Zum Inhalt der Seite

Partner auf Lebenszeit

Doch wie lange dauert ein Leben?
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 1

Es klingelte an der Tür. Noch bevor ich mich fragen konnte wer so spät noch kam wurde die Tür eingetreten. Mein Adrenalin schoss in die Höhe und der Griff nach meiner Waffe kam wie ein Instinkt, doch meine Dienstwaffe war nicht wie gewohnt am Gürtel, sondern auf meinem Bett, wo auch meine Hose lag. Ein Küchenmesser musste herhalten auch wenn dies noch sonderlich Hilfreich war. Als ich mich umdrehte um es aus dem Messerblock zu nehmen, bemerkte ich nur noch einen Schlag auf den Hinterkopf. Danach war alles schwarz.

Da der es auf der A4 zu einer Massenkarambolage kam, mussten die Kollegen die Verfolgung abbrechen. Die Täter waren entkommen und ich fing bei null an. Es war als würde ein Teil von mir fehlen, ein Teil den ich wiederfinden musste – lebend!

In unserem gemeinsamen Büro begann meine Recherche. Es gab den einen oder anderen Kriminellen denn sie in ihrer kurzen Dienstzeit schon hinter Gitter gebracht hatte. Allerdings saß jeder einzelne noch hinter schwedischen Gardinen. Ausgebrochen war keiner von ihnen, zumindest war der Polizei nichts bekannt. Feinde von dienstlicher Seite konnte ich also ausschließen. Der private Umgang war da schon schwieriger herauszufinden. Obwohl ich einiges wusste, hatte sie mir nicht alles erzählt. Größere Probleme hatte sie ne erwähnt, im Gegenteil, in letzter Zeit hatte sich für sie einiger zum Guten gewendet. Wenn sie morgens das Büro betrat quoll ihre gute Laune über, das beste Indiz für ein unbeschwertes Leben. Sie redete über belanglose Dinge, das Wetter oder Musik. Wenn sie etwas bedrückt hätte, wäre das nicht unbemerkt geblieben, vermutlich hätte sie mir auch davon erzählt. Wir sind schließlich Partner und vertrauen uns blind. Keinem Kollegen ist es entgangen, dass wir keine Worte brauchen um uns zu verstehen; Der Chef sagte immer, wir wären für einander geschaffen. Ich fand das immer etwas übertrieben, sie wurde anfangs immer rot und bedankte sich, lernte aber mit der Zeit sich zu beherrschen. Sie sah die Lobe wohl ebenso übertrieben wie ich.

Da die Datenbanken des Polizeirechners keine Offenbarung darstellten tappte ich noch immer im Dunkeln. Mittlerweile war es kurz nach zwölf, außer der Funkleitungszentrale, der Pforte und der Streifendienst war im Gebäude keine Abteilung mehr besetzt. Die Müdigkeit die mir der letzte Fall als Andenken mitgegeben hatte kam wieder durch. Es sollte die zweite schlaflose Nacht in Folge werden und so zog es mich zur Teeküche. Ein Gähnen meinerseits erfüllte die Gänge des Altbaus. Während die Kaffeemaschine ihren Job erledigte, streckte ich mich. Die letzten Tropfen Kaffee landeten in meiner Tasse. Ich setzte mich und nippte an dem noch viel zu heißen Wachmacher. Mein Kopf war leer. Ich wusste nicht an was ich denken sollte oder konnte. Nach einem kleinen Schluck Kaffee ging ich zurück in unser Büro. Die Kaffeemaschine blieb unter Strom, die würde ich sicher bald wieder brauchen. Die Kaffeeschüssel in der Rechten öffnete ich die Tür mit der linken Hand. Ich hielt inne als ich im Büro stad. Mein Blick wanderte von meinem Computer, welcher mir keine Hinweise gab, zu ihrem Schreibtisch - unaufgeräumt wie eh und je. Ich stellte meine Tasse auf einem freien Platz ab und meine Suche begann. Zwischen dem letzten Fall und aktuelle Fotos von Radarfallen fand sich nicht ein Hinweis. Absolut nichts. Nur ein Foto zierte ihren Schreibtisch: Ihr Quater Horse Spirit, sie auf ihrem Rücken. Ein Lächeln brachte ihr Gesicht zum strahlen. Die kurzen Haare sah man unter dem Helm kaum. Einen Moment länger zog mich das Bild in seinen Bann, dann riss ich mich los. Die Tasse war mittlerweile leer. Selbst nach dem durchsuchen ihres Rechners hatte ich keinen Anhaltspunkt wer sie entführt haben könnte. Die Verzweiflung breitete sich langsam aus. Ich las mir den Einsatzbericht noch einmal durch, obwohl ich ihn schon gefühlte hundert Mal gelesen hatte. Ob ich nicht doch etwas übersehen hatte?

Die Sonne ging auf. Erst jetzt merkte ich, dass ich die ganze Nacht ohne Unterbrechung gesucht hatte. Doch trotzdem gab es nicht einen Hinweis. Mein Blick fiel auf die Uhr, sie stand auf sieben Uhr morgens. Ich lehnte mich zurück. Den Blick an die Decke gerichtet dachte ich nach. Ob sie sich wohl wehren könnte? Ihre Waffe hatte sie ja bei sich. Oder?

Ich ging zum Tresor und öffnete diesen. Ihre Waffe war nicht hier. Sie musste sie mit nach Hause genommen haben. Ich griff nach dem Bericht. Bei der ersten Durchsuchung ihrer Wohnung wurde keine Waffe gefunden. Wenn sie sie bei sich getragen hätte, hätte man sie nicht so einfach niederschlagen können und wenn die Waffe von den Entführern nicht mitgenommen wurde, muss sie noch in der Wohnung sein. Ich ging zum Tresor, der immer noch offen stand, legte meine kugelsichere Weste an und nahm meine Waffe an mich. Ich zog meine Jacke vom Stuhl und streifte sie mir über. Den Tresor schloss ich wieder ab. Die Spurensicherung wollte um neun Uhr anfangen, genug Zeit sich noch einmal umzuschauen. Warten auf die Kollegen war keine Option, doch bevor ich das Büro verlassen konnte trat Rolf ein. Mein Chef. Natürlich wollte er wissen was ich plane. Ich erklärte ihm die Situation: meine Vermutung mit der Waffe. Sie in der Wohnung zu lassen wäre fahrlässig. Ein Einbrecher der die Waffe findet würde sie sicher nicht freiwillig zurück geben. Rolf stimmte zu. Entführungen sprechen sich schnell herum und leerstehende Wohnungen werden gerne ausgeraubt. Mit einem Mahnenden Wort lies er mich gehen: „Mach keine Dummheiten, klar? Du bist nicht der einzige der sich sorgt. Durch ignorantes Verhalten legst du und nur Steine in den Weg.“ Ich nickte ihm zu und verschwand durch die Tür. Als ich die Tür hinter mir schloss überlegte ich einen Moment. Dann ging ich nach links zum Innenhof. Den Schlüssel für den Dienstwagen hatte ich noch und so wählte ich den auffälligen Polizeiwagen anstelle meiner silberfarbenen Familienkutsche. Als ich über den Hof zum Wagen ging fiel mir auf, dass ich schon lange keine Zigarette mehr geraucht hatte. Sie hatte sich immer über meine Raucherpausen beschwert, allerdings nur um ihre Meinung zu äußern, nicht um mich zu kritisieren. Meine Angewohnheiten akzeptierte sie, und zwar alle. Nicht nur das Rauchen, auch meine Sammelleidenschaft für Mützen. Mein vorheriger Kollege hatte dagegen etwas einzuwenden und ich musste einen Teil meiner Sammlung, welche ich in Regalen im Büro zur Schau stellte, abhängen. Ich griff in meine Jackentasche und begann zu wühlen, allerdings blieb meine Suche ohne Erfolg. Ich musste wohl auf die gesündere Lebensweise als Nichtraucher umstellen, zumindest einmal vorerst.

Vom Innenhof fuhr ich auf die Beiertheimer Allee und von da aus in Richtung Karlsstraße. Das war der schnellste Weg zu ihrer Wohnung. Durch die Stadt. An vielen Ampeln vorbei. Direkt auf die Autobahn. Nach einer halben Ewigkeit auf die Bundesstraße. Durch ein paar Dörfer. Ich wusste nicht wie lange ich gefahren war, ein Blick auf die Uhr hätte es mir wohl verraten, doch eigentlich war es mit egal. Ich parkte den Wagen direkt vor dem Haus auf einem Stellplatz. Stand hier normalerweise ihr Auto? Ihr VW Polo war jedenfalls nicht da. Vermutlich wurde er als Fluchtfahrzeug zweckentfremdet. Eine Treppe an der linken Seite führte zu der Wohnung. Ich schloss auf. Sie hatte mir beim Einzug einen Zweitschlüssel gegeben, für den Fall, dass irgendwann einmal etwas sein sollte. Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir. Die Wohnung war das Gegenteil ihres Schreibtisches, sie war aufgeräumt. Das lag wohl daran, dass sie in letzter zeit nur zum Schlafen hier war, wenn überhaupt. Ich hatte ihr beim Einzug geholfen. Sie hatte mich nicht darum gebeten, sie hatte niemanden gebeten, ich hatte mich ihr aufgedrängt. Ich ging nach links in die Essküche mit Wohnzimmer. Ein großer heller Raum, den eine dunkle Einbauküche zierte. Auf den weisen Fließen war Blut, ihr Blut. Es war getrocknet. Im Messerblock fehlte ein Messer. Ich schaute in der Spülmaschine nach, doch hier war es nicht. Ich ging zum Sofa. Auf dem kleinen Wohnzimmertisch stand ihr Laptop. Nach kurzem zögern schaltete ich es an. Während es hoch fuhr schaute ich mich weiter um. Auch das Schlafzimmer war sehr sauber. Das Bett war gemacht. Unter der Ruheinsel konnte man etwas Stoff erkennen. Das Hosenbein einer Jeans? Ich griff danach und zog das Kleidungsstück unter dem Bett hervor. Es war tatsächlich eine Jeans, um genau zu sein de Jeans die sie getragen hatte als wir und im Büro von einander verabschiedeten. Der Klettgürte, welcher für Polizeibeamte üblich war, war noch angebracht. Schlagstock, Taschenlampe, Pfefferspray und Handschuhe waren vorhanden. Doch der Holster für die Waffe war leer. Auch das Ersatzmagazin und die Handschellen war nicht vorhanden. Die Standartwaffe der Polizei, die HK P30, hat eine Kapazität von 15 Patronen. Mit dem zusätzlichen Magazin wurden daraus 30 Schüsse. Das waren 30 Schüsse zu viel. Ich griff zum Handy und wählte Rolfs Nummer; Der Dienstwaffenverlust musste schnellst möglich gemeldet werden. Sollte jemand damit verletzt werden würde es schwer werden die Schuld von ihr abzuwenden – es ist schließlich ihre Waffe.

Vom Wohnzimmer kamen Geräusche, eine Tonfolge. In meiner Nervosität griff ich sofort nach meiner Dienstwaffe, lies die Hand dann aber nur einen Moment an der Waffe. Es was das Laptop, das mittlerweile das Betriebssystem gestartet hatte. Ich atmete auf. Bisher noch in der Hocke verweilend stand ich auf und legte die Hose ordentlich auf ihr Bett. Ein kleiner dunkler Fleck zierte das rechte Hosenbein – Ein Kaffeefleck. Er stammte von mir. Von der Hose und dem Fleck losgerissen wendete ich mich dem Kleiderschrank zu. Er war – für den Schrank einer Frau – recht klein. Drei Türen, eine davon mit Spiegel, und drei Schubladen brachten mich zu der Schlussfolgerung, dass meine Frau wohl zwei Schränke dieser Art benötigen würde. Am Spiegel hingen ein paar Fotos. Eines mit ihrer besten Freundin, ein anderes mit ihrem Pferd. Auf dem dritten sah man uns beide. Das Bild entstand auf meinem Geburtstag und war kein Zeuge von Sorgen. Ein Blick in den Schrank verriet mir, dass er nicht durchsucht worden war. Mit viel Liebe zur Ordnung lagen die Kleider in den Fächern. Ich schloss die Türen wieder und hielt einen Moment inne. Das Brummen des Laptops zog mich zurück zum Sofa. Ich setzte mich und begann zu suchen, auch wenn ich nicht wusste nach was genau. Ich begann bei ihren E-Mails. Mail für Mail nahm ich mir vor, suchte nach Hinweisen. Auch im Papierkorb sah ich nach. Als ich schon kurz vor dem Aufgeben stand erweckte eine Mail ohne Betreff meine Aufmerksamkeit. Der letzte Funke Hoffnung flackerte auf und ich öffnete die Mail. Zuerst ergab sie für mich keinen Sinn. Der Verfasser gab sich als Interessent für den Polizeiberuf aus. Er fragte ob ich ihr Partner wäre, denn er hätte uns angeblich zusammen auf Streife gesehen. Die Mail wurde nicht beantwortet. Der erste Teil des Puzzles war gefunden. Doch warum fragte jemand nach mir? Ich war verwirrt. Noch ehe ich realisiert hatte was diese E-Mail zu bedeuten hatte hörte ich Schritte. Sie kamen von außen. Offensichtlich ging jemand die Treppe neben dem Haus hinunter. Und dieser jemand war nicht allein. Mit dem Adrenalin stieg auch mein Reaktionsvermögen. Die Waffe lag geladen und entsichert in meiner Hand, der Lauf auf die Eingangstür gerichtet. Im Türrahmen suchte ich Schutz, auch wenn ich wusste, dass eine Kugel diesen leicht durchschlagen könnte. Durch das Milchglas erkannte ich, dass drei bis vier Menschen vor der Tür standen. Sie waren weis gekleidet. Im Hintergrund hörte ich die Kirchenuhr schlagen. Es war neun Uhr. Neun Uhr? Die Spurensicherung wollte um neun Uhr anfangen! Erleichterung machte sich breit. „Hallo?“, rief einer der Männer während er die Tür langsam öffnete, „Ich bin Horst Herzberger von der Spurensicherung!“. „Ich will ihren Ausweis sehen!“, antwortete ich kühl, „Zeigen sie ihn mir ohne einzutreten!“. Der Beamte schob seine Hand mit dem Ausweis durch den geöffneten Türspalt. „Ok. Sie können reinkommen.“ Ich senkte meine Waffe und entsicherte sie. Die Jungs von der Spurensicherung gingen sofort an die Arbeit, nur einer sah mich fordernd an. Ich hob ihm meinen Dienstausweis vor die Nase. „Sie ist meine Partnerin!“ Diese Antwort genügte ihm und er wendete sich ab. Nach dem ich für einen Augenblick das geschehene verdaute, viel mehr Zeit hatte ich nicht, wendete ich mich der Runde in weisen Schutzanzügen zu. „Der Laptop muss in die KTU.“ Ein Nicken wurde mir entgegengebracht und ich verabschiedete mich. Im blau-silbernen Kombi atmete ich tief durch. Hatte ihre Entführung etwa etwas mit mir zu tun? War ich der Grund warum sie entführt wurde?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück