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Only Once in a Lifetime

Deine große Liebe findest du nur einmal
von

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Silvester

Nach Weihnachten waren viele der Weasleys und Potters zurück nach Hause gereist. Bis auf Louis, David, Fred und Lucy hatte keiner länger als 3 Tage Urlaub bekommen und somit auch nicht um Silvester herum frei. Außer den eben genannten vier Personen waren nur noch Lily, Hugo, Albus, Scorpius, Raphaela, Rose und ich im Fuchsbau geblieben um unsere restlichen Ferientage unter der Behütung von Molly Weasley zu genießen.
 

Wie jeden 31. Dezember seit 5 Jahren wachte ich früh morgens mit einem beklommenen Gefühl im Magen auf. So sehr ich auch dieses Weihnachtsfest genossen hatte und so sehr ich jeden aus der Familie Weasley gern hatte, so konnte mich dennoch keiner über den verjährten Verlust meiner Mutter hinwegtrösten.

Leise, um nicht meine an ihre Freundin gekuschelte beste Freundin zu wecken, stand ich auf und suchte im Dämmerlicht der frühen Morgenstunden warme Kleidung und Hygieneartikel sowie ein Handtuch zusammen. Auf Zehenspitzen schlich ich aus dem Zimmer und ins Badezimmer.

Damit ich duschen konnte, ohne jeden im Haus zu wecken, wollte ich einen Schweigezauber über den Raum legen. Ich, Schussel, hatte aber meinen Zauberstab vergessen. Vorsichtig schloss ich deshalb wieder die Badezimmertür auf und öffnete diese.

Zu meinem Erstaunen stand mit einer wie zum Anklopfen erhobenen Hand Louis vor dieser.

Einen Augenblick starrte ich ihn an. In meinen Augen sah er in diesem Moment einfach nur unbeschreiblich gut aus. Seine Haare waren noch vom Schlafen ganz zerzaust und sein nackter Oberkörper war wahrlich verführerisch und lud einen eigentlich zum Anschmiegen ein.

„Morgen“, hauchte ich verspätet.

„Bonjour“, erwiderte er genauso leise. „Bist du schon fertig im Bad, sonst ge‘ isch runter und warte solange.“

„Nein, ich wollte eigentlich gerade duschen gehen. Aber ich hab meinen Zauberstab vergessen um einen Schweigezauber über das Bad zu legen. Ich will keinen wecken“, antwortete ich noch immer leise.

„Du kannst meinen ne’men. Bring i’n mir wenn du fertig bist runter in die Küsche“, meinte Louis und hielt mir seinen Zauberstab entgegen.

„Lieber nicht. Fremde Zauberstäbe richten in meiner Hand nur Chaos und Verderben an. – Ich weiß das klingt jetzt sehr merkwürdig, aber warum kommst du nicht einfach rein. Während ich dusche kannst du dich ja schon anziehen und so und musst nicht darauf warten bis ich fertig bin“, schlug ich meinem Gegenüber vor. „Wäre nicht das erste Mal, dass ich jemand männlichen aus deiner Familie mit im Bad hatte.“

Verlegen sah ich auf meine Füße hinab und wartete auf eine Erwiderung.

Augenblicke verstrichen. Noch immer bekam ich keine Antwort.

Zögerlich hob ich meinen Blick.

Louis sah mich mit einer Mischung aus Schalk, Unsicherheit, Erheiterung und Unglauben an.

Erst jetzt wurden mir meine Worte erst richtig bewusst. Zumindest, wie sie klingen mussten. Vor allem der letzte Satz.

„Okay, weißt du was, vergiss bitte was ich gesagt habe“, meinte ich eilig und versuchte zu ignorieren, dass meine Wangen vor Unbehagen brannten.

„Non, schon okay. Isch bin nür überrascht, dass du so eine Vorschlag machst. Wir kennen uns immer‘in noch nischt lange und nischt gut“, entgegnete Louis mir. Diesmal eindeutig unsicher sah er mich mehrere Augenblicke lang an. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen.

Ich war mir unsicher, ob ich jetzt einfach das Bad freimachen sollte und warten sollte bis er fertig war, um dann mit meinem eigenen Zauberstab zurück zu gehen und mich fertig zu machen, oder aber ob ich darauf bestehen sollte, dass er unten in der Küche warten sollte, bis ich umgezogen und geduscht war.

Dass er meinem Vorschlag zustimmen würde, glaubte ich nicht. Es war schließlich auch eine dumme Idee gewesen, oder nicht?

„Wenn du wirklisch damit einversta’nden bist, dann ne’m isch deine Vorschlag an“, meinte Louis schließlich.

„Äh, was?“ Verblüfft sah ich ihn an. Hatte ich das gerade richtig verstanden? Hatte er meinem Vorschlag zugestimmt?

Verwirrt sah auch Louis mich an. „Isch bin einversta’nden, dass du und isch uns zusammen in die Bad umziehen“, beantwortete er meine Frage.

„Äh, ja… Komm rein!“

Verlegen drehte ich mich um und ging zurück ins Badezimmer. Hinter mir hörte ich, wie Louis die Tür schloss und einen Schweigezauber über den Raum legte.

Mit zittrigen Fingern legte ich mir mein Handtuch sowie meine Unterwäsche auf einem Hocker neben der Dusche ab und schlüpfte hinter den Duschvorhang. Mit fahrigen Fingern entledigte ich mich meines nächtlichen Gewands und ließ dieses unter dem Vorhang hindurch auf den Boden fallen.

Bevor ich das Wasser andrehte, hielt ich kurz inne, um zu lauschen was Louis in der Zwischenzeit tat. Leise hörte ich ihn in seinem Kulturbeutel kramen.

Ohne weiter auf den Halbfranzosen zu achten begann ich mich zu duschen.

Für meine Verhältnisse ungewöhnlich schnell war ich fertig mit Haare waschen und allem. Vorsichtig griff ich durch den Spalt zwischen Vorhang und Wand nach meinem Handtuch um mich abzutrocknen. Diesen Handgriff wiederholte ich, um meine Unterwäsche hinter den Duschvorhang zu holen und schließlich in Unterwäsche bekleidet diese zu verlassen.

Den auf dem Klodeckel sitzenden Louis ignorierend zog ich bemüht ruhig meine Strumpfhose und meine Jeans an. Genauso ruhig putzte ich mir meine Zähne und tuschte mir meine Wimpern. Meinen Pullover ließ ich noch so lange an seinem Platz liegen, bis ich meinen Kulturbeutel und meinen Schlafanzug zusammengepackt hatte.

Plötzlich stand Louis hinter mir und strich mir seicht über meinen Oberarm.

„Isch hatte rescht! Du bist wunderschön. Und du ‘ast in meinen Augen keine breiten ‘üften.“, wisperte er.

Verlegen blinzelte ich ihn durch den Spiegel hin an. Sanft erwiderte er meinen Blick.

Irgendwie gefiel mir das Bild, das wir beide gerade boten. Es verzauberte mich und ich wünschte, die Zeit würde stehen bleiben. Allein schon, um für immer seinen herrlichen Duft einatmen zu dürfen.

Doch die Zeit war immer gegen einen. Energisch wurde gegen die Tür geklopft.

„Wer auch immer da im Bad ist, soll sich verdammt noch mal beeilen“, knurrte Hugo.

Erschrocken sprangen Louis und ich auseinander. Ich konnte das Gefühl des Ertapptseins nicht leugnen, obwohl eigentlich nichts passiert war. Nichts Verwerfliches zumindest. Mit meinem Herz schon eher.

Ich sollte wahrlich doch mal Rose‘ Geschenk ausprobieren. Es war mir zwar noch ein Rätsel, was die Kette mir bringen sollte, doch wenn Rose mir schon ein Geschenk mit so einem Brief machte, musste es etwas Sinnvolles für mich sein. Vielleicht half mir ja die Kette dabei zu erkennen, ob es jemand mit mir ehrlich meinte und nicht nur mit mir spielen wollte, bevor ich mein Herz wieder an so einen Schurken verlor.

Leise vor sich her murmelnd beendete Louis den Schweigezauber und rief seinem Cousin zu. „Ist es serr dringend, dass du in die Bad musst, ‘ugo? Oder ´ab isch noch ein paar Minüt?“

„Nein, es ist nicht dringend, ich will nur vor den Mädchen im Bad sein, das ist alles. Ich komm in 5 Minuten noch mal, in Ordnung?“

„Bien“, antwortete Louis und lauschte genau wie ich gespannt, wie sich Hugo schlurfenden Schrittes entfernte und anschließend die Treppe runter verschwand.

Auch wenn nichts passiert war und wir nur zweckmäßig und aus Zeitgründen das Bad geteilt hatten, so wollten wir beide nicht, dass man uns zusammen aus diesem kommen sah. Wir wollten einfach nicht, dass jemand etwas falschen hineininterpretierte, wo nichts war.

„Wir sollten gehen, bevor der nächste kommt“, flüsterte ich.

„Keine Sorge, noch kommt kein anderer. Von den ´ier Anwesenden ist keiner außer ‘ugo ein Frü’aufste’er“, beruhigte mich Louis. „Komm ‘er. Du ‘ast noch ganz nasse ‘aare.“

Langsam kam ich näher zu ihm hin, allein schon, um wieder seinen herrlichen Duft einatmen zu dürfen. Sacht lächelte ich ihn an, ließ mich von ihm sanft umdrehen, sodass ich wieder mit dem Rücken zu ihm stand und ihn dennoch durch den Spiegel beobachten konnte.

Mit geschickten und liebevollen Fingern durchkämmte er grob meine nassen Haarsträhnen und trocknete genauso vorsichtig diese.

Bin in zwei drei Minuten war mein Haar getrocknet.

Ausgiebig musterte mich Louis. „Du solltest dein ‘aar öfters offen tragen.“

Überrascht sah ich ihn an. „Warum?“

„Weil du wundervolle ‘aare ‘ast“, antwortete er mir ruhig.

„Mag schon sein, aber zurückgebundene Haare sind für mich eindeutig praktischer“, erwiderte ich ruhig und ließ meinen Worten Taten folgen, indem ich meine Haare zu einem Zopf zurückband. „Wir sollten runtergehen, bevor Hugo wiederkommt.“

Zustimmend nickte Louis, griff an mir vorbei nach seinen Kultursachen und öffnete die Tür. Er hielt sie mir galant auf, damit ich vor ihm das Badezimmer verlassen konnte.

Flüsternd bedankte ich mich und schlich dann zurück zu dem Zimmer, dass ich mir mit Rose und Raphaela teilte.

Obwohl ich leise wieder das Zimmer betrat, sahen mich meine beiden Freundinnen erwartungsvoll an.

„Morgen, Louise. Ich bin erstaunt, dass ich dich nicht im Bad gehört hab. Schweigezauber, oder?“, erkundigte Rose sich und sah mich dabei seltsam vergnügt an.

„Äh, ja. Hättest du es etwa anders gemacht?“, erwiderte ich, ruhig und suchte unauffällig nach meinem Zauberstab, während ich meinen dreckigen Schlafanzug auf den Haufen Schmutzwäsche von mir und Rose fallen ließ und meinen Kulturbeutel im Koffer verstaute. Doch obwohl ich mir sicher war, dass ich ihn auf dem Nachtschränkchen liegen gelassen hatte, konnte ich ihn dort nicht mehr liegen sehen. Vielleicht hatte ich ihn doch woanders liegen gelassen.

„Ach, du kannst die mittlerweile ohne Zauberstab?“, meinte jetzt auch Raphaela erstaunt. „Wenn das so ist, musst du mir das dringend beibringen. Könnte für mich ganz schön nützlich in der Arbeit sein.“

Da dämmerte mir, dass meine beiden Freundinnen meinen Zauberstab, den ich wirklich auf dem Kästchen liegen gelassen hatte, genommen hatten und vor mir versteckt hielten.

Ertappt drehte ich mich um. „Nein, kann ich nicht. Jemand hat für mich den Schweigezauber gesprochen“, erklärte ich. Meinen Blick auf den Boden gerichtet hielt ich den beiden jungen Frauen fordernd meine Hand hin. „Könnte ich jetzt bitte meinen Zauberstab haben?“

„Nur wenn du sagst, mit wem du im Bad warst?“, entgegnete Rose und wedelte mit meinem Zauberstab vor mir rum.

„Neugierig bist du gar nichts, oder?“, seufzte ich. „Aber um deine Frage zu beantworten, jemand der schon volljährig ist und nicht nach Hogwarts geht.“

Überlegend schaute Rose mich an. „Das ist doch keine Antwort!“, rief sie entrüstet.

Doch statt zu antworten zuckte ich nur verschmitzt grinsend mit den Schultern und verließ mit meinen Zauberstab das Zimmer. „Wir sehen uns unten!“, rief ich meiner besten Freundin und Raphaela zu, bevor die Tür hinter mir ins Schloss fiel.
 


 

Unser Frühstück war mittlerweile beendet. Glücklich gesättigt lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück.

„Und was machen wir heute Abend?“, fragte Lucy in die Runde. „Fred, du hast bestimmt schon etwas für uns geplant, oder?“

Keck grinste dieser seine Cousine an. „Für wen hältst du mich, Lucy? – Natürlich hab ich was geplant. Etwas Feuerwerk von Dad… ausgeborgt und noch diverse andere Objekte für die Unterhaltung mitgenommen.“

Die meisten am Tisch schlugen sich erfreut in die Hände.

„Super, Fred!“, meinte Hugo erfreut. „Das neue Jahr kann dann ja nur klasse werden!“

„Auf mich/misch müsst ihr/i’r aber verzichten/verzischten“, sagten David und ich gleichzeitig.

Erstaunt wurden wir beide angestarrt.

„Warum? Habt ihr beide schon was zusammen vor?“, wollte Lily wissen. Ihr Blick dabei sprach Bände. So wie David und ich uns leiden konnten, war es wohl wahrscheinlicher, dass Muggel fliegende Autos produzierten, als dass David und ich etwas gemeinsam freiwillig unternähmen.

„Was? Nein!“, antwortete David. „Isch muss nur ‘eute schon nach ‘ause. Marie beste’t auf meine Anwesen’eit ‘eute Nacht. Isch kann leider nischt bleiben, Louis. Tüt mir leid.“

„Wann brischt du auf?“, erkundigte sich der Blondhaarige ruhig bei seinem Freund.

„In zwei Stunden, warum?“

„Isch muss kurz mit dir reden“, antwortete Louis und trank einen Schluck aus seiner Tasse Kaffee. „Ge’n wir ‘och?“

„Oui!“

Sich bei uns anderen am Tisch verabschiedend standen die beiden ehemaligen Beauxbatonsschüler auf und verließen die Küche. Kaum dass beide den Raum verlassen hatten, sah mich Rose durchdringend an. „Was ist dein Grund, dass du heute Nacht keine Zeit hast?“

„Ich möchte einfach nicht mit euch feiern“, erklärte ich mich.

Schmollen verzog sich Rose‘ Mund und sie öffnete ihn, um mir wahrscheinlich etwas Gemeines an den Kopf zu werfen.

„Rose, bevor du jetzt denkst, dass du oder irgendein anderer der Anwesenden mir egal wäre“, ließ ich sie nicht zu Wort kommen. „muss ich dir sagen, dass dem nicht so ist. Es hat wirklich mit keinem von euch etwas zu tun, das ich nicht mit einem von euch Silvester feiern möchte. Ich verbringe in Andenken an meine Mum gerne Silvester alleine, draußen unter freiem Himmel.“

„Ich find’s zwar nicht toll, aber ich akzeptier deinen Wunsch nach Ruhe“, sagte Rose und fügte mahnend hinzu: „Wehe, du passt heute Nacht nicht gut auf dich auf!“

„Keine Sorge, solange ich jetzt erfahre, was ihr heute Nacht noch so alles plant und anstellen wollte, kann ich ja jeder potenziellen Gefahr ausweichen“, antwortete ich amüsiert lächelnd. „Also ich höre…“
 


 

In meine Jacke eingepackt verließ ich den Fuchsbau und schlug den Weg Richtung Wald ein. Meinen Schal vergaß ich im Haus.

Die Chance, dass mich eine der berühmten Weasley-Silvesterraketen treffen würde, war in diese Richtung sehr gering. Fred hatte vor, damit die einzelnen Effekte besser zur Geltung kämen, die Raketen auf dem freien Feld hoch steigen zu lassen. Er versicherte mir, dass selbst wenn ich nicht direkt bei ihnen wäre, dennoch mit Sicherheit das Lichtspektakel sehen würde. „Es wird atemberaubend werden“, wie er mir versicherte. Irgendetwas in mir sagte mir, dass er damit durchaus recht haben könnte. Das die Weasley-Raketen einem im wahrsten Sinne des Wortes den Atem rauben würden.

Dem Lichtschein meines Zauberstabs folgend wanderte ich durch den Wald, bis ich weit entfernt vom Fuchsbau auf einer Lichtung Halt machte und mich auf einen umgestürzten Baumstamm setzte.

Fasziniert beobachtete ich, wie mein Atem vor mir im Lichtschein des Zauberstabes kondensierte.

Wie immer dachte ich darüber nach, wie es jetzt hätte sein können, wenn meine Mutter damals früher losgefahren wäre, um mich von meinen Großeltern abzuholen oder aber, wie es hätte sein können, wenn ich nicht zu meinen Großeltern gewollt hätte.

Ich wusste zwar, dass es sinnlose und eigentlich auch quälende Gedanken waren, die ich mir da machte, da ich die Vergangenheit nicht mehr verändern konnte und sie akzeptieren sollte. Dennoch musste ich jedes Jahr wieder und wieder an meine Mum denken, daran denken, dass wenn sie nicht vor 5 Jahren gestorben wäre, mein Vater jetzt noch der liebevolle Daddy von früher wäre. Mir nicht bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit vorwerfen würde, dass ich es Schuld sei, dass die Liebe seines Lebens verstorben war. Obwohl mir klar war, dass mich eigentlich keine Schuld an dem Tod meiner Mutter traf, tat es weh von dem einzigen Menschen der noch lebte und mit mir verwandt war dafür verantwortlich gemacht zu werden.

Manchmal wusste ich wirklich nicht, was mich mehr schmerzte, dass er mich in einem seiner vielen Vollrausche schlug und manchmal sogar ernsthaft verletzte oder seine Worte, die mir seelische Schmerzen bereiteten.

Mit niemandem hatte ich je über das Verhalten meines Vaters mir gegenüber gesprochen. Keiner wusste, wie sehr er mich auf irgendeine Art und Weise verletzte. Selbst Rose, meiner besten Freundin auf Erden, die eigentlich alles über mich wusste, hatte ich noch nie davon erzählt.

Während ich mal wieder über meinen Vater nachdachte, obwohl ich eigentlich an meine Mutter denken wollte, liefen mit stumme Tränen über die Wangen, die auf meinen von der Kälte gereizten brennende Spuren hinterließen.

Plötzlich hörte ich ein knirschendes Geräusch, so eins, dass entsteht, wenn jemand oder etwas über Schnee geht.

Erschrocken richtete ich mich auf und dreht mich in die Richtung des Lautes um. Doch in dem geringen Lichtschein meines Zauberstabes konnte ich niemanden sofort erblicken.

Zu selben Zeit, in der ich meine Zauberstabhand hob, um den Radius des Lichtscheins zu vergrößern, rief ich zaghaft: „Rose? Bist du das?“

Im selben Moment, indem mir geantwortet wurde, erkannte ich, dass es nicht Rose war, die mir in den Wald gefolgt war, sondern Louis, der auf die Lichtung getreten kam.

Verlegen wischte ich mir mein Tränen von den Wangen.

Bitte lass ihn nicht gesehen haben, dass ich geweint habe, dachte ich verzweifelt.
 

„Hi“, rief ich ihm leise und mit energieloser und zittriger Stimme entgegen.

„Bonjour“, entgegnete er. Langsam schritt er auf mich zu.

Um ihn nicht zu blenden und um mein Gesicht besser im Schatten verstecken zu können senkte ich meinen Zauberstab. Es musste nicht gleich jeder sehen, dass ich geweint hatte. Vor allem war es mir peinlich, dass es Louis war, der mich so entdeckt hatte. Obwohl hatte er ja noch nicht. Vielleicht hatte ich Glück und ihm würde es nicht auffallen.

Meinen Blick schön gesenkt haltend machte ich ihm auf dem Stamm Platz.

„Alles in Ordnung?“, fragte er mich. Ich konnte mir vorstellen, wie er mich gerade ansah: Mitleidig, fragend und wahrscheinlich gnädig.

Wer konnte ihm aber diesen Blick verdenken?

Ich würde mit Sicherheit genauso schauen, wenn ich jemanden den ich halbwegs kannte an Silvester weinend mitten in einem dunklen Wald vorfinden würde.

„Ja, alles Bestens!“, meinte ich.

„Sischer?“, erkundigte er sich liebevoll.

Zittrig atmete ich ein und schloss meine Augen, um die erneut aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich zwang mich dazu zu nicken.

Oh Merlin, warum hatte er mich nur heute Abend so erwischt. Warum, war er überhaupt so… so… sanft zu mir? Das konnte ich an einem Tag wie diesem oder eher einer Nacht wie dieser, in der ich wieso so traurig und melancholisch war gar nicht gebrauchen. Das war auch der Grund, warum ich seit fünf Jahren Silvester ohne irgendjemanden verbrachte. Ich vermisste immer noch meine Mama so sehr. Eigentlich sollte ich doch längst akzeptiert haben, dass sie tot war, aber ich konnte es nicht.

Obgleich ich mich bemüht hatte, meine Tränen zurückzuhalten, konnte ich nicht anders, als leise aufzuschluchzen.

Beschämt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und wand mich von dem Halbfranzosen ab. Dass ich meinen Zauberstab hatte fallen lassen, war mir egal. Irgendwie war mir so ziemlich alles egal. Ich wollte nur, dass Louis einfach ging und mich allein ließ. Doch den Gefallen tat er mir nicht.

Sacht legte sich ein Arm um meine Schultern und zog mich an eine starke Brust. Instinktiv verbarg ich mein Gesicht in seiner Jacke und klammerte mich an ihn.

Sanft wurde ich gewiegt und lieb gehalten, während ich mich ausweinte.
 

Einige Minuten, ob es fünf, zehn oder 30 Minuten waren konnte ich nicht sagen, weinte ich mich bei ihm aus und ließ mich trösten. Als ich keine Träne mehr vergoss, löste ich mich von ihm und wischte energisch die letzten Spuren weg.

„Tut mir leid“, nuschelte ich verlegen und war froh, dass im Schein des Halbmondes man nicht viel erkennen konnte und es sonst keine andere Lichtquelle gab.

„Schon okay“, erwiderte Louis ruhig. „‘ier!“ Damit legte er mir ein Taschentuch in die Hand.

Schniefend lächelte ich ihn an, wobei es eher ein verunglückter Versuch war. Verlegen schnäuzte ich in es und knetete es danach schüchtern in meinen Händen.

Mir war es so peinlich, dass er mich in so einer Situation gefunden und erlebt hatte. Ich konnte ihn gar nicht ansehen.

Schweigend saßen wir uns gegenüber, er mich mit Sicherheit beobachtend und ich mit meinem Blick auf starr auf meine Hände gerichtet. Die Ruhe tat mir gut. Ich schaffte es wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Langsam richtete ich meinen Blick nach oben und sah Louis abwartend an.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte oder ob er überhaupt von mir eine Erklärung verlangte. Ich wusste nur, dass mir langsam kalt wurde. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich meinen Schal, meine Mütze und meine Handschuhe vergessen hatte. Innerlich verfluchte ich mich für meine Dummheit. Wie konnte man mitten im Winter nur so dämlich sein und Schal, Mütze und Handschuhe vergessen.

Frierend hauchte ich meine Hände an und versteckte sie anschließend unter meinen Achseln.

„Dir ist kalt!“, meinte Louis leise.

Genauso leise gab ich zu: „Ja ein bisschen! Ich warte aber bis zum Neuen Jahr und geh dann zurück und leg mich in mein Bett.“

„Willst du ‘er kommen?“, erkundigte er sich.

„Es geht wirklich!“, widersprach ich.

So sehr ich auch Louis Art und seinen Geruch mochte, wollte ich nicht jetzt schon wieder ihm so nahe sein. Ich traute meiner Momentanen Gefühlslage nicht wirklich. Ich wollte einfach keine Dummheit begehen, die ich später bereuen würde. Dennoch wollte ein kleines selbstsüchtiges Stimmchen in mir, das ich mich wieder in seine starken schützenden Arme begab. Aber ich blieb mir selbst treu und flüchtete nicht in seine Arme, sondern fror munter weiter vor mir hin.

Bibbernd rieb ich mir meine Arme, während ich mich leise mit Louis unterhielt. Es war ein belangloses Gespräch. Nichts Wichtiges oder Tiefgründiges. Alles in allem ein ärmlicher Versuch mich von meiner Trauer abzulenken und ihn davor, dass ich fror.

„Ach komm schon ‘er!“, meinte Louis schließlich eindringlich und zog mich im selben Moment auf seinen Schoß.

Mich mit einer Hand festhaltend öffnete er den Reisverschluss seiner Jacke, anschließend drückte er mich fest an seine göttlich warme Brust und schlang fest seine Jacke um uns beide.

Sein Geruch umfing mich stärker als eben. Obwohl ich mich eigentlich jetzt wehren sollte und aus seiner Umarmung flüchten sollte, schloss ich genießerisch meine Augen, vergrub meine Nase an seiner Schulter und Schlang meine Arme unter der Jacke ebenfalls um ihn.

„Danke“, hauchte ich. „Du hättest das aber nicht machen müssen.“

„Doch“, widersprach er.

Mit gesenktem Blick fragte ich: „Warum?“

„Weil du nicht krank werden sollst!“, antwortete Louis leise.

Sanft schob ich ihn etwas von mir weg und sah zu ihm hoch, dorthin, wo ich seine Augen vermutete. „Ist doch egal, ob ich krank werde oder nicht. Ich bin doch selber schuld, wenn ich schon Schal und Mütze vergesse“, meinte ich. „Bin doch schließlich nur ich.“ Ich verstand nicht, worauf er hinaus wollte.

„Eben deshalb!“

Jetzt war ich endgültig verwirrt. Warum war es ihm nicht egal, ob ich krank werden würde oder nicht?

„Was? Warum?“, fragte ich wieder.

„Weil ich disch gern ‘ab.“ Lautete seine schlichte Antwort.

Unwillkürlich wurde mir warm um meinen Brustbereich und ich hatte den Eindruck, dass meine Kette, die Rose mir geschenkt hatte, sanft vibrierte. Wahrscheinlich alles nur Einbildung und in Wirklichkeit schlug mein dämliches, so leicht zu verletzendes Herz schneller.

Sanft zog Louis mich erneut näher an sich, um die Jacke wieder fest um uns beide zu schlingen.

Wieder ließ ich es einfach zu und wehrte mich nicht gegen so eine… ja vertraulichere Berührung, wie ich es einem fast Fremden Mann hätte tun sollen.

Doch obwohl ich mich über mich selbst wunderte, dass ich Louis einfach so und in so kurzer Zeit vertraute, schmiegte ich mich wieder näher an seinen warmen, starken und Schutz und Ruhe ausstrahlenden Körper.

Eine Zeit lang saßen wir beide so schweigend auf unserem Baumstamm und genossen die Ruhe und die Wärme des jeweils anderen, bis er mich leise fragte: „Wirst du mir vielleischt irgendwann sagen, warum du geweint ‘ast?“

Einen Augenblick überlegte ich, bevor ich zurückwisperte: „Ja vielleicht. Aber nicht heute oder in den nächsten Tagen.“

„Bien. Isch kann warten.“



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