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Lehrer - Schüler - Verhältnis

H&M
von

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Das Rennen

So wirklich ablenken hatte sich die Rennfahrerin beim Training allerdings nicht. Schlimmer noch, sie konnte sich überhaupt nicht auf das konzentrieren, weshalb sie überhaupt da gewesen war und, dass, wo sie doch am nächsten Tag ein wichtiges Rennen hatte. Die Standpauke von ihrem Trainer war auch nicht gerade hilfreich gewesen. Schlafen konnte sie in der Nacht ebenfalls nicht besonders. Ihr wollte dieses Bild vom Schulhof einfach nicht mehr aus dem Kopf, also lag sie die halbe Nacht wach und zerbrach sich den Kopf darüber. Am nächsten Morgen war sie natürlich todmüde und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie absolut keine Lust auf das bevorstehende Motorradrennen. Am liebsten wär sie überhaupt gar nicht erst aufgestanden, aber das konnte sie sich unmöglich erlauben, also quälte sie sich doch aus den Federn.

Und nun war es gleich soweit. In wenigen Minuten begann das Rennen und Haruka konnte sich nicht erinnern, jemals so nervös gewesen zu sein. Eigentlich war sie nie nervös, wenn sie Motorrad fuhr. Aber so ganz überwunden hatte sie ihre Wut und Verzweiflung noch nicht. Vor ihren Augen sah sie immer nur ihre Lehrerin und das war beim Fahren mehr als hinderlich. Sie hatte dieses Mal auch nicht die Pole Position ergattern können. Schlimmer noch, sie befand sich nur auf der sechsten Startposition was, für ihre Verhältnisse echt unterirdisch ist. Sie befand sich noch in der Box und saß schon auf ihrer Maschine, bereit jeden Augenblick loszufahren. Mit tiefen Atemzügen versuchte sie sich zu beruhigen und einen klaren Kopf zu bekommen. Es war schon irgendwie komisch. Normalerweise fuhr sie doch Motorrad, um einen klaren Kopf zu bekommen, jetzt musste sie sich erst beruhigen, um überhaupt fahren zu können.

„Hey, Tenoh-kun. Du packst das schon.“

„Ja, genau. Vergiss das Training und alles andere einfach. Du fährst so gut wie niemand sonst.“

Einige der Mechaniker versuchten sie aufzumuntern und das, und ihre Gedanke von eben, schafften es sogar ein wenig.

„Da habt ihr verdammt Recht!“ grinste sie durch den Helm, klappte das Visier nach unten und fuhr auf die Strecke hinaus.

Es war wirklich das schwerste Rennen, was sie jemals gefahren war. Nur mit Mühe konnte sie sich an die Spitze kämpfen und wurde auch des Öfteren überholt. Nur noch drei Runden waren zu fahren und im Moment lag sie vorn. Zwei andere lagen ihr aber dicht auf den Fersen und brachten sie immer wieder in Bedrängnis. Der eine schien besonders ungeduldig zu sein und wollte sie um jeden Preis von der Spitze drängen. Immer wieder gab er Vollgas, fuhr viel zu dicht an sie heran und auch viel zu schnell in die Kurven. In einer scharfen links Kurve witterte der Kerl offenbar seine Chance innen an ihr vorbei zu ziehen und erhöhte sein Tempo noch mal. Haruka hätte wirklich nicht erwartet, dass der Typ auf die Idee kam, in so einer Kurve, bei der Geschwindigkeit zu versuchen an ihr vorbei zu ziehen, deshalb sah sie ihn nicht rechtzeitig genug. Er war viel zu schnell, verlor die Kontrolle über sein Bike und flog mit voller Wucht aus der Kurve. Wie in Zeitlupe sah sie mit an, wie sein Motorrad sich von der Strecke löste und mit ihm genau auf sie zuflog. Haruka versuchte noch abzubremsen, um ihm auszuweichen, doch dafür war es bereits zu spät. Er erwischte sie noch am Vorderrad und ließ auch sie durch die Luft fliegen. Ein lauter Knall, ein harter Aufprall und die verzweifelten Rufe von ihrem Team durch ihr Funkgerät war das Einzige, was sie noch mitbekam, bevor ihr schwarz vor Augen wurde...
 

Michiru war schon den ganzen Morgen total aufgeregt. Sie hatte gestern noch in der Zeitung gelesen, dass das Rennen von ihrer Lieblingsschülern im Fernsehen übertragen werden würde und freute sich schon tierisch darauf, sie fahren zu sehen. Den Vormittag verbrachte sie größtenteils mit aufräumen, waschen und putzen. Außerdem musste sie wieder jede Menge Hausaufgaben kontrollieren und um ihre Tochter musste sie sich ja auch noch kümmern, wobei die es vorzog alleine in ihrem Zimmer zu spielen. Als das Rennen dann gegen eins anfing, ließ sie alles stehen und liegen und setzte sich mit einem Tee gemütlich vor dem Fernseher. Bevor das Rennen jedoch anfing wurde erst mal alles drum herum berichtet, Leute Interviewt und auch einige Dinge erklärt. Zudem gab es vorher noch ein Qualifikationsrennen. Die Künstlerin versuchte wirklich dem Ganzen zu folgen und es war sogar ganz interessant, jedoch alles konnte sie nicht verstehen und ab und zu kam es ihr so vor, als würden die Leute dort eine andere Sprache sprechen. Sie hatte noch nie etwas für Autos oder Motorräder übrig gehabt und kannte sich nicht im Geringsten damit aus. Sie konnte ja nicht einmal selbst fahren. Doch sie wollte unbedingt wissen und verstehen was ihre Schülerin daran so faszinierte und warum und wie es dazu gekommen war, dass sie fuhr. Es wurden mehrere Berichte und Ausschnitte aus letzten Rennen der Blonden gezeigt und es war klar, dass sie als der große Favorit galt. Die Mädchen in der Menge kreischten alle sofort auf, als die Sportlerin für nur eine Sekunde mal kurz zu sehen war. Michiru konnte nur allzu gut nachvollziehen, warum sie dies taten. Gekreischt hätte sie zwar nie aber der Anblick des großen Mädchens in ihrem Motorradanzug war einfach göttlich. Nach gefühlten Ewigkeiten, fing das Rennen dann endlich an. Mit völliger Faszination beobachte Michiru den Fahrstil der Blonden und kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Sie fieberte richtig mit ihrer Schülerin mit und hoffte inständig, dass diese Gewann. Ein bisschen Sorgen machte sie sich aber schon. Die Geschwindigkeit mit denen die da fuhren jagte ihr doch eine Heidenangst ein. Jede Kurve und jedes Überholmanöver ließ sie die Luft anhalten. Ständig sah sie zur angegebenen Rundenanzahl hinüber und war mit jeder Absenkung erleichterter. Nur noch drei Runden, dann hatte sie es geschafft. Michiru saß jetzt nur noch am Rande der Couch und betete praktisch den Fernseher an. Auf einmal schienen die Reporter aber ganz aufgeregt zu sein und schon in der nächsten Sekunde, sah sie entsetzt mit an, wie ein Fahrer aus der Kurve flog und dabei das Motorrad ihrer Schülerin rammte und diese sich mehrfach überschlug und dann regungslos am Boden liegen blieb. ... Michirus Herzschlag setzte aus. Mit geweiteten Augen starrte sie in den Fernseher hinein und fing am ganzen Körper an zu zittern. ....... Es vergingen nur Sekunden aber ihr kam es wie Stunden, Tage ja sogar wie Jahre vor, als sie erkannte, dass sich die Blonde rührte. Voller Erleichterung atmete sie heftig aus, schluchzte vor sich hin und fing auch noch an zu weinen.
 

Ein beißender Geruch kroch ihr in die Nase. .... Sie kannte diesen Geruch. Er war ihr nur allzu vertraut. .... Benzin. Aber auch noch etwas anderes. .... Rauch. .... Haruka fing an zu blinzeln und nach und nach konnte sie einige Umrisse erkennen. Vorsichtig und nicht zu schnell richtete sie sich ein wenig auf. Das erste, was sie tat war sich den Helm vom Kopf zu reißen, die Stimmen durchs Funkgerät ignorierend. Noch nicht ganz bei Sinnen sah sie sich um. Sie befand sich etwas abseits der Strecke, ein paar Meter weiter ihre geliebte Maschine, die jetzt nur noch Schrott war. Offenbar war sie nur wenige Sekunden lang Bewusstlos gewesen, denn die Rettungskräfte waren noch nicht eingetroffen. .... Auf einmal drang ein entsetzlicher Schrei an ihre Ohren. Sie drehte sich um und entdeckte den anderen Fahrer unter seiner eigenen Maschine begraben. Er war offenbar eingeklemmt und versuchte verzweifelt sich zu befreien. Das Motorrad über ihm qualmte währenddessen vor sich hin. Haruka verlor keine Sekunde und rannte zu ihm hin. Er schrie, stöhnte, wand sich vor Schmerzen und sagte nur immer wieder "mein Bein". Hilflos sah die Blonde zu und hatte keine Ahnung, was sie machen sollte. Sollte sie ihm helfen oder würde sie dadurch nur noch alles verschlimmern? Sie kniete sich zu dem Fahrer hinunter und versuchte zu erkennen, in wie weit sein Bein verletzt war, doch wurde es leider vollkommen von der Maschine verdeckt, so dass sie nichts sehen konnte. Der Mann schrie währenddessen weiter und flehte sie geradezu an das Teil wegzuschaffen.

„Okay, bleib ruhig. Es kommt gleich Hilfe.“ versuchte Haruka ihn und auch sich selbst irgendwie zu beruhigen.

„Nein, bitte! Bitte, hilf mir! Es tut so weh!“ schrie er weiter.

Diese verzweifelten Rufe und Blicke ertrug Haruka einfach nicht mehr und hier nur rum zu sitzen und nichts zu tun, machte sie wahnsinnig, also stand sie auf und griff an das Lenkrad des Motorrades. Mit aller Kraft, die sie besaß hob sie das Bike an. Je höher sie es anhob und dadurch die Last von dem Mann nahm, desto lauter schrie der auf. Haruka hörte dies allerdings nicht und konzentrierte sich nur darauf, das Motorrad auf die andere Seite zu drehen. Sie schaffte es die Maschine von ihm weg zu bekommen und drehte sich dann schnell wieder zu dem Typen um.

„Oh Gott.“

Ihr Blick viel natürlich als erstes sofort auf sein Bein. Es sah wirklich schlimm aus. Seine Kleidung war an der Stelle komplett zerfetzt, der Unterschenkel war halb offen, der Knochen ragte heraus und überall floss Blut. Sie riss sich von dem Anblick los und kniete sich wieder zu ihm herunter. Der Kerl hatte inzwischen das Bewusstsein verloren und lag einfach nur noch da. Für einen kurzen Moment, war sie sich nicht mal sicher, ob er überhaupt noch lebte, doch sie versuchte gar nicht weiter darüber nachzudenken und stattdessen lieber die Blutung zu stillen. Als sie damit gerade beschäftigt war, kamen endlich die Sanitätswagen neben ihr zum Stehen. Leute kamen auf sie zu gerannt, stellten ihr unzählige von Fragen und kümmerten sich um sie, als auch um den am Boden liegenden Fahrer. Trotz ihres Protests wurde sie in einem der Wagen verfrachtet und ins Krankenhaus gebracht. Erst als sie dort untersucht wurde und sie ihren Motorradanzug ausziehen sollte, viel ihr auf, dass ihr alles weh tat. Es dauerte länger als üblich, sich das Ding auszuziehen und als sie es endlich runter hatte wurde ihr auch klar wieso. Ihr ganzer Körper war grün und blau. Zahlreiche Untersuchungen musste sie über sich ergehen lassen und am Ende kam heraus, dass sie bis auf viele Schürfwunden, Prellungen, Schnittwunden, blaue Flecken und auch kleine Verbrennungen keine größeren Verletzungen erlitten hatte. Zu ihrer Freude wurde sie gleich wieder entlassen. Ihr Manager und auch ihr Trainer hatten im Wartebereich Platz genommen und waren sichtlich erleichtert darüber, dass es ihr gut ging. Sie fragte noch, wie es dem anderen Fahrer ging, doch konnte man ihr darüber noch keine genauen Auskünfte geben. Nur, dass er gerade operiert wurde, hatte man ihr gesagt. So verließ sie mit ihrem Trainer und Manager gemeinsam das Krankenhaus und wäre vor dem Eingang fast erschlagen worden. Überall waren Reporter, Kameras und Blitzlichtgewitter. Auch kreischende Mädchen konnte sie erkennen. Alle rannten sie auf sie zu und durchlöcherten sie mit Fragen. Einige Security Männer schirmten die Meute von ihr ab und sie wurde von ihrem Manager in den Wagen geführt, der bereits vorgefahren war. Nach etwa einer halben Stunde kam der Jeep bei ihr in der Tiefgarage zum Stehen.

„Und du bist dir sicher, dass du keine Hilfe brauchst?“ fragte sie ihr Manager zum wiederholten male.

„Ja, wirklich. Mir geht’s gut. Ich muss mich nur ein bisschen hinlegen.“

„Na gut. Brauchst du sonst noch irgendwas? Was zu essen? ... Oder ein nettes Mädchen zum kuscheln?“ grinste er frech.

Haruka verdrehte nur die Augen und stieg aus dem Auto aus.

„Oh, warte. Meine Maschine steht noch an der Rennstrecke.“ viel ihr ein, als sie den lehren Parkplatz neben ihrem Auto sah.

„Okay, die lass ich dir vorbeibringen. Und keine Panik. Ich geb‘s nur in absolut zuverlässige Hände.“

„Das will ich dir auch raten. Wenn auch nur ein Kratzer drinnen ist, mach ich dich ‘n Kopf kürzer!“ warnte sie ihn.

„Schon klar. Also erhol dich ein bisschen.“

„Mach ich.“

Sie schlug die Wagentür zu und sah noch zu, wie er davon fuhr. In einem nicht ganz aufrechten Gang bewegte sie sich zum Fahrstuhl und fuhr mit ihm ins oberste Stockwerk, zu ihrer Wohnung. Zu irgendetwas anderem außer Schlafen war sie heute nicht mehr im Stande und schlurfte deshalb gleich ins Schlafzimmer. Nur mit Mühe entledigte sie sich ihrer Klamotten und legte sich dann ins Bett. Sie brauchte nicht mal eine Minute um in einen traumlosen Schlaf abzutauchen.
 

Michiru stand immer noch total unter Schock. Sie hatte mit angesehen, wie die Sportlerin, zu ihrer Erleichterung, aufgestanden war und dem anderen Fahrer geholfen hatte. Bei der Aktion bekam sie noch mal genauso viel Angst, es hätte ja noch mehr passieren können. Sie hatte überhaupt nicht mehr aufhören können zu weinen. Der Gedanke daran, dass sie jetzt tot sein könnte, war für sie unerträglich. Umso glücklicher war sie jetzt, dass die Rennfahrerin offenbar unverletzt war.

„Mama, ist alles in Ordnung?“

Erschrocken drehte Michiru ihren Kopf zur Seite und entdeckte Hotaru, die etwas schüchtern mit einem Plüschteddy im Arm am Türrahmen stand und ängstlich zu ihr hinsah.

„Oh. Ja, mein Schatz. Mach dir keine Sorgen.“

Schnell schaltete sie den Fernseher aus und ging zu ihrer Tochter rüber.

„Aber du weinst ganz Doll.“ stellte die Kleine klar.

„Ja, ich weiß. Da war nur eben etwas ganz trauriges im Fernsehen. Aber es ist alles in Ordnung.“

Michiru wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ging dann zu der Kleinen rüber, umarmte sie einmal ganz fest und lächelte sie danach beruhigend an.

„Du hast bestimmt Hunger, nicht wahr? Tut mir leid, ich hab völlig die Zeit vergessen.“

„Nicht so schlimm. Ich hab die ganze Zeit gespielt und auch ein Bild gemalt.“

„Du hast gemalt? Darf ich dein Bild sehen?“ fragte Michiru freudig überrascht.

Die Kleine strahlte und nickte heftig. Sie zog ihre Mutter hinter sich her in ihr Zimmer und hielt ihr dann voller Stolz ihr Bild entgegen. Michiru kniete sich zu ihr hinunter und sah es an. Es war nicht mehr als ein Kinder Gekritzel von drei Personen und einem nicht ganz zu definierbaren Hintergrund aber die Türkishaarige fand es trotzdem wunderschön.

„Das hast du wirklich toll gemacht, Hotaru-chan. Es ist wunderschön.“

Die Kleine strahlte noch mehr.

„Also lass mal sehen .... Das da bist du, oder?“

Michiru deutete auf die Kleinste Person auf dem Bild mit unverkennbar schwarzen Haaren.

„Ja!“

„Und das da bin ich.“

Hotaru nickte.

„Hhmm.... Und wer is das?“

„Ruka!“

„Ach so, verstehe.“

Aha, diese Ruka war also Blond und offenbar sehr groß. Mehr Details aus ihrem Äußeren bekam sie von dem Bild aber leider nicht, dafür war es doch etwas ungenau. Schade eigentlich.

„Darf ich es vielleicht an den Kühlschrank hängen? Dann kann ich es immer sehen, wenn ich in der Küche bin.“

„Ja!“

„Hast du Lust mir heute beim Kochen zu helfen? Dann geht das bestimmt schneller.“

„Ja, das wär toll!“

Also gingen die Zwei zusammen in die Küche. Michiru heftete das Bild an den Kühlschrank und holte dann aus diesem die Zutaten für das späte Mittagessen heraus. In ihrem Kopf tauchte noch den ganzen Abend über das Gesicht von ihrer Schülerin auf. Sie wollte unbedingt wissen, wie es ihr jetzt ging und ob sie nicht doch eventuell verletzt worden war. Aber erst nachdem sie Hotaru ins Bett gebracht hatte, schaltete sie noch einmal den Fernseher ein. Sie brauchte nicht mal lange suchen, ehe sie einen Bericht über das heutige Rennen gefunden hatte. Sehr viel mehr Informationen bekam sie daraus aber nicht. Nur, dass die Sportlerin das Krankenhaus, in welches sie gebracht worden war, schon wieder verlassen hatte. Aber nicht warum und ob sie das aus eigener Initiative oder durch Erlaubnis eines Arztes getan hatte. Über den anderen Fahrer erfuhr sie, dass er gerade noch so überlebt hatte, aber ob er jemals wieder Motorrad fahren bzw. normal gehen konnte, war ungewiss. Die Sportlerin wurde indes von allen als Held gefeiert. Michiru ging mit einem unguten Gefühl ins Bett. Am liebsten hätte sie ihre Schülerin angerufen oder wär sogar zu ihr hingefahren. Sie wollte sie sehen, sich selbst davon überzeugen, wie es ihr ging. Sie wollte sie umarmen, sie fühlen, um die Bestätigung zu erhalten, dass sie wirklich noch da war. ... Greifbar. ... Warm. ... Am Leben. Eine halbe Ewigkeit brauchte sie um einzuschlafen.
 

Haruka verbrachte fast den gesamten Sonntag im Bett. Sie hatte ihre Hausaufgaben auf der Matratze ausgebreitet und erledigte diese ganz fleißig, während neben bei ihr Fernseher lief. Krankgeschrieben wurde sie nämlich leider nicht und musste so, in jedem Fall, morgen zur Schule. Sie nahm nicht an, dass ihre Lehrerin Verständnis für sie aufbringen würde, wenn sie ohne Hausaufgaben erscheinen würde, also machte sie sie lieber. Außerdem wollte sie auch unbedingt mal einen positiven Eindruck bei der Schönheit hinterlassen. Sie brauchte wirklich mehrere Stunden um alle Fächer zu erledigen und auch die Zusatzaufgaben in Modernem Japanisch hinzubekommen. Alles richtig war bestimmt nicht, aber sie hatte es immerhin versucht. Hoffentlich rechnete ihre Lehrerin ihr auch den guten Willen an. Mit Ausnahme, dass das Telefon und ihr Handy die ganze Zeit klingelten/vibrierten und sie irgendwann einfach den Stecker zog bzw. das Handy ausschaltete, da nur dumme Reporter und neugierige Mädchen dran waren, passierte nichts Spektakuläres an diesem Tag, so dass er auch recht schnell um war.

Am Montagmorgen fand sie zu ihrer großen Freude ihr Motorrad wieder an seinem Platz in der Garage vor. Fahren tat sie aber haute mal nicht damit. Ihr Körper schmerzte doch noch ein wenig, weshalb sie ihr Auto für die bessere Wahl hielt. Damit war sie zwar nicht ganz so schnell, weil sie sich nicht durch die anderen Autos hindurch schlängeln konnte aber sie war zum Glück auch rechtzeitig losgefahren und kam so auch pünktlich in der Schule an. Auf dem Parkplatz erwartete sie aber schon eine ganz aufgeregte Gruppe von Mädchen. Natürlich ihr über alles geliebter Fanclub. »Na toll! Der Tag fängt ja gut an.« Genervt stieg sie aus ihrem Auto aus und wurde auch sogleich umzingelt.

„Tenoh-kun! Wie geht’s dir?“

„Wir haben das Rennen gesehen und uns furchtbare Sorgen gemacht.“

„Ja, geht es dir gut? Du bist ja so ein Held! Du hast dem anderen Fahrer das Leben gerettet.“

„Tut dir was weh?“

„Hast du schmerzen?“

„Sollen wir dich wieder nach Hause bringen?“

„Ich bleibe auch gern bei dir und ...“

„Hey! Wieso ausgerechnet du? Ich bleib bei ihr!“

„Also wenn hier jemand......“

Super, jetzt fingen die auch noch an sich zu streiten. Die Sportlerin verdrehte die Augen und ging einfach an ihnen vorbei. Die Mädchen brauchten ein paar Sekunden um zu schnallen, dass Haruka gar nicht mehr anwesend war und rannten dann hinter ihr her.

„Warte, Tenoh-kun! Soll ich dir helfen? Du kannst dich ruhig auf mich stützen.“

„Nein, stütz dich auf mich! Ich bin viel stärker als sie.“

„Danke, aber gehen kann ich schon noch allein.“ kam es kühl von ihr zurück.

Sie wurde die Quälgeister den ganzen Weg über nicht los. Erst als sie bei der Klasse ankamen löste sich die Gruppe ein wenig auf, da nicht alle von ihnen auch in diese Klasse gingen. Nur fünf von ihnen blieben zurück und begleiteten sie doch tatsächlich noch bis zu ihrem Stuhl und machten auch nicht den Anschein sie dort alleine zu lassen. Ohne Punkt und Komma redeten sie vor sich hin aber Haruka hörte absolut nicht zu. Takuya neben ihr hatte offenbar auch etwas zu sagen, aber die Mädchen gaben ihm nicht mal die Chance dazu.
 

Mit einem flauen Gefühl im Magen begab sich Michiru heute zur Arbeit. Irgendwie hatte sie Angst die Sportlerin könnte nicht anwesend sein. Natürlich hatte sie keine Ahnung, ob sie überhaupt zur Schule kommen durfte, es wäre also gar nicht so ungewöhnlich, wenn sie fehlte. Den ganzen gestrigen Tag über hatte sie nur an ihre Schülerin denken können und sie musste sie unbedingt wiedersehen. Doch bevor es so weit war, wurde sie noch im Lehrerzimmer aufgehalten.

„Ah, Sensei. Ich wollte Sie noch darüber informieren, dass wir uns heute mit den anderen Lehrern in der großen Pause treffen und die Reise besprechen.“

»Oh, nein! So ein verdammter Mist!« Diese dämliche Reise hatte sie schon wieder völlig vergessen. ... In der Pause? Bitte nicht in der Pause! Die hatte sie doch für ihre Schülerin reserviert. Aber was hatte sie schon für eine Wahl? Ihre Nachhilfe war ja völlig Inoffiziell.

„Ja, natürlich, Kohara-sensei.“ sagte sie niedergeschlagen.

„Wunderbar!“

Der Kerl grinste auch noch blöd dabei. Am liebsten hätte sie es ihm aus dem Gesicht gerissen. So schnell wie möglich verließ sie das Lehrerzimmer und begab sich zu den Klassenräumen. Vor der Tür blieb sie aber noch mal stehen. »Oh Gott, bitte lass sie da sein!« Nach einem tiefen Atemzug betrat sie die Klasse und bemühte sich nicht sofort zu ihrem Platz herüber zu spähen aber ihre Augen wanderten doch dorthin. Aber anstelle ihrer blonden Rennfahrerin sah sie nur ein Haufen Mädchen. Das ließ ihre Stimmung augenblicklich umspringen. Während sie sich das ganze Wochenende Sorgen um sie gemacht hatte und sich über alles nach ihrer Anwesenheit verzerrt hatte, war sie schon wieder mit wer weiß wie vielen Mädchen zusammen! Sie machte die Klasse auf sich aufmerksam und augenblicklich löste sich der Kreis um die Sportlerin auf. Ein erneuter Blick auf die begehrte Person erweichte sie mit Körper und Seele. Ein Lächeln! Sie lächelte! Und sah ihr genau in die Augen. Michiru konnte gar nicht anders als zurück zu lächeln, versuchte es aber zu verbergen. Jetzt war nur noch die Frage in ihrem Kopf warum sie gelächelt hatte und ob es wirklich ihr gegolten hatte. Anfangs versuchte sie sich noch einzureden, es war nur von dem Gespräch mit den Mädchen übrig geblieben. Aber egal wie oft sie auch während der Stunde zu ihr hin sah, das Lächeln verschwand einfach nicht. Besser noch, es tauchte immer erst auf, wenn sich ihre Blicke trafen. Zu ihrem Erstaunen hatte sie sogar ihre Hausaufgaben gemacht und auch die Zusatzaufgaben gab sie mit ab. Dieses Mal hätte sie es in jedem Fall verstanden, wenn sie sie nicht gemacht hätte, schließlich hatte sie gerade einen schlimmen Motorradunfall überlebt, woran sie auch noch mal zusätzlich erinnert wurde, als sie die freien Arme der Blonde sah, die von Kratzern und blauen Flecken nur so überseht waren. Am liebsten hätte sie sie sofort umarm und wäre dann bestimmt wieder in Tränen ausgebrochen. Der Gedanke, dass sie jetzt nicht mehr da sein könnte, war immer noch unerträglich für sie. Nur, weil ihre Schülerin so unglaublich stolz auf sich selbst zu sein schien und über beide Ohren hin grinste, als sie ihre Hausaufgaben abgab, konnte Michiru diesen Impuls unterdrücken und musste sogar auch wieder Lächeln. Viel zu schnell ging dieses Mal der Unterricht um und so war sie ziemlich enttäuscht darüber, als es klingelte. Die Schüler standen langsam auf und verließen einer nach dem anderen den Raum.
 

Haruka erhob sich auch und ging Richtung Tür, als sie Takuya auf einmal hinter sich hörte.

„Hey, warte auf mich.“

Verwundert blieb sie stehen und drehte sie sich zu ihm um.

„Wie geht’s dir eigentlich? Ich hätte heute wirklich nicht mit dir gerechnet. Bist du nicht krank? Du hast mir echt ‘nen Wahnsinns Schrecken eingejagt, weißt du das? Ich dachte schon du wärst tot! Und was ist eigentlich mit deinem Telefon los? Ich hab gestern versucht dich anzurufen aber irgendwie war ständig besetzt und das Handy aus.“

Haruka sah ihn völlig entgeistert an. Hatte er sich etwa Sorgen um sie gemacht?

„Beruhige dich, okay. Mit mir ist alles in Ordnung. Ich hab nicht viel abbekommen. Und so schnell geh ich schon nicht drauf. ... Ach so, und mein Telefon hab abgeschaltet, weil mich ständig irgendwelche Nervensägen angerufen haben und wissen wollten wie es mir geht.“ grinste sie ihn an.

„Du bist wirklich ein Idiot. Da macht man sich Sorgen und du, du machst dich auch noch lustig darüber.“

Er ging beleidigt an ihr vorbei, weiter Richtung Tür.

„Wieso machst du dir überhaupt sorgen? Es gibt doch gar keinen Grund dafür.“

„Alter, du wärst fast drauf gegangen! Hast du eigentlich eine Ahnung wie das ausgesehen hat?“

„Nein, ich war zu sehr damit beschäftigt von der Straße zu fliegen. Ich wusste ja nicht mal wo oben und unten ist.“

„Du hast echt mehr Glück als Verstand.“ seufzte Takuya.

„Äh, Tenoh-san? Könnte ich noch kurz mit Ihnen reden?“

Haruka und Takuya drehten sich gleichzeitig um und sahen in das freundliche Gesicht ihrer Lehrerin. Die Sportlerin musste augenblicklich wieder Lächeln. Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie kam es immer automatisch in ihr Gesicht, wenn sie die Türkishaarige erblickte.

„Ähm, klar.“ freute sie sich.

„Wir sehen uns dann.“

Takuya konnte dieses vielsagende Zwinkern schon wieder nicht lassen und verließ dann breit grinsend den Raum.

„Was gibt es denn?“ fragte Haruka neugierig.

„Tja, also ich muss für heute unsere Nachhilfestunde leider absagen.“

„Oh.“

Die Enttäuschung stand ihr Buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Sie hatte sich schon so wahnsinnig darauf gefreut.

„Warum denn?“

„Ich muss an einer Lehrerbesprechung Teilnehmen. Tut mir wirklich leid. Ich hoffe aber, dass ich Morgen wieder Zeit für Sie habe. Bis dahin gebe ich Ihnen noch ein paar Aufgaben mit, die Sie bitte durchgehen.“

„Ähm, ja, klar, natürlich. .... Ich ... ich hätte sonst auch nach der Schule Zeit, wenn ... wenn Sie also auch ....“

Haruka konnte selbst nicht glauben, was sie ihrer Lehrerin da gerade anbot. Wollte sie sich wirklich nach der Schule mit ihr treffen? Dann wäre mit Sicherheit nicht ein Schüler mehr in der Schule und sie waren völlig allein. War das wirklich so eine gute Idee?

„Leider habe ich da auch keine Zeit.“

Das klang für Haruka aber ziemlich enttäuscht. Konnte das wirklich sein?

„Na gut, dann eben morgen wieder.“ sagte Haruka traurig und nahm die Zettel entgegen, die ihr ihre Lehrerin reichte.

„Falls ich es wieder nicht schaffe, werde ich Ihnen noch Bescheid geben.“

„Wie? Meinen Sie etwa, Sie könnten morgen vielleicht auch nicht?“

„Ja. Ich weiß nicht genau wie die Besprechung heute laufen wird und wie oft oder ob überhaupt nochmal sie stattfindet.“

„Darf ... darf ich Fragen um was es geht?“

„Ich denke schon. Es geht um diese Abschlussreise.“

Haruka bekam ganz große Augen.

„Fahren Sie da etwa mit?“

„Ja. Ich werde Ihren eigentlichen Japanisch Lehrer auch dort vertreten.“

»Oh Mann! Der Wahnsinn! Fünf volle Tage, die ich sie von morgens bis abends sehen kann!« Haruka hätte Luftsprünge machen können.

„Ähm, kann es sein, dass Kohara-sensei auch an der Organisation teilnimmt?“ fragte sie ganz unbedeutend.

„Ja, das ist richtig. Wieso fragen Sie?“

„Ach, nur so.“

»Ja! Dann haben die ja vielleicht doch nichts miteinander!« Das hieß zwar noch lange nichts und auch nicht, dass die Türkishaarige mit niemand anderem zusammen war aber daran wollte sie gar nicht denken.

„Oh, ich glaub ich muss langsam mal zum Unterricht. Also sagen Sie mir einfach Bescheid, ansonsten werde ich hier auf Sie warten. Bis dann.“ verabschiedete sich die Sportlerin schnell, denn die nächste Stunde hatte schon längst angefangen.
 

„Ja, bis dann.“ sagte Michiru auch und sah ihr traurig hinterher.

An alldem war nur dieser dämliche Geschichtslehrer schuld. Sie würde so viel lieber mit der Blonden ihre Pause verbringen. Und sie hatte ihr doch tatsächlich angeboten noch nach der Schule mit ihr zu lernen. Was das jetzt wohl zu bedeuten hatte? Sie seufzte einmal, sammelte dann schnell ihre Sachen zusammen und begab sich zur nächsten Stunde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Tora-Bushi
2012-04-21T21:40:25+00:00 21.04.2012 23:40
Ein sehr schönes und vor allem spannendes Kapitel. Habe mich gut in den einzelnen Ablauf hineinversetzen können. Der ganze Ablauf, und die einzelnen Gedanken der Personen hast du sehr gut beschrieben.
Es ist zwar Schade, das Haruka in der Pause keine Nachhilfe hat, aber so kann sie diese dann mal wieder voll und ganz mit Hotaru verbringen, was die kleine sicherlich sehr freuen wird. ^^
Bin ja es schon gespannt darauf, was du dann so schönes währen der Schulfahrt bringen wirst. Freue mich auf jeden fall schon mal auf das nächste Kapitel.
Antwort von:  mondsternchenmia
26.06.2014 14:09
Ruki/chiru sind so sweet Oder total verknallt
Von:  dragon493
2012-04-21T19:09:21+00:00 21.04.2012 21:09
tolles Kapitel
es war schon ein Schock mit dem unfall
aber gut das ihr nichts passiert ist, ist auch süß das sich alle sich um sie sorgen
auch schade das sich die beiden nicht mehr in der Pause treffen
Freu mich aufs nächste Kapitel
Lg dragon493
Von:  dreamfighter
2012-04-21T12:50:28+00:00 21.04.2012 14:50
Also das nenn ich mal ein echt gelungenes Kapitel.
Ich hatte einen richtigen Schrecken bekommen, als ich bei dem Sturz angekommen war. Gott sei Dank ist Haruka nichts weiter passiert.
Und das Michiru sich so große Sorgen macht zeigt deutlich, dass sie mehr für ihre Schülerin empfindet.
Wie selbstverständlich Hotaru ihrer Mutter sagt, dass die dritte Person auf ihrem Bild "Ruka" ist, ließ mich schmunzeln. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis Michiru erkennt wer da eigentlich mit ihrer Tochter befreundet ist...

Zu guter letzt dann auch noch Harukas Enttäsuchung über die abgesagte Nachhilfestunde. So langsam muss sie sich wohl eingestehen, dass sie tatsächlich mehr für ihre Lehrerin empfindet. Sonst hätte sie doch niemals freiwillig angeboten nach dem Unterricht noch zu lernen.

Ich bin schon ganz gespannt wie es nun weitergeht und hoffe stark, dass es nicht allzu lange dauern wird.


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