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Here We Are Now (Entertain Us)

Steve/Tony
von

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Assemble!

Anmerkungen:

Dies ist wieder eines dieser „Moment... wo kommen plötzlich die letzten 4000 Wörter her?“-Kapitel. Ich habe absolut keine Ahnung, warum dieser Teil so lang geworden ist, ich schwöre...!
 

Ich möchte mich außerdem noch mal für den fiesen Cliffhanger im letzten Kapitel entschuldigen.

Es geht in diesem Teil leider auch erst mal (relativ) unromantisch weiter, weil ich es für angebracht hielt, die Romanze vorerst dem Plot zu opfern.

Außerdem springt die Handlung etwas hin und her (die Reihenfolge der einzelnen Abschnitte entspricht nicht zwangsläufig auch der Reihenfolge, in der die darin beschriebenen Ereignisse stattfinden), aber ich bin mir sicher, dass ihr da schon durchblicken werdet. ;)
 

Im Allgemeinen hat mich das Kapitel ein bisschen in den Wahnsinn getrieben und ich habe manche Teile noch mal komplett umgeschrieben, weil sie mir nicht gefallen haben. Mit dem Ergebnis bin ich zwar immer noch nicht gänzlich zufrieden, aber ich habe keine Lust mehr, noch weiter daran rumzufummeln, also müsst ihr euch leider mit dieser Version begnügen. - Tut mir leid. ;)
 

Zum Kapitel:

Während Tonys Leben an einem seidenen Faden hängt, trommelt Steve ein Team von Superhelden zusammen, um die Zerstörung der Stadt zu verhindern... und denjenigen aufzuhalten, der seinem Team wehgetan hat.

Außerdem hat Bruce wieder mal ein Schuhproblem, Reed ist einfach nur wahnsinnig und es läuft mal wieder nichts, wie geplant (aber das überrascht vermutlich niemanden).
 

Zur Info: Wer mit einzelnen Namen/Charakteren in diesem Teil nichts anfangen kann - ich habe alle Personen noch mal kurz in der Charakterübersicht vorgestellt. :)
 


 

*~*~*
 

 

„... Sie mich? Sir?“

Eine leise, aber hartnäckige Stimme weckte ihn. Tony versuchte, sie in die hinterste Ecke seines Bewusstseins zurückzuscheuchen, damit er sich wieder der wundervollen Dunkelheit hingeben konnte, aus der sie ihn geholt hatte.

Doch die Stimme hatte nicht vor, ihn in Ruhe lassen.

„Sir, die Sensoren der Rüstung zeigen mir an, dass Sie wach sind! Bitte sagen Sie etwas! – Sir!

Tony stöhnte leise. Es gab nur einen, der so beharrlich sein konnte...

„JARVIS...?“, murmelte er, und versuchte, die blutverklebten Augen zu öffnen.

„Sir!“, rief JARVIS voller Erleichterung aus.

Tony hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass seine KI überhaupt in der Lage war, erleichtert zu klingen. Einen kurzen Moment lang war er stolz auf sich und seine Programmierfähigkeiten.

„Was... ist passiert?“, fragte er dann mit rauer Stimme und hustete. Er versuchte, seine Arme zu bewegen, aber sie rührten sich keinen Millimeter. „Wieso ist es so dunkel?“

„Die Energie der Rüstung ist fast aufgebraucht, Sir“, berichtete JARVIS. „Ich war so frei, alle laufenden Programme, die keine unmittelbar lebenserhaltenden Funktionen haben, abzuschalten. Im Moment sind nur noch der Elektromagnet in Ihrer Brustpanzerung, sowie das Display Ihres Helms in Betrieb, und auch bei ihm habe ich die meisten Funktionen deaktiviert.“

Tonys Mut sank. Die Bilanz war sehr ernüchternd...

Und es musste wirklich schlecht um ihn stehen, wenn JARVIS sogar schon Teile vom Interface abgeschaltet hatte.

„Was bedeutet ‚fast aufgebraucht‘?“, fragte er dann. „Wie viel Energie habe ich noch?“

„Etwa 0,3% der Normalleistung, Sir. Ihr letzter Angriff hat den ARC-Reaktor überladen und ich musste auf die Notstromreserven zurückgreifen.“

Verdammt. Das war in der Tat nicht mehr viel...

„Okay“, sagte er und zwang sich, ruhig weiter zu atmen. „Okay... Wie lange komme ich damit noch aus?“

„Etwa eine halbe Stunde, Sir“, erwiderte JARVIS. „Oder sechs Stunden.“

„Wie, eine halbe Stunde oder sechs Stunden?“ Die Antwort irritierte Tony. „Das ergibt keinen-“

„Sechs Stunden, wenn Sie auch mich deaktivieren“, unterbrach JARVIS ihn höflich. „Wozu ich Ihnen dringend raten würde, Sir. Meinen Berechnungen zufolge sind Sie derzeit unter mehr als vierzig Tonnen Schutt begraben, es wird also eine Weile dauern, bis man Sie gefunden hat. Und meine Software verbraucht zu viel von Ihren Energiereserven.“

„Dich... deaktivieren?“, fragte Tony leise. Obwohl er wusste, dass JARVIS danach noch weiterhin auf seinen anderen Computern existieren würde, rührte ihn das Angebot in diesem Moment doch sehr.

„Ja, Sir. Ich möchte zuvor allerdings noch einen Teil der Restenergie Ihrer Rüstung dafür nutzen, Ihre momentane Position per Funk an Ihr Team weiterleiten. Mit genügend Strom sollte das Signal stark genug sein, um die Trümmer zu durchdringen.“

Tony ging einen Moment lang die Liste seiner Optionen durch – lang war sie nicht – und er erkannte schnell, dass dies vermutlich seine einzige Chance war, gefunden zu werden.

„Alles klar“, seufzte er, auch wenn es bedeutete, dass er dann für unbestimmte Zeit allein in dieser Finsternis ausharren musste. „Zapf so viel ab, wie du brauchst.“

„Ja, Sir“, sagte JARVIS. „Danke, Sir. Außerdem würde ich Ihnen während meiner Abwesenheit davon abraten, den Helm zu öffnen. Die Luft ist immer noch voller Staub, und ohne die Filter in der Maske würden Sie bald ersticken.“

Tony bezweifelte, dass er es überhaupt schaffen würde, den Helm abzunehmen, wenn er es wollte, denn er konnte weder seine Arme noch seine Beine bewegen. Er war auf einmal beinahe froh darüber, dass das Display nicht mehr funktionierte, denn das Wissen darüber, wie groß der Druck des Betonschutts auf seine Panzerung war, hätte ihn ohne Zweifel in Panik versetzt.

„Ich denke, das sollte ich schaffen“, meinte er nur und hustete abermals.

Dann lachte er leise. „Ich schwöre, wenn all das hier vorbei ist, schmeiße ich den Job hin.“

„Gewiss, Sir“, antwortete JARVIS geduldig. „Auch wenn ich meine, mich erinnern zu können, dass Sie das die letzten drei Male auch schon gesagt haben.“

„Hältst du das wirklich für den richtigen Zeitpunkt, um sarkastisch zu werden?“, entgegnete Tony scherzhaft.

JARVIS schwieg nur diplomatisch und Tony seufzte.

„Na ja, was auch immer... Also dann, JARVIS. Leg los. – Und viel Erfolg.“

„Danke, Sir“, erwiderte die KI und Tony meinte, so etwas wie Bedauern in ihrer Stimme zu hören. Dann summte die Leitung einen Moment lang und kurz darauf war es still.

JARVIS hatte sich abgeschaltet.

Seufzend schloss Tony die Augen und lauschte seinem eigenen, unregelmäßigen Herzschlag, sowie dem Knacken des Trümmerhaufens über ihm, der noch immer nicht zur Ruhe gekommen war.

Wie lange er wohl bewusstlos gewesen war? Zwanzig Minuten? Zwei Stunden?

Er ärgerte sich einen Moment lang darüber, dass er JARVIS nicht gefragt hatte.

Und wie es wohl um die anderen stand? Ob sie Hilfe von ihren neuen Verbündeten bekommen hatten und ihren Angreifer hatten vernichten können?

Oder waren auch sie mittlerweile besiegt worden?

Ob New York über ihm brannte und seine Freunde einer nach dem anderen starben, während er hier in der Dunkelheit begraben lag?

Tony hasste es, nicht zu wissen, was vor sich ging. Und noch mehr hasste er es, nichts tun zu können.

Hätte sein Energielevel zehn oder wenigstens noch fünf Prozent betragen, hätte er es vielleicht gewagt, sich seinen Weg aus dem Schutt freizuschießen. Doch mit der wenigen Energie, die er noch hatte, konnte er nichts weiter tun, als dazuliegen und zu hoffen, dass die anderen ihn fanden, bevor ihm auch das letzte bisschen Strom ausging und die Granatsplitter in seiner Brust sein Herz erreichten.

Gott, er hoffte, dass Steve und die anderen noch lebten...

Denn wenn sie es nicht taten, legte er auch keinen Wert darauf, gefunden werden.
 

*~*~*
 

Nachdem nicht weit von ihnen entfernt ein weiteres Gebäude eingestürzt war und die Station endlich wieder aufgehört hatte zu beben, stand Steve schließlich auf.

Ihm war immer noch etwas schwindelig, aber er fühlte sich nicht mehr ganz so furchtbar, wie noch eine halbe Stunde zuvor, und als Clint ihm anbot, sich auf seine Schulter zu stützen, winkte er nur ab.

„Superserum“, stieß er hervor, als er den verwirrten Blick des anderen sah. „Gib mir... gib mir noch ein paar Minuten, dann bin ich wieder fit.“

Er kannte seinen Körper gut genug um zu wissen, dass er um einen Besuch beim Arzt trotzdem nicht herumkommen würde. Aber dank seiner hohen Selbstheilungsrate würde er sich vorerst wieder für eine Weile auf den Beinen halten können.

Er nahm seinen Schild und sah Clint fragend an.

Der andere gab ein resigniertes Seufzen von sich. Doch dann nickte er.

„Was du auch vorhast, ich folge dir, Cap“, sagte er, und griff seinerseits mit seinem unverletzten Arm nach Bogen und Köcher. „Außerdem geht die Welt vermutlich eh unter, also können wir genauso gut noch ein letztes Mal versuchen, das Ding vom Himmel zu pusten.“

Steve schenkte ihm ein dankbares Lächeln.

Sie schritten vorsichtig zwischen den am Boden sitzenden Menschen hindurch, die ihnen hoffnungsvolle Blicke zuwarfen und sie beim Vorbeigehen berührten, als wollten sie ihnen dadurch Glück wünschen. Die stumme Geste erfüllte sie mit neuer Zuversicht, und als sie den Ausgang schließlich erreicht hatten, war Steve fest entschlossen, alles zu geben, um die Stadt zu retten.

„Tony!“, rief er, sobald sie wieder an der Erdoberfläche waren. „Natasha! Wo seid ihr? Gebt eure Positionen durch!“

Einen Moment lang rauschte es nur in der Leitung, und Steve befürchtete schon, dass sie zu spät waren. Doch dann meldete sich Natasha zu Wort.

„Romanoff hier“, sagte sie, und Clint stieß einen kleinen Jubelschrei aus, während Steve vor Erleichterung aufseufzte. „Ich befinde mich gerade an der Ecke 57. Straße und Fifth Avenue.“

„Und Tony?“, fragte Steve mit angespannter Stimme.

„Negativ“, entgegnete Natasha. „Tut mir Leid, Cap, aber seit seinem Absturz habe ich nichts mehr von ihm gehört.“

Steve schloss die Augen. Er hatte es zuvor zwar schon vermutet, aber das machte den furchtbaren Schmerz in seinem Inneren trotzdem nicht besser.

„Können wir etwas für ihn tun?“, fragte Clint.

„Ich habe keine klare Sicht auf seine Absturzstelle“, teilte Natasha ihm mit. „Die Staubwolke hat sich bisher nicht wieder gelegt. Aber da er sich immer noch nicht zurückgemeldet hat, befürchte ich, dass er unter den Trümmern eingeschlossen ist.“

Steve öffnete langsam wieder die Augen.

„Dann werden wir ihn da rausholen“, meinte er mit leiser, aber fester Stimme.

Er legte den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel empor, der von den Flammen der brennenden Gebäude erhellt wurde.

„Aber zuvor müssen wir dieses Ding aufhalten“, fuhr er fort. „Solange es die Stadt angreift, werden wir nicht viel Gelegenheit bekommen, uns um ihn und alle anderen Überlebenden zu kümmern.“

Er sah Clint an.

„Begib du dich zu Natasha“, wies er ihn an. „Ich weiß nicht, ob du mit deiner Verletzung viel ausrichten kannst, aber ich kann ein zweites Paar Augen auf den Dächern gut gebrauchen.“

Der andere nickte kurz. „In Ordnung.“

Er lief jedoch nicht sofort los, sondern zögerte einen Moment, bevor er fragte: „Und was hast du vor, Cap? Wie willst du es besiegen? Selbst die entfesselte Energie von Starks ARC-Reaktor konnte nichts ausrichten.“

Steve wandte den Blick ab.

„Ich werde mir schon etwas einfallen lassen“, meinte er nur. Seine Stimme wurde leiser. „Vertraut mir. Wir werden siegen.“

„Uhm... okay...?“ Clint sah ihn fragend an, aber als er das Funkeln in Steves Augen sah, hakte er nicht weiter nach, sondern machte sich auf den Weg.

Sobald der andere außer Sichtweite war, schaltete Steve seinen Kommunikator aus.

Er hasste es, seinem Team wichtige Details vorzuenthalten, aber sie waren erschöpft und verletzt, und er wollte sie nicht unnötig in Gefahr bringen.

„Ich weiß, dass du da bist“, sagte er dann ruhig. „Du brauchst keine Angst zu haben.“

„Ich habe keine Angst“, ertönte ein helles Zirpen, und eine winzige Gestalt mit filigranen, libellenartigen Flügeln flatterte plötzlich auf ihn zu und umschwirrte Steves Kopf.

„Hallo, Ms. van Dyne.“ Er lächelte.

„Hallo, Cap“, zwitscherte sie, und eine junge Frau, nicht größer als sein Zeigefinger, landete auf seiner ausgestreckten Hand und ließ munter die Beine baumeln. „Und ich habe dir schon bei unserer letzten Begegnung gesagt, dass du Janet zu mir sagen kannst.“

Dann machte sie ein betrübtes Gesicht „Wir haben den Notruf gehört. Tut mir leid, das mit deinem Freund. Wir haben erst spät von den Attacken erfahren und konnten leider nicht mehr eingreifen...“

„Das ist... schon okay“, meinte Steve, doch er musste dabei schlucken, und sie schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. „Wenigstens seid ihr jetzt hier. – Wo ist Hank?“

„Auf dem Weg“, entgegnete sie. „Er hat noch ein paar Geräte eingepackt, die vielleicht von Nutzen sein werden.“

„Sehr gut.“ Er nickte. Hank Pym besaß umfangreiches Wissen in verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen, und es konnte nie schaden, jemanden da zu haben, der Ahnung von solchen Dingen hatte.

„Wie lautet der Plan?“, fragte Janet.

Steve überlegte. „Wir warten erst einmal ab. Ich bin mir sicher, dass noch andere den Ruf gehört haben und auf dem Weg zu uns sind.“

„Aber wie sollen sie uns bei all dem Chaos finden?“, gab sie zu bedenken und legte den Kopf schief.

Steve sah sie unsicher an. Daran hatte er gar nicht gedacht. „Nun ja... du hast uns gefunden.“

„Ja, aber ich habe euch auch nur durch Zufall gesehen, nachdem ich beinahe vorbeigeflogen wäre“, meinte Janet und schüttelte den Kopf.

„Hm“, machte Steve und dachte einen Moment lang nach.

Dann kam ihm plötzlich eine Idee und er begann zu lächeln. Er hielt seine Hand dicht vor sein Gesicht und musterte Janet eingehend.

„Der Mechanismus, der dich schrumpft...“, sagte er schließlich, „... er funktioniert auch in die andere Richtung, oder? Du kannst dich damit auch größer machen...?“

Ihre Augen leuchteten auf, als sie begriff, worauf er hinauswollte.

„Normal groß oder groß groß?“, fragte sie.

„Ich weiß nicht.“ Steve lächelte. „Wie viel gibt das Gerät denn her...?“

 

*~*~*
 

Clint fluchte ungehemmt, als er die letzten Stufen zur obersten Etage des Hochhauses hinaufwankte.

Durch den Angriff auf die Stadt war der Strom ausgefallen und damit auch alle Fahrstühle im Gebäude, und er hatte die schier endlose Treppe zu Fuß hinaufsteigen müssen. Zwar war er alles andere als unsportlich, aber in seinem momentanen Zustand hatte er alle fünf Stockwerke haltmachen und sich keuchend an die Wand lehnen müssen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren.

„Natasha...!“, rief er mit heiserer Stimme in den Kommunikator. „Ich bin da...“

Dann lehnte er sich an die Betonwand und ließ sich daran zu Boden gleiten, während er hoffte, dass die Übelkeit sich wieder legte, die in ihm aufgestiegen war.

Es dauerte keine zehn Sekunden, da flog auch schon die Tür auf, die auf das Dach hinausführte, und Natasha kam auf ihn zu und kniete vor ihm nieder.

„Oh mein Gott, Clint...“, murmelte sie. Sie umfasste sein Gesicht mit den Händen und musterte ihn voller Sorge, bevor sie ihn in eine kurze Umarmung zog, die ihn vor Schmerz aufstöhnen ließ.

„Sachte!“, ächzte er. „Mein Arm...“

Sie ließ wieder von ihm ab und schüttelte dabei den Kopf.

„Sei nicht so ein Baby“, erwiderte sie nur, doch ihre Stimme war voller Wärme.

Anschließend öffnete sie eine Tasche an ihrem Gürtel und holte Pinzette, Nadel, Wunddesinfektionsmittel und eine kleine Rolle Verbandszeug heraus.

Clint, der wusste, was nun folgen würde, biss die Zähne aufeinander und schloss die Augen, während Natasha mit ruhigen Fingern die restlichen Glassplitter aus seinem Arm entfernte. Dann reinigte sie die Wunden eine nach der anderen, nähte sie zu, und wickelte einen sauberen Verband darum.

Es war nicht das erste Mal, dass sie ihn wieder zusammenflickte, und auch wenn die Prozedur höllisch schmerzte, entspannte Clint sich bald wieder etwas unter den vertrauten Berührungen ihrer Hände.

„Was machen wir jetzt?“, murmelte er.

„Abwarten“, sagte sie nur. „Cap hat dich ganz offensichtlich hergeschickt, damit du ihm nicht im Weg stehst.“

Er nickte schwach. „Ja, das hatte ich vermutet. Und ich wollte ihm eigentlich auch sagen, dass er sich seinen Befehl sonst wohin stecken kann, aber Tasha... du hättest den Ausdruck in seinen Augen sehen sollen...“

Er schauderte, als er an die kalte Entschlossenheit zurückdachte, die er in Steves Blick gelesen hatte.

„Ich hoffe, Cap weiß, was er da tut“, sagte er dann.

„Das hoffe ich auch“, erwiderte sie. „Aber er und Stark haben irgendwas geplant, und ich vermute, dass es mit den Verbündeten zu tun hat, die Stark vor seinem Absturz erwähnt hat.“

„Hast du eine Ahnung, wer sie sind?“, fragte Clint.

„... nein.“

Natasha hielt kurz inne und starrte nachdenklich vor sich hin.

„Aber ich zweifle nicht daran, dass Rogers einen Weg finden wird, dieses Wesen – was auch immer es ist – auszuschalten“, meinte sie dann. „Ob mit oder ohne ihre Hilfe.“

Clint öffnete die Augen und warf ihr einen fragenden Blick zu. „Was macht dich da so sicher...?“

Natasha lächelte grimmig.

„Die Tatsache, dass das Ding Stark wehgetan hat“, entgegnete sie und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit. „Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Cap Himmel und Hölle in Bewegung setzen wird, um ihn zu rächen, sollte ihm etwas passiert sein.“

Clint blinzelte kurz.

„Moment. Das klingt so, als würdest du glauben, dass er und Stark-“

„Oh bitte“, unterbrach sie ihn ungeduldig. „Wenn ich noch einen dieser langen, sehnsüchtigen Blicke sehe, die sie sich immer zuwerfen, wenn sie denken, dass der andere gerade nicht hinsieht, dann fange ich an zu schreien.“

Clint lachte auf, was keine gute Idee war, weil Natasha gerade die Nadel in der Hand hatte.

„Also... also habe ich mir das in den letzten Wochen doch nicht nur eingebildet“, keuchte er. Dann grinste er. „Wenn wir das hier überleben... meinst du, wir sollten es ihnen sagen...?“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Stark mag Interesse an Rogers haben, aber er hat die Trennung von Pepper noch immer nicht ganz überwunden. Und Cap... nun, ich weiß nicht, ob ihm überhaupt klar ist, was genau er da fühlt. Außerdem geht uns das, was zwischen den beiden läuft, wirklich nichts an. Ich denke, früher oder später werden sie selbst erkennen, was sie empfinden.“

„Hoffentlich früher...“, murmelte Clint und fluchte leise, als nicht weit entfernt etwas explodierte und das ganze Gebäude erschüttert wurde. Natasha beugte sich schützend über ihn, während von der Decke Putz auf sie herabfiel.

Als das Hochhaus endlich aufgehört hatte zu beben, machte sie sich flink wieder an die Arbeit, und es dauerte nur wenige Minuten, bis sie auch die letzte Wunde genäht und verbunden hatte.

Dann half sie Clint auf die Beine und legte sich seinen Arm um die Schulter, bevor sie gemeinsam auf das Dach hinaustraten.

Feuer loderten in der Stadt unter ihnen und in den Straßen hingen Rauchschwaden. Sie hörten Menschen schreien und Alarme schrillen und sahen die blinkenden Lichter von Feuerwehrfahrzeugen, die mit dem Löschen der zahllosen Brände kaum hinterherkamen. Weite Teile von Manhattan waren mittlerweile ohne Strom, und über den Gegenden, die bisher von ihrem Angreifer verschont worden waren, lag Dunkelheit.

Draußen über der Bucht sahen sie ein Feuer am Himmel, und sie wussten sofort, dass es auch den Helicarrier getroffen hatte, und Fury vermutlich gerade alle Hände voll damit zu tun hatte, das Flugschiff vor dem Absturz zu bewahren. Von SHIELD konnten sie also keine Hilfe erwarten.

Der Anblick von all dem Chaos und der Zerstörung erschütterte sie beide und sie ließen stumm den Blick über die brennende Stadt schweifen. Und obwohl sie kein Wort sagten, wussten sie, dass der andere in diesem Moment dasselbe dachte:

Können wir überhaupt noch etwas tun...?

Dann riss Clint auf einmal die Augen auf und deutete mit seinem gesunden Arm auf eine Gestalt, die nur wenige Blocks entfernt plötzlich rapide in die Höhe wuchs.

Selbst Natasha stand der Mund offen, als sie die gigantische Frau erblickte, die immer höher und höher in den Himmel hinaufragte, bis ihr viele Häuser bald nur noch bis zur Taille reichten.

„Unglaublich...“, murmelte Clint. „Stark, dieser Bastard...! Warum hat er uns nie erzählt, dass er so coole Leute kennt?“

„Größe ist nicht alles“, meinte Natasha trocken. „Das solltest du eigentlich am besten wissen...“

„Hey!“, rief Clint beleidigt. „Was soll das denn bitte heißen?!“

Natashas Mundwinkel zuckten. „Lass uns erst mal sehen, was die Dame drauf hat.“
 

*~*~*
 

Steve hatte die Augen geschlossen und stellte sich vor, dass es Tonys Rüstung war, an die er sich klammerte – wie er es bei ihren Einsätzen manchmal tat, wenn sie schnell von einem Ort zum nächsten gelangen mussten – und nicht Janets Daumen, während der Wind um ihn herum toste und er höher und immer höher in den Himmel hinaufbefördert wurde. Er fühlte sich wieder ein bisschen wie damals im Krieg, wenn er in einem Flugzeug mit offenem Cockpit mitgeflogen war – eine Erfahrung, von der er gehofft hatte, sie niemals wiederholen zu müssen...

Doch schließlich hatte die Reise ein Ende und das flaue Gefühl in seinem Magen, das er sonst immer bekam, wenn er mit einem dieser unfassbar schnellen, modernen Fahrstühle in die oberste Etage eines Wolkenkratzers fuhr, legte sich allmählich wieder. Vorsichtig öffnete er die Augen und sah mit ungläubigem Blick in die Tiefe. Selbst die höchsten Gebäude von New York lagen noch gut hundert Meter unter ihnen.

Janet hatte nicht übertrieben, als sie ihn zuvor gefragt hatte, ob er sich vor großen Höhen fürchtete...

„Größer geht leider nicht“, hörte er sie mit dröhnender Stimme sagen.

Steve versicherte sich, dass sein Schild weiterhin fest auf seinem Rücken saß, bevor er vorsichtig ihren Daumen losließ und auf Händen und Füßen in die Mitte ihres Handtellers krabbelte. Er wagte es nicht, sich aufzurichten, aus Angst, dass ihn der starke Wind in dieser Höhe von Janets Hand fegte.

Dann blickte er zu ihr hinauf, formte mit den Händen einen Trichter und rief laut zurück:

„Das sollte reichen! Jetzt sollte dich jeder in ganz New York sehen können!“

Sie lächelte ihn an, und Himmel, jeder ihrer Zähne hatte die Größe eines Scheunentores.

Langsam wandte sie den Kopf zur Seite und sah über Manhattan hinweg in Richtung Brooklyn.

„Da!“, sagte sie dann, und obwohl Steve wusste, dass sie sich bemühte, möglichst leise zu sprechen, spürte er die Vibration ihrer Stimme bis in die Knochen. „Ich kann es sehen! Was ist das bloß?“

Steve kniff die Augen zusammen, aber trotz Superserum konnte er die Gestalt, die New York attackierte, nur als winzigen Punkt erkennen.

„Tut es irgendwas?“, brüllte er zurück. „Hat es uns bemerkt? Kommt es hierher?“

Doch Janet schüttelte den Kopf.

Hmm, das war interessant... Offenbar interessierte sich ihr Gegner nicht für sie, solange sie nicht versuchten, ihn anzugreifen.

Vielleicht konnten sie das irgendwie zu ihrem Vorteil nutzen.

Steve gab Janet ein Zeichen: geballte Faust mit dem Daumen nach unten.

Sie nickte und lächelte.

Sie hatte Steve zuvor erklärt, dass sie ihre maximale Größe höchstens für eine Viertelstunde aufrechterhalten konnte, da der Prozess ihren Körper zu sehr beanspruchte. Und da Steve schätzte, dass sie mittlerweile den gewünschten Effekt erzielt hatten – nämlich auf sich aufmerksam zu machen – war es nun an der Zeit, auf den Boden zurückzukehren.

Janets andere Hand legte sich schützend über den Handteller, auf dem Steve hockte, und einen wahnwitzigen Moment lang dachte er, sie würde ihn zwischen ihren gigantischen Händen zerquetschen, wie ein Insekt... doch nichts dergleichen passierte. In rasendem Tempo ging es stattdessen wieder abwärts, und er musste sich bemühen, sein Abendessen drin zu behalten.

Gut zwanzig Meter über dem Erdboden hielt Janet plötzlich inne und bückte sich, um Steve vorsichtig auf der Straße abzusetzen, bevor sie weiter schrumpfte und schließlich wieder ihre normale Größe erreichte.

In ihrer gewohnten Gestalt reichte Janet van Dyne ihm knapp bis zur Schulter und als Steve sie ansah, konnte er sich kaum vorstellen, dass er nur wenige Momente zuvor noch auf ihrer Hand gesessen hatte.

Sie bemerkte seinen Blick und lachte.

„Das war aufregend, oder?“, neckte sie ihn, dann aktivierte sie einmal mehr das Gerät an ihrem Gürtel und schrumpfte auf die Größe eines Schmetterlings.

Steve schmunzelte, als Janet sich auf seine Schulter setzte.

„Ja“, entgegnete er. „Aber so schnell möchte ich das trotzdem nicht wiederholen.“

Dann sah er sich um und betrachtete die Gestalten, die sich mittlerweile um Janet und ihn versammelt hatten und zögernd näher traten.

„Danke, dass ihr gekommen seid“, sagte er und nickte ihnen zu. „Ich weiß, dass unser Hilferuf etwas... ungewöhnlich war, aber Situationen wie diese erfordern vermutlich ungewöhnliche Maßnahmen.“

Er sah sie der Reihe nach an, sah, wer alles da war, und versuchte sich zu erinnern, wer von ihnen welche Fähigkeiten hatte. Dann dachte er an Tony, der unter einem Berg von Betonschutt eingeschlossen war und dessen Leben – falls er nicht schon tot war, aber daran wollte Steve nicht einmal denken – von ihrem Erfolg abhing, und sein Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an.

„Okay, hört mir zu“, sagte er schließlich. „Ich habe eine Idee...“
 

*~*~*
 

Tony hatte Durst.

Die Filter in seiner Maske arbeiteten tadellos, aber das machte die staubtrockene Luft, die seine Kehle ausdörrte und seine Lippen spröde und rissig machte, auch nicht besser.

Außerdem war ihm heiß, sein Kopf tat weh – vermutlich noch vom Aufprall – und er konnte keinen einzigen Finger rühren. Alle paar Minuten knackte und krachte es über ihm, und weiterer Schutt und Betonstaub rieselten auf ihn herab und gaben ihm das Gefühl, zu ersticken.

Tony musste zugeben, dass von all den Dingen, die er bisher erlebt hatte, die Erfahrung, bei lebendigem Leibe begraben zu werden, eine der schlimmsten war.

Wenn er nicht gerade in einen unruhigen Schlaf sank, fragte er sich, ob JARVIS durchgekommen war, wie viel Zeit mittlerweile vergangen war, und ob überhaupt noch jemand lebte, der nach ihm suchen würde. Die Unwissenheit war fast noch schlimmer, als die Situation selbst, und mit jeder Minute, die verstrich, rückte er ein Stück näher an den Abgrund des Wahnsinns heran.

Um in der Dunkelheit nicht völlig durchzudrehen, versuchte sein Bewusstsein, sich an vertrauten Dingen festzuhalten. An Pepper und Rhodey, an dem Haus in Malibu, an seinem Labor, an der wundervollen kalten Logik mathematischer Formeln und Herleitungen, an dem neuen Jet, an dem er gerade arbeitete, an JARVIS und Dummy, an den Freunden in New York... an Bruce, Clint, Natasha, selbst an Fury. Und an Steve, immer wieder an Steve...

Und Tony wusste, solange er noch die Augen schließen und ihre Gesichter vor sich sehen konnte, war alles okay, hatte er nicht den Verstand verloren, bestand noch Hoffnung...

Er würde alles dafür geben, Steve noch einmal zu sehen und ihm sagen zu können, dass alles in Ordnung war, dass es ihm gut ging und dass er sich nicht immer so verdammt viele Sorgen machen sollte.

Alles...

Doch mit jedem Mal verblassten die Gesichter seiner Freunde schneller vor Tonys innerem Auge und er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb.
 

*~*~*
 

Ein leises Räuspern hinter ihnen ließ Natasha und Clint gleichzeitig herumfahren und nach ihren Waffen greifen.

„Woah, woah! Ganz ruhig!“ Der maskierte junge Mann in dem rot-blauen Kostüm, der vor ihnen stand, hob schnell die Hände, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. „Ich tue euch nichts.“

Clint hob eine Augenbraue, ließ den Bogen jedoch nicht sinken.

„... Moment, dich kenne ich doch“, sagte er. „Spider-Man?“

„Der einzig Wahre“, erwiderte der andere fröhlich.

„Was willst du?“, fragte Natasha kühl, die ihre Pistolen weiterhin auf ihn gerichtet hielt.

„Ich, uhm... Cap schickt mich“, antwortete Spider-Man und kratzte sich unsicher am Hinterkopf. Dann ließ er vorsichtig die Hände sinken. „... hört mal, könntet ihr vielleicht die Waffen wegstecken? Leute, die so aussehen, als würden sie mir gleich eine Kugel in den Kopf jagen, machen mich immer etwas nervös...“

Nach einem kurzen Moment des Zögerns kam Clint der Bitte nach, während Natasha eine ihrer Pistolen wegsteckte, die zweite jedoch weiterhin auf ihn richtete.

„Ich ziele nicht auf deinen Kopf, sondern auf deine Kniescheibe“, erklärte sie ruhig. „Und jetzt sag uns endlich, was du willst. Was hat Cap gesagt?“

„Wow“, murmelte der andere. „Er hat nicht gelogen, als er meinte, Sie wären eine ganz schön toughe Lady...“

Clint lachte auf. „Du hast ja keine Ahnung...“

Was hat er gesagt?“, wiederholte Natasha ungeduldig und ihr Partner verstummte sofort wieder.

Hastig begann Spider-Man zu erzählen:

„Cap hat einen Plan, wie wir das Ding erledigen können, und er und die anderen sind gerade dabei, ihn auszuführen. Allerdings wissen wir nicht, wie groß der Widerstand wird, weshalb er mich gebeten hat, euch beide aus der unmittelbaren Gefahrenzone fortzubringen. Darum hört bitte, bitte auf, mich so anzusehen, und lasst mich meinen Job machen. – Bitte...?“

Seine Stimme klang nun ein Stück weit verzweifelt, und mit einem Seufzen ließ Natasha auch ihre andere Pistole sinken.

„Ja, das klingt sehr nach Cap“, meinte sie.

Dann stemmte sie eine Hand in die Hüfte und sah Clint an.

„Was meinst du?“

„Was ich meine?“ Er runzelte die Stirn. „Er kann vergessen, dass wir einfach so abhauen und ihn im Stich lassen!“

„Oh, er sagte mir, dass ihr das sagen würdet“, warf Spider-Man ein. „Und auch, wenn ich vielleicht nicht so aussehe: ich bin stark genug, um euch beide zu überwältigen...“

Sofort hatten Clint und Natasha wieder ihre Waffen auf ihn gerichtet.

Aber“, fuhr er hastig fort, „ich denke, darauf haben wir alle nicht wirklich Lust. – Ich denke, es wäre stattdessen das Beste, wenn wir uns zusammentun und versuchen, den Leuten, die noch in den brennenden Gebäuden eingeschlossen sind, zu helfen. Denn ich habe genauso wenig Lust, auf der Reservebank zu sitzen, wie ihr. ... Also, was sagt ihr?“

Natasha und Clint wechselten einen Blick und ließen dann synchron wieder die Waffen sinken.

„Ich glaube, das ist der erste vernünftige Vorschlag, den ich heute höre“, meinte Clint, und Natasha nickte. Spider-Man hatte Recht.

Endlich musste sie sich nicht mehr fühlen, als würde sie nur tatenlos danebenstehen. – Endlich hatte sie wieder eine Möglichkeit, zu helfen.

Sie steckte die Pistolen zurück in ihre Holster und trat auf Spider-Man zu.

„Wenn du wirklich so stark bist, wie du behauptest, dann wärst du uns eine große Hilfe“, sagte sie. „Mein Partner hier...“ Sie machte eine Kopfbewegung zu Clint hinüber. „... wird die Stadt im Auge behalten und uns von hier aus mitteilen, wo wir gebraucht werden. – Unsere Zusammenarbeit klappt allerdings nur, wenn du dich an meine Anweisungen hältst und dich zurückziehst, wenn ich es dir sage. Ich will, dass wir diese Nacht alle heil überstehen. Ist das klar?“

„Ja, Ma’am“, erwiderte Spider-Man und salutierte linkisch.

Clint grinste, während Natasha nur die Augen verdrehte.

„Ich werde das noch so bereuen“, murmelte sie, bevor sie auf Spider-Man zutrat und die Arme um seinen Hals schlang.

Sie warf Clint einen letzten Blick zu. „Kommst du hier klar?“

Er gab ein Schnauben von sich. „Das fragst gerade du?“, entgegnete er.

Dann deutete er mit der gesunden Hand auf Spider-Man und krümmte einen Finger, als würde er eine Pistole auf ihn abfeuern.

„Pass gut auf sie auf, Kumpel. Sonst kann ich für nichts garantieren.“

Spider-Man nickte.

„Ich verspreche es“, sagte er mit großem Ernst.

Vorsichtig legte er dann einen Arm um Natashas Taille, winkte Clint zum Abschied noch mal zu, streckte seine Hand aus und schwang sich hinaus in die Nacht.
 

*~*~*
 

Der Plan war ebenso simpel, wie genial.

Sie würden versuchen, das fremde Wesen mit einem von Hank Pyms Geräten auf eine Größe schrumpfen, in der es niemandem mehr gefährlich werden konnte, und es anschließend in eine von ihm entwickelte Box aus besonders widerstandsfähigem Kunststoff sperren.

Pym wirkte anfangs noch etwas zurückhaltend und mied die Blicke der anderen, aber nachdem Janet ihn mit dem Ellenbogen angestoßen und ihm aufmunternd zugelächelt hatte, erklärte er, dass er die benötigte Technik gerne bereitstellen und außerdem persönlich am Angriff teilnehmen wollte.

Steve nickte und wollte gerade näher auf ihre Strategie eingehen, als sich plötzlich Reed Richards von den Fantastic Four zu Wort meldete und ihnen mitteilte, dass er den Vorschlag zwar gut fand, aber eine noch bessere Idee hätte.

Hank warf ihm einen skeptischen Blick zu, doch dann steckten die beiden Wissenschaftler die Köpfe zusammen und begannen sich zu beraten, wobei sie mit Fachwörtern nur so um sich warfen, und spätestens nach dem dritten Satz hatte Steve absolut keine Ahnung mehr, wovon sie sprachen.

Susan Storm, Reeds Lebensgefährtin, schenkte ihm ein Lächeln, als sie seine verwirrte Miene sah.

„Keine Sorge“, meinte sie. „Ich kenne dieses Gefühl. Sobald Reed einen Gleichgesinnten trifft, spricht er nicht mehr dieselbe Sprache, wie wir...“

Und plötzlich war er wieder da, der Schmerz in seiner Brust. Denn auch Steve wusste, wie es war, tagtäglich mit einer ähnlich genialen und geistreichen Person zu tun zu haben, und ihm wurde auf einmal bewusst, wie sehr Tony ihm in diesem Moment fehlte. Tony mit seinen klugen Sprüchen, seinen spöttischen Bemerkungen, seinen amüsiert funkelnden, dunklen Augen...

Er hätte die angespannte Stimmung zweifellos mit ein paar wenigen Worten aufgelockert.

Nur mit Mühe konnte Steve den Gedanken an ihn wieder in den hintersten Winkel seines Bewusstseins verdrängen. Er musste sich jetzt konzentrieren. Je schneller sie ihren Gegner besiegt hatten, umso schneller würde er Tony helfen können.

Nach ein paar Minuten schienen sich Hank und Reed einig zu werden, und schließlich wandte sich Richards dem Rest der Gruppe zu.

„Transdimensionale Verschiebung“, erklärte er, wobei seine Augen vor Begeisterung leuchteten. „Wir erschaffen für einen kurzen Moment eine Einstein-Rosen-Brücke im Raum-Zeit-Kontinuum und verlagern den Angreifer in eine benachbarte Dimension.“

Für einen Moment herrschte Stille, während der Rest versuchte, den Sinn dieser Worte zu verstehen.

Schließlich gab Susans Bruder Johnny ein Seufzen von sich und sagte:

„Was Reed meint – aber nicht sagt, weil das vermutlich zu einfach wäre – ist Folgendes: wir öffnen ein Wurmloch zwischen den Welten und kicken ihn einfach aus unserem Universum in ein anderes hinein, wo er niemandem schaden kann.“

„Exakt!“ Reed strahlte über das ganze Gesicht, wie ein Kind am Weihnachtsabend.

„Oh... okay“, meinte Steve und rieb sich den Nacken. „Wie lange würde es dauern, so ein Portal zu öffnen?“

„Nun“, entgegnete Reed und dachte nach. „Ich habe die entsprechende Technik im Baxter Building und müsste deshalb zurück in mein Labor... Aber in spätestens zwanzig Minuten müsste alles einsatzbereit sein.“

Steve überlegte. Es würde mehr Zeit kosten, Reeds Vorschlag umzusetzen, aber wenn sie Erfolg hatten, würde ihnen von dem fremden Wesen nie wieder Gefahr drohen.

Die Entscheidung fiel ihm nicht sehr schwer.

„In Ordnung.“ Er nickte. „Dann komme ich mit Ihnen.“

Er sah sich um und musterte die Anwesenden. Strange und Daredevil fehlten, aber er vermutete – hoffte – dass es daran lag, dass sie bereits woanders im Einsatz waren und alle Hände voll zu tun hatten.

„Falcon und Johnny“, sagte er dann. „Ihr zwei beschäftigt die Kreatur, bis wir so weit sind, das Portal zu öffnen. Janet, Hank – ihr haltet euch bereit und helft den beiden, den Feind durch das Portal zu drängen, sobald es offen ist. Spider-Man – du kommst mit mir, für dich habe ich noch einen besonderen Auftrag. Und alle anderen – teilt euch in Zweierteams auf und helft mit, die Brände zu löschen und die Zivilbevölkerung in Sicherheit zu bringen. – Auf geht’s, Leute!“

Es gab keinen Widerspruch, keine Diskussion. Stattdessen spiegelte sich Entschlossenheit auf ihren Gesichtern, denn jeder von ihnen wusste genau, wie viel auf dem  Spiel stand. Ihr Mut erfüllte Steve mit Stolz, und er erkannte, dass er und Tony in der Tat gut gewählt hatten.

Dann löste sich die kleine Gruppe auf und einen Augenblick später lag die Straßenecke, an der sie sich versammelt hatten, wieder dunkel und verlassen da.
 

*~*~*
 

Ein lautes Poltern über ihm riss Tony aus dem Halbschlaf, und für einen Moment dachte er, dass er endlich gerettet war und dass sie gekommen waren, um ihn auszugraben. Mit aller Kraft versuchte er, Arme und Beine zu bewegen, und es gelang ihm dabei sogar, seine linke Hand unter dem Betonbrocken hervorzuzerren, unter dem sie eingeklemmt gewesen war.

„Hier!“, schrie er mit heiserer Stimme, und jeder seiner verzweifelten Hilferufe verbrauchte mehr von dem wenigen, kostbaren Sauerstoff, den er noch hatte. „Ich bin hier!“

Bewegung kam in den Schutthaufen um ihn herum und Tony starrte atemlos in die Dunkelheit hinauf. Dann ertönte ein gewaltiges Krachen, als würde in seiner Nähe etwas einstürzen, und die Erschütterungen ließ die Masse an Betonschutt über ihm weiter zusammensacken.

Nein!“ Panik erfasste ihn.

Während ihn seine Rüstung bisher erfolgreich vor den Gesteinsbrocken geschützt hatte, konnte er den Druck, den sie auf die Panzerung ausübten, nun körperlich spüren. Tony merkte, wie die Titanlegierung der Platten, die Brust, Arme und Beine bedeckten, nachgab, und die Rüstung sich an mehreren Stellen bog. Doch anstatt sich so weit einzudellen, dass sie seine Gliedmaßen zerquetschte, oder gar aufzuplatzen, hielt die Panzerung dem tonnenschweren Gewicht des Betonschutts wie durch ein Wunder stand.

Noch.

Tony schloss die Augen.

Sein Verstand, der die Situation wie immer eiskalt analysierte, sagte ihm, dass es ein fragiles Gleichgewicht war und ihn vermutlich nur noch wenige Kilogramm davon trennten, zerdrückt zu werden, wie ein Altwagen in der Schrottpresse. Ein Schicksal, das er nicht einmal seinem ärgsten Feind wünschte.

Und selbst der Gedanke daran, dass dann wenigstens niemand mehr die Technik, die in seinem Anzug steckte, in die Hände bekommen und missbrauchen konnte, änderte nichts an der bodenlosen Verzweiflung, die ihn erfasste.

Er wollte nicht sterben. Nicht hier. Nicht so.

Und ganz sicher nicht jetzt, da er endlich so etwas wie Freunde hatte. Freunde und eine Lebensaufgabe...

Doch mit jeder verstreichenden Minute sanken seine Überlebenschancen weiter, und Tony zweifelte nicht daran, dass seine Rüstung nachgeben würde, lange noch, bevor die sechs Stunden um waren.
 

*~*~*
 

Natasha fluchte leise.

Sie hatte nur noch Minuten – und vielleicht nicht einmal mehr das – bis die Treppe vollständig abgebrannt war und sie keinen Ausweg mehr aus dem Flammenmeer finden würde.

Wenige Augenblicke zuvor hatte sie gemeinsam mit Spider-Man die letzten Bewohner des Hauses sicher aus dem brennenden Gebäude geführt... oder zumindest hatte sie das gedacht, bis Natasha das blasse Kindergesicht in einem der Fenster in der vierten Etage gesehen hatte, das verängstigt auf sie herabblickte. Dann war es plötzlich verschwunden, und während Natasha sofort wieder auf den Hauseingang zugestürmt war, hatte sich Spider-Man außen an der Wand emporgehangelt.

Jetzt stand sie im Flur der vierten Etage und versuchte sich zu erinnern, in welcher Wohnung sie das kleine Mädchen gesehen hatte, während um sie herum Flammen an der Tapete leckten und beißender Rauch ihre Augen tränen ließ.

Schnell lief sie den Gang entlang bis zu seinem Ende, wo der Flur an die Hauswand grenzte. Mit einem kräftigen Tritt öffnete sie die Tür der Wohnung, die sich dort befand, und in der sie das Kind vermutete.

Mannshohe Flammen schlugen ihr entgegen, und Natasha erkannte sofort, dass jede Hilfe zu spät kam. Verzweifelt lief sie vor der offenen Wohnungstür hin und her, doch es gab kein Durchkommen. Teppich, Möbel, Wände – alles brannte. Das Kind konnte unmöglich noch am Leben sein.

Und doch... Trotz all der Dinge, die sie schon erlebt hatte, und all der Menschen, die sie auf dem Gewissen hatte, wusste sie, dass sie es sich niemals verzeihen würde, wenn sie es nicht wenigstens versuchen würde.

Natasha nahm Anlauf und wollte gerade losspurten, als sich Clint auf einmal über den Kommunikator meldete.

„Tasha!“, rief er. „Bist du immer noch da drin?“

„Da war ein kleines Mädchen, Clint“, erwiderte sie atemlos und hustete. „Ich bin gleich da, ich muss nur-“

„Sie ist in Sicherheit!“, unterbrach er sie. „Spider-Man hat das Kind gefunden und ist gerade aus dem Fenster nach draußen geklettert! – Jetzt sieh zu, dass du da endlich rauskommst!“

Erleichterung erfüllte sie.

„... verstanden“, erwiderte sie und drehte sich auf dem Absatz um.

Hätte es am Ende des Flurs ein Fenster gegeben, wäre sie einfach hinausgeklettert und hätte darauf vertraut, dass Spider-Man sie rechtzeitig sah und auffangen würde, wenn sie sprang. Doch stattdessen blieb ihr als einziger Ausweg die Treppe, über die sie bereits gekommen war – und die war aus Holz und würde nicht mehr lange halten.

Natasha hatte gerade die dritte Etage erreicht, als die Stufen unter ihr nachgaben. Sie stürzte ab, bekam jedoch im letzten Augenblick noch das Geländer zu fassen. Während sie an einer Querstrebe baumelte, warf sie einen Blick in das Flammenmeer unter sich.

Keine Chance... es bestand absolut keine Chance, dass sie den Fall überleben würde. Und selbst wenn, würden die Flammen sie im Bruchteil einer Sekunde verschlingen.

Natasha fluchte erneut, dieses Mal über sich selbst. Ohne Schutzvorkehrungen in ein brennendes Haus zu rennen, das jeden Moment einstürzen konnte, war nicht nur unvorsichtig gewesen, sondern schlichtweg dumm – und nun würde sie teuer dafür bezahlen.

„Clint...“, rief sie heiser und hustete.

Dann fing auch das Treppengeländer Feuer, und ihre Hände rutschten langsam ab und...

Sie fiel.

Nur um einen Sekundenbruchteil später mitten im Fall zur Seite geschleudert zu werden, als etwas – jemand – gegen sie prallte. Natasha fühlte, wie sich ein Arm um sie schlang, und klammerte sich instinktiv an die Person, die sie festhielt, und dann spürte sie, wie sie durch die Flammen rasten und sah, wie die Wände an ihnen vorbeiflogen... Und dann lag auch schon die Eingangstür vor ihnen, und wie eine Kanonenkugel schossen sie hindurch und flogen hinaus ins Freie.

Aneinandergeklammert rollten sie über die Straße, wobei Natasha sich schmerzhaft Arme und Beine aufschrammte, und kamen schließlich nebeneinander auf dem Asphalt zu liegen.

Einen Moment lang taten sie nichts anderes, als dazuliegen und zu husten und nach Luft zu schnappen, bis Spider-Man sich nach einer Weile neben ihr aufsetzte, wobei er Natasha den Rücken zukehrte, und sich dann die Maske vom Gesicht riss.

Seine Schultern bebten, während er hustete, und sie sah, dass sein Anzug an mehreren Stellen angesengt war.

„Natasha!“, hörte sie Clints Stimme in der Leitung. „Geht es dir gut? Ist alles okay? – Ich dachte für einen Moment-!“

„Mir geht es gut“, beruhigte sie ihn. „Spider-Man hat mich rechtzeitig rausgeholt.“

„Oh, Gott sei Dank...!“ Clint gab ein erleichtertes Seufzen von sich. „Ich weiß nicht, was ich sonst getan hätte...“

Natasha erwiderte nichts, sondern stand vorsichtig auf und ging zu Spider-Man hinüber.

„Hey“, sagte sie leise, als sie neben ihn trat. „Alles in Ordnung?“

Er erstarrte plötzlich und sie sah, wie sich sein ganzer Körper versteifte. Hastig versuchte er dann, wieder seine Maske aufzusetzen, doch sie fiel ihm aus den zitternden Händen, und Natasha bückte sich, um sie aufzuheben.

„Danke, dass du mich gerettet hast“, sagte sie sanft und hielt sie ihm hin. „Das war sehr mutig von dir.“

Er schien einen Moment lang mit sich selbst zu kämpfen, doch schließlich hob er vorsichtig den Kopf.

Überrascht sah Natasha in das Gesicht eines Teenagers mit rußverschmierten Wangen, der ihren Blick verunsichert aus großen, braunen Augen erwiderte.

Sein Anblick erinnerte sie an ein verschrecktes Rehkitz, das vom Wolf überrascht worden war, und beinahe hätte sie ihn gefragt, ob er überhaupt schon alt genug war für das, was er da tat.

Doch sie verkniff es sich im letzten Moment, denn die Frage wäre ihm gegenüber respektlos gewesen. Er war offensichtlich alt genug, um seine eigenen Entscheidungen treffen und den Beschluss fassen zu können, mit seinen Kräften anderen zu helfen, und das Wohl seiner Mitmenschen über sein eigenes Leben zu stellen – er hatte es allein an diesem Abend mehrfach bewiesen. Und sie sollte seinen Beschluss akzeptieren, und ihn nicht bevormunden, wie ein Kind.

Ihre Miene wurde weicher.

„Keine Sorge“, meinte sie. „Ich habe nicht vor, deine Identität irgendwem zu verraten.“

Er schenkte ihr einen dankbaren Blick, bevor er vorsichtig nach seiner Maske griff und sie wieder über seinen Kopf zog.

„Die meisten Leute, die mich ohne Maske sehen, nehmen mich nicht ernst, weil ich so jung bin“, murmelte er, als er sich auf wackeligen Knien erhob.

„Dann sind die meisten Leute Idioten“, meinte Natasha nur.

Spider-Man war einen Moment lang ganz still, und sie musste nicht sein Gesicht sehen können, um zu wissen, dass er sie in diesem Augenblick entgeistert anstarrte.

Dann warf er die Arme in die Luft.

„Wo bist du nur mein ganzes Leben lang gewesen, du wunderbare Frau?!“, rief er aus, nun wieder ganz der Sprüche klopfende Superheld. Natasha musste lächeln.

„Hey!“, meldete sich Clint zu Wort. „Ihr wisst, dass ich euch immer noch hören kann, oder?“

„Keine Sorge“, erwiderte sie nur. „Ich habe nicht vor, mit unserem neuen Freund durchzubrennen.“

„...verdammt!“, kommentierte Spider-Man leise, aber er lachte dabei, während Clint entgegnete:

„Das will ich auch hoffen, sonst kriegt der Bengel es mit mir zu tun!“

Doch Clint und sie wussten beide, dass er es nicht so meinte; sie hatten schon zu vieles gemeinsam durchgestanden, als dass irgendetwas – oder irgendjemand – ihre Beziehung hätte gefährden können. (Und wenn Spider-Man ein Gefühl in Natasha wachrief, dann höchstens ihren Mutterinstinkt...)

Dann sprach Clint weiter, und sein Tonfall wurde wieder ernst:

„Es tut mir leid, aber ich befürchte, dass ihr euch keine längere Pause gönnen könnt“, meinte er. „Es scheint einen weiteren Notfall an der Park Avenue zu geben...“

Natasha seufzte nur und warf Spider-Man einen kurzen Blick zu.

„Sieht aus, als wartet mehr Arbeit auf uns“, sagte sie.

Er nickte und hielt ihr seine Hand hin.

„Dann nichts wie los“, entgegnete er, und einen Moment später waren sie wieder in der Luft.
 

*~*~*
 

Es war ein aussichtsloses Gefecht.

Verzweifelt sah Steve zum Himmel hinauf und verfolgte den spektakulären Luftkampf, der sich dort abspielte, und den seine neuen Verbündeten zu verlieren drohten.

Dabei war zuvor alles nach Plan verlaufen.

Johnny Storm und der geflügelte Superheld namens Falcon hatten das Wesen in einen Kampf verwickelt, so dass es davon abgelassen hatte, die Stadt unter ihnen weiter mit seinen Energiestrahlen zu zerstören. Steve und Reed hatten kurz darauf das Baxter Building erreicht, und Richards hatte in seinem Labor im obersten Geschoss die Maschine in Gang gesetzt, die im Luftraum direkt über dem Hauptquartier der Fantastic Four ein Dimensionsportal öffnete.

Dann waren Hank und Janet zu den Kämpfenden dazu gestoßen und hatten gemeinsam mit Johnny und Falcon versucht, die Kreatur durch das Portal zu treiben.

Doch diese schien ihre Absicht zu durchschauen, denn sie entfernte sich immer weiter von dem Portal, bis sie nicht mehr über der Stadt selbst, sondern bereits über dem Hudson River schwebte. Für eine Weile wuchsen Janet und Hank sogar auf ihre maximale Größe, um sie mit bloßen Händen einzufangen, doch in dieser Gestalt waren ihre Bewegungen zu langsam, und die Kreatur entwischte ihnen immer wieder flink.

Reed konnte das Portal nicht verschieben und das Wesen ließ sich nicht lenken, sondern stellte nun stattdessen eine Bedrohung für die Wohngegenden westlich des Flusses dar.

Und Steve war eines deutlich klar: sollte es sich noch darüber hinaus bewegen oder New York sogar gänzlich hinter sich lassen, würden sie es nicht mehr so schnell wiederfinden. Und wenn sie ganz besonders viel Pech hatten, würde es den Rest des Landes – wenn nicht sogar der Welt – verwüsten, ohne dass sie es rechtzeitig aufhalten konnten.

Steve ging in Gedanken Dutzende von möglichen Szenarien durch, doch keines davon gefiel ihm.

Und es gefiel ihm noch weniger, dass er dazu verdammt war, auf dem Dach des Baxter Buildings zu stehen und absolut nichts ausrichten zu können.

Eine Wasserfontäne schoss plötzlich vom Fluss in den Himmel hinauf, als Johnny von einem Energiestrahl getroffen wurde und abstürzte. Sein brennender Körper verdampfte dabei zahllose Kubikmeter Wasser, und für einen Moment war sogar der Grund des Flusses zu erkennen, bevor Johnny wieder in Flammen aufging und abhob, und die Wassermassen über der Stelle zusammenschlugen, an der er eben noch gestanden hatte.

Steve war dennoch froh, dass es ihn getroffen hatte, und keinen der anderen drei, denn im Gegensatz zu ihm hätten sie ernsthaften Schaden nehmen können.

Der Luftkampf ging weiter, und es war ein ewiges Hin und Her von Attacke und Gegenattacke. Und mit jedem Moment entfernten sich die Kämpfenden weiter vom Portal...

„Wir schaffen es nicht“, meinte Janet schließlich erschöpft, die zu Steve zurückgeflogen war, um Bericht zu erstatten. „Es scheint unsere Attacken gar nicht wahrzunehmen und selbst Johnnys Feuerbälle können nichts ausrichten. Hank und ich haben versucht, es zu schrumpfen, doch dafür müssten wir näher an das Ding heran, und seine Verteidigung ist lückenlos.“

Sie wuchs wieder auf ihre normale Größe und sah besorgt zu den Kämpfenden hinüber.

„Was sollen wir jetzt tun...?“, fragte sie leise.

Steves Kiefer mahlten, während er fieberhaft nachdachte. Er war der Stratege; er hatte sie in die Schlacht geschickt. Wenn ihnen etwas zustieß, dann war er – und er allein – dafür verantwortlich.

Doch was auch immer passierte, sie durften nicht zulassen, dass das Wesen New York verließ, egal, wie groß der Schaden auch sein mochte, den es in der Stadt anrichtete. Denn nur hier hatten sie die Möglichkeit und die geeigneten Leute, es zu bekämpfen.

Denk nach, Rogers... denk NACH...!

„Ähm... Cap?“, riss ihn auf einmal Janets leise Stimme aus seinen Gedanken.

„Ich will niemanden beunruhigen, aber... was ist das?“

Sie hob die Hand und deutete auf das Portal über ihnen.

Zuvor hatte sich das Tor zwischen den Welten als dunkles Oval vor dem bewölkten Nachthimmel von New York abgehoben und sie hatten nur hin und wieder das schwache Licht weit entfernter, fremder Sternensysteme hindurchschimmern sehen können.

Doch jetzt war die Finsternis auf der anderen Seite des Portals zum Leben erwacht und Steve konnte mehrere gigantische Schatten ausmachen, die sich dem Tor zu ihrer Welt näherten.

„Uhm... Dr. Richards?“, fragte er. „Hatten Sie vorhin nicht gesagt, die andere Dimension wäre überwiegend leer...?“

Der Wissenschaftler starrte zu dem Portal im Himmel empor.

„Erstaunlich“, murmelte er. „Diese Lebensform habe ich bei meiner letzten Reise gar nicht bemerkt. Sie scheint vollständig aus Antimaterie zu bestehen... Hochinteressant...!“

„Das ist toll, wirklich“, stieß Janet in einem Anflug von Panik hervor. „Aber wir haben bereits einen Besucher, der nicht in diese Welt gehört, wir brauchen nicht noch weitere!“

„Janet hat Recht“, meinte Steve, als die ersten schwarzen Wolken aus dem Portal quollen und den Himmel über ihren Köpfen verdunkelten wie Tinte, die sich mit Wasser vermischte. „Schließen Sie das Tor wieder!“

„Aber-“, wollte Reed protestieren, doch Steve hatte nun vollständig in seinen Captain-America-Modus geschaltet und sagte in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete:

„Tun Sie es, Richards! – Sofort!

Schweren Herzens kehrte der andere Mann in sein Labor zurück und deaktivierte die Maschine, und kurz darauf begann das Wurmloch zu schrumpfen. Hastig zogen sich die tentakelartigen Ausläufer der dunklen Kreatur wieder durch das Portal zurück, das nach wenigen Momenten verschwunden war, als hätte es nie existiert.

„Und was machen wir jetzt?“ Janets Stimme klang hoffnungslos.

„Können Sie ein neues Portal öffnen?“, fragte Steve an Reed gewandt, als dieser wieder zu ihnen zurückgekehrt war. „Eines zu einer anderen Dimension?“

Doch der andere Mann schüttelte nur den Kopf.

„Ich müsste die Maschine erst neu kalibrieren und auf die Frequenz eines anderen Universums einstellen, und das dauert Tage. Tut mir leid.“

Steve ballte die Hände zu Fäusten.

Das war’s. Nun war auch die letzte Hoffnung dahin, ihren Angreifer unschädlich zu machen. Sie hatten es nicht geschafft, die Stadt zu retten, und nun würde die fremde Kreatur alles vernichten.

Und das Schlimmste daran war, dass Tony sich völlig umsonst geopfert hatte. Steve fühlte sich plötzlich so schuldig, wie seit Buckys Tod nicht mehr, und er wünschte, er könnte Tony wenigstens noch ein letztes Mal sehen, um sich bei ihm für sein Versagen zu entschuldigen.

Doch gerade, als die Lage schließlich völlig aussichtslos schien, geschah auf einmal etwas Unerwartetes – etwas, womit Steve überhaupt nicht gerechnet hatte, weil er schlichtweg nicht mehr daran gedacht hatte:

Der Hulk griff an.

Und gegen ihn war sogar die fremde Kreatur machtlos.

Mit einem gigantischen Sprung flog er über den Fluss hinweg und verpasst dem Wesen dabei einen Schlag, der es mehrere hundert Meter weit zurück in Richtung Manhattan schleuderte.

„Faszinierend...“, meinte Reed, der neben Steve getreten war, mit leuchtenden Augen. Er konnte seinen Blick nicht von der großen, grünen und ausgesprochen wütenden Gestalt abwenden, die von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer sprang und bei jedem Sprung erneut auf den Angreifer eindrosch. „Was ist das?“

„Das“, sagte Steve, der neue Hoffnung geschöpft hatte, mit grimmigem Lächeln, „ist unser Hulk.“

Dann überlegte er einen Augenblick, denn es war schließlich Reed, mit dem er gerade sprach, und fügte vorsichtshalber hinzu:

„Und nein, er steht nicht für Experimente zur Verfügung.“

Reed sah tatsächlich für einen Moment enttäuscht aus, und Steve schüttelte nur den Kopf, bevor er gebannt weiter den Kampf über ihren Köpfen verfolgte.

Mit gezielten Fausthieben trieb Hulk die Kreatur vor sich her. Den gelegentlichen Energiestrahl, den er dabei abbekam, nahm er entweder nicht wahr, oder er machte ihn nur noch wütender, denn er hörte nicht auf, auf das Wesen einzuschlagen. Jeder der kraftvollen Hiebe ließ es benommen durch die Luft taumeln, und ehe sie sich versahen, schmetterte Hulk es mit einem letzten, harten Schlag zu Boden.

Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte, als der Asphalt unter der Wucht des Einschlags aufplatzte. Der metertiefe Krater, der dabei entstanden war, wurde noch etwas tiefer, als der Hulk kurz darauf mit beiden Füßen auf der Kreatur landete. Während er sie mit seinem vollen Gewicht zu Boden drückte, trafen auch die anderen ein, und hastig zog Hank ein Gerät aus seiner Tasche und legte es auf den Körper des Wesens.

Für ein paar Sekunden passierte nichts, doch dann begann die Kreatur zu schrumpfen und war wenig später verschwunden – oder zumindest zu klein, als dass Steve sie von seiner Position aus hätte erkennen können.

Einen Moment lang konnte er kaum glauben, dass es das gewesen war, dass es endlich vorbei war. Doch dann brachen Johnny und die anderen in Jubelschreie aus, und er begriff, dass der Kampf tatsächlich ein Ende hatte.

Sie hatten es geschafft. Die Stadt war gerettet.

Mit einem lauten ‚RUMMS‘ landete der Hulk im nächsten Augenblick vor ihm auf dem Dach des Baxter Buildings und stieß ein triumphierendes Brüllen aus, bei dem Janet sich die Ohren zuhalten musste. Doch Steve lachte nur, so erleichtert fühlte er sich in diesem Moment.

Er legte den Kopf in den Nacken und sah zu dem großen, grünen Gesicht hinauf, das auf sie herabblickte.

„Gute Arbeit“, meinte er anerkennend und Hulk gab ein Schnauben von sich. „Du hast heute mehr als zehn Millionen Menschen das Leben gerettet. Das wird niemand so schnell vergessen.“

„Ich hoffe“, grollte Hulk und grinste.

Dann schrumpfte er langsam zurück auf normale Menschengröße und wenige Momente später stand ein halbnackter, ebenfalls grinsender Bruce Banner vor ihnen.

„Da braucht man mal zwei Stunden länger und schon liegt wieder die halbe Stadt in Schutt und Asche“, meinte er. „Manchmal frage ich mich, was ihr ohne mich bloß tun würdet...?“

„Ich will gar nicht erst darüber nachdenken“, entgegnete Steve schmunzelnd. „Im Ernst, Bruce – du bist wirklich genau im richtigen Moment zurückgekehrt.“

„Ja, das habe ich schon vermutet, als ich die Nachrichten gesehen habe“, sagte Bruce und nickte. Dann schlang er fröstelnd die Arme um den Oberkörper und trat von einem nackten Fuß auf den anderen.

„Uhm... hat jemand vielleicht ein Paar Turnschuhe für mich? Meine stehen noch auf der anderen Seite des Flusses...“

„Ich glaube schon“, meinte Steve und hob fragend eine Augenbraue. „... Dr. Richards?“

Er sah zu Reed hinüber, der nicht auf seine Worte reagierte, sondern stattdessen voller Faszination Bruce musterte. Er war gerade dabei, die Finger nach dessen Hose auszustrecken, vermutlich um die Beschaffenheit des erstaunlich dehnbaren Materials zu testen.

„Dr. Richards!“, wiederholte Steve, dieses Mal etwas lauter, und der Wissenschaftler zog schnell die Hand zurück.

„Oh. Ah. Ja“, stieß er zerstreut hervor. „Schuhe... Natürlich.“

Er warf Bruce einen entschuldigenden Blick zu und bedeutete ihm dann, ihm zu folgen.

Steve sah ihnen nur kopfschüttelnd nach.

Dann sah er zu den anderen hinüber, die in diesem Moment neben ihm und Janet auf dem Dach landeten.

Hank Pym hielt eine durchsichtige Box in der Hand, in der die auf wenige Zentimeter geschrumpfte Kreatur zornig brummend hin- und herflog, wie ein gefangener Käfer. Doch in dieser Größe waren ihre Energiestrahlen zu schwach, um den dicken Wänden des Gefäßes auch nur ansatzweise Schaden zufügen zu können.

„So gefällt mir das Mistding doch schon viel besser“, meinte Hank zufrieden, und Johnny neben ihm grinste.

„Wir sollten es trotzdem durch eines von Reeds Portalen schicken, sobald er die Maschine wieder in Gang gesetzt hat“, sagte Steve dann. „Es hat in unserer Welt einfach nichts verloren.“

Hank sah seinen Fang lange an und seufzte schließlich.

„Es wäre wohl das Beste für alle“, stimmte er zu.

Steve nickte. „Danke, Dr. Pym.“

Er sah in die Runde. „Danke euch allen. Ihr habt heute Nacht großartige Arbeit geleistet.“

Dann sah er zum Himmel empor, wo sich kurz zuvor noch das Portal befunden hatte, das ihnen dieses Mal leider keine Hilfe gewesen war...

... und plötzlich weiteten sich seine Augen vor Schreck.

Während der letzten paar Minuten, nachdem sie die Krise überstanden hatten, hatte er eine Person fast völlig vergessen.

„Oh Gott, Tony...!“, rief er bestürzt.

Jetzt, wo die unmittelbare Gefahr gebannt war, konnte er ihm endlich helfen.

Und er betete, dass es noch nicht zu spät war!

Die verwirrten Blicke der anderen ignorierend rannte er los.

„Janet, Hank, Falcon!“, rief er über die Schulter. „Helft den Aufräumteams dabei, die Straßen freizuräumen, damit wieder Autos und vor allem Rettungswagen durchkommen. – Und Johnny! Kannst du deine Schwester und Ben für mich suchen? Ich brauche dringend ihre Hilfe!“

„Ähm... okay?“, erwiderte Johnny etwas verdutzt, düste aber sofort los.

Dann stürzte Steve in Reeds Labor, wo Bruce sich gerade seinen zweiten Schuh anzog, und schenkte seinem Teamkollegen einen bedauernden Blick.

„Es tut mir wirklich, wirklich leid“, sagte er, „aber wir benötigen den Hulk noch mal. Tony ist abgestürzt, und wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können, um ihn auszugraben.“

Bruce sah seufzend auf die Schuhe hinab, und dann hinauf zu Reed.

„Wär’s okay, wenn ich die mitnehme?“, fragte er.

Der andere Mann zuckte nur mit den Schultern. „Sie haben früher Ben gehört, und ich glaube nicht, dass er noch Verwendung dafür hat...“

„Danke.“ Bruce lächelte.

Dann erhob er sich und nickte Steve zu.

„Okay“, sagte er. „Lass uns gehen.“
 

*~*~*
 

Auf dem Weg zur Absturzstelle schaltete Steve wieder den Kommunikator ein und warf außerdem einen Blick auf sein Handy, um zu prüfen, ob er neue Nachrichten hatte. Er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, ständig ein tragbares Telefon dabei zu haben, und vergaß häufig, nach neuen Anrufen zu schauen, besonders während ihrer Missionen, wenn die Mitglieder ihres Teams eh alle per Funkverbindung miteinander in Kontakt standen.

Doch Fury wies sie hartnäckig bei fast jedem Einsatz darauf hin, wie wichtig es war, ihre Handys im Auge zu behalten, für den Fall, dass SHIELD sie erreichen wollte, darum fühlte sich Steve auch etwas schuldig, als er sah, dass ihn etwa eine Stunde zuvor jemand angerufen hatte.

Er machte allerdings ein überraschtes Gesicht, als er den Namen des Anrufers sah.

Sofort wählte er seine Nummer.

„JARVIS?“, fragte er. „Was gibt es...?“
 

*~*~*
 

Die Absturzstelle war ein einziges Trümmerfeld.

Noch immer hing Staub in der Luft, aber es war nicht mehr viel. Dennoch banden sie sich sicherheitshalber Tücher vor Mund und Nase, um den feinen Betonstaub nicht einzuatmen.

Steve erkannte sofort, was für ein Glück es war, dass er mit JARVIS gesprochen hatte, denn die Grundfläche des eingestürzten Gebäudes war so groß, wie ein kleines Fußballfeld. Ohne die genauen Koordinaten, die JARVIS ihm geliefert hatte, hätten sie wahrscheinlich tagelang nach Tony suchen müssen.

„Und du bist dir sicher, dass es exakt an dieser Stelle ist?“, fragte er, das Handy ans Ohr gepresst. „Tut mir leid, dass ich noch mal nachhake, JARVIS, aber wir haben vielleicht nur diesen einen Versuch, darum ist es wichtig, dass wir es genau wissen.“

„Ich bin mir zu etwa 99,37% sicher, Captain Rogers“, erwiderte die KI. „Und sollte ich mich doch irren, dann habe ich als Dienstprogramm versagt, und werde mit Freuden meine Datenspeicher löschen...“

„Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird“, sagte Steve hastig, den der Gedanke etwas beunruhigte, dass JARVIS ernsthaft in Betracht zog, wegen einer Fehlkalkulation, die seinen Schöpfer das Leben kosten könnte, Selbstmord zu begehen.

Dann gab er den anderen ein Zeichen, dass er die Stelle gefunden hatte, und sie traten zu ihm und begannen gemeinsam zu graben.

Nachdem er JARVIS angerufen hatte, hatte Steve über die private Sprechleitung ihres Teams Natasha kontaktiert und sie gebeten, sofort zum Avengers Tower zurückzukehren und aus Tonys Labor einen Ersatzreaktor zur Absturzstelle zu bringen. Denn er hätte es sich niemals verziehen, wenn Tony noch auf dem Trümmerfeld gestorben wäre, nur weil er, Steve, nicht an alles gedacht hatte.

Doch ihm war bewusst, dass es auch mit ARC-Reaktor ein Rennen mit der Zeit werden würde, und so grub er verbissen weiter und hob Stein um Stein an, bis seine Finger klamm wurden und er kaum noch Gefühl darin hatte.

Neben ihm standen der Hulk und Ben Grimm von den Fantastic Four und schaufelten mit ihren riesigen Händen den Schutt fort. Susan Storm benutzte derweil ihre Fähigkeit, Kraftfelder zu erzeugen, um größere Bruchstücke darin einzuschließen und weg zu transportieren, sowie die Wände der Grube vor dem Einsturz zu bewahren, während Spider-Man seine dünnen, aber äußerst reißfesten Fäden jeweils um einzelne Betonbrocken wob und sie dann wie an einem Seil von der Grube fortzerrte.

Steve hoffte, dass sie Tony bald fanden. Abgesehen von dem enormen Druck durch den Betonschutt bestand auch die Gefahr, dass ihm bald schlichtweg der Sauerstoff ausging, und selbst JARVIS wusste nicht genau, wie viel Luft ihm noch blieb.

Und so gruben sie immer weiter und weiter, und wenn Steves Bewegungen immer verzweifelter wurden und seine Hände nach einer Weile anfingen zu bluten, dann verloren die anderen kein Wort darüber. Denn sie wussten, dass er nicht aufhören würde, bis er Gewissheit hatte... wie auch immer diese Gewissheit aussehen würde.
 

*~*~*
 

Über ihm war Licht.

Für einen Moment war er sich nicht sicher, ob sein Verstand ihm nur etwas vorgaukelte – überrascht hätte es ihn an diesem Punkt jedenfalls nicht mehr. Doch der schwache Lichtschimmer blieb, und auch wenn Tony halb im Delirium war, wusste er, dass es sich dabei nicht um das Licht am Ende des Tunnels handelte.

Das wäre auch ziemlich ärgerlich gewesen.

Der Schutthaufen um ihn herum kam abermals in Bewegung, und der schmale Spalt über ihm wurde allmählich größer und der Lichtschein heller. Er konnte Stimmen hören, die lauter wurden, je weniger Betonschutt ihn von der Oberfläche trennte. Der Druck auf seine Rüstung ließ langsam nach und wundervolle kühle Nachtluft drang durch die Ritzen und Spalten seines Gefängnisses.

Tonys Hals war zu trocken, als dass er sich hätte lautstark bemerkbar machen können, aber er versuchte es trotzdem.

„Hey! Hallo...! Ich bin hier...!“, krächzte er. Er hustete und begann zu lachen, und das war definitiv eine schlechte Idee, denn plötzlich musste er nur noch mehr husten. Für einen Moment wurde es über ihm still, dann waren plötzlich aufgeregte Rufe zu hören und es wurde immer heller und heller, während ein Stein nach dem anderen von ihm heruntergehoben wurde.

Und auf einmal...

... war er frei.

Das Licht ihrer Lampen blendete ihn so sehr, dass Tony die Augen zukneifen musste und instinktiv das Gesicht wegdrehte. Dann spürte er, wie jemand die Hände seitlich an seinen Kopf legte und vorsichtig die Maske entfernte, und er versuchte, sich zu wehren, doch er hatte keine Kraft mehr.

„Tony...!“, hörte er eine Stimme, die ihm nur allzu vertraut war – und war das nicht eine Überraschung. „JARVIS hat uns gesagt, wo wir dich finden. Wie geht es dir? Hast du dir was gebrochen? Bitte sag was! – Tony!

Tony gab als Antwort nur ein weiteres Husten von sich und blinzelte mit tränenden Augen in das helle Licht. Nach einigen Momenten wurde sein Blick etwas klarer und er sah Steve, der sich mit besorgter Miene über ihn beugte und dabei seinen Atemschutz vom Gesicht zog. Hinter ihm standen noch weitere Personen, aber im Gegenlicht konnte Tony sie nur schemenhaft erkennen.

Steve hatte seine Maske abgelegt, und seine blonden Haare waren grau von all dem Betonstaub um sie herum. Seine Wangen waren schmutzig und sein Gesicht erschöpft, doch seine blauen Augen musterten Tony mit der gleichen Mischung aus Besorgnis und Zuneigung, die ihm so schmerzlich vertraut war.

Es kostete Tony all seine verbliebene Kraft, um die Hand zu heben und sie an Steves Wange zu legen.

„Hat dich schon mal jemand darauf hingewiesen, dass du dir zu viele Sorgen machst?“, murmelte er. „Du solltest das lassen, wirklich, das gibt nur Falten. Und Falten sehen nicht mal an Captain America gut aus...“

Er redete Unsinn und er wusste es, aber wenigstens führten seine Worte dazu, dass sich Steves Miene etwas entspannte und sich ein schmales Lächeln auf seine Lippen stahl.

„Ich werde es überleben“, entgegnete der andere und presste Tonys Hand an seine Wange. „Und du hältst durch, hast du verstanden? Natasha ist gleich hier!“

Tony nickte schwach und schloss dann die Augen.

„Okay“, flüsterte er.

Er war gerettet, und Steve war hier, und nun würde alles gut werden.

Und endlich erlaubte Tony es sich, in die Bewusstlosigkeit abzudriften, die in den letzten Stunden so geduldig auf ihn gewartet hatte. Als Steve kurz darauf erneut seinen Namen rief, hörte er ihn schon nicht mehr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  jackienobu
2014-11-02T21:35:08+00:00 02.11.2014 22:35
Yeah...Tony ist gerettet...
Boar, ich finde das Kapiqtel so bombe. Alles drin was das Jackielein erfreut. Super gute Wortgefecht...Spider man so frech wie ich ihn liebe...
Captain als der ultimative Anführer. Dazu ein Monster das nur mit Hulk zu bezwingen ist...mehr Begeisterung geht nicht...
Dazwischen immer das flehen und hoffen das mit Tony alles ok ist.
So genial das das halbe Team schon gecheckt hat, das sich da was zwischen Tony und cap was anbandelt.


Von: abgemeldet
2014-04-27T18:10:26+00:00 27.04.2014 20:10
Und weiter gehts. Ich konnte leider nicht sofort weiterlesen und das hat mich echt gewurmt. Deine Geschichte ist auf jedenfall sehr fesselnd!

Dass JARVIS erleichtert klingt, hat mich auch verwundert und ich musste daher sehr über Tonys Gedanken lachen! Aber ich find es niedlich, dass JARVIS eine Persönlichkeit hat :) Umso trauriger war es, dass JARVIS anbot, sich zu deaktivieren. Klar, war logisch und auch eigentlich gar nicht schlimm, aber dennoch. Ich musste kurz schniefen! Dass Tony sich unter mehreren Tonnen befindet, finde ich durchaus gruselig. Ich meine...TONNEN! Das muss man sich vorstellen... er hat Glück, dass seine Rüstung so etwas aushält. Irgendwie wäre es wirklich ironisch gewesen, dass er nicht von den Tonnen auf ihn erschlagen worden wäre, sondern doch noch an den Splittern in seinem Herzen stirbt.... (und ja, ich bin froh, dass es so nicht ausgeht xD)

Du wirst dich nicht wundern, dass mein innteres Fangirl bei jeder Clint und Natasha Szene jubiliert hat. Ich finde es toll, dass du auch dich den anderen Charakteren widmest und nicht "nur" Steve und Tony (wobei die Diskussion über eben diese beiden auch wirklich witzig ist).
Und aw - Spiderman. Ich kann mir die Szene richtig gut vor dem inneren Auge vorstellen, wie er da verschüchtert vorn steht und dennoch Witze reißt ;)  Spider-Man hast du, meiner Ansicht nach, auch richtig gut getroffen. Ich mag ihn so, wie er ist! Die Dialoge von dir finde ich wirklich toll geschrieben, denn sie zaubern mir immer wieder ein Lächeln auf das Gesicht, weil sie einfach lustig sind. Schön finde ich, wie du komische Elemente einbaust, aber damit nicht überstrapazierst (genauso wie mit den tragischen).
Das macht es sehr angenehm zu lesen.
Ich muss zugeben, dass ich durch den Zeitsprung, da Spider-Man wieder bei Cap. war, etwas verwirrt, aber du hattest ja vorher gesagt, dass es nicht alles unbedingt der Reihenfolge enspricht und so war die Verwirrung auch schnell aufgelöst, weil ja klar war, was der Auftrag an Spiderman war ;D

Die Rettung - sowohl von dem Wesen, als auch von Tony - war gut beschrieben, so gut, dass ich agr nicht aufhören konnte zu lesen. Natürlich wieder der Hulk (Ach, Bruce! Was würden sie nur ohne dich machen?) und Reeds Reaktion erinnert mich doch auch an Tony, der ja auch gleich (im Film) Bruce getestet hat :'D
Und yay, sie haben ihn gefunden ;D

Ich bin wirklich gespannt, wie es weiter geht! Super Sache! :)
Von:  MrsTime
2013-08-07T18:19:22+00:00 07.08.2013 20:19
Oh man ist das spannend, die Geschichte liest sich einfach so weg, einfach faszinierend. Mir gefällt so viel an der Geschichte, dass ich hier gar nichts besonderes hervorheben kann, weil mir alles so gut gefällt.
Ich merke aber gerade, dass mir das Wissen über einige Helden noch fällt und ich das unbedingt nach holen möchte. Ich habe jetzt richtig Lust auch die Comics zu ihnen zu lesen, teilweise habe ich schon damit angefangen, aber ich möchte jetzt unbedingt noch mehr erfahren. Danke dafür!
Von:  LadyKatsa
2012-08-28T17:09:26+00:00 28.08.2012 19:09
Wahnsinn!!!! Ich liebe diese Fanfic so sehr und schaue jedes Mal nach, ob es was Neues gibt! Ganz besonders gefallen hat es mir, als Natasha Spidey ohne seine Maske gesehen hat, so süß! Mach bitte, bitte weiter so! :D
Von:  Corabora
2012-08-25T15:59:44+00:00 25.08.2012 17:59
Deine FF ist einfach nur WOW.
Ich bin sowas von begeistert, dass ich nicht weis was ich sagen soll.

Auf jeden Fall alle Daumen hoch und mach weiter so!!!!

Freue mich riesig auf die Fortsetzung. :)
Von:  mor
2012-08-23T17:01:37+00:00 23.08.2012 19:01
ich muss gestehen ich bin von diesen kappie überwäldigt ^^ es ist spannend und sehr gut geschrieben, so das man sich vorstellen könnte man währe Live im geschehen dabei ^^
Von:  ChailaMing
2012-08-19T19:36:30+00:00 19.08.2012 21:36
Ich muss sagen, ich finde deine FF genial!
Soviel Spannung hab ich selten gelesen.
Man kann gar nicht mehr aufhören zu lesen und möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht.
Ich freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel! :)

LG Chaila
Von:  Lance
2012-08-19T15:44:12+00:00 19.08.2012 17:44
Oh mein Herz!
Spannender hättest du es wirklich nicht machen können, weiß du das? Ich hab schon gedacht du quälst mich wieder mit einem Kliffhänger, ich glaube dann hätte ich dich verprügelt. Ich hätte dich gefunden und dann...!
Aber gut, ich weiß nicht was du an diesem Kapitel auszusetzen hattest, ich liebe es, ich hatte erst gedacht Thor kommt und schlägt mit seinem Hammer um sich oder so, aber Hulk, ich weiß warum ich ihn so abgöttisch liebe <3
*sein Item gerade besonder streichelt*
Und Spidey ist noch adorable als beim letzten Mal. Ich... ich will ihn knuddeln und küssen, wobei ich Clint und Tasha auch so putzig fand, aber dieses 'Größe'-Problem... ich fand es genial, die beiden sind niedlich und die beiden sind natürlich allwissend, was Gefühle zwischen unserem Mr Super-Gen und Mr Playboy angeht, ich habs gehofft, denen steht es einfach am besten!
Ich weiß gar nicht was ich noch schreiben soll, es war so toll und ich hatte so viel Angst um Tony ;___; Es erinnerte mich ein wenig an 72 Stunden, wo der mit seinem Arm da festgesteckt hat. 
Nargh, ich hoffe Steve darf Tony seinen Reaktor einbauen, ich WILL das er seinen Reaktor austauscht mit Anleitung von Jarvis!
Und froh bin ich auch, dass Jarvis sich nicht selbst löschen musste, ich hätte ihm das auch abgekauft, aber das darf er niemals tun. Und Reed und Bruce, willst du das ich die beiden shippe? Das hat gerade total Potential gehabt ey xDD
Gott ich hasse dich, dass ich dich dafür liebe |D
Ich würde so gerne wissen wie es weiter geht, schreib schneller, schieß den Kurs ab, wer braucht das schon?! *troll*
Die Hitze steigt mir zu Kopf, ich schreib Schwachsinn! Egal, es war ein absolut zum niederknien perfektes Kapitel! ó.ó
*zurück zum GB wandert um dich weiter zu belästigen*

LG


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