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Wenn Liebe dich findet

Chelsea&Vaughn
von

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Das unschuldige Kind

16. Das unschuldige Kind
 

Mitunter waren es die schlimmsten Tage, die Chelsea je erlebt hatte. Pausenlos hingen ihre Gedanken bei Vaughn. Auf ihre Arbeit konnte sie sich nicht richtig konzentrieren. Monoton verrichtete sie ihre Pflichten. Trostlos zogen die Tage dahin. Von ihrer Umgebung nahm sie nicht viel wahr. Im Dorf ließ sie sich gar nicht mehr blicken. Einige Male hatte Julia bei ihr angerufen, doch Chelsea antwortete auf jede Frage einsilbig.

Auch ihr Bruder verhielt sich gänzlich neben der Spur. Die Geschwister hatten nur kurz über ihre Auseinandersetzungen mit Nathalie und Vaughn gesprochen. Nichts davon wurde ins Detail erläutert, was zudem nicht nötig war. Jeder von ihnen trug sein eigenes Päckchen, welches sie gleichermaßen belastete.

Wie sollten sie sich gegenseitig helfen, wenn beide derzeit, dazu nicht in der Lage waren?
 

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Im Tierladen saßen Julia, Elliot und Mirabelle gemeinsam am Küchentisch.
 

„Hast du etwas wegen Chelsea in Erfahrung bringen können?“, fragte Mirabelle ihre Tochter.
 

„Nein, leider nichts. Am Telefon hat sie mich jedes Mal abgewürgt oder ist mir sämtlichen Fragen ausgewichen.“
 

„Eigenartig. Irgendetwas muss vorgefallen sein. Vaughn kommt seit Tagen auch nicht mehr aus seinem Zimmer raus.“
 

„Ich mache mir Sorgen, Mutter. Das kann nicht ewig so weitergehen.“
 

„Selbst mit meiner Schwester stimmt etwas nicht. Sie liegt die meiste Zeit auf ihrem Bett und heult. Versucht man mit ihr zu reden, wird sie aggressiv.“
 

„Merkwürdig. Du sagtest, dass sie sich aber erst so verhält, als Mark sie besuchen war?“, harkte Mirabelle nach.
 

„Das ist richtig. Sie war völlig aufgelöst. Ich habe nur mitbekommen, wie sie Mark angefleht hatte zu gehen.“
 

„Seltsam. Was ist bloß mit den Vieren los?“
 

„Das würde ich auch gern wissen. Auf jeden Fall kann es nicht so weiter gehen. Mutter, wir müssten doch was unternehmen können.“
 

„Ich zerbreche mir die ganzen letzten Tage den Kopf. Ich habe versucht, Vaughn zum Reden zu bewegen, ohne Erfolg. Ich vermute, dass nur Chelsea dazu in der Lage wäre. Nur wie könnten wir sie her bringen?“
 

„Ein gute Frage.“
 

Nachdenklich betrachtete jeder von ihnen die Tischplatte, als ob auf ihm die Antwort geschrieben stehe.
 

„Vielleicht,“, überlegte Elliot in die eingetretene Stille.
 

„Was „vielleicht“, Elliot? Hast du eine gute Idee?“
 

„Ob sie gut ist, kann ich nicht sagen, Julia. Aber von dem, was du mir so über die beiden erzählt hast, könnte es wohlmöglich klappen. Sie ist allerdings nicht ganz fair.“

„Teile uns deinen Vorschlag erstmal mit. Danach entscheiden wir.“
 

„In Ordnung, Mirabelle. Mein Vorschlag wäre…“
 

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Auf der Starry Sky-Ranch klingelte das Telefon. Chelsea nahm ab.
 

„Hallo? Chelsea hier.“
 

„Chelsea? Gott sei Dank, dass ich dich gleich erwische.“
 

„Julia? Was ist denn los? Du klingst so aufgeregt.“
 

„Es ist folgendes: Vaughn ist krank.“
 

„Wie? Habe ich richtig gehört?“
 

„Ja. Kannst du nicht vorbeikommen? Jetzt! Dich zu sehen, würde ihn bestimmt freuen. Dann fühlt er sich sicherlich gleich besser.“
 

„Ich…Ich weiß nicht, Julia. Was sollte ich denn machen?“
 

„Komm einfach vorbei. Du wirst sehen, das wird ihm helfen.“
 

Chelsea überlegte kurz. Im Grunde hatte sie sich bereits entschieden.
 

„Julia? Ich komme sofort.“
 

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Mark trat gerade aus dem Viehstall, als er seine Schwester durch das Tor reiten sah. Immerhin unternimmt sie wieder etwas, dachte er. Immer nur zu Hause hocken, kann ihr nicht gut tun. Genauso, wie mir.

Fast eine Woche war vergangen, seitdem er Nathalie allein in ihrem Zimmer gelassen hatte. Sollte er auf sie zugehen?

Der junge Farmer vermisste wahnsinnig Nathalies Nähe. Jede Nacht träumte er von ihr. Und jeden Morgen wollte er auf der Stelle zu ihr reiten, doch er tat es nicht.

Allmählich wird es aber Zeit, sprach er zu sich. Ich muss wenigstens versuchen, mit ihr zu reden.

Er hatte gerade sein Pferd gesattelt, als unverhofft Nathalie an der Stalltür erschien.

Mark erstarrte. Gleichzeitig freute er sich, sie wieder zu sehen.
 

„Komme ich ungelegen? Du scheinst ausreiten zu wollen.“
 

„Nein,äh, ja. Also, was ich meine. Ich wollte gerade zu dir.“
 

„Oh! Dann hatten wir denselben Gedanken.“
 

„Nur, dass du schneller warst.“
 

„Ja.“ Verlegen schaute Nathalie Mark an. „Wollen wir uns irgendwo hinsetzen? Ich würde gerne mit dir reden.“
 

„Klar. Gehen wir auf die Veranda?“
 

„Okay.“
 

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Julia erwartete Chelsea bereits an der Tür. Ohne ausführliche Erklärung schob sie ihre Freundin die Treppe hinauf zu Vaughns Zimmer und klopfte an die Tür.
 

„Was gibt´s?“
 

„Du hast Besuch, Vaughn. Ich mache die Tür auf, ja?“, antwortete Julia.
 

„Ähm, Julia…“
 

„Jetzt nicht, Chelsea. Geh einfach rein.“
 

„Aber…“
 

„Kein aber! Rein mit dir.“
 

Resolut schubste Julia das braunhaarige Mädchen durch die Tür in Vaughns Zimmer.
 

Vaughn staunte nicht schlecht, plötzlich Chelsea in seinem Zimmer stehen zu sehen. Sofort sprang er von seinem Bett auf und starrte sie an. Chelsea starrte ebenfalls verwirrt zurück.

Beide waren sprachlos und fragten sich, was der jeweilig andere wohl denken mochte.

Schließlich fand Chelsea ihre Sprache wieder.
 

„Ähm, tut mir Leid, dass ich hier so reingeplatzt bin. Doch mir wurde erzählt, dass du krank wärst.“
 

„Wie? Ich…Deswegen bist du hier?“
 

„Ja, aber ich glaube, ich gehe lieber wieder.“
 

„Nein, bitte!“ Vaughn streckte seinen Arm nach Chelsea aus. „Bitte, bleib. Ich wollte die letzten Tage schon mit dir reden.“
 

„Ach so? Warum bist du dann nicht zu mir gekommen?“
 

„Weil ich…Weil ich, mich nicht getraut habe.“ Beschämt schaute Vaughn zur Seite. Da er seinen Hut nicht trug, fielen ihm die Haare vors Gesicht und bedeckten seine geröteten Wangen.

„Willst du dich nicht setzten?“ Ohne Chelsea anzusehen, schob er ihr einen Stuhl zu.
 

„Ja. Danke.“
 

Der junge Mann setzte sich ihr gegenüber, doch mit ausreichendem Abstand.
 

„Also, wie du sehen kannst,“, begann Vaughn nach kurzem Schweigen, „bin ich nicht krank. Ich schätze, dass es eine Idee von Julia oder meiner Tante war, dass du herkommst.“
 

„Scheint wohl so.“, stimmte das junge Mädchen ihm zu. „Wenn es dir zu unangenehm ist, gehe ich wieder.“
 

„Nein! Ich bitte dich zu bleiben, wenn du schon gezwungenermaßen hier bist.“

Wieder ein kurzes Schweigen.
 

„Du hast dir also Sorgen gemacht, als du gehört hast, dass ich krank wäre?“
 

„Ja. Ich konnte nicht anders.“
 

„Ich bin froh darüber.“
 

„Wie meinst du das? Ich dachte, ich würde dich nerven.“
 

„Das hast du nie getan. Ich freue mich nur, weil es für mich ein Zeichen ist, dass ich dir nicht egal geworden bin, obwohl ich so hässlich zu dir gewesen bin.“
 

„Du wirst mir nie egal sein, Vaughn. Ganz egal, was ich tue.“
 

„Das habe ich mir schon gedacht. Chelsea, ich…Ich habe keine Übung darin auf andere zuzugehen. So etwas liegt mir nicht. Doch in den letzten Tagen ist mir bewusst geworden, dass ich ohne dich nicht mehr sein kann. Du bist einfach so in mein Leben getreten, eigentlich wollte ich es gar nicht zulassen, aber ich hatte keine Kontrolle darüber. In deiner Nähe fühle ich mich immer so wohl, dass ich Angst hatte, mich mehr diesem Gefühl hinzugeben.“

Mit Reue schaute Vaughn Chelsea an.
 

„Es tut mir echt Leid, wie ich mich dir gegenüber verhalten habe. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“
 

„Vaughn, ich bin…“
 

„Bitte, Chelsea.“ Eindringlich sah er sie an. „Ich möchte dir etwas erzählen, was ich wirklich noch niemandem erzählt habe. Ich bitte dich, mir einfach nur zuzuhören, bis ich geendet habe. Danach kannst du entscheiden, ob du dann noch hierbleiben willst oder nicht. Einverstanden?“
 

Chelsea nickte.

Mit ernstem Gesicht begann Vaughn zu erzählen.
 

„Vielleicht erinnerst du dich noch, wie ich dir gegenüber mal erwähnt habe, dass meine Eltern früh gestorben sind. Da war ich gerade mal 11 Jahre alt. Ich erinnere mich, dass meine Eltern eine harmonische Ehe geführt haben. Ich war deren einziges Kind. Ich liebte meine Eltern über alles. Meine Mutter war wie ein sanfter Engel, und so unbeschreiblich schön. Von jedem Mann wurde sie bewundert. Und mein Vater war so stark. Für mich war er wie ein Held, der mich immer beschützen würde, dementsprechend auch mein Vorbild. Wir lebten in einer Stadt, die recht groß war. Wir hatten viele Nachbarn. Ich genoss das Leben dort. Ich hatte Spielkameraden. Wie viele, weiß ich gar nicht mehr. Ich kann mich nicht an viele glückliche Zeiten erinnern. Als ich 6 oder 7 Jahre alt war, begannen nacheinander die Schattenseiten in mein Leben zu treten.“

Vaughns Augen verdüsterten sich. Am liebsten hätte Chelsea ihn sofort ihn den Arm genommen, blieb aber sitzen.
 

„Mein Vater war Glaser. Er konnte die schönsten Formen aus Glas herstellen, die du je in deinem Leben gesehen hast. Nebenbei stellte er Anhänger her, wie den, den ich dir geschenkt habe. Vermutlich habe ich daher mein handwerkliches Geschick. Wie dem auch sei, mein Vater verdiente mit seiner Arbeit ziemlich gut. Er hatte viele Kunden und auch regelmäßige Kundschaft, die ihm Aufträge erteilten. Alles verlief gut, bis an jenen Tag.

Es war spät abends, als mein Vater seinen Laden abschloss. Kaum war er gegangen, stiegen einige Typen, ich weiß nicht wer, in seinem Laden ein und verwüsteten alles. Ausnahmslos alles ging zu Bruch. Als wäre das nicht genug, zündeten sie am Ende den ganzen Laden an. Das Feuer war meilenweit zu sehen. Mein Vater stand davor und konnte nur dem Zerfall zusehen. Danach veränderte er sich. Der Laden konnte nicht mehr aufgebaut werden. Meine Mutter erfuhr dann auch, dass ihr Mann Spielschulden hatte. Davon hatte sie all die Jahre nichts gewusst. In dieser Nacht hatten wir unser Kapital verloren. Mein Vater ergoss sein Leid in Alkohol. Irgendwann wurde er süchtig. Meine Mutter hatte versucht unser Leben normal weiter laufen zu lassen, mir zuliebe. Jedoch war sie alleine nicht stark genug. Und Verwandte um Hilfe bitten, konnte sie nicht, dafür war sie zu stolz. Knapp ein halbes Jahr später…“

Vaughn schluckte kurz.

„…ist mein Vater zum ersten Mal gewalttätig geworden. Ich erinnere mich noch sehr genau daran, wie ich an einem Abend zu spät nach Hause gekommen bin. Meine Mutter hatte sich Sorgen gemacht. Mein Vater hatte an diesem Abend mehr getrunken als sonst. Aus einer Kurzschlussreaktion heraus, brüllte er mich an, dass ein solches Benehmen nicht akzeptabel wäre. Er bugzierte mich in mein Zimmer und schloss die Tür ab. Meine Mutter wollte hinterher, konnte aber nicht rein. Von da an sah ich nur noch etwas Schwarzes, dass durch die Luft sauste. Plötzlich spürte ich einen Schmerz auf meinem Rücken. Dieser Schmerz wurde immer heftiger. Irgendwann registrierte ich, dass ich weinte und schrie. Ich erkannte, dass mein Vater mich mit seinem Gürtelriemen schlug. Bloß war ich zu klein, um mich zu wehren. Ich hörte meine Mutter weinen. Doch sie konnte nichts dagegen tun. Von da an geschah es häufiger. Ganz egal, was ich anstellte, er fand immer einen Grund. Es hörte erst auf, als meine Eltern bei einem Verkehrsunfall ums Leben kamen. Wie durch ein Wunder hatte ich überlebt. An Einzelheiten erinnere ich mich nicht. Ich kam dann in ein Kinderheim.

Allerdings konnte ich keinen Anschluss finden. Ich war nicht in der Lage jemanden zu vertrauen. Erwachsenen schon gar nicht. Die Erzieher hatten es sehr schwer mit mir, weil ich auch nicht viel sprach.“
 

Vaughn schwieg. Er fühlte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel. Solange brannte es in seiner Seele. Endlich war es raus. Nach kurzem Zögern traute er sich, Chelsea anzusehen.

Sie weinte.
 

„Chelsea, geht es dir gut? Ich…“ Besorgt sprang Vaughn von seinem Stuhl auf, der dabei nach hinten fiel. Der junge Mann ging vor Chelsea in die Knie.

„Chelsea, ich wollte dich nicht erschrecken.“
 

„Bin ich aber. Am meisten allerdings schockiert, dass ein Vater seinem eigenen Kind so etwas Schlimmes antun kann.“ Das junge Mädchen schniefte. Unaufhaltsam flossen ihre Tränen, die gar nicht mehr aufhören wollten.
 

„Chelsea, kann ich etwas tun? Wenn es dir besser geht, kannst du auch gehen.“
 

„Rede doch keinen Unsinn!“, rief Chelsea zwischen ihren Tränen aus.

„Ach, Vaughn. Dann warst du die letzten Jahre immer allein gewesen.“
 

Beide sahen sich schweigend an. Vaughn nickte bestätigend. Dann sprang Chelsea vom Stuhl auf und fiel Vaughn um den Hals. Er verlor für einen Moment sein Gleichgewicht und landete auf seinem Gesäß mit Chelsea in den Armen.

Hemmungslos weinte sie, während Vaughn versuchte sie zu trösten.
 

„Vaughn?“
 

„Ja, Chelsea?“
 

„Darf ich jetzt wieder bei dir sein?“
 

Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Vaughn. Eine Träne rann ihm übers Gesicht.
 

„Ja. Darfst du.“

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„Erstmal möchte ich sagen, dass es mir Leid tut. Das ich dich so abrupt weggeschickt habe, das war ich nicht fair von mir.“
 

Mark und Nathalie saßen auf der Veranda und streichelten geistesabwesend Toto, der an deren Füßen hechelte.
 

„Deswegen brauchst du dich nicht entschuldigen.“
 

„Doch, Mark. Wir sind schon seit einiger Zeit zusammen und trotzdem habe ich mich so mies verhalten. Ich schäme mich.“
 

„Bitte, Nathalie, dafür besteht kein Grund.“
 

„Schon wieder bist du so verständnisvoll. Dabei verdiene ich das nicht immer.“
 

„Wie kommst du darauf? Du bist mir wichtig, Nathalie. Ich habe dich sogar lieber, ja sogar lieber als meine Schwester.“ Aufrichtig sah er sie an.
 

Eine Träne rollte Nathalie übers Gesicht.
 

„Mark, ich…bitte lass mich dir erklären das…Es ist irgendwie noch neu für mich. Ich war so überglücklich und überrascht gewesen, als du mir deine Liebe gestanden hast, dass ich seitdem auf eine unbewusste Art, dennoch fassungslos war. Die ganze Zeit dachte ich, müsste ich jeden Moment aus einem Traum aufwachen, als dies aber nicht geschah, sondern es immer schöner mit dir wurde, habe ich, dass irgendwie nicht mehr begreifen können. Versteh mich nicht falsch! Ich mag dich, sehr sogar und bin wahnsinnig gerne in deiner Nähe. Ich hatte Angst dich zu verlieren. Fast jeden Tag rechnete ich damit. Ich kenne den Grund dafür nicht. Ich weiß ihn nicht.

Doch die letzte Woche ohne dich, habe ich kaum ausgehalten. Ich habe mich danach gesehnt in deinen Armen zu liegen. Ich wollte von dir geküsst werden. Ich wollte, dass du mir meine Angst nimmst, denn ich glaube, dass nur du allein dazu in der Lage bist.

Bitte, Mark. Wenn es nicht zu viel verlangt ist, halt mich bitte fest.“
 

„Meine Nathalie.“ Wie sie es von ihm wollte, zog er das mittlerweile verheulte Mädchen zu sich. Kräftig schlang er seine Arme um sie und drückte sie fest an sich.
 

„Nathalie. Es ist alles gut. Mach dir keine Sorgen. Ich werde immer bei dir sein.“
 

„Ich weiß. Ach, Mark! Ich war so dumm, so dumm. Kannst du mir verzeihen?“
 

„Das brauche ich nicht. Ich selber hatte das Gefühl dich bedrängt zu haben und müsste mich normalerweise bei dir entschuldigen.“
 

„Keineswegs, Mark. Du hast nichts falsch gemacht.“
 

„Dann schlage ich vor, dass wir dieses Zerwürfnis einfach vergessen. Lass uns nochmal von vorn anfangen.“
 

Nathalie schüttelte den Kopf.
 

„Nicht von vorn, Mark. Es gibt nämlich noch was, was ich dir beichten muss.“
 

„Was denn?“ Gespannt sah er seine Freundin an.
 

„Bevor du mich gleich küsst, möchte ich dir sagen, dass…dass ich…Ich liebe dich.“
 

Ohne eine Antwort von Mark abzuwarten, hob Nathalie ihren Kopf und versiegelte seine Lippen mit ihren. Mark, der so überrascht von Nathalies magischen Worten war, fühlte sich einen Moment überrumpelt, bis er schließlich den Kuss erwiderte.
 

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Vaughns Emotionen hatten eine neue Ebene erreicht. Nachdem seine Eltern gestorben waren, hatte er nie irgendeiner Menschenseele von den Schlägereien seines Vaters erzählt. Er hatte immer gedacht, dass er sich dessen, was geschehen war, schämen müsste. In all den Jahren, in denen er andere Kinder aufwachsen sah und sie anscheinend keine Sorgen hatten, wuchs in Vaughn das Gefühl, dass er anders war als die anderen. Mit gleichaltrigen konnte er sich nicht anfreunden. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es den anderen genauso erging wie ihm. Obwohl er in einem Kinderheim aufwuchs und jedes Kind seine eigene traurige Geschichte mit sich herum trug, sah er sich dazu nicht in der Lage andere in seine Nähe zu lassen. Unbewusst hatte er nach wie vor Angst, dieselben Qualen noch einmal zu erleben, obgleich sein Vater nicht mehr am Leben war. Denn wer konnte garantieren, dass nicht auch Fremde dazu in der Lage waren. Somit distanzierte sich Vaughn vom sozialen Umfeld. Er sprach nur, wenn er direkt gefragt wurde, sonst nicht.
 

Doch alles änderte sich, als er auf die Sonnenschein-Insel kam. Er hatte Chelsea getroffen. Ein Mädchen, welches ihn vom ersten Treffen an, verzauberte, ohne es gemerkt zu haben. Er spürte, dass sie irgendwie anders war, als die anderen Mädchen, denen er bisher begegnete. Es musste erstmal eine gewisse Zeit vergehen, bis er bemerkt hatte, dass sie ihm unglaublich wichtig geworden war. Dieses Mädchen, und keine andere, hatte es geschafft, ihn aus seiner Isolation rauszuholen. Vaughn hatte eigentlich nicht vorgehabt, Chelsea von seiner Vergangenheit zu erzählen. Er hatte befürchtet, dass sie sich von ihm komplett abwenden würde. Denn ein geschändetes Kind bekam immer Mitleid. Und Mitleid war im Grunde genau das, was er nicht wollte. Zudem hatte er befürchtet, dass Chelsea ihn wohlmöglich nicht mehr als Mann ansehen würde, wenn sie erstmal davon erfuhr. Wie es aussah, schien aber das Gegenteil der Fall zu sein. Chelsea hatte sich nicht von ihm abgewendet. Ihr Blick war genauso gewesen, wie sie ihn immer angesehen hatte. So freundlich und so offen. Sie machte ihm keinen Vorwurf, für das, was geschehen war. Nach wie vor wollte sie um jeden Preis bei ihm sein.

Und Vaughn ging es ebenso.



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