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Marias Monate

Der Jahreskalender 2012
von

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Die misslungenen Kekse

Maria saß mit einem pinken Wollknäul in ihrem Wohnzimmer. Ein kuscheliger Sessel war ihre Bühne und der Schal, den sie strickte, ihr Theaterstück. Elegant und geschickt wob sie Masche für Masche, spann Reihe um Reihe und kreierte so ein kleines Meisterwerk. Bunte Reihen wechselten sich in unregelmäßigem Abstand und Mustern ab, gaben ihrem Kunstwerk so ein lebendiges Aussehen. Es war etwas Beruhigendes. Jahr für Jahr strickte sie schon, jedes Mal bekam jeder aus der Nachbarschaft einen eigenen, völlig individuellen Schal und das ließ sich Maria auch nicht nehmen.

Geschafft strich sie sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht und ließ sich seufzend in den Sessel sinken. Sie hatte es geschafft, Agnes würde sich sicherlich über das kombinierbare Geschenk freuen, sowohl Mütze, als auch Schal und Stulpen waren im annähernd selben Muster fertig, genau in den Farben, in denen sie ihre Nachbarin in letzter Zeit gesehen hatte.

Der Abend neigte sich bereits dem Ende und Maria setzte ihre Brille ab, die sie zum Stricken einfach brauchte, sonst sah sie die kleinen Maschen nicht. Gähnend sah sie noch einmal durch ihr Wohnzimmer, welches von drei Kerzen und dem Schein der Lampe hinter ihr erhellt wurde. Bald war der erste Advent, dann waren es nur noch drei Wochen und wenige Tage bis Weihnachten. Sie hatte außer ihren Schals noch keine Geschenke und Kekse gebacken hatte sie auch noch nicht!

Als sich die ältere Dame in ihr Bett gelegt hatte und kurz davor war, einzuschlummern, kam ihr die rettende Idee. Morgen würde sie einfach einen Stadtbummel machen, im November waren die Menschen noch nicht so im Trubel und die Stadt sicherlich noch nicht so überfüllt! Da konnte man noch gelassen und gemütlich mit dem Bus in die Innenstadt fahren, durch ein paar ausgewählte Geschäfte gehen und sich etwas Schönes aussuchen.

Am nächsten Morgen wurde Tante Maria von einem seltsamen Anblick geweckt. Eine kristallisierte Schneeflocke prangte einsam und still an ihrem Fenster. Sofort kreisten ihre Gedanken um ihren bevorstehenden Einkaufsbummel, doch solange es nur eine einzelne Flocke war, konnte sie beruhigt losgehen.

Nachdem sich die Frau einen Morgenmantel übergeworfen hatte, lief sie zu ihrer Eingangstür und holte sich die Lokalzeitung. Agnes hatte ihr versprochen, sie diese Woche schon am Morgen zu bringen, noch bevor sie aufstand. Maria wollte unbedingt einige Vorkommnisse beobachten, die da in ihrer Umgebung vor sich gingen. Es war nur ein kleines Blatt, von dem bisher kaum mehr als 100 Menschen wussten, doch sie schrieben nur Dinge aus der unmittelbaren Nachbarschaft und Umgebung, mehr wollte die Hausfrau manchmal nicht wissen.

Als sie jedoch den Kopf zur Tür hinaus streckte, sah die Dame mit den grauen Haaren, dass hier mehr lag als eine einzelne Schneeflocke. Fröstelnd zog sie den Mantel enger und nahm flink die Zeitung mit hinein. Hätte sie die mal eher im Bereich der Wettervorhersage gelesen und nicht einfach bloß die Seiten umgeblättert, wäre ihr aufgefallen, dass für heute ein Schneeeinbruch angekündigt worden war. Na, ihre Fahrt in die Stadt konnte sie damit wohl vergessen. Und auch für die nächsten Tage gab es keine besseren Vorhersagen, der Schnee würde vermutlich bis Weihnachten liegen bleiben!

Bevor sie sich Frühstück machte, laß Maria die Zeitung. Langsam studierte sie die lokalen Nachrichten, doch es schien, als gäbe es heute einfach nichts Spannendes zu berichten. Auf der letzten Seite waren ein paar Kleinanzeigen, ein Junge verkaufte irgendwelche zusammenbaubaren Monster, was auch immer das wohl sein mochte. Irritiert schüttelte die Dame den Kopf und legte die Nachrichten beiseite.

Nach dem Frühstück wurde ein wenig aufgeräumt, dann ein Buch gelesen und ein bescheidenes Mittagessen gekocht. Doch mit jeder Minute, die die Hausherrin hier gefangen war, wurde die Zeit drückender. Es schien, als wolle sie einfach nicht vergehen. In einer solchen Situation, schadete Plätzchen backen nie! Und die Zutaten für einen Teig hatte Maria eigentlich immer direkt im Haus. Die Kinder aus der Nachbarschaft würden sich mit Sicherheit freuen!

Hurtig waren alle Zutaten beisammen geholt, eine Anleitung brauchte die erfahrene Bäckerin nicht mehr. Geübt bereitete sie den Teig, rollte ihn auf einem Brett aus und stach kleine Formen daraus aus. Aus einem zweiten Teig wurden marmorierte Kekse gebacken und Makronen und Nussplätzchen bestanden aus einem dritten Teig. Ihrer Fantasie waren da keine Grenzen gesetzt, wenn es um Weihnachtsgebäck ging, hatte sie immer die Nase vorn.

Es duftete herrlich und Maria beschloss, einen weiteren Schal in der Zwischenzeit zu stricken. Die Plätzchen würden noch einige Zeit im Ofen verweilen müssen. Die Wolle war schnell gefunden und eine passende Farbe ausgesucht. Doch während die Nadeln in ihren Händen klirrten und Masche um Masche strickten, wurden die müden Augen der Dame schwer und nach einer viertel Stunde, fielen sie gänzlich zu.

Als sie die Augen erneut öffnete, wurde es vor ihrem Fenster bereits dämmrig. Ein unruhiger Blick wanderte zur Uhr, die Plätzchen waren bereits zwei Stunden im Ofen! Entsetzt sprang Maria auf. Eilig rannte sie zum Ofen, schnappte sich einen Topflappen und öffnete die Tür. Eine dicke, schwarze Wolke kam ihr entgegen. Die ältere Dame stellte alle Hebel aus und wedelte die Rauchschwaden hinfort. Schwarze Briketts kamen zum Vorschein, die Maria auf direktem Weg in die Mülltonne beförderte.

Seufzend und niedergeschlagen betrachtete sie die schwarzen Spuren auf ihrem Backbleck. Kekse waren ihr noch nie misslungen! Wie konnte das nur geschehen? Und Geschenke hatte sie auch noch Keine! War dieses Weihnachten mit den Unmengen an Schnee und alle den Unglücken auf einmal zum scheitern verurteilt? Sollte sie sich hier geschlagen geben? Oder war nun ihr Tatendrang gefordert?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  konohayuki
2014-01-26T21:28:14+00:00 26.01.2014 22:28
~Kommentarfieber~

Oh, misslungene Kekse? Das klingt ungewöhnlich für Tante Maria.

> Bunte Reihen wechselten sich in unregelmäßigem Abstand und Mustern ab, gaben ihrem Kunstwerk so ein lebendiges Aussehen.<
Stricken finde ich interessant, obwohl ich gerade dabei bin häkeln zu lernen. Das macht mir mehr Spaß. Allerdings fand ich es ein wenig verwirrend, dass sie mit pinker Wolle strickt und dann auf einmal mehrere Farben im Spiel sind.

>Am nächsten Morgen wurde Tante Maria von einem seltsamen Anblick geweckt.<
Diesen Teil hätte ich noch durch einen Absatz abgetrennt, immerhin geht sie ja schlafen und steht dann am nächsten Morgen wieder auf.

>Bevor sie sich Frühstück machte, laß Maria die Zeitung.<
"las Maria die Zeitung"

> Doch während die Nadeln in ihren Händen klirrten und Masche um Masche strickten, wurden die müden Augen der Dame schwer und nach einer viertel Stunde, fielen sie gänzlich zu.<
"Viertelstunde", wenn ich mich nicht ganz irre.

Huch, wenn Plätzchen so viel zu lange im Ofen sind, müsste es doch längst in der Küche qualmen, oder nicht?

>Und Geschenke hatte sie auch noch Keine!<
"keine" müsste hier meiner Meinung nach klein geschrieben werden.

Hm... es war nicht mein liebstes Kapitel dieser Geschichte. Es ist eine interessante Sichtweise auf die Probleme, die sich einer alten Dame in den Weg stellen, wenn es um Geschenke geht. Schnee kann da ja durchaus zum Problem werden, das kann ich verstehen.
Allerdings fand ich das Kapitel irgendwie unspektakulär. Ein wenig mehr Handlung hätte es für mich sein können.

Liebe Schreibziehergrüße,

kono


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