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Chroniken der Ewigkeit - 零~月蝕 (Tsukihami)

von

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Go

Etwas bewegte sich von ihr weg… diese kuschlige Decke, die so einen unbeschreiblich guten Duft von sich gab und eine beruhigende Wirkung auf sie hatte. Murrend hinderte sie die Decke daran abzuhauen und legte ihren linken Arm um sie, ihren Kopf kuschelte sie an das harte Material. Moment mal! Hartes Material? Seit wann war eine Bettdecke hart?

Xiaoyu blinzelte irritiert und bewegte dabei ihren Arm ein wenig zu sich, so dass ihre Hand über das feste Material strich das von einem dünnen Stoff überzogen war. Sie hielt inne, bewegte sich keinen Millimeter mehr und hielt sogar für einen kurzen Moment die Luft an bevor sie zögernd ihren Kopf an hob und in zwei Bernstein farbige Augen blickte. Jin! Oh… oh! Xiaoyu realisierte plötzlich wer wirklich diese gut duftende und kuschlige Decke war und spürte wie ihre Wangen sich leicht erröteten. „E-es tut mir leid!“, entschuldigte sie sich schnell und rückte ein gutes Stück von ihrem alten Schulfreund zurück. Sie musste wohl letzte Nacht einfach eingeschlafen sein als sie länger zusammen auf dem Bett saßen. War Jin auch eingeschlafen oder hatte er etwa die ganze Zeit ihr beim Schlafen zugesehen?

„Schlaf noch etwas…“, vernahm sie auf einmal seine ruhige Stimme, ehe er vom Bett aufstand und seine Schuhe anzog. Zuerst fiel ihr Blick aufs Fenster, es war noch dunkel draußen, also musste es noch sehr früh sein. Dann wand sie sich wieder Jin zu. „Und du?“, sah sie ihn fragend an. „Ich hab noch etwas zu erledigen… ich werde nicht lange brauchen.“ Er klang nicht verärgert oder sauer, sie dachte schon ihre Kuschel Aktion wäre ihm unangenehm gewesen, aber er verhielt sich ihr gegenüber ganz normal… wie Jin.
 

Die junge Chinesin nickte und legte sich wieder hin während Jin auf seinem Handy tippte. Sie beobachtete ihn und als er gerade im Begriff war zu gehen, blickte er nochmal zu ihr. Es war nur ein kleiner Moment indem beide sich schweigend ansahen und Xiao konnte nicht mit Sicherheit sagen was Jin in diesem Augenblick wohl dachte. Ein undefinierter Blick lag in seinen Augen.

Gerade als sie versuchte diesen Blick zu verstehen, zu analysieren, da drehte er sich auch schon um und verschwand durch die Tür.

Seufzend legte Xiao sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Sie wurde aus ihm einfach nicht schlau. Irgendwie verhielt er sich anders als sonst und irgendwie auch nicht. Als sie sich in der Schule kennengelernt hatten war er nicht ganz so kühl und abweisend gewesen… ein wenig war er schon immer so, aber umso länger sie sich kannten umso mehr hatte er ihr vertraut, sich ihr mehr geöffnet, sie sogar geneckt. Nachdem er so lange weg gewesen war und schließlich die Mishima Zaibatsu übernommen hatte, seitdem war er… anders. Sie konnte es nicht besser beschreiben. Anders, traf es noch am besten, denn auch wenn er sich auf eine Art noch abweisender und kühler verhielt als früher und sie auch den Hass in seinen Augen sah, so konnte sie etwas anderes noch in ihm sehen. Der Blick, wie er sie eben angesehen hat… es lag Trauer in seinen Augen und… da war noch etwas… das konnte sie jedoch beim besten Willen nicht deuten.

Erneut seufzte Xiao und drehte sich dabei auf die Seite mit dem Gesicht in die Richtung der leeren Seite des Bettes auf der eben noch Jin gelegen hatte. Bei dem Gedanken das sie mit ihm zusammen hier geschlafen hat, auch wenn es nur ein paar Stunden waren, ließen ihren Puls schneller schlagen und die Hitze in die Wangen schießen. „Oohh, hör auf darüber nachzudenken!“, meckerte sie sich selbst an und drehte sich mit dem Rücken zu der leeren Bettseite.

„Nein, nein, nein… das ist überhaupt nicht gut. Ganz und gar nicht. Du musst aufhören auf solche Kleinigkeiten so stark zu reagieren. Bleib ruhig…“, versuchte sie sich zu beruhigen, aber ihr Herz pochte immer noch schneller als gewöhnlich. „Schlaf weiter… Pha! Der hat gut reden…“, murmelte Xiao nun ein wenig grimmig vor sich her und machte die kleine Nachttischlampe am Bett aus. Die Dunkelheit sorgte dafür das sie sich ein wenig beruhigte, aber an einschlafen war trotzdem nicht zu denken.
 

Xiao schloss ihre Augen und lauschte einfach der Stille. Die Zeit verging und sie konnte beim besten Willen nicht sagen wie viel Zeit vergangen war, als sie auf einmal etwas spürte. Eine Präsenz. Es war nicht Jin… es fühlte sich auch nicht nach jemand anderen an, es fühlte sich nicht mal menschlich an. Xiao wollte ihre Augen öffnen, aber sie… sie konnte es nicht! Es war als wären ihre Lieder schwer wie Blei und als würde diese Präsenz mit ihrer Aura den ganzen Raum durchtränken. Ihr ganzer Körper fühlte sich schwer an, als würde sie regelrecht in die Matratze gedrückt werden.

Der Druck wurde immer unerträglicher, sie konnte kaum noch atmen. Etwas näherte sich ihr, gab aber keinerlei Geräusche von sich, Xiao konnte nur diesen Druck spüren der immer mehr und mehr wurde und kaum noch auszuhalten war. Am liebsten hätte sie geschrien, aber nicht mal ein einziges Wort verlies ihren Mund. Ihre Hände krallten sich krampfhaft in das Bettlacken, als ein kühler Hauch ihre Wange streifte. Die junge Chinesin zog scharf die Luft ein und verkrampfte sich automatisch. Ein leises klacken der Zimmertür ließ sie hoffen. Die Tür öffnete sich und damit entwich auch dieser Druck, das Ding… oder was auch immer es gewesen sein mag. Xiao holte tief Luft und setzte sich abrupt auf. Schwer atmend sah sie sich irritiert im Zimmer um, doch war absolut nichts zu sehen.

Erst Jins Schritte und das Geräusch der von ihm schließenden Tür, ließen sie zu ihm blicken. Der junge Japaner ging langsam auf seine alte Schulfreundin zu, wobei sein Gesicht besorgt drein schaute. „Was ist passiert?“, fragte er mit ruhiger Stimme, doch sah es in seinem inneren ganz anders aus. Er war nicht mal 30 Minuten weg gewesen! Er konnte sie wirklich keine Minute aus den Augen lassen. Die Präsenz war zwar verschwunden, aber Jin konnte trotzdem die Rückstände in der Luft spüren. Dieses Mädchen zog aber auch jeden Ärger an sich. Seufzend setzte er sich auf den Rand des Bettes und blickte ihr direkt in die Augen. Xiao hingegen musste ein paar Mal tiefer einatmen bevor sie ihre Stimme wieder fand. „Ich bin mir nicht sicher… es… war wie ein Albtraum. Ich konnte nicht schreien, kaum atmen und dieser Druck in der Luft!“, versuchte sie ihm zu erklären. Nachdenklich lauschte er ihren Worten. Es herrschte eine Zeit lang Stille und jeder ging seinen Gedanken nach, als sie Jins Stimme vernahm. „Ein Yurei…“. Xiao sah zu Jin auf. „Ein Geist?“, fragte sie unsicher, denn auch wenn sie schon einige Jahre in Japan lebte, so kannte sie sich nicht mit allen japanischen Legenden aus. „Ein dunkler Geist, einer der nach dem Tod keinen Frieden gefunden hat.“, erklärte Jin ihr nachdenklich und musterte sie kurz um sicher zu gehen, das mit ihr auch wirklich alles in Ordnung war. Es schien ihr besser zu gehen, erleichtert entspannte er sich wieder und schloss dabei kurz seine Augen.
 

„Meinst du das Medaillon hat damit etwas zu tun? Seit ich es habe, fühlen sich alle möglichen dunklen Wesen davon angezogen…“, überlegte sie und betrachtete das Schmuckstück. Jin öffnete wieder seine Augen und sah die Chinesin schweigend an. Sie hingegen spürte seinen Blick auf ihr ruhen, nahm ihren Blick von dem Medaillon und sah Jin ebenso schweigend an. „Was ist?“, fragte sie leise und unsicher. Stille. Noch immer sah er sie einfach nur an. „Jin?“, kam es vorsichtig von ihr, als seine Augen fast schon funkelten, oder hatte sie sich das etwa eingebildet? Jin ballte seine Hand zu einer Faust und schloss seine Augen wieder, bevor er vom Bett aufstand und zum Fenster ging. „Schlaf noch etwas und ruh dich aus, es ist besser wenn du ausgeruht bist bevor wir weiter ziehen.“, meinte er kühl und sah dabei aus dem Fenster.
 

Verwirrt blinzelte die junge Chinesin und fragte sich, ob sie etwas Falsches gesagt hatte, aber Jin danach fragen wollte sie auch nicht, er sah irgendwie wütend aus. Sie wusste ja dass er kein einfacher Mensch war und sie war auch diejenige gewesen, die ihn bat bei ihr zu bleiben, aber manchmal wünschte sie sich er würde sich ihr nur ab und zu mehr öffnen. Seufzend legte sie sich hin und gab sich geschlagen. Nur schwer und sehr langsam driftete sie in einen traumlosen schlaf, so dass als Jin sie weckte, sie noch müder war als vorhin. Verschlafen rieb sie sich die Augen und fragte nach der Uhrzeit, als sie anfing sich langsam aus dem Bett zu bewegen.
 

„9 Uhr.“, antwortete Jin ihr und hörte daraufhin ein gepolter aus dem Badezimmer. „Was? So spät? Ich wollte doch so früh wie möglich los.“, kam von Xiao die sich gerade ihre Zöpfe richtete und aus dem Bad wieder ins Zimmer ging. Jin sah sie mit einer Hochgezogenen Augenbraue an. „Ich habe versucht dich zu wecken… nicht mal eine Explosion hätte dich geweckt.“, murmelte er genervt und ging zur Tür. „Ich warte unten auf dich.“, meinte er noch und schloss daraufhin die Tür hinter sich. Mit einem gespielten Schmollmund sah sie ihm hinterher, ehe sie anfing sich weiter fertig zu machen und ihre Sachen zusammen zu packen.
 

Nachdem Xiao alles weitere erledigt hatte und am Empfang des Hotels für das Zimmer bezahlen wollte, erfuhr sie das Jin bereits dies getan hatte. Sich bedankend machte sie sich auf den Weg nach draußen zu Jin, der an der Wand lehnte und auf sie wartete. „Das hättest du nicht tun müssen.“, meinte sie zu ihm und er sah sie fragend an. „Das Zimmer bezahlen, meine ich. Aber… danke.“, erklärte und bedanke sie sich bei ihm mit einem sanften Lächeln. Jin quittierte dies mit einem leichten Zucken seiner Mundwinkel, was fast als ein kleines Lächeln durchgehen könnte, aber eben nur fast.
 

Auf dem Weg zum Krankenhaus schwiegen beide, erst als sie das Gebäude betraten, Xiaoyu an der Info in Erfahrung brachte in welchem Zimmer sich Lei befand und sie sich im Fahrstuhl auf den Weg dorthin machten, brach der Japaner die Stille. „Du gehst besser alleine zu Lei. Ich werde im Flur auf dich warten.“, meinte er mit ruhiger Stimme. Zuerst wollte sie ihm widersprechen, aber wenn sie recht überlegte, war es wahrscheinlich besser so. Lei würde Jin erkennen und er war bereits das letzte Mal nicht sonderlich angetan von ihrer Freundschaft zu Jin zu hören. Nein, das wäre wohl keine so gute Idee. Seufzend nickte sie, als der Fahrstuhl einen Zwischenhalt machte und sich die Türen öffneten. Ein junger Chinese betrat den Fahrstuhl, der ihr sofort bekannt vorkam. „Lian?“, kam es überrascht aus ihrem Mund. Mit einem höflichen Lächeln begrüßte er sie, konnte jedoch ihre Frage ihr förmlich im Gesicht ablesen. „Ich habe noch jemanden besucht.“, erklärte er ihr. Deswegen kam er also von der 3. Etage, dachte sich Xiao und lächelte verlegen. „War meine Frage so offensichtlich?“, murmelte sie leise eher zu sich selbst, aber trotzdem so, dass alle es hören konnten. Lian winkte lächelnd ab. „Nicht schlimm, ich hätte mich dasselbe gefragt, wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre. Wer ist das? Ein Freund von dir?“, fragte er neugierig während sich die Türen schlossen und der Fahrstuhl sich wieder in Bewegung setzte.
 

„Ähm, ja…“, bestätigte sie seine Vermutung, zog ihre Antwort jedoch in die Länge um zu überlegen wie sie ihn vorstellen sollte. „Das ist Jin.“, entschied sie sich bei der Wahrheit zu bleiben und lediglich seinen Nachnamen weg zu lassen. Höflich begrüßte der Chinese Jin mit einem Nicken, ehe er sich wieder Xiaoyu zuwandte. „Er ist Japaner, hätte ich auch gleich mir denken können, du sagtest ja, du lebst eigentlich in Japan.“, stellte er fest. „Ist er dein Freund?“, fragte er die junge Chinesin offen raus wobei er das Chinesische Wort für festen Freund (nán péngyou) benutzte. Mit einem Mal spürte Xiao wie die Hitze in ihre Wangen schoss und ihr Herz bei dem Gedanken schneller schlug. Sprachlos schüttelte sie den Kopf anstatt ihm mit Worten zu antworten, die Angst ihre Stimme würde versagen war zu groß, denn was Lian nicht wusste und sie hingegen schon, war, das Jin sehr wohl Chinesisch verstand. Verstehen war noch untertrieben, er konnte jedes einzelne Wort verstehen und fließend sprechen. Ihr Blick schweifte kurz zu Jin, der daraufhin mit einem undefinierbaren Ausdruck in seinem Gesicht ihren Blick erwiderte. Seine Augen wirkten immer noch kühl, aber wieder hatte Xiao das Gefühl als wäre da noch etwas anderes. Dieser Ausdruck, dieses kleine Schimmern in seinen Augen erinnerte sie an damals als alles noch anders war. Erinnerte er sich etwa auch an diesen Moment? Es fühlte sich für sie so an, als würden sie beide an das gleiche Denken. Als würden sie in diesen Moment das gleiche fühlen. Als wäre die Zeit zurückgedreht worden und ihre jüngeren Ichs würden sich gegenüberstehen. Es fühlte sich genau wie damals an.
 

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Nicht mal eine Woche war vergangen und schon verspürte die junge Chinesin Heimweh. Dabei mochte sie das Land und die Kultur, aber die Sprache zu lernen fiel ihr noch schwer. Es war nicht so als könnte sie gar kein Japanisch, aber sie war weit entfernt vom fließend sprechen, immer wieder fehlten ihr die richtigen Worte, benutzte die falschen oder verwendete ausversehen stattdessen ein chinesisches Wort. Noch schlimmer waren die Kanji für sie, denn auch wenn sie den chinesischen Schriftzeichen ähnelten, gehorchten sie ihren eigenen Gesetzen. Das alles empfand sie eigentlich als gar nicht so schlimm, sie wusste, sie würde nur Zeit brauchen um die Sprache zu lernen, aber wieso mussten Schüler manchmal so grausam sein? Einigen war es egal, andere korrigierten sie aus Anstand oder so etwas, aber nicht aus Hilfsbereitschaft oder gar aus Freundlichkeit. Und dann gab es noch diejenigen, die lachten, sie mit Absicht ignorierten… manche taten sogar so als würden sie sie nicht verstehen, obwohl sie verstanden haben was sie sagte.
 

Und so kam es, dass sie sich entschieden hatte in der Mittagspause einen Ort zu suchen an dem sie allein sein konnte. Es machte eh keinen Unterschied, aber hier auf diesem Dach hatte sie zumindest ihre Ruhe. Ruhe vorm ignoriert werden, schon seltsam, aber es tat gut und zugleich fühlte sie sich schrecklich einsam. Gerade als sie ihr Bento auspackte und sich ihre Stäbchen nahm, hörte sie wie sich die Tür zum Dach öffnete. Kurz sah sie auf und erkannte einen jungen Japaner, der etwas älter als sie zu sein schien, zumindest wirkte er reifer auf sie, wahrscheinlich gehörte er einen der höheren Klassen an. Wäre auch kein Wunder, da sie sich auf dem Dach des Gebäudes eines solchen Jahrgangs befand. Es war nicht verboten die anderen Gebäude zu betreten, aber ungewöhnlich schon, anscheinend taten die Schüler dies hier nicht oft, sonst würde der Japaner sie jetzt nicht so merkwürdig ansehen, oder?
 

Eine wirkliche Wahl hatte sie aber nicht gehabt, die anderen Dächer waren leider schon zu belebt gewesen, als das sie sich hätte zurückziehen können. Verlegen biss sie sich auf ihre Unterlippe und bereitete sich innerlich schon vor ihre Sachen packen zu müssen. Doch unerwartet und voller Verwunderung, setzte sich der Japaner kommentarlos mit etwas Abstand neben sie und packte ebenfalls sein Bento aus. Überrascht sah sie ihn einfach an, blinzelte und sah ihn weiterhin an, bis er seinen Kopf zu ihr drehte und sie fragend anblickte. „Was ist?“, erklang seine kühle aber ruhige Stimme. Erst jetzt bemerke sie, dass sie ihn die ganze Zeit über angestarrt hatte. Schnell schüttelte sie den Kopf und meinte, „N-nichts.“, und wandte ihren Blick von ihm ab, zurück auf ihr Essen. Traurig sah sie auf den Reis und das Gemüse das sie heute früh sich gemacht hatte. Ihr vielen so viele Fragen ein, doch keine wollte ihre Lippen verlassen aus Angst auf seine Reaktion, falls sie wieder etwas falsch machte.
 

Das leise Seufzen, das ihr entwich, erreichte seine Aufmerksamkeit, so dass er seinen Blick wieder ihr zuwandte. Nachdenklich beobachtete er sie einen Augenblick und ohne zu verstehen warum er das jetzt tat, gab er seinem Gefühl nach und fragte sie schließlich, „Du bist neu an der Schule?“. Überrascht seine Stimme zu hören, die eindeutig sie meinte, denn es gab ja nur sie zwei hier auf dem Dach, sah sie ihn an. Zögernd nickte sie. „Du kommst aus China.“, sagte er, weil er es wusste, es war keine Frage oder Feststellung, er wusste es und das ließ die Chinesin erneut überrascht drein schauen. Sie konnte ja nicht wissen, dass ihre Ankunft in der Schule vor ihrem Eintreffen bereits die Runde gemacht hatte, es konnte ihm so gar nicht entgehen. Dass er wusste, dass sie dieses Mädchen aus China war, verdankte er seinem Instinkt. Er schien über etwas nachzudenken, denn für eine längere Zeit sagte er nichts mehr, aß sogar etwas von seinem Bento und sie befürchtete das wäre es gewesen, immerhin sollte sie ihm irgendetwas antworten, ihr stummes Nicken verleitete nicht gerade dazu mit ihr reden zu wollen. Sie verfluchte sich innerlich und ihre Angst, wo sie doch ansonsten so aufgeschlossen und lebhaft war.
 

„Wie kommt es, das du nicht bei den anderen aus deiner Klasse bist?“, hörte sie seine Stimme in einer ihr vertrauten Sprache fragen. Erneut konnte sie nicht anders, als ihn verwundert anzusehen, sie fragte sich ernsthaft, ob sie nicht gerade träumte. Sie zögerte, blinzelte ein, zwei Mal, bis sie ihre Stimme wieder fand und ihm endlich antwortete. „Du sprichst Chinesisch?“, teilte sie ihm ihre Verwunderung mit, worauf er schweigend erneut etwas von seinem Bento aß. Offensichtlich. Ein leichtes Lächeln überkam ihre Lippen und sie nahm sich ebenfalls etwas von ihrem Essen. „Ich bin noch nicht sehr gut im japanisch, deswegen meiden mich die meisten… und deswegen habe ich einen Ort gesucht an dem ich…“, sie brach ihre Erklärung ab und überlegte wie sie es formulieren sollte. „An dem du deine Ruhe hast?“, fragte er sie weiter in ihrer Sprache. Erneut musste sie leicht lächeln und nickte zustimmend. „Was nicht heißt, dass du gehen sollst! Du scheinst anders als die anderen zu sein…“. Abrupt hielt er in seiner Bewegung inne und sah auf seine Stäbchen die gerade etwas Reis nehmen wollten. Sie dachte schon, sie hatte etwas Falsches gesagt, doch als sie sah wie sich seine Lippen zu einem leicht sanften Lächeln bildeten spürte sie eine Erleichterung in sich. „Ich heiße Ling Xiaoyu… aber du kannst mich ruhig Xiaoyu nennen.“, stellte sie sich ihm vor, worauf er sie ansah, immer noch mit diesem sanften Lächeln. „Kazama Jin.“.
 

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Das war der Tag an dem alles anfing, von da an trafen sie sich jede Mittagspause auf diesem Dach, aßen zusammen und Jin brachte ihr langsam die japanische Sprache näher. Sie lernte bei ihm erstaunlich schnell, wie sie es bei keinem Lehrer konnte, er hatte so eine ruhige Art an sich, die sie jedes Mal entspannen ließ und ihr jegliche Angst nahm. Vielleicht lag es auch daran, dass sie mit ihm so ungezwungen und frei reden konnte, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass sie immer mehr auf Japanisch miteinander redeten.
 

Ein Räuspern brachte sie zurück in die Gegenwart, Lian betrachtete die beiden mit einem verschmitzten Schmunzeln und deutete auf die offene Fahrstuhltür. „Wir sind da.“, wies er auf das offensichtliche hin und deutete mit einer Handbewegung an, Xiaoyu den Vortritt zu lassen. Offenbar hatten sich Jin und Xiao länger angesehen als sie es wahrgenommen hatte, sie war so sehr in ihren Gedanken versunken gewesen, dass sie sich kurz so gefühlt hatte wie damals. Erging es Jin etwa so wie ihr? Hatte er dasselbe gefühlt wie sie? Oder hielt er sie jetzt für ein verrücktes Mädchen das nur für ihn schwärmte? Peinlich berührt, aber versuchend die Fassung zu wahren, trat sie ohne ein weiteres Wort zu sagen aus dem Fahrstuhl, ehe Lian und Jin nachkamen.
 

„Es muss gleich da vorne sein.“, meinte der Chinese und deutete in Richtung am Ende des Ganges. Xiaoyu sah noch einmal Jin an, nickte, denn sie wusste er würde hier auf sie warten und wandte sich dann Lian zu. Sie deutete ihm an zu gehen, seinen fragenden Blick, warum Jin nicht mit kam, ignorierte sie einfach und tat so als ob sie ihn nicht bemerkt hätte. „Weißt du etwas über Lei’s Zustand?“, fragte sie ihn aus Interesse und um ihn abzulenken, während sie den Gang entlang gingen und nebenbei auf die Zimmernummern schauten. „Er ist Stabil und seit heute Morgen soll er wieder bei Bewusstsein sein. Es scheint, als sei er noch ganz gut davon gekommen, es hätte durchaus schlimmer sein können.“, erzählte er ihr und blieb an der nächsten Tür stehen. Sie betraten gemeinsam das Zimmer und fanden einen laut Lachenden Lei vor sich, der sich irgendeine Comedy Show im Fernsehen ansah.

Xiaoyu stemmte die Arme in ihre Seiten und trat an das Bett ihres alten Freundes. „Na, Hauptsache du amüsierst dich. Ich dachte du seist tot!“, protestierte die jüngere, ließ ihre Arme wieder senken und sah ihn besorgt an. Lei blickte entschuldigend drein und machte den Fernseher schnell aus. „Ja, das dachte ich auch… tut mir Leid, kleine.“. Seufzend setzte sie sich auf einen Stuhl der am Bett stand und betrachtete den Polizisten. „Geht es dir gut? Was sagen die Ärzte?“, fragte sie ihn während Lian sich an das Bettende von Lei stellte und ihn mit einem sanften Lächeln begrüßte. „Nun, ich habe ab und zu noch sehr starken husten und ein paar leichte Verbrennungen.“, fing er an zu erzählen und deutete auf seinen Verbundenen Arm. „Aber das ist alles halb so wild. Die wollen mich noch etwas unter Beobachtung hier lassen. In ein paar Tagen werde ich wohl wieder entlassen.“, meinte er und lächelte ihr aufmunternd zu, ehe seine Gesichtszüge ernster wurden. „Wie ist es dir ergangen?“, fragte er vorsichtig und sah kurz Lian an, bevor er wieder Xiaoyu ansah. „Alles in Ordnung?“. Sie konnte seine Sorge um sie nur zu gut raushören, wusste aber, dass sie nicht allzu viel sagen konnte, da Lian anwesend war. „Mir geht es gut, mach dir keine Sorgen.“, versicherte sie ihm. „Ich tappe nur etwas im Dunkeln…“, versuchte sie ihre Lage zu erklären. Nachdenklich legte Lei seine Stirn in Falten. „Verstehe…“, murmelte er. Ihre Worte haben ihm vollkommen ausgereicht um zu verstehen, dass selbst der Besuch in dem Tempel ihr nicht weiter geholfen zu haben scheinen.
 

Lian beobachtete die beiden, wobei er misstrauisch die junge Chinesin genauer betrachtete. Er kannte Lei seit vielen Jahren, er war der Held der Hongkonger Polizei und zudem sein Ausbilder gewesen. Er war sozusagen in Leis Fußstapfen getreten, seit Lei nur noch selten Außeneinsätze machte und sich mehr hinter einem Haufen Bürokram wiederfand. Es brauchte also nicht viel Zeit und er wusste, das sie beide mehr Verband als eine gemeinsame Vergangenheit. Er vertraute Lei, aber irgendetwas war seltsam, er verhielt sich ganz anders als er ihn kannte und das bereitete ihm Kopfschmerzen. Dieses Mädchen, das ihm eigentlich sympathisch erschien, er fand sie sogar recht süß, musste er sich eingestehen, sie umgab etwas, was ihm ein flaues Gefühl in der Magengegend bescherte. War sie wirklich eine alte Freundin der Familie? Sie wirkte so unschuldig und naiv auf ihn, doch jetzt, wo er sie genauer betrachtete seit sie mit Lei sprach hatte sich ihr ganzes Wesen verändert. Sie wirkte nun überhaupt nicht unschuldig oder gar unerfahren, sie umgab ein Geheimnis, etwas was ihm ein ungutes Gefühl verschaffte. Hatte das etwa mit dem Brand in Lei’s Haus zu tun? So viele Fragen bildeten sich in seinem Kopf und seine Alarmglocken als Polizist sprangen an. Er würde der Sache auf den Grund gehen.
 

„Vielleicht solltest du dein altes zu Hause nochmal besuchen bevor du zurück nach Japan fliegst.“, sagte Lei auf einmal nach einer längeren Stille zwischen ihnen und gab ihr den Hinweis dort zu suchen wo alles anfing. Nach ihrer Erzählung zu urteilen, hatte sie nicht viel Zeit gehabt und musste schnell aus Wangs Haus fliehen, vielleicht war ihr in der Eile etwas entgangen. Xiao’s Blick erhellte sich und Lei wusste, sie hatte seinen Hinweis deuten können. „Ja, das ist eine gute Idee. Das werde ich machen.“, erwiderte sie mit einem dankbaren Lächeln. „Und du ruhst dich schön aus und hörst auf die Ärzte was sie dir sagen, verstanden?“, sagte sie mit ernstem Ton an Lei gerichtet, der sie nun mit einer hochgezogenen Augenbraue ein wenig genervt ansah. „Hey, ich bin der ältere, ich sollte dir so etwas raten und nicht umgekehrt!“, grummelte er und sah nun zu Lian. „Wie kommt es eigentlich, dass ihr beiden mich besucht?“, spielte Lei darauf an, dass sich die beiden eigentlich gar nicht kannten. „Ich habe Xiaoyu gestern Nacht davon abgehalten in dein brennendes Haus zu stürmen.“, teilte er dem älteren mit und grinste die jüngere an. „Ah, du lässt auch keine Gelegenheit aus…“, murmelte Lei und schenkte dem jüngeren ein vielsagenden Blick. „Aber im Ernst Xiaoyu…“, wandte er sich nun der Chinesin zu. „Du weißt wie gefährlich so etwas ist!“, tadelte er sie und sah ihr dabei schon fast wütend entgegen. Schuldbewusst verzog sie ihre Lippen zu einem Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich dachte du wärst noch im Haus. Hätte ich dich verbrennen lassen sollen?“, widersprach sie ihm.
 

„Du wärst bei dem Versuch erstickt! Dann wären wir beide tot!“, wies er die jüngere zurecht, denn mit Sicherheit hätte sie in der Panik und ihrem unüberlegten Handeln nicht an einen Mund und Nasenschutz gedacht, sie wäre in weniger Zeit bewusstlos geworden. „Ist ja gut…“, murmelte sie und blickte nach unten, worauf Lei ein lautes Seufzen von sich gab. „Es ist ja nochmal gut gegangen. Denk einfach das nächste Mal einen Moment lang vorher nach, bevor du dich ins Feuer stürzt.“, beendete er seine Zurechtweisung und strich ihr mit seiner Hand liebevoll und neckend zugleich über den Kopf, so dass ihre Haare ein wenig verstrubelt aussahen. „Und du Lian? Hast du dir etwa heute extra für mich frei genommen?“, grinste der ältere den jüngeren an während Xiao murrend ihre Haare wieder richtete. „Was denkst du denn?“, lächelte Lian ihn an und war einfach froh, dass es Lei gut ging, denn auch er hatte sich ziemliche Sorgen gemacht. Lei war für ihn mehr wie ein großer Bruder und das obwohl so ein Altersunterschied zwischen ihnen war, dass Lei eher sein Vater hätte sein können. Aber Lei behandelte ihn schon immer mehr wie einen Bruder als seinen Schüler, was wohl daran lag, das ihre Familien früher nebeneinander gelebt haben und sie sozusagen zusammen aufgewachsen waren.
 

„Ich mache mich besser auf den Weg.“, teilte die junge Chinesin mit und erhielt so die Aufmerksamkeit der beiden Männer. Lei’s Lächeln verschwand mit einem Mal wieder, ernste Gesichtszüge traten hervor und ein Stummes Nicken folgte. „Pass auf dich auf.“, waren seine besorgten Worte als würde sie in den Kampf ziehen, dachte sich Lian. „Sie ist ja nicht allein. Jin wird sicher auf sie achtgeben.“, meinte er daraufhin gelassen, wunderte sich allerdings als er Lei’s geschocktes Gesicht erblickte. „Was ist? Kennst du ihn? So wie ich das verstanden habe, ist er Xiaoyu’s Freund.“, sagte der jüngere Chinese schmunzelnd und hatte erneut das chinesische Wort für festen Freund benutzt. „Er ist nicht mein Freund!“, protestierte sie und spürte wie sich ihre Wangen wieder einmal erröteten. „Ach! Das sah im Fahrstuhl aber ganz anders aus.“, neckte er sie grinsend. „Du hast doch keine Ahnung…“, murmelte Xiao und sah dann wieder Lei an, der sie mit einem wissenden Blick betrachtete. „Lange Geschichte…“, war ihre Erklärung worauf Lei seufzend die Augen schloss. „Das denke ich mir… lass uns reden wenn ich Entlassen werde. Ich melde mich bei dir.“, war seine einzige Antwort mit einem besorgten Blick. Er hätte ihr so viel sagen wollen, sie erneut zurechtgewiesen und sie ausgefragt was eigentlich passiert war damit Jin Kazama sie begleitete. Das klang überhaupt nicht gut, auch wenn Jin und sie alte Freunde waren, wo er war, herrschte immer Chaos. Er traute Jin nicht und das würde sich auch so leicht nicht ändern.
 

Xiaoyu verabschiedete sich somit von Lei und Lian, doch kurz bevor sie die Tür durchquerte, kam nochmal Lian auf sie zu und gab ihr eine Visitenkarte von sich. Fragend sah die jüngere ihn an. „Falls du in Schwierigkeiten stecken solltest… das eben klang nicht sehr vertrauenserweckend und… na ja, ruf einfach an.“, versuchte er ihr zu erklären und wirkte sogar ein wenig verlegen auf die Chinesin, was ein leichtes Lächeln bei ihr hervorrief. „Danke.“, war ihre einzige Antwort, denn was hätte sie auch anderes zu ihm sagen sollen? Ja, weißt du, mich verfolgen so seltsame dunkle Gestalten und den, den du für meinen Freund hältst, ist eigentlich zur Hälfte ein Teufel, also keine Sorge mir passiert schon nichts. Er würde sie für verrückt erklären und gleich in die Psychiatrie stecken. Xiaoyu steckte somit die Visitenkarte ein und betrat den Flur, erst als sie die Tür geschlossen hatte und ein paar Schritte sich von dem Zimmer entfernt hatte, atmete sie erleichtert auf. Langsam verstand sie Jin immer besser, es war überhaupt nicht leicht, andere nicht mit reinzuziehen.
 

Jin saß in einem kleinen Wartebereich auf dem Flur, als sie bei ihm ankam. „Lei hat mich auf eine Idee gebracht...“, fing sie sofort mit dem wesentlichen an. Neugierig hob Jin eine Augenbraue hoch, was ihr signalisieren sollte fortzufahren. „Es war nicht leicht in Anwesenheit von Lian über dieses Thema zu sprechen…“, sprach sie weiter und bemerkte sofort Jins ernsten Gesichtsausdruck. „Keine Sorge, er denkt jetzt sicher nur, das ich irgendwelche Probleme habe und mein altes zu Hause besuchen will.“, erklärte sie ihm schnell und musste leicht Lächeln als sie sah, wie Jin sich wieder entspannte. „Das war auch Lei’s Hinweis. Das Haus von Wang. Er denkt ich habe vielleicht etwas übersehen, immerhin war ich auf der Flucht, er hat schon Recht, viel Zeit hatte ich nicht.“, sprach sie weiter. „Es ist gefährlich an den Ort an dem alles begann zurückzukehren.“, sagte er kühl mit einem ernsten Blick, ehe er aufstand und ihr signalisierte ihm zu folgen. Schweigend tat sie was er wollte und folgte ihm in den Fahrstuhl, erst als sich die Türen geschlossen hatten, sprach Jin weiter. „Anderer Seitz… haben wir nicht viel Wahl. Verhalt dich so unauffällig wie möglich.“, riet er ihr und zog die Kapuze ihrer Jacke ihr über den Kopf. Er selbst zog sich ebenfalls seine Kapuze seiner Lederjacke über den Kopf, so dass nur seine schwarzen Strähnen vom Pony sichtbar waren.
 

„Das nennst du unauffällig?“, murmelte sie und erntete einen genervten Blick von ihm. „Es regnet…“, meinte er mit einem festeren Unterton in seiner Stimme, den sie nur zu gut kannte. Wieso war er heute nur so leicht reizbar? „Und… du wirst weniger erkannt.“, fügte er hinzu worauf wieder Stille zwischen ihnen eintrat. Xiaoyu kannte diese Seite von Jin sehr gut, die hatte er früher immer gehabt wenn ihm etwas tierisch auf die Nerven ging, das musste nicht mal mit ihr zu tun haben. Meistens war er wegen seinem Großvater wütend gewesen, aber es hatte lange gedauert bis er ihr das erzählt hatte.
 

Das Geräusch der sich öffnenden Fahrstuhltüren ließen die junge Chinesin an ihre neue Mission denken und die damit zusammenhängende Gefahr, denn eins stand fest, die G-Corporation war noch da draußen und Kazuya hatte mit Sicherheit nicht aufgehört nach ihr zu suchen. Er würde alles tun um an das Medaillon zu kommen.



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