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Der Himmel muss warten

von

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Schuldig

@ Vanilien - ein paar Hindernisse sind es schon noch.
 

LG Kalea
 

CVIII) Schuldig?
 

Natürlich war Sam lange vor seinem Bruder wach. Er drehte sich auf die Seite, stellte den Ellenbogen auf und legte sein Kinn in die Hand. Die perfekte Stellung, um seinen Engel stundenlang beobachten zu können.

Zärtlich strich er ihm eine Strähne aus dem Gesicht und ließ seine Finger federleicht über dessen weiche Lippen gleiten.

„Du bist wunderschön“, flüsterte er und streichelte Deans Wange. Er zog ihm die Decke etwas höher über die Schulter. Nicht, dass sich sein Großer noch erkältete!
 

Irgendwann wurde dann auch Deans Atmung ungleichmäßiger. Seine Lider begannen zu flattern. Und endlich gaben sie den Blick auf noch trübe, sich langsam klärende grüne Augen frei.

Wie sehr liebte Sam es, dem Menschen beim wach werden zuzusehen, den er schon sein ganzes Leben lang über alles liebte. Ja! Er liebte Dean schon solange er denken konnte! Erst als großer Bruder, als den Menschen, der immer für ihn da war, sein großes Vorbild. So wie Dean hatte er werden wollen.

Doch dann hatte er diese Liebe verraten, hatte Dean unterstellt, dass er, wenn er für Dad war, zwangsläufig gegen ihn sein musste und er war gegangen. Wieder und wieder war er gegangen und wieder und wieder hatte sein Großer ihn aufgefangen, ihn mit offenen Armen begrüßt, wenn er zurück gekommen war.

Er hatte diese Liebe verleugnet, hatte sie mit Füßen getreten, hatte versucht, sie sich aus dem Herzen zu reißen. Doch sie war immer da. Deans Liebe hatte ihn immer begleitet. Sie hatte sich verändert, war gewachsen und gereift und zu etwas ganz Besonderem geworden.

„Ich liebe dich!“, flüsterte er leise und beugte sich etwas vor, um Dean einen Kuss auf die Nase geben zu können. Sanft küsste er Deans Wange und als der Blonde seinen Kopf ein Stückchen drehte, fing er dessen weiche Lippen ein und drückte einen hauchzarten Kuss darauf.

„Ich liebe dich so sehr!“

„Sammy!“, sagte der Ältere mit einer noch vom Schlaf rauen Stimme. Er rutschte näher an seinen großen Kleinen heran, legte ihm die Hände an die Schultern und drückte ihn auf den Rücken. Mit derselben Bewegung rollte er sich über den Jüngeren.

„Ich liebe dich auch, Sammy!“, antwortete er und strich jetzt seinerseits ihm die Haare aus dem Gesicht.

Die grünen Augen strahlten Sam so voller Liebe und Wärme an, dass es ihm die Tränen in die Augen zu treiben drohte. Er reckte sich ihm entgegen. Seine Hände legte er an Deans Gesicht und zog ihn ein Stück zu sich heran. Wieder vereinigten sich ihre Lippen.

Ihre Küsse blieben sanft. Nichts war von der Leidenschaft der letzten Nacht oder gar ihrer Zeit am Grand Canyon zu spüren. Doch das musste es auch nicht. Gerade diese Sanftheit verriet mehr von ihrer Liebe zueinander, als es stürmischer Sex im Moment gekonnte hätte.

Immer wieder unterbrachen sie sich, um sich einfach nur zu streicheln und zu halten. Immer wieder ließ sich Dean auf die Brust seines Kleinen sinken, um dessen Herzschlag zu lauschen. Er sog dieses so offensichtliche Zeichen des Lebens regelrecht in sich auf und ließ sich davon in eine Art Dämmerzustand tragen. Nicht denken, nicht handeln, einfach nur hier liegen und diesem starken Herzschlag lauschen.

Rein intuitiv schien Sam den Gemütszustand seines Großen zu erfassen und zu spüren, dass dieser noch Zeit brauchte, um sich dem Tag und seinen Fragen zu stellen und so versuchte er so ruhig wie möglich zu liegen. Er wollte diese Vertrautheit zwischen ihnen nicht zerstören. Immer wieder glitten seine Hände über Deans Körper. Er genoss das fast schon gewohnte Gewicht, das auf ihm lag und er atmete Deans so ureigensten Geruch, der ihm sein ganzes Leben lang Sicherheit bedeutete.
 

Erst Stunden später konnten sie sich überwinden sich voneinander zu lösen und aufzustehen. Schweigend gingen sie duschen und in die Küche, um etwas zu essen und erst als sie nur noch ihre schon fast leeren Tassen in den Händen hielten blickte Sam seinen Bruder ins Gesicht und frage:

„Sagst du mir, wo du gewesen bist?“

„Cambridge“

„Massachusetts? Du hast in Harvard einen Dämon gejagt“, stellte der Jüngere irritiert fest.

„Sieht wohl so aus.“

„Dean, bitte! Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“, Sam verdrehte die Augen. Sein Bruder war heute ja ein regelrechtes Plappermaul. Aber gerade das weckte Sams Neugier. So schön wie es in der Hütte war und so wenig wie er bis jetzt darüber nachgedacht hatte, diese für mehr als einen Spaziergang zu verlassen. Jetzt schien es ihm, als wäre er seit Ewigkeiten hier eingesperrt und er wollte alles von der Welt wissen.

Der Blonde schüttelte nur den Kopf. Er wollte nicht reden. Mit aller Macht versuchte er die Erinnerungen an diesen Tag zu verdrängen. Zu schlimm war das, was er an dessen Ende zu Gesicht bekommen hatte.

„Wen hast du gejagt und warum hast du mich nicht mitgenommen? Ich hätte dir helfen können!“ Er schaute so voller Vertrauen in Deans Augen, dass der aufgab. Ergeben seufzend erhob er sich und begann unruhig durch den Raum zu laufen.

„Die sieben Sünden und nein! Hättest du nicht!“

„Du hast … Alle sieben? Aber die haben wir doch schon vor Jahren vernichtet!“

„Ja, alle sieben!

Ich denke, sie sind nicht wirklich zu töten. Genauso wie wir den Tod nicht vernichten konnten.

Solange Menschen sündigen werden sie immer wieder auferstehen.

Und Nein! Du hättest mir nicht helfen können!“

„Aber?“

„Sam! Du hast schon seit einer Ewigkeit mit keinem Dämon mehr zu tun gehabt und du hast keine Kräfte, mit denen du dich wehren könntest. Ich wollte dich nicht der Gefahr aussetzen. Nicht jetzt so kurz vor …“

Sein Blick streifte ein Fenster. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er verschmierte Scheiben.

Ein erstickter Schrei bahnte sich seinen Weg durch seine Kehle. Der Schmerz breitete sich explosionsartig in seinem Körper aus und er hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Er hatte den Tod seines Vater ertragen können, er hatte gelernt mit der Schuld, die er durch sein Aufgeben in der Hölle auf sich geladen hatte, irgendwie weiter leben zu können, aber Bobbys Verlust war zuviel für ihn.

Hass, Wut, Trauer und Schmerz regierten in seinem Körper und verdrängten jegliche Vernunft.

Er sprang so schnell auf, dass sein Stuhl nach hinten kippte, drehte sich vom Tisch weg und rammte seine Faust mit aller Kraft gegen die Wand, die das Pech hatte in seiner Reichweite zu sein.

Ein zweiter Schlag folgte augenblicklich.
 

Der Jüngere brauchte nur Sekunden, um zu realisieren, was passierte, auch wenn er nicht verstand warum.

Er sprang auf, umrundete den kleinen Tisch und war hinter Dean bevor der noch ein drittes Mal zuschlagen konnte. Er schlang seine Arme um den bebenden Körper und versuchte dessen Handgelenke zu fassen bekommen, was ihm irgendwann endlich auch gelang. Mit aller Macht presste er ihn gegen sich.

Dean kämpfte um seine Freiheit. Er trat um sich und versuchte seine Hände zu befreien. Wieder und wieder stemmte er sich gegen die Umklammerung.
 

Stumm tobte der Kampf der Brüder.

Hilflos versuchte Sam zu ergründen, was gerade passierte.

Seine Muskeln begannen zu streiken. Schweiß bedeckte seine Haut und sein Herz hämmerte wild. Nicht mehr lange und Dean würde sich aus seinen schweißnassen Händen winden können.

Und dann, als er glaubte jeden Moment aufgeben zu müssen, erstarb Deans Gegenwehr von einer Sekunde auf die nächste. Der Blonde sackte in sich zusammen, sodass er Sam mit sich zog.

Für einen unendlich langen Moment saß der Jüngere einfach nur auf dem Boden und versuchte wieder zu Atem zu kommen, auch wenn seine Gedanken rasten und er sich immer wieder sagte, dass er nach seinem Bruder schauen musste, dass er seine Hand kontrollieren musste und das der Boden in diesem Augenblick bestimmt nicht der beste Platz für ihn war. Er konnte sich nicht bewegen. Dieser Kampf hatte seine gesamte Kraft gekostet.

Warum hatten sie ihn geführt? Was war passiert, dass Dean so ausgerastet war? Hatte er Menschen nicht schützen können? Hatte er wieder jemanden verloren, den er hätte retten können?
 

Endlich fühlte er wieder etwas Kraft in seinem Körper.

Unendlich langsam schob er eine Hand unter die Wange seines Großen und drehte dessen Gesicht zu sich. Er musste schlucken als er seinen Bruder ansah. Deans Augen waren halbgeschlossen und trüb ins Nirgendwo gerichtet und noch immer lagen Schmerz und Trauer darin, die er so nicht erwartet hatte. Es tat ihm weh, seinen Engel so zu sehen.

Mit unendlicher Zärtlichkeit strich er ihm die schweißverklebten Haare aus der Stirn.

Er fühlte das leichte Zittern, das wohl schon eine Weile durch den Körper lief und endlich schaffte er es, sich richtig zu bewegen. Langsam zog er seinen Großen an sich und stemmte sich in die Höhe. Er ging mit ihm zum Sofa und ließ sich darauf fallen. Und wieder bettete er seinen Großen unendlich vorsichtig an seine Brust, hüllte eine Decke um sie beide und strich Dean immer wieder beruhigend über den Rücken. Irgendwann musste sein Engel ja wieder zu ihm zurückkommen.

Mit der totalen körperlichen Erschöpfung kehrte das Bewusstsein in Deans Körper zurück und er wünschte sich nichts mehr, als das genau das nicht der Fall wäre.

Jeder Atemzug, der seine Lungen füllte, versicherte ihm dass er lebte und schien alle die, die er nicht retten konnte, damit zu verhöhnen. Er schämte sich so sehr und das schien die große Leere in ihm noch zusätzlich zu versorgen.

Er wollte nicht in die Wirklichkeit. Er wollte sich nicht seinen Verlusten und Sams Fragen stellen. Aber hier zu bleiben würde bedeuten, dass er sich Belial nicht stellen konnte und bis der nicht vom Angesicht der Erde getilgt war, konnte er selbst die Erlösung aus seinem Sein nicht finden.

Blieben noch Sams Fragen. Wie konnte er ihm verschweigen, dass Bobby sterben würde? Wie konnte er dieses Wissen für sich behalten ohne seinen Kleinen anlügen zu müssen, denn das hatte der nicht verdient. Nicht nach allem, was er für ihn getan hatte, mal abgesehen davon, dass Sam es ihm ansehen konnte, wenn er log.

Doch jetzt wollte er nur noch schlafen, sich seiner Erschöpfung ergeben, denn selbst wenn er gewollt hätte, er hatte nicht mehr die Kraft sich der Wirklichkeit zu stellen.

Dean holte noch einmal tief Luft und war gleich darauf eingeschlafen.

Sam fühlte, wie sich sein Großer entspannte und er hoffte, dass es ihm, wenn er wieder aufwachte, besser gehen würde.
 

Immer wieder strich Sam seinem Engel über den Rücken, immer wieder ließ er seine Finger über seine Wange gleiten und immer wieder fragte er sich, was diese Raserei ausgelöst haben konnte. Durfte er Dean fragen? Wollte er es überhaupt noch wissen? Würde er dann nicht wieder einen solchen Anfall riskieren? Was brachte den Blonden dazu sich so zu verletzen, sich diese Schmerzen zuzufügen? Es waren mit Sicherheit keine körperlichen Probleme. Das musste ein tief sitzender seelischer Schmerz sein. Dean reagierte nur auf Gefühle derart selbstzerstörerisch.
 

Endlich regte sich der Blonde.

Sam atmete erleichtert auf. Seine Beine waren eingeschlafen und er befürchtete, dass seine Blase nicht mehr lange mitspielen würde, doch er wollte Dean unter keinen Umständen allein lassen. Nicht bevor er nicht wusste, dass es ihm halbwegs gut ging.

Also machte er erst einmal mit seinen Streicheleinheiten weiter und wartete gespannt darauf, dass sein Engel endlich die Augen aufschlug.

Deans Lider flatterten und hoben sich. Scheu blickte der Blonde zu seinem Bruder. Er schaffte es nur kurz seinem Kleinen in die Augen zu schauen. Schnell ließ er die Lider wieder fallen. Was sollte er nur sagen? Er fühlte sich mehr als schuldig.

Der Jüngere musste sich zwingen nicht erschrocken zu keuchen. Was er in dem Blick seines Engels gesehen hatte war Angst, Trauer und Scham.

Langsam hob er seine Hand und legte sie unter Deans Kinn und brachte ihn dazu den Kopf zu heben.

„Bitte schau mich an“, bat er ruhig und wartete, bis der Blonde dieser Bitte nachkam. Wieder traf ihn dieser schuldbeladene Blick.

„Ich werde dich nichts fragen. Wenn, dann musst du selbst reden. Nur eins möchte ich wissen! Wie geht es dir?“

„Erschöpft, müde“, nuschelte der Blonde leise.

„Kannst du alleine sitzen?“

„Warum?“

„Weil ich mal dringend ins Bad müsste“, antwortete Sam und lächelte etwas schüchtern.

Der Ältere nickte schnell und rutschte von Sams Schoß.

„Danke“, sagte der Größere stemmte seine Hände in das Polster und zuckte zusammen.

„Was hast du?“, fragte Dean besorgt.

Jetzt war es an Sam schüchtern zu lächeln: „Ich hab versucht mir die Zeit zu vertreiben, als du weg warst. Ich hätte es besser lassen sollen.“

Ein Lächeln huschte über Deans Gesicht. Er legte seine Finger federleicht an Sams Schläfe. Augenblicklich war der Schmerz in der Hand verschwunden und auch seine Beine kribbelten nicht mehr als ob tausende Ameisen darüber marschierte.

„Danke“, sagte er und lief schnell ins Bad. Dass auch sein Fuß nicht mehr schmerzte stellte er nach wenigen Schritten überrascht fest. Konnte Dean jetzt auch schon wie ein Engel heilen? Bislang hatte sein Großer doch immer die Hand über die Wunde legen müssen und jetzt reichte schon eine kurze Berührung, so wie bei Cas damals?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Vanilein
2014-06-18T16:13:41+00:00 18.06.2014 18:13
Dean :'( *heul*
Ich hoffe es geht ihm schon bald besser und ich hoffe er muss den Tod von Bobby nicht mit bekommen! Es würde ihn endgültig brechen auch noch Bobby sterben zu sehen!
Aber ich schließe mich der Meinung von JuvosEngelchen an wie du alles beschreibst und den Menschen die diese Geschichten lesen näher bringst kann sich jeder in die Charaktere hinein versetzen und das macht einen guten Schriftsteller aus ich lese deine Geschichten so gerne und ich kann mich nur wiederholen wenn ein Buch von dir erscheinen sollte wäre ich die erste die es kaufen würde :D
Von:  Stevielein
2014-06-16T19:33:37+00:00 16.06.2014 21:33
Ich finde die Story immer noch wahnsinnig toll.
Wie du Dean und seine inneren Konflikte beschreibst ist so genial und natürlich auch die von Sam. Ich freue mich auf jedes neue Kapitel einfach riesig :D



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