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Gebieter des Feuer und der Leidenschaft

von

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Erneut stand Lucien am Fenster seines Arbeitszimmers und blickte hinaus. Es war ein stetiger Drang hinaus zu blicken. Natürlich gab es für alles nur einen Grund, und es konnte nicht anders sein, die Elfe zu meinen, die er zurück geholt hatte.

Es sind inzwischen fast drei Wochen vergangen, seit sie zurück gekehrt waren. Lucien konnte nicht sagen oder deuten, ob sie sich schon daran gewöhnt hatte oder nicht. Manchmal wirkte sie so gelassen, dass er hoffte, ihr würde alles gefallen und es ihr sogar gut tun. Aber dann gab es Momente, wo sie angespannt und zurückhaltender wurde. Zumal sie es auch war, aber sie wehrte sich.

Aus diesem Grund, war es verdammt schwer überhaupt etwas über sie heraus zu finden. Sie schlief nie und sie aß wirklich so gut wie nichts . Immer musste er sie beten und vielleicht ein wenig dazu zwingen, damit sie etwas zu sich nahm, denn sonst würde sie überhaupt nichts zu sich nehmen. Seinem Drachen gefiel es nicht, dass sie all diese Dinge nicht tat. Allein schon, weil er wollte, dass es ihr gut ging und er wollte verflucht nochmal für sie sorgen. Was war daran so verkehrt?

Manchmal war er deswegen ziemlich frustriert und wütend. Ihm gingen einfach die Ideen aus. Er war es eben nicht gewohnt auf solche Art und Weise so für eine Frau zu sorgen und das er sie beschützen wollte. Aber eins musste er sich eingestehen, trotz das sie nicht schlief und aß, wirkte sie so fit und munter, wie jeder anderer auch, der schlafen und trinken musste. Es war ein Phänomen. Er hatte sich darüber viele Gedanken gemacht und hatte versucht Vergleiche aufzustellen. Mit anderen Völkern, denn noch immer beschlich ihm das Gefühl, dass sie nicht ganz eine Elfe war.

Zum Beispiel waren da die Walküren. Sie hatten silberne Augen, wenn sie im Gefühlschaos waren, aber Emmanlines Augen waren stets Silber. Die nächste Eigenschaft der Walküren waren, dass sie keine Nahrung zu sich nahmen, aber sie mussten genauso schlafen wie jeder andere auch. Diese aggressiven Frauen der Walküren, konnten zwar Nahrung zu sich nehmen, aber taten dies nur, wenn sie Nachwuchs wollten. Erst dann schaltete sich ihre körperlichen Aktivitäten ein. Nur das Problem wieder, sie war nicht Aggressiv und ihre körperlichen Aktivitäten waren voll in Takt.

Furien waren fast so ähnlich wie die Walküren, nur unberechenbarer. Alle anderen Mythenwesen hatten Eigenschaften die nur zu Bruchteile zu ihr passten, aber jedes Mal verwarf er sie wieder, weil einfach nichts passte. Zum einem war er sich mehr als hundertprozentig sicher, sie war keine reinblütige Elfe. Er wusste es vom Gefühl heraus und weil sie ihm nie widersprochen hatte, wenn er gefragt hatte.

Wie stellte sie das nur an? Je mehr er sie ausfragte, umso mehr zog sie sich zurück und verschlossener wurde sie. Sie blockte sofort ab und es ärgerte ihn verdammt noch mal. Er schwor sich ständig bei den Göttern, er würde sie dazu bringen, dass sie sich ihm anvertraute und mit ihm darüber sprach. Wie sollte er sie richtig beschützen können, wenn er nicht wusste, womit er es zu tun hatte? Wie stellte er das nur an?

Deswegen konnte er nur darauf hoffen, dass er das Richtige tat, indem er ihr eine Menge Freiraum ließ und ihr bewies, dass er sich wirklich bemühte ihr einen anderen Einblick in seinem Volk gab. Und er wollte, dass sie verstand, dass sie hier keine Gefangene war. Langsam frustrierte es ihn wirklich und er musste auf seufzen.

„Wie lange willst du noch aus dem Fenster starren und vor dich hin seufzen?“, erklang die Stimme seines ältesten Bruders, Raiden., „Das ist langsam nicht mehr mit anzusehen. Nimm sie doch, wenn du so sehr auf sie stehst.“

Da knurrte er und wandte sich zu ihm um. Sein Bruder saß in einem schwarzen Ledersessel zurück gelehnt vor seinem Schreibtisch, seine Beine lässig übereinander geschlagen und seine muskulösen Arme miteinander verschränkt. Er wusste, das er die ganze Zeit von ihm beobachtet wurde, aber ihm war es egal. Lucien hatte seinen Bruder zu sich bestellt, weil er Pläne hatte. „Lass das mal meine Sorge sein.“, aber wie sollte er es anstellen, ohne das er sie bedrängte?

Lucien hatte es noch nicht geschafft, aber wenn er bedachte, hatte er auch noch nicht wirklich die Zeit gefunden, es zu ändern. Auch wenn er es probierte. Kurz nachdem er mit Emmanline wieder ins Schloss zurück gekehrt war, hatte er sein Versprechen gegenüber seiner Mutter eingelöst. Er hatte den Thron bestiegen und den Platz eingenommen, zu dem er bestimmt war. Er hatte sie abgelöst und in ihren Augen erkannt, welche Erleichterung sie dabei empfand. Es hätte ihm beinahe das Herz gebrochen sie so zu sehen. Sie hatte all die Jahre so sehr gelitten, weil sie gewissermaßen dazu gezwungen wurde den Thron einzunehmen. Von ihrem Mann und Gefährten. Sowohl von ihm auch. Da Rhivanna endlich erlöst wurde, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihrem Gefährten in den Tod folgte. Es schmerzte ihn und er bekam es echt mit der Angst zu tun. Nicht er und keiner seiner Geschwister wollten sie verlieren, aber trotz konnte sie sie nicht daran hindern es zu tun. Es war der Drang und die Sehnsucht, die sie dazu drängte. Letzten Endes mussten sie ihre Mutter gehen lassen. Egal wie sehr es ihm und seinen Geschwistern schmerzte.

„Doch kommen wir aufs wesentliche zurück warum ich dich hier her bestellt habe, Raiden.“, fing er direkt an und ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich in seinem bequemen Stuhl, aber nicht vorher Emmanline noch einen intensiven Blick zugeworfen zu haben. „Ich will das du eine Audienz auf den Hof der Elfen besorgst und als Botschafter dem König der Elfen gegenüber trittst.“, lehnte er sich bequem zurück, legte seine Hände auf die Lehnen des Stuhls und blickte seinen Bruder mit entschlossenem und ernsten Blick an.

„Wie bitte?“, fuhr er aufgebracht auf und er hatte es geahnt das er so reagieren würde. „Das ist nicht dein Ernst. Wie soll das denn funktionieren? Sie würden noch nicht einmal eine Audienz akzeptieren, geschweige annehmen. Sie sind ein zurück gezogenes, aber auch stures Volk. Durch ihren starken Verlust bei dem letzten Krieg gegen die Fae. Geschweige weiß niemand wo sie sich aufhalten. Keiner kennt ihren Aufenthaltsort.“; beharrte er darauf, aber Lucien wusste es besser.

Ein Lächeln schlich sich auf seinem Gesicht. „Du irrst dich. Es gibt welche die davon wissen.“

Sprachlos schien Raiden ihn anzuschauen. „Sag bloß, du weißt es?“, runzelte er seine Stirn.

„Ja, ich weiß es, sonst würde ich ja nicht eben mal auf die fixe Idee kommen. Die Elfen mögen es geschickt gemacht haben, einfach aus der Zeit zu verschwinden, aber sie waren nicht so vorsichtig, wie sie vielleicht gedacht hatten. Spione gibt es überall und in jedem Volk. Das weißt du. Du hast es selbst miterlebt. Verräter gibt es überall.“, auch wenn es beschissen klang Verräter unter sich zu haben. Die Zeiten wurden immer grausamer.

„Nehmen wir an, es stimmt wirklich, dass du es weißt. Sie würden mich sofort angreifen und versuchen mich einen Kopf kürzer zu machen. Ihre Späher und Jäger sind auch nicht ohne. Auch wenn ich es schaffen würde.“, wandte er ein.

„Seit wann, bist du so zurückhaltend? Ich dachte du liebst die Aufregung eines Kampfes. Warst ja sonst an jeder Front.“, zuckte Lucien mit seinen Schultern.

Raiden knurrte. „Das tue ich auch heute noch, aber ich schmeiße mich sicherlich nicht in einen sinnlosen Kampf, wo ich weiß, ich könnte ihn alleine nicht gewinnen. Dabei habe ich auch noch andere Sorgen.“, verfinsterte sich sein Blick. Dabei wusste er wovon sein Bruder sprach. Noch immer verfolgte er die Frau, einem Engel, die vor ihm flüchtete und seine Seelengefährtin war. Es schien ihn echt zu frustrieren und irgendwie konnte er ihn wirklich verstehen.

„Du wirst auch nicht mit leeren Händen gehen. Du sollst dem König Alarion etwas überbringen, was von großer Wichtigkeit ist. Es wird alles in diesem Brief drinnen stehen.“, schob er ihm einen braunen Brief über dem Schreibtisch, wo das Siegel in Form eines Drachen mit rotem Wachs besiegelt wurde. Sofort würde man erkennen, wenn er unerlaubt geöffnet wurde. Da erkannte er Misstrauen und Verwirrung in Raidens Blick.

„Was hat das zu bedeuten, Lucien? Ich will eine ausführliche Erklärung.“, beharrte sein Bruder weiter darauf. Lucien kam nicht drumherum es zu erklären, was er wusste und was passieren würde. Er erzählte, was für Intrigen und Pläne vor sich gingen, erzählte ihm, was die Fae geplant hatten. Welche Kriege sie anzettelten, die verheerend wären. Raiden wusste genauso wie er, dass die Kompensation vor der Tür stand. Es war nur eine Frage der Zeit. Selbst sein Volk wurde davon betroffen und er würde niemals zu lassen, dass sie wie ein Pingpongball missbraucht wurden. Das würde er niemals zulassen.

"Sag mir, Raiden, was würdest du an meiner Stelle tun?", konnte er ihn keine Sekunde aus den Augen lassen.

Raiden knurrte. "Wie sehr es mir widerstreben würde, aber ich würde mir Verbündete suchen. Der Feind meines Feindes ist mein Freund.", was misstrauisch und irrsinnig klang, aber es war wirklich so. Besaß man einen mächtigen Feind oder gar einen ungreifbaren, dann gab es nur eine Lösung, Verbündete suchen, die genauso einen Hass und Wut auf dessen hegte.

"Deswegen bleibt mir auch keine andere Wahl, als dessen gewahr zu sein. Ich werde auch noch andere Völker verständigen. Ich werde selbst Charia darauf ansetzen, dass sie den Lykae diese Nachricht überbringt. Sie hat die besseren Kontakte mit ihnen.", so hatte er sich wirklich ernsthafte Gedanken gemacht. Er durfte keine Chance unversucht lassen.

"Ich weiß nicht ob das gerade die beste Idee ist. Wir würden dadurch nur unsere Schwächen zeigen und kurz vor der Kompensation können wir uns das nicht leisten, dass wir so angreifbar sind. Gerade in dieser Zeit sollten wir niemanden trauen. Jeder könnte uns in den Rücken fallen.“, und Raiden sprach einen wunden Punkt an.

„Das ist mir selbst bewusst und ich werde ihnen auch keine Möglichkeiten bieten, dass sie einen Schwachpunkt von uns heraus finden. Zu einem gewissen Anteil müssen wir jetzt Kompromisse eingehen, ob es uns gefällt oder nicht. Wir können uns nicht darauf versteifen, dass wir alles alleine schaffen würden. Ich habe das schlechte Gefühl, dass diese Kompensation, die auf uns zukommt, schlimmer sein wird, als alles andere.“, seufzte Lucien und fuhr sich mit seinen Fingern durch sein dunkles Haar.

Kurz blickte sein Bruder ihn nur an. „Auch ich verspüre so ein derart schlechtes Gefühl. Irgendwas unerwartetes wird passieren.“

Das sein Bruder genau das gleiche verspürte, bestätigte nur seine Vorahnungen und das war schon von vornherein ein schlechtes Omen. Was wird auf sie zu kommen? Welches Unheil bringt dies alles mit sich?

„Aus diesem Grund wäre es mir ziemlich recht darüber nach zudenken, nicht doch ein paar Verbündete zu haben. Ich muss unserem Volk Sicherheit bieten und wir können es auch versprechen es zurück zugeben. Wir dürfen uns nicht länger von unserer Selbstlosigkeit und Verbohrtheit leiten lassen. Auch Vater hatte es damals ändern wollen.“, zuckte Lucien mit seinen Schultern, als wäre es ihm egal, aber das war es ihm nicht. Er hatte sich in den letzten Tagen viele Gedanken darüber gemacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass Veränderungen her mussten. Egal ob Begeisterung mit schwingen würden oder nicht. „Also wirst du es tun, Raiden?“, sein Blick ausdrucksstark und entschlossen.

Ein lautes Knurren drang von Raiden empor und funkelte ihn wütend und finster an, während er nach dem versiegelten Brief griff. „So viele Wahlmöglichkeiten bleiben uns nicht. Mir behagt das ganze noch immer nicht, aber ich werde es versuchen. Sollte irgendetwas passieren was unserem Volk schaden wird, dann bete zu den Göttern, Lucien. Viele in unserem Volk wollen dir folgen und vertrauen dir sogar. Noch ein niederschmetterndes Erlebnis und wir wären noch angreifbarer sein als zuvor. Der Tod von Vater war ein großer Schlag für uns gewesen und noch einmal werden wir es kaum überleben.“, sprach Raiden immer weiter. „Auch wenn du weitaus jünger bist und ich noch nicht überzeugt davon bin, dass du zurecht auf dem Thron sitzt, so werde ich dich im Auge behalten. Ich werde versuchen eine Audienz für dich am Hof der Elfen zu verschaffen, aber nur auf meine Art und Weise. Ich dulde kein Eingreifen und ich suche mir selbst aus, auf was ich es beschränke.“

„Mehr verlange ich nicht von dir, Raiden. Du kannst tun und lassen was du willst. Ich verlange auch nicht von dir, als mein Bruder, dass du mir folgst oder blindlings vertraust. Mir ist selbst bewusst das ich mir erst alles verdienen muss und ich arbeite auch daran.“, antwortete er stattdessen darauf. Was sollte er da auch schon großartig tun, außer sich unter Beweis zu stellen? Zu sehen wie ein Königreich geführt wird war ganz anders, als es selbst zu regieren.

„Es wird sich heraus stellen.“, stand sein Bruder lässig auch, steckte den Brief in die Innentasche seines schwarzem Hemdes. „Ich werde keine Zeit verlieren und mich darum kümmern. Es wäre nicht schlecht mir den Aufenthaltsort zu nennen.“

Leicht beugte sich Lucien nach vorne und öffnete eine kleine verschlossene Schublade. Dort entnahm er ein älteres abgenutztes Stück Papier dass zusammen gefaltet war. „Hier findest du den Ort.“, reichte er ihm das Fetzen Papier. Ein ungläubigen Blick erntete er von ihm, als er ihm diesen Zettel aus der Hand nahm. Allein sein Gesichtsausdruck danach bestätigte, dass er verstanden hatte worum es ging. Auch diesen Zettel steckte er in die Innentasche seines Hemdes und verschwand mit eine letzten kalten Ausdruck in seinen Augen.

Seufzend lehnte er sich entspannt zurück, aber er war verflucht müde, dass er sich mit einer Hand erschöpft übers Gesicht fuhr. Es war verdammt anstrengend auf einmal über alles verpflichtet zu sein. Dabei saß er noch nicht einmal einen Monat auf diesem Stuhl. Trotz allem wusste er, dass aller Anfang immer schwer war. Zuerst war immer kämpfen angesagt und dann erst konnte er sich zurück lehnen, würden sich solche Gelegenheiten bieten. Es hatte sich vieles getan, seit sein Vater gestorben war, und vieles war in einem gewissen Chaos entstanden. Jetzt konnte er richtig erkennen, welche Arbeit sein Vater geleistet hatte. Das über Jahrhunderten von Jahren. Gewusst hatte er immer das es kein Zuckerschlecken war, aber er war eisern genug um es zu schaffen. Nicht nur alleine in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, sondern sich auch seine eigene Art von Hierarchie aufzubauen. Er wollte ein gutes Königreich schaffen, welches an seinem Vaters heran kam. Nur ein gutes Königreich besaß ein zufriedenes Volk. Und ein zufriedenes Volk bedeutete wiederum, Stärke und Macht. Überleben und Achtung. Besaßen sie erst einmal all das, dann würden sie sich nicht so leicht vor etwas Gedanken machen müssen. Niemand würde auf den Gedanken kommen, dass sie ein angreifbares Volk in der Mythenwelt wären.

Noch einmal stand er von seinem Stuhl auf und ging zum Fenster hin. Er konnte nicht anders, als nach der kleinen geheimnisvollen Elfe zu schauen, die anscheinend sein ganzes Leben auf den Kopf stellte. Lucien fühlte klar und deutlich wie sehr er sich verändert hatte und er fand es verflucht erschreckend. Wie konnte es nur soweit kommen, dass diese Frau solch einen starken Einfluss auf ihn hatte?

Zu Anfang hatte er sich noch versucht zu wehren und hatte sogar gedacht sie hätte ihn mit Magie in einen Bann gezogen. Später aber hatte er heraus gefunden, dass es nicht daran gelegen hatte, weil ihre Ahnung von ihrer Magie kaum vorhanden war. Sicher sie besaß eindeutig magische Fähigkeiten in sich. Das wusste er nicht nur, weil sie eine Elfe war, oder zum Teil, sondern weil er es spüren konnte. Sie besaß einen unbestimmten Anteil von Magie in sich, nur war das Wissen darüber nicht ausgeprägt. Elfen wurde dieses Wissen seit ihrer Geburt vermittelt, aber Emmanline hatte nie so eine derartige Erfahrung oder schulische Ausbildung gehabt. Sie war in jeder Hinsicht unerfahren und es machte ihn immer wieder wütend, dass man ihr all dies in ihrem Leben genommen hatte. Sie hätte es verdient gehabt und ein Recht dazu, weil es ihre eigene Existenz war. Nimmt jemand die Fähigkeit einer Elfe, dann wäre es genau das Gleiche, als würde man einem Drachen seine Flügel zum Fliegen nehmen.

Einmal hatte Lucien Emmanline darauf angesprochen und sie hatte zu ihm etwas gesagt, wo er nicht hatte antworten können.

Was soll ich im Leben bereuen oder vermissen, wenn ich noch nicht einmal diese Erfahrung gemacht habe?

In diesem Punkt hatte er ihr nicht widersprechen können. Das lag im Widerspruch mit sich selbst, denn er hatte selbst oft darüber nach gedacht. Was würde geschehen, wenn er all diese Dinge nie erlebt oder gelernt hätte? Wie würde er sich dabei fühlen? Diese Erfahrungen hatte er nie gemacht und konnte es sich vielleicht nicht so ganz vorstellen, wie es Emmanline tat. Er hatte stets alles gelernt in seinem Leben, was seine Existenz als Drache ausmachte. Nie musste er etwas missen und genau aus diesem Grund war er nicht richtig in der Lage sich in all das hinein zu versetzen. Und solange er sich nicht in sie hinein versetzen konnte, umso schwieriger würde es werden an Emmanline heranzukommen. Sie war ein schwieriger Fall und zum ersten Mal in seinem Leben stand er vor einer großen Herausforderung. Er betrachtete es sogar so und er fand sogar die Geduld sich dem entgegen zustellen. Lucien wollte tatsächlich an Emmanline heran kommen und er würde alles daran setzen es zu schaffen. Alleine schon aus diesem Grund, weil er eine Erklärung haben wollte, warum sie sich so aneinander hingezogen fühlten. Er wusste, dass er nahe dran war es herauszufinden. Er stand kurz davor und er dachte jetzt nicht einmal daran aufzugeben.

Als Lucien aus dem Fenster blickte, hatte er damit gerechnet, dass sie nicht mehr an ihrem Platz saß, wo sie zuvor gesessen hatte. Auf einer kleinen Bank im Garten. Er hatte ihr gestattet sich frei auf dem Gelände zu bewegen, hatte ihr die sicheren Zonen gezeigt wo sie sich aufhalten durfte.

Es kam des öfteren vor, dass sie einfach verschwand, aber kam immer wieder zurück. Es machte ihn neugierig und er wollte wissen, wo sie sich immer aufhielt. Was ihr Interesse weckte und was sie doch tat.

Kurz blickte er auf die Uhr und überlegte sich, ob er sich doch nicht für einen Augenblick davonstehlen sollte. Etwas Zeit blieb ihm, bis er eine nächste Besprechung mit dem Rat hatte. Er entschloss sich auch dafür sie einmal zu suchen. Nur um sicher zugehen was sie tat. Es war nicht so, dass er ihr zutraute, dass sie Dummheiten tat und den Ärger auf sich zog. Er war lediglich nur neugierig und es war eine beste Gelegenheit einmal kurz eine Pause einzulegen. Nur eine kleine Pause.
 

Wie lange will er mich noch beobachten?, seufzte Emmanline etwas entnervt auf. Glaubte er etwa sie würde ihn nicht mitbekommen, nur weil er oben am Fenster stand und zu ihr herunter starrte. Sie mochte ihn nicht sehen können von so weit oben, aber seine Präsenz war eindeutig spürbar und es brachte sie zunehmend aus der Ruhe. Das seltsamste an der ganzen Sache war, warum kam sie jeden Tag immer wieder an dem gleichen Platz zurück und setzte sich auf diese kleine Gartenbank?

Natürlich fand sie den Garten hier atemberaubend schön und sie hatte noch sie so etwas schönes gesehen, als diese unterschiedlichen Blumenarten. Und dann so viele. Noch mehr, als an diesem schönen Ort, wo sie gewesen war. In so vielen prachtvollen Farben und dann die Düfte die sie wie ein Mantel umhüllten. Sie mochte diesen Platz, aber am Ende war dies nicht der einzige Grund gewesen. Sie empfand es als aufregend und angenehm seinen Blick auf sich zu spüren. Das war irrsinnig zugleich. Sie durfte so was nicht fühlen und als aufregend empfinden. Und doch empfand sie es als so.

Erst als sie spürte, dass er sie nicht mehr beobachtete, drehte sie sich halb um und blickte zum Fenster empor, wo er sich immer aufhielt, wenn er sich seinen Arbeiten widmete.

Kurz worauf sie hier angekommen war, vor einigen Wochen, hatte er doch tatsächlich den Thron bestiegen. Das kam für sie so unerwartet, als er ihr gegenüber erwähnt hatte, dass er nur seine Pflicht erfüllen musste. Sie hatte ihn nicht recht verstanden, aber verstehen konnte sie, dass er es tun musste. Es konnte nur einen wahren König unter den Drachen geben, denn das wusste sie. Ausgerechnet war sie genau diesem einem Drachen in die Hände gefallen, weil sie ja etwas von ihm stehlen musste.

Es war nicht so das sie im genau diesem Moment eingesperrt war, aber dennoch fühlte sie sich eingeschränkt. Doch musste sie sich eingestehen und anrechnen, dass er sein Versprechen ihr gegenüber gehalten hatte. Sein Versprechen sie an so vielen verschiedenen Orten zu bringen, obwohl er eigentlich nicht die Zeit dafür hätte. Er hatte seine Pflichten als König, aber trotzdem zeigte er ihr so vieles. Sie hatte in der Zeit, seit sie hier war, so vieles gelernt und gesehen.

Zum Beispiel das letzte Mal wo er sie hingebracht hatte, nannte sich das Meer und der Strand. Sie hatte in ihrem Leben noch nie so viel Wasser gesehen. Soweit das Auge reichte. Durch den leichten Wind der geweht hatte, hatte es Wellen geschlagen und wurden kleiner, je näher sie dem Strand kamen. Er hatte selbst zu ihr gemeint, sie solle mit ihren Füßen einmal hinein gehen und dabei hatte er gelächelt gehabt.

Sie war fasziniert von diesem Lächeln gewesen und konnte ihren Blick nicht so schnell von ihm abwenden. Sicher hatte er es gemerkt, aber hatte nichts gemacht was sie nicht wollte. Obwohl es untypisch für ihn war. Irgendwie war ein Funke Enttäuschung in ihr aufgestiegen, aber hatte dieses Gefühl sofort wieder im Keim erstickt. War sie denn wahnsinnig so etwas zu empfinden? Das war überhaupt nicht gut. Sie durfte das nicht.

Aber trotzdem war dieser Ort so wunderschön gewesen. Das Rauschen des Meeres und sie war tatsächlich mit ihren Füßen im Wasser gewesen. Es hatte sich kalt angefühlt, aber zugleich so wohltuend. Ihre Zehen hatte sich im Sand vergraben und sie war erstaunt gewesen. Es war ein Staunen aller Sinne gewesen und dies würde sie immer in Erinnerungen behalten.

Anderseits aber, musste sie ihm zugute tun, dass er sie nicht gezwungen hatte zu fliegen. Das Meer war weit weg gewesen, aber er hatte sie nicht bedrängt. Dieser Mann hatte sich etwas einfallen lassen, was viel leichter und schneller ging. Wo sie keine Furcht haben musste, denn es war nun einmal so, dass sie Angst vor dem Fliegen hatte. Das rührte alles nur durch ihre Vergangenheit und Erlebnisse, die sie erleiden musste.

Deswegen wunderte es sie gleich doppelt, obwohl das Fliegen die Leidenschaft und das Leben von ihnen waren. Doch er hatte auf sie geachtet und genau das berücksichtigt. Es erstaunte sie und es brachte sie immer mehr zum grübeln und die leichten Zweifel setzten ein. Emmanline wurde des öfteren nachdenklicher, aber am Ende erwischte sie sich, wie sehr sie sich auf alles einließ. Aber das durfte nicht sein, denn sie hatte eine Menge zu verlieren, dass niemand verstehen würde. Sie war dazu gezwungen sich Einhalt zu gebieten.

Was sie auch noch erstaunte, als sie Wochen zuvor hierher kam, hatte er ihr etwas gegeben, womit sie wahrhaftig nicht gerechnet hätte. Zu Anfang als sie herkam, musste sie mit ihm ein Zimmer und ein Bett teilen, aber jetzt zum zweiten Mal, hatte er ihr ein eigenes Zimmer gleich neben seinem gegeben. Natürlich mit einer sogenannten Zwischentür, aber sie fühlte sich dadurch tatsächlich noch weniger bedrängt, als wie sie es zuvor verspürt hatte. Er hatte gemeint, es sei der Grund gewesen, warum er sie nicht hätte schon zwei Tage zuvor zurück geholt. Darum hatten sich damals ihre Gedanken auch bestätigt gehabt, als sie es als eigenartig empfunden hatte, dass er ihr noch nicht gefolgt war. Obwohl er Anzeichen auf Besitzgier zeigte.

Mit einem leichten Kopfschütteln verscheuchte sie die ungewöhnlichen Gedanken, denn sie dachte schon wieder darüber nach. Das musste ein Ende haben und sie durfte sich einfach nicht in so vieles hineinsteigern. Letzten Endes verlor sie wirklich alles und das würde sie komplett in den Abgrund ziehen. Es fehlte wirklich nicht mehr viel, weil sie auf einer imaginären Klippe stand. Auf geistiger und sozialer Ebene befürchtete sie eines Tages in den tiefen dunklen Abgrund zu stürzen. Letzten Endes war es vielleicht das, was sie wirklich erwartete, aber dann würde sie gebrochen sein.

Ihr wurde es jetzt erst richtig bewusst, wie nahe sie dem Schlund der Dunkelheit war. Seit sie die Erfahrung und Entdeckung gemacht hatte, was wirkliche Freiheit bedeutete, umso bewusster wurden ihre Augen vor dem realen Leben geöffnet. Vorher hatte sie in einer verkehrten Welt gelebt, wo sie sich verkrochen hatte, um sich selbst zu bewahren. Ihr Verstand hatte sich bewusst vor allem Bösen und Leid geschützt, aber jetzt war alles anders. All das was jetzt kam, würde sie nur noch vernichten, sollte es anders ausgehen, als wie sie es sich wünschte. Alles wäre unwiderruflich und nicht wieder rückgängig zu machen.

Nur bis jetzt fühlte es sich eigenartig und anders anders. Trotz das sie sich eingeengt fühlte, spürte sie doch eine gewisse wohltuende Emotion. Ihr wurde zu einem Teil alles leichter und gelassener. Wo sie sich einmal ausruhen konnte, ohne den Gedanken daran zu verschwenden Angst zu haben. Dabei müsste sie vorsichtig sein und keine Minute verstreichen lassen, wo sie unvorsichtig war. Sie war in einem Nest voller Klapperschlangen und es bedurfte ihre volle Aufmerksamkeit. Und Trotzdem war alles anders. Egal wo sie hinschaute, überall befanden sich Drachen. Egal ob in ihrer wahren Gestalt oder die eines Menschen. Es machte keinen Unterschied, da ihre Anwesenhei trotzdem spürbar war.

Nur warum fühlte sie sich so ausgelassen, als wäre sie unter dem wirklichen Schutz? Es war nicht erklärbar und sie konnte es sich einfach nicht vorstellen, dass jetzt alles anders war. Niemand könnte sich so schnell ändern oder gar ihre Meinung einfach eben mal so umstellen. Das war einfach nicht möglich. Wie also sollte sie damit umgehen?

„Hallo, Emmanline.“, erklang eine fröhliche kleine Stimme, die sie aus ihren Gedankengängen riss. Sie erschreckte sich nicht dabei, aber war in diesem Augenblick überrascht über die unangekündigte Begegnung. Sie wusste woher die kleine fröhliche Stimme herkam und blickte zu hellen grünen funkelnden Augen auf, die nur vor Freude strahlten. Es war ein kleines Mädchen, die langes gelocktes schwarzes Haar und zu einem geflochtenen Zopf zusammen gebunden hatte. Emmanline begegnete ihr nicht zum erste Mal, denn vor ein paar Tagen wurde sie aufmerksam darauf angesprochen. Sie war die kleine Schwester von ihm und sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er so eine kleine süße Schwester hatte. Sie musste sich eingestehen, dass sie ein liebes und hinreißendes Mädchen war, da sie nicht widerstehen konnte mit ihr zu sprechen oder gar Umgang mit ihr zu pflegen. Die Kleine verleitete sie einfach und sie konnte einfach nicht anders.

Sie war schon einige Wochen hier, aber war ihr in der ganzen Zeit noch nicht begegnet. Dabei hatte Emmanline stets auf dieser Bank gesessen, sichtbar für alle Beteiligten hier. Aber eines Tages wurde sie aufmerksam auf das Mädchen. Immer wieder hatte sie gespürt, dass noch jemand anders, außer der Drache, sie beobachtete. Richtig beobachtete, als sie irgendwann ihre Umgebung absuchte und sie hinter einem Baum entdeckte. Sie hatte zurück haltend gewirkt, war sie aber keinesfalls. Sie war aufgeweckt und strotzte nur vor Energie. Das bewunderte sie wirklich, weil sie auch ausgelassen und unbesorgt wirkte.

„Hallo.“, antwortete Emmanline zurück. „Du bist aber sehr früh dran. Hattest du keinen Unterricht?“, fragte sie und blickte sie einfach nur an, als das kleine Mädchen sich neben sie setzte. Sie ging ihr vielleicht bis zu ihrer Brust, aber das spielte keine Rolle. Für ihr Alter wirkte sie verglichen doch größer.

Die Kleine streckte ihre Beine aus. „Eigentlich schon, aber ich habe mich etwas früher davon gestohlen. Es war so langweilig.“, dehnte sie das letzte Wort übertrieben in die Länge und verlieh damit nur den größeren Eindruck, dass es ihr nicht gefallen hatte. „Ich kenne das doch schon alles, aber Linava wiederholt immer alles.“

„Vielleicht muss sie es auch.“, entgegnete sie ihr. „Manchmal sind Dinge wichtig und sind daher der Grund, warum es immer wieder wiederholt werden muss. Nur durch Übungen lernt jemand.“, konnte Emmanline nicht dem Drang widerstehen, ihr einfach übers schwarze seidige Haar zu streicheln. „So wie du es auch tust. Du weißt warum.“, sprach sie eindringlich weiter.

„Ja ich weiß.“, antwortete die Kleine und sie konnte es schon sehen, dass sie zu einem gewissen Teil darüber nachdachte. „Können wir heute wieder üben?“, blickten die hellgrünen Augen sie erwartungsvoll an und sie konnte einfach nicht nein sagen. Nicht bei solchen unschuldigen Augen. Deswegen stimmt sie auch zu.

Es war eine wichtige Sache, die Emmanline ihr angeboten hatte, als das kleine Mädchen ihr größtes Geheimnis und zugleich Leid erzählt hatte. Es hatte sie zu Anfang ziemlich geschockt und hatte nicht verstanden, wie das sein konnte. So ein kleines Mädchen mit tiefen Kummer geplagt. Dabei lebte sie wirklich frei und ausgelassen. Als kleines Kind hatte sie es verdient unbesorgt und glücklich aufzuwachsen. Aus diesem Grund wollte sie ihr auch helfen. Auch wenn sie nicht viel erreichen würde. Nur kein Versuch, würden keine Chancen und Hoffnungen bieten. Also würde sie alles daran setzen eine Lösung für die kleine...Malatya zu finden.

Ja genau, sie konnte es. Sie konnte den Namen dieses kleinen Mädchen aussprechen, ohne daran zu denken, sie könnte etwas verkehrt machen. Es war seltsam und sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber in ihren Gedanken konnte sie den süßen Namen dieses kleinen Mädchens aussprechen.

Kurz unterhielten sie sich, bevor sie in dem kleinen Wäldchen verschwanden, wo sie gerne hingingen, wenn sie Ruhe und alleine sein wollten.
 

Vor der Gartenbank stand Lucien nun, als er sich umblickte. Er hatte sich wirklich dazu entschieden nach Emmanline zu suchen und sich ein wenig Zeit mit ihr zu verbringen. Es war ein starkes Gefühl, was ihn dazu leitete und er hatte auch das starke Gefühl nahe zu sein, warum er so auf sie reagierte. Warum er sich so von ihr angezogen fühlte. Nicht mehr lange und er wusste es.

Kurz wurde er aufgehalten von einen seiner Wächter, aber begab sich so schnell wie möglich an die Quelle seiner Gedanken. Durch seinem guten Geruchssinn folgte er dieser leichten süßlichen Note nach etwas sonnigem. Er konnte einfach nicht widerstehen und folgte einfach nur. Sein reinster Instinkt schien ihn erneut zu leiten, wie es zuvor auch immer war, wenn er sie suchte. Es war für ihn nicht schwer, diesen einen besonderen Geruch zu folgen. Er reagierte wie ein Magnet auf sie, als wäre er genau das Gegenpol von ihr.

Aber als er sie diesmal suchte, vermischte sich ein anderer Geruch mit der von Emmanlines. Dieser Geruch war ihm genauso vertraut, wie der ihren nun. Seine kleine Schwester, Malatya. Sie schien an ihrer Seite zu sein und es wunderte ihn etwas. Sie ist erst vor einigen Tagen ins Schloss zurück gekehrt. Malatya wurde, wie er es von seiner Mutter vernommen hatte, zu den Ältesten geschickt, weil sie ihre missliche Situation erklären sollten und warum sie trotz ihres jetzigen Alters, noch immer nicht ihre drachenähnliche Gestalt annehmen konnte.

So hart wie es klang, aber es war wirklich so. Malatya war ein Drache, die sich nicht zu einem verwandeln konnte. Schon seit ihrer Geburt wurde ihr dies zu einem Fluch auf gelastet und bis jetzt konnte niemand ihr helfen. So wie es sich heraus stellte, noch nicht einmal die Ältesten und das war das Traurigste an der ganzen Sache.

Lucien konnte zwar sehen, dass sie glücklich wirkte, aber nur vom Äußeren her. Von Innen trug sie die Last mit sich. Als ein Mitglied des Königshauses wusste sie es, wie jemand sich beherrschen musste und zurückstecken, weil es wichtig war, keine Schwäche zu zeigen.

Ein De la Cruise war stets stark und behauptend.

Und genau das wusste Malatya, deswegen versuchte sie es nicht zu zeigen. Er war ihr großer Bruder und aus diesem Grund hegte er ihr gegenüber noch einen größeren Beschützerinstinkt, als zu irgendjemand anderem. Wobei es sich zum gewissen Teil änderte. Es gab da noch jemanden und es nahm ihm zunehmend mit.

Eines Tages würde seine kleine Schwester zu den Mütterlichen gehören und sie würde stark sein, dass wusste er. Denn er konnte es in ihren grünen Augen erkennen. Sie würde eines Tages eine stolze Drachin werden, die andere beschützte und umsorgte. Nicht als eine Kriegerin im Kampf und Krieg, aber eine Kriegerin im Herzen, die um ihre Liebsten kämpfte. Um ihr eigenes Volk. Dazu war sie geboren.

Deswegen sorgte er sich zunehmend immer mehr um sie, weil ihr immer und immer wieder erneut die Hoffnung zerschlagen wurde, ihre wahre Gestalt anzunehmen, wodurch sie geboren wurde. Ein nicht verwandelnder Drache, war wie ein Fisch ohne Wasser, den jemand zunehmend die Luft zum Atmen nahm.

Es war nie leicht für seine jüngste Schwester gewesen, aber sie hatte sich nie unterkriegen lassen. Trotz das sie anders behandelt wurde, aber niemand hatte sie je verstoßen, weil sie einer Gemeinschaft und einem starken Volk angehörte, die untereinander aufpassten. Nur durch ihresgleichen konnte sie solange durchhalten, dass wusste er. Deswegen betete er so oft zu den heiligen Göttern, dass eines Tages Malatya, seiner kleinen Schwester, dass große Glück zuteil werden würde, sich in ihren Drachen zu verwandeln. Sie hatte es mehr als jeder andere verdient. Seine kleine und doch so starke Schwester. Er war verdammt stolz auf sie und liebte sie.

Je tiefer er in den Wald ging, umso stärker wurden die beiden Düfte nach einer einzigartigen Kombination zwischen Sonnigem und nach Exotischem. Aber je näher er weiter trat, desto mehr vernahm er mit seiner intensiven Nase, andere Düfte. Blumen um ihn drumherum erblühten überall. Er konnte sich nicht daran erinnern, hier in diesem Wald so viele Blumen gesehen zu haben. Noch nie, aber es war wirklich so. Unzählige Blumen leiteten ihm einen Weg entlang, den er beschritt. Es waren angenehme Gerüche und er erkannte jede einzelne Blume wieder, die an geheimen Orten waren und sogar in dem Hofgarten. Es sah alles so aus, als wäre hier nur ein kleines Abbild von jedem einzelnen Ort, den er mit Emmanline besucht hatte.

Deswegen konnte er nur darauf schließen, dass als das ihr Verdienst war. Sie war eine Elfe, was zwar nur ein gewisser Teil war, aber genau dieser Teil zeigte sich in ihr. Elfen waren die naturverbundenen Wesen auf diesem Planeten und hatten eine besondere Bindung zu der Natur. Es war ihr Leben, sich um das Leben zu kümmern.

Anscheinend hatte Emmanline genau diesen Teil in ihr entdeckt und kostete es in vollen Zügen aus, während sie diesen Wald in eine bunte Blütenpracht verwandelte. Sie zeigte das Leben, welches sie unbewusst zeigte. Es war wirklich faszinierend.

Kurz darauf betrat er eine kleine Lichtung, die er zu gut kannte, und konnte nicht fassen was er da sah. Dieses Bild was sich ihm bot, nahm ihn jeglichen Verstand und Atem. So etwas hatte er zuvor noch nie gesehen, denn das was er sah, war einfach unbezahlbar. Die Hoffnung, die er in diesem Augenblick verspürte, kehrte mit voller Wucht zurück, weil er zuvor geglaubt hatte, sie nicht mehr verspüren zu können. Die Hoffnung gegenüber seiner kleinen Schwester, die zuvor so zart und zurückgeworfen wurde. All das änderte sich schlagartig, denn dieser Anblick der Ungläubigkeit und Überraschung war zu übermächtig.

Letzten Endes war es doch das vollkommene Bild was sich ihm bot. Ein kleiner hellblauer Drache lag eingerollt und schlafend inmitten auf der Lichtung und aalte sich genüsslich und ruhend in der warmen Mittagssonne. Dieser genießende Drache war nicht groß, sondern ein kindlicher Drache von einer Größe einer kleinen Hütte.

Lucien war dem kindlichem Drachen noch nie begegnet, aber wusste ganz genau, wen er vor sich hatte. Seine kleine Schwester hatte sich zum ersten Mal in mehr als neun Jahrzehnten verwandelt.

Malatya in Drachengestalt.

Das noch unfassbare war, dass sich eine zierliche kleine Frau, mit schneeweißem Haar, sich in der Mitte an dem schlafendem Drachenkörper lehnte und genauso dösend vor sich hin ruhte. Emmanline hatte ihre Beine ausgestreckt und ihre Hände auf den Oberschenkel gelegt. Ihren Kopf hatte sie leicht zur Seite geneigt und ihre Augen waren geschlossen. Nur langsam und leicht hob sich ihre Brust, während sie einfach nur da saß und sich genauso sonnte, wie seine kleine Schwester in Drachengestalt.

Er konnte es noch immer nicht fassen. Im ersten Augenblick hatte er gedacht, er würde träumen, aber dem war absolut nicht der Fall und er stand dort, wie zu einer Salzsäule erstarrt. Dieser Anblick von einem Bild, hatte sich in seinem Verstand wie ein Brandmal eingebrannt, dass er nie wieder loswerden würde. Das wollte er auch nicht, denn dieses Bild war wirklich für die Götter geschaffen.

Erst jetzt spürte Lucien, wie ein Schmerz durch seine Brust fuhr und er musste sich schmerzlich mit seiner rechten Hand über die Stelle seiner Brust reiben, wo sein etwas zu schnell schlagendes Herz schlug. Das war unmöglich, aber wie ein Hammer traf ihn die Erkenntnis.

Oh, ihr heiligen Götter. Ich weiß es jetzt.

Wirkte er ziemlich entsetzt und verunsichert zu gleich. Die Erkenntnis konnte nicht stimmen, denn es war unmöglich. Das konnte einfach nicht sein, aber dennoch war es so. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich etwas einzugestehen. Es war an der Zeit und sein Drache hatte es immer gewusst. Nur der Mann war stur gewesen und hatte sich vor allem gewehrt. Sich gegen alles geweigert, was darauf hindeuten könnte. Doch jetzt gab es keinen Ausweg mehr, denn es war zu spät geworden. „Emmanline...“, flüsterte er rau und leise ihren Namen. „...meine Seelengefährtin?“, konnte er es nicht fassen, denn das war nicht richtig. Nicht so. Sie konnte doch nicht für ihn bestimmt sein. Oder?

Anderseits würde es eine Menge erklären. Warum sie sich zueinander so hingezogen fühlten. Warum sie aufeinander reagierten. Vor allem, warum sie so eine leichte mentale Verbindung zueinander hatten, ohne vorher Kontakt aufbauen zu müssen. Es ging viel zu einfach und er hätte das schon als erstes Anzeichen deuten sollen. Es gab viele deutliche Merkmale, die er bewusst ignoriert hatte. Vielleicht hatte es der menschliche Verstand schon realisiert, aber eine Sicherheitsblockade aufgebaut. Nur um sich vor etwas zu schützen, was tiefer ging.

Sein innerer Drachen hatte sich sofort zu der Frau hingezogen gefühlt und wollte stets zu ihr, aber er hatte nie dem Bedürfnis nachgegeben zu folgen. Er hatte sich stets vor dem Gefühl und der Empfindungen drücken wollen, aber jetzt wo er es weiß, konnte er nicht mehr zurück. Nie wieder.

Jetzt verlangte sein natürlicher Instinkt und Trieb, diese eine Frau zu beschützen. Emmanline war seine Seelengefährtin und egal was es ihn kostete, aber er würde sie mit allem beschützen müssen. Aus diesem Grund wurde zumal sein Beschützerinstinkt ihr gegenüber immer größer und stärker, dass er für sie sorgen und ihr ein Heim bieten wollte, wo sie sich wohlfühlte. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte er sich wirklich bemüht und angestrengt, damit sie sich wohlfühlte. Empfand sie es auch als so? Er hoffte es inständig, denn mehr verlangte er auch nicht. Jedenfalls im Augenblick nicht.

Als hätte Emmanline ihren eigenen Namen gehört, als er ihn geflüstert hatte, öffnete sie ihre Augen und blickten ihn direkt an. Sie hatte ihn schon gespürt gehabt, dass wusste er, als sie ruhig in seine leuchtenden, tobenden und aufgewühlten Augen blickte. Ohne weiter nachzudenken, ging er auf sie zu. Keinen einzigen Moment sie aus den Augen zu lassen, steuerte er auf sie zu, bis er vor ihr in die Hocke ging.

Ohne ein Wort blickten sie sich schweigend an und er konnte einfach nicht widerstehen, eine Hand an ihre Wange zu legen, während er sie warm anblickte. Er schien leichte Verwunderung und Verunsicherung in ihrem Blick zu erkennen. Sicherlich müsste das für sie eigenartig vorkommen, denn er hatte herausgefunden, was sie wirklich für ihn war. Sie war sein Gegenstück und seine zweite Seele, die zu ihm gehören sollte. Sie war sein zweites Schicksal in seinem Leben, dass ihn ohne Kontrolle leiten würde. Sein Verlangen und Instinkt würden ihn automatisch dazu verleiten. Er könnte nie etwas dagegen unternehmen, weil es kein einziges Mittel auf diesem Gott verdammten Planeten gab, dass eine vorherbestimmte Prägung verhindern könnte. Zumal stieg in ihm ein Gefühl auf...er wollte es auch nicht.

Lucien hatte schon viele verbundene Paare gesehen und er hatte stets einen leichten Schmerz in seiner Brust verspürt. Sogar großen Neid, weil er das Glück nicht hatte eine geeignete Partnerin zu haben, die ihm vom Schicksal vorherbestimmt war. Immer hatte er sich gefragt, wie würde seine Seelengefährtin sein. Wer würde sie sein, die großartige Frau an seiner Seite, wo er sie voller Stolz präsentieren könnte.

Nie hätte er es für möglich gehalten eine Gefährtin aus einem anderen Volk zu bekommen. Er hatte immer darauf gehofft eines Tages eine Drachin zu begegnen, die zu ihm gehörte, aber niemals eine Elfe die zu einem gewissen Teil anders war und so ein großes und tiefes Geheimnis in sich trug, was er zu lösen versuchte. Er hatte in letzter Zeit sie nicht dazu gedrängt es zu verraten, weil er ihr Zeit geben wollte, dass sie eines Tages ein gewisses Vertrauen aufbaute, dass sie verleitete von alleine zu kommen. Natürlich brauchte es Zeit, bis sie Vertrauen aufbaute, zumal sie so viel schlechtes von seinem Volk erlebt hatte. Sogar ihr ganzes Leben und diese große Wut dadurch wurde von Tag zu Tag immer größer. Er wollte diesen Bastard finden und in brutalster Form in seine Einzelteile zerlegen. Aber letzten Endes war ihm am wichtigsten gewesen, was er sich jetzt stark bewusst wurde, dass er Emmanline wohlbehalten an seiner Seite wissen wollte. Sie sollte sich sicher fühlen und sich an einem Platz zuhause fühlen, weil sie es zuvor nie gekannt hatte. Er wollte ihr so vieles zeigen, dass sie eines Tages sagen würde, sie hätte ein seliges und erfühltes Leben, ohne nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie in Gefahr lebte oder etwas vom Leben versäumt hatte.

Nun erkannte er mit vollem Bewusstsein, wenn er vor sich hatte. Diese Frau sollte ihm gehören und er schwöre bei den verdammten Göttern, die ihm heilig waren, dass er sie akzeptieren würde. Als seine Seelengefährtin. Gerade eben hatte sie ihm einen Beweis geliefert, dass es nicht hätte anders sein können.

„Was hast du nur getan, Emmanline?“, sprach er ehrfurchtsvoll und blickte seine schlafende Schwester in ihrer wahren Gestalte an.

Sie folgte seinem Blick und antwortete sogar sofort. „Sie hat sehr traurig gewirkt und ich konnte nicht anders, als zu versuchen ihr zu helfen.“, erhob sie ihren Arm und streichelte vorsichtig und sanft mit ihrer Hand über ihren Kopf, der direkt neben ihr ruhte, weil sie sich zusammen gerollt hatte.

Lucien verspürte eine Art Eifersucht in sich aufsteigen, als er beobachtete, wie sie seine kleine Schwester liebevoll streichelte. Sein Drache streifte unruhig in ihm umher, weil er derjenige sein wollte, dem sie so zärtlich und vertrauensvoll berührte. Sein Drache und selbst der Mann wollten so gestreichelt werden, weil sie nach der Berührung und Zärtlichkeit ihrer Gefährtin lechzten. Es hungerte sie danach und zum ersten Mal spürte er dieses große Bedürfnis danach. Es war so unglaublich, wie dieses starke Gefühl aus dem Nichts kam und ihn überschattete. Zuvor hatte er diesen Drang nie verspürt, aber innerhalb von Sekunden war alles anders. Es hätte ihn beunruhigen müssen und sogar Angst verspüren sollen, aber eine unsagbare Ruhe war in ihm eingekehrt, seit er erkannt hatte, Emmanline gehörte allein ihm.

„Du hast ihr geholfen und hast ihr etwas gegeben, Emmanline, was unbezahlbar ist.“

„Nein, habe ich nicht. Sie allein hatte den Verdienst geleistet. Sie hatte nur den Anstoß gebraucht und niemand hatte je bemerkt, wie einsam sie doch gewesen war.“, wandte sie ihren Blick wieder zu ihm um, wo er feststellen musste, dass sich ihr Blick trostlos und emotionslos wirkte. Das konnte er nicht wirklich verstehen, da sie so etwas wunderbares getan hatte.

„Aber genau das ist es. Du warst dieser Anstoß. Viele haben versucht ihr das zu geben, wonach sie sich seit ihrer Geburt sehnte. Sie ist in ihrer Drachengestalt und niemand hätte je gehofft und gewagt daran zu denken oder zu glauben, eines Tages zu sehen, dass sie es könnte. Es gab so viele Hoffnungen und alle wurden immer wieder zerschlagen. Malatya hat natürlich am schlimmsten darunter gelitten, aber auch wir haben es, weil wir sie so sehen mussten und im Stillen das akzeptieren mussten, ihr niemals helfen zu können. Es hatte stets auf unseren Schultern gelastet, weil wir nicht ihr das geben konnten, was ihre wahre Natur war. Aber du hast es geschafft. Mit einem Mal, aber wie? Selbst unsere Ältesten wussten keinen Rat mehr. Also wie, Emmanline?“, wollte er diesen Grund unbedingt wissen und er konnte einfach nicht widerstehen, sie weiterhin zu berühren und mit seinem Daumen über ihre weiche Wange zu streicheln, die warm durch die Sonne wirkte und eine leichte Röte überzog, wobei sie sonst so blass war.

Leicht schüttelte sie mit ihrem Kopf, aber ließ seine Berührungen zu. „Durch Zuspruch. Irgendwas muss einmal passiert sein, was ihren Drachen verängstigt und verschreckt hatte, dass sie sich zurück gezogen hatte. Deine Schwester hatte anscheinend davon nichts gewusst, weil ihr Drache sich sehr stark zurück gezogen hatte. Ganz tief in ihrem Herzen. Sie brauchte nur Zuspruch und Leitung durch jemanden, der ihren Geist berührte, aber sie konnte es nur selbst tun. Sie musste selbst in sich hinein schauen.“, hielt sie seinen intensiven Blick stand. „Vor einigen Tagen beobachtete deine Schwester mich, bis ich sie angesprochen hattee. Auch wenn sie lächelte, hatte ich ihre Trauer und Verlust in ihren Augen gesehen. Sie vermisste einen Teil ins sich, was sie mir auch erzählte, dass sie sich nicht verwandeln konnte. Es hatte mich wirklich überrascht.“, runzelte sie leicht mit ihrer Stirn, als ihr anscheinend die Erkenntnis kam. „Auch wenn die Chancen gering standen, wollte ich es einmal versuchen. Ich hatte ihr den Vorschlag gemacht und sie meinte, sie hätte nichts zu verlieren. Dabei hing eine Menge davon ab, denn je mehr die Enttäuschung kam, so schneller kam auch der Misserfolg und umso niederschmetternder würde es für sie werden. Ich konnte mich irgendwie trotzdem nicht davon abbringen lassen, ihr zu helfen. Irgendwas hatte sich tief in mir gerührt, was ich nicht erklären konnte.“, sprach sie weiter und Lucien fragte sich, ob sie eigentlich wusste wie sehr sie sich ihm da gerade anvertraute?

Nun nahm Lucien mit beiden Händen ihr Gesicht und blickte sie respektvoll an, während er ehrfurchtsvoll sprach. „Emmanline...“, ihr Name rau und flüsternd, kam es über seine Lippen. „Du hast hier gerade was unglaubliches getan. Du wusstest ganz genau was du hier tust und hast meiner kleinen Schwester ihren Lebenssinn wieder gegeben. Trotz das du dich dagegen wehrst, du hättest es nicht tun müssen, wobei du so viel durch mein Volk erleiden musstest.“

Sprachlos schaute sie ihn nur an und schien sich nicht rühren zu können. „Sie hatte mir einfach nur leid getan.“, flüsterte sie leise und ihre Augenlider schlossen sich halb. „Sie ist doch noch ein kleines Mädchen.“, dabei sprach sie tief aus ihrer Seele, weil sie genau zu wissen schien, das Kinder keine schrecklichen Dinge erleben durften. Er spürte diese unsagbare druckvolle Aura in der Luft, die deutete, dass sie genau wusste, wie es war einem Kind die Lebensfreude zu nehmen. Emmanline hatte es am eigenem Leib erfahren und sie versuchte in diesem Augenblick ein kleines Mädchen genau vor Leid und Schmerz zu bewahren. Es schien in ihrer Natur zu liegen, unbewusst zu helfen.

Langsam beugte er sich nach vorne und er konnte einfach nicht widerstehen. So viele Male konnte er das nicht, aber er sehnte sich so sehr danach, sie zu küssen. Er wollte wieder ihre weichen und süßen Lippen spüren, auf der Seinen. Im Augenblick registrierte sie es nicht, als er vorsichtig mit seinen Mund über ihren strich. Sofort zuckte sie zusammen und ihre Augen weiteten sich vor Schreck.

Lucien konnte ihre Hände auf seiner Brust spüren und wie sie sich in sein schwarzes Hemd vergriff. Er konnte ihre Hitze selbst dort noch spüren, obwohl die Berührung so leicht und belanglos war, dennoch auch wieder nicht. Es war ihm ungeheuer wichtig, dass sie ihn berührte. Er genoss ihre Privilegien in allen Zügen und er war nicht im geringsten darauf vorbereitet, was sie in ihm weckte.

Eine brodelnde Hitze loderte in ihm auf und fingen an ihn von innen heraus an zu verbrennen. Sein ganzer Körper reagierte sofort auf ihre Berührung und jeder Teil seines Ganzen spannte sich an. Selbst seine Erregung, die sich schmerzhaft in seiner Hose bemerkbar machte. Diese Frau hatte unglaubliche Macht über ihn und es machte ihn verdammt nervös. Verflucht, er war nie nervös oder hatte gewisse Ängste, weil er stets alles unter Kontrolle hatte.

Doch sollte es je anders kommen, wovon er ausging, würde sie sein Abgrund sein. Da er jetzt mit schrecklicher Erfahrung die Einsicht gemacht hatte, dass Emmanline seine Seelengefährtin war, würde es eines Tages darauf hinaus führen. Er mochte über alles hinwegkommen, was ihm angetan wurde, aber sollte je ihm sein Seelenstück weggenommen werden, würde es ihn unaufhörlich und ohne Gnade zerstören. Denn jetzt bemerkte er erst das komplette Ausmaß von dessen und in welcher Lage sich seine Mutter befand. Sie hatte ihren Gefährten verloren, der für sie bestimmt gewesen war und er konnte nicht begreifen wie seine Mutter solange überlebt hatte. Wie hatte sie das nur überstanden? Unter welchen Schmerz und Leid?

Das Ausmaß dieses Leides und der Gefühle konnte er sich jetzt erst richtig ausmalen, als er tief in die Augen von Emmanline schaute. Ihre Augen waren halb geschlossen, aber er konnte weitaus mehr sehen, als er gewollt hätte.

Die Frau vor ihm, die die Seine war, war von unglaublicher Anmut und besaß weitaus größere Stärke und Mut, wie je manch andere Krieger unter seinem Volk. Sie schien von all ihren Stärken nichts mitzubekommen oder das sie sie davon wusste, doch diese Stärke lebte in ihr. Aber sie waren da und bewohnte diese außergewöhnliche Frau, die ihm zum Geschenk gemacht wurde. Es war egoistisch von ihm, sie als Geschenk anzunehmen, aus welchen Gründen auch immer und ob er es auch verdient hätte, aber er wollte sie und würde alles dafür tun, um sie zu bekommen. Sollten sich Himmel und Hölle zusammen tun, aber er würde sie behalten und besitzen.

Gerade wollte Lucien diese nicht unangenehme Stille zwischen ihnen brechen, als Emmanline ihm zuvor kam.

„Du solltest gehen. Du hättest nicht hier sein dürfen.“, flüsterte sie an seinen Lippen und drückte ihn mit flachen Handflächen auf seiner Brust von ihr weg. Auch wenn sie keine Chance hätte ihn von sich schieben zu können, tat er ihr trotzdem den Gefallen und rückte etwas ab. Zum einem, dass er überrascht war von der brutalen Zurückweisung. Es war ja nichts neues von ihr so zurück gewiesen zu werden, aber jetzt wo er wusste, dass sie seine Seelengefährtin war, so sah die Sache doch ganz anders aus. Es machte die ganze Sache komplizierter als zuvor.

Schmerzhaft musste er auf die Zähne beißen, um nicht doch etwas zu sagen, was er bereuen würde. Er musste ihr die Zeit geben, auch wenn es ihm nicht im geringsten gefiel. Doch mit einem Mal verpuffte seine ganz aufgestaute Wut und Zorn der Zurückweisung.

„Deine Schwester...“, fing sie an. „...wird bald aufwachen. Sie will bestimmt nicht, dass jemand sie so sieht. Sie will euch bestimmt selbst davon überzeugen das sie sich verwandeln kann.“, blickte sie nicht in seine Augen.

Sicher war er erst einen Augenblick irritiert von ihren Worten, aber es waren nicht die Worte die ihn so zögern ließen. Sondern was dahinter steckte.

„Danke, Emmanline.“, streichelte er behutsam mit dem Rücken seiner Finger über ihre weiche Wange. Lucien musste keine unnötigen Worte verschwenden, weil er wusste, was sie eigentlich wollte. Er würde ihrer stummen Bitte folgen und tat es mit einem Lächeln ab, als sie doch zu ihm aufschaute.

Ohne es sich verwehren zu können, hauchte er noch ein letztes Mal einen Kuss auf ihre freie Wange, die nicht von seinen Berührungen verwöhnt worden waren. Erst nach einem langem und zwingendem Impuls löste er sich von ihr, zog sich wieder zurück und verließ diesen wunderbaren Ort. Obwohl er gerne länger geblieben wäre und die Zeit mit Emmanline ausgekostet hätte, aber sie hatte Recht gehabt. Es wäre seiner kleinen Schwester gegenüber nicht fair gewesen.

Heute war ihm mehr als eine Offenbarung offen gelegt worden, aber verflucht, selbst er brauchte eine Zeit zur Verdauung. Das alles war zu groß und überwältigend, dass er mit sich selbst klar kommen musste, bevor er weitere Schritte weiter planen konnte. Langsam wurde es wirklich Zeit, alles komplett neu umzustrukturieren. Am besten gleich sein ganzes Leben.
 

Langsam wusste Emmanline überhaupt nichts mehr. Sie hatte sich mit Malatya in diesen kleinen Teil des Waldes zurück gezogen und hatte hier ein Plätzchen gefunden, wo sie sich zurück ziehen konnte. Hier hat sie sich einen Ort geschaffen, wo sie sich wirklich wohlfühlen konnte. Dies war ein Platz, wo sie keinen Drachen sehen konnte und niemand sie. Zumal sie dauernd Blicke auf sich spürte, wenn sie sich im Schloss befand oder außerhalb. Es waren nicht immer freundliche Begegnungen gewesen und sie war hier auch nicht erwünscht, wo sie es ihnen nicht verübeln konnte. Sie gehörte hier einfach nicht her und würde es auch niemals sein. Wenn sie konnte, würde sie gehen wollen, aber der Drache ließ sie einfach nicht gehen. Bis jetzt hatte sie nicht wirklich eine Möglichkeit bekommen dessen auf dem Grund zu gehen. Sie hätte sich nicht daran halten müssen, aber doch hatte sie Rücksicht auf ihn genommen, weil er eine Position eingenommen hatte, welche so vom hohen Stand war. Bis jetzt verstand sie nicht einmal, warum sie solch eine Rücksicht auf ihn nahm. Jedes Mal musste sie mit ihrer Stirn runzeln, je öfter sie einen Grund dafür bekommen wollte.

Allmählich fühlte sie sich eigenartig und sie veränderte sich langsam und stetig. Das war nicht gut. Überhaupt nicht gut. Was sollte sie nur tun? Sie konnte und durfte sich nicht beeinflussen lassen. Es würde sie nur noch mehr den Abgrund näher bringen. Was lief nur alles verkehrt? Wäre sie damals nicht mitgegangen, dann wäre heute nicht alles zu kompliziert gewesen und sie hätte nicht so viele wunderschöne Dinge gesehen und kennen gelernt. Es war doch nicht fair all die Dinge zu kennen, aber trotzdem eingesperrt zu sein. Oder? Dabei würde sie es gerne in freier Wahl genießen und nicht auf jemandem angewiesen zu sein. Ja sicher zeigte ihr der Drache diese wunderbaren Dinge, aber zu welchem Preis? Sollte sie es einfach genießen überhaupt so was kennenzulernen, egal was sie dafür opferte?

Eigentlich dürfte sie sich nicht beschweren, denn sie sollte sich vor Augen halten, wie sie im Vergleich zu Culebra behandelt worden war. Es war ein riesiger Unterschied, denn niemand rührte sie an oder taten ihr weh. Dafür sorgte der Drache, wie er es versprochen hatte.

Es war wirklich zum verzweifeln und sie war einfach nur durcheinander.

„Glaubst du wirklich, ich bekomme das hin?“, klangen Zweifel in der Stimme des kleinen Mädchens.

Aus ihren Gedanken gerissen, blickte sie sie an und nickte. „Natürlich. Du darfst kein Misstrauen hegen. Dein Drache muss sich wohl und willkommen fühlen. Sie ist ein Teil von dir und wird es immer sein.“, konnte sie sehen, wie Malatya darüber nachdachte und sie konnte es verstehen, wenn man sich in so einer Situation befand, wo es darauf ankam eine Menge verlieren zu können. „Du musst ihr nur eine Chance lassen.“

„Vielleicht hast du Recht. Ich sollte es wirklich probieren. Ich will es ja auch, aber manchmal habe ich Angst.“, und sie konnte sie verstehen. „Je mehr versucht wird mir zu helfen, umso mehr verliere ich den Glauben und die Hoffnung.“, schaute sie sehr leidvoll und ihre Stimme klang nicht anders dabei.

Emmanline konnte nicht widerstehen, als ihr eine Hand auf ihrem Kopf zu legen und über das seidige schwarze Haar von Malatya zu streichen. „Natürlich fühlst du dich so und dein Drache wird es genauso empfinen. Deswegen ist es deine Aufgabe deiner Drachin zu sagen, was auf sie wartet und welche Freiheit sie genießen könnte. Lausche und sehe in dich hinein, Malatya. Suche in dir den Punkt, wo dein sogenanntes zweites Ich befindet und räume ihre Ängste aus.“, versuchte sie sie zu ermutigen und auf sie einzureden. „Ich werde dich leiten und begleiten, wenn du das möchtest.“

Kurz wurde sie nur angeschaut und dann rang sich die Kleine ein kleines Lächeln ab. „Ich will es versuchen. Für mich und meinem Drachen. Ich brauche sie so sehr.“, quälende Sehnsucht in ihren Worten.

„Sowie sie dich auch braucht.“

„Bitte leite mich, Emmanline. Was muss ich tun?“, bat sie verzweifelt um Hilfe. Da erkannte Emmanline, wie sehr sie dieses Bedürfnis unterdrückt hatte, Hilfe zu brauchen.

„Schließe deine Augen und gehe mit deinem ganzen Bewusstsein in dich hinein. Fühle und sehe in dich, wie du es im wahren Leben auch tust, wenn deine Augen offen sind.“, wartete sie, bis sie ihre Augen geschlossen hatte, bevor sie weiter sprach. „Versuche die Ruhe um dich herum zu nutzen und denke daran, deine Drachin zu finden. Wo fühlst du sie? Wo ist die Einsamkeit am größten? Folge der Spur.“, gab sie ihr weitere Anweisungen. „Gehe immer tiefer in deinem Bewusstsein.“, wurde sie immer leiser, bis sie ganz verstummte und Malatya beobachtete.

Abwechselnd runzelte Malatya immer wieder mit ihrer Stirn, bis sie sich glättete und dann doch wieder ihre Stirn in Falten legte. Es schien ihr große Mühe und Anstrengung zu bereiten. Bis sie letzten Endes doch ihre Augen öffnete.

„Ich schaffe das nicht. Es ist so schwer.“, seufzte Malatya auf.

Kurz überlegte Emmanline. "Es gibt eine Möglichkeit wie ich dich in Gedanken leiten könnte.", zögerte sie erst.

„Wirklich? Wie?“, klang sie etwas aufgeregt.

„Ich weiß nicht, ob es eine so gute Idee ist. Ich müsste dafür einen Teil deiner Gedanken werden. Das würde bedeuten, du müsstest mir Zutritt geben und dein Einverständnis. Das ist ein sehr großes Vertrauen, was du mir geben müsstest und ich weiß nicht, dass du es riskieren solltest. Du würdest mir etwas Preis geben, was du nicht geben willst.“, wollte sie ehrlich sein.

„Aber ich vertraue dir.“, sagte Malatya prompt. „Ich habe das Gefühl, dass ich dir vertrauen kann.“

„Bist du dir da wirklich sicher? Ich will nichts nehmen, was du nicht willst. Nicht deine Erinnerungen und deine Gedanken.“, wollte Emmanline nur sicher gehen.

Durch das Lächeln des Mädchens war sie doch dann überzeugt und sie nickte nur darauf. „Schließe wieder deine Augen. Gib mir dein Zugeständnis das ich Zugang über dich habe.“, legte sie eine Hand auf ihrem Kopf und schloss selbst ihre Augen.

In ihrem Unterbewusstsein konzentrierte sie sich darauf ihren Geist aus ihrem Körper in Malatyas zu schicken. Dadurch das sie sofort einen Zugang zu ihrem Geist hatte, stieß sie nicht gegen eine Blockade. Es überraschte sie, dass sie so schnell und einen so offenen Eintritt in Malatyas Geist hatte. Sie hätte mehr damit gerechnet, dass Misstrauen und etwas Angst in diesem Vertrauen steckte, aber da war nichts davon. Nur reines Vertrauen und Offenheit.

Es ließ sie schwer schlucken, weil es für sie ungewohnt war und genauso was sie erwartete. Malatyas Inneres war das reinste Strahlen in so vielen Farben. Wie ein Regenbogen der Freude, welche Wärme sich bei ihr übertrug und ihren ganzen Körper erwärmte.

Es war unglaublich und sie brauchte einen Augenblick, bis sie sich daran gewöhnen konnte, zu weit es möglich war. Sie musste sich zusammenreißen und konnte sich nicht darum scheren, wie sie sich fühlte. Egal wie gerne sie sich zurück ziehen wollte, denn dieses Gefühl von Glück und Freude war beängstigend. Deswegen klammerte sie sich mehr an die Empfindung der Einsamkeit, der Trauer und des Verlustes.

„Kannst du mich hören?“, sprach sie im Bewusstsein und sendete ihr das Gefühl, sie wäre nicht alleine.

„Ja, ich kann dich hören. Das ist wirklich unglaublich. Ich spüre dich überall und du bist so nahe.“, Überraschung pur.

„Ich bin mit deinem Geist verbunden, aber wir sollten uns beeilen. Ich kann diesen Zustand auch nicht lange aufrecht erhalten.“, weil sie es nicht gewohnt war, mit einem Bewusstsein verschmolzen zu sein, zumal sie das zum ersten Mal tat. Das verlangte eine Menge Energie ab und sie musste sich beeilen, weil sie auch nicht voraus ahnen konnte, wie viel Kraft sie dafür aufbringen konnte.

Emmanline umhüllte Malatyas Geist mit ihrem und stärkte ihren Mut und spendete ihr zusätzliche Energie der Entschlossenheit es zu schaffen. „Versuche wieder dich zu konzentrieren und gehe tiefer in dich. Fühle, Malatya. Ich werde dich begleiten.“, gab sie ihr einen leichten Stoß im Geiste und blieb stets in ihrer Nähe. Sie konnte nichts sehen, aber genug fühlen, um zusehen wie es in ihr aussah. „Gehe tiefer und dringe immer mehr in deine Seele ein. Suche sie. Sie ist da. Fühle sie.“, versuchte sie das Mädchen weiterhin zu locken und immer wieder strich sie mit ihrem Bewusstsein an ihrem.

„Ich...“, stockte die Stimme des kleinen Mädchens und konnte Überraschung und Verunsicherung in ihr spüren, aber sie versuchte sofort dagegen etwas zu unternehmen, dass sie sich nicht zurück zog.

„Habe keine Angst davor, Malatya. Fühlst du es nicht? Die Einsamkeit tief in deiner Seele. Ich kann sie genau spüren. Deine Drachin wartet auf dich. Schon sehr lange. Sie ist genauso einsam wie du auch. Ihr teilt eine Seele und einen Geist. Ihr seid ein Wesen und gehört zusammen“, versuchte sie sie immer wieder zu ermutigen und das sie weiter machen sollte. Sie hatte sogar zu gewissen Teil Erfolg und sie spürte, wie sie immer tiefer in sich selbst kehrte.

Nach unbestimmter Zeit, trafen sie auf etwas, was so unsagbar war und einen vollkommen sprachlos machte. So was unglaubliches und so eine tiefe Verbindung hatte sie zuvor noch nie in ihrem Leben verspürt. Sie waren wirklich wie eine gemeinsame Seele und so tief verankert, dass sie nichts trennen könnte.

Kannst du es spüren, Malatya?“

„Ja, ich kann es. Sie ist es. Sie ist da.“, konnte sie ein Schluchzen hören und wie tief Malatya ergriffen war, von allem. „Ich hätte nie zu hoffen gewagt, aber sie ist da.“,

Noch einmal berührte Emmanline Malatyas Geist und ermutigte sie immer mehr. „Gehe zu ihr. Sie wartet auf dich.“, gab sie ihr mental noch einen kleinen Schubs und sie traute sich wirklich, diesen Schritt zu tun. Mit großer Aufmerksam folgte sie die Kleine auf unsichtbarer Art und Weise. Doch sie beschloss nur noch einen kurzen Augenblick zu bleiben, bis sie sich zurück zog, denn sie sollte nun alleine klar kommen. Sie würde erst gehen, wenn sich beide im Geiste berührten.

Ohne zu zögern ging sie den Schritt und beruhigt konnte Emmanline sich zurückziehen und fuhr in ihrem eigenen Geist und Körper zurück. Langsam öffnete sie ihre Augen und schaute Malatya an. Sie hatte noch immer ihre Augen geschlossen und konnte spüren, welche Energie von ihr ausging. Wie sie sich veränderte und es funktionierte wirklich. Sie musste eine Weile warten, aber es geschah wirklich. Kunterbunte Farben umgaben ihren Körper und sie verwandelte sich. Sie nahm immer mehr die Gestalt eines Drachens an und ihre Größe wurde schmächtiger, aber sie besaß noch immer weibliche Züge, trotz der raubtierartigen Gestalt.

Emmanline rückte zur Seite, damit sie Platz hatte sich vollkommen zu verwandeln. Es freute sie schon, dass sie sich verwandeln konnte, denn es würde das kleine Mädchen glücklicher und zu zufriedener machen. Sie konnte verstehen, dass es eine große Folter war, wenn sich ein Gestaltenwandler sich nicht in ihre wahre Gestalt verwandeln konnten. Deswegen war es richtig ihr geholfen zu haben. Auch wenn sie die Drachen hasste.

Nein, hassen war eine falsche Bezeichnung, was sie für sie empfand. Es war Wut und Schmerz was sich miteinander vermischte. Sie hatten ihr alles genommen. Nicht das es nur um ihre Freiheit ging, sondern weil sie ihr ihre Mutter genommen hatten. Darunter litt sie am meisten und das konnte und würde sie ihnen nicht verzeihen können. Selbst nicht, wenn so ein liebes kleines Mädchen unter ihnen lebte. Sicher würde sie sie niemals für all das verantwortlich machen, denn sie hatte kein Recht dazu.

Dabei verstand sie sich selbst nicht mehr, denn sie veränderte sich und dies nahm sie auch am meisten mit. Wie konnte sie nur so denken, dass es vielleicht anders sein konnte. Viele akzeptierten sie nicht und zeigten ihr missbilligte Blicke. Sogar verachtende, weil sie einfach nicht hier hingehörte, denn sie wussten, welche Gefahr sie bedeutete. Aber trotz allem gab es vereinzelte, die ihr anders gegenüber waren.

Sie wurde immer verwirrter und brachte sie so durcheinander. Wie sollte sie nur damit umgehen?

Malatya hatte ihre volle Gestalt angenommen und ihre Augen öffneten sich langsam, dass sie in leuchten grüne Augen blickte. Sie hatte wirklich wunderschöne Augen, dass vor Leben nur sprühte und so eine Klarheit in Kinderaugen. Aber in ihren Augen spiegelte sich Unglauben, Überraschung und pures Glück wieder. Sie hatte es wirklich geschafft.

„Oh, ihr Götter.“, war ihre Stimme so erstickt von Tränen, dass sie die Wahrheit nicht ganz glauben konnte. „Ich ha...be...“, brachte sie unter schluchzende Gedanken zu ihr heraus.

Es kostete Emmanline eine große Überwindung, aber sie tat es wirklich. Leicht berührte sie den kleinen hellblauen Drachen auf ihrer Schnauze. „Du hast es geschafft, Malatya. Dein Drache ist wunderschön und ihr habt zueinander gefunden.“, sprach sie die Realität aus und wandte ihren Blick nicht von ihr ab. „Schau dich nur an.“

„Ja, das ist sie. Ich freue mich so. Unsagbar Worte dafür zu finden.“, schmiegte sich der Drache an ihre Hand vor Freude und Dankbarkeit, dass selbst sie die Freiheit gefunden hatte. „Ich weiß nicht, wie ich dir dafür danken kann. Du hast mir was unbezahlbares gegeben und geschenkt. Ich kann dir das nicht zurück geben, was du mir gegeben hast.“

Emmanline wusste überhaupt nicht was sie darauf erwidern konnte. Sie konnte diese große Dankbarkeit spüren, welche sie für sie empfand. Es machte sie vollkommen sprachlos und so was wurde ihr gegenüber noch nie gezeigt. Verachtung und Hass, aber nie Dankbarkeit. Niemals von einem Drachen.

Ihr Herz lag schwer in ihrer Brust und es schnürte ihr die Luft zum atmen ab. Es fiel ihr verdammt schwer, aber sie konnte einfach nicht anders. „Solange du glücklich bist, ist das Dankbarkeit genug für mich.“, kamen diese Worte einfach über ihre Lippen, obwohl sie nicht wusste was sie da sagte. „Verspreche mir nur, dass du mir ihr verbunden bleibst. Ihr gehört zusammen.“, streichelte sie sie weiter.

„Ich verspreche es.“, solche Ehrlichkeit und großes Versprechen steckten nur in diesen drei Worten. Das reichte ihr vollkommen.

„Ihr solltet euch aneinander gewöhnen und nehmt euch die Zeit, euch besser kennenzulernen. Ihr braucht es.“, meinte sie zu ihr.

Mit geschlossenen Augen gab sie dem nach was Emmanline geraten hatte. Kurz darauf schlief sie sogar vor Erschöpfung ein und sie würden sich sogar vermutlich in ihren Träumen miteinander verbinden. Sie wusste, dass sie ab heute für immer miteinander verbunden sein würden.

Leicht lehnte sie sich an die Drachin zurück und schloss selbst ihre Augen. Nicht schlafend, aber ruhend und nachdenkend.

Es dauerte eine ganze Weil, bis sie etwas vertrautes spürte und sie konnte sogar hören wie dieses Vertraute ihren Namen flüsterte. Nicht anders könnend, musste sie ihre Augen öffnen und wie es nicht anders sein konnte, stand genau dieser Mann vor ihr, der genauso geheimnisvoll und beängstigend war. Nicht weil er ein Drache war, sondern weil er sich so stark verändert hatte.

Seine Augen, wie er sie jetzt anblickte, als hätte er ein langes und schwieriges Rätsel gelöst. Nur welches? Was verbarg er vor ihr? Würde er ehrlich zu ihr sein und es ihr verraten? Oder würde er vor ihr schweigen?

Erst als er wusste, sie war wach, kam er auf sie zu und hockte sich vor sie hin, berührte sie sogar. Zu sanft und liebevoll, dass sie zusammen zucken musste. Was geschah hier nur? Sie konnte sich gegen seine so leichte und warme Berührung nicht wehren. Es war ihr schier unmöglich und ließ ihn sogar gewähren. Ihr Verstand sagte ihr, sie solle sich sofort zurück ziehen, aber ihr Körper ließ ihr diese Vernunft nicht.

Seine sanften Worte, nein alles an ihm war urplötzlich sanft gewesen. Sie konnte nichts mehr von dieser Rauheit, Wildheit und Grobheit erkennen, welche zuvor ihn ausgemacht hatten. Sie konnte nicht jede Einzelheit als sanft umschreiben, wenn so viel dahinter steckte, wie Liebenswürdigkeit und Wärme. Wie konnte er sich so schnell nur verändern? Das in so kurzer Zeit?

Trotz allem waren seine Worte so sanft und was er zu ihr sagte, konnte sie nicht glauben und es verunsicherte sie, auch wenn sie es ihm nicht zeigte. Sie durfte keine weiteren Schwächen zeigen, aber er schien zu wissen, dass sie es vor ihm verbarg. Er drängte sie seit einer langen Weile nicht mehr, ihr größtes Geheimnis zu verraten. Er nahm immer mehr Rücksicht und Vorsicht ihr gegenüber. Was wollte er ihr damit nur beweisen? Konnte sie seinen Worten glauben schenken, die er ihr jetzt alle sagte? Das sie dafür verantwortlich war, so großes geleistet zu haben? Obwohl sie nichts weiter getan hatte, als seiner kleinen Schwester einen Anstoß zu geben. Sie hatte es geschafft und konnte ihre Gestalt annehmen, wie der Beweis vor ihm lag. Was sollte sie nur glauben?

Was danach kam, ließ sie zusammen fahren und in sich hinein zucken. Seine Lippen streiften leicht ihre und wie ein Blitz durchfuhr sie eine unsagbare Hitze. Seit sie hier war, war er ihr nicht mehr so nahe gekommen. Aber auch da konnte sie sich dagegen nicht wehren und sie schloss halb ihre Augen, weil sie nicht anders konnte. Er flüsterte ihr so viele Worte zu, dass sie beinahe nicht mehr verstand, wovon er redete. Sie ließ es einfach nur geschehen, bis er auch von ihr abließ und sie so intensiv und feurig anschaute, als hätte er nach jahrhundertelanger Suche etwas gefunden, was für ihn so unsagbar wichtig war. Als hätte er etwas gefunden was er nie wieder loslassen würde.

Leicht rührte sich etwas in Emmanline und sie wusste es, dass es nicht von ihr kam. Malatya rührte sich in ihrem Schlaf und sie würde bald aufwachen. Sicherlich würde es ihr nicht gefallen, wenn ihr Bruder sie schon so gesehen hätte. Es wäre ihr nicht gegenüber fair, denn sie sollte es auf ihrer Weise tun. Ihnen zeigen, was sie in Wirklichkeit war. Deswegen musste sie ihn wegschicken. Auch wenn sich etwas in ihr dagegen wehrte es zu tun, aber sie musste, denn es ging letzten Endes nicht um sie. Würde es nie gehen.

Sicher war der Drache nicht glücklich darüber, dass sie ihn so fort schickte und sie konnte sogar leichte Wut und Enttäuschung in seinen Augen erkennen, was sie wunderte, denn aus welchem Grund? Sie wollte doch nur seiner kleinen Schwester etwas ersparen, was ihr vielleicht die Freude davor nahm, etwas unsagbares gefunden zu haben. Emmanline gab es auch in wenigen Worten von sich und auf einmal konnte sie Erkenntnis in den Augen des Mannes vor ihr erkennen. Er verstand sofort und ohne ein Wort des Widerparts zog er sich lautlos zurück. Natürlich nicht sie vorher noch einmal ausgiebig berührt zu haben.

Ihre Haut prickelte noch immer von seinen Berührungen auf ihren Wangen und ihrer Lippen. Obwohl er schon lange weg war. Sie spürte sogar noch immer die Hitze in ihrem Körper und wie sich ein Prickeln in ihrem Unterleib breit gemacht hatte. Ein unsagbares Verlangen staute sich in ihr zusammen und es erdrückte sie immer mehr. Es würde sie weiter unter Druck setzen, bis ihr Körper einen Weg gefunden hatte, all diesen Druck zu entleeren und genau davor bekam sie Angst, denn sie verspürte ein schlechtes Gefühl dabei. Diese Ungewissheit das es mit diesem Mann zu tun hatte, der sie ohne weitere Worte zurück gelassen hatte.

Welcher Erkenntnis sollte sie entgegen treten? Sollte sie vor allem fliehen und einfach nur wegrennen? Oder sollte sie einfach bleiben und den Mut fassen, um zu sehen was als nächstes passierte?

Alles war so still um sie geworden, dass sie zu viel nachdenken musste und je mehr sie nachdachte, umso unschlüssiger wurde sie.

„Ach Mutter. Ich weiß nicht was ich tun soll.“, flüsterte sie fast lautlos und blickte gegen den Himmel, wo sie hoffte, sie würde irgendwo dort sein, aber wusste, dass es niemals so war. Sie war vollkommen aus ihrem Leben verschwunden, aber trug sie trotz allem immer noch in ihrem Herzen. Der einzige Platz, wo sie noch existieren konnte. Allein bei ihr.

Doch letzten Endes wusste sie von Anfang an, welche Erkenntnis sie wählen würde. Emmanline hatte sich geschworen nie wieder zu fliehen und vor irgendetwas davon laufen. Ihr Mut sollte so stark sein, dass sie sich allem entgegenstellte. Egal was kommen mag. Sollten die Drachen ihr alles nehmen, aber sie würde kämpfen. Wenn es ihr alles kosten würde. Solange bis sie keine Energie mehr aufbringen konnte und bis sie wirklich in dem tiefem Abgrund stürzte, wo sie endgültig zerbrechen würde. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen war, würde es keinen Weg mehr geben zurück zu finden, denn sie würde nichts davon mitbekommen und wortlos aus dieser Welt verschwinden. Auch wenn ihr Herz noch schlagen würde, aber ihr Geist und ihre Seele würde dann der Dunkelheit und Kälte gehören. Das wusste sie genau, denn sie war einige Male schon kurz davor gewesen, wenn ihre Mutter nicht gewesen wäre.

Diese eine Erkenntnis könnte ihr Verhängnis und Ende bedeuten.



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