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Harvest Moon - The Distance Between Us

Chelsea&Vaughn
von

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In der Bibliothek

Kapitel 30

In der Bibliothek

 

 

Elliot hatte den Eindruck gewonnen, dass seine jüngere Schwester einen tiefen Groll gegen ihn hegte. Noch vor wenigen Tagen hatte er geglaubt, dass er sich in dieser Annahme getäuscht hätte. Nach dem sich Nathalie und ihre Freundinnen wieder vertragen hatten, war ihr ablehnendes Verhalten ihm gegenüber weniger geworden. Allerdings hielt die freudige Stimmung, die gleichermaßen bei seiner Schwester vorhanden gewesen war, nur kurz an. Es verging keine komplette Woche und Nathalie war wieder genauso zurückgezogen und feindselig wie vorher.

 

Beim besten Willen konnte er sich dieses wandelbare Verhalten seiner Schwester nicht erklären. Besonders ihre tiefsitzende Abneigung ihm gegenüber. Oft sprach er mit seiner Mutter und seinem Großvater darüber, aber auch sie konnten ihm nicht weiterhelfen. Sie machten sich genauso große Sorgen, wie er. Keiner von ihnen war in der Lage an Nathalie heranzukommen und in ihr inneres zu blicken. Niemanden öffnete sie sich.

 

In seiner Verzweiflung, rief Elliot sogar bei Lana an, um möglicherweise von ihr mehr zu Nathalies sonderbarem Gebaren zu erfahren. Doch auch sie konnte ihm diesbezüglich nicht weiterhelfen. Sie bestätigte seine Vermutung, dass Nathalie wohl sehr einsam und zutiefst traurig sei, noch dazu unter der Trennung ihrer Eltern litt, aber auch ihnen wollte sie sich nicht richtig anvertrauen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig als zu spekulieren und zu hoffen, dass Nathalie irgendwann jemanden ihr Herz öffnen würde, wenn die Zeit dafür gekommen war.

 

An einem windigen Tag, unternahm Elliot alleine einen Spaziergang. Er bereute es auf der Stelle, als er feststellte, dass der Wind immer heftiger wurde und bereits kleinere Äste durch die Straßen flogen. Warum hatte er auch nicht die Wetternachrichten gesehen?

Kurz bevor er aus dem Haus getreten war, schien noch die Sonne, obwohl bereits Wolken am Himmel aufgezogen waren.

Außerdem war er auch nur auf die Straße gegangen, um heimlich seine Schwester zu verfolgen, die ohne ein Wort zu sagen aus ihrem Zimmerfenster geflohen war. Ihm war dies schon öfter in den letzten Tagen aufgefallen. Anscheinend hatte seine Mutter keine Ahnung davon. Vorerst behielt er auch seine Beobachtung für sich. Da seine Sorgen um Nathalie nicht weniger wurden und ihn diese Tatsache belastete, hatte er nach reiflicher Überlegung beschlossen ihr nachzugehen.

 

Jedoch, kaum als er um die nächstgelegene Straßenecke gebogen war, war seine Schwester auch schon wieder verschwunden. Im ersten Moment konnte er nicht anders und musste über ihre Schnelligkeit staunen. Damit hatte er nicht gerechnet, dass seine Verfolgung so schnell beendet sein würde. Doch so leicht wollte er sich nicht geschlagen geben und durchstreifte sämtliche Straßen und bekannte Orte, in der Hoffnung seine Schwester rasch wieder zu finden.

 

Nach drei Stunden musste er einsehen, dass es aussichtslos war. Nathalie blieb wie vom Erdboden verschluckt. Wahrscheinlich war sie schon längst wieder zu Hause und hätte garantiert ihren Bruder ausgelacht, wenn sie gewusst hätte, dass er ihr hinterher geschlichen war.

 

Um seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, beschloss er in das nächstgelegene Cafe zu gehen, welches er erreichen würde, um sich an einem warmen Kaffee zu wärmen und wieder zur Ruhe zu kommen. Es dauerte keine fünf Minuten mehr und er hatte eines erreicht. Als er die Tür öffnete, kündigte eine Klingel über ihm sein Kommen an. Schnell fand er einen leeren Tisch und setzte sich zugleich erschöpft hin.

 

Nach dem er seine Bestellung aufgegeben hatte, zusätzlich wählte er noch ein Stück Apfelkuchen, sah er aus dem Fenster links neben sich und staunte nicht schlecht, als er Lana auf der anderen Straßenseite entlang laufen sah. Mit einer Hand schützte sie ihr Gesicht vor dem heftigen Orkan, in  der anderen trug sie eng an sich gepresst einen Beutel, der ein ordentliches Gewicht zu wiegen schien. Elliot überlegte nicht lange, eilte zur Tür und rief Lana laut zu, dass sie zu ihm kommen sollte. Zu seinem Glück hatte Lana sein Rufen gehört und machte auf dem Absatz kehrt. Völlig außer Atem und mit einer dunklen Röte im Gesicht, ließ sie sich ihm gegenüber an dem Tisch fallen. Da Lana noch nicht wieder in der Lage war richtig zu sprechen, bestellte Elliot dasselbe für Lana wie er kurz zuvor für sich bestellt hatte. Mit einem Nicken signalisierte sie ihm, dass sie damit einverstanden war.

 

„Du meine Güte, Lana! Was schleppst du denn alles mit dir herum? Noch dazu bei diesem Wetter!“, wollte Elliot wissen, nachdem er aus Neugier einen Versuch unternommen hatte, Lanas Beutel anzuheben.

„Bücher.“, keuchte die Angesprochene und stemmte ihre linke Hand an ihre schmerzende Seite. „Vor den Ferien hatte ich vergessen, sie zurück in die Bücherei zu bringen, bevor das Fälligkeitsdatum abgelaufen sein würde. Heute ist der letzte Tag, an dem sie abgegeben sein müssen. Mahngebühren kann ich mir nicht leisten.“

„Verstehe. Dann wärme dich erstmal wieder auf. Wir haben es jetzt viertel vor fünf. Noch genügend Zeit bis die Bibliothek schließt. Ich werde dich dann begleiten.“

„Danke, Elliot, aber das musst du nicht tun, wenn du anderes zu tun hast.“

„Kein Problem. Für heute habe ich nichts weiter vor. Ich würde dir gerne noch etwas Gesellschaft leisten, wenn ich darf.“

 

Als Lana, Elliot lächeln sah, konnte sie nicht mehr wiedersprechen und freute sich insgeheim darauf, dass sie für wenigstens eine Stunde mit ihm zusammen sein durfte.

„In Ordnung. Zu zweit macht es bestimmt mehr Spaß gegen den Wind anzukämpfen.“

Beide lachten, woraufhin, dass Eis zwischen ihnen gebrochen schien.

Ungezwungen unterhielten sich die beiden miteinander. Lana erzählte von ihrer ersten Ferienwoche, dass sie viel mit ihren Freundinnen unternommen hatte, aber auch den Schulstoff nicht vernachlässigte.

 

„Weißt du, es gefällt mir, mich mit den Themen aus der Schule auseinander zu setzen. Sei es Geschichte, Politik oder Sprachen. Die anderen lachen mich zwar meistens aus, aber sie verurteilen mich nicht. Das bedeutet mir sehr viel. Außerdem kann ich ihnen dadurch oft helfen, wenn sie etwas nicht verstanden haben und das bereitet mir jedes Mal große Freude, wenn ich in der Lage bin ihnen auch zu helfen.“

„Das freut mich für dich. Du weißt, was du willst und das ist heutzutage eine Menge wert. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Jugend häufig orientierungslos ist, was sie später einmal werden wollen.“

„Genau.“, nickte Lana und nahm einen Schluck von ihrem warmen Kaffee. „Das sehe ich genauso wie du. Du kennst meine soziale Lage, daher ist es mir doppelt so wichtig, dass ich mein Ziel auch erreiche und eine erfolgreiche Anwältin werde, die im gesamten Umkreis auch bekannt ist.“

 

An diesem Punkt errötete Lana leicht. Bisher hatte sie noch nie mit jemanden so intensiv über ihre Berufswahl gesprochen. Es war ihr ein wenig peinlich, dass gerade Elliot der erste war dem sie sich anvertraute. Selbstverständlich wussten ihre Freundinnen darüber auch bescheid, aber ihnen so wirklich erklärt, was es ihr alles bedeutete, hatte sie nie.

 

Elliot lachte sie nicht aus, sondern beglückwünschte sie zu ihren genauen Vorstellungen und Zielen und war sich zudem absolut sicher, dass sie es schaffen würde diese auch zu verwirklichen.

Eine Weile sprachen sie noch davon, bis Lana schließlich einfiel, dass sich Elliot bei einer Bank beworben hatte und fragte, wie es gelaufen sei.

 

„Ganz gut. Ab nächsten Monat fange ich dort an. Genauer gesagt, am 01.11.“

„Das ist toll! Ich gratuliere dir!“, begeisterte sich Lana und reichte ihm über den Tisch hinweg ihre Hand, die er zugleich ergriff. Als sich ihre Hände für einen kurzen Moment berührten, spürte Lana eine Art elektrischen Impuls, der sich über ihren gesamten Arm ausbreitete. Elliot erging es ebenso. In diesem Moment sahen sie sich in die Augen und hatten das Gefühl, als wäre die Zeit um sie herum stehen geblieben. Es zählte einzig und allein dieser Augenblick, der etwas in ihnen hervorgerufen hatte, das alles zu ändern schien.

 

Ein rascher Seitenblick auf die Armbanduhr an Elliots Arm brachte sie wieder zurück in die Realität. Elliot beglich die Rechnung und beide machten sich auf dem Weg zur Bibliothek. Obwohl Lana protestieren wollte, trug Elliot den schweren Beutel und Lana musste sich peinlich berührt geschlagen geben, wobei sie ein verstohlenes Lächeln nicht unterdrücken konnte.

 

+++++
 

In der Bibliothek sahen sich beide noch einige Zeit lang um, nachdem Lana die Bücher am Automaten zurückgegeben hatte. Dabei stellten beide fest, dass sie eine ähnliche Vorliebe für ältere Literatur teilten. Im Flüsterton tauschten sie ihr gemeinsames Wissen aus und bemerkten gar nicht, dass die Bibliothek bald schließen würde. Allerdings blieb ihnen noch eine Viertelstunde, die sie bis zur letzten Sekunde nutzen wollten.

 

Also, schlenderten sie weiter durch die Regalreihen bis sie in die Nähe eines Büros, am Ende des Saals gelangten. Eine meterlange Wand trennte die beiden von dem inneren des Raumes. Jedoch konnten beide gut verstehen, dass sich da drin Leute aufhielten. Besser gesagt, waren es sogar zwei Personen, ein Mann und eine Frau, die miteinander lachten. Es gab für niemanden von ihnen die Möglichkeit hinein zu sehen. Wozu auch? Was in dem Büro vor sich ging, ging sie nichts an. Und doch, lag etwas Vertrautes in der Stimme der Frau. Elliot war sich ziemlich sicher, dass er dieses Lachen kannte, auch wenn es tiefer klang, als das Lachen, was ihm gerade durch den Kopf gegangen war.

 

Dadurch wurde Elliot neugierig und trat leise an die Tür heran, um besser verstehen zu können, was gesprochen wurde. Lana war inzwischen weiter gegangen und bekam gar nicht mit, dass Elliot weiter hinten geblieben war. Als sie sich umdrehte und sah, wie er ein Ohr nahe an die Tür gelegt hatte, hob sie erstaunt ihre Augenbrauen und fragte sich, was mit einem Mal in ihn gefahren war. Sein Gesicht war so ernst, dass sie sich nicht traute, ihn in seinem Tun zu unterbrechen. Obgleich sie eine baldige Erklärung wünschte.

 

Der junge Mann an der Tür hatte die Umgebung um sich herum vollkommen ausgeblendet. Konzentriert hörte er dem Treiben, besonders der femininen Stimme hinter der Tür zu. Er wusste noch immer nicht, woher sie ihm so vertraut vorkam. Das Lachen hatte längst aufgehört. Stattdessen hörte er ein Zerreißen von Stoff und das Stühle gerückt wurden. Er vernahm immer deutlicher ein Stöhnen, das zunehmend lauter wurde. Nebenbei hörte er den Mann sagen, dass die Frau sich auf den Schreibtisch legen sollte und sie willigte sofort ein.

 

Danach brauchte Elliot gar nicht mehr hinhören, um zu erraten, was gerade in dem Büro getrieben wurde. Einzig das helle Aufschreien der Frau veranlasste ihn dazu, erneut kurz stehen zu bleiben. Ihm wollte nicht einfallen, woher er diese Stimme kannte. Allerdings keimte ein unmöglicher Gedanke in ihm auf, den er entschieden wieder verdrängte. Übereilt rannte er auf Lana zu, packte sie am Arm, die gänzlich überrumpelt wurde und zog sie entschieden mit sich nach draußen.



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