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Woelfe der Stadt

von

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Kapitel 2

Kapitel І І Jegor
 


 

Gegen 2 Uhr Nachmittag erwachte Amina. Sie fühlte sich benommen, als hätte sie die ganze Nacht durchgefeiert. Zum Glück hatte sie freitags keine Uni. Sie wollte aufstehen, ließ sich unter einem Stöhnen aber schnell wieder sinken. Ihr ganzer Körper schmerzte. In ihren Armen, Schultern und ihrem Bauch brannte ein fürchterlicher Muskelkater, während von ihrer Hüfte der dumpfe Schmerz von blauen Flecken aufstieg. Am schlimmsten war allerdings der pochende Schmerz von ihrem gesamten rechten Bein, ebenso wie von ihrer Hand auf der sie sich aufstützte. Ihre Hand fühlte sich an als würde sie zerreißen, etwas Warmes breitete sich von dem pochenden Schmerz aus. Sie nahm die Hand hoch. Diese war voller Blut. Fluchend zwang sie sich aufzustehen und humpelte ins Bad. Schnell wusch sie die Hand unter kaltem Wasser. Die Wunde brannte fürchterlich, aber sie zwang sich es ordentlich auszuwaschen. Als sie befand, dass es genug war, nahm sie die Hand hervor und betrachtete sie eingehender. Bei dem Anblick wurde ihr flau und ein dumpfer, krampfhafter Schmerz breitete sich in ihrer Bauchhöhle aus. Ein tiefer Schlitz zog sich vom mittleren Fingerknöchel bis zur Handkante. Daneben war noch ein kürzerer Schlitzer, der allerdings mindestens genauso tief war wie der Große. Es kam kein Blut mehr. Um diese beiden offenen Wunden herum hatte die Hand alle möglichen Farben angenommen. Von Dunkelblau hin zu Grün und Rot und einem unappetitlichem Gelb. Alles in allem war es kein schöner Anblick, allerdings war die Wunde nur halb so schlimm wie sie es in der nächtlichen Panik vermutet hatte. Wenn sie genauer über ihren nächtlichen Ausflug nachdachte, stellte sie fest, dass im Nachhinein die Situation eigentlich gar nicht so schlimm gewesen war. Sie musste anfangen zu lachen. Die Panik, die sie gestern gespürt hatte, brachte sie nun zum Lachen. Wie konnte man nur so dumm sein, und sich wundern wenn man nachts allein über gesperrte Gelände kroch und da von einem Straßenköter angefallen wurde. Zumal es in Moz ja nicht unüblich war von Straßenhunden gebissen zu werden. Es musste ein Bild für die Götter gewesen sein, wie sie versucht hatte, vor dem Hund zu fliehen. Wenn nur ihre Freundin Galina mit dabei gewesen wäre. Darüber hätten sie wohl noch Jahre gelacht. Sie musste ihr das unbedingt noch erzählen. Mit einem Grinsen humpelte sie zum Kühlschrank. Hier hatte sie noch einen Rest Wodka, der schon lange aufgebraucht sein sollte. Sie musste die Wunde desinfizieren, wer weiß, was das Viech schon alles in der Schnauze hatte. Sie wusste, dass das, was jetzt kam kein Spaß sein würde. Ihre Oma hatte ihr schon einmal den Fuß mit Alkohol ausgespült, nachdem sie in einen Nagel getreten war. Die Schmerzen waren schrecklich gewesen, aber es hatte wahre Wunder gewirkt. Also Augen zu und durch! Die klare Flüssigkeit ergoss sich über ihre Hand und füllte die Wunde. Ein Inferno an flammenden Schmerz stieg von ihr auf. Amina kniff die Augen so fest zusammen, dass grüne Punkte vor ihr auf tanzten. Sie schüttelte den verbliebenen Wodka vom Handrücken und ließ noch einmal kurz kaltes Wasser darüber laufen. Der Schmerz ließ kaum nach. Sie presste ein Tuch auf die Hand und suchte mit Tränen in den Augen nach dem Verbandszeug. Warum hatte ich es mir nicht gleich zurechtgelegt? ärgerlich durchkramte sie ihren Badschrank. Dann endlich fand sie den Verbandkasten. Sie legte eine Kompresse an und wickelte gleich 2 Mullverbände fest um die Hand. Zufrieden stellte sie fest, dass der Schmerz schon etwas weniger geworden war. Jetzt konnte sie endlich duschen, denn sie fühlte sich furchtbar dreckig und stinkend. Vorsichtig zog sie sich aus. An ihrer Hüfte war nichts weiter zu sehen, was aber auch nicht verwunderlich war, schließlich gab es da nichts außer Knochen und ein wenig Speck. Dann zog sie ihre Hose aus. Von vorne war auch nicht viel zu sehen, nur ein ähnliches Fleckenmuster, wie das auf ihrer Hand deutete sich am Rand der Wade an. Sie ging zu ihrem Schrank in dem ein großer Spiegel war und erschrak fürchterlich, als sie sich von hinten betrachtete. Ihre gesamte rechte Wade war blau und man konnte rote Punkte erkennen, wo der Hund zugebissen hatte. Ein wunderschöner Gebissabdruck auf ihrem Bein. Die Löcher waren schon vergrintet. Na toll… nach dem Duschen musste sie die Löcher also auch noch desinfizieren. Sie schlüpfte unter die Dusche und ließ sich sehr viel Zeit dabei, denn sie genoss die sanfte Berührung des Wassers. Als sie endlich fertig war fühlte sie sich wunderbar erfrischt. Nur die Bauchkrämpfe hatten zugenommen. Wahrscheinlich bekam sie bald auch noch ihre Tage. Wenn, dann muss immer alles auf einmal kommen… dachte sie. Dann machte sie sich fertig und beschloss noch schnell für das Wochenende einkaufen zu gehen. Auf dem Flur begegnete sie ihrem Nachbarn, welcher als einziger mit auf der obersten Etage wohnte, und sie immer so komisch anstarrte. Sie grüßte ihn freundlich. Im Haus wirkte alles normal, es waren keine Spuren ihrer nächtlichen Eskapade zu bemerken. Erleichtert begab sie sich auf den Weg zum Supermarkt.
 

Endlich war Wochenende und dazu noch wunderschönes Wetter an diesem Freitagnachmittag. Sanfte Frühlingsonnenstrahlen schienen Jegor in das Gesicht. Diese Woche war für ihn die erste Arbeitswoche als Polizist gewesen. An und für sich war sie unspektakulär gewesen, aber endlich war er nicht mehr der kleine Azubi, den man schnell mal zum Kaffee-holen ausnutzen konnte. Er war jetzt für sich selbst verantwortlich und dementsprechend erschütternd erschien ihm nun die Vielfalt an Aufgaben, die er zu bewältigen hatte. Den Respekt seiner Kollegen musste er sich wohl erst noch in einem Einsatz verdienen. Aber er war immer bemüht sein Bestes zu geben, war fleißig und gewissenhaft, was die anderen gerne zu schätzen wussten. Sein jugendlicher Enthusiasmus beflügelte ihn und er fühlte sich bereit dazu, diese Welt besser und sicherer zu machen. Nach einer Weile erreichte er seinen Wohnblock und stieg gut gelaunt die Treppe hinauf. Er benutzte nie den Aufzug, obwohl er im obersten Stockwerk wohnte. Leicht außer Puste stapfte er die letzten Stufen hinauf, als er eine Tür ins Schloss fallen hörte. Das Herz blieb ihm stehen. Es war Amina, seine Nachbarin. Sie drehte sich zur Treppe. Mit einem eleganten Ruck beförderte sie einen Schwall von samtig braunem, schulterlangem Haar aus ihrem Gesicht. Nun erblickte sie ihn. Sie schaute ihn an mit ihren großen Kulleraugen. Er erstarrte. Die ganze Welt schien sich in ihrem Blick zu sammeln, welcher so warmherzig und doch weltverachtend in einem war. Er verriet ein Chaos an Emotionen und doch war sie undurchschaubar. Jegor hätte sie stundenlang nur anschauen können, für ihn gab es kein faszinierenderes und schöneres Mädchen. Ihr Haar glitzerte so herrlich im Sonnenlicht. Alles in ihm kribbelte wenn er sie sah und das schon seit sie ihm das erste Mal vor Jahren begegnet war. Wahrscheinlich wusste sie nicht mal davon, geschweige denn seinen Namen, denn er hatte nie den Mut gehabt mit ihr zu sprechen. Sie lächelte als sie ihn sah. Sie war so wunderschön, dass es Jegor die Sprache verschlug als sie ihn grüßte. Er brachte nur ein Glucksen hervor. Schon war sie an ihm vorbeigeschritten und hinterließ einen süßen Duft nach Mittelmeerfrüchten. Jegor stand noch eine Weile verdattert da, dann löste er sich aus seiner Erstarrung und ging in seine Wohnung. Ärgernis stieg in ihm hoch. Wie konnte er nur so bescheuert sein, anstatt etwas zu erwidern, einfach nur da zustehen und sie anzugaffen. Er musste seinen Kopf ein paar Mal gegen die Wand schlagen, bis er sich wieder beruhigte. Jedes Mal stellte er sich so dämlich an! Er ordnete seine Gedanken. Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit, denn in nicht mal einer Stunde kam sein Freund Frederick ihn besuchen. Freude überkam ihn. Endlich sahen sie sich wieder. Frederick zog nach der Scheidung seiner Eltern zu seiner Mutter nach Deutschland. Er kam extra für die ganze nächste Woche zu Besuch, um Jegor‘s Dienstantritt gebührig zu feiern. Ganze 2 Jahre war es her, als er das letzte Mal in Russland war. Jegor wurde ganz hibbelig vor Freude. Er musste noch einiges vorbereiten, also machte er sich gleich an die Arbeit.
 

Das Taxi hielt an einem hässlichen Wohnblock. Fred stieg aus und sah sich um, während der Taxifahrer sich um sein Gepäck kümmerte. Er freute sich riesig seinen Freund endlich wieder zu sehen, also sah er über dessen runtergekommenen Wohnort hinweg. Er bezahlte den Taxifahrer und begab sich zur Klingel. Die Namen waren kaum zu entziffern unter den speckigen Schutzfolien. Auf dem letzten Schild konnte er jedoch Jegor’s krakelige Schrift erkennen. Ein kleines Mädchen vollgepackt mit Tüten und Körben kam auf den Wohnblock zu. Er klingelte. Die Anlage tutete und er bemerkte, dass das Mädchen auch in den Block wollte. Höfflich wie er war, öffnete er ihr die Tür. Sie bedankte sich und wankte auf die Treppe zu. Sie will doch nicht mit dem ganzen Gerümpel die Treppe hoch? dachte sich Fred und beschloss ihr zu helfen. Die Klingel vergaß er. Währenddessen hatte Jegor, frisch vom Duschen und nur in Schlüpfern, es endlich zur Freisprechanlage geschafft. Er fragte wer da war, aber niemand antwortete. Ob das nun Fred war? Es war wohl am besten, sich etwas anzuziehen und an der Tür zu warten.

„Kann ich dir helfen?“ fragte Fred das Mädchen, das sich scheinbar gerade mit den Tüten im Geländer verkeilt hatte und feststeckte. Sie war sehr blass und sah irgendwie kränklich aus. Sie musterte ihn, dann sagte sie „Ja, gerne“ und drückte ihm ein paar Tüten und einen Korb in die Hand. Das Zeug war so schwer, das Fred sich fragte wie sie es bis hierher geschafft hatte. Kein Wunder, dass sie so blass war.

„ Bist du neu hier?“ fragte sie ihn, während sie die Treppen hochliefen.

„Nein“ er hatte Mühe nicht zu keuchen und so als Schwächling da zustehen. „Ich besuche einen Freund. In welchem Stockwerk wohnst du denn?“.

„Ganz oben“ irgendwie lief sie eigenartig, dann fiel ihm auf, dass sie humpelte.

„Was??!! Bist du wahnsinnig? Warum nimmst du nicht den Aufzug?!“ sie zuckte mit den Schultern.

„Das mach ich immer so.“.

„Du bist ja verrückt.“ stellte Fred fest. Er hatte das kleine Mädchen eindeutig unterschätzt, sie schien ziemlich kräftig zu sein. Sie redeten nicht mehr weiter, das war viel zu anstrengend. Die letzten Stufen kamen in Sicht und er fragte sich, wo nun eigentlich Jegor wohnte. Dass klärte sich allerdings, als sie das obere Stockwerk erreichten. Dort stand mitten im Gang Jegor.

„FRED !!“

„JEGOR!!“

Freudestrahlend kam Jegor auf Frederick zugerannt. Er blieb verdutzt vor Fred stehen und schaute fragend auf die Tüten und dann mit großen Augen auf das Mädchen. Fred erkannte sofort was los war.

„Wir sind da.“ das Mädchen schloss die Tür gegenüber der Treppe auf.

„Warte, ich helfe dir!“ sagte Jegor aufgeregt zu Fred.

„Nicht mehr nötig.“ erwiderte Fred mit einem Zwinkern und brachte die Tüten in die Wohnung des Mädchens. Jegor war so ein Trottel, anstatt dem Mädchen zu helfen, fragte er ihn. Er schüttelte den Kopf und musste lächeln. Jegor stand bedröpelt im Flur.

„Danke für deine Hilfe!“ sagte das Mädchen und führte Fred zurück zur Tür.

„Kein Ding! Mein Name ist übrigens Frederick, aber du kannst auch Fred sagen.“ verkündete er freudestrahlend.

„Sehr nett, ich bin Amina.“ erwiderte sie mit einem matten Lächeln.

„Hast du schon was vor am Wochenende?“ Jegor wurde schwindelig, was hatte der Idiot nur wieder vor?

„Nö“ sie schien nicht in Rede-Laune zu sein.

„Hast du vielleicht Lust morgen mit uns in die Voodoo Lounge zu gehen?“

„Ja unbedingt! Da bin ich mit dabei! Kommt morgen einfach bei mir klopfen.“ sie strahlte.

„Ok, super! Dann wünschen wir dir noch einen schönen Abend. Bis morgen!“ Fred machte Anstalten zu gehen und kickte dabei heimlich Jegor gegen das Schienbein. Dieser löste sich aus seiner Starre und sagte Amina auch auf Wiedersehen. Dabei starrte er auf den Boden und wurde knallrot.

„Ja, bis morgen Jungs!“ Amina lächelte, hob kurz die Hand und schloss dann die Tür ab.

„Alter! Ich fass es nich!“ Fred grinste, boxte Jegor an die Schulter und schloss ihn dann herzlichst in die Arme.

„Du bist so ein Vollidiot!“ empörte sich Jegor, erwiderte aber freudig Fredericks Gesten.

„Danke, ich weiß. Komm zeig mir deine Bude!“ Fred ging ganz selbstverständlich in Jegor’s offene Wohnung. Jegor folgte ihm. Er wusste nicht wirklich was er denken oder fühlen sollte. Eine seltsame Mischung aus Unruhe und Vorfreude überkam ihn. Als er die Tür schloss, machte es sich Fred bereits auf dem Sofa bequem.

„Nett hast du es hier.“ er schaute sich um. „Dich hat’s ja ganz schön erwischt. Hast du überhaupt schon mal mit ihr gesprochen? Und warum hast du mir nichts davon erzählt, ich hätt dir doch mit Rat und Tat zur Seite gestanden!“ Er schaltete den Fernseher an und holte eine Chipstüte aus seinem Rucksack hervor.

„Genau deswegen hab ich nix gesagt“ Jegor grinste „Aber mit ihr geredet hab ich noch nicht, nein.“ Er holte 2 Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich neben Fred. Dieser wusste ja das Jegor immer sehr verklemmt war wenn es um Mädchen ging. Dass er auch sehr schüchtern diesen gegenüber war, war ihm auch nicht neu. Kein Wunder, denn er war ja auch nicht der Hübscheste mit seinen schlitzartigen Augen, ganz im Gegensatz zu Fred selbst. Aber diesmal schien es Jegor wirklich ernst zu sein. Dabei war Amina nicht mal besonders hübsch. Sie war nicht hässlich, aber eben auch nichts besonderes, befand Fred. Für ihn schien sie einfach nur ein normales Mädchen zu sein.

„Wunderbar, genau das was ich jetzt brauche, danke!“ er nahm das Bier. „Na dann erzähl mal was ich so alles verpasst habe.“ Er starrte auf den Fernseher, aber Jegor wusste, dass er nur ihm zuhören würde und begann zu erzählen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-02-26T09:52:02+00:00 26.02.2012 10:52
Halleluja !

Ich bin gespnnt wie's weiter geht =)
Auf jeden Fall finde ich schön wie du die Hauptperson beschreibst.
Danke :)

LG Lisa


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