Zum Inhalt der Seite

Lehrer - Schüler - Verhältnis

H&M
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nachhilfe

»Jetzt geh schon rein, verdammt!« Wie zur Salzsäule erstarrt stand Haruka vor der Tür und traute sich einfach nicht hinein. Sie wollte da unter keinen Umständen rein und trotzdem konnte sie es gar nicht erwarten. Ihre Hand lag schon halb auf der Klinke, wollte sich aber einfach nicht weiter bewegen. Sie wünschte sich gerade nichts sehnlicher, als bei Hotaru im Gras zu sitzen und genüsslich das Essen ihrer Mutter zu verschlingen. Der Gedanke daran, wie die Kleine sehnsüchtig auf sie wartete und dann voller Enttäuschung feststellen musste, dass sie nicht kommen würde, tat ihr unendlich leid. Was, wenn sie nie wieder mit ihr reden wollte und sie dafür sogar hassen würde? Das versetzte der Großen einen schmerzhaften Stich ins Herz. Ihr war die Kleine wirklich wichtig geworden und sie wollte sie nicht mehr verlieren. Wäre diese Lehrerin nicht so unendlich schön und würde ihr nicht komplett den Verstand vernebeln, wenn sie in ihrer Nähe war, würde sie sie über alle Maße hassen und umbringen für das, was sie ihr antat. Aber sie verzehrte sich geradezu nach der Anwesenheit der Türkishaarigen, also musste sie sich wohl für eine entscheiden. Und so drückte sie doch die Klinke herunter und betrat mit rasendem Herzen den Klassenraum.
 

Kaum, dass die Blonde den Raum betreten hatte, verflogen Michirus Nervosität, Zweifel und Vorsätze. Sie freute sich richtig, dass sie gekommen war und fand es einfach nur süß, wie sie da unsicher an der Tür stand. Sie war zwar nicht freiwillig gekommen aber dennoch musste es ja bedeuten, dass ihr zumindest die Schule nicht ganz egal war.

„Es freut mich, dass Sie doch gekommen sind, Tenoh-san. Bitte setzten Sie sich doch.“ lächelte sie sie freundlich an.
 

Oh Gott, dieses Lächeln riss Haruka komplett den Boden unter den Füßen weg. Ohne auch nur ein Wort zu sagen ging sie zu einem der Tische gegenüber dem Lehrerpult und setzte sich. Sie wagte es nicht der Lehrerin in die Augen zu sehen und starrte einfach nervös ihre Tischplatte an.

„Gut, dann wollen wir mal anfangen. Zunächst einmal, wüsste ich gerne, wo genau Ihr Problem liegt. Ich habe hier Ihre letzten Arbeiten liegen und Sie haben nicht mal versucht auch nur eine Frage zu beantworten. Verstehen Sie die Aufgaben nicht, liegt es an der Fragestellung oder wollten Sie sie wirklich nicht beantworten? So ganz nachvollziehen kann ich das nicht. Dass Sie hier sind beweist mir, dass Ihnen doch was an ihren Noten liegt also bitte erklären Sie mir das.“

Na toll! Was jetzt? Sie konnte ihr ja schlecht sagen, dass allein sie der Grund dafür war, dass sie sich überhaupt nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte und nicht mal wusste welches Thema sie gerade durch nahmen. Diese Frau war einfach Ablenkung pur. Sogar jetzt hatte sie Probleme sich auf ihre Worte zu konzentrieren und ihr nicht in den Ausschnitt der Bluse zu starren – die für ihren Geschmack doch etwas zu weit auf geknöpft war, um ein vernünftiges Gespräch mit ihr führen zu können. Haruka riss sich zusammen und atmete noch mal tief durch.

„Ich ... ich hab ... einfach Probleme … Ihrem Unterricht zu folgen.“

Das war zumindest die Wahrheit, verriet aber nicht den Grund dafür. Hoffentlich fragte sie nicht weiter nach.
 

Also lag es wirklich an ihr. Wie sollte Michiru ihr denn helfen, wenn sie der Grund für ihre schlechten Noten war? Es war wirklich eine dämliche Idee ihr Nachhilfe geben zu wollen, das würde ihr wohl auch nichts bringen. Aber es musste doch einen Weg geben ohne, dass sie die Klasse wechselte oder in dem Kurs durchfiel. Michiru würde wirklich zu gerne wissen, warum genau sie sie so sehr ablenkte. Lag es nur an ihrem Aussehen oder könnte noch mehr dahinter stecken? … Oder war es vielleicht etwas ganz anderes? Was wenn es an ihrer Art zu unterrichten lag? Sie hatte das Mädchen ja nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst und sie ziemlich links liegen gelassen. Wie konnte sie überhaupt annehmen die Sportlerin sei an ihr Interessiert? Wahrscheinlich hasste sie sie! Und nur sie allein war schuld daran! »Das hast du jetzt davon, sie nicht gleich als Frau erkannt zu haben! Wirklich ganz toll gemacht!«

„Sie können natürlich auch die Klasse wechseln, wenn Ihnen das lieber ist. Aber ich denke, wir sollten erst mal sehen, ob ich Ihnen nicht doch helfen kann. Vielleicht können Sie mir ja besser folgen wenn wir alleine sind und Sie die Möglichkeit haben, gleich nachzufragen. Sie können mich jederzeit darum bitten etwas zu wiederholen oder anders zu formulieren. Ihre Entscheidung.“
 

Haruka verstand überhaupt nicht wieso diese Frau auf einmal ihr Verhalten ihr gegenüber um hundertachtziggrad gewendet hatte. Warum war sie plötzlich so nett zu ihr und wollte ihr sogar helfen? Bis gestern hätte sie noch ihren Arm darauf verwettet, dass die Lehrerin sie hasste und überhaupt nicht ausstehen konnte. Also was könnte nur passiert sein, dass sie auf einmal so anders war? Harukas Angst wandelte sich langsam in Neugierde um. Sie hatte erwartet, die Lehrerin würde sie zu dieser Nachhilfe zwingen, um sie noch mehr zu foltern, aber offensichtlich lag sie da falsch. Vielleicht war das jetzt ihre Chance den Engel genauer kennenzulernen und eventuell sogar ein wenig Japanisch zu lernen. Sie hatte wirklich die Nase voll davon sich vor dieser Schönheit komplett zum Idioten zu machen und wollte ihr Beweisen, dass sie durchaus auch einen Verstand besaß. Sie musste es nur irgendwie schaffen ihr Verlangen zu kontrollieren und mehr darauf achten was ihr Gegenüber sagte, und nicht tat oder trug. Das konnte doch wohl nicht so schwer sein! Hoffnungen zwischen ihr und der Lehrerin könnte jemals mehr laufen, machte sie sich aber nicht. Für sie stand fest, diese Frau stand eindeutig auf Männer und ihre Lehrerin war sie ja schließlich auch noch. Normalerweise wäre das zwar kein Hindernis für sie gewesen aber bei dieser Frau, traute sie sich einfach nicht, es auch nur zu versuchen.

„Ich möchte die Klasse nicht wechseln. Also versuchen wir’s.“

Ein strahlendes Lächeln bildete sich wieder auf den Lippen der Türkishaarigen und Haruka wurde ganz komisch zu mute.

„Wundervoll. Ich habe Ihnen ein paar Aufgaben zusammengestellt. Wir sollten sie für den Anfang wohl gemeinsam durchgehen.“

Die Lehrerin stand mit ein paar Zetteln in der Hand auf und steuerte den freien Platz neben Haruka an. »Oh, bitte nicht näher kommen!« Aber das tat sie und rückte den Stuhl sogar noch etwas dichter an ihren Tisch heran, damit sie beide in die Unterlagen sehen konnten. »Ganz ruhig bleiben. Konzentriere dich einfach auf die Aufgaben und komm ja nicht auf die Idee sie anzusehen!« Das war aber alles andere als einfach. Es kostete sie einiges an Kraft ihre Aufmerksamkeit nicht der Lehrerin zu widmen, also nicht nur ihrem Körper, sondern ihrer Stimme. Irgendwie bekam sie es aber doch einigermaßen hin und je mehr Zeit verging, desto einfacher wurde es für sie. Sie hätte zwar trotzdem nichts lieber getan, als diese wundervollen Lippen zu küssen aber es war auch richtig interessant der Frau zuzuhören. Die Angst vor ihr verlor sie komplett und traute sich bei allem nachzufragen, was sie nicht verstand oder einfach noch mal hören wollte. Sie hätte echt niemals erwartet, dass die Türkishaarige so nett, freundlich und hilfsbereit war. Ab und zu erhielt sie auch wieder so komische Blicke und Andeutungen von ihr, die Haruka völlig aus der Fassung brachten, aber sie versuchte es zu ignorieren, da sie absolut nichts damit anzufangen wusste und sich weiter konzentrieren wollte. Ein weiteres Hindernis dafür dies einzuhalten war ihr Magen. Sie hatte Hunger. Richtig Hunger! Sie hatte schon drei Stunden Sport hinter sich und gefrühstückt hatte sie ja auch nicht. Der Gedanke an das himmlische Essen vor dem Hotaru jetzt völlig alleine Sitzen musste, ließ ihr das Wasser im Mund zusammen laufen. Ihr Magen hatte wohl irgendwann keine Lust mehr still vor sich hin zu leiden und fing laut an zu knurren. Haruka wäre am liebsten im Boden versunken. Dass die Lehrerin auch noch anfing zu lachen, machte das Ganze auch nicht besser und ließ sie sogar leicht rot werden.
 

„Entschuldige. Wir sollten es für heute vielleicht gut sein lassen. Die Pause ist noch nicht ganz vorbei also haben Sie noch genug Zeit sich etwas zu essen zu holen.“

Michiru musste sich wirklich zusammen reißen nicht weiter zu lachen oder der Blonden um den Hals zu fallen. Sie fand es einfach unglaublich süß, wie sie auch noch rot wurde. Die Nachhilfe war wirklich ein voller Erfolg gewesen. Nicht nur, dass sie es geschafft hatte, ihr ein wenig zu helfen, nein, sie konnte sogar mit ihr reden. Gut, es waren nur Themen zum Unterricht gewesen aber sie hatte immerhin mal ihre Stimme in ganzen Sätzen und normaler Tonlage zu hören bekommen. Und was für eine Stimme das war! Dieser sanfte, raue Ton war einfach unwiderstehlich. Er hatte sie auch dazu verleitet die Große wieder ein bisschen zu verwirren und verführerisch anzusehen. Sie wusste es war keine gute Idee aber es war fast schon ein Zwang. Leider ging die Blonde nicht darauf ein, was vermutlich auch besser so war. Aber ein wenig enttäuscht war sie schon darüber. Hieß das jetzt die Blonde hatte wirklich kein Interesse an ihr oder wollte sie nur nichts mit einer Lehrerin anfangen?

„Wirklich?“ fragte ihre Schülerin auf einmal.

„Ja. Ich gebe zu auch ein wenig hungrig zu sein also machen wir Morgen weiter. Ich schlage vor, dass Sie erst etwas Essen und dann herkommen sobald Sie fertig sind. Mit vollem Magen lernt es sich doch besser.“ lächelte sie.

„Gut, einverstanden. Also dann bis Morgen, Kaioh-sensei.“

Die Sportlerin stand auf, schenkte ihr sogar ein zaghaftes Lächeln und verließ dann den Raum. Michiru sah ihr einfach nur hinter her. Das war das allererste Mal, dass sie ihren Namen in den Mund nahm. Und das kurze Lächeln hatte ihr doch tatsächlich ein Kribbeln im Bauch verpasst. Mit einem Gefühl, als könnte sie schweben, stand sie auf, kramte ihre Sachen zusammen und machte sich dann auf in die Cafeteria, um auch noch was zu essen.
 

Nachdem Haruka die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sie sich noch kurz dagegen und atmete erleichtert aus. Dann stieß sie sich von dieser ab und rannte los. Ohne Rücksicht auf Verluste lief sie aus dem Gebäude über den Hof zu dem Grundschultrakt. Sie hoffte inständig ihre kleine Freundin dort noch anzutreffen und dass sie nicht allzu sauer oder traurig sein würde. Viel zu schnell lief sie um die Ecke und wäre beinahe mit einem Baum zusammen gekracht, konnte aber gerade noch so eben und eben ausweichen.

„Taru-chan!“ rief sie erleichtert, als sie die Kleine im Gras entdeckte.

„Ruka!“

Die Schwarzhaarig sprang auf und rannte Haruka mit tränennassen Augen entgegen. Die Große bückte sich bevor sie bei ihr war und fing sie in ihren Armen auf.

„Ich dachte schon du kommst nicht mehr!“ heulte die Kleine richtig.

„Tut mir leid. Meine Lehrerin hat mich zum Nachsitzen verdonnert. Hey, beruhige dich. Jetzt bin ja hier.“

Hotaru löste sich schniefend von ihr, nickte einmal und zog sie dann hinter sich her zu der Stelle, an der sie das Essen hingestellt hatte.

„Hast du etwa auch noch nichts gegessen?“ fragte Haruka verwundert.

„Ich wollte auf dich warten.“

„Das musst du wirklich nicht, okay? Du kannst ruhig ohne mich anfangen.“

Sie setzten sich beide ins Gras. Haruka verlor keine Sekunde und griff sich gleich das für sie extra zubereitete Essen und schlang es hinunter.

„Warum musstest du überhaupt Nachsitzen?“ fragte Hotaru, die sich wieder beruhigt hatte und jetzt auch etwas aß.

„Das war eigentlich weniger ein Nachsitzen als vielmehr eine Nachhilfe. Ich bin ‘ne totale Niete im Modernen Japanisch und sie versucht mir zu helfen.“

„Ach so. Heißt das, du musst da öfter hin?“ fragte die Kleine vorsichtig.

„Ja, leider. Ich fürchte, ich kann nur noch ein paar Minuten der Pause mit dir verbringen. Sie hat mir erlaubt noch was zu essen aber dann muss ich zu ihr.“

„Etwa jeden Tag?“

„Ja.“

Hotaru sah überhaupt nicht glücklich darüber aus.

„Das finde ich blöd.“

„Ja, ich bin auch nicht begeistert darüber. Aber wir können uns ja wenigstens noch kurz sehen und gemeinsam essen.“

So ganz unglücklich konnte Haruka nicht sein. Eigentlich freute sie sich riesig darauf ihre Pause mit der Türkishaarigen verbringen zu können, jetzt wo die so nett zu ihr war. Und die Kleine konnte sie ja trotzdem noch kurz sehen. Für sie hätte es also gar nicht besser laufen können.

„Ich will aber die ganze Pause mit dir verbringen. Deine Lehrerin ist doof!“

Haruka musste sich ein Lachen verkneifen. Die Kleine sah wirklich süß aus, wenn sie sauer war.

„Hey, nimm ’s nicht so schwer. Du hast mir doch erzählt, du hättest eine neue Freundin in deiner Klasse gefunden. Verbring doch einfach den Rest der Zeit mit ihr. Sie wird sich bestimmt darüber freuen.“

Die Kleine schmollte einen Augenblick. Sie würde trotzdem lieber die Pause mit Haruka verbringen. Ihre neue Freundin konnte sie ja den ganzen Schultag über sehen, auch wenn sie schon gerne mit ihr spielen würde aber sie hatte ja sowieso schon so wenig Zeit mit der Großen und wollte die nicht noch kürzer machen. Aber sie konnte wohl nichts dagegen tun.

„Na gut. Aber essen tun wir auf jeden Fall noch zusammen, oder?“

„Natürlich. Ich kann doch unmöglich auf das Essen deiner Mutter verzichten. Glaub mir, ich bin schon völlig abhängig davon.“

Jetzt konnte die Kleine doch wieder lächeln und gab der großen auch noch den Rest ihres Essens. Kaum das Haruka den letzten bissen hinunter geschluckt hatte, läutete es zur nächsten Stunde. Sie verabschiedete sich schnell von der Kleinen und lief dann zurück über den Hof, um noch rechtzeitig zum Unterricht zu kommen.
 

Die letzte Stunde war vorbei und Michiru war immer noch auf Wolke sieben. Dieses blonde Mädchen hatte ihr doch tatsächlich völlig den Kopf verdreht, obwohl sie eigentlich gar nichts gemacht hatte. Das was man über eine Person in irgendwelchen Zeitschriften erfahren konnte war wirklich völliger Blödsinn. Jedenfalls hatte sie nicht viel von dem wilden Aufreißer zu Gesicht bekommen. Im Gegenteil. Sie war nett und höflich, zumindest dieses Mal. So ganz schlau wurde sie noch nicht aus ihr. Gestern hatte sie sie schließlich noch angeschrien und heute hatte sie nicht einmal rum gezickt, und sie sogar kurz angelächelt. Sie wollte auf jeden Fall herausfinden welche dieser vielen Seiten denn nun die wirkliche Tenoh Haruka beschrieb und hoffte inständig noch mehr von ihr zu erfahren. Sie war gerade beim Lehrerzimmer angekommen und öffnete die Tür.

„Ah, Kaioh-sensei. Schön dass ich Sie noch treffe. Ich würde gerne noch etwas mit Ihnen bereden.“

»Oh nein, nicht der schon wieder! Der will mir doch jetzt nicht noch den Tag verderben!«

„Tut mir leid, Kohara-sensei, aber ich muss los. Also könnten wir das nicht auf Morgen verschieben?“

„Aber Sie haben es gestern schon auf heute verschoben, da Sie ja nicht warten konnten und in der Pause heute waren Sie auch nicht auffindbar. Außerdem ist die Reise doch schon in zwei Wochen also.....“

„Warten Sie. Was denn bitte für eine Reise?“ unterbrach Michiru ihren Kollegen verwirrt.

„Hat Ihnen der Direktor etwa noch nichts davon erzählt? Es findet jedes Jahr am Ende des Sommers eine fünftägige Kulturreise des Abschlussjahrgangs statt und für gewöhnlich organisieren die Geschichts- und Japanisch Lehrer den Ablauf und alles darum herum. Da Sie die Vertretung für Tanaka-sensei sind, dachte ich, Sie würden ihn auch in dieser Hinsicht vertreten.“

„Äähhh.....“

Michiru war echt geschockt. Der Direktor hatte nicht ein Wort über diese Reise verloren, erst Recht nicht, dass sie mitfahren musste. Sie wüsste überhaupt nicht, wo sie ihre Tochter lassen sollte, wenn sie da mit musste. So eine Reise war wirklich das letzte was sie gebrauchen konnte. .... Obwohl, die Abschlussklasse? Das würde ja bedeuten ihre Lieblingsschülerin würde auch dabei sein. Ganze fünf Tage in denen sie sie fast von morgens bis abends sehen und vielleicht auch etwas intensiver mit ihr reden konnte? Das Klang wirklich sehr verlockend.

„... Also, ich weiß nicht. Ich werde gleich morgen den Direktor darauf ansprechen. Ich gebe Ihnen dann Bescheid, wenn ich weiß, ob ich mitfahre oder nicht. Also einen schönen Feierabend, Kohara-sensei.“

Die Türkishaarige hatte sich schon ihre Sachen geschnappt und wartete gar nicht darauf, was ihr Kollege sonst noch zu sagen haben könnte. Es wurde ihr wieder irgendetwas hinterher gerufen aber sie hörte gar nicht hin. Stattdessen machte sie sich schnell auf den Weg zu ihrer Tochter. Sollte sie wirklich auf diese Reise mit müssen, musste sie sich wegen ihr etwas einfallen lassen. Wenn der Direktor es verlangte, hatte sie überhaupt keine Möglichkeit abzulehnen, genauso wenig, wie sie damals ablehnen konnte die Vertretung in Modernem Japanisch zu übernehmen. Eigentlich wäre sie schon genug mit den anderen Fächern ausgelastet gewesen aber da sie neu war und den Job auf jeden Fall behalten wollte, hatte sie gar keine andere Wahl gehabt. Sie bekam nicht mal zusätzlich Geld dafür. Und sie fand sowieso schon, dass sie völlig unterbezahlt war. Schließlich war dies eine der Renommiertesten Privatschulen Japans und sie konnte sich nicht mal eine vernünftige Wohnung leisten. Naja, immerhin durfte ihre Tochter die Schule besuchen ohne, dass sie auch nur einen Yen dafür bezahlen musste. So hatte eben alles seinen Preis. Sie kam bei der Grundschule an, wo sie ihre Tochter freudestrahlend empfing und machte sich gemeinsam mit ihr auf den langen Heimweg.
 

„Hey, Tenoh-kun? Die Stunde is vorbei.“

„Was?“

Verwirrt blickte Haruka auf und sah in das freundliche Gesicht Takuyas. Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass die letzte Stunde beendet wurde. In ihren Gedanken war sie die ganze Zeit bei ihrer Lehrerin gewesen.

„Du benimmst dich echt seltsam in letzter Zeit. Die ganzen letzten Wochen warst du nur noch gereizt und in ‘ner totalen depri Stimmung. Und jetzt träumst du vor dich hin mit ‘nem breiten Lächeln im Gesicht? Darf ich fragen was dich so in Hochstimmung versetzt hat? Dann leg ich mir ‘nen Vorrat davon an.“ grinste er.

„Wirklich witzig, Niwa-kun. Es ist überhaupt nichts passiert. Darf ich nicht einfach mal gut drauf sein?“

Eigentlich sollte das wieder gereizt klingen aber dafür sah sie viel zu fröhlich aus. Stattdessen stand sie auf, um aus seinem Blickfeld zukommen aber er folgte ihr nach draußen.

„Klar darfst du gut drauf sein. Ich wollte ja nur wissen warum, weil das nicht gerade oft in letzter Zeit vorkommt. Ist dir eigentlich klar, dass dein Fanclub schon völlig durchdreht, weil du dich so merkwürdig aufführst. Da fällt mir ein, ich hab dich ewig nicht mehr mit irgend ‘nem Mädchen gesehen. Bist du auf einmal Abstinenz geworden?“

„Mein Fanclub? Meinst du etwa diese nervigen Hühner, die nichts Besseres zu tun haben, als mir ständig hinterher zu Dackeln?“

„Seit wann stört dich das?“

„Das is mir schon immer auf die Nerven gegangen. Ich hab ja gerne mein Spaß mit denen aber warum können die mich danach nicht einfach in Ruhe lassen?“

„Du hast wohl vergessen, dass das Frauen sind, was? Die wollen immer mehr. Naja, alle bis auf dich natürlich. Aber das beantwortet nicht meine Frage, warum du so merkwürdig geworden bist. Hat das etwa immer noch was mit Kaioh-sensei zu tun?“

Haruka bekam bei der Erwähnung ihres Namens ein solches Grinsen im Gesicht, dass wohl jeder darauf gekommen wär, dass Takuya genau ins Schwarze getroffen hatte.

„Oh Mann, Tenoh-kun! Du hast doch nicht wirklich ‘ne Lehrerin flach gelegt, oder? Wenn das raus kommt, fliegst du eiskalt von der Schule, und die Frau gleich mit! Musste das den unbedingt sein?“

„Alter, jetzt beruhigt dich mal wieder. Ich hab überhaupt nichts getan. Sie gibt mir nur ‘n bisschen Nachhilfe in Japanisch.“

Der Junge blieb vor Schreck stehen und sah ihr ungläubig hinterher. Erst nach einigen Sekunden löste er sich aus seiner starre und holte wieder zu ihr auf.

„Nachhilfe? Seit wann geben Lehrer denn Einzelunterricht? Wie hast du das denn hingekriegt?“

„Gar nicht. Sie hat mich dazu gezwungen. Ich hab noch versucht zu protestieren aber sie hat mir gar keine andere Wahl gelassen und mir einfach die Pause gestrichen.“

„Ach echt? Darf sie das überhaupt? Und wieso hast du protestiert? Ich mein, ‘ne bessere Chance an sie ran zu kommen gibt’s doch gar nicht. Oder willst du sie gar nicht mehr?“

„Doch klar. Aber hast du nicht mitbekommen, wie die mich behandelt hat? Ich dachte, die Frau hasst mich und würde mich nur quälen wollen. Außerdem steht doch wohl fest, dass die auf Männer steht. Ich glaub nicht, dass ich ‘ne Chance bei ihr hab.“

Takuya blieb zum zweiten Mal stehen.

„Tenoh Haruka hat Zweifel bei einer Frau landen zu können? Bist du krank oder so?“ fragte er nachdem er sie wieder eingeholt hatte.

„Ich bin einfach nur realistisch.“

„Ach, seit wann denn das?“

„Na, seitdem ich deswegen von der Schule fliegen kann!“ war sie jetzt doch ein wenig gereizt.

„Und? Hat sie dich denn nun gequält?“

Der Junge musste sich wirklich bemühen nicht loszulachen.

„Nein, im Gegenteil. Sie is auf einmal richtig nett zu mir. Keine Ahnung woher dieser Sinneswandel kommt.“

„Aahhh, daher deine gute Laune. So langsam wird mir alles klar.“

„Hä? Was wird dir klar?“

„Warum du dich so merkwürdig aufführst.“

„Na, dann klär mich mal auf.“

„Ach komm. Seit Wochen bist du mies drauf, weil dich die Frau ignoriert und nicht leiden kann und jetzt, wo sie nur einmal nett zu dir ist, schwebst du gleich im siebten Himmel. Außerdem traust du dich nicht sie anzusprechen oder auch nur zu versuchen bei ihr zu landen. ... Ich würde sagen, du bist total verknallt in sie.“

„Ver….. WAS? Hast du sie noch alle?! Ich bin doch nicht verknallt in die! Ich will die nur flachlegen, sonst gar nichts!“

„Und ob du das bist! Deine Reaktion bestätigt das nur noch. Oh Mann, ich glaub ‘s nicht! Wenn die Mädels das rauskriegen würden! Die werfen sich doch eine nach der anderen vom Dach! Und erst die Presse! Ich seh die Schlagzeile schon vor mir: "DIE BERÜHMTE RENNFAHRERIN UND FRAUENSCHWARM TENOH HARUKA HAT SICH VERLIEBT IN.…!"“

„Schhht! Halt die Klappe, du Idiot! Sonst hört dich noch jemand! Und überhaupt, wieso verliebt? Eben warn wir doch noch bei verknallt!“

Haruka war ihm regelrecht in den Rücken gesprungen, um ihm von hinten den Mund zu zuhalten. Sie befanden sich mittlerweile auf dem Schulhof, wo noch vereinzelt Schüler umher liefen. Takuya bekam sich gar nicht mehr ein vor Lachen und warf die Blonde so von sich ab.

„Dann gibst du also zu, dass du dich verknallt hast?“ fragte er, nachdem er sich einigermaßen wieder gefasst hatte.

„Natürlich nicht! Ich hab mich weder verknallt noch sonst irgendwas in diese Frau! Also hör auf so ‘n scheiß zu labern!“

„Hey, warum wehrst du dich denn so dagegen? Ist doch nicht schlimm, wenn es so ist. Naja, es hätte ja nicht unbedingt ‘ne Lehrerin sein müssen, aber so was kann man sich halt nicht aussuchen. … Hhmm, wie alt ist die eigentlich? So viel älter als wir, dürfte sie doch gar nicht sein, oder?“

„Ich hab keine Ahnung wie alt sie ist und es is mir auch völlig egal!“

Harukas gute Laune war jetzt gänzlich verflogen.

„Stimmt, bei wahrer liebe ist das Alter völlig nebensächlich.“ grinste er.

Er war sich sehr wohl bewusst, wie die Sportlerin auf solch eine Provokation reagieren würde und hatte vorsichtshalber schon mal ein paar Schritte Abstand genommen. Keine Sekunde zu früh, denn so konnte er gerade noch dem Griff der Blonde ausweichen und davon Laufen.

„Wir sehen uns Morgen, Tenoh-kun! Und erzähl mir wie die Nachhilfe war, ja?“ rief er ihr noch lachend hinter her, ehe er durch das große Tor um die Ecke verschwand.

„Spinner! .... Pha, verknallt?! Ich weiß doch gar nicht was das is.“ grummelte sie vor sich hin und ging beleidigt zum Parkplatz zu ihrem Motorrad rüber.

Sie fuhr erst mal nach Hause um sich umzuziehen und machte sich dann auf den Weg zum Training. Dieses Mal lief das Training um einiges besser, als die letzten Male. Sie dachte zwar schon noch ein bisschen über Takuyas Worte nach aber das alles klang einfach nur lächerlich für sie. Zugegeben, die Frau brachte sie ziemlich aus der Fassung aber doch nur, weil sie so unglaublich scharf aussah. Also verdrängte sie das Ganze und freute sich stattdessen schon wahnsinnig auf die nächste Pause mit ihr. Hoffentlich war sie immer noch nett zu ihr, nicht, dass sich ihre Stimmung wieder gewendet hatte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  dreamfighter
2012-03-10T08:00:16+00:00 10.03.2012 09:00
Wieder einmal ein echt tolles Kapitel.
Wie du die Situation während der Nachhilfe beschrieben hast, war echt klasse. Und das Haruka auch noch einen Teil der Pause mit Hotaru vebringen kann ist echt schön. Ich kann gut nachvollziehen, dass Hotaru traurig war, als sie festgestellt hat, dass Haruka erst nicht aufgetaucht ist.
Ich bin schon gespannt, wie es nun weitergeht und ob Michiru wirklich mit auf Klassenfahrt muss. Und vor allem, was noch so alles passiert und wann endlich aufgedeckt wird, dass Haruka mit Hotaru befreundet ist.
Auf jeden Fall finde ich es sehr interessant, dass die Kleine Haruka schon so sehr ans Herz gewachsen ist. Das ist ja schon mal eine gute Voraussetzung, dass aus ihr und Michiru etwas werden kann...
Von:  Tora-Bushi
2012-03-09T22:46:50+00:00 09.03.2012 23:46
Erst einmal finde es schön, das Haruka doch noch etwas Zeit von ihrer Pause mit Hotaru verbringen kann. Somit kann sie sich ja dem schwarzhaarigem Kind, dem leckeren Essen und auch Michiru in ihrer Pause widmen.
Das jeweilige Verhalten der Beiden bei der Nachhilfe, und deren einzelne Gedankengänge gefallen mir ganz gut.
Warte dann mal gespannt auf die Fortsetzung.
Von:  dragon493
2012-03-09T22:41:22+00:00 09.03.2012 23:41
sehr amüsantes Kapitel
das sie nun beide treffen kann find ich Super
Und das verhalten der beiden ist auch sehr amüsant
freu mich aufs nächste Kapitel
Lg dragon493


Zurück