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Der Ungeheuer-Glossar

Miles Bletchley/Angelina Johnson
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen <3 Komplett anzeigen

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Hogsmeade

Der Ungeheuer-Glossar

Kapitel 1 - Hogsmeade
 

~*~
 

„Bletchley, du verdammter Bergtroll!“

Hart schmetterte sie ihm einen der neuen Quaffel, den sie schnell aus einer Regalreihe gegriffen hatte, gegen den Schädel. Doch gekonnt, wie er leider war, fing er ihn geschickt auf. Den ledernen Ball in den Händen haltend, antwortete er mit einem frechen Grinsen im Gesicht: „Was war das denn für ein lahmer Wurf, Johnson?!“ Er wollte ihn gerade zurückwerfen, als der Besitzer der Zweigstelle »Qualität für Quidditch« in Hogsmeade panisch auf sie zu gestürmt kam. Er griff sie an den Krägen ihrer Umhänge und bugsierte sie aus dem Laden. Dabei hielt er den beiden eine Standpauke, was man in Läden – ganz speziell in DIESEM Laden – nicht tat. Ware zweckentfremden zum Beispiel. Angelina protestierte selbstverständlich: „Sir, Ihnen ist bewusst, dass der Ball irgendwann geworfen werden muss? Das ist ein Naturgesetz!“ Der Ladenbesitzer würdigte sie nur eines eiskalten Blickes, machte auf dem Absatz kehrt und schlug den beiden die Tür vor der Nase zu.

„Wie unhöflich“, bemerkte Miles trocken und zog die Augenbrauen arrogant hoch.

„Das ist nur deine Schuld!“

„Quatsch! Wer hat denn den Quaffel geworfen?“

„Wer hat mich denn dazu getrieben?“

„Hab ich so eine umwerfende Wirkung auf dich, Johnson?“, er stellte sich ihr in den Weg.

„Halt deine Klappe, Blechtley! Deinetwegen hab ich jetzt Ladenverbot!“, wütend schubste sie ihn beiseite, „Und geh mir verdammt nochmal aus dem Weg!“ Ihn mit der Schulter anrempelnd, stapfte sie an dem breitgebauten Slytherin-Hüter vorbei.

„Komm schon, Johnson. Jetzt kneif doch nicht!“, rief er ihr nach. Als sie nicht darauf reagierte, setze er nach: „Was kann ich dafür, dass du mich triffst. Oder besser gesagt auch nicht, wie wir gesehen haben.“

Der Spruch saß und das wusste Bletchley. Angelina wusste, dass er sie nur triezte damit sie ihre Beherrschung verliert, aber den Gefallen würde sie ihm nicht tun.

Bedrohlich drehte sich Angelina um, ihre Augen blitzten ihn unheilverkündend an „Übertreib es nicht, du Horklump. Nur weil du in der letzten Saison ein paar Würfe von mir gehalten hast, brauchst du dich nicht so aufspielen, ist das klar? Außerdem wird das Test-Spiel nächste Woche vernichtend für euch werden. Darauf kannst du wetten!“, zischte sie ihn an. Er zuckte mit einem fiesen Grinsen die Schultern: „Als ob man auf deine Trefferquote wetten könnte.“ Grimmig und mit wachsender Zornfalte auf der Stirn sah sie ihn an. Hatte er das tatsächlich gesagt? Zugegeben letztes Schuljahr hatte sie ein einziges Spiel miserabel hinter sich gebracht. Katie und Alicia hingegen haben sich zu Glanzleistungen aufgeschwungen. Das die beiden hervorragend gespielt haben, war überhaupt nicht das Problem. Angelina war stolz auf ihre Freundinnen, hatten sie doch dank ihnen das Spiel gewonnen. Sie ärgerte es, dass es ein Spiel gegen die Slytherins war bei dem sie de facto null Punkte erzielt hatte. Bletchley währenddessen blockte alle ihre versuchten Würfe problemlos. Angelina wusste bis heute nicht warum sie in solch schlechter Verfassung war. Dass dieser miese Yeti ihr es immer noch nachtrug, ließ sie langsam die Geduld verlieren. Zumal alle anderen Spiele im besagten Schuljahr erstklassig verlaufen sind. Sie begann langsam vor Wut zu kochen, ihre Zornfalte vertiefte sich, doch bevor sie etwas erwidern konnte, drehte er sich in die andere Richtung der Straße, hob die Hand und verabschiedete sich mit einem: „Wir sehen uns, Johnson. Überleg dir bis dahin eine gute Antwort.“

„Jetzt verschwindet der Feigling auch noch! Ich glaub es nicht“, dachte sie, „Dieser Feigling!“ Während sie zerknirscht durch Hogsmeade polterte und den anderen Leuten ordentliches Unwohlsein einjagte, fragte sie sich, wieso gerade heute das Dorf so unglaublich voll sein musste. Die Hauptstraße war sehr belebt, daran konnte auch keine entnervte Gryffindor etwas ändern. Da Hogsmeade ein beschaulicher Ort war, gab es auch keine andere Ausweichmöglichkeit, als die Hauptstraße zurück zum Schloss zu nehmen. Angelina stöhnte auf. Dabei hatte der Tag wirklich gut begonnen.

Nach ewigen Zeiten der Ankündigungen feierte der Quidditchladen endlich seine Eröffnung. Seit sie im Tagespropheten die Werbung gesehen hatten, lauerte das geschlossene Team der Gryffindors darauf, dass die neue Zweigstelle des begehrtesten aller Quidditchläden in ganz England unmittelbar neben Hogwarts eröffnete. Angelina hatte sich zu ihrem Geburtstag im Sommer einen neuen Quaffle gewünscht, nur hatte „Qualität für Quidditch“ keine mehr auf Lager, so dass sie leider keinen begehrten Ball, aber dafür einen Gutschein bekam. Also machte sie sich heute am ersten Hogsmeade-Wochenende mit den anderen auf den Weg. Blöd nur, dass das Team der Slytherins auch da war – genauso wie das der Hufflepuffs und der Ravenclaws. Natürlich legten sich Wood und Flint gleich wieder miteinander an – wie könnte es auch anders sein. Um sich davon fernzuhalten und um kein Ladenverbot zu bekommen – welch Ironie – zog sie sich mit Katie und Alicia in den hinteren Teil des Ladens zurück. Dort war es sehr ruhig. Der Raum war groß. Dunkles Holz bedeckte den Boden und die Wände zierten riesige Regale mit Ausrüstung aller Art. Das kalte Licht von draußen, welches durch die langen, senkrechten Fenster in das Zimmer fiel, erfüllte sie mit wohliger Freude, dass sie sich drinnen im Warmen befanden. Nach und nach verlor sie ihre Freundinnen aus den Augen. Alicia blieb bei den neuen Winterumhängen stehen und Katie war fasziniert von den wasserabweisenden Schutzbrillen für Schlechtwetter-Spiele. So kam es, dass Angelina bei den Bällen am anderen Ende des Raumes alleine in Miles Bletchley stolperte.

„Es war einfach schlichtes Pech. Seltsam ist es trotzdem, dass er sich nicht mit den anderen zusammen geprügelt hatte“, dachte sie etwas abwesend.

Allmählich ließ die Wut gegen den Slytherinhüter nach und sie ärgerte sich eher darüber, dass sie nicht überlegener gehandelt hatte. Erst tun, dann an die Konsequenzen denken. Dadurch hatte sie sich schon einige Ereignisse in ihrem Leben verbaut. Stetig arbeitete sie an ihrer Beherrschung, aber leider schaffte sie es nicht immer.

Angelina quetschte sich in der Menge an vielen bekannten und unbekannten Gesichtern vorbei, stolperte und stieß gegen jemanden vor ihr. „Entschuldige“, murmelte sie ohne aufzublicken. „Kein Ding, Johnson“, Miles grinste sie an.

„Oh, bei Merlin. Wieso du wieder?“, stöhnte sie entnervt auf. Dass Miles den kürzeren Weg vom Quidditchladen bis zur Hauptstraße gewählt hatte, fiel ihr in ihrer Fassungslosigkeit über ihr Pech nicht auf.

„Vielleicht, weil ich zurück in die Schule möchte? Ich hab nichts mehr zu tun und guck dir mal bitte den Himmel an“, er deutete schaudernd nach oben. Von grauen Wolken überzogen, machte es nicht den Eindruck, dass bald die Sonne scheinen würde – typisch für den Herbst. Es sah stark nach Regen aus und den sollte man bei diesen niedrigen Temperaturen besser vermeiden. Angelina grummelte nur. Sie quetschten sich nun Seite an Seite zurück zum Schloss.

„Hey Johnson!“

„Was?“, kam es patzig zurück.

„Was hältst du eigentlich von den »Falmouth Falcons«?“ Ungläubig starrte sie ihn an. Wie kam er denn jetzt auf das Thema? Wollte er nach lang gepflegter Rivalität zwischen ihnen plötzlich einfach so tun, als wären sie Freunde? Bevor allerdings eine peinliche Pause entstünde, entschied sie sich lieber ehrlich zu antworten. Was hatte sie schon zu verlieren?

„Meinst du das ernst?“, sie schaute zu ihm hoch und stieß auch gleich gegen einen Passanten. Entnervt entschuldigte sie sich schnell. Miles nickte auf ihre Frage hin. Sie holte tief Luft: „Also um ehrlich zu sein… die »Falcons« sind echt mies. Allein ihr Slogan sagt doch schon alles »Lasst uns siegen, und wenn nicht, lasst uns Schädel spalten«. Ich bitte dich. Sogar du – “, sie räusperte sich, „sogar ein Slytherin sollte genug Anstand besitzen, die »Falcons« zu meiden.“

Der Weg leerte sich zusehends, da sie nun das Dorf verließen und zur Schule zurückkehrten. Langsam schlenderten sie in einem angenehmen Abstand nebeneinanderher den schmalen Pfad zum Schloss hinauf. Der hart getretene Sand knirschte unter ihren Schuhen. Rechts von ihnen wuchsen kleinere Baumgruppen, vereinzelt konnten sie einige Hogwartsschüler ausmachen. Allerdings zog sich, wie es schien, nicht nur der Himmel über ihnen zusammen, sondern es bildete sich auf dem Boden eine leichte Nebelwand.

Miles verschränkte seine Arme hinter den Kopf und seufzte leise auf. „Wieso fragst du eigentlich, Bletchley?“, wollte Angelina nun aber doch wissen. Ihre braunen Augen sahen ihn von der Seite her neugierig an. Die langen, warmen Umhänge wehten umher, als eine leichte Brise den Nebel aufwirbelte.

„Ziemlich viele von den älteren Spielern haben Anfragen für die Aufstellung zur Saison nächstes Jahr verschickt. Ich halte nicht viel von den »Falcons«, so wie du, aber sie wären ein guter erster Anlaufpunkt. Flint kennt da ein paar wichtige Spieler“, erzählte er frei heraus, „ich muss mir langsam was für meine Zukunft einfallen lassen, Johnson. Also, anderes, als nur Quidditch. Und das wird schwierig, wie du weißt.“ Das stimmte. Miles und sie hatten dieselben ZAG-Kurse belegt – der Fleißigste war er tatsächlich nicht. Hingegen er in Zauberkunst begnadet war. Was er mit dem Zauberstab buchstäblich alles verzaubern konnte, war schier unglaublich. Nur war er, so wie sie auch, ein viel zu leidenschaftlicher Quidditch-Narr, als dass er etwas anderes hätte machen oder akzeptieren wollen.

„Vielleicht ergibt sich nach einer gespielten Saison bei den »Falcons« eine Chance woanders, so wie du gesagt hast“, antwortete Angelina entschieden. Ihre schlechte Laune und ihr Misstrauen hatte sie beiseite geschoben, denn sie spürte, dass er sich tatsächlich ernsthafte Sorgen machte. Sie wusste selber, wie hart umkämpft die Branche war und über Zukunftsängsten wollte sie gar nicht erst anfangen, nachzudenken.

Sie schritten durch die Eingangspforte des Schulgeländes. Der verbotene Wald lag ruhig und verdächtig friedlich rechts von ihnen. Der Nebel hüllte die dicken Stämme der hohen Bäume ein wie Watte. Auch über die Wiesen glitt er nun stärker. Angelina fröstelte leicht und zog den Umhang enger um sich.

„Du weißt doch, dass viele Spieler zuerst in eine Mannschaft mit Namen wollen, um dann in eine mit höheren Namen zu wechseln“, versuchte sie ihn weiter aufzubauen und sich selbst von ihren düsteren Zukunftsgedanken abzulenken. „Die »Falcons« sind für das Aufsteigen ihrer Neuspieler bekannt. Das ist tatsächlich nicht blöd von euch“, sagte sie, die Stirn runzelnd. „Danke Johnson“, kam es sarkastisch von ihm zurück, „aber vielleicht hast du recht. Wir haben außerdem noch ein länger Zeit. Wer weiß was sich alles ergibt!“. Miles lächelte und im nächsten Moment wandelte es sich zu einem verschmitzten Grinsen: „Was hast du dir denn für Berufe überlegt, Johnson?“

„Das sag ich dir doch nicht, du Oger“, antwortete sie schnippisch und streckte ihm die Zunge raus. Er schnaubte verächtlich, während er sie in die Schulter knuffte. Sie stichelten sich gegenseitig noch die gesamte Strecke bis zur Eingangshalle weiter. Dort angekommen trennten sich ihre Wege.

„Zurück in deinen Kerker, wo du hingehörst, Troll“, lachte Angelina und schubste ihn sanft in den Rücken. „Irgendwann kannst du einen gesamten Glossar schreiben bei deinem umfangreichen Wortschatz an magischen Monstern!“, grinste er frech zurück und winkte ein letztes Mal. Bevor er allerdings die Tür zum Kerker aufstoßen und hinunter gehen konnte, rief ihm die Gryffindor nach: „Bletchley, warte kurz!“ Sie schritt eilig auf ihn zu. Fragend sah er sie an. Erklärend begann sie: „Wie du weißt, mag ich unsere langjährige Rivalität. Seit der ersten Klasse sind wir Gegner und das gefällt mir. Also klär mich bitte auf. Wieso dieser Sinneswandel?“ Es interessierte sie sehr, warum plötzlich angenehme Gespräche mit ihm möglich waren. Eigentlich, wenn sie zurück dachte, hatten sie sich nie wirklich unterhalten. Es war eher ein angiften und immer waren Teamkameraden beteiligt. Es hätte nie zu einer Konversation zwischen ihnen kommen können, die auch nur annähernd an etwas wie „nett“ reichte. Angelina dachte kurz daran, dass sie tatsächlich noch nie mit ihm alleine gewesen war.

„Johnson, hör mal zu“, er sah ihr fest in die tiefbraunen Augen, „Ich bin genauso begeistert dabei, dich auf dem Feld wegzufegen. Und auch wenn du störrisch bist, wie ein Esel und mindestens so zickig und stolz, wie ein Hippogreif“, er wich einem Schlag ihrerseits aus, „Hast du – leider – Ahnung von Quidditch“, sagte er lächelnd mit einem nicht arroganten Tonfall, der ihr unbekannt war. Miles lächelte sie freundlich an: „Außerdem teilen wir wohl das gleiche Schicksal, oder? Hoffen, dass wir gut genug spielen, um irgendwann in eine namenhafte Mannschaft aufgenommen zu werden!“ Er zwinkerte ihr noch ein letztes Mal zu und machte sich daran die Steinstufen zum Kerker hinunterzulaufen. Unsicher, stand Angelina noch ein wenig länger vor der zugefallenen Tür und wusste nicht wie sie das eben Geschehene einordnen sollte. Der Slytherin-Hüter kam ihr sehr reif vor, von den neckischen Bemerkungen mal abgesehen.

Ist das eventuell seine Art freundlich zu sein? Es wirkte so auf sie, aber in welches Paralleluniversum war sie denn gestolpert, dass Miles Bletchley nett zu ihr war?! Angelina musste zugeben, dass es sie beeindruckte, dass er nach all den Jahren zu einer sympathischen Unterhaltung fähig war; dass er nach all den Jahren Rivalität, sowie Vorurteilen einfach freundlich sein konnte. Zwischen Slytherins und Gryffindors spielten sich nie angenehme Szenen ab, noch hatte sich jemand die Mühe gemacht, sich zusammen zu reißen und etwas daran zu ändern. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen stieg sie hinauf in den siebten Stock. Auf dem Weg dorthin übersprang sie die fünf Trickstufen, duckte sich einmal, als Peeves auf Krawall aus war und mit Wasserbomben um sich warf und nahm eine von Fred und Georges Abkürzungen zur fetten Dame. Dieser das Passwort verratend, duckte sie sich und kletterte durch das Loch in der Wand.

„Angelina! Bei Merlin, da bist du ja endlich!!“, Katie Bell stürmte auf sie zu.

„Tut mir leid, dass wir dich im Laden allein gelassen haben“, bemerkte Alicia ein wenig bedrückt, „Aber zwischen den Jungs wurde es eindeutig zu hitzig. Als wir zum Bezahlen in den Eingangsbereich gegangen sind, hatten sich die Zwillinge jeweils einen Treiberschläger geschnappt und wollten damit auf Derreck und Bole los…“

Beide seufzten und zogen sie zu ihren Plätzen in den großen Sesseln vor dem Kamin. Der Gemeinschaftsraum war nur bedingt voll, da viele noch unterwegs in Hogsmeade waren. Nur Krummbein lag zusammengerollt, wie ein rostroter flauschiger Ball auf einem Kissen vor dem Feuer.

„Also haben wir so schnell das Weite mit denen gesucht, wie wir konnten“, endete Katie und ließ sich auf die abgenutzten Polster fallen. „Ist echt kein Ding, dafür hab ich jetzt Ladenverbot bei »Qualität für Quidditch«“, seufzte Angelina tief, während sie Alicias Pergamentrollen und Bücher von dem dritten Sessel auf den Tisch vor ihnen wegräumte. „Wie bitte?!“, kam es von beiden wie aus einem Munde. Angelina begann zu erzählen, was passiert war. Unterdessen pellte sie sich aus ihren warmen Sachen.

„Dieser Bletchley!“, fuhr Katie auf, „Er nervt dich doch schon die ganze Zeit während eurer ZAG-Kurse!!“ Angelina hatte nur von der Eskapade beim Quidditchladen geredet. Seltsamerweise war sie zu unsicher von dem eben Geschehenen zu sprechen. Ihre beiden besten Freundinnen würden es jetzt in ihrer Rage sowieso nicht nachvollziehen wollen, redete sie sich ein.

„Dafür könnt ihr mir doch Sachen aus dem Laden kaufen oder ich frage besonders nett, dass mir der Besitzer noch eine zweite Chance gibt“, sagte sie müde.

„Du bist aber gefasst! Ich wäre rasend.“ Zum Beweis ließ Alicia ihre Fingerknöchel knacken. „Hör auf damit“, fauchte Katie sie an, „das ist so widerwärtig!“

„Fahr mich nicht an!“, ereiferte sich Alicia.

Angelina nahm die beiden in ihrem kleinen Streit nur dumpf wahr. Sie resümierte über die letzten paar Stunden in denen viel Seltsames geschehen war. Doch so absurd, wie es auch war, machte dieser Miles, den sie heute kennengelernt hatte, sie ungemein neugierig. Das Feuer vor ihr knackte und strahlte eine wohlige Wärme aus. Sich in die Polster kuschelnd, gähnte sie ausgiebig. „Es ist zwar Sonntag“, dachte Angelina träge, „aber dafür ein besonderer.“ Sie mochte keine Sonntage, denn auf diese folgten Montage. Und wer mochte schon Montage?!

„Moment...Sonntag?“, dachte sie und stierte blinzelnd in das Feuers und langsam dämmerte es ihr. Sie musste noch Hausaufgaben für Pflege magischer Geschöpfe bis morgen fertig stellen. „Oh verdammt“, murmelte Angelina panisch, als ihr die Aufgabe sieden heiß einfiel. Die Jägerin wusste zwar eine Menge über Ungeheuer und unterhielt sich sehr gerne mit Hagrid über solche Kreaturen, aber sie hatte keine Ahnung von der Sabberhexe »Cordelia Misercordia«. Allerdings musste sie bis morgen darüber einen zwei pergamentlangen Aufsatz verfassen. Sie saß mit einem Mal kerzengerade in dem Sessel.

„Was ist los, Angelina?“, fragte Katie verdutzt und ließ von Alicias Fingerknöcheln ab, als sie bemerkte, dass ihre Freundin hektisch begann ihren Umhang zusammenzupacken. „Ich hab Hagrids Aufsatz total vergessen“, rief sie und sprang aus dem kuschligen Sessel auf, „Ich muss in die Bibliothek.“ Verdattert sahen ihr die beiden hinterher, als sie zuerst in den Schlafsaal stürmte und einen kurzen Moment später dann durch das Portrait-Loch eilte. „Wir sehen uns spätestens morgenfrüh, ihr beiden!“
 

„Oh verdammt, verdammt, verdammt!“, ärgerte sich Angelina laut. Sie rannte die drei Stockwerke tiefer zur Bibliothek und überlegte währenddessen wann nochmal die Sperrstunde begann. Hoffentlich hatte sie noch ein paar Stunden, um den Aufsatz schreiben zu können, denn ihre Uhr lag oben auf dem Nachttisch im Schlafsaal. In ihren Armen balancierte derweil ein Tintenglas, ein Federkiel und ein paar Bögen Pergament. Sie schaffte es tatsächlich nichts in dem Tempo fallen zu lassen.

Als die letzten Meter gesprintet waren, stand sie – ein wenig außer Atem – vor den beiden großen Schwingtüren aus warmen, dunklen Holz. Die Türklinge zu drücken, während die Arme vollbepackt waren, stellte sich allerdings als eine neue Herausforderung dar. „Das darf doch nicht wahr sein“, murmelte sie jammernd. Während sie versuchte, die Klinke zu benutzen, kratzte sie anscheinend so oft mit ihrem Tintenglas aus Versehen gegen die Tür, dass schon nach ein paar Sekunden Madame Pince vor ihr stand. Streng besah sich die Bibliothekarin ihr Gegenüber. „Was soll das?“, schnarrte sie schlecht gelaunt. „Ein Versuch reinzukommen“, lächelte Angelina verlegen und versuchte sich an ihr vorbei zu schieben. „Sei nicht so frech. Was willst du?“, keifte sie. „Eventuell ein Buch finden, was mir weiterhilft? Bitte, Madame Pince. Ich verspreche Ihnen nicht laut zu sein und niemanden zu stören! Könnten Sie mir dennoch eine Frage beantworten?“, flehte Angelina sie an. Das erste Mal überhaupt schien sich die eiserne Bibliothekarin erweichen zu lassen: „Was willst du wissen?“ Es klang zwar eher wie ein Befehl, als eine nette Frage, aber Angelina überging die Betonung einfach und fragte nach einem Buch über Sabberhexen ins Besondere nach einem Buch über die Sabberhexe »Cordelia Misercordia«.

„Diese Bibliothek umfasst auch einiges an Wissen über die Sabberhexen“, sagte sie schwärmend, bevor ihr Ton sich wieder erhärtete, „aber es ist gerade in Benutzung. Vielleicht kannst du dich dazu setzen. Dahinten beim sechsten Regal.“ Angelina bedankte sich höflich, ärgerte sich aber insgeheim darüber, dass jemand gerade ebenfalls das Buch brauchte, um die Hausaufgaben machen zu können und sie sich dazu setzen sollte. Hausaufgaben fertigte sie lieber alleine an. Vor allem, wenn das Buch dann jemand hatte, den sie nicht leiden konnte. Wie zum Beispiel dieser klebrig-schleimige Diggory oder ein Ravenclaw, der die ganze Zeit darüber meckern würde, dass sie viel zu langsam arbeitete, während er oder sie schon auf die nächste Seite lauerte. Aber am schlimmsten wäre wohl einer von den Slytherins. Der Großteil des Quidditchteams war mit ihr in diesem Kurs. „Na das kann ja was werden“, murrte sie.

Als sie allerdings in den besagten Gang einbog, sah sie Miles Blechtley an seinem Federkielende lutschen. „Eine zweite Chance hat noch niemandem geschadet“, überlegte Angelina ein wenig unsicher, doch fasste im nächsten Moment einen Entschluss. „Bletchley, du Yeti!“, flötete sie flüsternd, bevor sie sich zu ihm an den Tisch setzte. „Johnson! Was für eine Überraschung! Sag bloß du musst auch noch Hagrids Aufsatz schreiben?“, antwortete er, die Bemerkung übergehend.

„Leider ja und die Pince meinte, dass jemand das Buch hat und ich mich doch zu ihm setzen solle. Bei Merlin, bin ich froh dich zu sehen“, sagte sie grinsend. Miles sah sie verwirrt an: „Jetzt ernsthaft?“ „Natürlich! Stell dir mal vor Diggory wäre jetzt hier oder so ein Klugscheißer von den Ravenclaws“, sie schüttelte sich, „Ich muss sagen, von einem Slytherin war ich auch nicht sonderlich begeistert, aber mit dir kann ich leben“. Sie zuckte grinsend mit den Schultern. Er lächelte zurück und schob seinen Stuhl wieder an den Tisch. „Wie weit bist du schon?“, fragte Angelina und zog das Buch zu sich. „Nicht sehr weit. Das Fach liegt mir einfach nicht“, stöhnte er entnervt auf, „Warum bist du noch nicht fertig? Du bist doch das Ass in Pflege magischer Geschöpfe. Hagrid liebt dich doch.“

„Also erst mal danke für das Kompliment, Professor-Flitwick-in-Spé“, sie blätterte im Buch zum Inhaltsverzeichnis, „allerdings bin ich nicht so gewieft in Spezialgebieten, wie Sabberhexen im Gegensatz zu Professor Hagrid. Ich steh eher auf das typische Hagrid-Zeug, weißt du? Abraxaner, Thestrale, Graphone. Die richtig coolen Kreaturen!“ Mit einem Finger auf ein Kapitel über Anführerinnen der Sabberhexen deutend, besah sie sich der Seitenzahl und fing an zu blättern. „Da steht echt nicht viel über »Cordelia Misercordia«. Nur eine Seite“, seufzte sie, als sie fündig wurde. „Das Kapitel hab ich gar nicht gesehen“, stutzte Miles. „Kein Wunder, die heißen auch alle gleich. Nur einen Buchstabendreher und du bist tausend Jahre zu weit in ihrer Hierarchie“, meckerte sie leise. „Okay, wie beginnst du solche Aufsätze immer?“, fragte der Slytherin wissbegierig, „Das soll jetzt kein Abschreiben sein, aber ich weiß echt nicht, wie man so einen Aufsatz anfängt.“ „Kein Ding. Du teilst das Buch mit mir und bist nicht so eklig, wie sonst immer.“ Er streckte ihr für die Bemerkung die Zunge raus. Angelina stöhnte leise auf, soviel zu „reif“. „Willst du nun mit mir den Aufsatz schreiben oder nicht?“, sie zog die Augenbraue hoch. „Klar will ich“, nickte der Hüter eifrig und zerknüllte den Erstversuch seiner Arbeit, „ich brauch Pluspunkte in dem Fach...“
 

Nach drei geschlagenen Stunden waren sie endlich fertig. „Bei Merlin, Johnson! Wie du alles in die Länge ziehen kannst! Aus Informationen von einer Buchseite einen riesig langen Aufsatz! Der ist drei Pergamentrollen lang. Echt der Hammer!“, Miles ließ sich auf seinem Stuhl gegen die Lehne fallen und verschränkte die Hände über seinem Gesicht. Angelina lachte: „Danke, aber wir haben uns wirklich ins Zeug gelegt. Das wird ein sauberes E werden.“ „Das wird kein E, dass wird ein O! Das kann nur ein O werden. Ich war mir noch nie so sicher im Leben“, versicherte er ihr mit müden Augen.

Grinsend platzierte Angelina ihre Sachen ordentlich gestapelt auf einen Arm und meinte: „Wir sollten schlafen gehen. Morgen früh ist wieder Zauberkunst dran. Also deine Zeit, Zauberkunstmeister.“ „Schleim nicht, Johnson!“, scherzte der Slytherin und packte seine Tasche. Er nahm das Buch in die Hand, um es bei Madame Pince abzugeben. Nebeneinanderher schlenderten sie zur Bibliothekarin, die sie mit ihren Adleraugen scharf beobachtete. Als sie ihr das Buch aushändigten, wünschten sie Madame Pince eine gute Nacht und verließen die Bibliothek. Zusammen gingen sie noch bis zur nächsten Teilung des Ganges, wo sich ihre Wege trennten. Angelina blieb stehen und grinste ihn an: „Dafür, dass du mir Ladenverbot beschert hast, bist du gar nicht mal so mies, Bletchley.“ „Das kann ich nur zurückgeben, Johnson. Ich schulde dir was wegen des Aufsatzes. Danke!“, antwortete Miles lächelnd. „Kein Ding, bis morgen!“, sie wollte sich zum Gehen umdrehen, war ihr so, als wollte er noch etwas sagen. Sie zögerte und sah Miles an: „Ist noch etwas?“

„Äh, nein, nichts. Sorry“, er schüttelte den Kopf.

„Sicher?“, sie sah ihn ein wenig misstrauisch an.

„Ja, bei Merlin!“, meinte er gereizt, bevor er wieder ruhig fortfuhr, „Ich hab mich nur gefragt, ob wir so was öfters machen könnten?“

„Was?“

„Na das hier.“

„Zusammen Hausaufgaben machen?“

„Ja, was sonst?“, er verzog das Gesicht.

„Hältst du mich für blöd?“

„Nein, aber für langsam!“

„Pass auf was du sagst, Bletchley!“

„Also? Machen wir morgen wieder zusammen Hausaufgaben?“

Sie zögerte.

„Also?“, drängte Miles sie.

„Lass das! So kann ich nicht entscheiden“, fuhr sie ihn leicht gereizt an.

„Gut, dann tu ich es.“

„Dazu hast du kein Recht, Bletchley.“

„Wir sehen uns dann morgen nach Zaubertränke in der Bibliothek“, sagte er im Gehen zu ihr. „Ich werde einfach nicht kommen!“, rief sie ihm nach. „Wir wissen beide, dass du wirst, Johnson“, Angelina konnte heraushören, dass er grinste. „Wie kommst du drauf, du Bundimun?“, erwiderte sie. Er drehte sich mit einem arroganten Lächeln um: „Du bist verdammt neugierig, Johnson. War nie eine gute Tugend von dir“. Er drehte sich wieder um und machte sich auf den Weg in die Kerker.

„Blöder Oger!“, rief ihm Angelina hinterher. Sie ließ sich nicht manipulieren. „Erst recht nicht von so einem Schnösel!“, murmelte sie grimmig und machte sich auf den Weg zurück zur fetten Dame.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Zaje
2015-10-28T20:34:04+00:00 28.10.2015 21:34
Hi :)

Ich bin grade überaus erleichtert eine Angelina-FF zu finden, in der sie nicht mit einem der Zwillinge verkuppelt wird ^^
Der Anfang war echt toll. Vor allem die Aussage „Sir, Ihnen ist bewusst, dass der Ball irgendwann geworfen werden muss? Das ist ein Naturgesetz!“ hat mir sehr gefallen haha ^^ Ich kann mir das ganze Chaos in dem Laden ehrlich gesagt gut vorstellen - alle vier Quidditchteams und noch ein paar Verrückte, die am liebsten davor campieren würden um als erstes hinein zu kommen ^^ Dass die Weasleytwins mit Treiberschlägern um sich schlugen fand ich auch sehr amüsant.
Ich muss sagen die Konstellation Johnson x Bletchley finde ich ziemlich interessant. Allgemein die Konstellation Gryffindor x Slytherin. Ist ja nicht gerade einfach so etwas naturgetreu rüber zu bringen. Aber ich finde das ist dir gut gelungen - dass sich die beiden die ganze Zeit anstänkern, aber trotzdem auch ein halbwegs normales Gespräch führen können. Ihre Liebe zu Quidditch steht offensichtlich über der Häuserrivalität.
Dein Schreibstil gefällt mir und ich hoffe wirklich, dass du irgendwann an der FF weiterschreiben wirst - es wäre nämlich wirklich schade an so einem spannenden Punkt abzubrechen. Mich würde echt interessieren, wie sich das mit den beiden noch entwickelt. :)

LG Zajé
Antwort von:  Neville
29.10.2015 13:03
Tatsächlich finde ich Angelina/Weasley überhaupt nicht attraktiv zu schreiben :'D
Zu dem Rest kann ich mich auch nur in Dankbarkeit wälzen ;___; Danke! Wirklich!
Ich müsste eigentlich mal weiterschreiben. Allein schon, weil mich bald sonst Muffinqueen lyncht >: Ich bin so lahm und unzuverlässig, dabei gefällt mir die Geschichte selber recht gut. Also vom Thema her. Ich hab auch schon drei Kapitel vorgeschrieben, bin aber selber nicht damit zufrieden, weshalb ich sie nicht online stelle.
Ich setz mich ran. Ganz doll versprochen! Allein wegen eurer lieben Worte >:
Antwort von:  Zaje
29.10.2015 13:06
Haha gut, ich finds nämlich nicht attraktiv zu lesen haha ^^
Gerne :D <3 Du schreibst aber auch wirklich toll *-* Und ich würd mich echt total freuen, wenn du weiter machst :3 Bin schon ganz, ganz doll gespannt :D <3
Von:  Muffinqueen
2014-06-28T16:14:07+00:00 28.06.2014 18:14
Ich kann zwei Dinge nicht fassen:

1. Dass hier noch niemand ein Kommentar hinterlassen hat
und
2. dass die letzte Änderung am 28.12.'13 gewesen ist, also ein gutes halbes Jahr her ist. Das ist wirklich sehr schade und ich hoffe, dass du die Geschichte nicht auf Eis legen möchtest.

Ich bin nämlich nahezu begeistert. Diese Paarkonstellation gibt es schließlich nicht so oft und diese Bedingug kombiniert mit deiner tollen Wortwahl, deiner interessanten Schreibweise und der tollen Einleitung lassen wirklich auf Mehr hoffen. Ich bin wirklich gespannt, ob wie es mit den beiden weiter geht und würde mich freuen, mehr von deinem tollen Schreibstil lesen zu dürfen. Solltest du die Geschichte also fortführen, hast du mit mir mit Sicherheit eine treue Kommentartorin gefunden! Bitte weiter so! :)


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