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Nur ein Wunsch

von

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Medusas Augen

Die Menschen sind schon eine seltsame Rasse. Sie leben vor sich hin, glauben an Götter und Dämonen, aber die Möglichkeit, dass es Geister wie mich, Niel, gibt, schließen sie aus.

Dabei war ich es, der ihnen ihr Leben annehmlicher gestaltete, der ihre Wünsche erfüllte, der eben jener Gott ist, den sie anbeten.

Zwar habe ich die Menschen nicht geschaffen, aber meine Kinder, Geister wie Orion, gaben ihnen Erkenntnis, Gefühle, Feuer und Wissen. Und wofür das alles? Damit sie sich gegenseitig bekämpfen? Damit sie unfähig sind zu erkennen, dass sie alle derselben Rasse entspringen und nur Kultur und Hautfarbe sich unterscheiden?

Ich gab es auf, diese Kriege beenden zu wollen, auch wenn ich die Wünsche und Bitten der Unschuldigen vernahm. Auch ich lernte etwas über diese Zeit. Die Menschen sind mir entwachsen und ich kann nur noch über kleine Wunder mit ihnen kommunizieren. Ich beobachte sie nur noch, doch hin und wieder erfülle ich leidgeplagten Seelen einen Wunsch.

Auch du hattest einen Wunsch und ich werde ihn dir erfüllen, auch wenn ich nur schwer abschätzen kann, was für Auswirkungen er haben wird. Die Menschen sind mir schon lange entwachsen, ebenso wie euer Handeln.


 

**~~**

Seine blauen Augen sahen stumm auf das Bento vor sich. Seine Mutter hatte sich wieder besonders viel Mühe gegeben, und das, obwohl sie kaum Zeit hatte. Behutsam nahm er seine Katzenkarotten, aufgespießt auf einen Zahnstocher, in die Hand und betrachtete es von allen Seiten. Nur zu gerne hätte er gewusst, wie seine Mutter es schaffte, dass sie alle gleich aussahen. Irgendwann würde er das auch können, soviel war ihm klar.

Mit einem kaum sichtbaren Lächeln schob er sich die Karotte in den Mund. Seine Mutter war eben doch die Beste, egal was die anderen sagten.

„Ikkyu-chan~“

Fragend sah der Junge in das lächelnde Gesicht seiner Lehrerin. Sie war eine hübsche Frau mit ihren schwarzen Haaren, die bis zu ihrer Schulter gingen und das Pony hing ihr verspielt ins Gesicht. Ikkyu mochte es, wie sie sich hin und wieder versuchte die Strähne aus dem Gesicht zu pusten, bis sie bemerkte, dass es umsonst war und sie sich mit ihren zierlichen Fingern zur Seite schob.

Wie üblich strahlten ihn ihre klaren braunen Augen freundlich an und entlockten ihm ein deutliches Lächeln. Ja, er liebte diese Frau auf seine kindliche Weise. Wahrscheinlich war es nicht einmal richtige Liebe, so wie die Erwachsene sie empfanden. Immerhin war Ikkyu erst ein Grundschüler. Für ihn war wahrscheinlich schon eine kleine Schwärmerei oder Bewunderung gleichzusetzen mit wahrer Liebe.

„Du hast aber wieder ein schönes Bento.“

Ikkyu wusste, was die Frau vor ihm sagen würde und dass sie einfach nur eine Einleitung brauchte, um ihre Bedenken kundtun zu können. Und dennoch er freute sich, wenn sie ihn ansprach, egal weswegen es war.

„Möchtest du nicht lieber mit deinen Mitschülern essen? Zusammen schmeckt das Frühstück noch besser.“

Sanft lächelte sie ihn an, um ihm nicht das Gefühl zu geben, dass er etwas falsch machte oder dass sie in Wahrheit besorgt um ihn war.

Ikkyu merkte nicht einmal, dass sie sich sorgte, denn er hatte kein wirkliches Interesse daran, dauerhaft mit den Mädchen und Jungs seiner Klasse zusammen zu sein.

Oder vielmehr wollte er sich niemandem aufdrängen. Seit er von der Vorschule in die Grundschule gekommen war, hatte er es irgendwie versäumt, Kontakte mit seinen Mitschülern zu knüpfen, weil seine Schüchternheit ihm im Weg stand. Noch dazu kannte er niemanden hier. Im Gegensatz zu seinen Klassenkameraden, die scheinbar schon seit der Vorschule miteinander befreundet waren.

Leicht mit sozialen Kontakten hatte es Ikkyu nie gehabt, doch irgendwie hatte er in der Vorschule einen Freund gefunden, der nun aber nicht mehr in dieselbe Schule wie er ging.

Es störte ihn nicht. Aber er musste seine Klassenlehrerin beruhigen, ohne dass sie noch mehr die Initiative ergriff.

„Tomo-chan hat mich heute gefragt, ob wir morgen zusammen essen wollen.“

Unschuldig lächelte er seine Lehrerin an. Sie sollte nicht merken, dass er log. Genauso wie sie sich keine Sorgen mehr machen sollte.

„Sie wollte heute die anderen fragen, ob sie einverstanden sind.“

Es klang so natürlich und ehrlich, einfach weil Ikkyu es gewohnt war, die Sorgen der Erwachsenen zu beseitigen. An seiner Mutter hatte er genug üben können.

„Es freut mich, dass du doch noch Anschluss gefunden hast, Ikkyu-chan. Wir Menschen sind schließlich nicht dazu bestimmt, alleine zu sein.“

Sanft strich sie Ikkyu über den Kopf. Er konnte ihre Erleichterung spüren. Sie war beruhigt, dass sie sich nun keine Sorgen machen würde.
 

**~~**
 

Zusammen mit Tomo-chan und ihren Freunden hatte Ikkyu am nächsten Tag das Klassenzimmer verlassen. Das Mädchen und ihre Freunde waren direkt zum Schulhof gegangen, um dort bei den Bänken in der Nähe der Bäume zu sitzen. Ikkyu hingegen ging zum Dach, da er von dort den Schulhof im Blick hatte und den richtigen Moment abpassen konnte, um gemeinsam mit der Gruppe wieder in die Klasse zu kommen.

Der Plan, den er sich am Abend zuvor erdacht hatte, schien perfekt. Weder Tomo-chan mit ihren Freunden noch seine Lehrerin würden es merken. Da war er sich sicher.

Auch heute hatte seine Mutter wieder auf die Schnelle eine liebevoll gefüllte Box für ihn bereitet.

Curry mit Zucchiniherzen, Reis und ein paar Litchis als Dessert. Sie hatte sich wahrlich wieder übertroffen.

Genüsslich schob sich Ikkyu einen Bissen in den Mund. Sein Blick war auf den Schulhof gerichtet, auf Tomo-chan und ihre Gruppe, die er selbst bis hier oben hin lachen hören konnte. Vielleicht waren es aber auch die anderen Schüler. So genau wusste er es nicht. Es war ihm aber auch egal, denn hier oben, wo er saß, war es ruhig.
 

**~~**
 

Ikkyu konnte selbst nicht glauben, wie gut sein Plan nun schon seit zwei Wochen funktionierte. Niemand hatte Verdacht geschöpft, weder Tomo-chan noch seine Lehrerin. Die Sorgen seiner Lehrerin schienen kein Thema mehr zu sein, was Ikkyu beruhigte, denn er wollte nicht, dass die Frau, für die er schwärmte, sich um ihn sorgte. Sie sollte weiterhin lächeln, weil es dieses Lächeln war, das er so liebte.

Wahrscheinlich würde sein Plan auch weiterhin funktionieren, wenn er vorsichtig blieb.

„Ikkyu-chan?“

Erschrocken zuckte Ikkyu zusammen, als er die Stimme seiner Lehrerin von der Tür kommen hörte.

Mit geweiteten Augen sah der Junge zu seiner Lehrerin, die ihn fragend ansah. Er wusste nicht, was sie dachte, wie sie sein Alleinsein deuten und wie er das alles erklären sollte.

„Was machst du alleine hier oben?“

In Ikkyus Kopf arbeitete es. Was sollte er nur sagen, ohne dass seine Lüge auffiel und ohne dass sich diese wunderbare Frau Sorgen machte?

„Ich...“

Obwohl ihm keine Ausrede einfiel, setzte er zu einer weiteren Lüge an. Doch er stockte, als er ihr Lächeln sah.

„Haben Tomo-chan und die anderen sich mit dir gestritten?“

Ikkyu schwieg. Auch wenn sie ihm gerade eine Ausrede auf dem Silbertablett servierte, er konnte sie nicht weiter anlügen. Selbst wenn es so einfach war, nur zu nicken. Gleichzeitig konnte er ihr aber auch nicht gestehen, dass er sie Tag für Tag belogen hatte, indem er zusammen mit Tomo und ihren Freunden das Zimmer verlassen hatte, um sie glauben zu machen, dass er Freunde hatte. Sie würde ihn hassen, wenn sie es erfuhr.

Doch für seine Lehrerin sprach sein Schweigen eine andere Sprache.

„Soll ich vielleicht mal mit Tomo-chan reden, damit ihr euch vertragt?“

Panik stieg in Ikkyu auf. Er musste etwas tun. Sofort.

„Nicht! Reden sie nicht mit Tomo-chan. Ich... Es ist... Weil...“

Angestrengt suchte Ikkyu in seinem Kopf nach Worten. Alle Erklärungsversuche schienen sich mit seinen Gedanken, die wie ein Tornado alles auf den Kopf stellten, zu vermischen.

„Warum?“, hakte sie nach.

Er musste es riskieren, anders würde sie es nicht verstehen. Ikkyu musste es jetzt sagen, um ein Unheil zu vermeiden.

„Weil ich Sie mag!“

Er schrak zusammen, als unmittelbar nach seinem Geständnis die Tür des Daches zuschlug. Dicht gefolgt von Schritten, die weder von ihm noch seiner Angebeteten kamen.

Ihm wurde heiß und kalt zugleich, denn er spürte, dass etwas Schlimmes passiert war.
 

**~~**
 

Ein Seufzen entkam Ikkyus Lippen, als er am Abend nach Hause ging. Die Schule war nach seiner Pause zum Albtraum mutiert, denn einer seiner Mitschüler hatte sein Gespräch mit ihrer Klassenlehrerin mitbekommen. Und dennoch hatte er alles falsch verstanden.

Nun dachte jeder, dass er auf Tomo stand, weswegen man ihn nun misstrauisch beäugte. Es schien so, dass man darauf wartete, dass er es dem Mädchen sagte. Selbst seine Angebetete glaubte das, weswegen es ihm noch schwerer fiel, das Missverständnis aufzuklären.

Auch wenn noch niemand etwas über seine falsch verstandenen Gefühle für Tomo gesagt hatte, war die Atmosphäre in der Klasse unerträglich gewesen. Er hatte die Blicke der Mädchen auf sich gespürt und in den Gesichtern der Jungs dieses hämische Grinsen gesehen. Die Einzige, die ihn keines Blickes gewürdigt hatte, war Tomo. Zumindest hatte sie sich immer von ihm abgewandt, wenn er sie angesehen hatte.

'Vielleicht ist es gut so...', dachte Ikkyu und blieb an einem Fußgängerübergang stehen, als die Ampel auf Rot gewechselt hatte.

Vielleicht war es wirklich besser, dass man glaubte, er schwärmte für ein Mädchen in seinem Alter. Es würde ihm ein paar Tage unangenehm sein, aber danach würde kein Hahn mehr krähen. Das war es, was Ikkyu hoffte.

„Ikkyu... Ich möchte mit dir reden.“

Verwundert sah Ikkyu von seinem Bento auf, als Tomo ihn so unerwartet angesprochen hatte. Seit Wochen wollte niemand mit ihm reden, und nun war es ausgerechnet Tomo, die das Klassenschweigen brach.

„Was ist denn los, Tomo-chan?“

Ikkyu wusste nicht, was das Mädchen von ihm wollte, immerhin hatten sie bisher nie ein Wort miteinander gesprochen. Noch dazu sah das Mädchen ihn ernst an. Ebenso wie die Blicke der Klassenkameraden nun erwartungsvoll auf ihnen ruhten.

„Ich möchte, dass du aufhörst, mir zu folgen und mich zu beobachten. Das ist unheimlich. Ich mag dich nicht so, wie du mich magst. Du bist zu klein.“

Obwohl Ikkyu nichts für dieses Mädchen empfand und die Gerüchte über seine Gefühle für sie nur aufgrund eines Missverständnis kursierten, riss es ihm den Halt unter den Füßen weg.

Er spürte die mitleidigen und hämischen Blicke seiner Klassenkameraden. Ikkyu war klar, dass man ihn soeben abserviert und vor der gesamten Klasse gedemütigt hatte.

„I-Ich verstehe nicht...“, nuschelte Ikkyu.

Er hatte Tomo nie verfolgt, geschweige denn sie beobachtet. Zumindest hatte er es nie so gemeint, wie es Tomo wohl verstanden hatte.

„In der Pause... nach der Schule, hör einfach damit auf.“

Angestrengt dachte Ikkyu nach. Ersteres konnte er verstehen, auch wenn er schon seit Wochen nicht mehr auf dem Dach saß. Ebenso wusste er nicht, was sie mit „nach der Schule“ meinte. Er ging nach der Schule schließlich gleich nach Hause. Noch nie hatte er da Tomo gesehen. Er wusste nicht einmal, wo das Mädchen wohnte.

Doch wenn er das nun sagte... Niemand würde ihm glauben.

„Tut mir leid, Tomo-chan.“

Nachgeben war das einzige was er konnte, auch wenn es wie ein Geständnis klang. Schlimmer werden konnte es nicht. Man würde ihn meiden und somit gäbe es keinen Unterschied zum Anfang.
 

**~~**
 

Erneut hatte sich Ikkyu geirrt. Die Jungs in seiner Klasse lachten ihn wegen seiner Abfuhr aus und die Mädchen wichen von ihm zurück, als wäre er eine Plage. Er fühlte sich geschnitten, verachtet und noch einsamer als zuvor.

Doch er ertrug es tapfer, wie man es als Kind eben ertragen konnte.

'Ich bin es gewohnt...'

Wieder und wieder sagte sich Ikkyu diese Worte und krallte seine Hände in die Hosenbeine. Es gab wichtigeres, worauf er sich konzentrieren musste. Und solange seine Lehrerin ihn nicht abwies, solange er weiterhin in ihrer Nähe sein und Hoffnung haben durfte, war ihm alles andere egal.

„Mein Vater hat mir gesagt, dass sie heiraten wird.“

Ikkyu wusste nicht, wieso er ausgerechnet jetzt auf das Gespräch der beiden Mitschüler vor sich aufmerksam wurde.

Es war, als hätte eine fremde Macht ihn dazu getrieben, ihn aufhorchen zu lassen.

„Wirklich? Unsere Sensei wird heiraten?“

Es traf ihn wie ein Faustschlag ins Gesicht. Gerade noch hatte er an die einzige Frau gedacht, für die er all dieses Leid ertragen wollte, doch sie, die von seinen Bemühungen nichts wusste, wollte heiraten.

Eine Lüge. Nein, ein Irrtum! Das konnte nur ein Irrtum sein, denn sie hatte nie etwas gesagt. Es hatte doch nie irgendwelche Anzeichen gegeben.

Traurig und wütend zugleich, erhob sich Ikkyu und verließ, die Tränen runterschluckend, das Klassenzimmer. Er musste sie finden und es aus ihrem Mund hören. Erst dann konnte und würde er es glauben.

Schnell lief er in Richtung des Lehrerzimmers. Er war sich sicher, dass sie dort sein würde, denn es waren noch gut fünf Minuten bis zum Unterricht. Sie würde aufgrund der Tatsache, dass sie erwachsen war, höchstens drei Minuten brauchen. Zwei, wenn sie sich wirklich beeilte.

„Und du hast es dir wirklich gut überlegt, Mitsuko? Ich will ja nicht an seinen Gefühlen für dich zweifeln, aber er ist nicht gerade das, was man sich als Wunsch-Schwiegersohn vorstellt.“

Ikkyu blieb stehen, als er von weitem seine Lehrerin in Begleitung der Klassenlehrerin aus der Parallelklasse sah. Beide schienen ihn noch nicht bemerkt zu haben, weswegen sich der Junge hinter einer der schützenden Wände versteckte.

„Das mag sein, aber ich bin mir sicher, dass er sich ändern wird. Ich bin immerhin auch keine Bilderbuch-Ehefrau. Wir werden schon in unsere neuen Rollen hineinwachsen. Da bin ich mir sicher.“

Es war wahr.

Ikkyus Augen weiteten sich, als ihm dieser Gedanke bewusst wurde.

Alles was er gehört hatte, war wahr. Seine geliebte Lehrerin würde heiraten.

Wen? Und wieso?

Ikkyu verstand es nicht. Er spürte nur den Schmerz in seiner Brust. Warum konnte er nicht schon erwachsen sein, oder Mann genug, ihr seine Liebe zu gestehen?
 

**~~**
 

„Halte dich bitte von mir fern, Ikkyu. Ich mag keine kleinen Jungs wie dich. Kein Mädchen mag kleine Jungs.“

An Mikas ernstem Blick erkannte Ikkyu, dass es seine Klassenkameradin ernst meinte, auch wenn er nicht verstand wieso.

Sie war heute nicht die erste, die ihm das gesagt oder ihn auf seine Größe reduziert hatte.

Kirika hatte ihm geholfen, weil er nicht an sein Buch herangekommen war, das die Jungs seiner Klasse auf den höchsten Schrank befördert hatten. Nicht einmal mit einem Stuhl war es ihm gelungen, heranzureichen.

Kirika hingegen, die selbst als Mädchen die größte der Klasse war, hatte ihm ohne Probleme das Buch geben können.

„Ist es nicht witzig, dass ich als Mädchen dir helfen muss, weil du so klein bist?“

Sie hatte es vielleicht nicht böse gemeint, aber Ikkyus verletztem Selbstbewusstsein hatte es erneut einen Fausthieb verpasst.

Er fing an, seine Größe zu hassen, seinen Namen, der immer spottender aus dem Mund eines Mädchens oder einer Frau klang.

Warum konnten sie ihn nicht mögen? Warum quälten sie ihn, indem sie ihn auf die seinem Namen entsprechende Größe zu reduzierten? Wieso?
 

**~~**
 

Die Sterne funkelten Ikkyu aufmunternd zu, doch der Kleine konnte sich irgendwie nicht aufraffen zu lächeln.

Es hörte einfach nicht auf. Außer seiner jüngeren Schwester und Mutter schien es wirklich kein weibliches Wesen zu geben, das sich nicht über seine Größe lustig machte. Er war es leid. Nicht nur weil es ihn störte, sondern auch, weil seine Lehrerin diesen Mann geheiratet hatte.

Warum? Warum konnte er nicht so ein männlicher Junge sein?

Warum mochten ihn sowohl Mädchen als auch Frauen nicht? Wieso konnte er seiner Mutter, die nie da war, nicht von seinem Kummer erzählen?

Starr war sein Blick zu den Sternen gerichtet. Vielleicht konnten sie ihm helfen. Irgendwann, als er noch jünger gewesen war, hatte seine Mutter ihm erzählt, dass die Sterne unglücklichen Menschen einen Wunsch gewährten. Dazu musste er ihn nur aussprechen, wenn sich einer vom Sternenzelt löste und seine Reise mit silbernem Schweif antrat.

Konnte das stimmen?

Nachdenklich und konzentriert ließ er seinen Blick über den Himmel schweifen. Er wollte sie sehen, die Sternschnuppe, die ihm sagte, dass die Sterne für seinen Wunsch bereit waren. Mehr wollte er doch nicht.

Und schließlich gab der Himmel das Signal. Mitleidig und vielleicht sogar liebevoller als andere Menschen, die ihm zu helfen versucht hatten.

„Ich möchte beliebt bei den Mädchen sein. Bitte, ihr Sterne am Himmel, erfüllt mir diesen Wunsch.“

Es war seine letzte Hoffnung. Alles was er noch hatte und woran er sich klammern konnte.
 

**~~**
 

Ich hatte Mitleid mit dem Jungen, in dem so viel Potential schlummerte. Doch er drohte aufgrund seines mangelnden Selbstvertrauens zu vergehen.

Ich gab ihm also ein Geschenk, damit sein Wunsch in Erfüllung ging. Doch erst später bemerkte ich, dass ich dieses Geschenk nicht zurücknehmen konnte. Auch wenn der Junge es nicht mehr wollte. Es sollte ihm dennoch auf die ein oder andre Weise helfen.

Aber alles zu seiner Zeit.

Sieh dir an, mit wie viel Freude mein Geschenk ihn erfüllte, als er am nächsten Morgen erwachte und bemerkte, dass eine bessere Zukunft vor ihm lag.


 

**~~**

Als Ikkyu am nächsten Tag erwachte, hatte er das Gefühl, dass an diesem Tag alles anders werden würde. Er konnte nicht sagen warum, aber er freute sich auf die Schule.

Es war zumindest das erste Mal seit Wochen, dass er vor dem Spiegel stand und sich aufrichtig anlächelte. Ja, heute würde ein guter Tag werden.

Immerhin hatte er ja auch den Wunsch auf seiner Seite. Deswegen konnte er beschwingt seine Tasche packen, das Frühstück genießen und die vertrauten vier Wände ohne Sorgen verlassen.

Er stellte sich nicht einmal die Frage, warum das so war. Es war eben so.

„Guten Morgen, Tomo-chan!“

Das Mädchen vor ihm zuckte zusammen, als sie Ikkyus Stimme vernahm. Wahrscheinlich glaubte sie immer noch, dass er sie verfolgte, aber das machte ihm nichts aus. Er hatte heute den Mut, alle Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Heute, an diesem Tag, konnte immerhin nichts mehr passieren.

„Was willst du von mir? Ich habe dir gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst.“

Erbost wandte sie sich zu dem Kleinen. Er sollte sehen, dass es ihr nicht gefiel, denn er sollte damit aufhören und ihr nicht näher als nötig kommen.
 

Ihre Wut wich schlagartig, als sie dem Jungen in die Augen sah. Sie waren wunderschön und strahlten vor Freude. Irgendwie beruhigten sie sie. Warum? Sie verstand es nicht, aber sie verlor sich in seinen Augen.

„Ich möchte nur mit dir reden.“

Seine Stimme... Es war das erste Mal, dass sie seine Stimme in dieser Art vernahm. Sie klang anders als damals. Fester und viel erwachsener.

„Ich wollte dich nie verfolgen. Ich liebe dich auch nicht. Es gibt da ein anderes Mädchen, das ich mag. Ich wohne hier in der Nähe und du scheinbar auch. Deswegen wirkte es auf dich wohl so, als wollte ich dich verfolgen. Dem war aber nicht so.“

Er wohnte hier in ihrer Nähe. Mehr bekam Tomo nicht mit. Ihr war egal, ob er sie verfolgte oder nicht. Sie wollte es nun sogar irgendwie. Denn dann konnte sie ihm weiter in die Augen sehen, mehr von seiner Nähe spüren. Sie wollte nicht mehr, dass er sich entfernte.

„Ikkyu, lass uns Freunde sein.“

Es kam unerwartet für Ikkyu. Und er zögerte auch. Doch schließlich lächelte er und nickte. Wenn Tomo ihm glaubte, dann konnte ab heute alles gut werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-09-08T16:26:05+00:00 08.09.2015 18:26
Hallo,^^
mir hat der Anfang deiner Story, sehr gut gefalllen.^^
Dein Schreibstill ist echt schön.^^

Werde mal weider lesen.^^

Lg^^

Antwort von:  Erenya
08.09.2015 18:32
Danke für dein Kommentar. Es freut mich, dass dir der Anfang gefällt. Hoffentlich tut das auch der Rest der Story. ^__^
Von:  Shizana
2014-03-12T15:26:06+00:00 12.03.2014 16:26
Sou, liebe Ericchi.

Ich habe deine FF inzwischen zwar schon drei Mal gelesen, aber ich tu einfach so, als wäre es heute das erste Mal, dass ich sie lese. Kommt bestimmt toller für die Kommentare, die ich dir immerhin noch versprochen habe. x3


Der Einstieg, dass Niel zum Leser spricht, ist zu Beginn etwas verwirrend, wenn man die FF zum ersten Mal liest. Aber es ist eine sehr schöne Idee. Niel, der Geisterkönig, als Erzähler, der den Leser leitet. Das finde ich wunderbar. Es ist zwar für mich schwer abschätzbar, inwiefern er glaubhaft ist, und auch fragt man sich, von welchem Wunsch er spricht, aber er verfehlt nicht sein Bild als eine spirituelle Figur. Auf jeden Fall eine großartige Idee, die der FF sofort ihren eigenen Charme verleiht.

Bei diesem Abschnitt stolpere ich allerdings immer wieder über dieselbe Stelle:
- Die Menschen sind mir schon lange entwachsen [...]
Diese Zeile kommt recht kurz aufeinanderfolgend doppelt vor. Angenehmer wäre es, wenn du beim zweiten Mal mit einer neuen Formulierung oder einem Synonym arbeiten würdest, oder aber du streichst den Satz einmal raus, um eine Dopplung zu vermeiden.


Ikkyu als kleiner Jungs wirkt sehr glaubhaft. Es ist dir sehr schön gelungen, ihn als Kind darzustellen. Viele seine Denkweisen und auch Handlungen sind für mich nachvollziehbar und ich verliere an keiner Stelle das Bild vor meinem geistigen Auge, dass er eben ein Kind ist. Dafür, dass ich Ikki ja abgöttisch liebe und es eben keine Vorgaben von ihm als kleiner Junge gibt, kannst du dir ein ganz großes Lob an deine Wand pinnen. Ich bin dir kein einziges Mal beim Lesen entglitten. Hast du sehr gut gemacht. :)
Dass er in seine Lehrerin verliebt ist, finde ich süß und ist glaubhaft. Mitsuko wirkt angenehm, es wird nur gelegentlich zu oft betont und wiederholt, dass sie sich um Klein-Ikkyu sorgt.
Übrigens finde ich auch sehr, sehr süß, wie du Ikkyus Familie mit einbezogen hast. Die Mutter, die zwar selten Zeit für ihren Sohn hat (wieso eigentlich?), sich dennoch bestmöglich um ihn kümmert und ihm liebevolle Bentos zubereitet. Und dass er sie dafür liebt und keinerlei Groll gegen sie hegt. Auch, dass seine Schwester erwähnt wurde, finde ich klasse. Kleine Details bringen ein Shizana zum Lächeln. :)

Kleine Kinder können untereinander sehr fies sein, auch das hast du sehr gut in dem Kapitel hervorgebracht. Die kleine Göre von Tomo-chan ist wirklich ... man will sie einfach nur in die Ecke stellen und Buße tun lassen für ihre große Klappe Ikkyu gegenüber. Echt gemein, andauernd auf seiner Körpergröße herumzuhacken und dann noch diese Dinge zu bringen, dass er sie nicht verfolgen soll und alles. Der Ärmste, er tat mir so leid. ;^;
Schade ist, dass du Tomo-chan nicht ein wenig beschrieben hast. Ich hätte gern, sehr gern ein Bild für sie in meinem Kopf gehabt, so war sie immer nur eine Silhouette mit typischen Mädchenzöpfen. Und selbst da wusste ich nicht, ob das passt, denn sie könnte genauso gut eine kleine Rumika sein, nur mehr in Richtung hochnäsige Zicke.

Was ich übrigens sehr, sehr toll an diesem Kapitel finde, dass man als Leser richtig mitgehen kann. Ich hatte oft das Gefühl, richtig zu folgen, denn immer, wenn mir ein Gedanke kam, hast du diesen im nächsten Satz oder Absatz aufgegriffen, als hättest du gewusst, dass dem Leser dasselbe durch den Kopf gehen würde. Das habe ich immer wieder an der Stelle, wo Mitsuko Ikkyu nach dem Streit der anderen Kinder mit Ikkyu fragt und ich unwillkürlich denke: "Ja, genau, serviere ihm eine Ausrede auf den Silbertablett." Und BAMM, genau dasselbe kommt dann auch von dir. Das sind Momente, wo ich jedes Mal lachen muss, da ich mich als "heimlicher" Leser/Beobachter ertappt fühle, haha.
Was ich auch uuunbedingt positiv zu diesem Kapitel sagen muss: Es ist eine stetige Steigerung vorhanden. Beginnend mit Ikkyus eher kleinem Konflikt, heimlich in seine Lehrerin verliebt zu sein und ihr zuliebe vorzutäuschen, Freunde zu haben; dann weiter zum Missverständnis und der darauf folgenden Schneidung der gesamten Klasse, was immer schlimmer statt besser wird; und dann der schlimmste Tiefschlag für Ikkyu überhaupt, als er erfährt, dass seine Angebetete heiraten wird. Autsch, das ist heftig. Armer, kleiner Ikkyu, du tust mir ja so leid! ;^; ... Achem, auf jeden Fall klasse gemacht, super Ideen dabei und absolut wundervoll!


Zum Schluss noch bisschen was Konstruktives, was in den nächsten Kapiteln dann hoffentlich weniger vorkommen wird, da ich für diese FF gern persönlichere Kommentare schreiben würde als sonst für mich üblich. Schließlich ist es eine FF für mich, ne? <3

Du weißt, ich habe es schon einmal bei einer FF von dir erwähnt, aber auch hier kannst du noch etwas nach Füllwörtern schauen, die zu viel sind und unnötig strecken/betonen/schlichten. Mir ist positiv aufgefallen, dass du offenbar darauf geachtet hast, sie bestmöglich zu vermeiden, da du weißt, dass ich da etwas drauf achte und nicht so Fan davon bin. :) Finde ich gut, fällt auf und liest sich so auch sehr viel angenehmer. Es ist die richtige Richtung!
Absätze sind an einigen Stellen noch zu viel, für mich gesprochen zumindest. Andererseits haben sie mir hin und wieder auch gefehlt, um Leerzeilen zu gestalten für einen Zeit- oder Szenenwechsel. Das war z.B. ganz extrem an der Stelle, wo Ikkyu abends nach Hause geht und zweifelnd an der Ampel stehen bleibt, im nächsten Absatz wird er von Tomo-chan angesprochen und packt, offenbar in der Schule, sein Bento aus. Das sind unglückliche Momente, die mich komplett rausholen und zig Fragezeichen bei mir aufploppen lassen, da ich nicht sofort kapiere, was du hier eigentlich gerade getan hast oder im Begriff bist, zu tun.
Uhm, wie immer gibt's auch hier noch ein paar vermisste Kommas, aber es sind, eben wie immer, eher wenig. Ich habe sie dir nicht herausgesucht und mir aufgelistet, wollte halt nur anmerken, dass es noch der Fall ist.

Und ich habe auch hier wieder Lieblingssätze und/oder -passagen!

- [...] einfach weil Ikkyu es gewohnt war, die Sorgen der Erwachsenen zu beseitigen. An seiner Mutter hatte er genug üben können.
Hehe. Nein, ich kann's einfach nicht lassen, es fällt mir einfach immer wieder ins Auge und ich muss jedes Mal wieder darüber schmunzeln. Hach, Eri, es war sicherlich nicht von dir beabsichtigt, aber dieses kleine fiese Wortspielerei. "Er hat sie beseitigt", höhö, und schon an seiner Mutter "geübt". Jetzt weiß ich, warum sie kaum Zeit hat. Krankenhausaufenthalte können lange dauern. x)

- Doch er ertrug es tapfer, wie man es als Kind eben ertragen konnte.
DAS ist einfach nur PERFEKT! Es ist so perfekt, so treffend, wie ein Schlag auf den Tisch. Umwerfend, ich bete diesen Satz an. ♥


Achem, aber jetzt nicht abheben! Denn ich habe auch ein paar Fehlerchen im Gepäck, die mir als störendsten erscheinen:

- so wie die Erwachsene
Erwachsenen, ne?

- eines Missverständnis
Eines Missverständnisses im Genitiv.

- aber sie verlor sich in seinen Augen.
Kein Fehler an sich, doch um Wiederholung zu vermeiden, wäre "verlor sich in ihnen" besser und einfacher. :)


Habe ich alles? Weiß nicht. Egal. x)
Habe fertig. Wuhu, ich freue mich auf das nächste Kapitel! ♥


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