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Schicksalspfade

von

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Frieden

Er war spät dran. Die Bildschirme am Haupteingang des Terminals zeigten bereits die Landung des Flugzeuges aus Okinawa an. Er beeilte sich zu dem entsprechenden Gate zukommen.

Alle anderen Eltern schienen schon da zu sein, alle in freudiger Erwartung. Er kam gerade noch rechtzeitig, keine Minute später strömten bereits die ersten Kinder lachend mit ihrem Gepäck aus dem Gate. Er entdeckte Kyoko in der Menge und nickte ihr zu. Sie winkte lachend zurück und zog eine Grimase. Anders als er hatte sie sich heute einfach den ganzen Tag frei genommen und erwartete nun sehnsüchtig ihre Tochter.

Wenige Minuten später kam Asuka freudestrahlend aus dem Gate. Sie hatte nicht nur einen Koffer und eine Handtasche dabei sondern gleichzeitig auch noch eine Umhängetasche um und an jedem Arm noch mindestens eine zusätzliche Einkaufstüte.

Direkt hinter Asuka kam Shinji mit seinen zwei besten Freunden, Toji Suzuhara und Kensuke Aida.

Im Gegensatz zu Asuka hatte jeder von ihnen nur eine Sporttasche für die 10 Tage auf Okinawa dabeigehabt. Wie immer wirkte Shinji zwischen den drei lebhaften anderen Kindern etwas verloren, sah aber dennoch ziemlich zufrieden aus.

Es dauerte nicht lange, bis Shinji ihn entdeckte.

„Papa!“

Shinji kam lachend auf ihn zu und umarmte ihn stürmisch.

Dann sah er sich erstaunt um.

„Wo ist Mama???“

Gendo grinste.

„Du kennst doch Mama und Prof. Fuyutsuki...“

Shinji blickte ihn entgeistert an.

„Schon wieder???“

„Sie haben nach der Konferenz die Zeit vergessen und sind mit ein paar amerikanischen Forschern Essen gegangen. Auf dem Weg zum Flughafen standen sie dann im Stau und bis sie ankamen, war das Flugzeug längst weg...“

Shinji schüttelte den Kopf.

„Das ist bereits das dritte mal in diesem Jahr...“

„Naja, wenigstens konnten sie auf den nächstmöglichen Flug umgebucht werden.“ meinte Gendo, belustigt über Shinjis Fassungslosigkeit.

„ Sie kommen heute abend um 19 Uhr an, wir können sie dann zusammen abholen.“

„Okay...ich verabschiede mich dann jetzt noch bei Katsuragi-Sensei!“

Mit diesen Worten verschwand Shinji wieder in der Menge, gleichzeitig sah Gendo das andere seiner beiden Kinder durch das Gate kommen.

Rei, Shinjis bildschöne Zwillingsschwester kam zusammen mit ihrer besten Freundin Hikari Horaki aus dem Gate. Sie war das Ebenbild ihrer Mutter, mit den gleichen grünen Augen und dem strahlenden Lachen. Das haselnussbraune Haar trug sie kurz, seitdem es ihr Shinji in der Grundschule beim Spielen abgeschnitten hatte. Yui war entsetzt gewesen das Reis überschulterlange Haare plötzlich verschwunden waren, aber Rei selbst hatte seitdem immer nur kurze Haare haben wollen.

Rei winkte als sie ihn entdeckte und verabschiedete sich dann von Hikari. Sie trug ein kurzes rotes Kleid, welches Gendo noch nie an ihr gesehen hatte. Es war über und über mit weißen Hibiskusblüten gesprenkelt und passend dazu hatte Rei sich eine ebensolche Blüte ins Haar gesteckt.

„Papa!“ Rei umarmte ihn lachend und küsste ihn auf die Wange.

Dann löste sie sich wieder von ihm und grinste verschmitzt.

„Gefällt dir mein neues Kleid? Ich habe mein ganzes Taschengeld dafür ausgeben. Shinji musste mir für die restlichen Tage noch was leihen...“

Gendo runzelte die Stirn. Das Kleid sah zwar wunderschön an Rei aus, aber eine solche Summe...

Er hatte Rei noch nie etwas abschlagen können. Auch wenn er und Yui beide Kinder über alles liebten, war es doch schon früh so gewesen, dass er selbst eine innigere Beziehung zu Rei entwickelt hatte, während für Yui das gleiche für Shinji galt. Es war keine bewusste Entscheidung gewesen, es hatte sich einfach im Laufe der ersten Jahre so ergeben und war auch so geblieben. Yui hatte sich eine Zeit lang deswegen Sorge gemacht, aber es war ja nicht so, dass eines der Kinder benachteiligt wurde.
 

„Kein Wort zu Mama darüber.“ meinte er schliesslich trocken.

Rei nickte und sah sich dann genaue wie ihr Bruder überrascht um.

„Wo ist Mama überhaupt?“
 

***
 

Die Sonne schien strahlend hell am wolkenlosen Himmel, als sie an der Küste entlang vom Haneda Airport nach Hause fuhren. Rei und Shinji, die beide auf der Rückbank saßen, diskutierten darüber was ihnen auf Okinawa am besten gefallen hatte.

„Also das Aquarium war schon ziemlich cool. Die Tanks waren riesig!! In dem größten war sogar ein richtiger Wal!“ erzählte Rei gerade begeistert.

„Der Raum mit der Glasdecke war aber auch super! Die Fische waren direkt über uns. Es war wie tauchen nur ohne nass zu werden...“ meinte Shinji.

„Und das Touch-Becken war lustig. Es war ein ganz flaches Becken und da gab es Mantas, Seesterne und kleine Haie, die man anfassen durfte. Asuka hat sich einmal total erschrocken als ein Hai ihre Hand gestreift hat und hat dann sogar kurz aufgeschrien...“

Rei und Shinji mussten lachen bei der Erinnerung.

„Aber das lustigste war eigentlich an dem Tag als...“
 

Die Stimme der beiden verschwammen in seinem Kopf, er konnte die einzelne Worte nicht mehr erfassen. Er blickte in den Rückspiegel und ein merkwürdiges Gefühl beschlich ihn beim Anblick seiner zwei glücklichen Kinder.

Das Gefühl war nicht neu, es war in den letzten zehn Tagen immer wieder einmal aufgetreten. Das Yuis Vortragsreise und die Klassenfahrt der Kinder auf die selbe Zeit fielen, war Zufall gewesen. Es war das erste mal in den letzten 14 Jahren gewesen, dass er abend für abend in eine leere Wohnung gekommen war. Schon am ersten Tag hatte er gemerkt, das die immer fortwährende Stille des sonst so lebhaften Ortes ihn erdrückte. Ohne Yui an seiner Seite konnte er keinen Schlaf finden und das allmorgendliche Chaos wenn die Kinder zur Schule mussten, fehlte ihm ebenso. Doch schlimmer war dieses schleichende Gefühl das an seinem Herzen nagte. Ein Gefühl, dass seine kleine glückliche Welt bald wie ein Kartenhaus zusammenbrechen würde. Als wäre dieses Leben, welches er im Moment führte, mit einer Frau die er über alles liebte und zwei wunderbaren Kindern, nicht für ihn bestimmt.

Jedesmal versuchte er dieses ungute Gefühl zu verdrängen. Es gab keinen Grund sich Sorgen zu machen, hatte er sich immer wieder gesagt. Seine Kinder und seine Frau würden wohlbehalten zurückkehren und er war sich sicher gewesen, dass mit ihrer Rückkehr auch dieses Gefühl der Angst verschwinden würde. Doch es war immer noch da, stärker als je zuvor. Ob es an Yuis Abwesenheit lag? Würde er erst wieder Ruhe finden, wenn er sie heute abend in die Arme schliessen konnte? Oder würde die Angst bleiben?

„Papa, gibt es was zu Essen wenn wir daheim sind?“ riess Shinji ihn aus seinen dunklen Gedanken und brachte ihn damit unwillkürlich zum lächeln. Seit einem halben Jahr hatte sich Shinjis Magen in ein schwarzes Loch verwandelt und er hatte eigentlich immer Hunger.

„Ich habe Okonomiyaki vorbereitet.“ erklärte Gendo, was bei Shinji helle Begeisterung hervorrufte.

„Dein Okonomiyaki schmeckt am besten, Papa!“ versicherte Rei ebenfalls, bevor sie mit Shinji wieder weiterdiskuitierte, was den jetzt das lustigste Ereignis auf der Klassenfahrt gewesen war.
 

Wenig später verliessen sie die Küstenstrasse und liessen das endlose Blau des Meeres hinter sich.

Es würde nicht mehr lange dauern, dann waren sie zu Hause.

Gendo schob das ungute Gefühl tiefer und tiefer zurück in sein Unterbewusstsein. Kein Grund für Sorgen. Er führte das perfekte Leben. Was konnte ein Mann mehr verlangen?
 

***
 

Das gleichmäßige Piepsen der Monitore und der Geruch von Desinfektionsmittel nahm Shinji schon lange nicht mehr wahr. Seitdem er wieder bei Bewusstsein war, kam er jeden Tag in dieses Zimmer.

Wie lange das war, wusste Shinji nicht. Er hatte jegliches Gefühl für Zeit verloren, nachdem er hier im Krankenhaus wieder aufgewacht war. Ein ganzer Monat war vergangen hatte man ihm gesagt. Ein ganzer Monat seitdem er fast einen Freund getötet hatte. Seitdem er NERV verlassen hattte. Und doch wieder zurück gekommen war. Ein ganzer Monat seit dem Kampf gegen den letzten Engel.

Ein ganzer Monat seit...

Die Ärzte wussten nicht, ob und wann er jemals wieder aus dem Koma erwachen würde. Das hatte Misato ihm gesagt, als sie ihn zum ersten mal hier her gebracht hatte. Und das es nicht seine Schuld war. Das es nicht seine Schuld war, das der abgetrennte Arm von EVA-01 direkt neben ihm an der Wand aufschlug und ein Teil der Panzerung sich daraufhin löste und ihn mit einer solchen Wucht traf das er seitdem hier im Koma lag. Er hätte es besser wissen müssen, hatte Misato zu ihm gesagt. Er hatte gewusst, das es gefährlich war zu bleiben.

Es ist nicht deine Schuld, hatte Misato immer wieder gesagt.

„Nicht meine Schuld“ wiederholte Shinji ihre Worte jedes mal wenn er in diesen Raum kam. Wie jeden Tag hatte sich auch heute in dem Zimmer nichts verändert. Stunden vergingen. Shinji verlor sich in seinen Gedanken, war gefangen zwischen Schuldgefühlen und Angst. Angst davor, sollte er jemals wieder aufwachen. Angst davor, sollte er niemals wieder aufwachen.
 

Die Tür des Zimmers öffnete sich leise.

„Shinji...“

Misato stellte sich neben ihn.

„Es ist Zeit..du solltest schlafen gehen...du musst dich noch ausruhen...“
 

Shinji blieb weiter regungslos vor dem Patientenbett stehen.

Als er endlich sprach, war seine Stimme nur ein Flüstern.

„Er sieht irgendwie...“

Shinji suchte nach dem richtigen Wort für den Gesichtsausdruck, denn er noch nie an seinem Vater gesehen hatte.

„Er sieht irgendwie zufrieden aus...findest du nicht auch, Misato?“
 

Owari
 


 

Diese Geschichte kam aus dem nichts:-) Ich mag sie sehr. Ich hoffe es hat euch ein wenig gefallen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kendrix
2012-03-09T02:43:20+00:00 09.03.2012 03:43
Auch, wenn er ein cooler Bastard ist, er sollte *wirklich* nicht immer an so gefährlichen Orten herumstehen - siehe unter anderem seine mangelde Reaktion auf EVA 00's Angriff.

Die Geschichte an sich war wirklich schmerzhaft zum lesen (auf eine gute Art)
Von: abgemeldet
2011-12-14T00:16:13+00:00 14.12.2011 01:16
weiter weiter was passiert als nächstes!
Von: abgemeldet
2011-12-14T00:15:59+00:00 14.12.2011 01:15
hui toll toll toll!



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