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Die Chroniken von Khad-Arza - Die andere Seite des Himmels

Drittes Buch
von

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Die Götter von Khad-Arza

Als Neisa zu sich kam, war es um sie herum dunkel. Sie wusste nicht mal, ob sie wirklich zu sich kam oder es sich bloß einbildete... sie hatte das Gefühl, durch endlose Finsternis zu stürzen, tiefer und tiefer, und sie erwartete immerzu den Moment, in dem sie aufschlagen und zerschellen würde am Abgrund irgendeiner wahnsinnig tiefen Schlucht aus Bosheit... aber der Moment kam nie. Sie stürzte und in ihrem Kopf begann es so heftig zu schmerzen, dass sie keuchte. Aus dem Schatten hörte sie eine Stimme, die zu ihr drang. Eine Stimme, die sie kannte... auf so entfernte Weise so unglaublich vertraut. Gefährlich vertraut, sie klang wie der verlockende Ruf eines Dämons aus dem Schatten, der sie aufforderte, für immer zu bleiben... in der ewigen Dunkelheit.

„Nein... fass mich nicht an.“

Hatte sie das gesagt? Oder irgendjemand anderes? Sie wusste es nicht, und die Kopfschmerzen steigerten sich auf eine bestialische Weise so sehr, dass sie glaubte, sie würde daran verrecken. Die Stimme kicherte in ihrem Unterbewusstsein und sie fragte sich, woher sie sie kannte... warum sie so vertraut und gefährlich zugleich schien, wie eine Person, die sie eigentlich fürchtete und dennoch auf eine verbotene, animalische Weise begehrte.

„Komm, trink. Ich weiß, dass du es willst. Du hast es immer gewollt... du hast mich damit verdammt noch mal umgebracht. Jetzt trink, du Hure, und ich werde dir die Süße deines eigenen Todes vor Augen führen auf eine Weise, die ich schon seit Jahrzehnten ersehne!“

Sie wandte japsend den Kopf zur Seite und in ihrem Inneren wuchs eine Todesangst, die sie schreien ließ. Hände griffen nach ihr, packten sie auf brutale Art – auf eine Art, die ihr tief im Inneren vertraut vorkam, so, als hätte sie sie schon sehr, sehr lange nicht mehr gespürt... der Schatten. Sie konnte ihn spüren, mit aller Macht konnte sie den Schatten spüren, er versuchte, sich ihres Geistes zu bemächtigen und sie wehrte sich mit aller Macht, die sie hatte.

„Wage es nicht, ich warne dich. Du kannst das Band nicht vernichten... du willst es gar nicht.“

„Trink, meine Teuerste. Dann verschwinden die Kopfschmerzen... nicht wahr? Laudanum, dein Heilmittel für alles... abgesehen von Wahnsinn vielleicht.“

Sie spürte, wie ihr irgendetwas gegen die Lippen gepresst wurde, vermutlich eine Schale oder ein Becher. Sie spürte Flüssigkeit, die in ihren Mund rann, und sie wehrte sie und wand sich; aber obwohl ihr Geist nicht trinken wollte, unterwarf sich ihr Körper schon beim ersten Schluck der brennenden Flüssigkeit in ihrer Kehle. Sie schmeckte so süß, betörend süß, und sie machte sie so euphorisch, dass sie unter den Händen der Schatten erschlaffte, um sich dem Feuer ihrer Kehle hinzugeben, der tödlichen, brennenden Süße, in der sie zweifelsohne ertrinken würde...
 

„Und du wirst kriechen, Seherin, du wirst mir zu Füßen kriechen und mich anflehen, es zu tun... Salihah Ekala.“
 

„Fass mich nicht an... Kelar!“

Und Neisa schlug die Augen auf, benommen von Schwindel, und erkannte über sich den Schatten des Kelar Lyra. Es war das erste Mal, dass sie ihn so sah, und sie wusste, dass er es war. Der Tyrann, der Mann, der Dokahsan unterworfen hatte, der Großvater ihres Vaters, der König von Lyrien. Und in ihrem Körper schnürte die Panik ihre Organe zusammen, verschaffte ihr eine grauenhafte Übelkeit, die sie würgen ließ, während sie in nahezu ekstatischer Furcht schwebte und die verschiedenen Augen so sehr weitete, dass sie glaubte, die Augäpfel würden ihr aus dem Kopf fallen, wenn sie sich jetzt vorbeugte. Sie lag auf dem Rücken auf irgendetwas Hartem, das sachte vibrierte; kurz wurde ihr wieder schwarz vor Augen, als der Schwindel in ihrem Kopf heftiger wurde. Sie hörte seine Stimme... die Stimme des Dämons, der Bestie, Kelars Stimme, aber sie klang weit entfernt, als wäre Neisa in Watte eingepackt, in eine dicke, wollene Schicht aus Rausch, die es ihr unmöglich machte, klar zu denken. Sie spürte nur Furcht und wie alle ihre Instinkte Alarm schlugen... obwohl die Kopfschmerzen verschwunden waren, fühlte sich ihr Schädel an, als wäre darauf ein Haus explodiert. Keuchend kniff sie die Augen wieder zusammen und wand sich – oder glaubte, es zu tun, sie wusste nicht mehr, ob sie wach war oder träumte. Sie wusste nicht einmal mehr, wer sie war... was sie war.

„Du hast ihre Augen... zumindest zur Hälfte. Die Augen, mit denen du, Salihah... Macht ergreifst über die Enkelin von Tabari, was? Komm, Salihah, wenn du nicht willst, dass ich Purans Tochter schände, komm und ich werde dich in Stücke reißen!“ So grollte der Schatten und Neisa schrie, als Hände nach ihr fassten, durch ihre Haare fuhren, ihren Hals hinab, zu ihren Brüsten. Sie packten fest zu und Neisa spürte den Schmerz durch die Watte hindurch, die ihren Geist benebelte. „Schrei nur, Hure, kein Mensch wird dir helfen, Salihah. Ich werde dich kriegen und du... wirst kriechen, nachdem ich mit dir fertig bin!“ Es war in dem Moment der größten Panik, dass Neisa spürte, wie ihr Geist sich wehrte. Sie nahm in all ihrer Finsternis war, wie die Geister in ihrem Inneren wisperten. Wie sie sie umklammerten, an ihr zerrten, sie wegzogen vom Schatten... und sie riss sich mit einem wilden Aufschrei aus dem Griff der Finsternis los, fuhr hoch und schlug ihrem Urgroßvater ins Gesicht, der sich über sie beugte.

„Fass mich nicht an, Schatten!“, keuchte sie mit vor Bosheit bebender Stimme, „Wage es, Kelar Lyra, und du wirst bezahlen für das, was du tust... mit weit Schlimmerem als dem Tod!“

Und dann klärte sich der Nebel in ihrem Kopf und sie erkannte, dass sie auf einer der Pritschen in der Tari Randora lag, diese blechernen Dinger, auf denen sie immer schliefen. Und vor ihr stand nicht ihr Urgroßvater Kelar, sondern dessen wahnsinnige Wiedergeburt, Ulan Manha. Der Mann grinste sie auf eine grauenerregende Weise an, während seine aufgeplatzte Lippe blutete, die sie offenbar gerade geschlagen hatte.

„Du bist wach... na endlich. Nachdem du mir in Ahrgul durch die Lappen gegangen bist dank Meoran Chimalis' bestechend schöner Tochter... wird es Zeit, dass wir das versäumte Treffen nachholen, nicht wahr... Neisa?“
 

Sie erinnerte sich wieder, wo sie war. Das hier war nicht die Tari Randora, es war die Tari Randora Zwei; Scharans Schiff, die nachgebaute Tari Randora, in die sie verschleppt worden war. Sie erinnerte sich an Turo, der sie bewusstlos geschlagen hatte... danach war es finster gewesen. Sie erinnerte sich an den Traum von eben, an die Schreckensvision ihres Urgroßvaters, an das flammende Brennen in ihrer Kehle, an die Hände, die sie berührt hatten –

Wie lange genau war Scharan schon hier? Sie widerstand dem Verlangen, entsetzt nach ihrem Busen zu fassen und sich dabei zu fragen, ob er sie angefummelt hatte; was immer er wollte, er würde nichts von ihr kriegen. Genau genommen sah sie Ulan Manha zum ersten Mal richtig... Scharan, den Sklavenkönig, der den Geist des Tyrannen Kelar in sich trug, dessen Enkel er war. Der Sohn einer unehelichen Tochter des Dämons... und die junge Frau fuhr zusammen und keuchte, als sie ihn anstarrte und er grinste, dabei die eigentümlichen Eckzähne bleckend, die Karana auch hatte.

Die Fänge des Dämons.

Ulan Manha war ein schöner Mann. Er musste einige Jahre älter sein als Neisas Vater, aber genau wie der hatte sich auch dieser Spross des Lyra-Stammes für sein Alter extrem gut gehalten.

„Alle gebürtigen Lyras sind hübsch.“, hatte ihre Mutter ihr einmal erzählt, „Du bist ein so bildschönes Kind, Neisa, genau wie dein Bruder. Und dein Vater ist ein bildschöner Mann, und sein Vater war es ebenso. Seine Cousine ist auch bildschön... die ganze Familie besteht nur aus schönen Menschen, als wollten die Geister alle anderen mit ihrer Schönheit blenden lassen, um die grauenhafte Macht zu verbergen, die ihr alle inne habt... ihr Lyras.“

Und das traf auf diesen Kerl, der vor ihr stand, definitiv auch zu. Sie erkannte genau die unglaubliche Ähnlichkeit zwischen Manha und ihrem Vater; ihre Gesichtszüge waren derart ähnlich, dass es sie erschreckte, sie hatten dieselbe, grünen Augen, Augen von stechendem Scharfsinn, die doch mit einem einzigen Blick so bestialische Macht ausstrahlen konnten, dass ein bloßer Blick reichen musste, um andere in die Knie zu zwingen; nicht, dass Puran Lyra von einem solchen Blick oft Gebrauch gemacht hätte, aber Neisa wusste genau, zu was ihr Vater fähig war. Sie sah in Manhas hübsches Gesicht und wusste genau, wie gefährlich er war... was für ein todbringendes, grausames Monster er war.

„Was... willst du, Ulan Manha?“, fragte sie kalt, als sie sich von der Pritsche erhob, tapfer gegen ihr pochendes Herz und ihre Panik kämpfend. Sie durfte sie nicht siegen lassen; sie durfte auf keinen Fall den Verstand verlieren, nicht jetzt. Es war schwer, alles in ihr schrie geradezu danach, wegzurennen, zu fliehen, nur hier fort zu kommen, so schnell wie möglich... aber was hatte sie denn für eine Chance? Sie flogen, sagte ihr ein Blick aus dem Fenster; sie kurvten immer noch durch die Eisnebel von Thal-Duhn. Wo immer die anderen mit der echten Tari Randora waren, für Neisa waren sie jetzt unerreichbar. Sie konnte sich nicht teleportieren... sie war hier gefangen und konnte nicht fort.

Er schien ihre Gedanken zu erraten, denn er lehnte sich gegen die Tür des kahlen Raumes und stierte auf sie herab aus seinen mächtigen, grünen Augen.

„Du kannst nicht fort. Glaub ja nicht, du könntest mir entkommen, jetzt, wo ich dich habe. Ich werde deinen Geist... zerquetschen, Salihah. Und wenn Zoras Chimalis kommt, um dich zu retten, wirst du nur noch eine Hülle sein... seelenlos, und ich werde dafür sorgen, dass du kriechst... Made.“ Neisa machte einen Schritt rückwärts, als er einen vortrat.

„Wovon sprichst du?“, schnarrte sie, „Wieso nennst du mich Salihah, Bestie?“ Und sie spürte ihn grinsen und wusste, dass die Frage rhetorisch war. Sie wusste, warum er sie so nannte... und er wusste, dass sie es wusste. Nach noch zwei Schritten rückwärts stieß sie gegen die Wand. Sie fuhr keuchend herum, da war er aber bereits bei ihr, packte sie am Handgelenk und rammte sie mit solcher Wucht gegen den Stahl in ihrem Rücken, das sie schrie. Irgendetwas knackte und der Kopfschmerz kehrte mit brutaler Gewalt zurück. Sie zitterte, als der Mann sich über ihr Gesicht beugte, drohend wie eine Gewitterwolke, und in seinem verzerrten Gesicht sah sie den Wahnsinn der Bestie, die sie ihr Leben lang unterbewusst gefürchtet hatte.

„Weil du... Salihah bist, mein Lämmchen.“, grollte er mit gespielter Freundlichkeit, seine Stimme so durchsetzt von purem Hass auf sie, dass Neisa strauchelte. Er packte sie unter den Armen und hielt sie oben, damit sie nicht zu Boden rutschte. „Weil meine Frau beschlossen hat... auf dich aufzupassen in diesem Leben. Weil du ihr verdammtes, blaues Auge hast. Weil sie dein Denken, dein Tun und sogar dein Fühlen beeinflusst auf eine Art, die mich... zum Brechen bringt!“

Lüge!“, schrie Neisa hysterisch und wollte nach ihm schlagen, aber er packte ihre Handgelenke jetzt beide mit einer Hand und pinnte sie über ihrem Kopf gegen die Wand, drückte so fest zu, dass es schmerzte.

„Was dachtest du, warum du dich immer so zu Zoras Chimalis hingezogen gefühlt hast?“, fuhr er sie an, „Zur kleinen Wiedergeburt des Hurensohns, mit dem meine Frau mich zeitlebens betrogen hat?! Chimalis wird bluten für das, was er getan hat, aber du wirst es zuerst, mein Lämmchen... Salihah, meine Teuerste. Du wirst bezahlen... dafür, dass du mich um meine Macht gebracht hast!“

„Mein Mann heißt Zoras Derran!“, fauchte Neisa zurück, „Du kannst mich nicht töten, Kelar!“

Er hielt inne... und es war dieser kurze Moment, in dem er inne hielt und auf sie herab starrte, seine Hand ihre so fest umklammernd, sie mit Gewalt gegen die Wand pressend, in dem Neisa in sein von Wahnsinn verzerrtes, grinsendes Gesicht sah, dieser kurze Moment, in dem sie spürte, dass der Tod bereits nach ihr rief.

Und dass sie keine Wahl hatte, als davonzurennen.

„Das werden wir sehen... nachdem ich dich erst mal zerbrochen habe, Salihah.“

Und er küsste sie mit der Brutalität eines Monsters, auf eine Weise, die selbst Lorons unersättliche Gier in den Schatten stellte.
 

Sie bekam keine Luft. Verblüffenderweise spürte sie keine Angst vor einer Vergewaltigung, sondern nur Zorn in ihrem Inneren, einen heftigen, tiefen Zorn, den sie schon seit Jahrhunderten zu pflegen schien, viel länger als sie eigentlich am Leben war, und sie riss sich mit einer ungeheuren Kraft von ihm los, die sie sich selbst nie zugetraut hätte, und schlug nach seinem Gesicht. Er bekam ihr Handgelenk wieder zu fassen und stieß sie gewaltsam gegen die kalte Wand, und die junge Frau keuchte, ehe seine andere Hand jetzt ihre Kehle packte und zudrückte.

„Du... hättest kriechen sollen, als ich dir die Wahl gelassen habe, Salihah. Ich habe dich gewarnt... als ich dich in Yiara versucht habe hinzurichten. Sei mein... oder brenne, Hure.“ Sie spuckte ihm ins Gesicht.

„Dann brenne ich, Bestie.“

Er schlug sie zu Boden. Neisa stöhnte, als der Schmerz wie eine Flamme über ihr Gesicht loderte, und ihre Lippe war aufgeplatzt, sie schmeckte Blut in ihrem Mund. Sie konnte kaum weiter denken, da war er wieder über ihr, packte sie an der Kehle und schlug ihren Kopf zweimal so kräftig gegen die Wand, dass sie beinahe das Bewusstsein verloren hätte.

Lass dich nicht brechen, Neisa!“, hörte sie die so vertrauten, angenehmen Stimmen der Geister in ihrem Kopf, und in dem Rausch aus Schmerzen und blankem Hass auf diesen Mann, der an allem Übel Schuld war, das sie hier durchlebten, spürte sie, wie die Erdgeister nach ihrer Hand griffen. „Nimm meine Hand, Neisa. Kelar war vielleicht ein Herr der Geister... Ulan Manha ist bloß sein Enkel. Es ist bloß Kelars Geist, der ihn wahnsinnig macht... bloß sein Geist, den du brechen musst.

Neisa fing an zu lachen und der Mann über ihr hielt inne, das Gesicht direkt vor ihrem, erfüllt von Hass, von Genugtuung, sie so in der Zange zu haben, dass sie nicht wegrennen konnte... und sie sah seine Gesichtszüge entgleisen, als sie die Augen wieder aufschlug und ihn sehen konnte... Kelar Lyras Geist.

„Du kannst das Band nicht vernichten, Kelar. Immer noch nicht... aber ich kann es, und du weißt das. Fürchtest du dich davor... in den Schatten zu fallen, mein Liebster?“
 

Er starrte sie an. Er starrte ihr in das verboten hübsche Gesicht und er konnte sie sehen... seine Salihah. Sie war da, sie starrte ihn an, aus den verschiedenen Augen des Lyra-Mädchens, und die Herablassung, mit der sie ihn ansah, erfüllte seinen Geist mit Zorn. Er hatte sie niemals mehr verabscheut und gleichzeitig gewollt als in diesem Moment, und er wusste nicht, warum er zögerte... sie zu töten. Er könnte ihr den Schädel spalten, er könnte sie so zerfetzen, dass nichts mehr übrig war von Neisa Lyra, weder von Purans Tochter, noch von Salihahs Geist. Aber er konnte nur starren, und seine Unfähigkeit machte ihn rasend vor Wut. Er brüllte sie an und presste sie gegen die Wand, ohne ihr dabei das kalte, bedauernde Lächeln aus dem Gesicht zu wischen. Nichts war schlimmer als geheucheltes Mitleid... nichts war schlimmer als die Gewissheit, dass diese Frau ihn besiegt hatte.

Salihah, seine eigene Gemahlin, Mutter seiner Söhne, die ihn mit ihrer eigenen Droge ermordet hatte.

Und obwohl Neisa völlig anders aussah als Salihah, waren sie eins... er konnte sie spüren, als er sie an den Oberarmen packte, so fest zudrückte, dass er dem zierlichen Körper von Purans Tochter vermutlich die Arme brach, er spürte mit jeder Faser seines Körpers den Körper seiner Frau, die Seele seiner verdammten, verhassten und geliebten Ehefrau, die ihn um seine Macht gebracht hatte... immer. Ihr Leben lang, das sie immer über ihm gestanden hatte. Die Seherin, die selbst sein Vater mehr geliebt hatte als seinen eigenen Sohn. Er hasste sie... er hasste sie so sehr und war gleichzeitig auf so perverse Art von den Geistern für immer an sie gebunden worden, dass allein der Gedanke daran, ihr wehzutun, ihn innerlich zerriss in einer Mischung aus Grauen und Verlangen... und dafür hasste er sie noch mehr, und er packte sie und stieß sie zu Boden, pinnte sie mit den Händen fest und nahm ihren Rumpf zwischen seinen Beinen in die Zange, um sie am Zappeln zu hindern. Er hasste sie dafür, dass er sie begehrte... wie er es immer getan hatte. Weil die Geister zwischen ihnen ein unlösbares Band geknüpft hatten, ein Schicksalsfaden, der sie beide für immer zusammenhalten müsste... so lange, wie sich ihre Geister an die Welt der Lebenden klammern konnten.

Eines Tages würden die Namen Salihah und Kelar vergessen sein. Eines Tages würde niemand mehr wissen, dass es sie einst gegeben hatte... noch würde jemand um die Grausamkeit ihrer Verbindung wissen oder was sie alles getan hatten, um dem zu entkommen.

Salihah hob eine Hand und fuhr ihm über das Gesicht, in beinahe zärtlicher, verlangender Manier, auf eine Weise, die ihn fast um den Verstand brachte. Er wusste, dass es Salihah war, die da agierte, und nicht Neisa, deren Körper er in der Zange hielt, und die Gewissheit, seine Frau unter sich zu haben, erregte ihn – erst recht, dass sie ihn mit ihrem herrischen und gleichzeitig fordernden Blick anstarrte, ihm bis in die Tiefen seiner Seele starrte auf diese Weise, die nur wenige so bestialisch beherrschten. Nicht einmal Nalani, die blutrünstige Schattenkönigin der Kandayas, hatte denselben Blick auf dieselbe Weise beherrscht... aber Puran hatte die Gabe von seiner Großmutter geerbt. Puran wäre ein so perfekter Erbe für Lyrien gewesen, ein vielleicht mächtigerer, fürchterlicherer und gleichzeitig herrlicherer König als Kelar es gewesen war... ein Jammer war es um seinen perfekten, hochbegabten Enkelsohn.

„Du wirst fallen, Kelar... zu lange rufen die Schatten nach dir. Zu lange schon, König... der Dämonen.“

„Das Band verbindet uns – wenn ich falle, wirst du mit mir untergehen und Neisa dabei zu Grunde richten.“

„Vielleicht...“, raunte sie in dieser Tonlage, die ihm immer noch einen Schauer aus purer sexueller Erregung durch den Körper jagte, und er spürte, dass er hart war vor Verlangen nach der Frau, nach dieser sadistischen Bestie, die er so hasste, der er mit aller Macht den Tod wünschte...

Vergebens.

„Wenn die Götter ihre Arme nicht mehr nach ihr ausstrecken können... am Abgrund der tiefsten Schatten... wird ihre göttliche Gabe vielleicht bedeutungslos sein.“

Er küsste sie und sie ließ es zu. Er tat es nicht, weil er sie so liebte... er liebte sie nicht mehr. Sie war ein Miststück, ein Scheusal, das das Leben nicht verdiente, denn genau wie er war sie ein geborener Dämon in der Hülle einer Sterblichen, ein Ungeheuer, eine Ausgeburt des Himmelsdonners, voller Bosheit, voller Sadismus. Und diese Bosheit an ihr erregte ihn... immer noch. Der Schatten war verlockend zu all jenen, die sich ihm hingeben wollten, und er war unnachgiebig und unwillig, die Opfer jemals wieder auszuspucken.

Er gab sich keine Mühe, ihr nicht wehzutun, im Gegenteil. Als er sie erneut küsste, stöhnte sie unter ihm, diese notgeile Hure, und er schlug sie, als sie ihn umstieß, sodass er zu Boden rollte und sie sich auf ihn setzte, jetzt ihrerseits seinen erhitzten, drückenden Unterleib in die Zange nehmend. Und er spürte, wie sie sich gegen seine Erektion presste, wie der drückende Schmerz des Verlangens ihn fast verrückt machte, als er sie brutal an den schon zerschundenen Armen packte und sie zu sich herab zerrte, um sie abermals zu küssen.

Er wollte sie töten – er wollte sie tot ficken, wenn es sein musste, er wollte sie verdammt noch mal umbringen dafür, dass sie es wagte, ihn zu unterwerfen und zeitgleich diese betörende, berauschende Erregung in ihm wach zu rufen, heftiger als jemals zuvor. Doch er war unfähig, sich zu bewegen, als sie über ihm dieses verklärte, bestialische Grinsen aufsetzte, einen Blick purer Bosheit, einen Blick, der berauschender war als jede Trance beim Zaubern... sie wusste genau, dass er sie nicht töten könnte. Das Band war zu stark... nur sie als Nachfahrin der Ekalas war fähig, ein solches Band zu trennen... für eine Weile. Das war es, was sie getan hatte an jenem Tag, an dem sie ihn getötet hatte... diese verräterische Hure.

Mit einem unruhigen Keuchen wand er sich und schlug nach ihr, als sie sich über ihn beugte und ihre Hand auf so zufällige Art und Weise über seinen Schritt gleiten ließ, sich so betörend über ihm bewegte, seine Hand ergriff, um sie auf ihre in diesem Körper definitiv zu kleinen Brüste zu legen. Er berührte sie, er zerrte an ihrer überflüssigen Kleidung wie sie an seiner, er küsste sie, er stieß ihr gewaltsam seine Zunge in die Kehle, bis sie würgte, und riss stöhnend vor Lust den Kopf zurück, als ihre Finger sein Hemd aufgerissen hatten und sie ihn schmerzhaft in die Brustwarze kniff. Seine Finger glitten zwischen ihre Schenkel und rieben an ihrer Unterwäsche, bis sie keuchend den Kopf in den Nacken warf und er vor Verlangen danach, sie richtig zu nehmen, beinahe zu platzen drohte. Und er spürte sie zittern in ihrer Ekstase, und der Gedanke, dass er es ihr schon besorgte, indem er bloß mit den Fingern ihre verdammte Unterhose streichelte (zugegeben ziemlich energisch), brachte ihn fast um – sie öffnete seine Hose und sie teilten einen Kuss, in dem sie beide ihre Mordlust ausdrückten, ihren Hass aufeinander, ihre eigene, abgrundtiefe Bosheit und das ungezügelte Verlangen danach, es verdammt noch mal zu tun. Doch in dem einen Moment, in dem sie ihn berührte, ihn auf eine Weise anpackte, dass er glaubte, sie würde sich endlich auf ihn setzen und sich ficken lassen, wurde ihr Griff plötzlich brutal. Ein grauenhafter Schmerz fuhr durch seinen Mannknochen, als sie ihn auf brutale Weise verdrehte, was im steifen Zustand nicht unbedingt weniger schlimm war als hätte sie es im nicht erigierten Zustand getan. Fluchend fuhr er hoch und sie bog sich zurück, hatte ihn immer noch in der Zange und tat ihm brutal weh, ohne ihren Griff zu lockern.

„Fall in den Schatten, Kelar... Ulan Manha. Lauf, wenn du kannst... ich werde lächeln, wenn die Finsternis deine Seele zerschmettert... im Abgrund, wo die Götter uns nicht erreichen können. Im Abgrund, aus dessen tiefster Schwärze... das neue Licht kommen wird.“ Und er schrie, bis sie seinen Schrei mit einem brutalen Kuss ersticke, ehe sie ihn losließ und sich erhob, ihre Kleider zurecht rückte und ihm den Rücken kehrte.

Ihm den Rücken zu kehren war vielleicht der einzige Fehler, den sie jemals machte.

Er wusste nicht, wie er bei den bestialischen Schmerzen in seinen Weichteilen auf die Beine gekommen war. Er wusste auch nicht, wie er die brutale, lodernde Flamme in seine Hand gezaubert hatte, die er wutentbrannt auf sie schleuderte, um sie niederzubrennen, die Hure, die es wagte, ihn so zu demütigen... und Salihah Ekala in Neisas Körper fuhr zu ihm herum, der Blick aus ihren dämonischen Augen war so fürchterlich, dass ihn das eisige Grauen packte... ein Blick, der allein durch ihre pure Willenskraft, wie es schien, seinen Feuerzauber explodieren und verschwinden ließ, ohne dass Neisa ein Haar gekrümmt worden war.

„Du kannst sie nicht töten... dafür wird gesorgt, Bestie.“, sagte die Frau eiskalt zu ihm, „Spar deine Energie. Die Konfrontation, die dir unmittelbar bevorsteht, mag entscheiden... wohin der Schatten einmal fallen wird.“

Er wollte nichts mehr hören. Nichts von den kryptischen Worten der Seherin, er wollte sie nicht mehr ansehen, diese Hure, die ihn demütigte mit ihrer bloßen Existenz. Wutentbrannt sah er zu, dass er wegkam, ließ sie zurück und sperrte die Kammer ab, in der er sie ließ, nicht bereit, ihr so schnell wieder unter die Augen zu treten.

Eines Tages wirst du bezahlen, Salihah. Dann werde ich es sein... der über dich lacht.
 

„Ich weiß ja nicht, ob das so eine kluge Idee war, sie zu entführen.“ Yamuru feixte bei Turos missgelaunten Worten, während er aus dem Fenster der Brücke nach hinten starrte, zu den riesigen Eisklumpen, durch die sie immer noch etwas mühsam herum gurkten. Der Pilot machte wirklich gute Arbeit, musste man ihm lassen.

„Na, du hast es doch selbst gemacht.“, schnaubte Rok ihn an, der ebenfalls zusammen mit Kanau und Daku im Steuerraum saß. Wo Yatli steckte, wusste der Geier, Yamuru war froh, einen Schreihals weniger an der Backe zu haben für den Moment. Von Scharan ganz zu schweigen, der jetzt schon ziemlich lange weg und mit der armen Neisa Lyra beschäftigt war. Da in Manhas Körper Kelar Lyras Geist wohnte und in Neisas der von Kelars Gattin, war es nicht sonderlich schwer, sich auszumalen, was da wohl passierte.

„Ich hab es gemacht, weil ich als Heiler am besten gegen eine Heilerin kämpfen kann, aber meine Idee war das ganze nicht.“, beschwerte sich Turo wütend, „Ich glaube, wir haben nur das Unheil an Bord gebracht mit dieser Frau!“

„Haha, hast du Schiss vor Chimalis, der ihr Mann ist? Der wird toben...“, gackerte Rok frohen Mutes und Kanau stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen.

„Zoras Derran ist nicht umsonst der Seelenfänger. So haben sie ihn schon in Fann genannt und Chenoa hat das auch gesagt. Heißt es zumindest.“

„Alter, was schert mich Fann?! Oder gar Chenoa Jchrrah, des Kaisers Mätresse?!“, meckerte Rok und schüttelte sich, ehe er auf Yamuru zeigte. „Nichtmal der hat Draht zu Chenoa Jchrrah, und er ist doch der Zuyyaner-Hurensohn hier!“

„Ich überhöre den Hurensohn mal gnädigerweise, weil ich gute Laune habe.“, flötete Yamuru und schenkte Rok trotzdem einen kurzen, aber eingehenden Blick aus seinem Reikyu-Auge, der den Blonden sofort ganz klein mit Hut werden ließ. Die Schamanen sahen einander einen Moment an.

„Wieso hast du gute Laune?“, stöhnte Turo, „Ich sage, die Welt geht den Bach hinab, wir werden alle sterben wegen Neisa Lyra, die der Meister unbedingt haben wollte.“

„Wenn ihr euch von Zoras Derrans jetzt vermutlich nicht aufzuhaltenden Zorn erwischen lasst, vielleicht schon.“, meinte Yamuru nachdenklich und Daku erbleichte, Rok schnaubte arrogant und Turo stöhnte. „Ich könnte so nett sein und Neisa einbläuen, sie soll ihren vor Macht nur so übersprudelnden Gemahl etwas zügeln, der unter Garantie hierher schneien und sie retten wollen wird. Seid darauf vorbereitet, Jungs.“

„Das wagen die?“, lachte Rok, „Ohne Karana, der mit dem Fluchmal flachliegt, schlechte Karten, würde ich sagen.“

„Hast du gerade nicht zugehört, Zoras Chimalis ist eine verdammte Zerstörungsmaschine, jetzt wo wir seine verfluchte Ehefrau haben!“, meckerte Turo und sprang auf die Füße, „Ich hätte mich nie mit euch Hurensöhnen einlassen dürfen, Himmel noch mal! Ihr seid alle Schuld an meinem Tod und ich werde euch noch als Geist dafür auf ewig verfluchen und euch im Himmelsdonner Feuer unterm Hintern machen, Himmel Arsch!“

„Wenn du das kannst, heißt das.“, grinste Yamuru, der sich auch erhob und sich anschickte, den Steuerraum zu verlassen. „Wenn Ryanne der Yalla nicht dein Gehirn auffrisst, falls sie dich mal am Arsch kriegt. Ich glaube, sie steht auf dich, pass auf deine Jungfräulichkeit auf, Turo.“ Rok und Kanau brachen in schallendes Gelächter aus und Turo errötete, ehe er grantig zischte:

„Ich bin keine Jungfrau, verdammt!“ Das war Yamuru ziemlich wurst, und während im Steuerraum jetzt die niveaulose Debatte begann, wen Turo denn bitte gebumst haben wollte, kehrte der Zuyyaner den Idioten den Rücken und ging davon. Die Zeit lief, aber es war noch gut. Die Reikyu zeigte ihm angenehme Dinge, wenn er sich konzentrierte, und die Anwesenheit von all dem Eis, was sein Geburtselement war, steigerte seine Hochstimmung nur noch und machte ihn beinahe euphorisch. Aber er musste einen kühlen Kopf bewahren, weil die Dinge, die kämen, wichtig waren... weil er um keinen Preis das Versprechen brechen wollte, das er Ngnhana bei ihrem Tod gegeben hatte. Seine liebe, schöne Ngnhana... er vermisste sie.

„Wir werden sie wiedersehen.“, hatte er einst zu seinem Vater gesagt, „Irgendwann. Aber noch nicht jetzt.“ Und daran dachte er oft, es beherrschte seine Gedanken und seinen ganzen Körper von der Zehe bis zu den Haarspitzen, seit vielen Jahren... seit weniger, als ihm vorkam. Manchmal hatte er nachts das Gefühl, er wäre bereits ein alter Mann, der mit einem Bein bereits im Grabe stand... und manchmal hörte er, wie der Schatten nach ihm rief:

„Komm. Deine Zeit ist abgelaufen, Yamuru Mirrhtyi. Und du weißt es.“

Er dachte an seine betörende Cousine, die ihn verfluchte und geschworen hatte, ihn zu töten. Der Gedanke an Thira ließ ihn lächeln. Er würde sie noch brauchen für das, was kam... es wurde Zeit, dass er die Dinge richtig in die Hand nahm. Es war schon gut, dass Neisa Lyra hier war... das brachte die Dinge ins Rollen, genau so, wie er es geplant hatte. Thira war so berechenbar... weil sie so seelenlos war. Eine kalte, starre Puppe, wunderschön, aber ohne Gefühle. Genau wie Chenoa.

Er würde Thiras Berechenbarkeit vermissen...
 

Mit einem wutentbrannten Zischen packte Manha Yatlis Kehle und stieß den jüngeren Mann gegen die stählerne Wand, sodass sein Gegenüber erschrocken keuchte.

„I-ich hab doch gar nichts g-getan, Meister!“

„Halt den Mund!“, fuhr Scharan ihn an, rasend vor Wut, und ihm war sowas von egal, was dieser kleine Mistköter hier davon hielt. Wer war schon Yatli? Der hatte nichts zu melden. Er war ein Niemand, genau wie die anderen Idioten. Niemande waren einfach zu halten. Versprach man ihnen eine Zukunft, versprach man ihnen, jemand zu sein, fraßen sie einem aus der Hand. Und wenn sie mal bockig wurden, waren sie keine Gefahr... weil sie ja Niemande waren. Jeder von ihnen war einer gewesen, und Ulan Manha war es, der diese Rotzbengel erst zu jemandem gemacht hatte. Zu Schakalen, zu Raubtieren, die an seiner Leine liefen. Wenn man sich ein paar Niemande hielt, musste man sie richtig pflegen, damit sie nie vergaßen, wer es war, der sie zu einem Jemand machte. Sie mussten kooperieren können, aber durften sich auch nicht zu sehr mögen, damit sie sich nicht gegen ihn verbünden konnten. Sie durften nicht das Selbstbewusstsein erlangen, dass sie auch ohne ihn, Scharan, ein Jemand sein konnten. Er hatte Niemande schon viele Jahre lang studiert und wusste genau, wie mit ihnen umzugehen war. Das war etwas, was er schon früh beherrscht hatte. Wenn man Macht hatte, war es sehr einfach, sich ein paar solcher Haustiere zuzulegen... so wie Yatli.

„Nun, mein Guter, da Emo nicht mehr lebt, damit ich ihn verprügeln kann, wirst du zukünftig eben dafür herhalten, Yatli!“, grollte er wütend, dann drückte er die Kehle des Niemands so fest zusammen dass Yatli blau anlief; ehe er aber hätte ersticken können, schleuderte Manha ihn erneut gegen die Wand und ließ ihn los, worauf sein Gegenüber hustend und keuchend an der Wand entlang zu Boden sank. „Diese Hure, diese Verräterin, diese unselige, verfluchte Schlampe!“, brüllte der Mann und riss wutentbrannt die Hände hoch, um darin einen Feuerzauber entstehen zu lassen, den er gegen die Wände schleuderte; dem Metall der Zuyyaner machte das Feuer nichts aus und die Zauber erloschen an den Wänden, und irgendwie steigerte es nur seinen Zorn. Er kochte, so fühlte es sich an, und der brennende, immer noch fürchterliche Schmerz zwischen seinen Beinen war so abscheulich, dass er die ganze Welt hätte vernichten wollen mit seiner Wut – hätte es denn eine Welt gegeben.

Das wirst du... bitter bezahlen... Salihah.

Zischend griff sich Manha an die Schläfen und starrte verbiestert und vor Zorn am ganzen Leib bebend auf Yatli herab, der am Boden kauerte und kaum zu atmen wagte. Er musste den unbändigen Zorn irgendwie zurückzwängen... den Zorn seines Großvaters auf seine Ehefrau. Er durfte jetzt nicht den Verstand verlieren... das war doch der verdammte Grund, wieso sein Großvater mit Lyrien gescheitert war! Er hatte den Verstand verloren... nur deshalb hatte Salihah, seine eigene Ehefrau, ihn mit Laudanum vergiften und ermorden können. Ihm, Ulan Manha, rechtmäßigem Erben von Lyrien als erstgeborener noch lebender Nachfahre des Tyrannen Kelar, würde das nicht passieren, schwor er zornig und sah mit wachsender Befriedigung, wie Yatlis Blick unter dem wütenden Starren seiner grünen Augen panisch wurde. Sollte der Wurm um sein Leben fürchten... es gefiel ihm, wenn sie ihn fürchteten.

Furcht war ein mächtiger Gefährte... mit Furcht zwang er sie alle in die Knie.

„Auch die Götter... von Khad-Arza werden vor mir knien!“, zischte der Mann und der Gedanke erregte ihn, obwohl seine Weichteile immer noch schmerzten – der bittere Schmerz trug irgendwie auf perverse Art zur Erregung bei. „Diese Götter, die die Sieben geschaffen und unsterblich gemacht zu haben scheinen... sie werden mich fürchten und vor mir knien. Und dann werden... die Sieben sterblich sein! Dann werden... sie sterben. Am Abgrund der Schatten... der liegt noch vor uns.“

„M-Meister...?“, keuchte Yatli entsetzt und wurde blass, als Scharan zu ihm heran ging und ihm in die Seite trat.

„Knie, du Arschficker!“, grollte er den Wurm vor sich an und ignorierte die bestialischen Schmerzen, als er wütend seine Hose öffnete. „Und wenn du dir nicht Mühe gibst, schlitze ich dich auf. Langsam, damit es wehtut und damit du vor Qual heulst... ungefähr so wie König Puran, mein... dummer, kleiner Cousin.“
 

Neisa erinnerte sich nicht daran, wo sie war... oder wer sie war. Sie lag auf der Seite auf irgendetwas Hartem und ihr war heiß. Die Geisterstimmen waren verschwunden... zurück blieb Finsternis. Sie versuchte sich zu erinnern, was das Letzte war, das sie wusste... sie war auf Scharans Tari Randora Zwei. Wie lange schon? War sie überhaupt noch am Leben? Es war plötzlich so still...

Die Dunkelheit schützte sie wie eine weiche Decke und sie hüllte sich fest darin ein, entschlossen, nie wieder hervor zu kommen. Sie träumte von Zoras... irgendwann fragte sie sich, ob sie ihn wohl lebend wiedersehen würde. Sie vermisste ihn... sie vermisste ihn so sehr, dass sich ihr Unterleib zusammenzog und beim bloßen Gedanken an ihn erwärmte, und keuchend rollte sie sich enger in die Finsternis, sich vor der kalten Realität versteckend.

In ihrem Traum tauchte die verzerrte, wahnsinnige Fratze von Ulan Manha auf – nein, die Fratze ihres Urgroßvaters... der irgendwie derselbe war wie Manha. Und sie fuhr schreiend aus ihrer Bewusstlosigkeit vor Panik bei der Fratze des Dämon, vor Hass auf diesen Mann, der so viel Unheil brachte, und wegen der bizarren, unwirklichen Erinnerung in ihrem Kopf an einen Moment zwischen ihr und diesem Mann, der nie existiert haben konnte... nie existiert haben durfte. Aber es fühlte sich so real an... widerlich. Animalisch... als sie schreiend von der harten Pritsche hochfuhr und den Schatten hinter sich ließ, die Decke aus Dunkelheit abstreifte, sah sie, dass sie wiederum nicht allein in ihrem Gefängnis war. Es war wie ein Déjà-vu... aber dieses Mal war es nicht Manha, der vor ihr stand, als sie erbleichend hochfuhr, sondern der Zuyyanertyp.

„Hat er dich also am Leben gelassen. Welche Überraschung... ich hatte ihn ja gewarnt.“, sagte der Mann zu ihr und Neisa versteifte sich am ganzen Körper, als er die Tür hinter sich schloss und sich grinsend dagegen lehnte. Sie verzog ihr Gesicht verbiestert und spürte das Rasen ihres eigenen Pulses, das sich anfühlte, als rauschte ein mächtiger Fluss durch ihren ganzen Körper. Ein Fluss purer Bosheit und puren Zorns...

„Keinen Schritt näher... Yamuru.“, warnte sie ihn, „Wage es ja nicht!“

„Ich muss dich und deine blühende Fantasie enttäuschen, ich stehe nicht auf Tharranerinnen. Ich habe auch Ansprüche, Neisa, keine Sorge.“ Sie verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen.

„Hört, hört.“, spottete sie, „Ein ganz schlagfertiger bist du. Was willst du von mir? Was... wollt ihr alle bitte von mir?!“

Sie erschrak sich fast zu Tode, als Yamuru wie aus dem Nichts plötzlich direkt vor ihrer Nase war und sein Gesicht so dicht vor ihres beugte, dass sie schon glaubte, er würde sie entgegen seiner Aussage über seine sexuellen Vorlieben gleich küssen – er tat es nicht, er lächelte nur und sie starrte unentwegt auf sein gruseliges, linkes Auge. Es war ein Anblick des Todes und ihr fuhr ein kalter Schauer durch den ganzen Körper, als sie das Reikyu-Auge länger ansah... dieses Auge war nicht mehr sterblich. Nicht mehr menschlich... es war ein Auge, das aus einer reinen, komprimierten Seele bestand. Allein der Gedanke, dass Zuyyaner so etwas Abscheuliches mit Seelen und Augen machen konnten, verschaffte ihr Brechreiz. Und Yamuru Mirrhtyi schien genau zu wissen, wie sein Anblick auf sie wirkte, und er ergötzte sich einen Moment daran, den sie nur wie gelähmt auf der Pritsche saß und starren konnte... dann schloss er immer noch lächelnd die Augen.

„Ich sehe... Furcht in deiner Seele, Neisa Lyra...“, sagte er verschwörerisch, „Und... großen Zorn, nicht wahr... Salihah Ekala, Gemahlin von Kelar? Was glaubst du, warum Manha dich wollte? Du bist Salihah... in gewisser Weise. Ihr Geist passt auf dich auf und vergessen wir nicht, dass Manha... die Wiedergeburt von Salihahs Ehemann ist.“ Neisa schauderte bei den Worten. Sie beschworen Gedanken in ihrem Inneren herauf, die sie anwiderten – waren das Erinnerungen oder nur Alpträume, die sie hatte...? Sie wusste es nicht, aber es fühlte sich so real an... die Hände, die sie berührten, die Lippen, die ihre so besitzergreifend geküsst hatten.

„N-nein! Scher dich zum Himmelsdonner!“, kreischte sie schrill und ihre Augen blitzten vor Wut, als sie hoch fuhr und Yamuru sich grinsend aufrichtete, „Zoras wird euch beide töten für das, was ihr mir antut! Ihr werdet tief in den Schatten fallen... ich habe es gesehen.“

Yamuru kicherte.

„Ja, das... mag sein. Du siehst viel... Götterkind.“ Bei seinen Worten stutzte sie. Götterkind?

„Was soll das bedeuten?“

„Du bist eine der Sieben. Eine derjenigen, die von den Göttern erwählt wurden, um... die neue Welt zu finden, wie es die Legende will. Die Geschichte... spielt sich immer zweimal ab. Wir haben auf Zuyya ein Sprichwort gehabt, Man sieht sich im Leben immer zweimal. Das rührt, glaube ich jetzt, von daher... alles wiederholt sich. Immer, irgendwie.“

Die Worte verwirrten sie und sie runzelte die Stirn. Was redete er, wieso Götter? Yamuru schien ihre Unsicherheit zu sehen, er trat gehorsam ein paar Schritte von ihr weg und zum Fenster der kleinen Kammer, um hinaus in die Schwärze zu sehen.

„Hast du dich denn nie gefragt, warum... ihr die Sieben seid? Wieso gerade ihr und nicht irgendwelche anderen sieben? Oder hältst du das für ein Märchen von Chenoa, weil sie euch sieben zufällig toll findet?“ Neisa sagte kein Wort und starrte ihn nur an. Nach einer Weile sprach sie doch.

„Wir... haben uns das oft gefragt, fanden aber nie eine Antwort außer der, dass es Wille der Mächte der Schöpfung war. Ryanne scheint... irgendetwas zu wissen, aber sie redet nicht. Sie ist plemplem.“ Yamuru lachte.

„Das ist eine verbreitete Seherkrankheit, das stimmt. Es ist die Macht... die zu groß für sie ist. Es ist die Seele, die in ihr lebt, die... zu stark für sie ist. Eine göttliche Seele ist für jeden Sterblichen zu stark. Chenoa hat auch eine, deine Urgroßmutter, Salihah, hatte ebenfalls eine. Und sie alle wurden daran wahnsinnig. Witzig, was?“

„Was redest du da?! Göttliche Seelen, was soll das heißen?!“

„Es ist der Grund, warum Seher Seher sind.“, erklärte Yamuru ihr grinsend, „Sie haben... die Seele eines Gottes. Das machen die Götter manchmal, wenn sie denken, sie müssten die Bahnen der Sterblichen wieder gerade biegen. Dann beherrschen sie mit ihrer Seele vorübergehend irgendwelche Sterblichen... wie Ryanne. Und wenn die Sterblichen sterben, suchen sich die Seelen jemanden Neues... das ist ja der Grund, weshalb Ryanne bei den bunten Früchten auf Yasar eine eigene Farbe hatte.“ Neisa runzelte die Stirn. Sie erinnerte sich... daran, dass die Sieben pinke Früchte gehabt hatten. Bei Ryanne war sie blutrot gewesen, bei Yarek orange und bei Asta und Tayson kotzgelb. Wie, was wusste dieser Kerl denn darüber? Und vor allem, woher? Sie schenkte Yamuru einen skeptischen Blick.

„Bist du gekommen, um mir Antworten zu geben, weil du gerade Lust darauf hast?“, fragte sie ihn, „Oder was wird das hier?“

„Eigentlich bin ich hier, weil ich euphorisch bin, weil meine Theorie von Anfang an gestimmt hat. Und weil du ein lebender Beweis dafür bist... lebend, tatsächlich. Manha hat versucht dich zu töten... oder? Und du bist... nicht tot. Das ist euch allen schon öfter passiert... euch Sieben.“ Sie senkte die Brauen. Ja, das wusste sie. Das Gefühl, das seine Worte in ihr auslösten, machten sie kribbelig und unruhig. Und in ihrem Inneren pochte der Schatten... ganz leise.

„Was... für eine Theorie?“, fragte sie ihn kalt und Yamuru wich vor dem Fenster zurück, um sich auf den daneben stehenden Tisch zu setzen und sich grinsend gegen die Wand zu lehnen.

„Der Grund, weshalb ihr die Sieben seid. Die Theorie der... Schöpfungsgeschichte von Khad-Arza.“

„Schöpfungsgeschichte?“, keuchte sie und er nickte.

„Die... Geschichte der Götter... der sieben Götter, die Khad-Arza einst geschaffen haben.“ Neisa blinzelte. Das hatte sie noch nie gehört. Auf Tharr hatte es geheißen, Mutter Erde und Vater Himmel hätten die Welt geschaffen; sie wären einst eins gewesen, hätten sich irgendwann getrennt und die Windkinder und Flammentöchter gezeugt. Mutter Erde war für alles Weibliche, lebende zuständig gewesen, und Vater Himmel für das Männliche, für die Geister und für die Toten... und soweit sie wusste, hatten die Zuyyaner doch an den Gott Katari geglaubt...? Wieso waren es plötzlich sieben? Die Frage rumorte in ihrem Kopf und sie ließ den jungen Mann ihr gegenüber nicht aus den Augen, während sich in ihr plötzlich ein Gefühl breit machte, als wäre sie den Antworten, die sie alle ewig suchten, ganz nah... so nah, dass sie sie greifen konnte.

Frag.“, befahlen ihr die Geister wispernd und sie erzitterte, als sie Yamuru in sein scheußliches Auge sah.

„Sprich. Was... ist mit den Göttern von Khad-Arza?“

Yamuru zog ein Bein an und stellte den Fuß auf die Tischkante, sie immer noch erhaben angrinsend.

„Auf Zuyya gab es ein Märchen in den Alten Runen. Ein Märchen, dessen Wahrheitsgehalt niemand je bestimmen können wird... aber es war die Grundlage meiner Theorie. Das Märchen handelte von sieben Göttern, die ihre zerstörte Welt verließen, um gemeinsam eine neue zu schaffen. Im Streit um die Oberhand über die geschaffene Welt, Khad-Arza, schlugen sie sie in drei Teile. Aus den Teilen wurden Ghia, Tharr und Zuyya... und die sieben Götter teilten sich auf diese drei Stücke auf, schufen das Leben und zeugten die Menschen, ihre sterblichen Nachkommen. Dass sich verschiedene Götter um die drei Welten kümmerten, ist Grund dafür, dass wir verschiedene Völker sind... dass wir verschiedene, oder, wie auf Ghia, gar keine Magie besitzen. Die Götter schufen also alles Leben, hantierten damit herum, entwickelten es, ließen den Dingen ihren Lauf... na ja, aber wenn man ein Gott ist, wird einem schnell langweilig. Sie fingen wieder an zu streiten, es gab Phasen der kompletten Zerstörung sämtlichen Lebens, wenn die Götter die Welt ihrer Kollegen verwüsteten, um den anderen eine lange Nase zu drehen. Es gab Phasen der Wiedergeburt, wenn das Leben neu entstand, und immer so fort. Und eines Tages, viele, viele Jahrmillionen nach der Spaltung von Khad-Arza, waren sie es alle leid... und sie schufen die Legende. Sieben sterbliche, auf alle drei Welten verteilt, sollten einst ihr Erbe antreten... sollten die Bürde tragen, eine neue Welt zu suchen, damit sich die Geschichte wiederholte. Diese sieben... würden diejenigen sein, die genetisch am dichtesten an den wahren Göttern wären. – Du bist doch Heilerin, du verstehst sicher mehr von Genetik als ich.“ Neisa starrte ihn an.

„S-soll das heißen... wir... wir Sieben sind... sowas wie die sieben Götter?“

„Ihr seid sowas wie ihre Wiedergeburt, schätze ich.“, zuckte Yamuru mit den Schultern und grinste, „In einem weiteren Streit zerschlugen die Götter Tharr und Ghia... so stand es in diesem Märchen. Jetzt nur noch mit Zuyya als letztem Stück ihrer errichteten Welt überließen die sieben wahren Götter es den sieben neuen Göttern... eine neue Welt zu finden. Ich vermute, da Ryanne eine Seherin ist... jemand, der die Seele eines Gottes trägt... ist sie nur zu dem Zweck geboren worden, um auf euch aufzupassen, genau wie Yarek Liaron. Für die Götter ist eure Lebensspanne kaum mehr als ein Augenblick... weil sie schon so lange leben. So, wie es dieses alte Märchen darlegt, das viel, viel älter ist als die Zeitrechnung auf Tharr und gar auf Zuyya, seid ihr sieben... die Kinder der Götter.“ Neisa sagte nichts und schnappte nach Luft.

„W-warte mal, aber... diese Götter, gab... oder gibt... es die wirklich?!“

„Keine Ahnung!“, lachte er, „Es war ein Märchen, aber es hat penibel genau gewusst, was einmal passieren würde, ich halte es doch mehr für eine Art Prophezeiung... aber wer weiß? Vielleicht ist das auch alles Zufall. Oder Wille der Geister. Oder Kataris. Ich weiß nicht, wieso die Menschen zum Beispiel nicht mehr von diesen Göttern wissen... wieso sich andere Glaubensrichtungen entwickelt haben. Ich hatte auf Zuyya leider keine Gelegenheit mehr, mich damit zu befassen, und Chenoa redet ja nicht mit mir. Sie hätte es gewiss gewusst... sie ist eine Seherin, schon vergessen?“ Neisa keuchte. Ihr schwirrte der Kopf.

„A-aber das... das ist nicht möglich! Du meinst, wenn wir diese... sieben neuen Götter sind, sind wir... unbesiegbar?! Un...unsterblich?!“

„Wie gesagt, wissen wir es? Nein. Da ihr aber einfach beim besten Willen nicht sterben wollt und die Früchte euch pink markiert haben, wer weiß?“

„Was hat das mit diesen komischen Früchten zu tun? Was weißt du darüber?“

„Yasar ist nicht so weit weg von Zuyya. Es gab öfter Raumfahrten dorthin; schon Leute vor euch haben diese Früchte gefunden. Ich glaube, es war eine instinktive Eingebung, die ich hatte, aber ich vermute, ihre Farbe... rührt von dem Anteil der göttlichen Gene in demjenigen, der sie festhält. Ich vermute, würde sie ein echter Gott festhalten, wäre sie dunkelpurpur, lila, oder so. Und je weniger göttliche Gene jemand hat, desto mehr weicht die Farbe davon ab.“ Zu ihrer Überraschung zog er plötzlich eine solche Frucht unter seiner Jacke hervor, als hätte er die die ganze Zeit bei sich gehabt, nur um ihr das zu beweisen. In seiner Hand glühte die komische Aubergine orange-rot, beinahe so blutrot wie Ryannes geleuchtet hatte. Neisa schauderte; Thira hatte des öfteren gesagt, ihr Cousin wäre ein begnadeter Seher. Hatte er dann auch so eine Seele wie Ryanne...?

„Ich bin kein richtiger Seher.“, grinste Yamuru sie an und schwenkte die Frucht in seiner Hand hin und her. Er musste ihre Gedanken gelesen haben. „Ich habe zwei Reikyus, das ist alles, was mich da etwas mächtiger macht als Thira. Vielleicht sind meine Gene auch einfach günstig... wer weiß? Manha hat etwa dieselbe Farbe gehabt wie ich, falls es dich kümmert, und der ist weiß Katari kein Seher. Er ist nur ein Vollidiot, der am Größenwahnsinn verrecken wird, wenn er nicht aufpasst.“ Neisa war zu durcheinander von all den Informationen, die sie gerade erhalten hatte, als dass sie sich noch viel wundern könnte. Ihr Kopf schmerzte plötzlich und sie hörte das unermüdliche Wispern der Geister in ihrem Inneren... sie sprachen Warnungen vor dem Abgrund der Schatten.

Was.... was ist der Abgrund der Schatten, Geister?

„Der Ort, an dem ihr sterben werdet... der Ort, an dem das Schicksal fallen wird. Der Ort, an den die Götter nicht ankommen.“

Neisa schauderte und sah zu Yamuru, die sich kichernd erhob und herzhaft in seine rot glühende Frucht biss.

„Du redest so von Scharan, und doch hilfst du ihm, uns zu erledigen.“, murmelte sie, „Was... was ist mit dir, Yamuru Mirrhtyi? Wieso kämpfst du für Ulan Manhas Ziele... wenn sie nicht deine sind?“ Der junge Mann gab ihr keine befriedigende Antwort. Er lächelte bloß.

„Wie du selbst sagst, Neisa Lyra. Seine Ziele sind... nicht meine. Und meine Ziele... gehen dich nichts an.“ Er neigte vor ihr den Kopf und schickte sich an, zu gehen, als sie von der Pritsche sprang, ihn am Arm packte und festhielt.

„Warte!“, zischte sie, „Willst du mich jetzt hier verrecken lassen?!“

„Das war der Plan, tja.“, machte er amüsiert, „Ich bin nie gekommen, um dir zu helfen oder so. Wobei verrecken nicht ganz richtig ist, du bist doch eine der Sieben. Manha wird sich an dir die Zähne ausbeißen... das ist es, was mich so euphorisch macht. Weil ich die ganze Zeit recht hatte... weil ihr Götter seid.“ Sie zischte und riss an dem Stoff seiner Jacke, als er versuchte, sich aus ihrem Griff zu befreien. Er schaffte es mit etwas roher Gewalt und stieß sie mit einem einzigen Blick aus seiner Reikyu rückwärts in den Raum hinein, während er die Tür wieder öffnete und noch mal in seine Frucht biss. Neisa zischte und ballte die Fäuste, während in ihrem Inneren die Finsternis pochte... sie spürte Tod und Verderben, die kamen. Sie wusste nur nicht, ob es ihrer war oder seiner... oder der irgendeines anderen.

„Du wirst in den Schatten fallen, Yamuru Mirrhtyi...“, prophezeite sie ihm scharf mit der Kälte einer Toten in der Stimme; und sie wusste, dass es Salihahs Geist war, der mit ihm redete... der ihre Zunge bewegte und die Worte sprach, die nicht ihre waren. „Wie ein Vogelkind, das zu fliegen versucht und es nicht schafft. Wenn du auf dem Boden aufschlägst, wirst du zerschellen... wenn du jetzt weitergehst.“

„Ah...“, antwortete er gedehnt und schenkte ihr ein zufriedenes Lächeln, die Tür bereits wieder am Schließen. „Dann sei es so... Seherin.“ Mehr sagte er nicht. Als Neisa kurz geblinzelt hatte und wieder zur Tür sah, war sie geschlossen und es war totenstill, als hätte sie sich Yamurus Besuch komplett eingebildet... jedes seiner Worte. Das einzige, was sie sicher machte, dass sie nicht geträumt hatte, waren die verwirrenden Gedanken an Götter und Geschichten in ihrem Kopf... Gedanken an den Abgrund der Schatten.
 

„Der Ort, an den die Götter nicht ankommen... die Geschichte wiederholt sich. Immer.“
 


 


 

___________________
 

Möh....



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  -Izumi-
2014-01-16T17:55:44+00:00 16.01.2014 18:55
So, endlich der Kommi ^o^
Die Folge war so geil Q___Q Äh, das hat hiermit nichts zu tun... ach, egal.|D

So, äh, ja. Ach ja, Neisa. Unschönes Erwachen für sie, ich meine... das ist echt dumm wenn du aufwachst und leider einfach bei den Feinden bist.
Und da Ülan. Ich mag ihn irgendwie immer noch, auch wenn seine "ARGH, ich bin der Bösewicht und muss mich auch so benehmen, einself!"-Anfälle mitunter etwas anstrengend sind. XD
Aber er sieht gut aus. Das macht es wieder wett. ='D
Ich hätte es ja gefeiert, wenn sie es wirklich getrieben hätten. XD Auch wenn es irgendwie mies gewesen wäre, zumindest für Neisa, weil ja dann nur Salihah ihren Körper benutzt hätte (was sie ja ohnehin schon zu Genüge tut XD), aber es wäre trotzdem cool gewesen.
So wie es ist wurde es aber auch klug gelöst, finde ich. Armer Kerl ey... XD
Ich freu mich ja immer, wenn die ganzen Deppen auftauchen. XD Ich weiß nicht, für mich sind sie irgendwie die wahren Stars des Buches, ich finde sie sympathisch...
Und wie sie einfach alle Schiss vor Zoras haben. XD Tjaja, dumm gelaufen. Mit der Macht der Liebe könnte man den sicher auch besiegen. Schade, dass sie die nicht haben. Haha. XD
Noch nebenbei ein Herz an Yamuru, der irgendwie weiß, dass er nicht mehr so lange hat. Dabei ist er doch ein friedliches Herzi. Mehr oder weniger. XD
Aahahaha, und die kleine Random-Szene mit Yatli... ja, der ist schon süß, was? XD Offenbar ja sehr... XD
Schön auch, dass Yamuru mal diese alte Geschichte etwas mehr beleuchtet hat, da wird der ganze Hintergrund etwas deutlicher. Und nett, dass diese geilen Früchte wieder eingebracht wurden. XD Ist vielleicht nicht verkehrt, dass Neisa das alles jetzt weiß... die muss jetzt wohl erst mal etwas abwarten. Na ja. XD

Fand friedlich ^o^


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