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Conspiracy Dwelling (Two Rooms)

Freunde können manchmal grausamer sein als Feinde.
von

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„Wie gut waren wir befreundet?“

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~*~
 

„Das erste Mal sind wir uns in der Mittelschule begegnet.“ Aies Stimme war schwach und klang, als würde sie jeden Moment versagen. Er ließ den Blick auf die Zimmerdecke gerichtet und zwang sich, den Hunger, die Schmerzen, den Durst, das Verlangen nach Nikotin und seine Verzweiflung zu unterdrücken. So langsam hatte er begriffen, dass der einzige Ausweg – falls überhaupt – war, das zu tun, was Daisuke von ihm verlangte. Und wenn er von ihm verlangte, alles aus der Vergangenheit wieder auszugraben und ans Tageslicht zu bringen, so würde er das tun. Obwohl er wusste, was alles passiert war. Obwohl er wusste, wie er am Ende dastehen würde. „Du bist erst drei Monate später dazu gekommen, weil du da erst umgezogen bist. Normalerweise hat man zu dem Zeitpunkt schon alle Freundschaften geschlossen und sich nicht um dich gekümmert, aber ich... passte nicht so richtig dazu. Ich hing mit ein paar Leuten rum, aber-“

„Sag es“, verlangte Daisuke mit kühler Stimme. „Du kannst es ruhig laut aussprechen. Das hat keiner von uns beiden damals getan, aber jetzt dürfte es doch kein Problem sein.“

„Wir... wir waren beide Außenseiter. Ich, weil ich mich nicht richtig wohl bei den anderen fühlte, aber dazu gehören wollte, und du, weil du später dazu gekommen bist und dich... dich nicht mit den anderen anfreunden wolltest. Und-“ Aie brach mit einem leisen Keuchen ab, als Daisuke mit einem Finger fast sanft über die Schnitte auf den Fingerknöcheln des Rothaarigen strich.

„Wirkte ich auf dich, als hätte kein Interesse an zwischenmenschlichen Beziehungen?“, fragte der Schwarzhaarige leise.

„Nein“, stieß Aie hervor. „Nein, du hast Recht, das stimmt nicht. Du warst trotzdem freundlich zu allen, sie haben dich nur... ignoriert.“

„Und wie ging es dir mit deinen Freunden?“

„Es war...“ Der Rotschopf warf dem anderen einen kurzen, verunsicherten Blick zu. „Na ja, ich habe mich mit ihnen getroffen und meine Freizeit mit ihnen verbracht und in der Schule war ich bei ihnen, aber eine richtige Freundschaft war es nicht, dazu war es zu... oberflächlich. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, waren es wirklich keine Freunde, sondern Bekannte. Mich hat keiner von ihnen zuhause besucht und ich war auch nie bei ihnen, wir haben immer irgendetwas unternommen, aber es hat für sie keinen Unterschied gemacht, ob ich jetzt da war oder nicht... ich war auch ein Außenseiter, weil ich mich damit nicht zufrieden gegeben habe. Dadurch, dass ich mit ihnen befreundet war, hatte ich einen Platz, wo ich hingehörte, aber zugehörig fühlte ich mich nicht. Innerlich habe ich mich von ihnen abgekapselt und nach etwas anderem gesucht...“

„Wie viel einem doch im Nachhinein klar wird...“, murmelte Daisuke nachdenklich, den Blick offenbar in weite Ferne gerichtet. Er zog wieder an seiner Zigarette. „Und was macht man als Außenseiter natürlich? Man sucht sich einen anderen Außenseiter, damit man nicht so einsam ist.“

„Du... bist mir sowieso von Anfang an aufgefallen“, fuhr Aie fort. „Du wurdest von den anderen... nicht geschnitten, aber umgangen, vermieden. Sie waren nicht unfreundlich, aber sprachen lieber mit jemand anderem. Ich fand es immer schade, dass ich nicht mehr mit dir zu tun hatte, aber... ich tat auch nichts dafür. Ich wollte meine Status nicht verlieren, denn das hätte ich mit Sicherheit. Aber ich habe mehr auf dich geachtet als die anderen, glaube ich. Ich habe auch auf dich mehr geachtet als auf die anderen. Ich fand dich interessant.“

„Ich habe deine Augen auf mir gespürt“, entgegnete Daisuke, der dem Blick des anderen ebenfalls auswich. „Nur konnte ich nicht viel damit anfangen, du bist schließlich nie auf mich zu gegangen. Ich fand es irritierend, ehrlich gesagt – tagtäglich beobachtet zu werden und nicht zu wissen, ob das etwas Gutes oder Schlechtes ist.“

„Beobachtet habe ich dich nicht“, widersprach Aie stirnrunzelnd und schaute den Schwarzhaarigen kurz an. „Aber egal. Dabei blieb es ja während unseres ersten Jahres auf der Mittelschule. Und am Anfang des zweiten kam dann das Bioprojekt.“

„Richtig“, stimmte Daisuke ihm zu, nun ein schwaches Lächeln auf den Lippen. „Worum ging es noch mal? Wir sollten bei unserem eigenen Haustier Verhaltensforschung anstellen, nicht wahr?“

„Genau.“ Aie nickte. „Und diejenigen, die kein Tier hatten, sollten sich mit jemand anderem zusammentun. Weil wir aber ohnehin eine ungerade Anzahl waren und von meinen ‚Freunden’ alle bereits vergeben waren, hab ich mich daran erinnert, dass du irgendwann einmal jemand anderem gegenüber erwähnt hast, dass deine große Schwester zwei Ratten hat. Und deshalb hab ich dich gleich gefragt, damit keiner von uns am Ende übrig bleibt.“

„Du wusstest das vorher?“ Der Schwarzhaarige musterte den anderen erstaunt. „Ich dachte, du hättest mich auf Verdacht hin gefragt.“

„Ich weiß auch nicht mehr, woher ich das wusste. Auf jeden Fall musste ich dann natürlich zu dir nach Hause kommen, um eure Ratten zu beobachten. Ich war irgendwie überrascht davon, wie... normal es bei euch war. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber ich war irgendwie froh.“

„Soll ich dir sagen, warum?“, mischte Daisuke sich erneut ein. Das Lächeln war wieder verschwunden. „Du warst froh, weil du deshalb vor dir selbst rechtfertigen konntest, dich mit mir anzufreunden. Vorher hast du mich gemieden, weil alle es getan haben, aber jetzt hast du gemerkt, dass ich nicht anders war als die anderen – also könntest du dich den anderen gegenüber verteidigen, sollten sie dich darauf ansprechen.“

Aie schwieg einige Momente, während er darüber nachdachte. „Ja, vielleicht war es das. Das weiß ich nicht mehr. Zumindest fand ich dich nett und mochte dich, deshalb wollte ich mich mit dir anfreunden. Aus dem Grund habe ich, wenn wir uns für das Bioprojekt getroffen haben, auch versucht, dich ständig in ein Gespräch zu verwickeln, um einerseits mehr über dich herauszukriegen und andererseits, weil wir dadurch nicht so schnell fertig wurden und ich deshalb öfter zu dir kommen konnte.“

„Und ich dachte einfach, du wärst faul“, warf Daisuke trocken ein.

Der Rotschopf grinste. „Ja, ich hatte auch den Eindruck, dass du von meinen Versuchen, mit dir Freundschaft zu schließen, eher unbeeindruckt warst und mir die kalte Schulter gezeigt hast.“

„Ich war schon immer misstrauisch, wenn ich die Motive hinter den Handlungen nicht verstehe.“

„Aber irgendwann war das Bioprojekt vorbei und ich hatte keine Ausrede mehr, mich mit dir zu treffen, also... hab ich behauptet, ich wäre auf deine Schwester scharf und würde deshalb zu dir kommen wollen.“

„Das war erfunden?“, wiederholte Daisuke entgeistert. „Ist das dein Ernst? Warum wolltest du so unbedingt Zeit mit mir verbringen?“

Der andere zuckte mit den Schultern. „Du warst zu dem Zeitpunkt der einzige, mit dem ich offen über meine Gedanken, Gefühle und so was geredet habe. Außer dir hatte ich eigentlich keine Freunde. Und ich habe auch um die Freundschaft kämpfen müssen – kein Wunder, wenn du erst dachtest, ich wäre faul, und dann, dass ich dich nur benutzen würde, um deine Schwester zu sehen. Im Nachhinein finde ich es auch ziemlich lächerlich...“

„Und irgendwann habe ich dem seltsamen Jungen dann nachgegeben und angefangen, meine Zeit einfach so mit ihm zu verbringen“, fügte der Schwarzhaarige mit einem Seufzen hinzu und drückte seine Zigarette im Aschenbecher auf dem Nachttisch aus.

„Ja. Ich meine, ich musste trotzdem aufpassen, dass wir in der Schule nicht so oft miteinander geredet haben und uns keiner zusammen gesehen hat – sonst hätte ich außer dir wirklich niemanden mehr gehabt. Und ich hatte panische Angst davor, irgendwann ganz alleine da zu stehen.“ Darauf schwieg Daisuke nur. „Ich... weiß jetzt, dass du dich ziemlich verarscht gefühlt haben musst. Außerhalb der Schule habe ich mich ganz normal verhalten und mich mit dir getroffen, und während der Schule... habe ich dich ignoriert. Es war scheinheilig, das muss ich zugeben.“

Daisuke nahm sich eine weitere Zigarette aus der halb leeren Schachtel neben dem Aschenbecher und zündete sie sich an, nachdem er sie sich zwischen die Lippen geschoben hatte. Sein Blick blieb hauptsächlich nach unten gerichtet.

„Und dann, nach den Sommerferien-“

„Hast du da nicht was vergessen?“, fiel Daisuke ihm betont ruhig ins Wort und zuckte nicht mit der Wimper, als der Rotschopf ihm zögerlich den Kopf zudrehte und ihn ansah. „Denk mal nach. Wie gut waren wir befreundet?“

„Daisuke-“

„Findest du es völlig unwichtig zu erwähnen?“ Das Lächeln, das sich nun auf seinem Gesicht zeigte, war weit davon entfernt, echt zu wirken.

„Wir... haben geübt zu küssen“, antwortete Aie recht widerwillig.

„Und?“

„Wir haben uns gegenseitig einen runtergeholt“, fügte er noch leiser hinzu.

„Ist es dir peinlich?“ Auf Daisukes Gesicht zeigte sich ein ungesundes Interesse, wie Aie fand.

„Nein, ist es mir nicht“, widersprach dieser trotzig. „Wir waren in der Pubertät und außerdem machen das fast alle-“

„Wäre es dir nicht peinlich, würdest du dich gerade nicht rechtfertigen.“ Die beiden ehemaligen Freunde starrten sich eine Weile wortlos an, Daisuke mit einer ernsten und Aie mit einer verärgerten Miene. Daisukes Zigarette brannte vergessen im Aschenbecher ab, neben dem Aies herausgerissene Haarsträhne lag. Obwohl es bereits Frühsommer war, ging die Sonne langsam unter und tauchte das Zimmer in ein diffuses orangenes Licht.

„Nach den Sommerferien war es dann vorbei. Ich hatte die eine Hälfte der Ferien gelernt und war die andere bei Verwandten zu Besuch gewesen, deshalb habe ich mich weder mit dir noch mit den anderen getroffen. Die aber hatten herausgefunden, dass wir befreundet waren, und glaubten deshalb, ich hätte sie die Ferien über für dich sitzen lassen. Und stellten mich vor die Wahl.“

„Ich wusste vorher schon, wie du dich entscheiden würdest“, warf Daisuke gelassen ein.

„Ich habe ja versucht, dich dazu zu überreden, dass wir uns weiterhin treffen, aber du wolltest nicht.“

„Nein, das war nicht das, was ich wollte. Ich wollte mich nicht noch heimlicher mit dir treffen als sowieso schon. Und mir ging es um das Prinzip – wenn du dich offiziell auf ihre Seite schlugst, konntest du schließlich auch inoffiziell dabei bleiben.“

Aie kniff kurz die Lippen zusammen, ehe er weitersprach. „Und das letzte Jahr der Mittelschule haben wir getrennt verbracht. Eigentlich ging es uns auch nicht schlecht. Du hast dich dann mit einigen anderen aus unserer Klasse angefreundet, oder? Und ich war ja auch nicht alleine.“

„Abgesehen davon, dass ich meinen einzigen richtigen und besten Freund verloren habe, ging es mir gut, ja, wenn du unter ‚gut gehen’ verstehst, dass man nicht von der Klasse geschnitten wird“, erwiderte Daisuke kalt. „Ging es dir denn gut, Aie? Ich hatte zumindest den Eindruck. Du hast selten nicht gelacht, wenn du bei ihnen warst. Du hast deine Zeit mit ihnen verbracht, du warst in die Klasse integriert und hattest nie Probleme mit deinen Noten. Dir schien es ganz gut-“

„Mir ging es beschissen!“, fiel Aie ihm vehement ins Wort.

Das Lächeln kehrte wieder zurück.

„Mir ging es verdammt noch mal beschissen, eigentlich ging es mir die gesamte Zeit auf der Mittelschule beschissen! Das waren die beschissensten drei Jahre meines Lebens, Daisuke! Ich hatte keinen Bock auf diese ganzen Idioten, die sich nie richtig für mich interessiert haben, die nur oberflächliche Beziehungen aufbauen konnten und wollten, selbst in der Zeit, wo wir befreundet waren, ging es mir beschissen – und das, weil ich wusste, dass ich dich eigentlich echt gern hatte, aber am nächsten Morgen in der Schule so tun musste, als hätten wir niemals zusammen die Ratten deiner Schwester wieder eingefangen, den Laden neben der Schule beklaut, Horrorfilme ab 18 geguckt und meinetwegen miteinander Küssen geübt! Verdammt, Daisuke...“

Und mit einem Mal kam es Aie völlig unwirklich vor. Er erinnerte sich an all die Dinge, die sie zusammen unternommen hatten, und musste sich gleichzeitig ins Gedächtnis rufen, dass ebenjener Daisuke, der sein bester Freund gewesen war, ihn mit Handschellen an sein Bett gefesselt und ihm willentlich Schmerzen zugefügt hatte. Diese Situation hatte etwas lachhaft Absurdes, wobei Aie wirklich nicht nach Lachen zumute war. Zwischendurch hatte Daisuke doch ehrlich gelächelt, er hatte sich doch gerne an manche Sachen zurückerinnert, er war doch noch immer derjenige, mit dem Aie sich damals in der Mittelschule angefreundet hatte. Es war immer noch derselbe, so schwer es dem Rotschopf auch fiel, das zu akzeptieren. Plötzlich erschien es ihm wie ein schlechter Scherz. Das hier konnte nicht real sein.

„Daisuke, mach mich los“, bat er leise. „Es bleibt unter uns, das verspreche ich dir. Ich denke mir irgendetwas aus, irgendetwas wird mir schon einfallen. Nur bitte, mach mich los. Ich gehe auch nicht sofort, wenn du möchtest, bleibe ich noch hier-“

Das Lächeln war noch da, allerdings wurde es nun eine Spur mitleidiger. „Das hätte keinen Sinn, Aie“, entgegnete Daisuke mit sehr sanfter Stimme. „Wir sind noch nicht dort angelangt, wo ich hin will. Zwei Abende werden wir mit Sicherheit noch benötigen. Machen wir für heute Schluss, ja? Ich denke, es war für uns beide anstrengend genug. Wenn du dich für das Richtige entscheidest, gewähre ich dir noch einen Wunsch.“

„Daisuke, bitte-“ Aie brach ab, als das Lächeln des anderen ausgeknipst wurde und er stattdessen seine Augenbrauen hochzog. Irgendetwas in Aie sagte ihm, dass er ab jetzt aufpassen sollte mit dem, was er sagte. Er wusste nicht, wozu Daisuke fähig war, aber ab jetzt unzweifelhaft zu mehr als noch vor einigen Minuten, als sie gemeinsam in Erinnerungen geschwelgt hatten. „...Gibst du mir etwas zu essen?“

„Falsche Antwort. Schade. Eine Zigarette hätte ich dir gegönnt – deine Sucht unterstütze ich. Deine menschlichen Bedürfnisse allerdings werden wohl absichtlich etwas zu kurz kommen. Wenn ich sichergehen will, dass du nicht ernsthaft Widerstand leistest, werde ich dich wohl schwach lassen müssen. Schade, Aie.“ Daisuke erhob sich und nahm den Aschenbecher mit zur Küchenecke, um ihn dort zu säubern und den letzten Rest seiner Zigarette zu rauchen.

„Kriege ich dann wenigstens ein Glas Wasser?“, wollte Aie wissen, dessen Hilflosigkeit drohte, über ihm einzubrechen. Es war furchtbar, wie schnell seine Panik zurückkehren konnte – er befand sich weiterhin in Daisukes Händen, es hatte sich nichts geändert. Der andere hatte die völlige Macht über ihn.

Der Schwarzhaarige drehte sich zu ihm um. „Einverstanden.“
 

Etwas über eine Stunde später hatte Aie begonnen zu dösen. Daisuke hatte sich noch etwas zu essen genommen, gespült und sich die Nachrichten im Fernsehen angesehen, etwas gelesen und war anschließend kurz im Badezimmer verschwunden. Aie hatte das alles mehr unbewusst verfolgt, da er intensiver denn je darüber nachdachte, was er Daisuke angetan haben konnte. Er hatte gemeint, dass sie noch zwei Abende brauchen würden – also war das, worauf er anspielte, wohl noch nicht so lange her. Aber was konnte es sein?

Womit hatte er das verdient?

Noch ehe Aie registrieren konnte, dass die Handschellen, die seine angeketteten Hände am Bett befestigten, geöffnet worden waren, hatte Daisuke sie auch schon wieder am Bettgestell befestigt, dieses Mal allerdings etwas näher an der Wand. Er befahl dem Rotschopf, etwas in die entsprechende Richtung zu rücken, und kaum hatte Aie gehorcht, machte Daisuke es sich neben ihm im Bett bequem. Es war gerade so breit, dass sie nebeneinander liegen konnten, ohne einander allzu sehr zu berühren.

„Ich würde ja auf der Couch schlafen“, erklärte Daisuke, während er die zuvor zusammengeknüllte Bettdecke über ihnen ausbreitete, „aber sie ist wirklich sehr unbequem.“

Aie wusste dazu nichts zu sagen. Selbstverständlich hatte er sich Gedanken darüber gemacht, wo Daisuke schlafen wollte, aber dass er sich neben ihn legte, damit hatte er eigentlich nicht gerechnet. Er hatte noch nie zuvor mit einem anderen Mann in einem Bett geschlafen – in einem Zimmer ja, auch in einem Hochbett, aber nicht in ein und demselben Bett. Dass es ausgerechnet in einer solchen Situation dazu kommen sollte, amüsierte ihn auf eine fast hysterische Weise, der er jedoch nicht Luft machte. Er wäre beinahe zusammengezuckt, als plötzlich sein rechter Unterarm berührt wurde.

„Kannst du mit den Schmerzen schlafen?“, wollte Daisuke flüsternd wissen, als habe er ein schlechtes Gewissen – was sich der Rotschopf allerdings nur schwer vorstellen konnte.

„Werde ich sehen“, erwiderte Aie knapp, absichtlich eine positive Antwort vermeidend. Natürlich, es tat noch immer weh, aber er würde es sicherlich ausblenden können. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er nicht nur unheimlich hungrig und süchtig nach Nikotin war, sondern auch furchtbar müde.

„Gute Nacht“, wünschte Daisuke ihm noch und strich in einer schmerzhaft liebevollen Geste über Aies Seite.

Aie schwieg nur und fragte sich zum wiederholten Mal, wie es dazu hatte kommen können.
 

Keine Frage, dass er schlecht schlief. Zuerst einmal waren seine dröhnenden Kopfschmerzen zurückgekehrt und außerdem träumte er schlecht, wann immer er es schaffte, für einige Minuten oder sogar eine Stunde einzuschlafen. Von seinen Träumen blieb allerdings nichts anderes übrig als bloße Ideen, blasse Vorstellungen eines Gefühls, einer Atmosphäre. Er fühlte sich gehetzt und unruhig, ausgeliefert und unwirklich. Sein Körper zitterte nicht, befand sich aber in einem unangenehmen Zwischenstadium zwischen angespannt und ruhig – seine Muskeln wollten arbeiten, aber er konnte ja nicht aufstehen. Durch den anderen neben sich wurde seine Bewegungsfreiheit noch weiter eingeschränkt und zum ersten Mal begriff er, dass er ein eingesperrtes Tier war. Was für ein Tier, konnte er jedoch nicht sagen.

Am Morgen gegen acht Uhr stand Daisuke auf und zündete sich zunächst eine Zigarette an. Er hatte keinen Appetit, daher frühstückte er nicht, sondern trat an eins der großen Fenster, durch das die Sonne schräg herein schien, und blickte nach draußen. Er genoss die wenigen Minuten der Ruhe.

Im Zimmer hatte sich, verglichen zum vorigen Vormittag, auf den ersten Blick nichts verändert. Doch schaute man genauer hin, so bemerkte man das Küchentuch, das noch immer zusammengerollt vor dem Ofen auf dem Boden lag, und schaute man weiter, so entdeckte man die Haarsträhne auf dem Nachttisch. Daisuke fielen diese Dinge natürlich auch auf, und so beseitigte er sie beinahe geräuschlos: Das Handtuch ins Badezimmer, dort würde er es später noch brauchen, und die Haare in den Mülleimer. Gleich würde er noch Staub saugen.

Nachdem er die Packung, die er am vorigen Abend noch gekauft hatte, auf den Nachttisch gestellt hatte, nahm er wieder auf dem Küchenstuhl vor dem Bett Platz und musste feststellen, dass dies zu seinem Lieblingsplatz geworden war. Zuvor hatte er am liebsten auf der Couch gesessen oder gelegen, aber nun gab es nichts Besseres für ihn, als hier zu sitzen, zu rauchen und Aie zu beobachten. Der Rotschopf schlief noch – oder wieder – und seine Miene war unschuldig, friedlich, selig. Er hatte sich auf die Seite, in Daisukes Richtung gedreht, und hielt sich dabei an den Handschellen fest, als verliehen diese ihm eine Sicherheit, die er mit leeren Händen nicht hatte.

Ich habe es nicht umsonst getan, sagte Daisuke sich selbst und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, Es war nicht umsonst. Das kann und will ich nicht glauben.

Danach verfolgte er ruhig, wie Aie aufwachte. „Guten Morgen“, begrüßte er ihn freundlich, als der andere seine Augen endlich vollständig aufgeschlagen hatte. Ohne auf eine Erwiderung zu warten, deutete er auf die Packung aus Pappe neben sich. „Es wird Zeit, dass du diese grässliche Haarfarbe los wirst. Ich denke, ein neutrales Schwarz ist auch in deinem Interesse, nicht wahr?“

Aie blinzelte einige Male, ehe er begriff, worum es ging. „Ich... du willst mir die Haare färben?“, wollte er ungläubig wissen.

„Ich könnte sie dir stattdessen auch einzeln ausreißen, allerdings wäre das nicht meine Absicht.“ Daisuke öffnete die Packung und kippte den Inhalt auf die Matratze vor sich, ehe er erst Aies Bein vom Bett los- und sofort mit seinem anderen Knöchel wieder zusammenband und anschließend mit dem Schlüssel, der am Bund seiner Hose festgemacht gewesen war, die Handschellen öffnete, die den noch Rothaarigen ans Bettgestell fesselten. „Keine Sorge“, versicherte er Aie, während er sich die durchsichtigen Plastikhandschuhe anzog, „ich habe das schon oft genug gemacht. Du wirst mit dem Ergebnis zufrieden sein.“

Ganz langsam hob Aie seine Arme hoch und noch viel langsamer legte er sie auf seinem Bauch ab. Sie waren so lang in der unnatürlichen Stellung verharrt, dass es jetzt unglaublich schmerzte, sie überhaupt zu bewegen. Er biss die Zähne zusammen und schloss die Augen für eine Weile. Es war ihm in dem Moment egal, was Daisuke mit ihm anstellte, solange er noch etwas länger vom Bettgestell befreit war. Es war eine große Erleichterung für ihn, was ihn jedoch auch beunruhigte. Wenn er sich damit zufrieden gab, seine Arme in der von der Natur vorgesehenen Position zu halten, wie sollte es dann mit ihm weitergehen? Er musste endlich anfangen, für seine Freiheit zu kämpfen, wenn er sich in Gefangenschaft so unwohl fühlte. Aber gleichzeitig wusste er, dass er Daisuke nicht würde verletzen können.

Der Schwarzhaarige half ihm, sich aufrecht hinzusetzen und hielt ihn behutsam fest, als ihm schwindlig wurde. Dann befahl er Aie, so sitzen zu bleiben, und begann, die Farbe auf dessen Haare aufzutragen. „Das Zeug muss ohnehin eine Weile drauf bleiben, dann kriegst du gleich was zu essen – und Wasser natürlich“, murmelte er vor sich hin und es war nicht vollständig klar, ob seine Worte an Aie oder mehr an sich selbst gerichtet waren. „Hast du gut geschlafen?“

Aie nickte nur kurz, anstatt zu antworten und erntete einen Blick von Daisuke, den er nicht so recht deuten konnte. Er hatte das Gefühl, der andere wusste, dass er die halbe Nacht wach gelegen hatte, und hatte nur gefragt, um zu überprüfen, ob er ausweichen oder lügen würde. Vielleicht – wahrscheinlich – bildete er es sich allerdings nur ein und wurde langsam paranoid. Was nicht verwunderlich wäre, fand er. Er kniff seine Augen etwas zusammen, als die Farbe auf die Stelle geriet, an der ihm zuvor die Haarsträhne ausgerissen worden war. Der Schmerz war intensiv, hielt jedoch nur kurz an und wich anschließend einem kaum wahrnehmbaren Brennen, weshalb Aie ihn ignorierte.

Daisuke beendete seine Arbeit mit wenigen Kommentaren, warf die Packung mitsamt des anderen entstandenen Mülls im Badezimmer weg und holte sich ein dunkelblaues angefeuchtetes Handtuch, mit dem er behutsam die Farbe abwischte, die versehentlich auf Aies Ohr, seine Stirn oder in seinen Nacken geraten war. Der nun nicht mehr Rothaarige ließ den Blick gesenkt und schwieg. Er war müde, hungrig, durstig und wäre für eine Zigarette bestimmt gestorben, aber ansonsten fühlte er sich besser als in der Nacht. Er wollte nicht darüber nachdenken, und so nahm er nur überaus dankbar die kleine Schüssel Reis an, die Daisuke ihm nach kurzer Zeit brachte. Er aß umständlich, was durch die Handschellen bedingt war, und viel zu schnell. Danach bekam er lediglich noch eine Schüssel Nudelsuppe, die er in fast einem Zug aufschlürfte. Er war nicht überrascht, als er merkte, dass dies sein Frühstück gewesen war, und überlegte, ob er wohl an diesem Tag noch etwas anderes zu essen bekommen würde. Wahrscheinlich nicht.

Der andere Schwarzhaarige hatte wieder auf dem Küchenstuhl Platz genommen und den anderen beobachtet, während er selbst ein deutlich umfangreicheres Frühstück aß. Als er fertig war, reichte er Aie noch ein Glas Wasser und räumte das dreckige Geschirr in die Spüle. „Ich würde dir ja auch irgendetwas anderes geben, aber von Tee oder Kaffee würdest du den ganzen Tag fürchterlich auf Toilette müssen, das wollte ich dir nicht antun“, erzählte er, während er eine große Schere aus der Besteckschublade nahm und zu dem anderen zurückkehrte. Als er merkte, dass er von großen, unsicheren Augen verfolgt wurde, musste er grinsen. „Ich will nur deine Kleidung aufschneiden“, erklärte er Aie und setzte sich wieder hin, bevor er vorsichtig erst Aies Shirt an den Ärmeln und der Länge nach aufschnitt und sich danach an der schwarzen Hose zu schaffen machte. „Ich finde ja auch, dass dir diese engen Hosen stehen, nur sind sie im Moment wirklich unpraktisch. Halt still, ja?“

„Die Haarfarbe stinkt“, stellte Aie unzufrieden fest und erntete ein Lächeln, das ihn an den Daisuke erinnerte, mit dem er sich in der Mittelschule anfreunden wollte. Das versetzte ihm einen Stich ins Herz – das und der Gedanke, dass von diesem Daisuke wohl nicht mehr viel übrig geblieben war.

„Du wirst sie jetzt auch los“, versprach der andere ihm mit sanfter Stimme und entledigte sich nun auch Aies Unterwäsche. „Kannst du aufstehen? Ich helfe dir.“

Obwohl Aie erneut schwindlig wurde, schaffte er es irgendwie mit Daisukes Hilfe, sich mehr oder weniger aufrecht hinzustellen, und zusammen humpelten sie ins Badezimmer, das Aie zum allerersten Mal von innen sah. Er hatte jedoch kaum Zeit, sich umzusehen, da Daisuke ihn kurzerhand in der Dusche, an die Wand gelehnt, abstellte und sich anschließend selbst auszog. Aus einem Grund, den Aie selbst nicht verstand, beobachtete er den anderen, wie er erst seinen an einigen Stellen tätowierten Oberkörper enthüllte und schließlich noch den ganzen Rest. Nicht, dass sie sich zum ersten Mal nackt sahen, aber irgendetwas in Aie schenkte Daisuke mehr Beachtung, als er es selbst für angebracht hielt. Wahrscheinlich hatte es damit zu tun, dass er am vorigen Tag zum ersten Mal in seinem Leben auf den Gedanken gekommen war, dass der andere auch früher schon etwas anderes im Sinn gehabt hatte als eine pure platonische Freundschaft. Dieser Gedanke war gestern in ihm gesät worden, und nun keimte er auf.

Daisuke schloss die milchige Trennwand hinter sich, nachdem er zu Aie in die Dusche gestiegen war, und drehte das Wasser auf, das erst zu kalt und dann zu heiß wurde, ehe Daisuke eine angenehme Temperatur eingestellt hatte. Der nun Schwarzhaarige schloss reflexartig die Augen, als die Farbe von seinen Haaren gewaschen wurde, und öffnete sie auch nicht, als Daisuke einige Male durch seine Haare fuhr, um den Großteil der übrig gebliebenen Haarfarbe auch noch herauswaschen zu lassen. Er tat dies sanft, genau wie er auch die Farbe aufgetragen hatte, und ein weiteres Mal schmerzte Aies Herz.

„Was macht deine Hand?“, wollte Daisuke wissen, ehe er den anderen unter dem Strahl hervor zog, um Shampoo in seinen Haaren zu verteilen und aufzuschäumen.

Hier öffnete Aie nun seine Augen, aber der Blick des anderen war nach oben gerichtet, auf seine Haare. „Es geht“, antwortete er ehrlich. Das heiße Wasser hatte ordentlich gebrannt, aber zumindest war nun das Salz abgewaschen. Die Wunden, die wieder offen waren – also eigentlich fast alle – pochten nachdrücklich als Reaktion auf das Wasser, aber es war nichts, was er nicht hätte ertragen können.

„Gut“, erwiderte Daisuke wortkarg und wusch das Shampoo ab, ehe er die Prozedur ein weiteres Mal wiederholte. Seine Augen waren auf Aies Haare gerichtet.

„Der Schaum ist grau“, bemerkte dieser mit einem leichten Lächeln, den Blick fest auf Daisukes Gesicht. Dadurch zwang er den anderen, diesen zumindest kurz zu erwidern. Aber es blieb nicht bei dem ‚kurz’. Daisukes Hände, die das Shampoo sachte und sorgfältig in Aies schwarzen Haare einmassiert hatten, wurden erst langsamer und unterbrachen ihre vorherige Arbeit schließlich ganz, während ihr Besitzer die Augen nicht abwenden konnte von dem verlockenden Anblick vor sich. Aie sah ihn an, der Blick ohne Furcht.

Eine Hand, noch voll von grauem Schaum, glitt in Aies Nacken und diente dazu, ihn festzuhalten – sie zog ihn nicht nach vorne, aber der Griff war fest und unnachgiebig. Lippen, die vom warmen Wasser heiß geworden waren, legten sich auf Aies und bewegten sich sanft gegen sie – sie wurden nicht von einer Zunge begleitet, aber trotzdem drückten sie auf ihr Gegenpaar.

Der Kuss, den keiner der beiden so nennen wollte, dauerte keine fünf Sekunden. Daisuke riss sich los – er hatte sich wirklich losreißen müssen –, nahm seine rechte Hand aus Aies Nacken und seine linke aus dessen Haaren und musterte den Schwarzhaarigen vor sich mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und unterdrücktem Verlangen.

Das war es, was mir so komisch vorgekommen ist, fuhr es Aie plötzlich durch den Kopf. Daisuke hatte impliziert, mehr von ihm zu wollen, dies aber kein einziges Mal durchscheinen lassen außer während des mehr oder weniger deutlichen Geständnisses. Er war überraschend sanft mit Aie umgegangen, das schon, aber sonst? Er hatte die Situation nicht ausgenutzt – zumindest nicht in dem Sinne –, hatte Aie niemals mit Worten, Gesten oder auch nur Blicken klar gemacht, was er fühlte, er hatte sogar nichts getan, als sie nebeneinander geschlafen hatten. Deshalb war es Aie so schwer gefallen, das zu glauben: Er hatte nie einen Beweis gesehen.

Bis gerade eben zumindest. Daisuke hatte ihn geküsst und schaute ihn auf eine Art und Weise an, dass Aie unwillkürlich wärmer wurde. Das bedeutete schließlich auch, dass Daisuke sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte, sich beherrscht, seine Gefühle niedergekämpft hatte. Und nun hat er die Beherrschung verloren, dachte Aie, damit hat er wahrscheinlich nicht gerechnet. Bis jetzt hatte er sich ziemlich gut unter Kontrolle. Was passierte wohl, wenn Daisuke auch der letzte Rest Kontrolle über sich abhanden kam? Diese Frage stellte Aie sich noch, bevor sie beantwortet wurde.

Es war ein Kuss gewesen, ein kurzer Kuss, ein schnelles Lippen aufeinander Legen, und doch hatte es gereicht, dass irgendetwas in Daisuke auseinander brach.

Er packte Aie an den Schultern und schob ihn grob zurück unter den Wasserstrahl, wo er ungeduldig mithalf, auch den letzten Rest Schaum abzuwaschen, bevor er wieder in Aies Nacken griff und ihre Münder aufeinander presste. Ein leises Seufzen entkam seinen Lippen, als Aie seine öffnete und den Kuss, der deutlich rabiater war als der vorige, erwiderte. Hätte Daisuke in diesem Moment klar denken können, hätte er mit Sicherheit mindestens eine Frage gestellt oder sogar sofort begriffen, was los war – so allerdings, mit dem Objekt seiner jahrelangen unerwiderten Liebe nackt vor sich unter der Dusche, nein, da konnte er nicht mehr denken. Er wollte auch nicht. Vielleicht wusste er es irgendwo bereits und wollte es nur nicht wahr haben.

Doch vorerst schnappte er wie ein Ertrinkender nach Aies Lippen, langte wie ein Verzweifelter nach dessen Zunge und schlang dabei seinen anderen Arm um den viel zu heißen Körper des anderen, ließ seine Hand auf dessen Rücken ruhen. Er hatte nicht mehr das kleinste bisschen Kontrolle über seinen Körper, schon nicht mehr gehabt, als er gespürt hatte, wie sich Aies Lippen für seine Zunge öffneten. Er machte seine Augen auf und betrachtete das Gesicht vor sich mit den geschlossenen Lidern, der leicht gerunzelten Stirn und den nun schwarzen Haaren. Seine Zunge fuhr über Aies Unterlippe und seine Zähne, ehe sie ihr Gegenstück berührte, das sofort reagierte. Vielleicht etwas zu schnell.

Es sollte der letzte Kuss für diesen noch wolkenklaren Sonntag bleiben.

Obwohl Daisuke vorgehabt hatte, Aies Mund niemals wieder freizugeben, revidierte er diesen Plan augenblicklich, als Aies Fingerspitzen seine wachsende Erektion berührten und die Finger beider Hände sich schließlich darum schlossen. Daisuke schaffte es nicht, ein atemloses Keuchen zu unterdrücken und löste sich von Aies Mund, um nach Luft schnappen zu können. Das hatte er nicht erwartet. Er suchte nach dem Blick des anderen und was er fand, überraschte ihn noch mehr. Es war ein Spiegel seiner eigenen Empfindungen. Doch bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, begann Aie, seine Hände zu bewegen und zwang Daisuke dazu, sein Gesicht in der Halsbeuge des anderen zu vergraben, um nicht stöhnen zu müssen. Im Gegenzug dazu wurde Aies Griff nur noch fester, was Daisuke schließlich dazu veranlagte, nun auch eine Faust um das Glied des anderen zu schließen, das bereits auf dem besten Weg nach oben war.

Zusammen standen sie unter der Dusche, die Augen geschlossen, jeder halb mit sich selbst und halb mit dem anderen beschäftigt. Ihr Atem ging unregelmäßig, sie konnten nicht oft ein Keuchen unterdrücken und lehnten aneinander, um Halt zu finden. Daisuke leckte hingebungsvoll über Aies Hals, während der andere zurückhaltend an Daisukes Ohr knabberte. Der Spiegel über dem Waschbecken war nun vollständig beschlagen und die Luft schwer und aufgewärmt, voll von winzig kleinen Wassertröpfchen. Das Wasser, das aus dem Duschkopf kam, prasselte ungehindert auf die beiden nackten und erregten Körper nieder und wusch unschuldig die milchig weiße Flüssigkeit fort.

Sie hatten etwa gleichzeitig ihren Höhepunkt erreicht und waren beide etwas unsicher auf den Beinen, vor allem Aie, der all seine Schwächen zurückkommen spürte: Den allgegenwärtigen Hunger, das Verlangen nach Nikotin, seinen schwachen Kreislauf, den Drang, sich frei zu bewegen, die Verzweiflung, was aus ihm werden sollte. Obwohl er den Halt tatsächlich genoss, den Daisuke ihm in dem Moment gab, so wusste er, dass es nicht so bleiben konnte. Nicht so bleiben durfte. Er wartete einige Herzschläge und spürte, wie Daisuke sich wieder entspannte und sein Atem sich beruhigte, ehe er fragte: „Machst du mich los, Daisuke?“

Das war ein Fehler.

Er merkte es in dem Augenblick, in dem der andere den Kopf hob und ihm erneut in die Augen schaute. Nichts in Daisukes Miene deutete mehr darauf hin, dass er noch vor einer Minute nur mit Mühe ein genussvolles Stöhnen hatte unterdrücken können, stattdessen waren seine Augen kalt, seine Züge hart und sein Mund etwas zusammen gekniffen. Er war unglaublich wütend. Und das war das letzte, was Aie noch denken konnte, bevor Daisukes Arm nach oben schnellte und in einer viel zu unerwarteten Bewegung Aies Kopf mit voller Kraft an die weißen Fliesen hinter ihm rammte. Er spürte den Aufprall und merkte noch, wie seine Knie unter ihm nachgaben; dann jedoch wurde es schwarz um ihn.
 

~*~
 

tbc~

A/N: Während ich die Szene in der Dusche geschrieben habe, wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich wie ein Voyeur gerade etwas mitbekam, das nicht für meine Augen bestimmt war... ich weiß nicht, ob das beim Lesen deutlich wird, aber zum allerersten Mal habe ich mich beim Schreiben so gefühlt, als würde ich unbefugt in jemandes Privatsphäre eindringen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Trashxbaby
2012-04-11T23:55:57+00:00 12.04.2012 01:55
OMG die Szene in der Dusche war echt...HEIß. Das umschreibt es wohl am besten >D Obwohl eigentlich nicht viel passiert ist aber das was passiert ist war echt hot ♥~
Und ich durchschaue Daisuke denk ich genauso langsam oder wenig wie Aie selbst XDDDD Aber ich mag ihn~ Die bösen Jungs sind die Besten >D ♥


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