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Glühwürmchen in the sky

von

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Besuch (Oder: Erstick an deinen Erbsen!) [zensiert]

Als ich am nächsten Morgen aufwache, spüre ich noch immer Dyllans Körper an mir und öffne die Augen, blicke in sein schlafendes Gesicht.

Er sieht so wunderschön aus.

„Wake up, pretty boy,“ flüstere ich gegen seine Lippen, ehe ich diese zu einem sanften Kuss verschließe.

Nur langsam öffnet er die Augen. „What time is it?“

„I don’t know,“ flüstere ich gegen seien Lippen und umschlinge seinen zierlichen Körper, presse ihn an mich.

„Ist ja auch vollkommen egal.“

Er lächelt und seine Zunge fährt über meine Lippen. Ich erschaudere.

„Dyllan,“ seufze ich. Ich liebe diesen Jungen so sehr. So sehr.

Als hätte er meien Gedanken gelesen, wispert er: „I love you.“

„I love you too,“ entgegen ich und rolle mich auf ihn, küsse seine Schulter. Seine tolle nackte Schulter, deren Haut sich so weit unter meinen Lippen anfühlt.

Ich wandere weiter. Seinen Arm hinab, bis zu seiner Ellenbeuge. In diese platziere ich ein paar Küsse und lecke probeweise mit der Zunge darüber.

Er zuckt zusammen, kann ein aufkeuchen kaum unterdrücken.

Ich mache weiter, küsse mich über seine Pulsader, bis zu seiner Hand.

In diese setzte ich ein paar Küsse, dann auch auf jedem seiner schlanken Finger.

„Dyllan,“ flüstere ich letztlich und presse meine Lippen gegen seinen Handrücken, „ich kann gar nicht genug von dir bekommen.“

Seine Finger schließen sich um mein Kinn, heben es an und küssen mich. Und ich erwidere den Kuss und bin so glücklich, wie noch nie in meinem Leben.
 

Wir haben April und es ist kurz vor Dyllans Geburtstag.

In meiner Panik habe ich natürlich befürchtet, dass ich Dyllan eine Woche hergeben muss – aber zum Glück hat er beschlossen, hier zu feiern.

Dafür zieht das Unheil in anderer Form an. Nämlich in der von Kevin.

Der kommt vorbei – zusammen mit hohem Besuch: Reid!

Dyllan kuschelt sich an mich, während wir die letzten Minuten genießen, ehe wir zum Flughafen müssen. Er hat Kevins Zimmer geräumt, um diesen und Reid platz zu machen. Er schläft derweil bei mir, tut er ja eh meistens.

„Mir behagt es gar nicht, dass ich Kevins Fresse schon wieder sehen muss,“ murre ich und Dyllan lacht auf. „Er begleitet Reid eben.“

Ich schnaube. „Als wenn der Kevin zum Händchenhalten braucht,“ murre ich. Ich kenne Reid zwar nicht, gehe aber davon aus, dass Dyllans älterer Bruder auch alleine anreisen könnte.

Letztlich hilft all das Murren nicht viel. Wir fahren zum Flughafen. Und mit wir meine ich Dyllan und mich. Meine Eltern bleiben zu Hause, also darf ich ans Steuer. Wenigstens etwas.

Am Flughafen parke ich umständlich ein – eigentlich wollte ich Dyllan imponieren, aber der findet es nur sehr lustig, wie ich mich in die engste Lücke quetsche und fast einen Spiegel wegfahre, während drei Meter weiter zwei Parkplätze nebeneinander frei sind – und dann warten wir auf den Flug nach London.

Als sie endlich kommen, fällt Dyllan Reid glücklich in die Arme.

„Hey, Shorty,“ lächelt Reid und strubbelt ihm durchs Haar.

„I missed you,“ murmelt Dyllan und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass die Beiden sich besser verstehen, als ich mich mit Kevin. I missed you... Ha! Da würde ich lieber sterben, als das zu Kevin zu sagen!

Während ich das Ganze beobachtet, fühle ich mich plötzlich mies. Ich werde niemals von Dyllan verlangen können, seine Familie für mich aufzugeben und nach Deutschland zu ziehen. Er ist ja auch erst Sechzehn. Und so erwachsen sich viele mit Sechzehn fühlen… Man braucht die Familie dennoch als Stütze um sich herum.

Was heißt, dass es nach diesem Jahr vorbei ist. Vorbei…

„Du schaust doch schon wieder, wie ein Auto,“ begrüßt mich Kevin in dem Moment und wuchtet mir eine seiner Pranken auf den Rücken, so dass ich fast einknicke.

Fast hätte ich ihn vergessen – oder eher erfolgreich verdrängt.

„Hey, Kev,“ murre ich.

„Was ist schon wieder kaputt, hm?“, lässt er nicht locker und ich wehre ihn ab: „Nichts.“

„Na schön. Und wo sind Mum und Dad? Wer ist denn gefahren?“

„Ich,“ brumme ich.

Er schnalzt missbilligend mit der Zunge, sagt aber nichts. Im nächsten Moment werden wir von Dyllan unterbrochen, der mir Reid vorstellt.

In meinem besten Englisch sage ich: „Nice to meet you.“

„Nice to meet you too,“ lächelt er und grinst mich an. „The one who has stolen Dyllans heart.“

Ich lächle schwach. Große Brüder sind ja immer so eigen. Normalerweise hassen große Brüder ja aus Prinzip den Freund der kleinen Schwester, oder des kleinen Bruders, weil dieser sie oder ihn ja verletzten könnte. (Wenn es sich nicht gerade um Kevin und mich handelt. Und ist relativ egal, ob einer von uns von wem verletzt wird.)

Jedenfalls habe ich schon Angst, Reid verprügelt mich gleich, oder so, aber das tut er nicht. Er ist einfach nett zu mir.
 

„Hello Reid,“ strahlt meine Mutter wie ein Honigkuchenpferd und grinst Dyllans Bruder blöd an.

„Hello Mrs. Bauer.“

Ach ja. Wir heißen Bauer mit Nachnamen. Nur zu Info, für alle, die sich’s jetzt nicht zusammenreimen konnten.

Auch mein Dad begrüßt Reid und im Allgemeinen gesagt sind die nächsten Stunden wahnsinnig langweilig. Man redet viel und quetscht Reid aus, wie man auch Dyllan ausgequetscht hat, als er neu zu uns kam.

Vor allem beim Essen geht es immer so weiter.

Ich begnüge mich damit, die Brüder anzustarren, während meine Eltern reden. Reid und sein atemberaubender Bruder haben eine gewisse Ähnlichkeit. Vor allem im Gesicht. Aber Dyllan hat dunklere Haare und diese wunderschönen sturmgrauen Augen, während die von Reid Haselnussbraun sind.

Außerdem trägt Reid nicht solche Klamotten wie Dyllan. Während dessen enge Klamotten seinen anbetungswürdigen Körper betonen, trägt Reid normale bis schlabberige Klamotten, genau wie Kevin.

Aber mir ist das relativ egal, weil ich eh lieber Dyllan anstarre.

Gerade erzählt Kevin, was es für heiße ‚Chics’ in London gibt und gibt mächtig damit an, dass er sie alle aufreißt.

Als wenn ein halbwegs vernünftiges Mädchen auf so einen Vogel wie Kevin abfahren würde.

„The girls in your hometown are very hot, right?“, wendet sich Kevin mit miserablen Englisch an Reid und dieser nickt. „For sure. Very sexy girls.“

Er macht eine ausschweifende Handbewegung und Anton nickt begeistert. Ich frage mich, ob er mich auch so begeistert nach den Kerlen in London gefragt hätte. Wohl eher nicht.

Bei uns ist es nun mal eher so, dass Dad und Kevin ein Herz und eine Seele sind, während ich besser mit meiner Mutter klar komme.

Mit Frauengeschichten geht Kevin zu Anton. Mit Männergeschichten gehe ich zu Silvia.

„Und hast du eine Freundin, Reid?“, fragt meine Mutter und Kevin muss ein wenig übersetzten, weil Reid eigentlich gar kein Deutsch spricht.

Er hat in der Schule auch nie Deutsch belegt, sondern Französisch. Das weiß ich von Dyllan.

„The girls are to sexy… I can’t choose one of them.“

Dyllan verdreht neben mir die Augen. Offenbar ist Reid ja genauso ein Weiberheld wie Kevin.

Ich muss grinsen. „Well… the boys are also very sexy. But it’s very easy to choose one,” verkünde ich Dyllan leise.

“And I can tell you: There is a boy in Germany and he’s much hotter, than all the boys in London.”

Ich grinse.

“Don’t whipser, Dyllan! I also want to hear it!”

“I just said, you are an Idiot!”

“Fuck you, little brother.”

„Siehst du, Mum,” wende ich mich an Silvia, „Wie ich mit Kevin umgehe ist völlig normal.“

Kevin nickt zustimmend. „Emoboy sagt die Wahrheit. Nicht ist toller, als mit seinem Bruder zu streiten.“

„Emoboy,“ echoe ich genervt und er grinst: „Bist du doch, oder?“

„Erstick an deinen Erbsen!“, zische ich.

„Adrian!“, ruft dabei Anton und synchron zu ihm brüllt Sivlia empört. „Kevin!“

Amüsiert wende ich mich wieder meinem Essen zu und muss das Ganze noch ein paar Stunden ertragen. Dann erst können wir uns loslösen und in meinem Zimmer verkriechen.

„Endlich habe ich dich wieder für mich,“ freue ich mich und umarme Dyllan fest.

Wir gammeln uns ins Bett und ich blicke meinen Freund an. Morgen ist sein großer Tag.

„Morgen wirst du Siebzehn,“ stelle ich fest und atme seinen Duft ein.

„Right.“

„Freust du dich drauf?“, frage ich. Geistesabwesend beginne ich, mit einer seiner Haarsträhnen zu spielen.

„Es ist ein Tag wie jeder andere,“ winkt er ab und ich lächle.

„Ich liebe dich.“

„Das ist keine Antwort,“ murrt er und ich grinse. „Du hast ja auch nichts gefragt.“
 

„Happy Birthday,“ singe ich in Dyllans Ohr und verschlafen öffnet er die Augen, grinst aber schon.

„Happy, happy, happy, happy, happy Brithday.“ Zwischen jedes Wort setzte ich einen Kuss auf seine schönen Lippen und er lächelt.

„Thank you.“

„Take your present,“ fordere ich ihn auf und überreiche ihm eine Schatuelle, die er sogleich öffnet.

Darin liegt eine Kette. Genauer gesagt ein schwarzes Band, an welchem ein kleiner silberner Anhänger liegt.

„A firefly?“

„Right. Damit alle deine wünsche wahr werden.“

Er lächelt. „It is so beautiful. Thank you, Adrian.”

Ich drücke ihn fest an mich. „Ich muss dir danken,“ murmle ich in einen weiteren Kuss.

„Wofür?“

„Dafür, dass es dich gibt.“

„HAPPY BIRTHDAY LITTLE BROTHER!“, platzt im nächsten Moment Reid in den Raum und ich habe gerade noch die Chance, mich in Sicherheit zu bringen, da stürzt er sich auch schon auf seinen kleinen Bruder und knuddelt ihn durch.

„Her eis the new novel, you wanted,” überreicht er Dyllan dann sein Geschenk. Ein Buch. Der erste Englische Roman seit langem, den Dyllan wieder lesen kann. In letzter Zeit hat er sich nur durch deutsche Exemplare gekämpft.

„Gib ihm unseres,“ verlangt Kevin, der irgendwie plötzlich auch im Raum steht und Dyllan gratuliert.

Und so wird meinem Hasen ein Geschenk überreicht, mit den Worten: „We thought, you will need it.“

Mit gequältem Gesichtsausdruck nimmt Dyllan dann die Packung Kondome an sich, die Kevin ihm hinhält und zischt Reid ein paar Beleidigungen zu.

Ich jedoch grinse vorm ich hin.

„Ich denke, die können wir wirklich gebrauchen,“ merke ich an und bekomme Dyllans Ellenbogen in die Seite.

„You are so cute, when you are angry,“ lache ich auf.
 

“Good bye, Reid,” meine ich und klopfe ihm kumpelhaft auf den Rücken.

Der Tag der Abreise ist gekommen. Zum Glück, denn so tanzt Kevin endlich wieder ab.

„Good bye, Adrian,“ verabschiedet sich Reid auch von mir und dann auch von meinen Eltern.

„Tschüss, Bruderherz,“ winkt Kevin mir zu und ich hebe die Brauen. Bruderherz?!

„Hau endlich ab,“ murre ich deshalb nur, woraufhin Kevin grinst und Dyllan an sich presst. „Ärger ihn ein wenig für mich, ja?“

„Maybe,“ grinst Dyllan.

Dann lässt er sich in Reids Arme fallen und bittet ihn zum hundertstens Mal, ihre Eltern zu grüßen.

Reid nickt und presst ihn an sich. Sein Blick streift mich. „Take care of him.“

“Werde ich.”

Er nickt.

Dann gehen sie endlich und ich habe Dyllan wieder für mich.
 

Unser letzter gemeinsamer Monat ist angebrochen und genau so fühlt sich die Stimmung auch an. Immer, wenn ich daran denke, dass Dyllan bald zurück nach London muss, könnte ich losheulen.

Um die letzten Tage noch zu genießen, unternehmen wir viel gemeinsam und hängen überhaupt fast nur aufeinander.

So auch jetzt, wo wir auf meinem Bett liegen, die Finger verschränkt, und gemeinsam an der Hitze verrecken, die dank des aufkommenden Sommers herrscht.

Irgendwann richtet sich Dyllan auf und lässt sich auf mich sinken, umschlingt meinen Körper und presst den seinen dagegen.

„You make me feel so crazy,“ nuschelt er.

Ich lächle und kraule sein Haar. „Honey…“

Er hebt den Kuss und küsst mich. Lange, innig, zärtlich.

Genug, um mich zu animieren, meine Hand auf Wanderschaft gehen zu lassen. Hauchzart streiche ich über seinen Rücken, bis zu der Munde zwischen seinem Rücken und seinem Po.

Natürlich kann ich der Versuchung nicht widerstehen und kralle mich in seinen festen kleinen Po.

Dyllan hingegen hat begonnen, meinen Hals zu küssen und schiebt nun mein Shirt hoch, küsst meine Brust und arbeitet sich nach unten, bis zu meinen Jeans.

Statt diese auszuziehen, küsst er mich durch den Stoff hindurch, was aber schon ausreicht, aufzustöhnen.

„Dirty boy,“ flüstere ich heißer.

Letztes Mal habe ich ihn daran gehindert, weiter zu machen. Diesmal aber lasse ich ihn tun, was er will.

Und so öffnet er meinen Gürtel und meine Jeans, streift diese von mir und die Shorts gleich mit dazu.

Ich keuche auf. „Dyllan.“

Er macht unbeirrt weiter und ich zucke zusammen.

„Honey…“ Mittlerweile klinge ich wirklich bettelnd, ja gar flehend. Aber er kostet das nur zufrieden aus.

Ein Stück nur hebe ich meine Hüften an.

„Oh no. You have to wait!“

Und so drückt er mein Becken wieder gegen die Matratze und macht langsam weiter.

Unruhig rutsche ich hin und her. „Dyllan… Honey… bitte…“

Und dann ist er zwischen meinen Beinen und ich komme fast augenblicklich mit einem leisen Schrei.

Dyllan löst sich, krabbelt zu mir nach oben und ich küsse ihn.

„Was mache ich nur ohne dich?“, frage ich und er zuckt mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“

Ich muss lachen, küsse seinen Mund, seinen Hals, einfach alles von ihm.

„Ich bin vollkommen verrückt nach dir, Dyllan,“ murmele ich.
 

„I don’t want to go!”

Dyllan umarmt mich fes.

Ich kann nicht atmen. Ich kann nicht denken. Ich kann gar nichts.

Ich weiß nur, dass ich ganz jämmerliche heule und Dyllan an mich presse und nichts zu sagen weiß.

Er geht. Nach London. Und ob wir uns überhaupt jemals wieder sehen, ist fraglich. Unsere Familien haben Beide nicht das Geld, dass wir uns ständig ‚Ausflüge’ in ein anderes Land leisten können.

„Ich liebe dich so sehr.“

„Ich dich auch, Adrian.“

Er krallt sich in mein Shirt und reckt den Hals, um mich zu küssen.

„I have to go.“

Sie rufen seinen Flug durch. Schon das zweite Mal.

„Okay,“ stimme ich zu, lasse ihn aber nicht los.

„Good bye, my love,“ flüstert er und küsst mich noch einmal.

„See you,“ würge ich hervor.

Meine Arme lösen sich von ihm und er verabschiedet sich auch von meinen Eltern.

„I love you,“ wispert er dann noch einmal in meine Richtung.

„Love you too,“ murmle ich. Und dann geht er und ich möchte sterben.
 

Mein Kopf ist leer. Ich bekomme gar nichts mehr mit.

Ich weiß nicht mal, ob wir Kevin am Flughafen mitgenommen haben oder ob wir nach Hause gegangen sind und ihn dort vergessen haben.

Ich weiß ach gar nicht, wie wir überhaupt nach Hause gekommen sind.

Oder wie ich in den Park gekommen bin, in dem ich jetzt sitze.

Mir fällt ja gerade jetzt erst auf, dass ich auf der Bank sitze, auf der ich Dyllan das erste Mal geküsst habe.

Ich blicke gen Himmel und sehe die Glühwürmchen, die wir auch an jenem Tag gesehen haben. Sie schwirren um mich herum, als wäre ich ein Busch oder Baum.

Meine Mum sagen, das sie sind wie kleine Sternschnuppen. Wenn sie vorbeifliegen, du darfst dir wünschen etwas!

Dyllans Worte hallen in meinem Kopf wieder und ich lächle zynisch. Damals habe ich mir gewünscht, Dyllan wäre mein und es hat funktioniert. Aber zu welchem Preis?

Jetzt sitze ich hier und vermisse ihn. So sehr, dass es sich anfühlt, als hätte er einen Teil von mir mit sich nach London genommen.

Das hat er auch. Er hat mein Herz mit sich genommen.

Ich seufze auf.

„Also schön, ihr blöden Glühwürmchen,“ denke ich, „dann legt euch mal ins Zeug! Ich wünsche mir, dass Dyllan wieder bei mir ist.“

Und das wünsche ich mir wirklich. Aber so ist es nun mal mit Wünschen: Manchmal werden sie wahr. Manchmal eben auch nicht.

Und so macht es jetzt nicht ‚plopp’ und Dyllan sitzt wieder neben mir. Aber was habe ich auch erwartet?

Deprimiert mache ich mich auf den Weg nach Hause.
 

„Beweg deinen Arsch ein Stück weg, sonst habe ich keinen Platz!“, mault Matze und schiebt mich einfach weg. Ich sitze auf seiner Couch.

„Wo ist dien Respekt vor mir geblieben?“, murre ich.

„Sieh dich an. Du bist ein liebeskranker Jammerlappen. Du kannst nicht erwarten, dass ich vor der Respekt habe.“ Er lacht auf, aber ich kann nicht wirklich mitlachen.

„Du weißt ja gar nicht, wie es ist… so ohne ihn,“ verteidige ich mich.

„Trotzdem könntest du dich wenigstens ein bisschen freuen,“ verlangt er und ich verziehe den Mund.

„Warum sollte ich mich denn freuen?“

„Weil du morgen Geburtstag hast vielleicht,“ erinnert er mich belustigt.

„Drauf geschissen,“ erwidere ich. Denn wenn ich ehrlich bin, freue ich mich darauf nicht besonders.

Eigentlich freue ich mich momentan auf gar nichts.

Ich hab mich nicht auf die Ferien gefreut, weil Dyllan in diesen Abreisen musste.

Ich habe mich nicht auf den Schulanfang gefreut, weil Schule nur schön war, als Dyllan noch hier war.

Und ich freue mich jetzt nicht auf meinen scheiß Geburtstag, weil Dyllan nicht da ist.

Letztes Jahr ist er untergegangen und ich hoffe, dass er es auch dieses Jahr tut. Auf Feiern habe ich nämlich gar keine Lust.

„Hier ist jedenfalls dein Geschenk,“ meint Mathias völlig aus dem Zusammenhang gegriffen und überreicht mir ein kleines Päckchen. „Machs aber erst Morgen auf!“

Ich nehme es an mich und bedanke mich.

Dann schauen wir eine DVD und als ich nach Hause gehe, umarmt mich Matze zum Abschied. Was er nie tut. Offenbar sehe ich noch beschissener aus, als die ganze letzte Zeit, dass er so was tut.
 

Ich wache auf, als ich kurz nach Mitternacht eine SMS bekomme. Von Dyllan und Reid. Einen kurzen Moment bin ich glücklich. Dann hängt die Tatsache, dass er nicht hier ist wieder schwer auf mir.

Es sind nun schon drei Wochen. Drei Wochen ohne Dyllan.

Seufzend lege ich mich auf die Seite und kann eh nicht mehr schlafen. Also öffne ich Mathias Geschenk und finde ein Lederband im Sternen darin vor. Das gleiche trägt er schon seit Jahren, nur mit Ornamenten, nicht mit Sternen.

Auf die Innenseite ist ‚Best friends’ eingebrannt und ich muss grinsen. Ein wenig verwirrt bin ich aber. So ein kitschiges Geschenk passt gar nicht zu Matze. Meistens schenkt er mir ne CD.

Ich blicke auf das kleine Kärtchen, dass dabei lag und lese, was er in seiner krakeligen Schrift darauf gerkitzelt hat:

Damit du immer an mich denkst!

Ich runzle die Stirn. Was geht denn bei dem ab?

Ich zucke mit den Schultern und beschließe, mir morgen Gedanken darüber zu machen. Dann schlafe ich wieder ein, allerdings nicht für lange. Denn um Fünf steht urplötzlich meine Mutter im Zimmer.

„Alles Gute zum Geburtstag, Adrian!“

Ich starre sie an, dann auf meine Uhr. Und dann beschließe ich, mich nicht zu bedanken, sondern sie anzufauchen: „ES IST FÜNF UHR!“

„Schon ziemlich spät, ich weiß,“ meint sie und ich klappe den Mund auf und zu.

Was zur Hölle… Ich schaue noch einmal auf mein Handy, weil ich schon Angst habe, dass es nicht fünf Uhr morgens ist, sondern fünf Uhr abends. Aber das ist es nicht. Es ist fünf Uhr morgens. Und ich habe eine SMS von Matze verpasst.

„Alles Gute, mein Sohn,“ tappt dann auch noch Anton ins Zimmer und überreicht mir einen Umschlag, der mein Geschenk darstellen soll.

Ich sehe diesen an.

Das sind dann also wieder die typsichen 200 Euro, die ich jedes Jahr bekomme. Die lassen sich auch nie was Einfallsreicheres einfallen!

„Mach ihn auf,“ drängt mein Vater mich und ich öffne ihn und runzle die Stirn. Doch kein Geld?

„Was ist das?“, frage ich und meine Mutter meint nur ebenfalls: „Mach ihn auf!“

Ehe ich das allerdings tun kann, platzt Kevin in den Raum. „ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, LIEBLINGSBRUDER!“

Er stellt mir einen Kaffee auf das Nachttischchen und ich falle in Ohmacht. Na gut, ich falle fast in Ohnmacht. Jetzt ist es zu spät. ER ist verrückt gewordne. Er. Ist. Verrückt. Geworden.

Meine Eltern strahlen mich nur weiter an. Großer Gott, sie müssen etwas tun. Sie müssen einen Krankenwagen rufen. Kevin braucht medizinische Hilfe. Ganz dringend.

Er hat mir einen Kaffee ans Bett gebracht! Das hat er noch nie. Er bringt sich ja nicht mal selbst einen Kaffee ans Bett. Er weiß doch gar nicht, wie man überhaupt Kaffee kocht.

Weil alle so tun, als wäre Kevin geistig doch noch gesund, widme ich mich dann letztlich aber doch wieder den Umschlag zu. Ist ja nicht meine Zurechnungsfähigkeit, die da gerade flöten geht.

Als ich ihn endlich offen habe, halte ich einen Brief in Händen. Auf Englisch. Was so früh am morgen wirklich eine Zumutung ist!

Jedenfalls ist er von einer Schule aus England, so viel kriege ich schon mal mit. Zu müde zum lesen, frage ich erneut: „Was ist das?“

„Die Aufnahmebestätigung. Wir sind zwar zu spät dran, aber aufgrund deiner Noten nehmen sie dich noch nachträglich auf,“ klärt mich Sivlia auf.

Ich nicke. Aha.

„Das heißt, du darfst dein letztes Jahr in England beenden.“

„Aha.“

Ich verarbeite die Information. In England… In England. In England! Ich blicke auf den Brief.

In London!

„IN LONDON!“

Ich springe aus dem Bett, um irgendjemanden zu umarmen, bekomme aber einen weiteren Umschlag in die Hand gedrückt. Als ich ihn öffne, halte ich ein Ticket nach London in der Hand.

„Oh mein Gott.“

Dann wird mir bewusst, dass ich noch träumen muss. Was auch den Kaffee erklärt, den Kevin mir da ans Bett gebracht hat.

Tatsächlich träume ich nicht. Was mir spätestens klar wird, als ich an meinen Nachttisch stoße und den heißen Kaffee übers Bein bekomme.

Kevin verdreht die Augen.

„Pack deine Sachen. Dein Flug geht in drei Stunden.“

Und ausnahmsweise tue ich mal, was er mir sagt und packe in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit meine Habseligkeiten.

„Nimm nur das nötigste mit. Den Rest schicken wir dir zu,“ fordert Silvia mich auf und ich nicke.

Und wenig später hocken wir bereits im Auto, auf dem Weg zum Flughafen.

„Pass auf dich auf, Schatz,“ bittet mich meine Mum, wie sie zuvor immer Kevin gebeten hat, als mein Flug aufgerufen wird. Sie umarmt mich fest.

„Mach uns keine Schande, Junge,“ fügt Dad hinzu.

Als wenn ich irgendwem jemals Schande gemacht hätte…

Selbst Kevin umarmt mich. Langsam macht er mir Angst.

„Viele Grüße an alle.“

Ich nicke und winke ihnen allen zu. Dann mache ich, dass ich loskomme. Endlich ins Flugzeug. Endlich nach London.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Angie_Cortez
2012-06-28T20:41:07+00:00 28.06.2012 22:41
Oh wie schön, dass es doch noch so gut ausgegangen ist. =) Hatte viel Spaß beim lesen, danke dafür.

lg Angie
Von:  Deedochan
2012-05-22T09:04:12+00:00 22.05.2012 11:04
hihi <3 (zu mehr bin ich nicht imstande :P)
Von:  Loona_Strange
2012-05-21T20:48:33+00:00 21.05.2012 22:48
gott göttlich
das war einfach zu süüß und traurig und ich musste ein tränchen verdrücken
gott mach schnell weiter
ja nicht nett hier aufzuhören


glg lost_angel
Von:  rentaogirl95
2012-05-21T16:36:07+00:00 21.05.2012 18:36
OMG ich weiß net ob ich was verpasst hab, aber igwas war doch mit Matze oder :D


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