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Rot-Weiß-Rot im Alphabet

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Salute, melde mich zurück mit dem fünften Begriff. Für diejenigen welche auch meine Übersetzungen lesen, kann ich ankündigen das ich hoffentlich im Laufe nächster Woche, wiedermal was posten kann.
Nun gut…
Den Begriff Geisel habe ich unter folgenden Punkt, als Inspiration benutzt:

„In der Geschichte wurden Menschen zur Gewähr, dass ein Vertrag eingehalten wird, bei der anderen Partei als Geisel genommen und mussten dort leben. Oft handelte es sich um Söhne vornehmer Vertreter tributpflichtiger Staaten. Diese wurden im Gastland normalerweise ehrenvoll behandelt und erzogen.“ (Quelle: wikipedia.de)

Nun das römische Reich ist vor ein paar Jahrhunderten gefallen. Die verschiedensten Stämme haben sich auf (heutigen-) österreichischem Territorium niedergelassen und sich mit der keltisch-romanischen Bevölkerung vermischt. Die Alpenslawen beginnen am Ende des 6 Jahrhunderts mit der Errichtung eines Fürstentums (welches für die spätere Entwicklung Kärnten eine bedeutende Rolle spielen wird) auf kärntnerischen Boden (und ein wenig drüber hinaus). Dieses Fürstentum wird besonders ab den Ende des 7 Jahrhundert von den Awaren, ein Reitervolk aus dem Osten, bedroht. Um der Bedrohung Herr zu werden, wandte man sich an Bayern, was eine schleichende christliche Missionierung mit sich brachte und dazu führte das Karantanien ( der Name dieses Fürstentumes) immer mehr in Abhängigkeit von Bayern geriet. 772 schlug Tassilo III, Herzog von Bayern einen Aufstand in Karantanien blutig nieder und überführte das Fürstentum endgültig unter bayrischer Oberhoheit. Somit verlor Karantanien völlig seine Unabhängigkeit und wurde später vor der Erhebung zum Herzogtum Kärnten (976) als karantanien Mark in den Analen geführt.

Gut, nun zu den Protagonisten:
Katharina -> späteres Kärnten, jetzt jedoch Karantanien
Theodor-> Bayern, ich entliehe ihn mir von KahoriFutunaka aus ihrer FF „Österreich-Ungarn“
Norikum->ehemaliges keltisches Königreich und römische Provinz. Ich lasse sie hier noch erschienen obwohl das römische Reich schon untergegangen ist, nach der Idee das die alten Länder (Rom, Gaul, Britannia,…) noch ein wenig bei ihren Nachkommen geblieben sind, bis diese halbwegs auf eigenen Beinen stehen konnten.

Physisches Alter der Protogonsiten:
Katharina-> ungefähr 9 Jahre
Theodor->ungefähr 11 Jahre
Roderich-> ungefähr 3 Jahre
Norikum-> junge Frau Mitte zwanzig. Komplett anzeigen

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G-Geisel

772 - Karantanien - Nähe des Zentrums des Fürstenums.
 

"Nun?"
 

Bayern saß hoch zu Ross und schaute auf das knochige Mädchen herab, welches einen kleinen Jungen an der Hand hielt.

"Gib uns bitte noch ein wenig Zeit."

Ihre Stimme zitterte nicht ein einziges Mal und auch äußerlich blieb sie ruhig. Doch die Angst und die Verzweiflung über den kommenden Abschied schnürte ihr die Kehle zu.

Wie so oft in den letzten Tagen wünschte sie sich ihre Mutter an ihrer Seite. Doch seit Bayern den Aufstand blutig niedergeschlagen hatte, blieb Norikum verschwunden. Katharina hob den Kopf zum Himmel und schloss die Augen, als sie den Wind in ihrem Haar spürte.
 

~*~
 

Der Rauch kratzte noch immer unangenehm in der Kehle, doch sie zwang sich es zu ignorieren und weiter ihrer Mutter hinterher zu laufen. Roderich war nach einem Fall auf der Treppe, am Anfang ihrer Flucht, ohnmächtig geworden und lag schlaff auf Katharinas Rücken. Die brennende Stadt hinter ihnen erleuchtete ihren Weg zum Wald. Norikum sah sich ängstlich um, während sie in der Hand immer noch den schweren Hammer aus der Schmiede hielt.

Sie war zwar nie eine Kriegerin gewesen wie Gaul oder Britannia, aber ein Schmiedehammer konnte, wenn man wusste wie, eine bedrohliche Waffe sein.

Katharina war, als sie noch kleiner war, immer ganz fasziniert in der Nähe des Ambosses gestanden und hatte mit Erstaunen beobachtet, wie ihre Mutter aus einem unscheinbaren Stück Eisen handwerkliche Schönheiten herstellte. Da war es egal, ob sie nun eine Gladius (römisches Kurzschwert) oder eine einfache Sichel herstellte. Wenn es um Schmiedekunst ging, war ihre Mutter mit einer besonderen Gabe beschenkt worden, welche weder sie noch soweit sie es feststellen konnte Roderich geerbt hatte.
 

Neben den Schreien und dem Waffenlärm hinter ihnen hörte Katharina neben sich, wie eine Gruppe bewaffneter Reiter auf sie zu preschte. Wenn sie noch Glück hatten, würden sie den Wald erreichen, bevor sie die Männer eingeholt hatten. Das Adrenalin, welches von Beginn des Überfalles in ihren Adern rauschte, spornte das Mädchen noch zu einem letzten Sprint an.

Sie holte ihre Mutter ein und gemeinsam versuchten sie, ihre Verfolger abzuschütteln. Doch egal wie sehr sie sich bemühten, immer nach kurzer Zeit hatten die Männer ihre Fährte wieder gefunden und aufgenommen.
 

Vor einem mächtigen Felsen, welcher von großen Tannen und Fichten umringt war, hielt Norikum an und presste die Kinder und sich in den Schatten des Steines. Roderich war noch immer nicht aufgewacht und wenn Katharina es sich überlegte war es besser so. Angespannt lauschten die zwei in die Dunkelheit des Waldes. Rund um sich herum hörten sie, wie sich die Männer auf ihren Pferden bewegten. Selbst wenn die Verfolgungsjagd durch dieses Gelände für Ross und Reiter eine Herausforderung war, hatten die Männer ihren Abstand zu ihnen verringert. Katharina spürte, wie zwei raue Hände sie von sich wegschoben und sie sah ins Gesicht ihrer Mutter auf.

Selbst wenn ihr braunes Haar wirr stand, der Schweiß auf ihrer Haut sich mit dem Ruß und dem anderen Schmutz vermengt hatte und auch wenn die Hände auf ihren Schultern zitterten, gab ihr der Blick in die violetten Augen ihrer Mutter ein Gefühl von Sicherheit. In diesem Moment kam ihr das Gefühl, als würde die Zeit hier am Rande des Waldes plötzlich langsamer werden um dann völlig stehen zu bleiben.

"Hör mir zu Katharina, nimm den Kleinen... Du weißt doch noch, wo die Höhle war, die ich dir vor einiger Zeit gezeigt habe?"

Das Mädchen nickte kurz und erahnte ein wenig, was die Ältere von ihr wollte.

"Gutes Mädchen... also du nimmst den Kleinen und rennst so schnell wie möglich dorthin. Ihr bleibt dort bis ich wieder bei euch bin. Hast du das verstanden?"

"Aber die Männer?" Mühsam schluckte Karantanien ihre Angst herunter. "Was ist mit den Männern?"

Die Mundwinkel ihrer Mutter hoben sich leicht zu einem traurigen Lächeln.

"Ich werde versuchen, sie aufzuhalten."

Norikum ignorierte den erschrockenen und verzweifelten Blick ihres Mündels.

"Shhh, sag jetzt nichts Mädchen. Ich werde euch so schnell wie möglich wieder einholen. Vertraue mir, wir werden uns wiedersehen."

Sanft wischte sie eine Träne von der Wange der Braunhaarigen.

"Du weißt wie sehr ich dich und Roderich liebe, nun lauf schon Mädel."

Katharina fühlte noch, wie Lippen ihr einen Kuss auf die schmutzige Stirn hauchten und sie bestimmt aus der Nische geschoben wurde. Plötzlich setzte sich die Zeit wieder in Bewegung. Sie spürte einen Schubs im Rücken und begann wie ferngesteuert zu rennen.

Während sie auf das Unterholz zusteuerte, hörte sie, wie die Männer sich was zuschriehen und ihre Pferde in ihre Richtung lenkten. Das letzte was sie noch sah, als sie sich noch einmal umdrehte, war wie sich die hochgewachsene Gestalt den galoppierenden Pferden in den Weg stellte, den Hammer zum Schlag erhoben.
 

Sie wusste nicht, wie sie es schaffte, die Höhle zu erreichen. Ihr taten alle Körperteile weh, ihre Lunge brannte und sie spürte einen tiefen Schmerz in der Seele. Norikum hatte ihr prophezeit, dass dies kommen würde. Es war das noch zerbrechliche Band zwischen ihr und dem, was sie repräsentierte, welches ihr unter diesen Umständen die Schmerzen bereitete.

Doch was würde aus ihr werden?

Konnte Karantanien weiter bestehen, würde sie überleben? Was war mit ihrem Bruder?

Mit diesen quälenden Fragen sank sie mit dem kleinen Jungen auf das provisorische Lager, welches vor ein paar Monaten hergerichtet wurde, als die politische Situation sich zuzuspitzen drohte. Vorsichtig ließ sie Roderich von ihrem Rücken auf die Felle gleiten, legte sich neben ihn und schlief von den Überanstrengungen auf der Stelle ein.
 

~*~
 

"Gut, aber mach schnell. Ich habe nicht ewig Zeit."

Mit einer Anmut, die man ihrem ausgezehrten Körper nicht zugetraut hätte, kniete sie sich zu dem Jungen herab. Sie nahm seine kleinen Hände in die ihrigen und raunte ihm so leise, dass nur er es hören konnte. Ihre Stimme klang auf einmal viel erwachsener als sonst.

"Roderich... hör mir zu, nein weine nicht... hör mir nur zu. Du wirst jetzt mit Bayern gehen. Du wirst mit ihm in sein Land gehen. Sei immer brav und artig. Gehorche ihm so wie du mir gehorcht hast. Du wolltest doch immer einen großen Bruder... nun dann ist er ab heute dein neuer Bruder. Hast du mich verstanden?"

Der Kleine nickte schüchtern und sah zu dem jungen Herzogtum auf. Die Angst war in seinen violetten Augen deutlich zu sehen. Noch zu gut hatten sich die Bilder der letzten Tage ins Hirn eingebrannt. Das Feuer, welches die Häuser auffraß, der Rauch, welcher von den Dörfern aufstieg, die Schreie der Verzweifelten, die versuchten ihr Leben zu retten, und das viele Blut.

Warum schickte ihn dann seine Schwester mit diesem Land weg, welches für die Gräueltaten verantwortlich war?

Warum konnten sie nicht zusammen leben wie bisher?

"Große Schwester, wo ist Mama?"

Eine Frage, die der Kleine nun schon seit Tagen stellte. Dicke Tränen drohten ihm über die Wangen zu kullern.

-Nein, Roderich, bitte wein nicht, mach es nicht noch schlimmer-, dachte sich Karantanien, als sie mit einer Hand über die Wange ihres Bruders strich und sprach mit erstickter Stimme.

"Mutter kommt nicht mehr."

"Warum nicht?", flüsterte der Kleine.

"Sie musste zu ihren Schwestern zurückkehren. Du weißt schon, den wilden Frauen in den Bergen."

"Warum hat sie uns dann nicht mitgenommen?", fragte Roderich mit seiner hohen Stimme nach.

"Roddy, das habe ich dir nun schon tausendmal erklärt.", seufzte Katharina und setzte sich nun endgültig ins Gras, dabei zog sie ihren kleinen Bruder auf den Schoß. Bayern fand in der Zwischenzeit eine Wolke über ihnen überaus interessant und vergaß für eine Weile die zwei Gestalten unter ihm am Boden.

"Noricum ist eine salige Frau, und wenn eine salige Frau beschließt, unter den Menschen zu leben, gibt es gewisse Verbote, welche nicht übertreten werden dürfen."

Während sie sprach, strich sie sanft über das braune Haar des kleinen Geschöpfes und wiegte es leicht hin und her. Roderich vergrub sein Gesicht in die Haarmähne seiner Schwester, welche die gleiche Farbe hatte wie das seinige und lauschte gebannt.

"Du weißt doch, Mama hatte so langes, schönes braunes Haar. Und immer wenn wir schlafen gingen ließ sie es von der Bettkante hängen... Das musste sie tun, denn wenn jemand das Haar während eine salige Frau schläft ins Bett holt, muss diese am nächsten Morgen schweigend alle verlassen, die sie liebt, und zurück zu ihren Schwestern in die Berge gehen."

"Aber Mama hat doch immer darauf geschaut, dass ihr Haar immer aus dem Bett hängt ist.", warf Roderich ein.

"Ja, aber leider hat sie darauf vergessen, als sie mit uns in den Unterschlupf geflohen ist. Sie hatte vergessen, ihr Haar von dem Lager aus weg zu streichen und so musste sie uns am nächsten Tag verlassen."

Vorsichtig küsste sie ihren Bruder auf den Kopf.

Der Kleine machte ein nachdenkliches Gesicht.

"Wenn Mama eine wilde Frau war, musst du dann auch gehen, wenn jemand dein Haar zurück ins Bett hebt?"

Katharina musste trotz ihrer Trauer kurz auflachen, was wiederum Bayerns Aufmerksamkeit wieder zurückholte.

"Wer weiß das schon, kleiner Bruder?"

"Seid ihr nun endlich fertig? Ich sollte nun endlich zu den Meinigen zurück.", maulte Bayern vom Pferd aus. Katharina warf ihm einen tödlichen Blick zu, welchen dieser gelangweilt übersah. Sie stand vorsichtig auf, wobei sie ihrem Bruder auf die Beine half. Erneut bückte sie sich zu ihm runter.

"Vergiss niemals, was ich dir gesagt habe, und dreh dich bitte nicht um. Sag ab jetzt kein Wort mehr.", flüsterte sie ihm zu, bevor sie ihn hochhob, und ihn noch einmal an sich drückte. Noch bevor der Kleine wusste, wie ihm geschieht, hatte ihn Katharina vor Bayern aufs Pferd gehoben und war zurück getreten. Mit zornigen Augen funkelte sie den Bayern an und hob drohend die Hand. "Wehe ihm geschieht etwas. Ich komme dann persönlich vorbei, um dir die Eingeweide an einem Baum zu nageln. Hast du mich verstanden!"

Ihre Stimme ließ keinen Zweifel, dass sie ihre Drohung im Falle des Falles wahr machen würde. Das Herzogtum musste schlucken, bevor er nicht ganz so forsch wie er es beabsichtigt hatte antwortete:

"Halt du dich an unsere Bedingungen, Karantanien, und er wird ein gutes Leben bei mir haben. So läuft das nun mal mit politischen Geiseln."

Als Bayern das Pferd wendete, machte Roderich kurz den Mund auf, um noch etwas zu sagen, verstummte jedoch augenblicklich unter dem flehenden Blick seiner Schwester.
 

~*~
 

Katharina sah dem Reiter und seinem Schützling noch lange nach, bevor sie sich abwand und zu der Holzfestung ging, wo noch vor kurzem die Friedensverhandlungen mit Bayern abgehalten wurden.
 

Ab heute musste sie so schnell wie möglich lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ihre Mutter blieb nach der gemeinsamen Flucht verschwunden, und Katharina hatte den Verdacht, dass ihre Mutter schon seit einer geraumen Zeit wusste, dass ihre Zeit gekommen war zu gehen. Doch obwohl der Verlust ihrer Mentorin sie schmerzte, so war sie froh über jeden Tag, welchen sie als kleine Familie zusammen verbracht haben. Alles, was nun zu tun war, war ihren Weiterbestand zu sichern. Sie würde sich Bayerns Forderung unterwerfen, auch wenn dieser Schritt ihre restliche Unabhängigkeit kostete. Roderich würde es im Gefolge des Herzogtum Bayern gut gehen, soweit zweifelte sie nicht am Wort von Theodor. Sie blieb noch einmal stehen und sah in den Himmel, die Arme auf den Hüften gestützt. Vielleicht würde er dann auch seine Bestimmung finden...


Nachwort zu diesem Kapitel:
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