Zum Inhalt der Seite

Gebieter des Feuer und der Leidenschaft

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Soweit sie sich erinnern konnte, war sie schon seit zwei Tagen frei. Sofern man es frei nennen konnte. Irgendwie machte es sie schon stutzig. Der Drache, der sie gefangen genommen hatte, ließ sie einfach so ziehen? Natürlich war sie glücklich darüber, aber es war auch beängstigend zugleich. Drachen sind Geschöpfe in der Mythenwelt, wenn sie besessen auf etwas sind, das sie solange jagen, bis sie es in ihrem Besitz hatten.

Der Eindruck war in ihr geweckt, dass der Drache sie hat mit allen Mitteln aufhalten wollen. Seine ganze Körpersprache protzte nur so danach und dann dieser Blick...oh ihr Götter, bewahre sie. Egal was sie macht, jedes Mal sieht sie seine wahnsinnigen glühenden Augen vor sich. Sie kennt unzählige Drachenaugen, aber solche hatte sie noch nie zuvor gesehen. Nicht so ausdrucksstark wie bei ihm. Jedes Mal wenn er sie angeschaut hatte, versenkte er sie mit seinen Blicken. Jedes Mal bekam sie eine Gänsehaut und sie konnte nicht anders als darauf zu reagieren. Noch nie ist das in ihrem Leben passiert. Ihr ganzes Leben verbrachte sie unter Drachen, seit ihrer Geburt, aber noch nie löste ein Drache so etwas wie Anziehung bei ihr aus. Zumal sie es nicht vergessen konnte, was die Drachen ihr alles genommen hatten. Ihr Leben und das wertvollste, war ihre Mutter. Sie war immer das Einzige gewesen, was sie am Leben erhalten hatte und dessen Vernunft. Auch wenn ihre Mutter nicht mehr lebte, hörte sie noch immer die sanfte und liebevolle Stimme in ihrem Kopf und welche Präsenz in ihr lebte. Trotz das sie nicht mehr lebte, spürte sie ihre Mutter immer noch.

„Eines Tages wirst du jemand finden, der für dich viel bedeutet. Verschließe dich nicht davor, egal was kommen mag. Verschließe dich nicht vor etwas, was dir einmal alles bedeuten könnte. Zeige keine Angst und Scheu, eines Tages wird es jemand für dich geben, der dich beschützt und gut behandeln wird. Sei mutig, mein Schatz."

Waren das einmal die Worte ihrer Mutter gewesen. Sie hatte sie nie verstanden was sie ihr damit sagen wollte und das tat sie auch heute noch nicht. Wie sollte sie auch? Nie hatte sie etwas anderes erfahren als gedemütigt, gefoltert und erniedrigt zu werden. Schmerzen waren ihr ständiger Begleiter gewesen. Jeden Tag aufs Neue. Irgendwann hatte sie sich daran gewöhnt und es als weniger empfunden. Sie mochte vielleicht einige Male gestorben sein, aber nie so, wie sie es sich so sehnlichst gewünscht hatte. Jeden Tag betete sie auf Erlösung, aber nie wurde ihr Gebet erhört. Götter mag es geben, aber sie waren für Wünsche und Gebete nicht erschaffen worden. Es ist alles reinster Aberglaube wenn man zu einem Gott betete. Deswegen hegte sie keinen Glauben daran. Götter sind eigensinnig und extravagant. Mag sein das sie große Macht haben und das sie darauf achteten damit das Gleichgewicht in der Mythenwelt erhalten bleibt, aber sie werden immer auf ihre eigenen Ziele aus sein, sollten sie sich bei irgendetwas einmischen.

Aber alles änderte nichts daran, egal wie sehr sie ihre Gedanken abschweifen ließ, immer wieder erschien der Drache vor ihren inneren Auge. Es war seltsam, aber sie fühlte sich ständig verfolgt von ihm. In allen ihren Sinnen war er vorhanden. Noch immer hatte sie seinen männlichen maskulinen Geruch nach erdigem in ihrer Nase. Seine Gestalt vor ihren Augen. Fühlt noch immer die harte und glatte Haut an ihrer. Alles kribbelte dort wo er sie berührt hatte. Als wäre sie an all den Stellen gebrandmarkt worden. Und dann dieser Geschmack der ihr auf der Zunge lag. Seine feurigen Küsse haben sie erst zu diesem Verlangen danach aufflammen lassen. Was war nur mit ihr los? Er hatte ihr all das aufgezwungen und sie hatte sich dagegen gewehrt. Natürlich tat sie es jetzt auch noch. Nur mehr mit ihrer Vernunft. Sofern noch etwas davon übrig geblieben war. Es machte sie verrückt dass sie so auf ihn reagierte, weil es ihr zugleich Angst machte. Angst? Nein, das war ein falsches Wort dafür. Es war Unsicherheit auf dieses unbekannte Gefühl was in ihr empor stieg, wenn er nur in ihrer Nähe war. Oder viel mehr, wenn sie sogar an ihn dachte.

Dieser Drache sollte sich verflucht nochmal aus ihren Gedanken halten. Irgendwo musste er sich in ihren Kopf eingenistet haben, was er mit purer Absicht tat. War es dieser Grund warum er ihr nicht folgte? Dass er sie nicht jagte? Natürlich, so hatte er die Kontrolle und wusste wo sie sich befand. Es war nicht wirklich einfach, aber diese Macht die er dadurch ausstrahlte sie zu kontrollieren, machte es nur noch schlimmer.

Normalerweise sollte sie danach fragen, warum er so besessen darauf war sie festzuhalten, aber diese Frage beantwortete sie sich in diesem Moment von alleine, als sie die Frage überhaupt gestellt hatte. Es ist ihr Geheimnis. Welches sie so fest in sich verschlossen hält. Tiefer als ihr Verstand überhaupt reicht. Und schon wieder tauchte die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf auf.

„Mein Schatz, zeige niemanden, wirklich niemanden, wer du wirklich bist. Niemand darf erfahren was in dir wohnt. Was du bist und wer du bist. Ich weiß, es wird nicht leicht sein, aber du musst dich immer an meine Worte erinnern und darfst sie niemals vergessen. Eines Tages kann ich nicht mehr bei dir bleiben und muss an einen anderen Ort gehen.“

Hatte sie damals angefangen, sie war sieben gewesen und obwohl sie so behutsam und sanft sie mit den Worten umgegangen war, wusste sie nur zu genau welcher Ort dieser gewesen war, wo sie hin musste.

„Dein Wesen muss immer in dir verschlossen bleiben, auch wenn es schmerzt und raus in die Freiheit will. Jeder der bemerkt welches Geheimnis du in dich trägst wird dich jagen und einsperren, weil sie nicht teilen wollen. Du bist etwas Besonderes und Seltenes, genauso wie ich. Ich weiß was du jetzt denkst, denn schließlich bist du eingesperrt, aber das wird nicht immer so bleiben. Eines Tages wirst du hier rauskommen und frei sein. Erfahrungen machen die dich prägen werden. Etwas Gutes wird für dich bereit stehen, nur für dich alleine und du wirst jemanden finden, dem du alles anvertrauen kannst.“

Aber wo war das ‘Gute‘ was für sie bestimmt war? Wenn sie daran glauben würde, wie lange würde es dauern? Jahre? Jahrzehnte? Oder gar Jahrhunderte? Diesen Glauben oder Hoffnung konnte sie nirgendwo hernehmen oder finden. Damals hatte sie ihrer Mutter versprochen gehabt, dass sie auf das Gute warten würde, aber jetzt bemerkte sie, wie unwissend und dumm sie als Kind gewesen war. Ihre Mutter hatte ihr so viele Hoffnungen gegeben, dass es unmöglich war daran festzuhalten. Es war viel zu viel gewesen.
 

Beinahe wäre Emmanline gestolpert, als sie so durch den dichten Wald rannte. Schon seit Stunden, seit die Nacht hereingebrochen war. Diese Nacht ist so düster, dass durch die dichten Wolken am Himmel die Sterne und der Mond überhaupt keine Chance hatten sich zu zeigen oder sich in ihrer leuchtenden Pracht zu zeigen.

Aber das sie rannte, lag daran, dass sie erneut auf einer Flucht war.

„Lauf nur Elfe. Wir werden dich finden und haben wir dich erst einmal, werden wir unsere Belohnung holen.“, lachte eine dunkle und verzerrte Männerstimme auf, die immer näher kam.

„Zuerst werde ich sie bekommen. Mmh, wie schmackhaft sie sein muss…“, meldete sich eine andere männliche Stimme, die genauso unheilvoll klang.

„Träum weiter. Als erstes bekomme ich sie.“, lachte eine dritte Stimme auf.

Emmanline wusste ganz genau was ihre Verfolger taten. Sie sprachen mit Absicht so laut und immer wieder, weil sie Spaß daran hatten sie zu jagen. Es war ein psychisches Spiel was sie da trieben. Es sollte sie in die Irre führen und in Panik versetzen. Doch sie hatten keine Ahnung. Sie mochte im Nachteil sein gegen fünf Verfolger, nicht nur Verfolger. Sie wusste ganz genau dass fünf Vampire sie nun durch den düsteren und schwarzen Wald jagten. Immer wieder konnte sie die rotglühenden Augen sehen, das wie Blut in der Dunkelheit aufleuchtete, wenn sie um sich schaute.

Mehrmals konnte sie die Vampire austricksen, aber das war nicht genug. Immer wieder fanden sie sie. Egal ob sie den Täuschungszauber oder den Zauber der Verborgenheit anwendete. Sie fanden sie. Sie ist nicht nur wegen der Anzahl im Nachteil, nein, denn diese Vampire konnten sich translozieren. Was so heißt wie Teleportieren. Sie hatte davon gehört das Vampire von einem Ort zum anderen gelangen konnten. Es war eine ihrer am nächsten stärksten Fähigkeit. Aber sie können sich nur dorthin translozieren wo sie schon einmal gewesen waren. Anscheinend kannten sie diesen Wald besonders gut.

Die Vampire spielten mit ihr Katz und Maus, und versuchten dieses Spiel solange hinauszuzögern wie sie konnten. Sofern sie ihren Spaß noch daran hatten. Für sie ist Emmanline ein Spielzeug und Nahrungsquelle zugleich. Sie werden über sie herfallen, von ihr trinken und wenn es gar schlimmer kommt sogar sexuell missbrauchen. Das Letzte graute sie am meisten. Sie wollte es sich nicht vorstellen oder ausmalen. Deswegen musste sie die Vampire weiterhin in die Irre führen. Solange bis es Tag wurde und sie sich zurück ziehen mussten. Aber sie wusste nicht ob sie solange noch durchhalten würde, es wären Stunden bis zum Tagesanbruch.

„Mietz, mietz, mietz! Na komm.“, lockte ein Vampir sie wie ein Kätzchen, das aus ihrem Versteck kommen soll. „Wir werden auch ganz sanft zu dir sein.“, verhöhnte er weiter. Niemals würden sie sanft zu ihr sein. Das lag nicht in ihrer Natur.

Über umgestürzte Bäume und dichtem Geäst musste sie darüber springen oder ausweichen. In dem Wald war alles so zugewuchert, dass sie kaum Fluchtmöglichkeiten hatte. Aber sie konnte auch nicht auf freiem Feld laufen, da wäre sie noch ungeschützter und würden sie innerhalb von Sekunden zu fassen bekommen. Ausgeschlossen, aber sie musste sich dringend etwas einfallen lassen. Ohne eine Idee würde sie ziemlich aufgeschmissen sein. Also wie könnte sie es schaffen, diesen Blutsaugern zu entkommen?

Emmanline war so auf ihr Laufen und Umfeld fixiert gewesen, dass sie gerade so registrierte, wie ein leichtes Gewicht in ihrer Hand spürte. Sie wäre beinahe gestolpert und über einen Baumstumpf geflogen. Gerade so bekam sie noch die Kurve, aber was sie in ihrer Hand sah, entsetzte sie dermaßen das sie geschockt und verwirrt zugleich war. Der blutrote Rubin war wie ein leuchten im dunklem Wald. Sie konnte zwar in der Dunkelheit sehen, aber nicht so gut wie ein Vampir oder ein Drache.

Aber das konnte nicht sein. Wieso lag plötzlich dieser Stein wieder in ihren Händen? Sie hatte ihn doch auf einem kleinen Schrank bei dem Drachen zurück gelassen. Wie also konnte das sein? Dabei hatte sie alles daran gesetzt gehabt diesen Rubin wieder zu beschaffen, damit sie ihn dem rechtmäßigen Besitzer wieder geben konnte. Was sie ja auch getan hatte, aber nun lag er wieder in ihrer Hand.

Sie hatte doch wohl nicht unbewusst einen Zauber bewirkt? Nein, das konnte nicht sein. Das hätte sie doch mitbekommen. Egal ob sie einen Zauber unbewusst wirken ließ oder bewusst. Sie spürte jedes Mal, wenn magische Energie in ihr aufwallten. Deswegen war es ihr so unerklärlich. Aber vielleicht lag es auch an diesem blutroten Rubin selbst. Sie spürte das magische Schwingungen von ihm ausgingen. So recht erklären konnte sie es sich nicht. Sie hatte nicht sonderliche Ahnung von Magie.

Doch jetzt war nicht die Zeit und nicht die richtige Situation um darüber nachzudenken, warum dieser blutrote Rubin wieder in ihren Händen lag. Im Augenblick hatte sie ziemliche andere Probleme. Sollten die Drachen toben und wüten, dann sollten sie sich hinten anstellen.

Emmanline packte, während sie rannte, den Stein in ihre Tasche, denn dieser würde sie nur beim Rennen behindern. Sie durfte nicht vergessen in welcher Lage sie sich gerade befand.

Langsam bekam sie das Gefühl das sie in eine bergige Gegend kam, denn immer wieder ragten Felsen auf, die immer größer wirkten. Sie wusste, dass nicht weit von hier ein Gebirge war und es beschlich ihr ein ungutes Gefühl. Die Vampire jagten sie nicht nur lediglich, sondern jagten sie dorthin wo ihre Jagdgebiete sind. Sie war nur zur falschen Zeit am falschen Ort gelandet, denn dies ist ihr Jagdgebiet und nicht einfach nur eine reine Zufälligkeit. Schließlich hatte sie vorher schon bemerkt, dass die Vampire die Gegend kannten, aber sie hätte jetzt nicht damit gerechnet, dass sie hier irgendwo hausten. Nicht in solchen Gebieten. Wobei sie nicht die wirkliche Ahnung und Erfahrung mit ihnen gemacht hatte. Nur durch zufällige Gesprächsfetzen der Drachen in den Höhlen konnte sie einiges aufschnappen. Zwei Wachen hatten sich einmal unterhalten und sich über die Vampire lustig gemacht wie neu modern und wie protzig sie waren. Sie sind sich für nichts zu schade und sie nahmen sich ihre Quelle viel einfacher. Die Menschen seien das perfekte Ziel und leichte Beute, dass die Vampire sich nicht wirklich den Finger krumm machen mussten. Sie wählten sich ihre Opfer und setzten sie für ihre Spielchen ein, wie sie es gerade hätten.

Vielleicht aber konnte sie die Berge zu ihren Gunsten nutzen. Sie mag dieses Gebirge nicht kennen, aber bestimmte Strukturen waren immer gleich. Da sie ihr ganzes Leben in Höhlen verbracht hatte, konnte sie vielleicht Anhand von Hinweisen ihren Vorteil daraus nutzen. Vielleicht konnte sie die Vampire auch überlisten. Sie musste jetzt jede Chance nutzen, die sie bekommen konnte oder die ihr zur Verfügung standen. So ganz kampflos wollte sie nicht aufgeben.

Tiefer in den Bergen wurde sie jetzt von massivem Felsen umgeben und immer wieder blickte sie sich um. Nicht wegen den Vampiren, viel mehr ob sie eine Möglichkeit fand irgendwo unterzutauchen. Es wird nicht leicht werden, aber es sollte eine Möglichkeit bestehen. Doch wie sah diese Möglichkeit aus?

„Nein, seht euch das an. Das kleine Miezekätzchen versucht sich zu verstecken. Sie denkt sie kann sich vor uns verstecken.“, lachten sie alle auf und sie fühlte sich von Mal zu Mal immer schlimmer. „Aber ich glaube wir sollten das Spiel langsam beenden. Langsam bekomme ich wirklichen Hunger. Ihr etwa nicht, Jungs?“, sprach der Vampir heiter weiter.

„Mir geht es genauso. Lass sie uns endlich schmecken. Ich brenne schon darauf. Ich will wissen wie das Blut einer Elfe schmeckt, denn ich habe zuvor noch nie von einer probiert. Das muss köstlich sein. Wann bekommt man eine Gelegenheit eine Elfe zu schmecken.", knurrte einer der Vampire vor Verlangen und sie konnte den Hunger in dem Knurren hören. Die anderen Vier stimmten ihm zu und jetzt wurde es wirklich brenzlig und ernst.

Auf einmal erblickte sie einen Spalt im Boden und sie konnte nur eine Vermutung aufstellen, dass es sich um ein unterirdischen Höhlensystem handelte. Sie sah jetzt des öfteren wie sie Höhleneingänge in die Berge führten. Sicher sollte sie lieber die sicheren Eingänge nehmen, aber dieses Risiko war ihr zu hoch. Die Vampire würden einen zu großen Überblick haben. Sie könnten sich sofort zu ihr translozieren und packen. Dadurch wäre sie eine leichte Beute und sie kannten diese Gebirge.

Genau in diesem Moment tauchte ein Vampir vor ihr auf. Einer zu ihrer linken und ein anderer zu ihrer rechten. Drei Vampire, aber wo waren die anderen zwei? Nur sie konnte jetzt nicht aufgeben und vor Schock stehen bleiben. Der Spalt war nur wenige Meter von ihr entfernt und sie konnte es schaffen. Plötzlich tauchte neben ihr ein vierter Vampir auf und vor Überraschung und Schock machte sie einen Satz in die entgegen gesetzte Richtung.

Nur noch drei Meter. Drei Meter...

Dann der Fünfte der unmittelbar vor ihr auftauchte und indem sie beinahe rein gerannt wäre. Erneut musste sie einen Sprung machen, aber riskierte jetzt ihre Chance. Durch einen letzten Sprung überbrückte sie die letzten eineinhalb Meter zur Spalte hin.

„Verflucht sie will ins Höhlensystem verschwinden.“, war aber schon längst gesprungen und sie stürzte zu Boden auf dem Grund. Die Spalte war etwas zu eng, dass sie an den Felsen mit ihrer nackten Haut schabte. Ein brennender Schmerz durchfuhr ihren Körper, aber durch ihr Adrenalin, dass durch ihren Körper schoss, konnte sie die Schmerzen ausblenden.

Emmanline versuchte leichter auf dem Boden aufzukommen, ohne unsanft aufzuschlagen. Sie verlor keine Zeit und rannte in die Höhlen tiefer hinein, wie sie vermutet hatte, dass sie existierten.

„Verflucht nochmal.“, konnte sie einen von den Fünf oben fluchen hören. „Schnappt sie euch.“, sprangen sie ihr hinterher.

Emmanline nahm so viele Abzweigungen wie möglich, damit sie einen gewissen Vorsprung bekam.

„Lauf nur, wir werden dich eh bekommen. Du kannst dich überall verstecken, aber du wirst uns nicht entkommen. Wir können dich riechen und dein Herzschlag hören und wie dein schmackhaftes Blut durch deine Adern fließt.“, klangen seine Worte wie die reinste Vorfreude und er hatte Recht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sie hatten und dann werden sie alles mit ihr anstellen, worauf ihre natürlichen Gelüste sie drängten. Entkommen konnte sie ihnen nicht, egal wie verzweifelt sie versuchte zu entkommen.

Gefühlte Stunden rannte sie schon durch die Gänge und schon wieder spielten sie mit ihr. Nahm das je ein Ende? Langsam wünschte sie sich wirklich,dass sie sie endlich fingen. Was? Wo kam plötzlich dieser Gedanke her? Nein sie durfte nicht so denken. Entweder suchte sie sich jetzt einen Ausgang und hoffte das sie daraus einen Vorteil nutzen konnte, als noch weiter durch die Höhle zu rennen. Oder sie war am Ende angekommen. Entweder eine Sackgasse oder sie würden sie vorher schnappen. Klar war es gut das die Vampire sie nicht mehr von allen Seiten angreifen konnten, nur noch von hinten und vorne. Es war überschaubar, aber die Gelächter kamen immer näher.

Ein Hauch von frischer Luft strömte ihr entgegen und es war unfassbar. Eben gerade dachte sie darüber nach und auf einmal kam sie wirklich dem Höhlenausgang näher? Emmanline hatte eher vermutet, dass sie weiterhin durch das Labyrinth des Höhlensystem herum laufen müsste und sich mehr und mehr darin verlor, aber sie hatte wahllos Gänge genommen, die sie zum Ausgang zurück führten.

Ein Lichtblick vom scheinenden Mond, der endlich den Weg durch die Wolken gefunden hatte, konnte sie vor sich erkennen und die frische Luft strömte ihr entgegen. Sie nahm einen tiefen Atemzug und es erfühlte ihre Lungen mit frischem Sauerstoff. Langsam zerrte diese ganze Lauferei an ihren Kräften und sie würde sich am liebsten irgendwo hinsetzen und ausruhen, aber das war nicht möglich.

Draußen angekommen, rannte sie gegen etwas hartes und fiel schmerzhaft nach hinten auf den Boden. Sie unterdrückte ein quälenden Ausdruck des Schmerzes.

„Jetzt ist Schluss mit den Spielchen.“, knurrte etwas finster und drohend auf und er ragte in voller Gestalt vor ihr auf. Er hatte langes schwarzes Haar das geschmeidig seinen Körper hinunter floss. Seine Augen waren von einem glühenden Blutrot und fixierten sie wie seine schmackhafte Beute, was sie auch für ihn war.

Jetzt tauchte ein Vampir nach einander um sie herum auf. Sie schaute jeden einzelnen an und stellte fest, dass ein Vampir nach dem anderen genauso ein atemberaubendes Aussehen hatte, wie der Andere. Kein Wunder, jeder Unsterbliche hatte ihre eigene außergewöhnliche Schönheit. Egal ob tödlich, sowie bedrohlich.

„Ich habe mich doch nicht versehen, sie ist wirklich eine Schönheit.“, konnte sie die Blicke auf sich spüren, wie sie sie musterten.

Emmanline biss sich auf ihre Lippen und sie konnte gerade so ihre Nervosität gegenüber den Vampiren unterdrücken. Langsam rappelte sie sich auf, doch sie konnte sich dem Drang nicht verwehren trotz allem, auch wenn sie keine Chance hatte, vor ihnen zu flüchten. Sofort wurde sie am Handgelenk gepackt und hart zu Boden gerissen. Durch den harten Aufprall blieb ihr die Luft weg und ein geizender Schmerz machte sich in ihr breit. Vor Schmerz waren ihre Augen zusammengepresst, aber als sie ihre Augen wieder öffnete, erblickte sie über sich den Vampir gegen den sie gelaufen war. Er war über sie gebeugt, mit einem rasiermesserscharfen Lächeln. Seine Augen glühten blutrot und vor Verlangen auf, dass sie entsetzt schauen ließ, aber nein so durfte sie sich nicht geben. Sie musste stark bleiben, keine Schwäche zeigen, dass ihnen bewies welche Wirkungen sie auf sie ausübten, denn das würde alles nur noch schlimmer machen.

Jetzt erst versuchte sie sich zu wehren, aber der Vampir schnappte sich ihre Handgelenke und drückte sie von beiden Seite neben ihrem Kopf zu Boden, der Griff schmerzhaft spürbar. Trotz allem versuchte sie sich zu wehren und riss an ihren Armen um vielleicht frei zu kommen, aber ihre Hoffnung war vergebens. Es bestand keine Möglichkeit sich zu befreien. Er war zu kräftig.

„Jetzt hat es sich ausgespielt, Miezekätzchen.“, lachte er über ihr und leckte sich über seine ausgefahrenen Reißzähne, während sich der Speichel in seinem Mund sammelte, sie konnte es sehen. Dabei kam er ihr immer näher, bis er mit seinem Gesicht kurz vor ihrem war. Ein ekelhafter Atem ging von ihm aus und ihr wurde dabei schlecht, aber verzog dabei keine Miene. „Ich muss zugeben, es hat uns wirklichen Spaß gemacht dich zu jagen. Es war mal eine willkommene Abwechslung für uns.“

Als er ihren Gesicht noch ein paar Zentimeter näher kam, war sie der Versuchung nahe gewesen ihren Kopf von ihm abzuwenden, aber sie wusste, dass er genau das erreichen wollte. Sie würde ihm dadurch offen ihren Hals darlegen, sollte sie sich von ihm abwenden. Sicher würde er dessen keine Hilfe brauchen, aber sie wollte ihm die Genugtuung nicht geben, wie verletzlich sie sich gab.

„Ich werde mich nicht vor euch fürchten.“, hoffte sie glaubwürdig zu klingen.

Gelächter drangen an ihr Ohr. „Warten wir es ab, Elfe.“, sprach der Vampir über ihr gebeugt, während er mit einer Hand grob ihr Kinn umfasste. Nach einem kurzen Augenblick drehte er ihren Kopf zur Seite und legte offen ihre Kehle dar. Jetzt erst begann sie sich zu wehren und versuchte sich von ihm loszureißen. Doch niemals hätte sie eine Chance gegen ihn. Hätte sie sich befreien können, wären noch vier weitere Vampire dagewesen, die sie zu Fall gebracht hätten, oder dieser Vampir über ihr hätte sie erneut niedergestreckt. Trotz allem ließ sie sich davon nicht abhalten sich zu wehren.

Dann ging alles viel zu schnell, als spitze Zähne das Fleisch an ihrem Hals durchstieß. Wie Säure brannte es. Ein brennender Schmerz durchfuhr ihren ganzen Körper. Ihre Augen weit aufgerissen und beinahe hätte sie vor Schmerz geschrien, aber nichts kam über ihre Lippen. Immer noch wandte sie sich unter ihm, doch jetzt lag sein schwerer Körper auf ihr, dass sie sich so gut wie jetzt gar nicht bewegen konnte.

„Gale, lass uns auch mal ran. Wir haben auch Hunger.“, beschwerte sich einer der Vampire, aber ein tiefes und tödliches Knurren hinderte ihn daran, dass er ihn von ihr runter riss. Anscheinend war er der Anführer von ihnen. Doch so wie es aussah ließen sich die anderen Vampire sich nicht davon abhalten, auch von ihr Blut zu nehmen. Zwei Vampire schnappten sich jeweils ein Handgelenk von ihr und bissen ohne Zurückhaltung hinein. Weiterer Schmerz der hinzukam. Innerlich schrie sie und es hallte in ihrem ganzen Körper wieder.

Sie würden sie bis zum letzten aussaugen, denn langsam fühlte sie sich benebelt, ihr Körper Bleischwer. Ihr drohte die Ohnmacht zu überfallen und sie konnte nichts dagegen tun.

Schmatzende Geräusche gaben sie von sich und sie wirkte stets mehr in weiter ferne. Dann erklang ein lautes Brüllen, dass die Luft zum vibrieren brachte. Irgendwo her kannte sie dieses Brüllen, aber sie wusste im Augenblick nicht woher. Ihr Verstand vernebelt und nicht mehr fähig zum denken. Nicht mehr lange und sie würde vollkommen das Bewusstsein verlieren und es würde noch schlimmer werden, bis sie vollkommen reglos liegen blieb. Die Vampire haben vor sie komplett auszusaugen und sie waren sehr nahe daran es getan zu haben.

Kurz nach diesen grausamen und wütenden Brüllen spürte sie Erleichterung auf ihrem Körper. Aber rühren konnte sie sich nicht, wie gern sie es auch wollte. Es brannte wie Säure in ihrem Körper, als sie ihre Reißzähne in sie geschlagen hatten.
 

Lucien flog in seiner Drachengestalt wie ein Blitz durch die Lüfte. Er konnte nur vermuten in welche Richtung sie gegangen war, als sie ihn verlassen hatte. Ihren Geruch, was ihn so betörte, konnte er nicht mehr auffangen, aber das war kein Problem. Er war ein guter Fährtenleser, dass er nicht sonderlich ein Problem damit hatte. Er würde sie finden und nichts würde ihn davon abhalten es zu tun.

Mit einem tiefen Flug rauschte er knapp über die Bäume des Waldes unter ihm, auf der Hoffnung irgendetwas von ihr zu finden. Nur eine kleine Spur würde ihm reichen und sie würde ihm nicht mehr davon laufen können. Es hatte lange gedauert, bis er alles erledigt hatte, was er geplant hatte. Er gab wahrhaftig zu das es ihn eine Menge Selbstbeherrschung gekostet hatte, dass er ihr nicht gleich nach gestürmt war. Gut das er so eine große Selbstkontrolle hatte.

In Gedanken bei ihr, durchfuhr ihn ein riesiger Schmerz. Es kam so überraschend und unerwartet, dass es ihn beinahe aus der Bahn geworfen und er noch mehr an Höhe verloren hätte, denn sonst wäre er in die Bäume gerauscht. Schon wieder traf ihn ein unerwarteter Schmerz, von woher er nicht wusste woher er kam. Es traf ihn heftig und sein Drache knurrte auf. Woher kam dieser Schmerz? Niemand griff ihn an und weder noch war er verletzt. Irgendwas musste passiert sein und sein Gefühl sagte ihm, dass etwas mit Emmanline nicht stimmte. Gerade dachte er zurück, als ihm schon einmal so ein unsagbarer Schmerz seinen Körper getroffen hatte. Sein Instinkt hatte danach verlangt in seiner Höhle zurück zukehren, zu der Elfe wo er gedacht hatte, sie wäre tot. Irgendwas wurde in ihm ausgelöst, was ihn magisch hatte angezogen. Und genau jetzt verspürte er das gleiche Verlangen zu ihr zukommen. Sein Instinkt drängte ihn zu ihr zu gelangen. Es leitete ihn sogar, denn jetzt versuchte er sein Tempo noch zu erhöhen. Durch seinen unsagbaren Zorn, der nun in ihm aufstieg.

Sie ist in Gefahr.

Rief eine innere Stimme in ihm. Etwas zog sich in seiner Brust zusammen und ein Gefühl der leichten Panik machte sich in ihm breit. Woher kam das schon wieder? Irgendwas stimmte mit ihm nicht. Wieso hatte er nur das Gefühl, dass mit Emmanline nichts stimmte? Es war fast wie eine Art Verbundenheit, was nicht sein konnte. Auch das er einfach so mental mit ihr Kontakt aufnehmen konnte, war für ihn genauso überraschend und merkwürdig, wie es bei ihr auch gewesen war. Genau das war ein zweiter Grund wieso er sie zurück holen wollte, weil er heraus finden wollte, wieso zwischen ihnen solch eine Anziehung bestand.

Als wüsste sein Drache wohin er fliegen musste, flog er von Norden nach Osten. Das war wirklich eigenartig, aber langsam vernahm er den Duft nach sonnigem. Ein Geruch wo er sich in der Wärme aalen könnte. Zufrieden knurrte sein Drache auf, aber trotzdem stimmte etwas nicht. Er roch Blut, dass sich mit dem berauschendem Duft vermischte. Etwas setzte urplötzlich in ihm aus und er stürzte in dessen Richtung. Er brauchte nur wenige Minuten, als er Gestalten entdeckte die auf dem Boden hockten. Er wusste sofort, dass er Vampire vor sich sah, aber dieses unbehagliche Gefühl wuchs in ihm stets mehr. Er brauchte nur das weiße schimmernde Haar von Emmanline sehen, da brach die unsagbare Wut in ihm aus. Lucien brüllte laut und voller Zorn auf. Wogegen er vom Himmel hinab stürzte.

Schon bei der Landung, verwandelte er sich in seine menschliche Gestalt und raste zu den Vampiren, denn er wollte sie nicht in seiner Drachengestalt weiter gefährden, als es nötig war... Zwei blickten sofort auf und Angst spiegelte sich in ihren Augen wieder. Allein sein Brüllen hatte ihnen das fürchten gelehrt.

Bei ihnen und Emmanline angelangt, die so reglos und hilflos unter ihnen lag, riss er den obersten Vampir von ihr runter, der seine Reißzähne in ihrem zarten Hals vergraben hatte. Der Vampir hatte von ihr abgelassen und die anderen beiden auch, als er gebrüllt hatte. Hätten sie ihre Reißzähne noch in ihr versenkt gehabt, hätten sie ihre Kehle und Handgelenke aufgerissen. Alle werden sterben, jeder einzelne wie sie hier waren. Erbarmen kannte er nicht. Nicht mehr.

„Du beschissener Hurensohn.“, knurrte Lucien ihn wütend an, als er ihn schmerzhaft an der Kehle gepackt hatte und nun fest zudrückte. Seine Augen loderten glühend golden auf. Der Vampir versuchte vergebens sich zu befreien, schnappte mit seinen Reißzähnen nach ihm, die vor Blut und Sabber trieften. Aber die Gelegenheit gab er ihm nicht, als er ihm, mit seiner Faust, ins Gesicht schlug. Mit voller Kraft konnte er Knochen knacken hören, wie er immer fester seinen Kehlkopf zudrückte, bis er irgendwann erschlaffte und er ihm dann seinen Kopf von den Schultern riss. Eine unglaubliche Kraft strömte durch seinem Körper, dass es nur so aus ihm herausbrach.

Den reglosen Körper ließ er achtlos auf den Boden fallen, zuckend und eine Blutlache die sich um seinem Körper ausbreitete. Wie ein Teppich breitete es sich um ihm aus. Er wandte sich den anderen vier zu, die sich nun in Kampfstellung brachten. Die anderen Beiden ließen von Emmanline ab, fauchten und griffen ihn voller Zorn mit glühenden roten Augen an. Augen des Wahnsinns. Auch die anderen drei umzingelten ihn jetzt, kämpften mit ihm. Immer wieder translozierten sie sich hin und her, während er angriff. Der Überraschungseffekt war bei ihnen verflogen, aber sie würden trotzdem bei ihm keine Chance haben.

Er und sein Drache waren zum kämpfen bereit und eine Woge des Vergnügens begleitete ihn dabei. Es lag in der Natur der Drachen, dass sie ausgezeichnete und unbarmherzige Jäger waren.

„Na los. Kommt, greift mich an.“, lächelte er breit und bedrohlich, herausfordernd. Er lockte sie mit einem gekrümmten Finger, während er sich bereit machte. Sie hatten keine Ahnung auf wem sie sich einließen und wer überhaupt vor ihnen stand. Mit einem breiten Grinsen der Überlegenheit stürzte er sich selbst in den Kampf.

Blut klebte überall auf seiner Kleidung und selbst auf seinem Gesicht, als er schwer atmend und mit glühenden Augen dastand. Nur noch einer stand aufrecht und der Vampir konnte sich gerade noch so auf den Beinen halten. Auch wenn er überlegen war, hatte er trotzdem Schläge und andere kleine Verletzungen einstecken müssen, welche nicht von großer Bedeutung waren.

Immer wieder musste er zu Emmanline schauen, wie es ihr ging. Er bekam mit wie sie sich mit Mühe aufgesetzt hatte. Es schien ihr große Anstrengung zu kosten sich aufrecht zuhalten und immer wieder schien sie mit sich zu ringen nicht das Bewusstsein zu verlieren. Diese verdammten Blutsauger hatten von ihr getrunken und zu viel Blut von ihr genommen. Es hat sie geschwächt und dieser Zustand von ihr gefiel ihm gar nicht. Das hatte seine Wut und Zorn nur noch mehr gestärkt. Deswegen kämpfte er noch erbitterter damit sie in Sicherheit war.

Lucien wusste nicht woher das kam, aber er fühlte sich zum Teil schuldig das er nicht schon vorher dagewesen war, fühlte sich schuldig das er sie nicht hatte beschützen können. Er hätte schon viel eher nach ihr suchen sollen, dann wäre das nicht alles geschehen und sie müsste nicht so leiden. Sie mochte es nicht zeigen, welche Schmerzen sie darunter litt, aber er konnte es spüren. Es durchfuhr seinen ganzen Körper. Wie konnte das nur geschehen?

Endlich hatte er den letzten Vampir zu Fall gebracht und er zögerte keinen Moment, um auf sie zuzugehen. Sofort hockte er sich vor ihr hin und nahm sie in Augenschein.

„Emmanline...“, flüsterte er rau ihren Namen und suchte nach mehr Verletzungen ab, als nur an ihren Handgelenken und an ihrem Hals. Als er nichts weiter entdeckte, richtete er sich auf die eigentliche Ursache. Finster schaute er in ihr Gesicht. Immerzu musste sie blinzeln, weil sie gegen die Ohnmacht ankämpfte. Vorsicht nahm er ihr Gesicht in seine Hände. „Schau mich an.“, bat er sie, kein Befehl. Er konnte sehen, dass sie ihn gehört hatte und versuchte tatsächliche sich auf ihn zu konzentrieren. Sie wehrte sich nicht gegen ihn, denn ihre Kräfte waren einfach am Ende. Antworten konnte sie auch nicht, aber sie hörte ihm zu, als er weitersprach. „Aus deinen Verletzungen fließt noch immer viel Blut. Ich muss die Blutung stoppen. Egal was geschieht, Emmanline, aber ich muss sie behandeln. Wehre dich nicht dagegen. Ich werde dir nicht wehtun, das verspreche ich dir.“, strich er behutsam mit seinen Daumen über ihre Wangenknochen, während er sie sanft anblickte. Ihm entging es auch nicht, dass sie mit sich rang, aber dennoch rang sie ein kleines Nicken ab, welches er nicht hätte bemerkt, wenn er sie nicht genau beobachtet hätte.

Behutsam umfasste er ihr Kinn und neigte es zur Seite. Sofort versteifte und verkrampfte sich ihr Körper. „Sssccht...“, versuchte er sie zu beruhigen. „Ich werde nichts tun was du nicht willst, Emmanline.“, sprach er flüsternd weiter. Langsam senkte er seinen Kopf. Trotz das der Geruch von ihrem Blut in der Luft lag, umlagerte sie ihn mit ihrem verführerischen eigenen Duft. Er musste sich mächtig zusammenreißen, um nicht der Versuchung nachzugeben, sie noch enger an sich zu ziehen. Er durfte nichts tun, was sie nicht wollte. Er fühlte ihr Unbehagen und was sie in diesem Moment tat, dass sie sich ihm so hingab, lag nicht nur daran das sie so geschwächt war. Sie lag in seinen Händen und sie präsentierte sich ihm so offen, dass er wusste, dies war nicht leicht für sie. Es erstaunte ihn, dass sie es so freiwillig tat und er nahm es nicht als Selbstverständlichkeit hin und das respektierte er. Weil sie es war.

Immer tiefer neigte er seinen Kopf, bis er einige Zentimeter vor ihrer weichen Haut stoppte. Reiß dich zusammen. Du willst ihr nur helfen, sprach er in Gedanken mit sich selbst. Sie braucht meine Hilfe. Sie soll nicht weiter leiden, war es ein Verlangen und ein Wunsch in ihm.

Eine Hand von ihm legte sich auf ihrem Hinterkopf und seine andere fasste ihren rechten Oberarm. Die Einstiche des Vampirs, auf ihrer rechten Halshälfte, hörte nicht auf zu bluten. Noch immer brannte diese ungeheure Wut in ihm, wie er Emmanline vorgefunden hatte, wie diese Bastarde von Blutsaugern über ihr gehangen und wie widerliche Blutegel an ihr gesaugt hatten. Am liebsten würde er sie alle noch einmal in Stücke reißen, nur diesmal qualvoller und langsamer, damit sie spürten was sie getan hatten und welchen unmessbaren Zorn sie in ihm geweckt hatten. Zu gerne hätte er es noch langsamer getan, aber er musste jetzt an Emmanline denken.

Vorsicht und langsam leckte er mit seiner Zunge über ihre Wunde und was ihn da erwartete, traf ihn unerwartet. Es traf ihn wie ein Schlag und er stöhnte bei diesem süßen und einzigartigen Geschmack auf. Wenn er schon gedacht hatte, ihr Duft betörte ihn, dann hatte er nicht damit gerechnet, dass ihr Geschmack in dreimal so umhaute. Das sonnige steckte nicht nur in ihrem Duft, sondern selbst in ihrem Blut. Sie war das reinste Ambrosia für ihn.

Fester presste er sie an sich und umschlang seine Arme vollkommen um sie. Ihr Blut berauschte ihn und beinahe wäre er der Versuchung verloren gewesen sie auf jede erdenkliche Art und Weise zu kosten, aber er durfte nicht. Das konnte er ihr nicht antun. Sie hatte sich ihm anvertraut und keinesfalls würde er ihr Vertrauen in diesem Augenblick missbrauchen, so lockerte er seinen Griff wieder leicht, aber behielt seine Arme um ihrem kleinen Körper geschlungen.

Emmanline war bei seiner ersten Berührung seiner Zunge auf ihrem Hals zusammengezuckt, dass er sich zusammenreißen musste. Er tat es nur um ihr zu helfen. Dafür war er gekommen, um ihr zu helfen. Womit er aber nicht gerechnet hätte, war, dass selbst sie sich an ihn schmiegte, mit ihrer letzten Kraft. Selbst ein Stöhnen verließ ihre Lippen, während sie sich weich und ergebend in seinen Armen fallen ließ. Ihre Anspannung war aus ihrem kleinen zierlichen Körper verschwunden, denn sie schien genauso wie er auf diese Berührungen und Empfindungen zu reagieren. So sinnlich und hingebungsvoll.

Mit großer Mühe ließ er von ihrem Hals ab und betrachtete ihre zarte Haut. Aber nicht eher, bevor er ihr einen zarten Kuss auf die Stelle gegeben hatte. Wie er gedacht hatte, hatte das Blut aufgehört zu fließen. Sein Speichel sonderte ein besonderes Sekret aus, was die Blutung stoppte. Dies besaß jeder Drache, denn würden sie schwere Verletzungen von sich tragen, die todbringend sein konnten, dann half es ihnen zu vermeiden, dass es schlimmer werden würde. Mit einer leichten Befriedung wandte er seinen Blick kurz zu ihrem Gesicht hin. Sie betrachtete ihn aus einem verschleierten Blick, ihre Augen zu einem kleinen Spalt geöffnet. Er konnte ihren Blick nicht ganz deuten, ob er Erleichterung, Verlangen oder Unsicherheit zeigte. Vielleicht sogar von allem etwas. Seine Aufmerksamkeit nun zu ihren Handgelenken gerichtet, legte er sie vorsichtig in seine Arme. Zuerst nahm er ihr linkes Handgelenk und tat genau das Gleiche, wo er nie gedacht hatte, solch eine Sanftheit zu besitzen. Mit seiner Zunge glitt er über die Einstichlöcher, leckte erneut das köstliche Blut von ihr auf und eine erneute Euphorie durchflutete seinen Körper, selbst seine Sinne. Es berauschte ihn aufs äußerste und wieso konnte er nicht mehr anders, als es genüsslich zu genießen? Drachen waren Raubtiere und jagten auf blutige Art und Weise, aber das es so berauschend seine konnte, davon hatte er noch nie etwas gewusst, so köstlich war es. Unbeschreiblich...

Erneut küsste er über die Wunde, als er fertig war. Das ganze tat er mit ihrem anderen Handgelenk auch, mit einer behutsamen Zärtlichkeit. Letztendlich spürte er ihren Körper, wie er schlaff in seinen Armen versank. Nun war sie vollkommen der Bewusstlosigkeit verfallen, lag reglos in seinen Armen. Er musste zugeben, dass es ihn bedrückte, denn alles andere wäre gelogen. Emmanline, so wie er sie in kurzer Zeit kennen gelernt hatte, war keine Person die sich so auslieferte und das gefiel ihm nicht. Auch wenn er ihr kein Haar, nicht mehr, krümmen würde, war es doch eigenartig, denn sie tat das nicht freiwillig. Gezwungener maßen wurde sie dazu gedrängt, sogar gezwungen in seinen Armen sich schutzlos auszuliefern, obwohl sie niemals schutzlos sein wollte.

Fest an sich gedrückt, griff er in ihr schneeweißes Haar und betrachtete die Frau in seinem Armen. Sie war kreidebleich, fast so weiß wie ihr Haar. Sonst hatte sie stets eine leicht rosige Hautfarbe, aber durch den starken Blutverlust war sie so bleich und kalt. Eiskalt und eine Erinnerung kehrte zurück, denn er hatte schon einmal gespürt gehabt, wie kalt sie gewesen war. Nur war sie damals nicht bewusstlos gewesen. Diesmal schlug ihr Herz, auch wenn nur schwach, aber sie lebte, nicht wie damals und es erleichterte ihn zu einem gewissen Teil. Sie würde leben.

Lucien wusste nicht wie lange er schon so mit ihr, in seinen Armen, auf dem Boden saß, während er sie so intensiv anschaute. Trotz ihrer Beschlagenheit, war sie noch immer so schön. Leicht hatte er ein paar Strähnen aus ihrem Gesicht gestrichen, gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. „Du wirst leben, Emmanline. Nun wird alles anders werden.“, flüsterte er und stand mit ihr, in seinen Armen, auf. Jetzt musste er erst einmal einen Ort finden, wo sie in Sicherheit waren. Sie brauchten einen Ort, wo sie sich ausruhen konnten, vor allem Emmanline. Sie brauchte jetzt vollkommene Ruhe und ihm kam auch schon ein Plätzchen in den Sinn, wo er ihn finden konnte. Er war dort schon lange nicht mehr gewesen, aber das war ein Anfang und sie waren ungestört. In der Zeit wo Emmanline sich ausruhte, konnte er sich weiter überlegen was er als nächstes tun würde. Der nächste Schritt, war, sie zu überzeugen, dass sie bei ihm sicherer war, als irgendwo anders.
 

Eine schwere Trägheit lastete auf ihr, als sie langsam wieder zur Besinnung kam. Es war schwer diese schwere Müdigkeit von sich zu drängen und um einen klaren Verstand wieder zu bekommen. Sie brauchte eine Ewigkeit, bis sie alles wieder soweit zusammen hatte was geschehen war. Als Erstes erinnerte sie sich an glühende blutrote Augen, die sich tief in ihr Unterbewusstsein gebohrt hatten und diese Gier darin war unverkennbar gewesen. Dieser Wahnsinn und diese Gier nach Blut war unbeschreiblich gewesen.

Diese Monstrums, mit diesen Augen, hatten sie solange gejagt und verhöhnt, bis sie sie gefangen und wie ihre wehrloses Opfer unter sich begraben hatten. Danach konnte sie sich nur noch an brennenden Schmerz erinnern und der tiefe Schrei in ihrem Kopf. Es war so gleißend und entsetzlich gewesen, dass sie kaum noch bei sich hatte bleiben können. Sie hatte gespürt wie sie immer mehr der Dunkelheit entgegen glitt und wie ihr Leben von Sekunde zur Sekunde immer mehr aus dem Körper gesaugt wurde, als die Vampire sich an ihr labten.

Emmanline war darauf vorbereitet gewesen, dass unvermittelbar der Tod nach ihr greifen würde und so war es auch. Diese unsagbare Kälte ist ihrem Körper immer mehr rauf gekrochen und hätte sie beinahe übermannt, aber dann war da dieses Brüllen gewesen, was ihr vertraut und doch auch wieder nicht war. Obwohl sie so geschwächt war, konnte sie alles davon fühlen. Dieses Brüllen war so durch dringlich gewesen und diese unsagbare Wut und Zorn war nicht zu überhören gewesen.

Danach verging alles viel zu schnell und doch auch wieder viel zu langsam, dass sie wahrhaft Mühe brauchte jetzt bei Besinnung zu bleiben. Sie durfte nicht wieder ohnmächtig werden. Nicht jetzt, wo sie doch beinahe alles zusammen hatte. Da waren noch diese goldenen glühenden Augen gewesen. Sie wusste, dass diese einmaligen durch dringlichen Augen demjenigen gehörten, von dem das wütende Brüllen gekommen war. Sie wusste, von wem sie waren, aber warum konnte sie sich daran nicht erinnern? Sie hatte es doch gewusst und wieso ist ihr das so entfallen?

Dieses Gefühl das sie es vergessen hatte schmerzte auf eine gewisse Art und Weise, als wäre es eine Art Verlust. Sie musste sich daran doch nur erinnern, so schwer war es doch nicht.

Mich großer Anstrengung und Selbstbeherrschung schaffte sie es im Unterbewusstsein wach zu bleiben, aber bemühte sich unter Zwang die Augen zu öffnen. Wie Blei lag es schwer auf ihr, dass sie kaum die Augenlider aufschlagen konnte. Doch irgendwie schaffte sie es. Als erstes war ihr Sichtfeld verschwommen, aber zu ihrer Überraschung wurde sie von nichts geblendet. Es war ein dumpfes warmes Licht, was schonend in ihren Augen wirkte. Jetzt auch roch sie den süßlichen Duft, der sie sanft umhüllte. Es war ein angenehmer und leichter Duft, nach Blüten und exotischem. Vermischt mit etwas erdigem. Es wirkte so beruhigend auf sie und ihr Körper entspannte sich leicht dabei.

Es kam zwar wie eine Ewigkeit vor, aber langsam konnte sie ihre Augen offener halten und ihr Sichtfeld nahm allmählich Konturen an. Mit mehreren Malen von Blinzeln wurde es immer besser. Auch jetzt erst konnte sie Geräusche um sich herum wahrnehmen, wie leises Rascheln und Geplätscher von Wasser. Doch bewegen konnte sie sich noch immer nicht. Sie war so kraftlos, aber sie wollte sich bewegen, wollte wissen wo sie war und wissen was genau passiert war. Sie wollte sich erinnern.

„Du solltest liegen bleiben.“, meldete sich eine dunkle und männliche Stimme. Sie wäre da schon auf geschreckt, aber doppelt, als sich sanft eine Hand auf ihre Stirn legte und eine andere Hand eine ihrer Schulter.

Erschrocken zuckte ihr Blick zur Seite und blickte in goldene glühende Augen. Sofort fing ihr Herz an zu rasen und ihr Atem ging leicht schneller. Dieser Blick brachte sie vollkommen aus dem Konzept und unmöglich konnte sie sich dagegen wehren.

„Schon gut, Emmanline. Dir wird niemand mehr etwas antun. Du bist in Sicherheit.“, sprach der Mann weiter, wobei sie genau wusste wer er war. Der Drache...er hatte sie gefunden und sie hatte es gewusst, dass er kommen würde. Es war nicht seine Anwesenheit, dass sie so durcheinander brachte. Nein, viel mehr war es seine sanften Berührungen, wie er mit seiner Hand immer und immer wieder sanft über ihr Haar strich. Oder wie sanft seine Stimme war, die sie umschmeichelte. Oder wie warm und sanft seine Blicke zu ihr waren. Alles was dieser Mann ausmachte, welcher so hart war, strahlte jetzt nur eine unheimliche Sanftheit aus. Alles an ihm und das erschreckte sie am meisten, was ihr Herz so zum rasen brachte und ihr Atem unkontrollierbarer machte.

Unfähig ihn weiter anzuschauen, wandte sie ihren Kopf soweit von ihm ab wie sie nur konnte und bemühte sich weiterhin aufzusetzen. Sie wollte nicht so wehrlos daliegen und sich kampflos ergeben, wie sie es vielleicht zeigte. Auch wenn sie keine Chance hätte.

„Lass mich.“, krächzte sie und ihre Stimme hörte sich grauenvoll an. Es schmerzte zu sprechen, aber sie schluckte all den Schmerz unter, wie sie es immer tat.

Ein tiefes Grollen vibrierte durch die Luft und sie wusste, dass es von ihm ausging. „Stures Weib.“, knurrte er, aber er tat nichts um sie aufzuhalten, als sie sich trotz der ganzen Anstrengungen aufsetzen wollte. Er half ihr sogar dabei. „Warte einen Moment.“, meinte er und schien sich mit seinem Gewicht kurz anders zu verlagern, als er ihr dabei half und sie mit dem Rücken gegen etwas hartes lehnte. Da merkte sie, dass sie gegen eine Felswand gelehnt wurde, damit sie nicht umkippen konnte.

„Wie lange war ich bewusstlos?“, brachte sie gerade noch heraus.

Bevor er ihr antwortete, drückte er ihr etwas in die Hände. „Du solltest etwas trinken.“, meinte er nur darauf, aber sprach weiter. „Ungefähr neunzehn Stunden.“, klang seine Stimme tief und rau, dass dieser Klang ihr einen kleinen Schauer über die Haut jagte. Was war nur an diesem Mann, dass sie so aus dem Konzept brachte?

Aber siebzehn Stunden? Eine viel zu lange Zeit, sich schutzlos ausgeliefert zu haben.

„Trink, Emmanline.“

Da bemerkte sie erst wieder, dass er ihr etwas in die Hand gedrückt hatte. Ein kleines Gefäß, worin eine dunkle Flüssigkeit war, welches ein köstliches Aroma ausstrahlte. Ihr Blick hatte sich allmählich wieder aufgeklart und konnte eindeutig wieder besser sehen, selbst den Mann, der so bedrohlich nahe bei ihr saß. Als wäre das nicht genug, musste er sie so anstarren und das mit einem Ausdruck, die seine Stimme schon verraten hatte. Diese ungeheure Sanftheit. Das war nicht das Einzige was sie in seinen Augen lesen konnte, während sie ihn jetzt anblickte. Seine Augen strahlten wie Besorgnis und Wut aus, aber auch Entschlossenheit. Aber wofür?

„Lass dass. Ich will das nicht.“, denn sie verstand seine plötzliche Freundlichkeit und Achtsamkeit nicht. Nicht was er zuvor alles getan hatte. Es erschreckte sie und er merkte das noch nicht einmal. Was stimmte nur nicht mit diesem Mann? Anscheinend schob er sich das so zurecht, wie es ihm gerade passte und das ärgerte sie zu gewiesenen Maße. Er durfte sich nicht einbilden etwas von ihr zu verlangen, was sie ihn niemals gewähren lassen würde. „Ich brauche das alles nicht. Ich brauche deine Hilfe nicht.“

„Und ob du das brauchst.“, knurrte er zurück und funkelte sie etwas leicht finster an, aber sie ließ sich davon nicht beirren. Das durfte sie nicht. „Das du meine Hilfe nicht brauchtest, habe ich vollkommen mitbekommen. Erzähle nicht so ein Unsinn. Nimm einfach meine Hilfe an.“

„Warum sollte ich?“, blieb sie weiterhin stur und funkelte ihn nun finster an. Das brachte ihr ein kleines Knurren seinerseits ein.

„Ich weiß, dass ich bisher keine gute Gründe vorgebracht hatte, dir den Eindruck gegeben zu haben, mir zu vertrauen oder zu glauben. Aber ich meine es ehrlich, wenn ich dir sage, dass ich hier bin, um dir zu helfen und zu beschützen.“, versuchte er weiter auf sie einzureden. Aber warum?

„Warum?“, wurde ihr Blick immer ernster und kühler. „Warum ist es dir auf einmal so wichtig mich zu beschützen? Oder mir gar zu helfen? Du hast nicht all zu viel Interesse daran gezeigt, es zu tun. Letzten Endes bin ich nur eine Gefahr für euch, weil ich mein Leben bei Culebra verbracht hatte. Ihr seid Todfeinde und ich bin wohl kaum zu jemand, denn man beschützen sollte oder gar Vertrauen schenken. Vielleicht bin ich ja auch hier, um euch auszuspionieren, nur um Informationen an Culebra weiter zu geben, wie er euch am Ende vernichten wird.“, sprach sie jedes Wort, mit mehr Drohungen aus, wie sie es beabsichtigt hatte.

„Hör auf damit.“, fauchte er sie laut und wütend an.

„Nein.“, wurde sie nun auch laut. „Ich werde nicht damit aufhören. Oder willst du mir mir dann wieder drohen und wehtun? Nur zu, tue dir keinen Zwang an.“, forderte sie ihn tatsächlich heraus. Sie war wirklich lebensmüde und dumm.

„Du provozierst es echt, Mädchen. Nicht wahr?“, schaute er sie aus glühenden Augen an, wobei sich sein Blick sich in ihr fest bohrte. „Willst du das, dass ich dich so behandle? Willst du, dass ich dir weh tue? Langsam wird mir allmählich klar, was du hier versuchst. Du versuchst jeden auf dich anzusetzen, weil du vielleicht irgendwann die Hoffnung hegst, einer wird sich deiner entledigen.“, erschien ein überlegendes Grinsen auf seinem Gesicht und es schockierte sie. Nicht das er die Wahrheit sprach, sondern das er sich ihr so Überlegen gegenüber tat. Schließlich war ihr bewusst, dass er alles daran setzen wird es zu verhindern. „Nur wird das bei mir nicht ziehen, Emmanline.“, sprach er weiter und legte sanft eine Hand auf ihre Wange. Sie zuckte leicht zusammen und konnte ihn nur sprachlos anstarren. „Ich weiß, dass ich die Wahrheit spreche. Das wird aber nicht der Fall sein. Versuche es weiter und du wirst sehen was du davon hast. Ich rate dir, deine Kräfte dafür nicht zu verschwenden. Es wird sich nicht lohnen. Dabei solltest du doch wissen wie stur Drachen sein können. Also was ist, wirst du es weiterhin versuchen?“

Ihr Mund öffnete sich leicht, aber schloss ihn gleich wieder, unfähig ein Wort raus zubekommen. Nachdenklich musste sie ihre Stirn runzeln. „Ich verstehe trotzdem nicht, was du dadurch bezweckst. Warum?“, konnte sie immer und immer wieder nach dem warum fragen. Sie wurde aus ihm nicht schlau.

„Du musst mir einfach vertrauen, dass es so ist, dass ich dich beschützen will.“

„Das kann ich aber nicht. Ich kann dir nicht vertrauen.“, brachte sie hervor.

„Vielleicht nicht jetzt, aber eines Tages.“, klang es wie ein Versprechen, dass sie eines Tages dazu fähig war. „Ich werde es dir beweisen.“

Leicht schüttelte sie mit ihrem Kopf. „Nein, du lügst.“, legte sie beide Hände auf seine Brust und versuchte ihn wegzudrücken. Er war ihr gerade zu nahe, dass sie kaum noch Luft bekam. Er nahm ihr die Luft zum atmen, so dicht drängte er sich ihr auf. Wie konnte er sie nur durch bloße Anwesenheit, so außer Atem bringen? So durcheinander bringen? Was stellte dieser Mann nur mit ihr an? „Der Rubin...er ist Schuld daran.“, krächzte sie leise und da kam ihr auch dieser blutrote Stein wieder in Erinnerung, wie er urplötzlich in ihrer Hand erschienen war. Langsam nahm sie ihn aus der Tasche heraus und starrte diesen unheilvollen Stein an, der ihr so viel Ärger mit gebracht hatte. „Deswegen bist du hier. Das ist der Grund, weswegen du hier bist. Schließlich ist er wieder in meinem Besitz. Ein erneuter Diebstahl.“ schaute sie ernst zu ihm rauf und reichte ihn zu ihm hin. Als sie in seine Augen schaute, traf es sie wie ein Blitz. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf sie gerichtet und er schien den Rubin überhaupt nicht zu beachten, würdigte ihn nicht einmal eines Blickes. Was stimmte hier nicht?

Sachte legte der Drache seine Hand auf das Handgelenk von ihr, welche sie den Rubin in der Hand hielt, und drückte ihre Hand nach unten.

„Das ist nicht der Grund, weswegen ich gekommen bin. Natürlich habe ich mitansehen müssen, wie auf einmal der Rubin vor meinen Augen verschwunden war, aber das war mein entscheidender Moment gewesen den ich gebraucht hatte.“

„Wofür?“,dabei wusste sie die Antwort schon.

„Um zu dir zu gelangen. Ich will ehrlich zu dir sein, Emmanline.“, war er vollkommen ernst und darin lag keine Lüge. Sie konnte es in seinen Augen erkennen, dass es nicht gelogen war. „Du weißt, das mein Schwur mich daran hindert, dich zurück zu holen. Aus unergründlichen Gründen will mein Drache, dass du bei mir bleibst. Ich verstehe es selbst nicht, aber ich kann mich nicht dagegen wehren. Deswegen will ich herausfinden, was genau das ist, was mein Drache so an dir reizt.“

Meinte er das wirklich ernst? Wenn das stimmte, dann steckte sie in größeren Schwierigkeiten, als sie gedacht hatte. Wie sollte sie da wieder heraus kommen, wenn er solch ein Interesse an ihr zeigte? Vor allem sein Drache. Sie reizte seinen Drachen und das war überhaupt nicht gut. Emmanline hatte schon oft mitbekommen, wenn ein Drache Interesse an etwas hatte, dass es keine Chance gab zu entkommen. Ihre Sturheit und Gunst verstärkte ihren Drang zu besitzen. Sie würde demzufolge überhaupt keine Chance haben zu entkommen. Er wird nicht nur ein Augenpaar auf sie haben. Sie würde erneut eingesperrt werden und ein Leben in unbestimmter Zeit gefangen sein.

Wie sollte sie das jetzt überleben. Zum ersten Mal durfte sie die Freiheit erfahren und sie fand so großen Gefallen an diese neuen Dinge und was sie entdeckte. Ihre Neugierde wuchs mit jedem Schritt, aber wenn sie jetzt daran dachte, dass dies alles nun vorbei war, dann überkam es sie wie der kälteste Schauer und ihre Brust schnürte sich schmerzhaft zusammen. Sie fühlte sich so beklommen und schwermütig.

Ihre Schultern sackten nach unten und sie konnte nicht anders, als sich zu ergeben. Der Drache hat ihr etwas gestanden, wo sie nie wieder heraus kommen würde. "Ich habe nie eine Chance gehabt zu gehen, nicht wahr?", erinnerte sie sich schmerzhaft daran und am liebsten wollte sie seine Antwort auch nicht hören.

„Nein.“, war seine Antwort kurz und knapp, denn selbst er wusste was das für sie bedeutete. „Ich weiß, was du jetzt denkst, aber das wird nicht so sein, Emmanline. Wenn du jetzt mit mir zurück kommst, dann nicht als Gefangene. Das verspreche ich dir.“, und sie konnte nicht fassen was sie da hörte. Sie soll dann keine Gefangene sein? Wie lächerlich und absurd klang das eigentlich?

„Du behauptest ich wäre keine Gefangene?“, klang Ungläubigkeit in ihrer Stimme mit, aber wartete nicht auf ein Nicken oder ein Wort seinerseits ab. „Wie kann es keine Gefangenschaft sein, wenn ich gegen meinem Willen zu dir verschleppt werde? Selbst wenn ich gezwungener Maßen freiwillig mitkommen muss. Es ist absurd so etwas zu behaupten und lächerlich zugleich. Warum bist du nicht ehrlich? Du musst mich nicht anlügen oder austricksen, wenn ich doch gezwungenermaßen mit dir kommen muss.“, behauptete sie und es steckte eine Wahrheit darin. Allein schon, weil er behauptete, sein Drache interessierte sich ihrerseits. Der Drache würde nicht gegen seinen Instinkt ankämpfen und sie gehen lassen. Drachen waren so besitzergreifend wie kein anderes Mythengeschöpf. Also warum war er ihr gegenüber einfach nicht ehrlich?
 

Lucien seufzte leise auf und stieß einmal die Luft aus, bevor er sprach. „So ist es aber nicht, Emmanline. Ich belüge oder trickse dich nicht aus. Dazu habe ich keinen Grund.“, aber einen Grund sie bei sich zu behalten. Zu Anfang hatte er nicht verstanden, wieso sein Drache von ihr so besessen und fasziniert war. In den zwei Tagen hatte er eine Menge Zeit gehabt über viele Dinge nachzudenken. Über zu viele, wenn er ehrlich war und er war sich über einiges klar geworden, warum sein Drache sich so verhielt, dass er so besitzergreifend war.

Mein Drache will ihr unser Volk mit anderen Augen zeigen. Das nicht mein ganzes Volk so grausam und blutdürstig sind. Selbst ich will es sogar.

Die Erkenntnis war ihm, wie einen Schlag mit einem Hammer, gekommen. Klar hatte er in diesem Moment nicht verstanden, warum es so war, aber dieser Gedanke war ihm nicht aus dem Kopf gegangen. Das Gefühl wurde immer stärker, dass es so war. Egal wie sehr er versuchte diesen Gedanken zu verbannen. Es hatte sich falsch angefühlt und letzten Endes war es sein Schuldbewusstsein gewesen, dass ihn noch zusätzlich umgestimmt hatte.

Emmanline hatte sein Leben gerettet, als sie den Weg und ihre ungeheuren Mut, welchen er anerkennend und wertschätzend musste, auf sich genommen hatte. Selbst dieser Erkenntnis ist zu spät gekommen, denn sie war da schon längst gegangen. Dabei hatte sie viel aufs Spiel gesetzt und selbst sie hatte mit ihrem Leben gespielt.

„Ach, und was soll es dann sein?“, verfinsterte sich ihr Gesichtsausdruck und riss ihn zugleich aus seinen Gedanken.

Kurz schaute er sie einfach nur an. Er musste diese Stille nicht als Ausrede benutzen, um sich einen Grund zu suchen was es war. „Du hast viel aufs Spiel gesetzt, um mich zu befreien. Doch ich war zu wütend, blind und undankbar gewesen dir das zu zeigen. Das war nicht fair und eine Entschuldigung würde es nicht wieder gut machen. Deswegen könnte ich es nur mit Taten, wenn du es zulässt, beweisen. Ich stehe in deiner Schuld und ein De la Cruise lässt niemals eine Rechnung offen. Es ist eine Wiedergutmachung und ich will dir beweisen, dass es auch eine andere Seite von meinem Volk gibt. Eine gute Seite, die existiert.“, gestand er alles, denn er wollte ehrlich ihr gegenüber sein. Ab jetzt...

„Das kann ich dir nicht glauben. Auch wenn jemand aus deinem Volk mich aus den Klauen von Culebra befreit hatte, lässt es mich keine gute Seite in euch sehen. Tief in euch allen drinnen steckt der Drache und genau diese Seite ist es, dass euch alle gleich macht. Grausam, brutal und tödlich. Seid ihr erst einmal in eurer Raserei, dann seid ihr für alles andere blind und zeigt kein Erbarmen gegenüber denen, die eure Wut und Zorn erregt haben. Nur dann, wenn euch jemand davon abhält.“, ihr Blick ausdruckslos und eiskalt.

Ab diesem Moment wusste er, wie sehr ihr Wesen und sogar ihre Seele verletzt sein mussten. Was hatte man mit ihr angestellt, dass man ihren Lebenswillen so vernichtet hatte? Was musste sie verlieren um solch einen Blick auf ihrem Gesicht zeigen zu lassen? Was musste dafür getan werden?

Darauf konnte er nichts erwidern. Wie denn auch? Er mochte auch Folter hinter sich haben, aber er hatte andere Seiten im Leben gesehen, gute Seiten. Aber bei ihr war es was vollkommen anderes. Sie meinte, sie habe seit ihrer Geburt ein Leben unter seinem Volk verbracht. Stets eingesperrt und nichts sehend.

Emmanline wich seinem Blick aus und blickte auf einem Punkt hinter ihm. Er sah einen überraschten und bewunderten Blick, ihn ausblendend. Neugierig was sie da sah, wandte er sich um. Er konnte im ersten Augenblick nicht erkennen, was sie sah, denn er sah niemanden. Aber dann überkam es ihm wie ein Blitz. Er wusste, was sie da sah.

„Ich kann dir viele solcher Orte und Augenblicke schenken, Emmanline.“, drehte er sich wieder zu ihr um und ein ernster und aufrichtiger Blick zeigte sich auf seinem Gesicht.
 

Im ersten Augenblick wusste Emmanline nicht wie sie darauf reagieren sollte, dass er ihr all diese Dinge sagte. Sie konnte wirklich nicht: ihm Glauben schenken. Er hatte nicht diese Momente gezeigt, welche guten Seiten er meinte. Von Anfang an war er ihr gegenüber Aggressiv und Unfreundlich gewesen. Hatte sie einfach nur schlecht behandelt, wie sie es eben von Drachen kannte. Also wie sollte sie ihm nun einen solchen Glauben entgegen bringen?

Das konnte sie einfach nicht, egal was passieren möge. Sie zeigte nie einer Person, welchen Glauben sie doch in Wirklichkeit besaß. Anders konnte sie es nicht sehen oder gar empfinden. Darauf durfte sie überhaupt nicht eingehen, was sie nur in weitere Schwierigkeiten brachte.

Trotz schien er nichts mehr auf ihre Aussagen und Fragen zu antworten. Zumal er es vielleicht nicht konnte oder gar nicht wollte. Dieser Drache war ein einzelnes Rätsel für sie und es war wirklich schwer aus ihm zu lesen. Obwohl sie wusste, wie Drachen waren. Also konnte sie letzten Endes selbst nichts weiter erwidern und diese Stille war mehr als schwer lastend. Sie musste sich ablenken und sich auf etwas anderes konzentrieren. Deswegen registrierte sie nun zum ersten Mal ihre Umgebung, was sie sonst gleich sofort tat. Aber diesmal war sie so abgelenkt gewesen, dass sie vollkommen ihr Umfeld ausgeblendet hatte. Wie unvorsichtig von ihr.

Was Emmanline aber sah, war...unglaublich. Sie hatte das Gefühl, die Zeit würde still stehen und nichts rauschte an ihr vorbei. Vor Aufregung und Bewunderung schlug ihr Herz viel schneller und ihre Augen leicht geweitet. Jeden Eindruck den sie jetzt bekam, sog sie wie einen Schwamm in sich auf. So was atemberaubendes hatte sie zu vor noch nie gesehen, geschweige wusste sie nicht einmal, dass so etwas je existierte.

Die Nacht schien längst herein gebrochen zu sein, was sie nach neunzehn Stunden nicht verwunderte. Aber trotz der Dunkelheit, spielten Licht und Farben in einer herrlichen und sanften Kombination miteinander. Mit der Natur und den ganzen Eindrücken zusammen.

Es kam ihr so vor, als wäre sie in einer Höhle, aber sie konnte den Himmel, mit all den Millionen von leuchtenden Sternen, erkennen, wobei sich die restlichen Wolken verzogen hatten. Wie die Sterne in ihrer vollen Pracht funkelten. Den Mond konnte sie nicht erblicken, aber dieser war auch nicht nötig, um all das Andere zu sehen.

Alles was sie hier sah, war von einer einzigen Felswand umgeben, als wäre dies eine eigene kleine Welt. Nur für sich und in vollkommener Ruhe. Ein kleiner See, der genau in der Mitte der Idylle war, aber das war nicht der Mittelpunkt gewesen, der aus allem herausstach. Ein riesiger Baum zierte genau in der Mitte des Sees, wo sich eine kleine Insel befand. Dieser Baum stand in voller Pracht inmitten des klaren Wassers umgeben. Die Wurzeln, die durch das kristallklare Nass, gut zu sehen waren, wie dick und stark sie doch verankert waren. Weinrote Blüten, so riesig wie ihre Handfläche selbst, schmückten den Baum. Äste mit dünnen grünen Blättern, die wie einen Vorhang zu Boden fielen und alles dahinter verbargen, was sich dort befand oder geschah. Als wäre dieser Ort beschützend für Geheimnisse erschaffen worden.

Mit großer Mühe, konnte sie ihren Blick von dem wundervollem Baum abwenden, um all das andere anzuschauen. Es war ein einziger wilder Garten, mit unzähligen Blumen, die sie in ihrem Leben zuvor noch nie gesehen hatte. Sie hatten nicht nur unterschiedliche Farben, Größen und Formen, sondern einige Blumen und Pflanzen leuchteten ohne jegliche Hilfe, als würden sie von innen heraus erstrahlen. Was sie wahrscheinlich auch taten, trotz das sie nicht wusste, wie das geschehen konnte. Magie konnte es nicht sein, denn sie spürte nichts dergleichen.

Sie konnte das alles nicht beschreiben, was sie hier sah. Das war ein reiner Ort, wo sie genau spüren konnte, wie klar und gesund hier alles war. Selbst Tiere der Nacht tummelten sich in großer Gelassenheit hier herum, wie ein Reh, das auf der anderen Seite des Ufers stand und Wasser trank. Oder wie ein Kaninchen aus einem Gebüsch gesprungen kam, um gleich wieder in das nächste Gewirr zu verschwinden. Sogar andere Kleintiere, die sich an den Blüten gut taten, denn nun wusste sie, woher dieser wundervolle und liebliche Duft kam, der ihr selbst im Schlaf tief ins Unterbewusstsein gedrungen war.

Es umhüllte sie wie einen Mantel der Eindrücke. Alles was sie hier sah. All dieses Grün der Wiesen, mit all diesen Farben geschmückt und dieser Geräusche im Hintergrund. Plätscherndes Wasser, als wäre hier in der Nähe eine kleine Quelle. Knistern im Untergeäst und das leise Rascheln des Windes, dass die Blätter und Pflanzen in eine wiegende Bewegung brachte. Als würde der Wind daran gut tun, diese Ruhe und Stille zu bewahren.

Wie konnte nur ein einziger und so kleiner Ort, nur so viele Eindrücke hinterlassen? Die so unbeschreiblich waren, wie die Natur selbst? Wie ein einziges und großes Geheimnis, dass am Ende niemand verstehen konnte, denn nichts daran war vorhersehbar und erklärbar. Nicht wie dies, was sie alles hier sah.

„Ich kann dir viele solcher Orte und Augenblicke schenken, Emmanline.“

Bei diesen Worten, konnte sie erst richtig, von allem abwenden, um sich dieser Stimme zuzuwenden, die genau diese Worte hervor gebracht hatten. Von dem Mann und Drache, der so viele Dinge getan hatte. Aber jetzt wollte er Dinge tun, von der sie niemals loskommen würde. Denn seine Worte bedeuteten ihr eine ganz andere Welt, die so offen vor ihren Füßen lag.

...solcher Orte und Augenblicke...

„Es gibt noch mehr solcher Orte?“, blickte sie ihn skeptisch an und setzte sich wieder gerade hin, denn sie hatte überhaupt nicht bemerkt, wie sie sich in eine vornüber sitzenden Haltung begeben hatte. Sie war in so einer Trance gewesen, dass ihr es unwirklich vorgekommen war.

„Natürlich gibt es noch unzählige solcher Orte wie dieser hier.“, blickte er sich um. „Manchmal noch schöner.“, was sie nicht glauben konnte. Gab es noch schönere Orte, wie dieser hier?

„Wieso solltest du das tun?“, runzelte sie mit ihrer Stirn.

Der Drache blickte sie wieder an. „Weil ich sie dir gerne zeigen möchte und weil ich möchte, dass du mit mir zurück kehrst.“

Sie wusste, dass es da einen Haken gab. Da stellte sich doch gleich wieder heraus, wie alles nur Lug und Trug war. „Das ist Bestechung.“, warf sie ihm vor.

„Wenn du es so auffassen willst, dann ja.“

Warum war er nur so versessen darauf? Sie verstand ihn nicht. Das war unmöglich. Da sie eh wusste, dass sie niemals entkommen konnte oder das er sie gehen lassen würde, was hatte sie dann für eine andere Wahl? „Ich weiß, du wirst mich nicht gehen lassen, ...“, seufzte sie leise auf, schloss halb ihre Augen und senkte ihren Blick. „... aber was bleibt mir für eine andere Wahl? Woher weiß ich, dass du das hältst, was du mir versprichst?“, hob sie erst gar nicht ihren Blick zu ihm rauf, denn es war unnütze.

Emmanline spürte eine leichte Berührung von Fingern unter ihrem Kinn, dass nun leicht angehoben wurde, sodass sie ihn doch anblicken musste. Wandernde Finger streichelten über ihre Wange und dann diese Augen, die sie anblickten, als wäre sie...bedeutungsvoll. Der Drache und Mann, der so eine unglaubliche Wut in sich hatte, war auf einmal so unsagbar zärtlich, was sie von ihm nie gedacht hätte. Wie konnte das nur sein? Diese intensiven leuchtenden Augen waren nur auf sie gerichtet und blicken sie auch direkt an, als wäre sie das Einzige.

„Ich verspreche dir, dass es so ist. Du wirst so viele Orte kennen lernen und so viel lernen, dass du erst nicht den Eindruck bekommen wirst, dich als eine Gefangene zu fühlen. Das schwöre ich dir bei meiner Ehre.“, beugte er sich nach vorne und küsste sie auf ihrer beider Wangen. Seine Lippen waren so weich, aber seine Küsse so nachdrücklich. Sie konnte einfach nicht anders, als ihre Augen zu schließen und es sogar zu...genießen.

Dieser Mann war urplötzlich so verwandelt, dass sie ihn nicht wieder erkannte. Wie sollte sie das glauben? Sie wusste, wie große die Ehre eines Drachen war. Für sie war es furchtbar wichtig die Ehre zu bewahren.

„Komm mit mir, Emmanline. Ich verspreche dir, ich werde dich mit allem beschützen. Vor allem und jedem.“, ein weiteres Versprechen.

Plötzlich zog er sie an sich heran und umarmte sie fest, als hätte sie das Gefühl, er genoss ihre Nähe. Diesmal konnte sie sich dagegen nicht wehren, denn erschöpft lehnte sie sich an ihn und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust. Sie war ihm so nahe, dass sie seinen eigenen Geruch noch stärker wahrnahm. Es wirkte wieder beruhigend auf sie und sie konnte es einfach nicht fassen, wie sehr sie sich immer danach sehnte. Ja es stimmte wirklich, sie sehnte sich nach diesem erdigen und starken Duft von ihm. Als wäre sie wirklich beschützend und gut bei ihm aufgehoben. In diesen starken und sicheren Armen dieses Mannes. Es machte ihr furchtbare Angst, dass sie so etwas verspürte. Emmanline wusste einfach nicht, wie sie damit umgehen sollte, denn es war ihr zu fremd. Ungeahnte Gefühle die in ihr aufstiegen, die Wärme die er in ihr hervorrief, ließen Emotionen in ihr frei, die unsagbar wohltuend waren. Unfassbar, aber doch so wirklich, denn sie spürte es so tief in sich drinnen.

Mit einem Nicken, gab sie zu, dass sie sich ergab und freiwillig mit ihm kommen würde, auch wenn sie ihm nicht vertraute oder seiner Worte glaubte. Vielleicht würde sie wirklich was erleben, worauf ihre Neugierde zu groß war.

„Eines Tages wirst du jemand finden, der für dich viel bedeutet. Verschließe dich nicht davor, egal was kommen mag. Verschließe dich nicht vor etwas, was dir einmal alles bedeuten könnte. Zeige keine Angst und Scheu, eines Tages wird es jemand für dich geben, der dich beschützt und gut behandelt. Sei mutig, mein Schatz."

Fielen ihr wieder die Worte ein, die ihre Mutter einmal gesagt hatte. So viele Erinnerungen stiegen wieder in ihr auf und es überschwemmte sie wie ein Tsunami. War er wirklich dieser Jemand?
 

Lucien konnte es nicht fassen, aber sie ließ es zu. Nicht nur, dass sie sich ergab und mit ihm zurück kam, sondern, dass sie sich in seine Umarmung schmiegte. So zart und tröstend, vergrub sie ihr Gesicht an seiner Brust. Als suche sie wirklich einen Zufluchtsort, wo sie beschützt werden konnte. Vielleicht tat sie es unbewusst, aber für diesen Moment reichte es ihm vollkommen. Mehr würde er erst einmal nicht von ihr verlangen, denn alles andere war zu viel für sie.

Seine Arme schlangen sich immer fester um sie und er verbarg sein Gesicht in ihrem weichen wohlduftendem Haar. Er konnte einfach nicht genug von ihrem einzigartigen Geruch bekommen. Er fühlte sich sogar gut aufgehoben, als hätte sie etwas an sich, was seinem Drachen beruhigte. So beruhigend und friedlich, dass sein Tier in ihm, sich nur zusammen rollte und genüsslich seine Augen schloss. Ein brummiges Geräusch von sich gebend, was Zeichen genug war, dass sein Drache zufrieden war. Seit einer halben Ewigkeit hatte er nicht mehr so ein Gefühl gehabt. So eine Stille in ihm, dass er es nicht mehr gewohnt war. Lucien stellte sogar fest, dass dieses Gefühl ihm keine Angst bereitete. Genau das war es, was ihn so sehr danach drängte, sie zu besitzen. Mit allem was er aufbringen konnte.

Emmanline verstand es nicht, aber er würde es ihr zeigen. In der Zeit würde er auch darauf kommen, wieso ihre Anziehung so stark aufeinander wirkte. Schlüssig war er sich noch immer nicht, was dies alles zu bedeuten hatte. Er wird es heraus finden. Für beider Seiten.

„Ich habe dir etwas mit gebracht, Emmanline.“, unterbrach er diese angenehmen Stille, obwohl er es gerne länger genossen hätte. Langsam ließ sie von ihm ab und schaute zu ihm auf. Was er da sah, was sich auf ihrem Gesicht widerspiegelte, brachte ihn schier um. Ihr Augen leuchtenden in einem dunklem Silber auf. Es steckten so viele Emotionen darin, dass konnte er erkennen. So was außergewöhnliches hatte er noch nie gesehen. Nicht einmal in seinem unendlichem Leben und er hatte schon viele außergewöhnliche Dinge gesehen.

Ihre Augen waren so was von einzigartig und außergewöhnlich, dass er selbst in ihnen ertrank. Wie das Silber, was sich auf der Oberfläche des Meeres zeigte, wenn der Schein des Mondes das Wasser erleuchtete. Genauso Silber und funkelnd. Es sollte ihm Angst machen, dass sie so eine Kraft auf ihn ausübte, dass er nur gebannt sein konnte. Keine Frau konnte dies je möglich machen, aber diese Frau war ganz anders, wie er je eine kennen gelernt hatte.

„Was soll das sein?“, riss sie ihn aus seinen Gedankengängen.

„Ach ja.“, wandte er sich kurz um und nahm seinen Rucksack. Daraus holte er ein kleines Bündel, was er ihr auf den Schoß legte. Verwunderte schaute sie ihn an und blickte dann auf das Bündel auf ihrem Schoß. Sie schien überrascht zu sein und das amüsierte ihn. „Mach es auf.“

Skeptisch öffnete sie es und behutsam zugleich. Ihr Mund öffnete sich leicht und ihre Augen wirkten verwundert, während sich ihre Stirn runzelte, als sie das erblickte was sich darin verborgen hatte.

„Du hast diese...Kirschen mit gebracht? Warum?“, blickte sie zu ihm auf.

Leicht lächelte Lucien. „Weil ich will, dass du etwas zu dir nimmst. Ich weiß wie skeptisch du bist und sonst nichts zu dir nimmst. Deswegen habe ich dir etwas vertrautes mitgebracht, woran du Gefallen am Geschmack gefunden hattest.“

„Aber ich...“, legte er sofort zwei Finger auf ihre Lippen, wo er sie am Sprechen hinderte.

„Ja ja, ich weiß, dass du normalerweise keine Nahrung brauchst. Hast du schon erwähnt, aber ich wäre nur zufrieden, wenn du ein wenig zu dir nimmst. Es würde mich beruhigen, wo ich nun für dich sorgen werde.“, sprach er bedacht und strich ein paar Strähnen hinter ihr Ohr, die sich leicht in ihrem Gesicht verirrt hatten.

Langsam und vorsichtig wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der kleinen roten Frucht zu. Es amüsierte und faszinierte ihn, wie sie sich verhielt. So vorsichtig und behutsam, als sie eine Kirsche mit ihren Fingern nahm. Wie viel würde er jetzt dafür geben, nur in diesem einem Moment, ihre Gedanken lesen zu können? Was ging nur in ihrem kleinen Kopf vor?

Emmanline steckte eine Kirsche in ihren Mund und er konnte deutlich erkennen, wie sehr sie den Geschmack überraschte und es sogar herzhaft genoss. Wie konnte nur so etwas, so reizvoll aussehen, wenn er sie beobachtete?

„Danke.“, konnte er sie leise Murmeln hören und bemerkte, wie eine leichte Röte auf ihren Wangen erschien. Es war ihr unangenehm und er würde sie nicht dadurch noch schlechter fühlen lassen. Da es schon in Ordnung wäre.

„Gerne.“, antwortete er nur darauf. „Aber wir sollten uns langsam auf den Weg machen. Zurück zum Schloss.“

Gerade konnte er nicht deuten, was er auf ihrem Gesicht sah. „Können wir nicht noch einen kurzen Moment bleiben. Ich würde es mir zu gerne anschauen.“, bat sie ihm tatsächlich. Wie konnte er ihr das nur verwehren?

„Sicher. Ein wenig Zeit haben wir noch.“, bevor eine Menge Arbeit auf ihm zukommen würde. Schließlich hatte er seiner Mutter auch etwas versprochen, was er einhalten musste. Er musste seinen wahren Platz einnehmen. „Schau dich nur um und wenn du willst, können wir irgendwann noch einmal hierher zurück kommen. Wenn du es möchtest.“

Leicht presste sie ihre Lippen zu einem Strich zusammen und nickte nur darauf, als sie das Bündel mit den Kirschen neben sich legte. Sie hatte noch drei weitere gegessen gehabt. Langsam stand sie dann auf und ging zum kleinem See, wo sie sich hinhockte. Er konnte sie nur beobachten und ihre Gestalt bewundern. Ihr Gang war die reine Grazie. Sie wusste wie man sich bewegte und das fand er unglaublich sexy an ihr. Allein ihren Körper, wo die Kurven an den richtigen Stellen waren. Sie trug noch immer dieses weinrote Kleid, was er ihr gegeben hatte. Es stand ihr unglaublich gut, trotz das es schmutzig und leicht Schaden genommen hatte.

Doch das Unglaubliche war, dass sie nun eine Einigkeit gefunden hatten.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück