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Replika - Preis der Wahrheit

Feder & Stift - Rundumwichteln für AgentAya
von

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Als all das seinen Anfang nahm, war ich siebzehn Jahre alt. Ich liebte Bücher und wann immer ich die Zeit dazu fand, verbrachte ich sie mit den Geschichten, die in den Regalen der Bibliothek schlummerten. Die Erzählungen, die aus der Zeit der Zivilisation bewahrt worden waren, ehe der Krieg ausbrach und sie zerstörte, erschienen mir wie fantastische Literatur. Von Achsenmächten war die Rede und Gründen für Kriege, die so lächerlich waren, dass sie sich einfach jemand ausgedacht haben musste. Da waren Berichte über Länder, Wesen und Dinge, die ich mir kaum vorstellen konnte und viele Dinge schienen so merkwürdig, dass ich sie unmöglich mit unserer Wirklichkeit in Einklang bringen konnte. Ich nahm das, was ich las, niemals wirklich ernst und wahrscheinlich war es ein Fehler. Ich glaubte diese Dinge zu verstehen und zu wissen, dass sie nichts mit mir zu tun hatten, doch dachte ich nie in einer Weise darüber nach, als wären sie wirklich,denn sie waren nicht wirklich. Die Welt der Bücher war ein Ort, den es nicht mehr gab.

In unserer Welt lebten gerade noch so viele Menschen, wie früher in einem der größeren Länder und sie verteilten sich in mehreren Hauptkolonien entlang des Äquators. Die Strahlung und die Umweltbedingungen erniedrigten die Lebenserwartung der Menschen deutlich, so groß der medizinische Fortschritt auch war. Doch die Strahlung brachte uns auch die Energie, die uns am Leben und die Funktion unserer Welt aufrecht erhielt.

Regiert wurde diese Welt durch einen Zusammenschluss von Ministerien, hauptsächlich regional in den einzelnen Ansiedlungen. Denn Kontakte waren schwierig und bedeuteten stellenweise große Entfernungen über tückisches und unsicheres Land. In dieser Gesellschaft wurde jeder Mensch entsprechend der Ambitionen und Talente gefordert, die er aufwies und jedem wurde der Platz zugewiesen, an dem er der Gemeinschaft am meisten nutzte und damit auch sich selbst.

Das waren die Dinge, von denen ich wusste. Und auch ihnen hatte ich nie mehr an Beachtung geschenkt, weil es Selbstverständlichkeiten waren. Ich wusste nicht einmal, wie genau entschieden wurde, was der richtige Platz eines Menschen war. Wer es entschied und wer vor allem darüber entschied, wer Minister wurde.

Erst Recht aber wusste ich nicht, dass dieses System durch Ausfälle gefährdet war. Geburten waren selten, weil die geringe Bevölkerungsdichte einen unzureichenden Genpool bot. Und das obwohl die Fortschritte im Rahmen der Genetik und Fertilisation problemlos die Selektion von krankhaften Genen und Merkmalen, ja sogar in einem gewissen Rahmen ihre Veränderung erlaubten. Der genetische Code war kein Geheimnis mehr sondern konnte gelesen werden wie ein Buch, doch die Informationen halfen lediglich das auszusortieren, was der Menschheit schaden würde und in wenigen Fällen die Informationen zu verändern, um genetische Krankheiten auszumerzen.

Die Bedeutung der DNS war zu komplex, als dass sie der menschlichen Willkür hätte unterworfen werden können und auch die Geburt eines Kindes blieb eine der wenigen Bastionen der Natur, die niemals erobert worden waren.

Fiel nun ein Teil des Systems aus, dann konnte es Probleme bereiten, weil niemand garantieren konnte, dass bald ein Ersatz das Licht der Welt erblicken würde. Und handelte es sich um eine wichtige Person, dann wären die Folgen fatal.

Aus diesem Grund hatte man einen Weg finden müssen die menschliche Sterblichkeit zu senken. Aus diesem Grund und weil die geringe Reproduktionsrate gegenüber der höheren Todesrate sonst bald zur Auslöschung der Menschheit geführt hätte und damit zur Bedeutungslosigkeit all dessen, was sie in Jahrtausenden geschaffen hatte.

Letztlich bedeutete es, dass die stolze Weigerung in den unvermeidlichen Untergang zu gehen noch ein anderes System hervorbrachte.

Um den Menschen arbeitsfähig und am Leben zu erhalten, gab es ein einfaches Prinzip. Die Teile, die nicht mehr funktionierten, mussten ersetzt werden und die operativen Verfahren dazu waren so ausgereift, dass beinahe alles möglich war. Doch irgendwoher mussten diese „Ersatzteile“ kommen. Deshalb wurde bei der Geburt jedes Menschen eine Kopie seiner Gene erschaffen. Ein Klon, ausgetragen durch Arbeiterinnen, die man für diese Zwecke abgestellt hatte, oder durch weibliche Klone, deren Äquivalent trotz allem gestorben war und sie zurück gelassen hatte. Ich weiß nicht, was mit den männlichen Klonen geschieht, die nicht mehr gebraucht werden, oder mit denen, die zu alt, und in einem vorgegebenen Intervall durch neue Kopien ersetzt wurden. Wahrscheinlich will ich es nicht wissen.

Die Kopien wurden in abgeschirmten Lagern verwahrt, geschützt vor allen schädigenden Einflüssen und bereit für den Tag, an dem sie gebraucht würden. Das System erscheint auf den ersten Blick fragwürdig, das ist es vermutlich auch, doch es funktionierte unter anderem deshalb, weil wir, die Kopien, nichts davon ahnten, dass es eine Welt der Originale gab.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Chimi-mimi
2013-03-18T16:23:01+00:00 18.03.2013 17:23
Ah, da haben wir es ja. Klone. Das ist wirklich ein interessantes Thema. Aya erinnerte es an einen Film, mich im weitesten Sinne an "Alles, was wir geben mussten" von Kazuo Irgendwas...
Da gibt es Klone, die als Ersatzteillager dienen. Das hier - mit den Kopien - ist ja noch unglaublicher. Eine Dystopie, die leider Wirklichkeit sein könnte, wenn die falschen Leute die Klonforschung unterstützen (die ich in einigen Dingen sogar unterstützen würde, aber niemals das Klonen kompletter Menschen).
Der Protagonist oder die Protagonistin wirkt für mich irgendwie deillusioniert, verloren, abgestumpft, das kommt sehr schön rüber.
Von:  Wintersoldier
2013-02-22T18:39:20+00:00 22.02.2013 19:39
Ich liebe den ersten Absatz. Diesen Blick zurück auf unsere Welt und wie man zukünftig darüber denken könnte. Und trotz des eigentlich ernsten Themas bringt es mich irgendwie zum Lachen, weil es einfach so wahr ist. Und durchaus vorstellbar, dass irgendeine zukünftige Generation genau so darüber denkt.

Allgemein könnte ich mir die Entwicklung der Welt, wie du sie hier beschrieben hast, in gewissen Zügen sehr, sehr einfach vorstellen und gerade das macht einen Großteil der Geschichte aus, weil es einfach in einem großen Rahmen plausibel klingt. Was ich persönlich allerdings auch gruselig finde, wenn ich bedenke, wie sich die Welt entwickeln könnte, aber gut, dass ist ja was anderes...

Liebe Grüße
Aya

P.S: das Szenario erinnert mich an einen Film, dessen Titel ich vergessen habe, mit Scarlett Johansson und Ewan McGregor. :3


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