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Der Himmel muss warten

von

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Die übliche Entscheidung

@Vanilein - Vielen Dank für Deinen Kommi!

Dean schafft es? Hm. Gesund werden ja, aber den Rest???
 


 

VXXXI) Die übliche Entscheidung
 

Sam gehorchte. Er registrierte verblüfft, dass er das konnte und blickte wieder zu ihr.

Anna reagierte nicht mehr auf ihn. Sie konzentrierte voll und ganz sich auf das vor ihr Liegende.

Sie legte ihre Rechte auf seine Stirn und ihre Linke auf sein Herz. Wärme kroch in seinen Körper. Er wollte seine Angst gerade verlachen, als die Wärme verschwand und durch ein Gefühl ersetzt wurde, als ob sich eine Horde Wildschweine durch sein Innerstes wühlte. Nichts blieb unberührt.

Scharfe Krallen zerfetzte jede Narbe. Jede längst vergessen gehoffte Erinnerung wurde erneut schmerzhaft aufgerissen und blutete wieder, als wären sie frisch geschlagen worden.

Er sah sich mit Ruby im Bett, er sah sich ihr Blut trinken und der kupferhaltige Geschmack lag wieder auf seinen Lippen. Er hörte wie er Dean einen Schwächling nannte, der ihn nur aufhielt. Er sah Dad tot auf dem Boden des Krankenhauses und Dean an etlichen Maschinen angeschlossen im Koma liegen.

Sam versuchte zu schreien. Er wollte sich losreißen und wenigstens von diesem Bett runter, besser noch hier verschwinden, doch Castiels unerbittlicher Bann ließ ihm keinen Millimeter Bewegungsfreiraum.

Er sah Jessica an der Decke ihres kleinen Apartments verbrennen und er sah wie Dean von dem Höllenhund zerrissen wurde und in seinen Armen starb. Er sah sogar wie Mom über seinem Bett in Flammen aufging. Dabei wusste er das doch eigentlich gar nicht!

Tränen drängten sich in seine Augen und liefen über die Schläfen hinab.

Es fühlte sich an, als wollten sich tausende Maden durch sein Innerstes fressen.

Wieder wollte er schreien, doch es kam kein Laut über seine Lippen. Er wollte um sich schlagen, doch er konnte sich nicht rühren. Wieso hatte er eigentlich diese blöde Idee, wissen zu wollen, woran seine negativen Gefühle für Dean kommen konnten?

Hilflos musste er darauf warten, dass es aufhörte, oder er das Glück haben würde, in der Bewusstlosigkeit zu versinken. Dieses Glück jedoch wurde ihm verwehrt und er fragte sich, wie lange er das noch aushalten könnte ohne wahnsinnig zu werden.

Plötzlich war es vorbei. Die Schmerzen ebbten langsam ab und die Maden zogen sich zurück.

Und er war sich sicher, wieder allein in seinem Körper und in seinem Geist zu sein.
 

Anna richtete sich stöhnend auf. Sie warf ihrem Bruder einen langen, bedauernden Blick zu.

Der Engel nickte nur. Er hatte also Recht gehabt. Leider! Oder sollte er sich freuen? Nein, das war weiß Gott kein Grund zur Freude. Er konnte nur hoffen, dass Dean nicht wieder darunter würde leiden müssen. Doch wie er Sam kannte, würde genau das passieren. Der jüngere Winchester hatte einen Hang entwickelt, sich immer für das Falsche zu entscheiden.
 

Auch Sam richtete sich mühsam ächzend auf. Ob ihn das auch in der Hölle erwartete? Ob Dean so etwas in der Hölle hatte durchmachen müssen?

„Das hier war Nichts im Gegensatz zu dem, was mit deinem Bruder in der Hölle gemacht worden ist und nichts im Vergleich zu dem, was er hat durchmachen müssen, als wir Michael geweckt haben, um Luzifer zu bannen, oder dem Wissen, was er da unten getan hat, um nicht mehr diesen körperlichen Leiden ausgesetzt zu sein!“, riss der dunkelhaarige Engel ihn mit emotionsloser Stimme aus seinem Gedanken. Hatte er sie laut ausgesprochen? Sams Augen weiteten sich erschrocken. Er erstarrte.

Dean hatte die höllische Folter erdulden müssen! Wegen ihm! Er hatte leiden müssen! Immer wieder nur wegen ihm!

Und plötzlich schämte er sich wie noch nie in seinem Leben!

Dean liebte ihn immer noch und dabei hatte er nur wegen ihm immer wieder unerträgliche Qualen durchmachen müssen. Nie hatte Dean geklagt, nie hatte er sich beschwert. Nie war seine Liebe zu ihm, seinem kleinen Bruder, geringer geworden. Und was hatte er ihm immer wieder angetan?

Er hatte ihn verlacht, verspottet, und jetzt sogar fast zu Tode gefoltert!

Wie konnte er das nur wieder gut machen?

„Nie!“, kommentierte Castiel diese Gedanken gefühllos.

„Castiel!“, wies Anna ihn zurecht.

Der zuckte nur mit den Schultern.
 

„Was hast du herausgefunden?“, wandte Sam sich mit bangem Herzen an die Frau.

Sie schloss die Augen. Trauer flackerte in ihrem Gesicht auf, doch bevor der Winchester dieses Gefühl wirklich erfassen konnte, waren ihre Züge wieder undurchdringlich.

„Was Castiel befürchtet hat. Ich habe gehofft, dass es nicht so ist, aber...“

„Anna bitte! Was ist so, was sollte anders sein?“, drängte Sam zu wissen.

„Deine Seele ist verseucht! Du...“

„Das weiß ich inzwischen! Ich bin schuld, weil ich Ruby nachgegeben habe“, fiel er ihr genervt ins Wort.

„Ruby ist nicht das Problem! Dass du ihr nachgegeben hast, hat deine Seele verseucht, ja, aber es ist wie beim Sonnenbaden. Ein Mensch kann lange in der Sonne liegen, ohne, dass etwas passiert und dann von einer Minute auf die andere hat man schwere Verbrennungen.

Du hast von so vielen Dämonen Blut getrunken, dass es nicht mehr nur deine verseuchte Seele ist, gegen die du kämpfen musst. Die dämonischen Kräfte darin haben dich verseucht. Sie beeinflussen deine Gefühle. Liebe und Glück werden unterdrückt und Hass und Wut verstärkt. Du bist noch immer ein Junkie, nur dass dein Körper kein Blut braucht um sich diesen Kick zu verschaffen. Er holt ihn sich durch das Gefühl jemanden zu quälen. Und dabei ist es egal, wie diese Qualen aussehen, die du bereitest. Es müssen noch nicht einmal Schmerzen sein, die du zufügst. Es reicht schon einem Kind den Lolli zu klauen, schon, ihm den Lolli nur ein paar Augenblicke vorzuenthalten“, erklärte der Engel an ihrer Stelle.

„Ich habe keinem Kind den Lolli geklaut!“

„Nicht wirklich, aber im übertragenen Sinne!“

„Und was kann ich jetzt tun?“, fragte der Winchester leise. Er wusste nur zu genau, worauf Castiel hinaus wollte, auch wenn er es so schön umschrieben hatte. Er hatte es ihm schon einmal erklärt. Und er musste zugeben, dass der Flattermann bis zu einem gewissen Punkt Recht hatte.

„Du wirst dich permanent kontrollieren müssen. Du wirst dich immer wieder fragen müssen, was du früher getan hättest und was das Beste für Dean ist.

Und ich will dir keine Illusionen machen. Es wird schwer werden und je länger es dauert, umso stärker wird dein Verlangen werden, Dean wieder zu kontrollieren.

Aber es ist wie mit deiner Seele. Je mehr Dämonen von dieser Welt verschwinden, umso leichter wird es auch hierbei für dich werden.“

Mit leeren Augen starrte Sam gegen die Wand. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Was konnte er tun?

Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Noch war Dean nicht wach. Noch hatte er die Zeit sich über sein weiteres Leben klar werden zu können.

„Ich möchte zu Dean!“, bat er leise und fokussierte seinen Blick auf Anna.

Sie nickte, trat einen Schritt an ihn heran und legte ihn zwei Finger an die Stirn.
 

Bobby stand von dem Stuhl an Deans Bett auf, kaum dass er Schritte die Treppe herunterkommen hörte. Besorgt musterte er den jüngeren Winchester, als der vor ihm stand. Sam sah schlecht aus. Er war blass und verschwitzt und seine Augen glänzten fiebrig. Aber der hatte nur Augen für seinen Bruder.

Sam versuchte ein Lächeln, während er dem Jäger eine Tasse Kaffee reichte. Doch es erreichte seine Augen nicht. Schnell überbrückte er die kurze Distanz zu seinem Bruder und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Zärtlich ließ er seine Finger durch Deans Haare bis in den Nacken gleiten und begann diesen sanft zu kraulen. Er wusste wie gerne sein Engel das mochte.

‚Was soll ich nur tun, Dean?’, fragte er stumm. ‚Werden wir es schaffen über alles und jedes zu reden? Wirst du mir sagen können, was genau du willst und werde ich es umsetzen können? Wie lange werde ich mich so kontrollieren können? Wie lange wirst du es so ertragen können? Werde ich mich je wieder fallen lassen dürfen? Wann wird unsere Beziehung unter meinen Fehlern zu leiden beginnen?’

Der Winchester atmete tief durch. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Schon bevor er wusste, was genau mit ihm los war und Annas Erklärungen hatten ihn nur darin bestärkt. Er wollte es nicht und er wusste, dass Dean alles daran setzen würde, ihm dieses Vorhaben auszureden. Und er wusste, dass er diesen flehenden grünen Augen nichts würde entgegen setzen können. Er würde einknicken, so wie Dean unter seinem Hundeblick immer einknickte.

Und doch war es das Beste für seinen Großen! Er musste gehen. Er musste Deans Gesellschaft meiden, damit er ihm nicht noch einmal etwas Derartiges antun konnte.

Je weiter er von seinem Bruder entfernt wäre, umso weniger könnte er ihn treffen. Und egal mit wem Dean reden würde, er könnte nicht auf diesen Jemand eifersüchtig sein, denn er würde es nicht wissen.

Sein Herz krampfte sich zusammen und das Atmen wurde ihm fast unmöglich.

Doch er musste diese Entscheidung treffen. Noch einmal würde Dean das nicht überleben!

Tränen liefen über seine Wangen und er weinte stumm um die Liebe seines Lebens, die er im Begriff war zu verlieren, weil er so egoistisch gewesen war, zu glauben, er könnte die Welt retten und er Deans Bitten und Ratschläge so leichtfertig als nichtig abgetan hatte.

Die Erkenntnis, dass sein Bruder sein ganzes Leben lang recht gehabt hatte, traf ihn mit unerbittlicher Härte.

„Noch einmal möchte ich in deinen grünen Augen versinken. Noch einmal deinen Blick spüren. Wach auf Dean! Bitte!“ Der Winchester wischte sich die Tränen vom Gesicht. Und er wünschte sich im selben Moment, dass sein Engel noch lange schlafen würde, damit er weiterhin hier sitzen und ihn betrachten könnte.
 

Drei Tage vergingen.

Immer wieder warf Sam seine Entscheidung gehen zu wollen über den Haufen und immer wieder traf er sie erneut, weil ihm kein anderer Weg einfallen wollte. Er traute sich einfach nicht zu, sich so kontrollieren zu können und er wollte das nicht schon wieder auf Deans Schultern abwälzen.

Einmal in seinem Leben wollte er selbst etwas durchstehen! Einmal wollte er es ohne seinen großen Bruder schaffen, auch wenn es ihm noch so schwer fallen würde.

Dean regte sich.

Augenblicklich stellte Sams Gehirn jede gedankliche Aktivität ein und er richtete all seine Sinne auf seinen Bruder.

Träge begann der Blonde sich zu strecken. Schnell unterließ er es wieder, als sich seine Muskeln schmerzhaft meldeten. Woher hatte der denn den Muskelkater? Er gähnte herzhaft, rieb sich müde seine Augen und dann endlich, kurz bevor Sam etwas sagen konnte, öffneten sich die grünen Augen und starrten trübe in den Raum.

Verwirrt zog der Blonde die Augenbrauen zusammen. Wo war er? Dann klärte sich sein Blick und er erkannte Bobbys Panikraum. Langsam wanderten seine Augen weiter.

Sam lächelte. Dieses Schauspiel war zu schön, als das er es durch einen Laut unterbrechen wollte.

Endlich fiel Deans Blick auf seinen Bruder und der vergaß zu atmen.

Die Falten auf Deans Stirn glätteten sich und sein Blick richtete sich warm und voller Liebe auf den Jüngeren.

„Sammy!“, flüsterte der Blonde rau und der Jüngere konnte hören wie glücklich Dean war, seinen Kleinen zu sehen.

„Ich bin hier, Dean!“, antwortete er und musste sich räuspern, weil seine Stimme zu versagen drohte.

„So müde“, nuschelte der Blonde und versuchte sich dagegen zu wehren wieder einzuschlafen. Doch er hatte keine Chance. Seine Augen fielen ihm zu und gleich darauf verkündeten seine ruhigen Atemzüge, dass er wieder schlief.

Erneut rannen Tränen über Sams Gesicht. Er wollte nicht gehen. Nicht jetzt!

Doch wie lange würde er noch hier sitzen können, ohne sich dem stellen zu müssen, was er getan hatte? Wie lange würde er noch Zeit haben, bevor sie darüber reden mussten, was passiert war und wie es weiter gehen sollte?

Nein! Er hatte bekommen, was er sich gewünscht hatte und es wäre einfacher jetzt zu gehen. Wenn er noch länger warten würde, würde es nur noch schwerer werden, für alle Beteiligten.

Zärtlich strich er seinem Engel noch einmal durch die Harre und kraulte seinen Nacken.

„my“, murmelte der Blonde glücklich.

Sam hauchte ihm einen letzten Kuss auf die Stirn, dann stand er auf und ging nach oben.

„Kannst du bei Dean bleiben?“, fragte er Bobby und deutete zum Bad.

Der alte Jäger nickte ohne weiter zu fragen.

Der Winchester stopfte ein paar Sachen in seinen Rucksack und war von einem Augenblick auf den nächsten verschwunden.



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