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Tempel für die Ewigkeit

von

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Retrospektive

Das Geräusch des Löffels, welcher in einer Tasse mit unbändigen Ausdauer gerührt wurde, verursachte mir Kopfschmerzen, doch da ich dieses Geräusch selbst auslöste und es mir schwerfiel, einfach nur untätig am Tisch in der Küche von Seths kleiner Wohnung zu sitzen, konnte ich niemanden dafür belangen. Ich wusste nicht, wie ich überhaupt aus dem Bett gekommen war. Obwohl ich nach meinem nächtlichen Intermezzo hatte schlafen können, war dieser Schlaf nicht sonderlich erholsam. Immer wieder war ich aufgewacht und hatte mich beinahe dazu zwingen müssen, wieder einzuschlafen. Seufzend stützte ich den Kopf auf meiner Hand ab und rührte bedächtig weiter in meinem Kaffeebecher. „Glaubst du, du könntest in deiner Tasse nach Gold graben?“ hörte ich da schon einen sarkastischen Kommentar hinter mir und wandte langsam den Kopf in Richtung der Stimme. „Vielleicht“, gab ich zurück.
 

„Du siehst schrecklich aus.“ Freundlich wie immer, da ging direkt die Sonne auf. Besonders nach so einer Nacht. Ich sah keinen Grund mich zu Seths Kommentar näher auszulassen. „Ich meins ernst, du solltest vielleicht besser heute hier bleiben oder in deine Wohnung gehen, wenn dir das lieber ist. Aber du siehst aus, als würdest du direkt wieder einschlafen.“ War das so? Und ich hatte gehofft, dass die Dusche wenigstens einige verbliebene Lebensgeister geweckt hatte. Zumindest hatte es sich so angefühlt. „Geht schon“, antwortete ich träge. Ich hörte wie er näher kam, nachdem ich meinen Kopf wieder in Richtung meines bereits gut gerührten Kaffees gewandt hatte. Seth setzte sich mir gegenüber und seufzte leise, während er seine feuchten Haare leicht mit einem Handtuch trocken rubbelte. „Ganz ehrlich, du warst heute Nacht mehrfach wach. Ich habe mir nichts anmerken lassen, aber ich habe es mitbekommen.“ Nun war es an mir zu seufzen. Natürlich… ich hätte es besser wissen müssen. Seth wirkte zwar immer so, als würde er wie ein Toter schlafen, aber bei mir hatte er schon oft bewiesen, dass er ungewöhnlich aufmerksam sein konnte. „Hm“, gab ich nur zurück. Was sollte ich bei so etwas auch erwidern? „Du musst dir keine Sorgen machen. Ich habe schon in anderen Nächten schlecht geschlafen und hab den Tag danach immer überlebt“, setzte ich noch nach.
 

Seth streckte die Hand aus und griff nach dem Becher, in welchem ich immer noch rührte. „Lass das! Es macht mich wahnsinnig.“ Passend. Mich auch. Aber nichts zu tun machte mich noch wahnsinniger. Dennoch ließ ich ihn gewähren. „Du bleibst hier.“ Oho, dieser Ton. Ich wusste genau, dass es besser war, jetzt nichts zu sagen. „Mhm“, kam es also von mir nur wieder, wobei nicht ganz klar wurde ob ich zustimmte oder einfach nur reagieren wollte, um ihn zufrieden zu stellen. „Das klingt so als könntest du genauso gut ‚du mich auch‘ zu mir sagen.“ Ein leichtes Lächeln erschien auf meinen Lippen und ich sah wie er missbilligend den Kopf schüttelte. „Ach Jules, ich will dich nicht bestrafen. Und eigentlich wären andere froh einen Tag mal nicht zur Uni gehen zu müssen. Aber du?“ „Ich bin eben ein Nerd.“ Nun war es Seth, der leicht lächelte. „Das hast du gesagt. Aber ein bisschen kommst du mir manchmal so vor. Wobei die meisten Nerds die ich kenne eher am PC sitzen.“ Ich zuckte die Schultern. „Ist doch egal worin ich mich vergrabe. Aber abgesehen davon schreibe ich gerade an meiner ersten Abschlussarbeit.“ Nicht, dass Seth all diese Dinge nicht wusste und seinen angebrachten Einwand konnte ich mir schon vorstellen. „Du bist so gut in der Zeit. Auf einen Tag kommt es doch nicht an.“ Genau das hatte ich erwartet. „Ja…“, kam es von mir deswegen nur gedehnt.
 

Ich sah wie Seth meine Tasse hochnahm und einen Schluck daraus trank, dann das Gesicht verzog und mich missbilligend musterte. „Du willst dich vergiften, oder?“ Ich grinste schief. „Vielleicht eher dich…“ „Ich hab dich auch sehr gern“, erwiderte er nur trocken und stand auf, um sich einen Kaffee zu holen, der nicht die Zuckermenge eines Monatsbedarfs enthielt. „Keine Ausführungen über Gesundheit“, murrte ich und zog den Becher wieder zu mir, trank ein paar Schlucke. Zucker war wichtig und ich hatte die Hoffnung, dass er noch ein paar weitere Lebensgeister wecken würde. Aber wahrscheinlich, so dachte ich bei mir, hatte Seth eigentlich Recht. Ein Tag Pause war für mich zeitlich gesehen kein Problem, ich kam gut voran. Wenn ich allerdings so benebelt wie ich mich fühlte versuchte, sinnvoll zu arbeiten, dann war dieses Unterfangen sicherlich zum Scheitern verurteilt. „Ich bleibe hier“, sagte ich deswegen schließlich. Ich spürte wie Seth hinter mich trat, sich etwas hinab beugte und sachte beide Arme von hinten um mich legte. „Gut.“ Wieder musste ich lächeln und lehnte meinen Kopf nach hinten. So nah wie er mir jetzt war konnte ich sein Shampoo und das Duschgel riechen, welche er nutzte. „Wirst du jetzt sentimental?“ fragte ich sanft und legte eine Hand an Seths Unterarm. „Sicherlich nicht“, gab er nur zurück. „Aber ich muss mich fertig machen, damit ich nicht zu spät komme. Ich habe gleich ein Tutorium und die Studenten warten doch so ungern. Ungeduldiges Volk.“ Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. „Du bist selbst Student und nur weil du so einen Job ergattert hast brauchst du dich gar nicht so aufblasen.“ Er ließ mich los und lachte. „Hast du eine Ahnung. Ich bin der strengste Tutor den du dir vorstellen kannst.“ Seine Schritte verrieten mir, dass er die Küche verließ. Ja klar, ging es durch meinen Kopf. Seth war sicherlich alles aber nicht streng.
 

Meine grünen Augen starrten an die Decke. Seit einer Stunde war ich nun allein in der Wohnung, lag auf dem Sofa und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Ich kannte das nicht vorhandene Muster der hellen Decke über meinem Kopf mittlerweile sicherlich zweimal auswendig. Nun musste ich mich zwar nicht krampfhaft konzentrieren, aber die Stille der ansonsten verwaisten Wohnung half mir eigentlich auch nicht weiter. Meine Gedanken begannen wie von alleine um den Traum der letzten Nacht zu kreisen. Seufzend schloss ich die Augen. Sofort sah ich sie wieder, die Bilder, die Wüste und die beiden Personen. Ich war einerseits Beobachter und dann wieder Teil der Szenerie. Wie merkwürdig. Natürlich hatte ich eine plausible Erklärung, schließlich beschäftigte ich mich seit Tagen mit alten Texten und Mythen. Aber ich hatte noch nie einen so realen Traum gehabt, egal wie sehr ich in die Materie eintauchte. Und bisher hatte mich nie etwas so derartig festgehalten. Seufzend legte ich einen Arm über meine Augen und spürte die angenehme Kühle meiner eigenen Haut, wie sich mich beruhigte. Ich wusste ziemlich genau wen ich dort in meinem Traum gesehen hatte, mein Wissen über die alten Figuren und Mythen war weitläufig. Genau deswegen konnte ich mir auch die Konstellation erklären, die es auf eine angedeutete Weise auch in einem Mythos gab. Aber mit gerade diesen Dingen hatte ich mich eigentlich schon eine Weile nicht mehr beschäftigt und die Frage danach, wieso ich mich selbst auch als Teil der Figuren gesehen habe blieb ebenso bestehen. Ich seufzte lautlos und kniff die Augen weiter zusammen. Es hatte sich so echt, so real angefühlt. Viel weniger wie ein Traum als mehr wie eine Erinnerung, aber das war vollkommen abstrus. Im selben Augenblick machte mein Handy sich bemerkbar, welches ich auf dem Couchtisch abgelegt hatte. Ich tastete mit einer Hand danach und verrutschte meinen Arm, so dass ich das Display einsehen konnte. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich hoffe meine Prinzessin ist nicht wieder im bösen Traumland. Nachher bring ich dir deine geliebte Schokolade mit. Ich unterstütze in diesem Fall nur dein Wohlbefinden, auch wenn es deiner Gesundheit sicherlich schadet. Ach, es war mit ihm doch immer wieder dasselbe. Ich legte das Handy wieder auf den Tisch. Zwar war ich ihm dankbar für seine aufmunternden und neckenden Worte, aber im Moment war ich viel zu sehr in anderen Welten versunken. Langsam drehte ich mich auf die Seite und schloss die Augen.
 

“Es ging mir nie darum dich zu verletzen. Aber ich hatte einen Grund, warum ich diese Entscheidung traf. Und auch wenn es mir leid tut dich damit zu verletzen, so halte ich es für richtig.“

Es folgte keine Antwort. Was sollte ich auch erwidern. Sollte ich ihm sagen, dass ich ihm nicht böse war, dass ich ihn verstand? Ich verstand ihn aber nun einmal nicht. Langsam beugte er sich zu mir und sah mich an.

„Ich weiß, dass du etliche Gründe hast, um mich zu hassen. Doch egal wie viele es geben mag, du kannst nicht leugnen, dass zwischen uns etwas ist, etwas Besonderes.“

Ich wollte mich befreien, wollte mich lösen und aus dem Bett springen, doch wie so oft war er stärker als ich und hielt mich in der Position, welche ich unter ihm inne hatte. Als ich etwas erwidern, endlich etwas sagen wollte, war es wieder er, der mich daran hinderte und seine Lippen wie schon zuvor auf die meinen presste. Ich keuchte auf.
 

Mir war weder richtig bewusst, dass ich irgendwann über meinen Gedanken eingeschlafen war, noch hatte ich gehört, dass Seth scheinbar seinen Uni-Tag nach Beendigung seiner Tutor-Aufgabe ebenfalls früher beendet hatte. Normalerweise hörte ich die Tür immer, wenn ich hier war, selbst wenn ich schlief. Warum wusste ich zwar nicht, aber es war so. Was ich allerdings spürte war ein harter Griff und als ich entgeistert und viel zu weggetreten die Augen öffnen wollte spürte ich wie mich jemand küsste. Was zur….?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Wieselchen
2013-05-31T08:23:36+00:00 31.05.2013 10:23
Ich frage mich auch, ob Seth mehr weiß als Jules und es hat mich total amüsiert wie er - SETH - voll der Gesundheitsfanatiker ist. xD Na ja wir wissen hoffentlich bald mehr. Ich fand es hübsch geschrieben, nur dass du wieder mal überall die hübschen ? vergisst und stattdessen Punkte setzt. Und Seth jobbt doch eigentlich im Fittnesstudio, nicht in der Uni als Tutor, oder? Steht so wenigstens auch in der Charakterbeschreibung. Man müsste alle Kapitel nochmal hintereinander weg lesen, dann passts wieder.
Ich bin gespannt. Ich mag die beiden ja sehr gerne. :) Der süße kleine Jules. Der weiß ja gar nicht was ihn erwartet hehehe. :D
Antwort von:  Deikith
31.05.2013 11:52
Er jobbt im Fitnessstudio. Aber ist auch Tutor, allerdings macht er das nur 1x die Woche.
Von:  Caeldryn
2013-05-26T19:03:05+00:00 26.05.2013 21:03
Ich frage mich noch immer, ob Seth mehr weiß als Jules.
Die Neckerein der beiden sind so süß und ich bin echt froh, dass du mal wieder weitergeschrieben hast ^^ Ich mag das Pair und deine Story. Freu mich schon, wenn es das nächste Mal weitergehen wird.
*knuff*
Schließlich will ich auch wissen wer ihn am Ende küsst. Kann ja eigentlich nur einer sein :) Hoff ich zumindest.


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