Zum Inhalt der Seite

Exitus

Wenn der Feind die Natur ist
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schneekönigin

Es hatte geschneit. Eine dünne weiße Schicht Schnee verdeckte das Blut auf dem Boden. Rieselte auf die toten Körper auf der Straße herab und bedeckte ihre ausdruckslosen Gesichter mit weißen Flocken. Es sah fast friedlich aus.

Es knirschte leise, als Triels Stiefel auf den Schnee trat. Sie senkte den Blick auf den Boden und ging langsam, jeden Schritt behutsam abwägend, in Richtung Stadttor.
 

Wenn man das so nennen konnte.

Die Katastrophe, die die Infrastruktur der Drow so zerstört hatte, war ein Erdbeben gewesen. Es hatte die ehemals unterirdische Stadt an die Oberfläche gedrückt und zerrüttet. Um das, was von ihrer Heimat übrig war, zu schützen, hatten die Drow einen Palisadenwall errichtet. Notdürftig aufeinandergeschichtete Holzstücke hielten wilde Tiere von der Elendssiedlung fern.

Triel schnaubte. Als ob das was bringen würde.
 

Sie brauchte nicht einmal das Tor öffnen, um aus der Stadt zu gelangen – der Wall war so niedrig, dass sie einfach drübersprang.
 

Sie fröstelte. Auf ihren Haaren war bereits eine dünne Schicht Schnee und einzelne Flocken hingen in ihren Wimpern. Wie bei den Toten, dachte Triel.

Sie schauderte und beschleunigte ihren Gang.
 

Die Landschaft war bereits mit Schnee besprenkelt, deshalb wurde das ganze Ausmaß der Zerstörung nicht ganz klar.

Triel hörte etwas und sah gerade, wie sich eine weiße Schnauze in einen Busch zurückzog. Ein Wolf. Womöglich waren die Tiere nicht besser dran als die Zivilisation. Nach Triels Informationen war der gesamte Planet von einzelnen Katastrophen heimgesucht worden. Vulkanausbrüche, Stürme, Flutwellen und Erdbeben hatten die Welt an die Grenze des Erträglichen gebracht. Viele sprachen von Apokalypse.
 

Der Wolf folgte Triel eine Weile, begleitete sie ein paar Meter von ihr entfernt.

Triel sah ihn offen an und das Tier fiepte erschrocken, verschwand wieder im Unterholz.
 

Die Wintersonne blendete. Als Dunkelelfe war Triel absolute Finsternis gewohnt, das Licht schmerzte in ihren Augen.
 

Sie lief tagelang durch die Schneelandschaft, rastete in halbverschütteten Höhlen. Irgendwie kam es ihr so vor, als würde der Wolf ihr immer noch folgen.

Vermutlich glaubt er, ich sterbe bald und will meine Leiche fressen, schoss es ihr durch den Kopf. Diese makabren Gedanken suchten sie schon seit sie die Stadt verlasen hatte heim. Pessimismus beherrschte ihr Denken und ließ sie beinah verzweifeln.
 

Sie war schließlich aus dem Schneegebiet herausgekommen. Die Winterlandschaft war in einen spärlich besiedelten Wald übergegangen. Die Art, wie die Bäume standen, ließ Triel vermuten, dass sie im reich der Menschen war – nur sie betrieben Forstwirtschaft und kämen auf die Idee, Bäume im geometrisch korrekten Raster anzupflanzen.
 

Ein Stock knackte und Triel fuhr herum.

„Eine Dunkelelfe!“ rief jemand. „lasst sie nicht bis zum Dorf vordringen!“

„Dunkle Kreatur! Du wirst deinen Abstecher hier her bereuen!“ kam es aus der anderen Richtung und ein Pfeil schoss haarscharf an Triels Stirn vorbei.
 

Sie griff nach ihrem eigenen Bogen und spannte einen Pfeil ein.

„Ich bin auf der Durchreise! Lasst mich passieren, ich will nicht gegen euch kämpfen!“ rief sie, feststellend, dass sie ziemlich heiser war.

„Tötet sie!“
 

Triel wich einem weiteren Pfeil aus und sah ihre Angreifer. Es waren mindestens zwanzig Menschen, bis an die Zähne bewaffnet, die Gesicht vor Angst und hass verzerrt.

„Ich habe euch doch nichts getan!“ flehte sie verzweifelt. Sie wusste, dass es den Menschen ähnlich ging wie ihrem Volk und wollte sie nicht verletzen.
 

„Es war doch dein Volk, dass uns dieses Unheil beschert hat, mit eurer schwarzen Magie!“ blaffte einer der Menschen zurück und zog seine Waffe.

„Das ist nicht wahr!“ widersprach sie und musste einem Schwerthieb ausweichen.
 

„Stirb, Hexe!“ brüllte ihr Kontrahent und griff wieder an.

Triel sah ein, dass gutes Zureden hier keinen Zweck hatte. Sie entschuldigte sich im Geiste bei den Menschen und zog ihre Schwerter.
 

Sie war eine Dunkelelfe und sie war eine Kriegerin. Deshalb wusste sie, dass sie töten musste, um in dieser Welt überleben zu können. Und sie wusste, wenn sie die Hemmschwelle überwunden hatte, gab es kein Zurück.

Das war etwas anderes, als die Trainingskämpfe mit ihrem Vater, diese Leute wollten sie um jeden Preis töten.

Sie parierte einen Schlag und Stahl schlug klirrend auf Stahl.

Ein weiterer Schwerhieb, Triel duckte sich weg und schlug zu. Ihr Schwert traf den Menschen am Bauch und Blut floss über Triels Hand. Sie hatte die Bauchschlagader verletzt.

Sie machte einen Satz nach oben, schlug im Sprung noch dem Menschen den Kopf ab.
 

Wutschreie, und alle anderen stürmten auf sie zu.

Ihre Hand verkrampfte sich und weitere drei fielen ihrer Waffe zum Opfer.
 

Die Hemmschwelle, sie war gebrochen. Triel tötete sie alle, wiegte sich schon in Sicherheit als ein Pfeil von hinten in ihr Knie einschlug und sie zu Boden sank.

Das War’s, dachte sie. Tut mir leid, Mutter. Du hattest Recht.
 

Der Schütze landete vor ihr und zielte mit einem zweiten Pfeil zwischen Triels Augen.
 

Etwas knurrte heiser und etwas Weißes schoss über Triels Kopf hinweg. Ein Wolf. Es war der Weiße Wolf, der ihr gefolgt war.

Er knurrte den Menschen an. Irgendetwas Merkwürdiges ging hier vor. Der Bogen schütze ließ seine Waffen fallen und floh.
 

Das Raubtier wandte sich anmutig Triel zu und setzte sich auf das Hinterteil.

„Danke...“ flüsterte sie leise. Während des Kampfes war ihr gar nicht aufgefallen, dass sie verwundet war. Sie hatte eine tiefe Wunde an der Seite und spürte, wie der Blutverlust sie langsam das Bewusstsein verlieren ließ...
 

--

Triel erwachte. Der Geruch von gebratenem Fleisch stieg ihr in die Nase und sie schlug die Augen auf.
 

Sie war in einer Höhle und an einem kleinen Feuer kauerte eine junge Frau. Sie hatte genauso helles Haar wie Triel und trug ein abgerissenes braunes Lumpen. Das Licht des Feuers verlieh ihr ein merkwürdig zerbrechliches Aussehen.

„Ah, du bist wach.“ Sagte sie, als sie sich umdrehte, bemerkte Triel die spitzen Ohren. Eine Elfe. Eine Oberflächenelfe. Eine Feindin ihres Volkes.

Erschrocken tastete Triel nach ihren Schwertern.

„Suchst du die?“ fragte die Elfe und hob Triels Waffengürtel an. „Keine Angst. Wenn ich dich töten wollte, hätte ich dich einfach von diesem Menschen abschlachten lassen können.“
 

Triel verstand nur Bahnhof. Ihre Hand glitt über den Verband an ihrer Seite und an ihrem Knie.

„Aber.. der Wolf...?“ fragte sie zögerlich.

„War ich.“ Sagte sie Elfe. „Ich hab dich verarztet, die Wunden dürften recht schnelle heilen.“
 

Triel hatte so viele Fragen, sie verstand gar nichts. Was war nur hier vorgefallen?
 

Die Elfe lächelte zutraulich.

„Ja. Ich hab dich gerettet. Ich bin etwas, was man Wolfkatzenelfe nennt.“ Erklärte sie. „ich wurde von einem Werwolf gebissen, als ich ein kleines Mädchen war.“
 

„Aber... sterben Elfen nicht, wenn sie von einem Werwolf gebissen werden?“ fragte Triel

„Ja. Ich aber nicht. Irgendetwas hat die toxische Reaktion des Werwolfgifts mit meinem Blut verhindert. Stattdessen hat es mich verändert, stärker gemacht. Warum weiß ich nicht, hat was mit Genetik zu tun. Wolfkatzenelfen sind selten, nicht zuletzt, weil wir als Kannibalen gefürchtet und gejagt sind, Zu Unrecht, übrigens.“ Erzählte Die Elfe.
 

Triel schwieg betreten.
 

„Als mein Volk bemerkte, was aus mir geworden war, haben sie mich fortgejagt. Ich bin eine Ausgestoßene unter den Elfen aber eine Göttin unter den Wölfen.“ Sie lachte dreckig. „Schon Ironie des Schicksals, dass ich dich vor dieser abgekackten Stadt gefunden hab, was?“
 

Triel sah sie an.

„Das tut mir wirklich leid. Aber warum hast du mich gerettet?“ wollte sie wissen.
 

„Nun, ich habe gehört, wie du von diesen Menschen beschimpft wurdest. Du kannst nichts dafür, sie hätten dich getötet. Bloß dafür, was du bist. Das Gefühl kenne ich nur zu gut.“ Antwortete die Wolfkatzenelfe lächelnd.
 

„Ich kenne doch noch nicht ein mal deinen Namen...“ wand Triel ein.
 

„Eva.“ Antwortete die Elfe. „Aber sie nennen mich auf ‚Schneekönigin’ weil ich in Wolfgestalt weiß bin.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück