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Lehrer - Schüler - Verhältnis

H&M
von

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Schwieriger Heimweg

Nach einer dreiviertel Stunde fahrt kam der Bus endlich bei der Schule an, und alle machten sich daran auszusteigen. Michiru wartete vor dem Bus an der Schlange, die sich gebildet hatte, um ihr Gepäck rauszuholen. Haruka entdeckte sie etwas weiter hinten am Bus, die offenbar genauso wartete, und unauffällig zu ihr hinsah. Sie erwiderte den Blick, musste dann allerdings ihre Aufmerksamkeit nach vorne richten, denn nun konnte sie endlich ihren Koffer sehen. Sie fand auch sofort ein paar Jungs, die nur zu gerne bereit waren ihr das schwere Teil aus dem Bus zu hieven. Tragen musste sie ihn jetzt aber wohl wirklich selbst. Haruka hatte sie nun leider völlig aus den Augen verloren. Sie suchte die Menge ein paar Minuten mit den Augen ab, entdeckte sie aber nicht. Schade, sie hätte sie gerne noch einmal zum Abschied angesehen, alles andere wäre so oder so zu auffällig gewesen. Als sie sich aus der Menge begeben hatte und schon über den Hof zum Tor ging, hörte sie auf einmal eine ihr verhasste Stimme hinter sich.

„Warten Sie, Kaioh-sensei.“

Michiru stöhnte innerlich auf und blieb stehen, wobei sie die Gelegenheit nutzte und den Koffer wieder abstellte. Nur wenige Sekunden später stand Kohara vor ihr.

„Was gibt es denn?“ fragte Michiru, so freundlich wie es ging.

„Soll ich Sie nicht vielleicht nach Hause fahren? Ich bin mit meinem Auto hier und Sie sollten sich nun wirklich nicht mit dem Koffer abschleppen.“

Er grinste sie schon wieder so widerlich an, dass Michiru am liebsten das Gesicht verzogen hätte, und noch einen Schritt weiter zurück weichen wollte.

„Nein, danke, Kohara-sensei. Ich muss noch meine Tochter abholen, und bis dahin ist es nicht weit. Aber haben Sie vielen Dank.“

„Oh, ich könnte Sie aber auch dort hinfahren. Das ist kein Problem.“

»Warum gibt Kerl nicht endlich auf?! Schnallt der nicht, dass er nicht den Hauch einer Chance hat?!«

„Ich sagte nein. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, Kohara-sensei.“

Damit hob sie ihren Koffer wieder an und drehte sich um.

„Ach, jetzt stellen Sie sich doch nicht so an. Es ist wirklich kein Problem für mich. Und eine so hübsche junge Frau sollte wirklich nicht mehr um diese Uhrzeit durch die Straßen laufen.“

Er ging um sie herum und versperrte ihr den Weg.

„Das hatte ich auch nicht vor. Ich werde mir ein Taxi nehmen.“

Michiru klang jetzt doch ziemlich gereizt und so langsam verlor sie die Geduld.

„Das is doch verschwendetes Geld. Nun kommen Sie schon.“

Mit diesen Worten riss er ihr einfach den Koffer aus der Hand und ergriff sie am Arm um sie mit sich zu ziehen.

„Hey, was machen Sie da?! Geben Sie mir sofort meinen Koffer zurück!“

Michiru versuchte sich zu wehren, indem sie ihren Arm zurückziehen wollte, und einfach stehen blieb, jedoch war sie kräftemäßig haushoch unterlegen.

„Den können Sie doch gar nicht tragen. Ich tue Ihnen damit einen Gefallen.“

Er reagierte gar nicht auf ihre Versuche sich zu wehren und zerrte sie einfach weiter hinter sich her.

„Sensei, Sie werden mich jetzt auf der Stelle loslassen, haben Sie mich verstanden?!“

Michiru betonte jedes einzelne Wort mit Nachdruck, und sah ihn warnend an. Er hatte sich auch mittlerweile wieder zu ihr umgedreht und war stehen geblieben, ihren Arm und Koffer hielt er jedoch immer noch. Es verging ein Moment in dem sich beide in die Augen sahen. Koharas Miene veränderte sich dabei. Sein aufgesetzt höfliches Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und machte einem arroganten, finsteren Blick Platz. Er ließ den Koffer fallen, auch ihren Arm ließ er endlich los, kam ihr aber dann verdächtig nahe.

„Na, schön. Ganz wie Sie wollen. Aber das werden Sie noch bereuen.“

Michiru hielt dem Blick seiner drohenden kalten blauen Augen stand. Keinen Millimeter war sie zurückgewichen und sah genauso drohend zurück. Mit einem abfälligen Geräusch trat er schließlich zurück und entfernte sich langsam von ihr. Sie beobachtete noch, wie er zum Parkplatz ging, in einem der Autos verschwand und davon fuhr. Sobald sie den Wagen nicht mehr sehen konnte, atmete sie erleichtert aus und setzte sich erst mal auf ihren Koffer. Man hatte es ihr vielleicht nicht angesehen, und vor dem Kerl hätte sie das auch niemals zugegeben, aber sie hatte gerade wirklich Angst bekommen. Ihr Atem ging etwas schneller als es üblich war und sie zitterte sogar leicht. Sie versuchte sich zusammen zu reißen, schließlich war sie immer noch auf dem Schulgelände. Die meisten Menschen waren zwar auf dem Parkplatz, um den Bus verteilt, aber man hätte sie ja trotzdem entdecken können, wie sie hier auf ihrem Koffer kauerte und eventuell noch anfing zu heulen. Also stand sie auf, ergriff ihr schweres Gepäck und verließ das Schulgelände. Sie hatte überhaupt nicht vor sich ein Taxi zu rufen. Das hatte sie nur gesagt, um den Kerl loszuwerden. Jedenfalls bis zu ihrer Großmutter wollte sie laufen. So weit war es ja nicht, und ob sie noch etwas bei ihr blieb, mit den Bus oder dann doch mit dem Taxi nach Hause fuhr, wusste sie noch nicht. Es war inzwischen schon viertel nach neun, und so ging sie durch die Dunkelheit die Straße entlang. Bis plötzlich ein Auto neben ihr anhielt.

„Brauchst du vielleicht ‘ne Mitfahrgelegenheit?“

Michiru schreckte erst mal ziemlich in sich zusammen. Das Gespräch mit Kohara lag ihr immer noch in den Knien, und so war ihr erster Gedanke, er sei wieder da. Aber als sie das breit grinsende Gesicht von ihrem Blondschopf erkannte, überkam sie eine Welle der Erleichterung. Sie war gerade so glücklich sie zusehen, dass sie erst mal die Augen schloss und erleichtert ausatmete, damit versuchte sie auch die Tränen zu unterdrücken, die in ihr aufkommen wollten. Haruka stieg währenddessen aus dem gelben Sportwagen aus, und kam auf sie zu.

„Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, mir so einfach, ohne dich auch nur mit einem Wort zu verabschieden, zu entkommen, oder?“ grinste die Sportlerin und stellte sich direkt vor sie.

Michiru konnte den Impuls, sie zu umarmen nicht unterdrücken, und viel ihr Buchstäblich um den Hals.

„Haruka…“ seufzte sie in ihre Schulter hinein und drückte sich so fest es ging an sie.

Ihre Nähe tat so unsagbar gut.
 

„Hey, ist alles in Ordnung?“

Haruka war doch ein wenig überrascht über diese Begrüßung. Sie hatte zwar gehofft, Michiru würde sich freuen sie zu sehen, aber dass sie sich so sehr freute, hätte sie nun nicht erwartet. Außerdem hatte sie den Eindruck gehabt, eben ein paar Tränen in den blauen Augen glitzern gesehen zu haben. In dem fahlen Licht der Straßenlaterne konnte sie das aber nicht mit Sicherheit sagen. Sie sorgte sich aber dennoch, und streichelte der Türkishaarigen beruhigend über den Rücken.

„Ja. Ja, jetzt ist alles gut.“ hauchte Michiru erneut an ihre Schulter.

Haruka löste sich etwas von ihr, um sie ansehen zu können.

„Sicher?“

Sie nahm ihr Gesicht in ihre Hände und musterte sie eindringlich. Ihre Augen sahen wirklich etwas wässrig aus. Allerdings lag auch ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen. Und nun kam auch noch ein zuversichtliches Nicken hinzu. Das beruhigte Haruka einigermaßen, und ließ auch sie lächeln.

„Dann darf ich dich und Taru-chan nach Hause fahren?“ fragte sie hoffnungsvoll.
 

Michiru sah in diese wundervollen Augen, und hätte sich wirklich überall von ihr hinfahren lassen. Allerdings würde Hotaru, dann ganz sicher Fragen stellen.

„Ich weiß nicht. Wäre das wirklich so eine gute Idee?“

„Sag du es mir. Ich kann es dir nur anbieten. Allerdings gefällt mir der Gedanke nicht, dich hier weiterhin durch die Dunkelheit gehenzulassen. Es war schon schwer genug dich überhaupt wieder zu finden, nachdem du einfach so verschwunden bist. Tu das ja nie wieder, hörst du?“

Michiru schmunzelte bei diesen Worten und sah sie neugierig an.

„Hast du dir etwa Sorgen gemacht?“

„Klar, hab ich. Dir hätte sonst was passieren können.“

Dass die Sportlerin so ehrlich antworten würde, hätte sie jetzt nicht erwartet. Umso glücklicher war sie nun aber und schmiegte sich erneut an sie ran.

„In Ordnung. Du darfst mich nach Hause fahren. Auch, wenn ich befürchte, dass Hotaru dann dahinter kommen wird.“

„Mach dir keine Sorgen. … Und selbst wenn sie es rausfindet, wird davon schon nicht die Welt untergehen.“

Michiru hatte im Moment einfach nicht die Kraft dazu auf ihren Verstand zu hören, der ihr ganz klar dazu riet, dies nicht zu tun, aber ihr Herz, und auch der Rest ihres Körpers verlangte nach der Anwesenheit der Blonden, und so ließ sie sich von ihr zu ihrem Wagen führen. Dass es sich dabei wieder um so einen teuren Sportwagen handelte wunderte sie überhaupt nicht. Sie schenkte dem aber auch keine so große Beachtung, sondern beobachtete lieber Haruka, wie sie ihren Koffer im Kofferraum verschwinden ließ, ebenfalls einstieg und dann den Motor startete.

„Okay, wo geht’s lang?“

„Fahr einfach los. Ich sag dir dann schon, wo du hin musst.“

„Geht klar.“

Also fuhr Haruka los. Nach nicht mal fünf Minuten wurde sie aber von Michiru gebeten wieder anzuhalten.

„Wartest du solange hier, bis ich mit Hotaru wieder komme?“

„Natürlich.“

Michiru schenkte ihr noch einmal ein Lächeln, ehe sie ausstieg und zu dem Hochhaus rüberging. Die Haustüren der einzelnen Wohnungen waren allesamt von außen zugänglich. Die Treppe, die zu den oberen Etagen führte ging somit auch außerhalb des Gebäudes entlang. Allerdings benötigte Michiru diese ja gar nicht, wobei sie das im Moment begrüßen würde. Vom Erdgeschoss aus, besonders von der Tür ihrer Großmutter, waren Haruka und ihr Auto noch deutlich erkennbar. Sie drehte sich noch einmal zu ihr um, und musste feststellen, dass die Blonde auch noch ihr Fahrzeug verlassen hatte, und jetzt cool an der Beifahrertür lehnte. Jetzt war sie natürlich überhaupt nicht mehr zu übersehen. Michiru hoffte dennoch, dass zumindest ihre Großmutter nicht mitbekam, dass sie in Begleitung war. Vor allem in wessen Begleitung. Sie klingelte an der Tür, und vernahm augenblicklich die aufgeregte Stimme ihrer Tochter, wie die nach ihrer Urgroßmutter schrie, und offenbar zur Tür rannte. Vergessen waren ihre Sorgen und sie konnte es kaum noch erwarten die Kleine zu umarmen. … Die Tür ging auf, und Hotaru stürmte, an Reika vorbei heraus.

„MAMI!!!“

Michiru hatte sich schnell gebückt und fing die Kleine in ihrem Arm auf.

„Hey, mein Schatz. Oh, ich hab dich so vermisst.“

So fest es ging drückte sie ihre Tochter an sich.

„Ich hab dich auch so vermisst.“ schluchzte die Kleine an ihrer Schulter.

Michiru löste sich langsam aus der Umarmung und sah Hotaru an.

„Hey, nicht weinen. Ich bin doch wieder da.“

„Das is nur vor Freude.“ lächelte die und wischte sich die Tränen mit dem Arm weg.

Michiru lächelte auch, und gab ihr dann noch einen Kuss auf die Stirn.

„Schön, dass du wieder heil zurück bist, Michiru-chan.“ hörte sie da von ihrer Großmutter, woraufhin sie sich erhob und auch noch sie umarmte.

„Hallo, Oma.“

„Und, wie geht es dir? Du bist doch sicher erschöpft von dem langen Flug.“ fragte Reika, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.

„Ja, schon ein bisschen.“

„Dann komm doch erst mal rein und ruh…“

„Mama…?“

Hotaru unterbrach die Zwei und zupfte abwesend an dem Kleid ihrer Mutter rum, während sie mit großen Augen zur Straße sah.

„Ist das da vorn etwa…?“

Michiru seufzte einmal kurz, bevor sie sich wieder zu der Kleinen hinunterkniete. Es hatte ja doch keinen Sinn es zu leugnen. Sie streichelte ihr einmal über den Kopf und lächelte sie liebevoll an.

„Na, geh schon. Sie ist es wirklich.“

Ein überglückliches Strahlen bildete sich in dem Gesicht des Mädchens, und sie rannte los.

„RUKA!“

Michiru konnte sich über ihre Freude auch nur freuen und sah ihr hinter her, wie sie auf Haruka zu lief. Die kam ihr einen Schritt entgegen, fing sie auf und hob sie erst mal hoch in die Luft. Ein überraschter, aber glücklicher Aufschrei war kurz zu hören, während die Sportlerin sie durch die Luft wirbelte und dann auf ihrem Arm parkte. Trotz der Entfernung konnte Michiru noch leise hören was die Zwei sagten, und lauschte dem Gespräch aufmerksam zu.

„Na, Taru-chan. Alles klar?“

„Ja! Ich freu mich, dass du da bist. Aber was machst du eigentlich hier?“

„Na, was wohl? Montag ist einfach noch viel zu lange hin. Ich wollte dich sofort sehen.“

„Wirklich?“

„Na, klar. Ich hab dich vermisst.“

„Ich dich auch, ganz Doll. Kommst du denn jetzt auch mit zu uns nach Hause?“

„Ich werd dich und deine Mutter auf jeden Fall dort hinfahren.“

„Toll! Dann kann…“

„Sooo, das ist also Hotarus große Freundin und deine Schülerin, der du auch noch Nachhilfe gibst, ja?“ riss Reika ihre Enkelin von dem Gespräch los und ließ die kurz zusammen zucken.

Dass ihre Großmutter ja auch noch da war, hatte Michiru für kurze Zeit völlig vergessen. Etwas verlegen kam sie wieder in eine aufrechte Position zurück. Sie wusste gerade nicht so genau wo sie hingucken sollte. Reika sah sie mit einem ziemlich durchdringenden und fragenden Blick an.

„Ähm, ja. Das ist sie.“

„Nun, jetzt wird mir so einiges klar. Aber Michiru-chan, hältst du das wirklich für so eine gute Idee?“

„Wie? W… was meinst du? Sie … hat mir nur angeboten mich nach Hause zu fahren.“

Das klang nicht sehr überzeugend, und das wusste sie.

„Ist das so?“

Die ältere Frau verschränkte die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue an. Michiru war noch nie gut darin gewesen einem geliebten Menschen etwas zu verschweigen, deswegen seufzte sie ergeben.

„Na gut, vielleicht … ist da auch ein bisschen mehr.“

Reika seufzte jetzt ebenfalls.

„Kind, sie ist deine Schülerin! Weißt du eigentlich was das für Folgen haben kann? Das ist nicht nur strafbar, unmoralisch, unethisch, unprofessionell, un…“

„Ja, das weiß ich doch alles.“ unterbrach Michiru sie schnell.

„Glaub mir, ich hab wirklich versucht es sein zulassen, aber…“

Weiter sprach sie nicht. Sie wusste einfach nicht wie sie den Satz beenden sollte. Stattdessen drehte sie ihren Kopf nochmal nachhinten, wo Hotaru gerade mehr als begeistert von Harukas Wagen war. Sie befand sich immer noch auf ihrem Arm und es hatte den Anschein als würde sie da auch nicht so schnell wieder runterkommen wollen. Die Sportlerin schien nichts dagegen zuhaben und erzählte ihr voller Stolz alles was sie über das Auto wissen wollte.

„… Ich kann einfach nicht.“ beendete sie den Satz schließlich doch noch leise, und sah wieder nach vorn, allerdings hielt sie den Blick dabei gesenkt.

„Ach, Michiru-chan. Dich scheint es ja ganz schön erwischt zu haben. Ich freu mich zwar, dass du endlich jemanden gefunden haben zu scheinst aber musste es denn gleich deine Schülerin sein? … Ist sie denn wenigstens schon achtzehn?“

Michiru antwortete nicht, schüttelte aber zaghaft mit dem Kopf, und ihr Gesichtsausdruck war eigentlich auch schon Antwort genug.

„Auch noch minderjährig.“ seufzte Reika.

„Wenn ihre Eltern das rausfinden verklagen sie dich ganz sicher, und dann verlierst du deinen Job, Hotaru muss garantiert auch die Schule verlassen, und was ist, wenn du sogar ins Gefängnis kommst?“ fuhr sie fort und schien mehr mit sich selbst zureden.

„Also was ihre Eltern anbelangt…“ setzte Michiru an, hörte dann aber Hotarus Stimme hinter sich lauter werden.

„Komm du musst unbedingt meine Oma kennenlernen! Eigentlich ist sie ja meine Uroma aber ich nenn sie trotzdem immer Oma. Sie wird dir bestimmt gefallen.“

Hotaru war jetzt offenbar doch von Harukas Arm runtergesprungen und zerrte sie hinter sich her zur Haustür, wo sie auch schon nach wenigen Sekunden ankamen.

„Oma-Oma, das ist Ruka-chan!“

Die kleine Schwarzhaarige strahlte, während die Sportlerin doch etwas verlegen dreinschaute und sich am Hinterkopf kratzte.

„Ähm, guten Abend. Verzeihen Sie bitte die Störung.“

Michiru war jetzt gerade doch ein wenig unsicher. Was ihre Großmutter wohl von Haruka halten würde? Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Ihr war die Meinung von ihr sehr wichtig, schließlich war sie, außer Hotaru, alles was ihr von ihrer Familie noch geblieben war. Die Ausgangssituation war ja schon mal sehr bescheiden. Dennoch bildete sich, zu ihrer Erleichterung, ein Lächeln im Gesicht von Reika.

„Sie stören überhaupt nicht. Kaioh Reika, es freut mich Sie kennenzulernen. Hotaru hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Allerdings Ihren vollen Namen kenne ich immer noch nicht.“

„Oh. Ähm, Tenoh Haruka. Freut mich auch.“

Die Sportlerin legte eine kurze aber perfekt elegante Verbeugung hin, womit sie auch Michiru überraschte.

„Tenoh…? Sagen Sie hab ich Sie schon mal irgendwo gesehen? Ihr Gesicht und der Name kommen mir irgendwie bekannt vor.“ wurde Reika etwas nachdenklich und musterte Haruka aufmerksam.

„Ähm, möglich.“ gab die nur nervös von sich.

„Ich hab dir doch erzählt, dass Ruka Rennfahrerin ist. Sie ist ganz berühmt!“ schaltete sich Hotaru dazwischen, die immer noch ganz aufgeregt war.

„Oh, wirklich? Dass sie berühmt ist, hast du aber ausgelassen.“ sagte Reika zu ihr, und sah dann wieder die Sportlerin genauer an.

Haruka war sichtlich nervös und auch Michiru war es. Sie wussten ja beide, was für einen Ruf sie hatte.

„Hhmm… Ja, ich glaube, ich habe Sie schon ein paar Mal in den Nachrichten gesehen. Hatten Sie nicht letztens diesen schweren Unfall?“

„Du hattest einen Unfall?“ fragte Hotaru geschockt.

„Äh, ja. Sah aber schlimmer aus als es war. Mir is nix passiert.“ wehrte Haruka ab.

„Warum hast du das denn nicht gesagt? Und wann war das? Hattest du etwa ein Rennen?“

Hotaru sah sie etwas verärgert von unten her an.

„Das ist schon fast drei Wochen her, und nicht weiter erwähnenswert gewesen. Und ja, es war bei einem Rennen.“

„Aber ich wollte doch unbedingt da zugucken.“ wurde die Kleine traurig.

Haruka kniete sich zu ihr herunter und sah sie entschuldigend an.

„Oh, tut mir Leid, Taru-chan. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.“

Sie strich der Kleinen zärtlich über den Kopf, woraufhin die wieder lächelte.

„Ist schon gut.“

„Hey, weißt du was? Ich hab diesen Sonntag wieder ein Rennen. Wenn du willst und deine Mutter es erlaubt, nehm ich dich mit.“

„Wirklich? Au, ja! Mami, bitte-bitte, darf ich? … Bitte!“

Hotaru flehte ihre Mutter mit ihren großen violetten Kulleraugen so an, dass diese überhaupt keine andere Wahl hatte als zuzustimmen. Haruka sah auch zu ihr hoch und grinste dabei ziemlich frech. Das hatte sie doch mit Absicht gemacht. Der Sportlerin war klar, dass Michiru ihre sechsjährige Tochter niemals alleine zu so einer Veranstaltung lassen würde. Damit hatte sie sie zwangsweise ebenfalls eingeladen, was wohl auch ihr Plan gewesen war. Aber sie konnte ihr auch nicht wirklich böse deswegen sein. Obwohl der Gedanke, dass Haruka wieder bei so einem Rennen mitfahren würde, ihr doch ziemliche Sorgen bereitete. Beim Letzten hätte sie sie ja fast verloren. Aber abhalten konnte sie sie wohl auch nicht davon.

„Also schön, du darfst.“ gab sie ihrer Tochter schließlich die erlösende Antwort.

„JA! Danke, Mami!“ freute sich Hotaru und umarmte ihre Beine.

Michiru lächelte und strich ihr sanft durch die Haare.

„Schon gut. Jetzt lass uns aber erst mal nach Hause. Sind deine Sachen schon gepackt?“

„Ja, alles fertig.“

„Das hätte sie am liebsten heute Morgen schon gemacht. Aber ich konnte sie dann doch davon überzeugen, erst nach der Schule zupacken.“ meldete sich Reika wieder zu Wort.

„Es steht schon alles im Wohnzimmer. Komm Ruka, ich zeig‘s dir.“

Hotaru griff nach Harukas Hand und zog sie einfach hinter sich her in die Wohnung hinein, vorbei an Reika.

„Hey, Taru-chan, warte! Ich weiß doch gar nicht, ob ich rein darf.“

Doch die Kleine hatte sie schon halb in den Flur gezogen, als von Reika ein "Ist schon in Ordnung" zuhören war. Danach verschwanden die Zwei endgültig in der Wohnung. Michirus Großmutter drehte sich wieder zu ihr um, woraufhin die ihre Nervosität wieder fand.

„Nun, ich muss zugeben sie sieht ja verdammt gut aus. Und wie sie mit Hotaru-chan umgeht ist wirklich süß.“

„Wirklich?“ fragte Michiru zaghaft.

„Ja. Es ändert aber nichts daran, dass sie deine Schülerin ist. Und mir fallen da auch grad noch ein paar andere Dinge ein, die ich über sie gehört habe. Bist du dir wirklich sicher, mit ihr?“

„Ich weiß was man über sie sagt, aber sie ist gar nicht so. Und natürlich bin ich mir noch überhaupt nicht sicher, was das ganze anbelangt, oder was daraus wird, ob daraus was wird, oder was sie für mich empfindet. Ich bin gerade erst dabei sie richtig kennenzulernen. Aber… was ich ganz sicher weiß is … ist, dass ich mich in sie verliebt habe. … Und … und wenn ich dem Ganzen nicht wenigstens eine Chance gebe, werd ich das für immer bereuen, da bin ich mir sicher. Deswegen ist es mir egal, ob es richtig oder falsch ist. … Jedenfalls jetzt noch.“ fügte sie leise hinzu und richtete ihren Blick wieder auf den Boden.

„… und diesmal passiert dir wirklich nichts?“ war Hotarus Stimme aus der Wohnung zu vernehmen, die sich ihnen langsam näherte.

„Nein, ganz sicher. Beim letzten Mal, hab ich nicht richtig aufgepasst, aber dieses Mal werd ich wieder gewinnen. Nur für dich.“

„Was gewinnst du denn?“

„Einen riesigen Pokal, und haufenweise Geld. Außerdem noch Punkte, die mich in der Gesamtwertung weiter nach oben bringen.“

„Was denn für eine Gesamtwertung?“

„Das erklär ich dir alles später in Ruhe, okay?“ lächelte Haruka, die jetzt zusammen mit der Kleinen und ihrem Gepäck in der Hand bei Michiru und Reika ankam.

„Ich werd das hier schon mal ins Auto bringen. Es hat mich wirklich sehr gefreut Sie kennengelernt zu haben, Kaioh-sama.“

Haruka deutete auf die Tasche in ihrer Hand und verbeugte sich dann wieder kurz vor Reika. Michiru sah nur abwechselnd von einem zum anderen und nahm, mit Erleichterung, das erneute Lächeln im Gesicht ihrer Großmutter wahr.

„Es hat mich auch sehr gefreut. Bringen Sie mir die Beiden hier ja sicher nach Hause.“

„Das werde ich.“

Damit ging die Blonde, nach einem kurzen Blick zu Michiru rüber, zu ihrem Wagen und verstaute Hotarus Tasche im Kofferraum.

„Gut, dann wünsche ich euch eine gute Heimfahrt, und habt ein schönes Wochenende. Ich bin mir sicher, ihr werdet viel Spaß am Sonntag haben.“ grinste Reika ihre Enkelin vielsagend an.

Die blinzelte erst mal perplex.

„Mach‘s gut Oma. Ich hab dich lieb. Und danke, dass ich bei dir bleiben durfte.“ verabschiedete sich Hotaru von der älteren Frau und umarmte sie noch mal.

„Aber gerne doch. Du kannst auch jederzeit wiederkommen. Also besuch mich mit deiner Mutter mal wieder, ja?“ erwiderte Reika die Umarmung.

„Okay.“

Damit rannte Hotaru schon mal vor, zu Haruka, und ließ so Michiru mit ihrer Großmutter alleine zurück.

„Also dann mein Kind…“ setzte Reika an, und zog die Türkishaarige in ihre Arme.

Michiru genoss diese herzliche Umarmung und drückte sich noch etwas fester in sie hinein.

„Es tut mir Leid, dass ich dich so enttäusche.“

„Was redest du denn da? Du enttäuscht mich doch nicht.“

Reika löste sich von ihr und sah sie eindringlich an.

„Ich bin zwar nicht zufrieden mit der Situation, aber du hast sie dir sicher auch nicht ausgesucht.“

„Dann hast du nichts dagegen?“ fragte Michiru zaghaft.

„Wie könnte ich, wo ich doch nach etlichen Jahren endlich wieder ein leuchten in deinen Augen entdecken kann.“ lächelte Reika und strich ihr einmal zart übers Gesicht.

„Ich mach mir zwar ein wenig Sorgen, was passieren könnte, und ich werde diese Frau auch ganz genau im Auge behalten, denn ich will nicht, dass sie dir wehtut, aber solange es dich glücklich macht, kann ich gar nichts dagegen haben. Und Hotaru scheint es genauso glücklich zu machen, also… sei mit ihr zusammen. Aber sei vorsichtig.“

„Das werde ich. Allerdings… also eigentlich sind wir gar nicht zusammen. Und Hotaru weiß auch noch nichts Genaues.“

„Ihr seid gar nicht zusammen? Aber was…?“

„Es ist kompliziert.“ unterbrach Michiru sie verlegen.

„Kompliziert?“ wiederholte Reika fragend und hob dabei skeptisch eine Augenbraue an.

„Ja, … schon irgendwie.“ versuchte Michiru zu erklären.

Von ihrer Großmutter kam ein Seufzen.

„Na, dann hoffe ich, dass du die Situation bald genauer definieren kannst. Auf mich macht ihr jedenfalls den Eindruck, als wärt ihr bereits zusammen. Halt mich also auf dem Laufenden. Und besuch mich mal wieder. Vielleicht kannst du sie dann ja wieder mitbringen, damit ich mir noch ein besseres Bild von ihr machen kann.“

„Okay, ich werd sehen, ob ich sie dazu überreden kann. Mach‘s gut, Oma.“

Michiru umarmte sie noch einmal und machte sich dann auf den Weg zu ihrer Tochter und Haruka. Die Sportlerin war gerade dabei die Kleine auf die Rückbank ihres Wagens zu heben.

„So, anschnallen.“ kommandierte die Große, nachdem sie sie abgesetzt hatte.

„Jawohl!“

Hotaru gehorchte und nahm den Gurt, immer noch mit einem Grinsen im Gesicht, entgegen. Michiru näherte sich leise von hinten und irgendwie machte sie der Anblick, wie Haruka da, etwas unbeholfen, der Kleinen zur Hilfe kam, rundum glücklich. Dieses Bild "Haruka mit Kind" wollte zwar immer noch nicht so ganz für sie zusammen passen, aber dass es in der Realität dann doch so gut funktionierte, gab ihr zudenken. Die Frage, ob die Sportlerin sich eventuell vielleicht wirklich vorstellen konnte mit ihr und Hotaru zusammenzuleben, drängte sich in ihrem Kopf immer mehr in den Vordergrund. Bis vor ein paar Tagen noch war sie im Grunde davon ausgegangen, dass die Antwort nur "Nein" sein konnte. Dass die coole, erfolgreiche und unnahbare Rennfahrerin nur ihren Spaß haben wollte. Aber jetzt, nach der gemeinsamen Zeit und dem Anblick, der sich ihr bot, konnte sie die Hoffnung darauf nicht mehr unterdrücken. Nach so langen Jahren hatte sie endlich wieder jemandem gefunden, der sie glücklich machte und dem sie vertraute. Das tat sie nämlich aus irgendeinem Grund, obwohl sie sie kaum kannte. Aber es war … einfach ein Gefühl. Ein Gefühl der … Verbundenheit. Sie konnte es nicht beschreiben oder erklären, sie wusste nur, es war da. Und sie wollte dem folgen. Also musste sie wohl abwarten, wie Haruka sich entscheiden würde. Sie wollte sie aber auch nicht drängen, schließlich hatte sie ihr versprochen ihr Zeit zulassen. Und dann war da ja noch dieses andere "kleine" Problem, für das sie absolut keine Lösung hatte. Und nun, wo sie über all das nachdachte, viel ihr auch wieder Kohara ein. Er hatte ihr heute mehr als deutlich gedroht…

„Ähm, wollen wir los?“

Die Türkishaarige schreckte aus ihren Gedanken hoch und sah in das fragende Gesicht von Haruka.

„Oh. Ja, natürlich.“

Sie warf all diese Gedanken fort und folgte der Aufforderung Harukas lächelnd, die ihr die Wagentür aufhielt, damit sie sich setzten würde. Die Sportlerin schloss die Tür hinter ihr und begab sich dann ans Steuer, um loszufahren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  tigger17
2018-06-05T16:59:30+00:00 05.06.2018 18:59
Bitte weiter schreiben!ich liebe diese ff und würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen
Von:  Ambet1985
2017-06-07T02:12:11+00:00 07.06.2017 04:12
Ich habe diese Nacht die ff verschlungen...auch wenn es eine Weile her ist,dass du weiter geschrieben hast, hoffe ich doch, dass es weiter geht! Du hast eine tolle Art zu schreiben und ich will wissen wie es weiter geht :)
Von:  RizaHawkeye
2016-08-30T21:22:47+00:00 30.08.2016 23:22
Bitte bitte schreib weiter ich will wissen was aus ihnen wird bitte bitte
Von: abgemeldet
2015-07-02T11:31:37+00:00 02.07.2015 13:31
Ich habe eben die ff komplett gelesen und bin begeistert.
vor allem von deinem Schreibstil welcher sich wunderbar lesen lässt und man kann sich gut in die rollen hinein versetzen was ich immer wichtig finde.
mach ja schnell weiter ^^
*favo* ;)


Glg
Von:  -Creepy-
2014-06-18T19:45:11+00:00 18.06.2014 21:45
ahhhhh *______*
wie der ein super tolles cap.!!!
ich hoffe doch das haruka dann zu michiru auf nen kaffee mit rein darf ;)
freue mich schon auf ein neues cap:D

Von:  xXxMephistoxXx
2014-06-16T22:07:58+00:00 17.06.2014 00:07
Wieder ein tolles Kapi :-) freue mich schon aufs nächste.
Lg Mephi
Von:  beatjoker
2014-06-16T20:17:45+00:00 16.06.2014 22:17
Wieder richtig tolles kapi die Geschichte wird immer besser einfach toll aber lass mich nicht wieder 13 Tage warten das viel zu lange
Von:  SakuyaGladius
2014-06-16T19:56:30+00:00 16.06.2014 21:56
Ich kann inori_chan nur zustimmen! Ich hoffe es kommen mehr :3 Es ist super geworden :D  


LG SakuyaGladius
Von:  inori_chan
2014-06-16T18:43:28+00:00 16.06.2014 20:43
Ich liebe deine Geschichten und deinen Schreibstil ♥♥♥
und in letzter Zeit kommen die Kapitel auch recht schnell hintereinander, ich hoffe, das bleibt so! :D Auf jeden Fall war das Kapitel echt toll und ich hoffe, es geht bald weiter^^


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