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Mut zum Handeln

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Mut zum Handeln

Seit er wieder in Hogwarts war, war alles einfach nur noch schrecklich. Er hatte zwar vermutet, dass sein letztes Schuljahr noch schlimmer würde als sein Fünftes, aber seine Vorstellungen davon waren nichts im Vergleich mit der Realität. War das Leben in Hogwarts unter Umbridge schon schlimm gewesen, so war es jetzt der reinste Horror.

Wenn er ehrlich war, wünschte er sich, dass Harry, Ron und Hermine hier wären, aber das waren sie nicht. Fred und George wären auch gut. Eigentlich jeder, wenn er sich nur traute etwas gegen die neuen Methoden zu unternehmen.

Nevilles Finger berührten die verzauberte Galleone in seiner Hand. Sie war zu seinem Talisman geworden, obwohl die DA nicht mehr zu existieren schien. Ohne Harry gab es niemanden, der die DA zusammenhielt. Vielleicht würde Ginny sich dieser Aufgabe annehmen. In den letzten Tagen hatte Neville immer wieder ein Glitzern in ihren Augen entdeckt, welches er nur zu gut von den Zwillingen kannte.

Er schob seinen unberührten Frühstücksteller von sich. Heute war Montag und die Woche begann mit dem schrecklichsten Fach überhaupt: Dunkle Künste, vormals Verteidigung gegen die Dunklen Künste.

Neville seufzte. Die ersten Stunden unter Amycus Carrow hatten gereicht, um ihm zu beweisen, dass er dieses Fach hasste. Sie lernten dort nun, wie sie andere verfluchten, mit wirklich fiesen Flüchen. Hatte er den Sectumsempra schon scheußlich gefunden, so war ihm in der ersten Stunde Dunkle Künste klar geworden, dass der noch zu den harmloseren dunklen Flüchen zählte.

Neville runzelte die Stirn, konnte es wirklich sein, dass er erst eine Woche in Hogwarts war?

Obwohl, Hogwarts fühlte sich nicht mehr an wie Hogwarts. Nicht mit Snape als Schulleiter. Nicht mit dem wiedereingeführten Inquisitionskommando, welche zusätzliche Befugnisse erhalten hatte. Und nicht mit den Carrows.

Vieles, was Hogwarts für ihn ausgemacht hatte, war fort. Dumbledore war tot, die fröhliche Atmosphäre von einst war der Angst gewichen. Sicher es hatte in Hogwarts immer Dinge gegeben, vor denen man sich fürchten konnte oder die gefährlich waren, doch jetzt überwogen sie. Die Schüler saßen zumeist mit gesenkten Köpfen an ihren Haustischen, wo einige Plätze leer waren. Statt des lautstarken Stimmgewirrs, wurde nun fast nur noch geflüstert, außer am Tisch der Slytherins.

Neville musterte seinen noch immer vollen Frühstücksteller. Das Essen darauf sah appetitlich aus, nur sein Magen sperrte sich. Er hatte nicht mehr viel Zeit fürs Frühstück, nur er mochte nicht. Schon alleine der Gedanke an die kommenden ersten beiden Stunden verursachte ihm Übelkeit. Da er wusste, dass ein anstrengender Tag vor ihm lag, griff er zum Messer und schmierte sich Brote, die er in Packpapier gewickelt, für später in seine Tasche stopfte.

Irgendwie würde er diesen Tag schon überstehen. Neville schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. Es war Zeit loszugehen, der Gong zur ersten Stunde würde bald ertönen.

Er wollte nicht zum Unterricht, aber er wollte noch weniger herausfinden, welche Strafe Amycus Carrow für Zuspätkommen angemessen fand.

Mit gesenktem Kopf trottete er also durch die verschlungenen Gänge zum Klassenraum. Er war nicht der Erste, wie es schien, wollten die anderen Schüler auch nicht herausfinden, wie Carrow auf Zuspätkommen reagierte. Malfoy und seine Bagage warteten dort in ein leises Gespräch vertief. Nevilles Blick glitt über seinen früheren Peiniger. Dieses Schuljahr verhielt Malfoy sich erstaunlich ruhig. Kein großes Rumgetöne über den Sieg Lord Voldemorts oder ähnliches. Fast schien Malfoys Gesicht noch bleicher als früher, während er still seinen Freunden zuhörte.

Andere Slytherins tuschelten aufgeregt miteinander. Aber auch unter den Slytherins gab es welche, die genauso unbehaglich schwiegen, wie sämtliche Griffindors, stellte Neville fest. Und wieder war da diese Lücke. Kein Dean Thomas, der den Kopf mit Seamus zusammengesteckt hatte. Keine Hermine, die eben noch ihre perfekt ausgeführten Hausaufgaben durchlas. Kein Ron, der dumme Sprüche brachte. Und kein Harry, auf dessen Mut zum Widerspruch man sich verlassen konnte!

Professor Carrow, wobei Neville insgeheim dachte, dass Amycus Carrow den Titel Professor nicht verdiente, erschien pünktlich, ein paar käsegesichtige Schüler im Schlepptau. Eilig begaben sich alle an ihre Plätze. Gerüchten zufolge war es den Lehrern nun erlaubt Schüler mit den Unverzeihlichen zu strafen.

Neville setzte sich in die letzte Reihe, zog sein Buch hervor und beobachtete Carrow, der sich ihnen grinsend zuwandte.

„Heute habt ihr das Vergnügen eure Macht als Zauberer unter Beweis zu stellen.“, teilte er der Klasse mit. „Wie ihr seht, habe ich ein paar Regelbrecher für unsere kleine Übung mitgebracht.“

Nevilles Magen verkrampfte sich, während er beobachtete, wie Carrow den verängstigten Schülern befahl sich in eine Reihe vor die Klasse zu stellen. Er schluckte krampfhaft. Dort vorne stand sogar eine Erstklässlerin! Wenn seine Vermutung stimmte, dann würde sie diesen Raum garantiert nur völlig traumatisiert verlassen.

„Welchen Zauber, werden wir heute lernen?“, hörte er Carrows Stimme wie aus weiter Ferne fragen. Fast erwartete Neville, Malfoy würde sich melden, doch seltsamerweise starrte der nur schweigend auf den Tisch vor sich.

„Ja, Mr. Goyle?“

„Den Crutiatus.“, rumpelte Goyles Stimme durch den Kerker. Ein rascher Blick zu seinen Mitschülern verriet Neville, dass er nicht der Einzige war, der sich in diesem Moment ganz weit weg wünschte.

„Hervorragend, fünf Punkte für Slytherin, Mr. Goyle.“

Neville schluckte krampfhaft, obwohl er nichts im Magen hatte, musste er seinen Würgreiz unterdrücken.

„Sehr schön, wer meldet sich freiwillig?“, drang Carrows Stimme an Nevilles Ohr. Wie zu erwarten, meldeten sich Crape und Goyle. Nevilles Finger krallten sich in die Tischplatte als Goyle auf das kleine blonde Mädchen zutrat, den Zauberstab in der Hand.

Das konnte doch nicht wahr sein? Das durfte nicht wahr sein!

„Tu’s nicht!“, erst als die Worte seinen Mund schon verlassen hatten merkte Neville, dass er stand.

„Was haben Sie gesagt, Mr. Longbottom?“, schnarrte Carrow

„Ich sagte: Er soll das nicht tun.“ Es verwirrte ihn, wie fest seine Stimme sich anhörte, obwohl er am ganzen Körper bebte.

„Was Sie oder ihre Mitschüler in meinem Unterricht tun entscheide ich! Mr. Goyle, treten Sie zurück. Longbottom, herkommen!“, befahl Carrow ihm aufgebracht.

Goyle trat zurück, obwohl Neville ihm ansehen konnte, wie ungern er Carrow gehorchte. Neville blieb einfach nur stehen.

„Haben Sie mich nicht verstanden, Longbottom? Kommen Sie her!“ Carrow schrie fast.

Nur mit Mühe gelang es ihm nach vorne zu ihrem Lehrer zu treten.

„Sehr schön, Longbottom. Ich werde Ihnen die Wahl lassen. Vielleicht lernen Sie dabei sogar noch Gehorsam.“ In Carrows Augen lag ein aufgeregter Glanz und sein Grinsen war nur noch als boshaft zu bezeichnen. „Entweder Sie nehmen Mr. Goyles Platz ein oder Sie können sich neben diese miesen kleinen Regelbrecher stellen.“, teilte Carrow ihm mit.

Nevilles Finger verkrampften sich um seinen Zauberstab. Er starrte das kleine blonde Mädchen an, welches ihm mit riesigen braunen Augen im kreidebleichen Gesicht entgegenblickte. Sein Herz schlug wie wild in seiner Brust. Wieder musste er einen Würgreiz unterdrücken. Das, was Carrow ihm da bot, war keine Wahl. Es lief auf Foltern oder Gefoltert werden hinaus. Seine Gedanken wanderten zu seinen Eltern. Er wusste, was der Cruciatus anrichten konnte. Er wusste es!

Er konnte das keinem Kind antun. Er würde nicht foltern, niemals! Das war er seinen Eltern schuldig.

Ganz langsam hob Neville den Kopf, richtete sich gerade auf und blickte Amycus Carrow ins Gesicht. Carrow war nicht Snape und selbst Snape hätte ihn nicht dazu bekommen, dies zu tun. Neville schluckte, seine Kehle war ausgetrocknet. „Ich foltere nicht!“, krächzte er und stellte sich mit wackeligen Knien neben das Mädchen.

Carrows Grinsen wuchs noch mehr in die Breite. „Mr. Goyle, Longbottom gehört Ihnen.“

Das Letzte, was Neville von dieser Schulstunde mitbekam, war Goyles hämisches Grinsen und dessen raue Stimme als er: „Crucio!“, rief, bevor die Welt für ihn in Schmerz versank und er nur noch schreien konnte.
 

Neville schlug die Augen auf und starrte an eine weiße Decke. Unter sich spürte er eine weiche Matratze. In seinem ganzen Körper pochte es dumpf. Langsam drehte er den Kopf und blickte sich um. Er befand sich in der Krankenstation.

Er hob die eine Hand und ertastete einen Verband in seinem Gesicht. Unter dem Verband brannte ein Schnitt, von dem er nicht wusste, wann er ihn sich zugezogen hatte. Ganz langsam griff er mit der anderen Hand in seine Tasche und holte die Galleone hervor. Er hielt sie so, dass er sie gut sehen konnte.

Nichts, niemand hatte einen Termin festgelegt.

Kurz schlossen sich seine Finger darum. Das musste sich ändern! Er war sicher nicht der Einzige, der regelmäßig auf seine Galleone starrte und auf ein Zeichen hoffte.

In Carrows Unterricht hatte er etwas begriffen, etwas Wichtiges.

Seit er wieder hier war, hatte er ständig gedacht, jemand müsste sich gegen die neue Ordnung in Hogwarts auflehnen. Er hatte darauf gewartet, dass jemand wie Harry etwas tat und er sich dieser Person anschließen könnte. Schließlich gab es Mut, wenn jemand aussprach, was er dachte und den Lehrern Paroli bot. Er hatte auf so jemand Mutiges gewartet. Jetzt begriff er, dass es mit Warten nicht getan war. Er hatte gewartet und das hatte dazu geführt, dass ihm Amycus Carrow gezeigt hatte, wo seine Grenze lag.

Er hatte sich selbst nicht für mutig gehalten und oft genug an seinem Mut gezweifelt, obwohl er mit Harry im Ministerium gewesen war. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er an seine größte Furcht von früher dachte, Severus Snape. Aber selbst die Furcht vor Snape verblasste vor dem heutigen Geschehen. Es gab Dinge, die durfte man einfach nicht zulassen, die konnte er nicht zulassen!

Er hatte schon zu lange gewartet. Warten brachte gar nichts! Heute war vor seinen Augen eine Grenze überschritten worden, die ihn dazu brachte zu handeln. Entschlossen verschob er die Buchstaben auf der Galleone und legte den Termin für ein DA-Treffen fest.

Wer auch immer sich berufen fühlte diesem Aufruf zu folgen, er würde da sein. Er würde nicht mehr warten, er würde tun, was er konnte um den Todessern Steine in den Weg zu legen, notfalls alleine, so wie heute!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yurippe
2012-10-26T21:47:29+00:00 26.10.2012 23:47
Juhu, eine Fic über Neville! Davon gibt es viel zu wenige. Und diese hier scheint auch noch gut zu sein, wenn ich das nach den ersten paar Sätzen beurteilen kann.
Ich würde vielleicht auf das Ausrufezeichen am Ende des ersten Absatzes verzichten, und wenn ich mich recht erinnere, war Sectumsempra Snapes persönlicher Zauberspruch, also weiß ich nicht genau, wie der bei den Carrows gelandet ist.

Hier und da fehlen ein paar Kommas oder Buchstaben, aber im Großen und Ganzen habe ich nichts zu meckern. :)
Die Stimmung in Hogwarts hast du gut rübergebracht, finde ich. Gut ist auch, dass du nicht wie so viele andere die Slytherins als böse darstellst. Neville als Erzähler ist hier ebenfalls perfekt gewählt.


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