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Rot-Weiß-Rot im Alphabet

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielleicht wäre es hier günstig den Historischen Kontext (bei Charakteren) sich vor der Lektüre durchzulesen... wenn nicht ihr seit gewarnt worden.
lg, Sternenschwester Komplett anzeigen

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St-Sturz

St-Sturz
 

Klosterneuburg 1216
 

Roderich schreckte auf, als er den Tulmult unterhalb seines Arbeitszimmers hörte. Sofort war er am Fenster und schob die Schweinehaut beiseite. Ein Jammern und Klagen drang an seine Ohren, während er mit ungutem Gefühl einen Blick auf die zusammenlaufende Menge erhaschte. Böses ahnend hechtete er aus dem Zimmer und beeilte sich, den Hof zu erreichen. Unten angekommen traf er auf verschreckte Diener und eine weinende Herzogin. In ihren Armen hielt sie ihren ältesten Sohn, noch ein junger Knabe, welchem allem Anschein nach jegliches Leben aus dem Leib gefahren war. Schockiert über den Schmerz der byzantinischen Mutter und der Tragweite der Geschehnisse merkte Roderich im ersten Moment kaum, wie die restlichen Kinder des Herzogpaares sich um ihn drängten. Wie vergessen im Augenblick der Tragödie standen sie bei ihm. Der achtjährige Heinrich, welcher die Jüngste seiner Schwestern an der Hand hielt. Die zwölfjährige Magarete, die peinlich darauf achtete, dass keine ihrer anderen Schwestern vom gehetzten Gesinde umgerannt wurde. Die junge Constantia, der, wie Roderich nur zu deutlich sehen konnte, die Tränen in die kleinen Augen traten. Allen stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Nur einer hielt sich von den anderen ein wenig im Abseits und beobachtete mit verschlossener Miene Roderich, ohne dass es ihm anfänglich bewusst wurde. Doch dann trafen sich ihre Blicke, und das österreichische Herzogtum überwand den kurzen Abstand zwischen ihnen.

„Was ist geschehen, Friedrich?“, fragte Roderich ohne Umschweife. Der fünfjährige Knabe wiegte den Kopf leicht zu Seite.

„Leopold ist vom Baum geflogen.“, erwiderte er dann kurz angebunden, bevor er wieder einen Blick zur Mutter warf, die vor Gram geschüttelt das tote Kind hin und her wog. Für eine Weile schwiegen sie beide, während auch die anderen Kinder, welche allmählich begriffen, dass ihr ältester Bruder nie wieder mit ihnen spielen würde, ebenfalls zu klagen und weinen anfingen. Nur Friedrich blieb stumm, bis er sich wieder der Personifikation des Landes seines Vaters zuwandte.

„Er wird nie wieder zurückkommen, oder?“

Roderich hob eine Braue über den nüchternen Tonfall des jungen Herzogsohnes. Behutsam kniete er vor dem Jungen, um mit ihm auf einer Augenhöhe zu sein.

„Nein, junger Friedrich. Dein Bruder steht nun vor der Pforte Petri.“

Auch in Roderich stieg allmählich der Schmerz des Verlustes auf. Er hatte den Ältesten der Herzogssöhne gern gehabt und auch immer wieder gebetet, dass der Knabe ein würdiger Nachfolger seines Vaters werden möge. Doch offenbar würde es in der nächsten Generation keinen Leopold den Siebten geben.

Der jüngste männliche Spross beobachtete weiterhin aufmerksam seine Miene und Roderich fragte sich, was wohl hinter dem Blick des jungen Knaben lag. Ein Blick, den ein Fünfjähriger nicht haben sollte und Roderich wurde schlagartig bewusst, dass nun, wo Leopold tot war, Heinrich und Friedrich in der Erbfolge vorrückten. Ein Gedanke, der Roderich Unbehagen bereitete, ohne dass er genau wusste, wieso. Vielleicht lag es am hitzigen und streitlustigen Gemüt der beiden Burschen, vielleicht war es aber auch einfach eine ungute Vorahnung.

„Kommt.“

Ohne zu fragen griff das österreichische Herzogtum nach der Hand des jungen Friedrich und versuchte Blickkontakt zu Margarete herzustellen, die erfolgreich die weinende Kindermeute um sich versammelt hatte. Mit einem Nicken signalisierte er, dass sie ihm folgen sollten und führte die Nachkommen seines Herzoges vom Ort des Geschehens.

In seiner späteren Geschichte wurde Roderich oft mit Ereignissen konfrontiert, wo er sich die bekannte Frage „Was wäre wenn…“ stellte. Doch auch Jahrhunderte danach, als viele seiner Landkinder die Tragödie von 1216 in Klosterneuburg vergessen hatten und nur noch die Mönche des Stiftes Klosterneuburg sich an den Tod des jungen Herzogsohnes erinnerten, fragte sich Roderich oft in dunklen Stunden, ob das Schicksal einen ähnlichen Verlauf genommen hätte, wäre Leopold nicht den Baum hinuntergestürzt und hätte sich dabei das Genick gebrochen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Betagelesen von KahoriFutunaka Komplett anzeigen

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