.2015 14:53
Danke, Maus, das freut mich. :)


Zurück