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Behind the Scenes

von

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Act 1 Scene 1: The Curtain rises

"Du warst nicht ganz bei der Sache heute."

Asako sprang geradezu einmal auf der Stelle, als sie die inzwischen so zur Gewohnheit gewordene Stimme hinter sich hörte. Mit noch immer pochendem Herzen wirbelte sie herum, lehnte sich dabei an den Tisch, auf dem noch immer ihr Skript lag und fegte es dabei beinahe herunter, hätte sie es nicht im letzten Moment noch auf dem Tisch gehalten. Die Haltung, mit der sie halb auf dem Tisch hing, schien ihre 'Chefin' allerdings durchaus zu amüsieren. Sie lachte leise.

"T-Tut mir leid. Ich bin nur etwas nervös."
 

Es war Asakos erste Perfomance in ihrer neuen Gruppe und obwohl sie jetzt schon vergleichsweise zusammen mit allen trainierte viel es ihr immer noch schwer sich vollends darauf zu konzentrieren. Als sie ungefähr ein halbes Jahr zuvor erfahren hatte, dass sie von der Flower-Troupe in die Moon-Troupe wechseln sollte war für sie fast eine Welt zusammengebrochen. Hauptsächlich weil sie nicht von Haruno, oder Osa wie sie gerufen wurde, weg wollte. Sie waren ein so eingespieltes Team gewesen und als Vice war sie unter Osa als Topstar vollends zufrieden gewesen.

Hier in der Moon-Troupe hatte sie sofort eine der äußert unbeliebten rotierenden Rollen bekommen. Es war nicht nur doppelte Arbeit, da sie zwei Rollen lernen musste, sie war auch sofort dazu verdonnert worden mit allen in direktem Kontakt zusammen zu arbeiten. Als Schauspieler war es für sie kein Problem gewesen, als Mensch allerdings schon. Osa hatte sie einmal als 'scheues Reh' bezeichnet wenn es um neue Kontakte ging und irgendwie stimmte es auch. Seit ihrem Wechsel hatte sie noch nicht wirklich neue Kontakte geknüpft, auch wenn sich ihre Kameradinen ihr gegenüber offen zeigten. Besonders Ayaki Nao, gerufen Saeko, der Top Star der Snow-Troupe, schien ihr unter die Arme greifen zu wollen.
 

Apropos, besagte Frau fischte nach dem Skript, dass, trotz Asakos verzweifeltem Rettungsversuch, halb vom Tisch hing. Sie warf einen kurzen Blick hinein bevor sie es zusammenrollte und der stotterten Frau vorsichtig vor die Stirn schlug. Es tat nicht weh, aber es erfüllte seinen Zweck.

"Jetzt mach dich mal nicht verrückt und wach auf. Es ist nicht so viel anders als in deiner alten Truppe, das hast du selbst gesagt."

"Ja schon..."

"Na also", unterbrach sie Saeko. "Die anderen sind auch schon alle in ihren Zimmern. Vielleicht solltest du das Selbe tun."

"Ja. Ich denke du hast Recht. Aber ich glaube kaum dass ich heute Nacht schlafen kann. Das kann ich selten vor der Premiere."

"Da sind wir schon zwei." Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Top Stars und sie hielt Asako das Script hin. "Hast du heute Abend noch etwas bestimmtes vor?"

"Eigentlich wollte ich zu Osa..."

"Zu den Flowers? Ich dachte die proben die ganze Nacht."
 

Da war es schon wieder. Asako konnte nicht ganz sagen was es war, aber diese Frau hatte etwas an sich, dass keine Widersprüche zulies. Diese ganze Aura, die um sie herum lag war geradezu erdrückend wenn sie sich in ihrer Nähe aufhielt. Ein Phänomen, dass sie schon an Osa beobachtet hatte. Zuerst hatte sie gedacht, dass Top Stars das einfach nur an sich hatten, oder stellte sich dieses bedrückende Gefühl, dass sich einstellte, wenn man um diese Leute war, erst entwickelte, einfach ein wenn man sein Top Star Debut hatte? Saeko war ein Jahr vor ihr in die Moon Troupe gewechselt und sofort ihr Debut gefeiert. Aber alles in allem machte Asako ihre Anwesenheit kribbelig. Ein wenig fühlte sie sich an Osa erinnert, denn bei ihr fühlte sie etwas ähnliches, aber wenigstens hatte Osa sie nie in eine Richtung gedrängt. Saeko dagegen akzeptierte grundsätzlich keine Widerworte, das hatte sie gelernt.
 

"Tatsächlich?", fragte Asako, vermied es dabei Saeko in die Augen zu sehen und starrte stattdessen auf das Skript, dass sich wieder in ihren wackeligen Händen befand. Um es nicht ganz so auffällig sein zu lassen fing sie an darin zu blättern, eher schlecht als Recht. Es reichte um ihre zitternden Hände zu verbergen, oder so glaubte sie zumindest.

"Tatsächlich. Ich bin dann in einer Stunde bei dir."

Asako wollte widersprechen, aber ein Lächeln lies sie verstummen und Saeko drehte ihr den Rücken zu, schritt mit der für so typischen Eleganz zur Tür hinaus. Sie hatte es schon öfter an ihr beobachtet. Saeko verhielt sich auch ausserhalb der Auftritte als würde der Scheinwerfer nur für sie scheinen, als wäre die Welt eine einzige Bühne und sie war der Top Star. Allerdings zurecht. Die Fans waren ihr verfallen, die Truppe und ganz Takarazuka liebte sie, denn egal wie schwierig sie manchmal war, sie kam mit allen gut klar. Sie wusste, dass Saeko schon einige male die Truppe gewechselt hatte und aus jeder ging sie mit Erfolg und einer gewissen Reputation, als wäre sie dazu bestimmt gewesen ein Top Star zu werden. Entweder man war dafür geboren, oder nicht.

Insgeheim dachte sich Asako aber, dass es nur an diesem Lächeln lag. Dieses Lächeln und diese Stimme, dass einem weiche Knie machte, die süßesten Sünden versprach und von der man kleine Nichtigkeiten versprochen bekommen haben will. In einer Probe hatte Saeko ihr ins Ohr geflüstert, ein Hinweis, nur etwas kleines mitten in einem Tanz und Asako war glatt gestolpert. Es hatte sie so aus der Bahn geworfen gehabt dass sie noch nicht einmal den Ärger von dem Choreographen mitbekommen hatte. Schlimmer war es wenn sie anfing zu singen. Als Asako sie das erste mal singen gehört hatte, ein kleines Solo, dass sie gerade eingepropt hatten, wäre sie beinahe rückwärts von der Bank gekippt, hatte sich auch dabei erwischt wie sie sich mit einer Hand in das kalte Holz krallte. Die samtige, doch so starke Stimme hatte sie erschaudern lassen und ihr eine Gänsehaut beschehrt. Dass Saeko dabei direkt neben ihr gestanden hatte war ihr dabei nicht gerade vorteilhaft gekommen und Asako hatte sich dabei erwischt wie es wäre wenn diese Engelsstimme nur für sie etwas singen würde. Schnell aber wurde der Gedanke wieder verworfen. Es fühlte sich für Asako an wie verrat an ihrem Top Star Osa, der sie mit Leib und Seele gedient hatte und in Gedanken noch immer bei ihr war.
 

Ein paar Sekunden stand die jetzt allein gelassene Schauspielerin auf der Stelle, knetete unruhig das Skript in ihren Händen. Vielleicht sollte sie sich einfach in ihrem Zimmer einschliesen und so tun als wäre sie nicht da? Nein besser nicht. Saeko würde sie sicherlich sofort durchschauen und auch wenn der Auftritt bevorstand würde der Top Star sicherlich die Zeit finden um sie runter zu putzen. Das letzte was man wollte war ein wütende Saeko kurz vor dem Auftritt. Also doch zum wohl der Gruppe... Aber warum wollte die andere gerade zu ihr?

Sie seufzte. Es hatte keinen Sinn sich jetzt darüber Gedanken zu machen. Ihr noch immer verschwitzter Körper schrie nach einer Dusche und wenn Saeko tatsächlich bei ihr vorbeischneien sollte wollte sie zumindest noch ein wenig Ramen oder etwas ähnliches machen. Zwar standen sie bei Takarazuka immer unter strengen Kontrollen, was Gewicht und Aussehen anging, aber das hieß nicht, dass sie hungrig ins Bett gehen mussten. Ausserdem musste sie unbedingt diese Kleidung in die Wäsche werfen. Ihre Jogginghose und auch ihr Hemd waren von der Probe komplett durchgeschwitzt und klebten an ihrem Körper. Die Abbinde, die die Männerdarsteller, die Otokoyaku, tragen mussten, machte es auch nicht gerade besser und behinderte sie nur beim Durchatmen. Bei diesen Dingern war es wirklich besser man atmete gar nicht.

Asako stopfte also ihr Script ungeachtet in einen Rucksack, es war sowieso schon abgegriffen genug, und machte sich auf den Weg zu dem Dorm, in dem die Takarazukadarsteller residierten. Zwar hätte sie sich ein eigenes Apartment leisten können, genug Fans und Leistung brachte sie ja, aber sie hatte sich inzwischen in dem Dorm so eingelebt, dass es für sie fast unvorstellbar war ausserhalb zu leben. Das hinderte sie aber nicht daran eine Runde mit dem Auto um den Block zu drehen. Es half ihr ein wenig ab zu schalten und dieses leicht betrunkene Gefühl, das der heutige Tag bei ihr hinterlassen hatte, zu verdrängen.

Endlich in ihrem Zimmer angekommen warf sie den Rucksack ungeachtet in die Ecke, jetzt mit etwas freieren Gedanken, und warf einen kurzen Blick auf die Uhr, die gegenüber des Eingangsbereiches hing, nur um kurz darauf wieder in Panik zu geraden. Asako hatte gar nicht gemerkt wie lange sie eigentlich mit dem Auto unterwegs gewesen war.

Zu lange.

Hecktisch stolperte sie durch den kleinen Eingangsbereich, vergaß dabei sogar ihre Schuhe richtig aus zu ziehen, wodurch der eine im darauf folgendem Wohnbereich lag, gefolgt von Hose und Shirt, an einer Kochecke vorbei ins Badezimmer. Fast wäre sie über den Badezimmerteppich gefallen als sie sich aus der Abbinde gepellt hatte, hielt sich dann aber doch noch an der Dusche fest und krabbelte hinein, warf dabei noch den Rest ihrer Klamotten unachtsam auf den Boden. Gut, sie hatte noch genug Zeit zum Waschen, aber die Haare würde sie nie im Leben noch rechtzeitig trocken bekommen. Besonders wenn sie noch ihre Sachen wegräumen musste. Saeko musste ja nicht unbedingt wissen wie eilig sie es eigentlich gehabt hatte. Obendrein kostete es sich alle Kraft nicht unter der heißen Dusche weg zu döse und die Zeit zu vergessen. Nebenher hoffte Asako mit aller Kraft, dass Saeko nicht so war wie Osa und immer 10 Minuten früher kam...
 

Die Antwort darauf kam schneller als gehofft, denn kaum war die Schauspielerin aus der Dusche gestiegen und hatte sich etwas Bequemeres angezogen, war nur aus ihrer kurzen Schlafhose und einem Sweatshirt bestand, klopfte es schon an der Tür. Asako schaffte es gerade noch ihre Sachen aus dem Wohnbereich auf zu sammeln und in ihr Schlafzimmer zu werfen bevor das Klopfen bestimmter wurde.

"Ich bin gleich da, moment!", rief sie, ging dann schnellen Schrittes in den Wohnbereich um nach dem zweiten Schuh zu suchen. Wo hatte sie das blöde Ding nochmal hingeworfen?

"Immer mit der Ruhe", klang auch schon die weiche Stimme Saekos durch die Tür. "Solange du mich nicht ewig hier drausen stehen lässt."

Ein Gedanke, mit dem sie kurz gespielt hatte, aber jetzt gab es für sie wohl kein Zurück mehr. Saeko konnte sehr...bestimmend sein wenn es um etwas ging was sie haben wollte, sei es nun auf der Bühne, bei der Wahl des Vice oder bei einer Wohnung in die sie rein wollte.

Während sie durch die Wohnung wanderte, mehr in Gedanken als auf der Suche nach ihrem Schuh, stieß sie mit dem nackten Fuß an etwas, dass polternd die kurzen Stufen hinunterfiel, die den Eingangesbereich vom Wohnbereich trennte, bis sie merkte, dass sie ihren Schuh gerade gefunden hatte. Asako fischte auf dem Weg zur Tür danach, stellte beide sauber aufgereiht in die Ecke und öffnete dann die Tür.
 

Saeko hatte sich inzwischen gegen den Türrahmen gelehnt. Asako lies sich wirklich unglaublich viel Zeit und von drinnen konnte sie ein leises Poltern hören. Musste sie da drin etwa noch Renovieren? Es war nur ein einfacher Besuch und kein Date. Obwohl letzteres nicht unbedingt schlecht klang. Asako war immerhin nicht nur hübsch, sondern auch talentiert, auch wenn sie ab und zu dazu neigte mit dem Kopf in den Wolken zu hängen. Aber irgendwie konnte man sie auch wieder auf den Boden der Tatsachen zerren. Saeko konnte nur raten, aber sie glaubte, dass es noch an ihrer alten Truppe lag, denn von Leuten, die Asako schon länger kannte, hatte sie erfahren, dass sie durchaus in der Lage war sich längerfristig auf eine Sache zu konzentrieren. Vielleicht brauchte sie nur etwas, was sie im Hier und Jetzt hielt, aber dem konnte Abhilfe geschafft werden.

Als die Tür dann doch endlich aufging sah Saeko dann doch etwas, was sie nicht erwartet hatte. Asaki hatte ausser einer kurzen Hose und einem Shirt nicht wirklich etwas an, die Haare klebten ihr noch im Gesicht und am Hals und sie war obendrein Barfuß. Sie grinste.

"Verzeihung. Bin ich zu früh?"

"Etwas", meinte Asako ausser Atem und ging einen Schritt auf die Seite. "Komm rein. Ich hab ein bisschen getrödelt und die Zeit vergessen."

"Das seh ich."

Dann doch amüsiert trat sie in die kleine Wohnung ein. Sie war ein wenig kleiner als ihre eigene, aber genauso provisorisch eingerichtet. Die Takarazuka-Mitglieder verbrachten nicht viel Zeit in ihren Zimmern, da sie entweder beim Proben waren oder es vorzogen ein wenig frische Luft zu schnappen. Die meisten waren nur zum Schlafen dort.
 

Als Saeko eintrat war Asako schon wieder halb im Wohnbereich, jetzt dann doch etwas beruhigter dass sie wenigstens Ansatzweise das geschafft hatte was sie sich vorgenommen hatte. Zwar waren ihr die nassen Haare unangenehm, sie hasste das Gefühl von jenen im Nacken, aber sobald sie die Chance dazu hatte würde sie sie hochstecken. Zumindest so gut es mit den kurzen Haaren ging.

"Willst du auch noch etwas essen?", rief sie aus der Kochecke heraus, wo sie etwas Wasser aufsetzte. Nebenher hörte sie nur wie Saeko sich ihrer Stiefel entledigte. Asako konnte sich nicht erinnern die andere jemals ohne Stiefel angetroffen zu haben und da sie wusste wie sehr sie in Takarazuka schummelten wenn es um Größe ging warf sich ihr unverhofft die Frage auf wie groß die andere in Wirklichkeit war. Wenn sie beide ihre Absatzschuhe trugen waren sie beide gleich groß, aber das sagte nicht unbedingt aus, dass es auch ohne so war. die Einlagen in den Schuhen vareirten von Person zu Person um sie alle auf eine Größe zu bringen.

"Ja gern. Was gibt es denn?"

Saekos Stimme riss sie wieder aus den Gedanken und als die andere dann schlieslich zu ihr trat öffnete sie einen Schrank und starrte hinein.

"Uhm... ich kann dir Ramen anbieten. Oder etwas Reis."

"Du hast schon Wasser für Ramen aufgesetzt", stellte Saeko fest und schmunzelte leicht. "Ich gehe davon aus dass du etwas für uns beide machen wolltest."

"Ich dachte vielleicht willst du etwas anderes."

Saeko musste etwas lachen und Asako fröstelte etwas im Inneren, hatte sich aber gut genug im Griff um es sich nicht anmerken zu lassen.

"Nein danke. Ich will dir nicht deinen letzten Reis wegessen."

Erst jetzt hatte Asako bemerkt, dass Saeko direkt hinter ihr stand. Diese Frau hatte wirklich Talent einfach über den Boden zu schweben wie ein Geist. Praktisch, wenn man auf der Bühne stand, unpraktisch, wenn man so jemanden im Zimmer hatte, der sich dann an einen anschlich. Saeko hatte von ihrem Standpunkt aus freien Blick in ihren Schrank und der Inhalt war sehr spärlich. Ein paar Zutaten für Ramen, vielleicht für drei oder vier Portionen, ein paar Fertigprodukte, auf dessen Oberfläche sich schon Staub angesetzt hatte und ein bisschen Reis, dass kaum für eine Person reichte.

"Sag mal, Asako, von was lebst du eigentlich?", fragte Saeko, was Asako dazu verleitete sich dann doch letztenendes um zu drehen und Saeko direkt vor ihrer Nase vor zu finden. Dabei konnte sie es nicht verhindern, dass sich ein Rotschimmer auf ihre Wangen legte als sie feststellte wie dicht die andere tatsächlich vor ihr stand. Gut sie saßen während des Trainings oft nebeneinander, aber sie starrten sich dabei nicht wirklich direkt an und Asako ging schon aus Reflex auf Abstand. Jetzt sah sie auch, dass Saeko sie selbst ein wenig überragte, vielleicht 2 oder 3 cm. Es reichte um zu ihr aufsehen zu müssen.

"Ich hatte noch keine Zeit zum einkaufen. Normalerweise koche ich nach dem Training etwas. Das heißt wenn ich nicht zu müde bin."

Saeko hob eine der schlanken Augenbrauen und grinste abermals etwas.

"Du kochst? Wo hast du das denn gelernt?"

Asako seufzte etwas auf die Frage. In Takarazuka ging man für gewöhnlich ausserhalb essen, denn kaum eine der jungen Frauen konnte wirklich kochen. Die, die es konnten, hatten es meistens aufgegeben oder hatten einfach keine Lust nach dem strengen Zeitplan noch in der Küche zu stehen.

"Ich hab es gelernt als ich noch nicht in Takarazuka war." Sie schüttelte den Kopf. "Egal. Bitte. Setz dich. Ich mach es eben fertig."

Ein spärlicher Versuch endlich der Aura dieser Frau zu entkommen. Schon wieder fühlte sie sich schwindlig und sie versuchte ihr bestes um Saekos Blick aus zu weichen, starrte desshalb immer wieder zu dem inzwischen fast kochendem Wasser. Aber es war als würde sie ihr direkt in die Seele starren. Es war kein kalter Blick, aber die Nähe zu der anderen machte es nur schlimmer. Glücklicherweise entfernte sich besagte Lady, ging stattdessen zu der kleinen Couch, auf die sie sich fallen lies. Für ein traditionsreiches Haus waren sie dann doch sehr westlich eingerichtet.

Asako atmete kaum merklich aus bevor sie sich daran machte zwei Schüsseln mit Ramen zu machen und die fertigen Schüsseln anschliesend zum Wohnbereich zu tragen. Eine der Schüsseln reichte sie Saeko, die sie entgegen nahm. Als Saeko dabei ihre Hand etwas streifte hätte Asako die Schüssel beinahe fallen gelassen, beherrschte sich dann aber doch gekonnt. Sie war es nicht gewohnt von jemand anderem als Osa angefasst zu werden. Nicht wenn sie nicht musste.
 

Saeko merkte es, auch wenn Asako es wohl vor ihr zu verheimlichen versuchte. Sie war es gewohnt, dass andere vor ihr kuschten, aber das hatte andere Gründe. Die junge Frau bekam was sie wollte, auf die eine Art oder die andere, und das verschreckte die meisten Menschen. Dabei hatte sie etwas nie bei Asako getan, beziehungsweise war es nie nötig gewesen. Mit der jungen Frau zu arbeiten hatte sich immer als unkompliziert erwiesen. Sie war fleisig, wenn sie nicht gerade mit dem Kopf in den Wolken hing, und sie harmonierten wunderbar. Ausserdem sahen sie auch optisch gut zusammen aus, dessen war sie sich sicher, auch wenn sie noch nicht zusammen auf der Bühne gestanden hatten.

"Danke", meinte sie und stellte die noch heiße Schale auf ihrem Schoß ab. Vielleicht sollte sie die kleine noch etwas mit Samthandschuhen anfassen. Immerhin wollte sie sie nicht verschrecken.

Es dauerte eine Weile, sie hatten ihre Schüsseln schon halb geleert, bevor Saeko abermals das Wort ergriff.

"Dafür dass es schnell gemacht ist, ist es wirklich gut. Hast du noch was rein getan?"

Asako blinzelte, hob die Augenbrauen etwas verwirrt und starrte für einen Moment in ihre Schüssel. Die Aussage schien sie verwundert zu haben.

"Nun... ich mach es so wie ich es immer gemacht habe. Es ist zwar nicht der traditionelle Weg, aber so hat es mir meine Mutter damals beigebracht." Sie lächelte etwas. Es war einer der Momente, in der sie so unschuldig wirkte und einer der Momente, in denen die Fans durchdrehten und die Kameras zückten. "Sie hilft auch gegen Grippe und ist gut gegen Erkältung."

"Grippe?" Das verwunderte sie dann doch. "Klingt als ob du damit Erfahrung hast."

Saeko selbst wurde eigentlich nie krank. Zu ihrem Glück gehörte sie zu den Personen, die ein gutes Immunsystem hatten. Asako nickte nur etwas.

"Als ich noch klein war, war ich oft krank oder habe mich verletzt. Aber hätte ich den Unfall damals nicht gehabt wäre ich wohl nicht nach Takarazuka gekommen."

"So? Erzähl."

"Nun..." In diesem Moment merkte man, dass es ihr unangenehm war, aber Saeko blieb ruhig und sah nur zu der anderen hinüber, während sie ab und an noch ihre Schüssel weiter leerte. "Als ich noch jung war hatte ich einen ziemlich blöden Unfall. Ich bin von einem Baum gefallen und mir dabei ziemlich den böse den Fuß verletzt. Nachdem es einigermaßen geheilt war hat mein Arzt meinen Eltern gerade etwas für meine Gelenke zu tun, da ich sonst nicht mehr laufen könnte. Sie haben mich zum Ballett geschickt und durch meine alte Schule bin ich nach Takarazuka gekommen."

"Wie so viele von uns."

Ein betretenes Schweigen legte sich über sie, was Asako aber durchbrach. Sonst wäre sie wohl daran durchgedreht.

"Wie bist du hergekommen?"

Saeko lachte etwas in sich hinein, stellte die Schüssel vorsichtig auf den kleinen Tisch vor sich und lehnte sich zurück.

"Das bleibt mein kleines Geheimnis."

"Geheimnis?"

"Vielleicht erzähle ich es dir. Aber erst ein andermal." Der Top Star schlug die Beine übereinander, legte den Kopf in den Nacken. "Sag mal Saeko, du hast doch in Elisabeth mitgespielt oder?"
 

Saeko wusste vom Thema ab zu lenken, das musste man ihr lassen. Naja wenn sie nicht darüber reden wollte, dann konnte sie sie nicht dazu zwingen. Asako nickte kurz.

"Ja. Als Luigi Lucheni. Haruno hat den Tod gespielt."

"Ich weis", sagte sie bündig, lächelte abermals etwas. "Wie war das Stück? Ich habe es nicht gesehn."

Asako konnte sich das grinsen dann doch nicht verkneifen.

"Das Training? Wie jedes andere. Der Auftritt? Stressig. Besonders für Osa und Midori."

"Der Tod und Elisabeth?"

Sie nickte.

"Ja. Osa hatte eine ganze Menge Federn und extrakram. Ausserdem hat sie sich aufgeregt, dass die Uniformen teilweise zu eng geschnitten waren und sie in den Schuhen kaum laufen konnte." Ihr entwich ein leichtes Lachen. "Und Midori. Sie musste sich in einigen Szenen so oft umziehen, dass ihre Kleider durchnummeriert waren. Die meisten davon hatten Klettverschluss, besonders die Mäntel, aber sie waren dafür alle sehr schön."

Leicht schwelgte die jüngere zurück zu der ersten Kostümprobe. Sie war sehr erstaunt gewesen wie schön die Kleider von Elisabeth doch gewesen waren, aber sie erinnerte sich auch an den Stress, den Midori teilweise beim Umziehen gehabt hatte. Osa's kleine Wutausbrüche während der Probe hatten sie aber teilweise sehr zum Lachen gebracht.

Asako hatte gar nicht gemerkt wie Saeko sich zu ihr gesetzt hatte und sie mit diesem speziellem Grinsen ansah wenn sie etwas wollte.

"Sag mal Asako..." Sie wäre fast vom Sofa gefallen vor Schreck. "...wie hoch kommst du?"

"....Huh?"

"Beim Singen mein ich."

Sie brauchte etwas um die Frage zu verstehen, dachte dann noch ein paar Sekunden darüber nach und legte den Finger dabei ans Kinn.

"Nun ich bin als Otokoyaku eingestuft, aber ursprünglich wollten sie mich zu einer Musumeyaku ausbilden. Damals haben sie mich in beide Klassen gesteckt."

"Das heißt du kannst beides?"

"Theoretisch ja. Das heißt nicht dass ich es noch kann. Wieso fragst du?"

Saeko legte die Arme auf die Rückenlehne, beugte sich dabei etwas zu Asako.

"Nun wie du weist werde ich Ende nächsten Jahres gehen. Ich wollte aber unbedingt den Tod spielen und ich möchte dass du meine Elisabeth wirst."

Instinktiv wich Asako zurück, blinzelte verwundert und versuchte den abermals aufsteigenden Rotschimmer auf den Wangen zu verbergen. Wieso hatte Saeko so eine Auswirkung auf sie?

"A-aber was ist mit Kurara? Ich dachte sie wäre deine Partnerin."

"Sie geht nach diesem Stück."

Für einen kleinen Moment hatte sich der Ausdruck in Saekos Augen geändert gehabt, aber so schnell wie sie es festgestellt hatte war es auch schon wieder weg. Ob da etwas vorgefallen war?

"Ach ja? Das wusste ich gar nicht."

"Kaum einer weis davon."

"Sie hat doch bestimmt einen Nachfolger."

Saeko schüttelte den Kopf.

"Nicht wirklich. Zumindest keiner, der in meinen Augen passend wäre."

Und damit hatte sie theoretisch das ganze Problem schon erklärt. Auch wenn die Top Stars für Otokoyaku und Musumeyaku nach Popularität, Können, Gesang und Kooperation gewählt, aber letzteres lag meist in der Hand des Otokoyaku Top Stars. Und mit Saeko als Top Star verloren die restlichen Kriterien quasi ihre Wirkung. Zwar hieß es, dass es immer zwei Top Stars geben musste, aber wenn Saeko dachte, dass es keinen in der Gruppe gab, der geeignet genug wäre um Kurara's Nachfolge an zu treten konnten die Fans Ammok laufen und es würde nichts passieren. In diesem Falle übernahm meistens der Top Star einer anderen Gruppe die Rolle der Hauptrolle wenn sich sonst keiner fand. Da Asako selbst als Otokoyaku eingestuft war konnte sie die Nachfolge sowieso nicht antreten, selbst wenn Saeko damit einverstanden wäre.

"Verstehe...", sagte sie schließlich und starrte auf die inzwischen geleerten Schüsseln. Vielleicht sollte sie die Situation etwas auflockern. Aber zuerst sollte sie sich wohl ein paar Socken anziehen. Ihr Füße froren furchtbar. "Ich bin gleich wieder da ja? Mach es dir bequem."
 

Als Asako so davonschlich, anders konnte man es wirklich nicht nennen, konnte Saeko es dann doch nicht lassen einen kurzen Blick auf die Beine der anderen zu werfen. Man sah so selten Haut bei Takarazuka, dass es sie wunderte, dass Asako so ein Stück Kleidung überhaupt besaß. Und sei es nur zum schlafen oder in der Freizeit. Sie hatte schlanke, aber nicht mager aussehende Beine und einen leichten Glanz auf der Haut. Für eine Sekunde dachte sie tatsächlich darüber nach darüber zu streichen und ihre Nägel darin zu versenken. Wenn man Tag für Tag von schönen Frauen umringt war blieben solche Gedanken nicht aus wenn man eine von ihnen mal mit etwas weniger Kleidung sah. Während des Trainings hatten sie immer unmengen von Kleidung um die Umziehszene zu simulieren und um sich an das Gewicht der Kostüme zu gewöhnen, die unter Umständen einige Kilo auf die Waage bringen konnten. Hoffendlich kam Asako jetzt nicht auf die Idee sich eine lange Hose an zu ziehen, denn immerhin wollte sie den Anblick noch etwas mehr geniesen, auch wenn es ihr schwer fiel sich dabei zusammen zu reisen. Aber immerhin war sie Schauspielerin, also war es einfacher als für so viele andere. Umso entzückter war sie, als Asako nur ein paar weißer Söckchen angezogen hatte. Abermals konnte sie den Gedanken nicht aufhalten, dass Asako unglaublich süß aussah, besonders wenn sie so Kleidung trug. Saeko hatte schon ein Auge auf sie geworfen als sie gerade in die Snow-Troupe gewechselt hatte. Sie erinnerte sich noch gut an diesen Moment. Saeko, mit ihrer Sonderstellung als Top Star, auch wenn sie diese gerade erst in diesem Jahr erworben hatte, hatte die Angewohnheit etwas Abseits auf der Bank neben dem eigentlichem Chor zu sitzen. Es half dem Choreographen und dem Gesangsleiter ihre Fehler sofort im Keim zu ersticken, was der ganzen Gruppe zugute kam. Dementsprechend war der Platz neben ihr der einzig freie gewesen. Zuerst hatte sich Saeko so tief in ihr Script vertieft gehabt, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass jemand bei ihr Platz genommen hatte. Als sie dann aber doch aufgesehen hatte, waren ihr sofort die damals noch traurigen Augen der anderen aufgefallen. Mit der Zeit hatte es sich gebessert, aber dennoch hatte sie den einen oder anderen Zusammenbruch der Jüngeren miterlebt. Sie hatte die Gruppe nicht wechseln wollen, das sah jeder, aber sie fand sich langsam damit ab. Auch ihre Besessenheit von Osa war ihr nicht entfallen, aber die Hirachie in Takarazuka war eindeutig. Jede Gruppe hatte ihren eigenen Top Star. Wechselte man die Gruppe, gewollt oder ungewollt, wechselte man den Top Star, den man zu unterstützen hatte. So sehr sie das System auch verachtete, es war nunmal Takarazuka.

"Ich hab mich schon gewundert ob du nicht frierst", sagte Saeko dann doch keck und stand auf, hob dabei die Schüsseln vom Tisch auf und brachte sie zur Spüle.

"Nur ein bisschen. Der Boden ist heute echt kalt. Ach und lass die Sachen grade stehen ich spüle sie schnell."

"Das kannst du auch noch morgen machen." Ihr blick fiel auf eine kleine, rote Küchenuhr. Irgendwie süß. "Vielleicht solltest du doch versuchen noch etwas Schlaf zu bekommen. Immerhin ist morgen der Auftritt und die Damen von der Maske machen immer einen furchtbaren Aufstand wenn man Ringe unter den Augen hat."
 

Asako lachte etwas. Letztenendes war sie doch froh, dass Saeko vorbeigekommen war um ihre Stimmung etwas zu heben. Auch wenn sie allein durch ihre Anwesenheit ziemlich imposant wirken konnte, so hatte sie jetzt das erste mal gesehen, dass ein liebenswerter Mensch in diesem manchmal sehr arrogantem Top Star steckte. Und es war bei weitem besser gewesen als sich den ganzen Abend gedanken über den Auftritt zu machen.

"Ich denke mal du hast recht. Du bist in einem anderen Abteil vom Haus oder?"

"Natürlicherweise. Wieso?"

"Vielleicht komme ich mal auf einen Sprung bei dir vorbei. Immerhin ist es nicht so weit wie zu Osa."

"Sie hat ein eigenes Apartment, oder?"

"Ja. Am anderen Ende der Stadt. Und durch den Verkehr ist es immer die Hölle sie mal besuchen zu gehen."

"Wie auch immer. Ich würde mich freuen."

Asako deutete eine leichte Verbeugung an, folgte anschliesend Saeko zur Tür um sie nach drausen zu begleiten. Eine Frage der Höflichkeit. Allerdings blieb sie auf der oberen Stufe, rieb sich stattdessen die kalt gewordenen Hände. Sie hasste dieses Gefühl steifer Finger, auch wenn sie diese oft bekam.
 

Gerade als Saeko die Stiefel wieder angezogen hatte merkte sie, wie viel größer sie damit war, sodass sie einfach wieder an Asakos Größe, die ja auf der unteren Stufe stand, heranreichte. Die Stiefel wieder fest an den Füßen trat sie zu der anderen, nahm ihre Hände in die eigenen und strich etwas mit dem Daumen über ihre Fingerrücken. Sie waren fast unangenehm kalt. Dass sie beim Bewegen nicht knirschten war noch alles. Saeko sah etwas auf, wobei Asako noch immer auf ihre Hände starrte. Sie war hochrot und hätte wohl einer Tomate Konkurenz machen können. Ob sie den Schritt schon wagen sollte?

"Es tut mir leid dass ich einfach reingeschneit bin. Aber es war schön sich mit dir zu unterhalten."

"D-danke. Geht....geht mir auch so", stammelte sie, wobei ihre Finger leicht zitterten. War sie nervös? Oder hatte sie sie verschreckt? So Populär Saeko auch war, es fiel ihr immer wieder schwer die Gefühle anderer Leute richtig zu deuten. Vielleicht sollte sie sich etwas mehr Zeit lassen, denn so sehr sie Asako auch für sich allein wollte, verschrecken wollte sie sie ganz und gar nicht. Ausserdem war da noch das Osa-Problem, dass aus der Welt geschafft werden wollte. Dafür brauchte sie aber noch ein bisschen Zeit. Stattdessen trat sie einen Schritt vor, hauchte der Jüngeren einen Kuss auf die Wange.

"Falls du irgendetwas brauchst oder Probleme hast... komm zu mir."
 

Asako setzte zum Sprechen an, aber sie bekam kein Wort heraus. Ihr Gesicht brannte, ihre Wange kribbelte unangenehm und als Saekos Hände ihre langsam verliesen hätte sie am liebsten losgebrüllt. Sie wollte nicht dass sie geht. Abermals schlich die Angst allein zu sein in ihre Knochen, machte sich in ihr breit und hinterlies ein klaffendes Loch in ihrem Innerem. Immer noch schlug ihr Herz bis zum Hals, machte ihre Knie weich und hinterlies einen dumpfen Laut in ihren Ohren, sodass sie gar nicht wirklich verstand was Saeko noch zu ihr gesagt hatte. Sie hob den Kopf nur etwas, sah, wie sich Saeko auf die Tür zubewegte und die Tür öffnete. Ohne darüber nach zu denken nahm ihr Verlangen überhand, sodass sie nach vorne schnellte und die Tür wieder mit einem Knall zuschlug und Saeko, die sich verwundert umgedreht hatte gegen jene Tür drückte. Dabei drückte sie den Kopf an die Schulter der, dank der Stiefel, ungefähr einen halben Kopf größere Frau, lies ihre Hände auf deren Hüfte Ruhen und krallte sich etwas hinein.

"Geh nicht", hauchte sie atemlos, drückte den zitternden Körper gegen den der älteren als würde sie frieren.
 

Es ging zu schnell als das Saeko hätte reagieren können. Ehe sie es sich versah war sie mit dem Rücken gegen die wieder zugeschlagene Tür und der leicht unterkühlte Körper der anderen an dem ihren, wobei sie selbst verwundert die Arme gehoben hatte. Sie konnte nur dumpf vernehmen was Asako gegen ihre Schulter murmelte, aber dennoch hatte sie sie verstanden. Langsam legte sie die Arme um die kleinere, drückte sie etwas an sich. Es war merkwürdig den so zierlich gebauten Körper zu spüren, geschweigedenn sich vor zu stellen, dass Asako als Otokoyaku eingestuft war.

"Hey schon gut. Beruhige dich", flüsterte sie ihr ins Ohr. "Ich bin ja da."

Asako sah etwas auf, sodass sie ein paar Tränen in den Augenwinkel der anderen sehen konnte.

"Nicht weinen."

"Ich will nicht allein sein."

"Das musst du nicht." Sie lächelte etwas und legte eine Hand an ihre Wange. Sie war furchtbar warm im vergleich zu dem Rest ihres nur leicht bekleideten Körpers. "Asako..."

Langsam strich sie ihr über die Wange, hinab zu ihrem Hals, wo die noch immer feuchten Haare an der weichen Haut klebten.
 

Es war einer dieser Momente, an denen einfach alle Logik einfach verflog, wo sich eine samtige Stille im Raum ausbreitete und selbst von drausen alles still zu stehen schien. Die Spannung war greifbar, das Blut, welches durch ihre Venen rauschte, hallte in ihren Ohren wieder und machte sie taub für alles andere. Asako krallte sich nur noch fester in das Oberteil der anderen als ihr Atem ihre Wange streifte und sie fast reflexartig die Augen etwas schloss. Selbst wenn sie noch hätte denken können, hätte sie die Zweifel einfach aus ihrem Kopf verbannt.

Der ersehnte Augenblick kam erst nach einer qualvoll langen Zeit, doch als er kam war der ganze Schmerz, den sie so sehr in sich hineingefressen hatte, für einen Moment wie weggefegt.

Act 1 Scene 2: Sweet and Short

Der erst so scheue Kuss war schnell ausgeartet, aber noch immer standen sowohl Asako als auch Saeko an der Tür, wobei Saeko inzwischen jede Rücksicht und Zweifel, die sie noch einige Minuten zuvor gehabt hatte, abgelegt hatte und sich voll und ganz dem Moment hingab. Wer weis wann und ob sie jemals wieder die Gelegenheit dazu bekam. Ihr Hände glitten gierig über den so faszinierenden, sinnlichen Körper der anderen. Am liebsten hätte sie Asako sofort auf den Boden gedrückt und ihr die Kleidung vom Leib gerissen, wollte unbedingt die sanfte Haut unter den Nägeln spüren und ihre Zähne darin versenken. Allein durch den Geruch der jüngeren wurde sie geradezu wahnsinnig.

"Asako", murmelte sie zwischen den recht kurzen Luftholphasen. Ihr war es unangenehm weiterhin im Gang zu stehen. Ausserdem drückte ihre Abbinde, die sie ja noch immer aus reiner Gewohnheit trug, auf ihre Rippen. Bestimmt drückte sie sich von der Tür weg, hielt dabei eine Hand auf den unteren Rücken Asakos gelegt hatte um den Kontakt nicht zu verlieren. Die Hände der kleineren hatten sich inzwischen fest in ihre Schultern gekrallt und taumelte rückwärts. Saeko kannte diese Wohnungen wie ihre Westentasche, wesshalb sie sich nicht einmal die Mühe machte die Augen zu öffnen um Asako durch die Wohnung Richtung Schlafzimmer zu drücken. Zwar war ihr Verstand in diese Moment pur Instinktgesteuert, aber das hieß nicht, dass sie Asakos kalten Körper ignorieren konnte. Zwar heizte er sich langsam auf, aber darauf anlegen wollte sie es nicht.
 

Asako selbst wusste nicht so genau was Saeko mit ihr vor hatte, aber es interessierte sie auch nicht sonderlich. Egal was da grade mit ihr passierte, es war zu gut als das sie wollte, dass es aufhörte. Auch war sie zu konzentriert auf das leidenschaftliche Zungenspiel, dass sich inzwischen zwischen ihnen eingestellt hatte um zu bemerken, dass Saeko sie inzwischen einmal durch die Wohnung geschleppt hatte und gerade die Tür zu ihrem Schlafzimmer zuschlug. Noch immer musste sie den Kopf stark in den Nacken legen um an Saeko ran zu kommen. Hieß das sie hatte die Schuhe noch an? Andererseits: wann hätte sie die auch ausziehen sollen? So gelenkig war selbst sie nicht.

Für einen Augenblick öffnete sie die Augen einen Spalt um fest zu stellen wo genau sie stand. Japsend löste sich Asako von Saekos Lippen, fühlte dabei erst in diesem kurzen Moment wo ihr Kopf sich wieder einschaltete, dass ihr der Speichel am Mundwinkel hing und auch, dass das Bett genau hinter ihr stand. Genauso schnell war ihr Verstand aber auch wieder weg als sie die heißen Lippen an ihrem Hals fühlte, was sie dazu verleitete die schlanken Finger in den weichen Haaren der älteren zu vergraben und leise zu Stöhnen. Dabei stieß sie mit dem Unterschenkel gegen das Holz am Bett, fiel fast automatisch nach hinten, ihre Beine konnten und wollten ihr Gewicht nicht mehr tragen, und zog Saeko mit sich, was darin resultierte, dass die Ältere auf allen vieren über ihr kniete.

Die Hitze in ihr pulsierte mit jedem Kuss, den Saeko auf ihren entblösten Hals setzte, brachte sie dazu den Kopf in den Nacken zu werfen und den Rücken etwas durch zu drücken. In jeder anderen Situation hätte sie sich wohl in Grund und Boden geschämt, aber ihr Kopf war vollends auf Saeko konzentriert.

Ein weiterer, stärkerer Rausch durchflutete mit einem mal ihren Körper, wodurch Asako die Muskeln anspannte und einmal laut aufstöhnte.

"Saeko~"
 

Genau diese Reaktion hatte sich Saeko erhofft als sie ihre Zähne in das weiche Fleisch an der Schulter der anderen versenkte. Sie selbst keuchte leise als Asako, bewusst oder unbewusst, mit einer Hand an ihren Haaren zog, die zweite aber in ihren Rücken krallte, wodurch es ein Stück über ihren Bauch nach oben rutschte. Wo war eigentlich ihre Jacke geblieben? Hatte sie nicht eine angehabt? Wenn ja dann lag sie wohl irgendwo auf dem Flur oder wo auch immer. Sie wandt sich lieber wieder den weichen Lippen der anderen zu als sich über so etwas Gedanken zu machen, schob eine Hand unter das Shirt der jüngeren, die dabei scharf die Luft und damit den Bauch einzog. Ihre Finger tanzten über ihre Haut, den Bauchnabel und über ihre Seite wieder hinunter zu ihren Hüftknochen und den Bund ihrer Hose. Besagte Hand fand auch den Weg auf ihren Oberschenkel.
 

Asako hatte das Gefühl jeden Moment durch zu drehen. Saeko war einfach überall an ihrem Körper und sie war unfähig sich dagegen zu wehren. Jede ihrer Aktionen führte bei ihr zu einer von ihr nicht mehr kontrollierbaren Reaktion. Gierig saugte sie an der Unterlippe der Älteren, fuhr mit den Händen ihre Arme hinab. In ihrer Position konnte sie auch nicht wirklich mehr tun. Irgendwie, sie konnte nicht wirklich sagen wie, fanden ihre schlanken Finger die Knöpfe von Asako's Hemd, riss sie eher auf anstatt sie ordendlich zu öffnen, denn so viel Koordination hatte sie nicht mehr. Ergo schaffte sie es nur das Hemd bis kurz über den Bauch zu öffen, weiter kam sie nicht, da sie sich bei einem weiterem Biss in ihren Hals in eben jenes Hemd an den Armen verkrallte. Wo kam eigentlich das ständige Stöhnen her? Manchmal etwas leiser, manchmal ein Keuchen, manchmal fast ein Schrei. War sie selbst das? Ihrer trockenen Kehle nach ja.
 

Die Töne, die Saeko der anderen wie einem Musikinstrument entlocken konnte heizte sie immer weiter an. Inzwischen hatte sie sich zwischen die Beine der anderen gedrückt um bequemer zu liegen und um beide Hände zur Verfügung zu haben. Die Freiheit nutzte sie um das Asakos Shirt noch ein Stück weiter hoch zu ziehen, ungefähr bis kurz unter die Brust um ihren Bauch frei zu legen, lies die Spitzen ihrer Fingernägel hauchzart darüber gleiten zu lassen. Für diesen Moment hatte sie sich von ihrem Hals gelöst, studierte ihre Reaktion und schmunzelte etwas, als sie genau gewünschte bekam. Asako wandt sich unter ihren Fingern, stöhnte und ihr Brustkorb hob und senkte sich ungehalten.Ob sich das wohl noch steigern liese? Saeko beugte den Kopf über den Bauch der anderen und fing an kleine Küsse auf die zarte Haut zu tupfen. Abermals wunderte sie sich was für einen Traumkörper Asako doch besaß, den sie immer in Männerklamotten versteckte. Je mehr sie darüber nachdachte, mehr unterbewusst, desdo mehr wollte sie davon erkunden.

Ihre Zunge glitt einmal langsam, sinnlich dicht am Bauchnabel vorbei nach oben bis zum Ansatz ihres Oberteils, wobei sich der leicht salzige Geschmack auf ihre Zunge schlich. Kurz unter dem Shirt saugte sie sich fest, knabberte an jener Stelle, wobei sich die Hände Asakos auf ihren Rücken schlichen und hineinkrallten. Da ihr Hemd inzwischen halb über ihrer Schulter hing und nur spärlich von den unteren drei Knöpfen an ihrem Körper gehalten wurde hatte sich die Jüngere in ihre Abbinde gekrallt, doch als die Nägel auf ihre Haut trafen hinterliesen sie dort ein paar Striemen. Saeko raunte dabei einmal gegen den Bauch der anderen bevor sie wieder über die andere krabbelte und ihr Gesicht studierte. Zärtlich strich sie ihr eine nasse Strähne von der Wange. Ob sie daran klebte weil sie noch immer feucht war oder wegen der Schweißperlen, die der anderen auf der Stirn standen, konnte sie nicht sagen, aber dabei stellte sie fest wie schön Asako dann doch war. Sie hatte es schon festgestellt als sie sie das erste mal gesehen hatte und danach immer wieder. Ihre Augen, ihre Wangen, ihre Haut, ihre Lippen... Saeko beugte sich nochmals hinunter um gerade diese Lippen wieder in Beschlag zu nehmen...
 

"DRRRRR"
 

... als ein furchtbar lautes und nervtötendes Klingeln die Zweisamkeit durchbrach.
 

Mit einem Mal war der Schleier, der sich über Asakos Augen gelegt hatte, verschwunden und sie war wieder in der Wirklichkeit. Saeko setzte sich irritiert ein Stück auf, blickte hinter sich zur Tür.

"Was zur...", murmelte sie leise bevor Asako sie leicht zur Seite schob und Asako selbst aufstand, beziehungsweise auf dem Bettrand sitzen blieb. "Asako?"
 

"DRRRRR"
 

Es klingelte abermals und mit einem Mal wirkte Asako wie ein aufgeschrecktes Huhn und auch Saeko realisierte in ihrem trunkartigem Zustand langsam was das Klingeln war. Es war die Türklingel. Asako zog ihr Shirt wieder über den Bauch, wischte sich mit dem Handrücken einmal über die Lippen und stolperte aus dem Zimmer während Saeko noch immer wie ein ausgesetzter Hund auf dem Bett saß.
 

Asako lief schnellen Schrittes zur Tür, öffnete sie mit einem Ruck und sah direkt in Haruno's lächelndes Gesicht.

"Guten Abend, Asako. Ich hoffe ich habe dich nicht geweckt. Normalerweise schläfst du doch nie vor einer Premiere.

"N-nein hast du nicht. Ich meine...."

Sie fühlte wie Osa sie von oben bis unten beäugte, genauso wie sie den noch immer vorhandenen Rotschimmer auf den Wangen fühlte.

"Ist alles okay? Du wirkst ziemlich durch den Wind. Ich hoffe du wirst nicht krank so kurz vor dem Auftritt."

"Nein. Mir gehts gut."

"Das hoffe ich sehr." Sie hob die Hand und jetzt sah Asako auch die Tüte in der Hand ihres alten Stars. "Ich hab was zu Essen mitgebracht. So wie ich dich kenne hast du wieder zu wenig gehabt diese Woche."
 

Super. Das war einfach wundervoll. Sie konnte Osa nicht einfach abweisen. Das würde sie sofort skeptisch machen, mehr als sowieso schon. Insgeheim hoffte sie nur, dass sich Saeko wenigstens einigermaßen herrichtete.

"J-ja. Komm rein...", murmelte sie und öffnete die Tür etwas weiter. "Uhm ich hoffe du störst dich nicht daran dass ich Besuch habe..."

"Nein ganz und gar nicht."

Das Flower-Mitglied trat in die Wohnung ein, zog die Schuhe von den Füßen und ging ein paar Schritte in die Wohnung, blieb dann aber kurz mit dem Blick an etwas in der Küche hängen und schmunzelte etwas.

"Du hast den ollen Wecker immer noch? Ich dachte den wolltest du entsorgen."

"Naja...er ist praktisch." Noch immer wirr im Kopf schloss sie die Tür wieder, tapste hinter Osa in den Wohnbereich, wobei sie bemerkte, dass sie ihre Socken wohl irgendwo zurückgelassen hatte. Schon wieder fror sie an den Füßen, was sie durch den noch immer anhaltenden, fast betrunkenen Zustand kaum wahrnahm. Wann hörte der Nebel in ihrem Kopf nur endlich auf? Wie war es nur so weit gekommen dass sie überhaupt in diesen Zustand gekommen war?
 

Osa blickte sich im Zimmer um. Hatte Asako nicht gesagt sie hätte Besuch? In so einer kleinen Wohnung konnte sie nicht wirklich weit sein.

Nach ihrem Training hatte sich Osa spontan dazu entschlossen noch etwas zu Essen zu holen und Asako etwas auf die richtige Bahn zu lenken. Für gewöhnlich war die kleine immer so furchtbar nervös vor den Premieren. Bei der Premiere zu Elisabeth wäre sie fast durchgedreht, hatte hyperventiliert. Fast hatte sie geglaubt einen Arzt für sie holen zu müssen, aber glücklicherweise war sie mit den richtigen Methoden ruhig zu stellen.

Eine Tür verleitete Osa dazu sich um zu drehen, sah mit einem Mal ein vertrautes Gesicht vor sich.

"Saeko? Ich hätte dich als letztes hier erwartet."

Der neue Chef von Asako lächelte zu ihr, zog sich dabei etwas den Kragen des Hemds zurecht.

"Ich habe Asako um ein Hemd gebeten. Ich hatte unterwegs einen kleinen Unfall und mir sind die Knöpfe abgerissen."

Sie hatte ein weiteres Stoffbündel in der Hand, aber Osa war eher abgelenkt von den Schuhen, die Saeko noch immer an den Füßen trug. Selbst in Takarazuka war es unhöflich mit Schuhen in die Wohnung zu gehen. Osa hob eine Augenbraue.

"Und dafür musst du ins Schlafzimmer?"

Saeko lächelte zu ihr, ging dabei in Richtung der Tür.

"Als die Tür geklingelt hat hatte ich das Hemd gerade ausgezogen. Und ich weis nicht wie es dir geht, aber ausserhalb der Auftritte ist es mir unangenehm nur in Abbinde da zu stehen." An der Tür sah sie nochmal zu Asako, die wie ein Schluck Wasser an der Kochecke und sah zwischen ihnen hin und her. "Ich bringe dir das Hemd wieder wenn es gewaschen ist. Danke nochmal dass du mich so spät nochmal aufgenommen hast."

"Gern geschehn", murmelte Asako nur, trottete dann langsam zu Saeko um sie zur Tür zu bringen. An der Tür hielt sie Saeko dann doch nochmal kurz auf. "Du hast mir noch gar nicht erklärt wie das passiert ist", sagte sie, hoffend, dass sie den Hinweis verstehen würde. Saeko aber schüttelte nur den Kopf, lächelte etwas, doch etwas war diesmal anders.

"Sprechen wir nichtmehr drüber." Sie seufzte etwas. "Ich erklär es dir irgendwann anders."

Damit ging sie aus der Tür.

Act 1 Scene 3: A short Interruption

Asako war ganz froh, dass Osa die Nacht über bei ihr blieb, auch wenn ihr die Sache mit Saeko nicht wirklich aus dem Kopf ging. Was hatte sie sich dabei nur gedacht? Beziehungen innerhalb Takarazukas waren strickt verboten, sei es nun die Beziehung zu einem Mann oder einer Frau. Es hieß, Beziehungen behinderten das Arbeitsvermögen und würden die Show beeinflussen, aber ein wirklicher Schauspieler sollte darüber hinwegsehen können, oder? Asako wusste, dass sie es nicht konnte. Nicht, wenn sie nicht auf der Bühne stand. Es war ihr zuwider mit Menschen zusammen arbeiten zu müssen, die sie wie ein Stück Dreck behandelten. Sie waren immerhin keine Puppen an der Schnur, die auf Befehl tanzten. Beziehungen waren wichtig und selbst sie in ihrer Naivität, die sie sich im Laufe der Jahre eingestanden hatte, bekam mit, dass sich die ein oder anderne Pärchen innerhalb der Truppen gebildet hatten. Meistens endete es aber damit, dass diese bewusst auseinandergerissen wurden.

Jetzt wo sie so darüber nachdachte... wesshalb war sie überhaupt in eine andere Gruppe versetzt worden?
 

Die junge Schauspielerin kam nicht wirklich dazu sich darüber Sorgen zu machen, denn der kleine gelbe Wecker in ihrer Küche fing hysterisch an zu Piepen, sodass Osa einen Satz machte. Sie hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht, das mitgebrachte Essen verzehrt und sich eine alte Vorstellung angesehen.

"Himmel. Du hast dieses blöde Ding immer noch?", fragte Osa und trabte geradewegs zur Kochecke um den Wecker endlich aus zu stellen. Asako blieb auf ihrem Platz. Mal sehen ob sie es dieses Mal hinbekam.

"Was denn? Den hast du mir doch erst geschenkt."

Amüsiert sah Asako dabei zu wie Osa erneut daran scheiterte den kleinen Wecker endlich aus zu stellen. Sie wusste, dass Osa diesen Ton des Weckers verabscheute, aber noch mehr hasste sie es immer noch nicht den Kniff mit dem Knopf heraus gefunden zu haben. Um den Wecker aus zu machen musste man hinten am Uhrenhaus einen Knopf drehen, der Trick dabei war aber ihn vorher ein Stück hinein zu drücken, damit dieser sich erst drehen lies. Osa scheiterte jedes mal daran, denn der gelbe Nervtöter war empfindlich. Drückte man den Knopf zu fest lies er sich gar nicht mehr drehen und die Ältere tendierte dazu ziemlich in Rage zu gerade wenn etwas nicht nach ihrem Kopf ging. Besonders nicht nach dem ersten Versuch. Trotzdem versuchte sie es immer wieder.

"Nicht, damit er mich in den Wahnsinn treibt."

Asako lachte leicht, stand gemächlich auf und schlenderte in Seelenruhe zu der anderen. Das Piepen war inzwischen so laut, dass es in den Ohren wehtat und sie konnte geradezu sehen wie Osa eine Ader auf der Stirn stand. Mal wieder versuchte sie zu verbissen etwas zu tun und scheiterte letztenendes daran.

"Ich finde ihn süß. Ausserdem ist er der einzige, der mich wach bekommt nach einer langen Nacht."

Vorsichtig entfernte sie den Wecker aus Osa's Hand, betätigte den Knopf und das Piepen verstummte. Fast gleichzeitig konnte sie sehen, wie Osa erleichtert die Schultern fallen lies, was Asako wieder zum Kichern brachte.

"Na endlich."

"Ach komm. So schlimm ist es nicht."

Osa wuschelte ihr durch die sowieso schon zerzausten Haare, grinste schief.

"Geh du dich lieber fertig machen. Sonst kommst du zu spät zur Premiere. Und wir wollen doch nicht, dass der zukünftige Star ärger bekommt."

Jetzt fing sie mit diesem Thema schon wieder an. Asako seufzte.

"Osa wie oft muss ich dir noch sagen...."

"...ich werde nie ein Top Star, ich habe nicht die Fähigkeiten dafür. Jaja schon klar. Sag das deinen Fans. Und jetzt widersprich mir nicht. Husch husch ins Bad. Ich mach Kaffee und wenn du wieder drausen bist geh ich zum Training."

"Ich dachte du hast frei?"

"Du weist genauso gut wie ich dass es so etwas wie Freizeit bei uns nicht gibt."

"Und warum bist du dann vorbei gekommen? Du hättest genausogut ein wenig schlafen können."

"Und dich vor der Premiere hier versauern lassen? Wofür hällst du mich? Wir sind Freunde."

Es zauberte der jüngeren ein Lächeln auf die Lippen.

"Danke Osa", sagte sie noch bevor sie sich auf den Weg ins Badezimmer machte. Dort angekommen entledigte sie sich ihres Shirts und der Hose, warf zunächst einmal einen Blick in den Spiegel. Augenringe hatte sie keine, aber etwas anderes machte ihr einen Klos im Hals. Sie hatte am Hals und an den Schultern Bissspuren, die inzwischen zart blau-lila angelaufen waren, mal ganz abgesehen von dem mehr als überdeutlichem Fleck an der ihr unangenehmsten stelle kurz unter der Brust. Sie sah aus als hätte man sie vergewaltigt.

"Verdammt", fluchte sie leise, ging nochmals durch, welche Kleidung sie beim Auftritt zu tragen hatte. Der Fleck unter ihrer Brust wurde leicht von der Abbinde überdeckt, die anderen jedoch...

Ob Osa sie bemerkt hatte? Wenn ja, dann hatte sie diese offensichtlich ignoriert. Allerdings hoffte die junge Schauspielerin, dass Osa nichts dergleichen gemerkt hatte. Nicht nur, dass es ihr unangenehm war, Saeko hatte es so ausgesehen lassen als wäre sie zufällig da gewesen als Osa schlieslich geklingelt hatte. Demnach hätte sie ihre beste Freundin nach Strich und Faden angelogen und sowas nahm die ältere sehr übel. Zuerst entschied sie sich aber eine kalte Dusche zu nehmen um die doch langsam einsetzende Müdigkeit zumindest etwas ab zu schütteln.
 

Kaum war Asako im Bad verschwunden verschwand auch das Lächeln der älteren von ihren Lippen und sie sah etwas verbissen auf den gelben Wecker, der jetzt wieder brav auf der Küchenzeile auf seinen nächsten Einsatz wartete. Schon den ganzen Abend beschäftigte sie sich damit, wieso Saeko so dumm war sich an ihre Freundin ran zu schmeißen. Auch noch so offensichtlich. Osa kam sich etwas vor wie ein Ehemann, der zu früh von der Arbeit nach Hause gekommen war und seine Frau mit einem anderen erwischt hatte. Nunja Asako war nicht ihre Geliebte, sie waren Freunde, aber das hinderte Osa nicht wirklich daran besitzergreifend zu werden. Dass man Asako aus der Truppe genommen und in eine andere gesteckt hatte hing ihr noch immer nach. Damals war sie ausgerastet, hatte sich bei ihrem Vorgesetzten beschwert, aber es war nicht mehr zu ändern gewesen. Aber egal in welcher Truppe Asako sich befand, sie war ihr Vice und ihre Freundin. Niemand hatte ihr dieses Recht weg zu nehmen, nicht einmal wenn sie Ayaki Nao hieß. Vielleicht sollte sie sich mal mit ihr unterhalten. Gut. Saeko hatte mehr Erfahrung und war ein wenig älter als sie, aber nur dessalb hatte sie nicht das Vorrecht auf Asako.

Die Kaffeemaschiene riss sie aus den Gedanken. Noch ein Gerät von Asako, dass einen furchtbar nervigen Ton machte, wenn es Aufmerksamkeit brauchte. In diesem Fall war das Wasser für den Kaffee durchgelaufen. Wenigstens wusste sie, wie man diese Maschiene ausstellte, ohne daran gefrustet zu werden. Osa schenkte sich und Asako jeweils eine Tasse ein, stellte sie auf den Tisch und warf ein paar Blicke in die Schränke. Mal wieder hatte die jüngere kein Brot oder ähnliches, geschweigedenn etwas anderes Essbares in der Wohnung. Gesund konnte das nicht sein.
 

Fertig geduscht, mehr oder minder geschminkt huschte Asako aus dem Bad in ihr Schlafzimmer, allerdings nur im Bademantel bekleidet. Nochmalerweise würde sie sich einfach so an den Tisch setzen und sich nach dem Kaffee letztlich anziehen, aber der Bademantel versteckte nicht wirklich den Biss an ihrem Hals. Wenn Osa ihn tatsächlich noch nicht gesehen hatte, dann musste sie ihr jetzt keinen Grund zum Fragen geben. Sie durchwühlte ihren Schrank um zumindest etwas mit hohem Kragen zu finden zwischen den ganzen Männerhemden. Wieso hatte sie nochmal so viele von den Dingern? Wahrscheinlich weil man ihr das Männerverhalten von Anfang an eingetrichtert hatte.Wenigstens hatte sie in dem ganzen Durcheinander einen roten Schal gefunden, den sie sich eng um den Hals wickelte bevor sie wieder aus dem Schlafzimmer trat und sich zu Osa an den kleinen runden Tisch nahe der Kochecke setzte.

"Ist dir kalt?", fragte Osa, die gegenüber von ihr Platz nahm.

"Nein aber ich glaube ich hab einen kleinen Zug bekommen. Drauf ankommen lassen will ich es nicht."

Ihr gegenüber lächelte, fuhr sich etwas durch die kurzen Haare um sie zu entwirren.

"Na wenn du das sagst. Aber gut, wenn du es nicht darauf ankommen lässt. Es wäre fatal wenn du jetzt ausfallen würdest. Grade bei dem ersten Auftritt in deiner neuen Truppe."

Asako konnte nicht so genau sagen wieso, aber Osa's Stimme triefte gerade nur so als wäre sie giftig. Ging es ihr gegen den Strich, dass sie in der anderen Truppe war? Wieso auf einmal?

"Naja. Vielleicht hilft der Kaffee ja. Warmes soll ja bekanntlich helfen."

Osa schwieg. Wahrscheinlich war das auch besser so. Asako war sich nicht ganz sicher, wieso, aber sie hielt es für besser die Unterhaltung auf das Minimum zu reduzieren. Ihr Blick fiel abermals auf die kleine Uhr.

"Musst du nicht los?", fragte sie und Osa sah ein wenig irritiert zur Uhr. Es musste so wirken, als ob sie die andere endlich los haben wollte, was auch nicht ganz falsch war bedachte man, dass sie recht unschöne Flecken am Hals hatte, die sie wenn möglich versteckte.

"Stimmt." Osa erhob sich und ging um den Tisch herum zu Asako. Wieder fiel ihr auf, dass sie die Selbe Eleganz hatte wie Saeko. Sie bewegte sich als wäre der Boden eine Bühne, das Licht ihr Publikum und die Luft ihre Inspiration. Die ältere beugte sich zu ihr, hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Schläfe.

"Gut. Wenn ich die Zeit finde sehe ich mir einen Auftritt an. Ich bin mir sicher du bist wundervoll." Ihr Stimme klang sanft, und unterstützend, gab ihr Kraft und hob ihre Stimmung ein wenig. Jetzt wo ihr wieder klar wurde, dass ihre Premiere nur noch einige Stunden entfernt war, wurde sie wieder nervös und dieses unruhige Gefühl schlich sich in ihre Glieder.

"Danke. Und versprich mir, dass du heute abend etwas schläfst. Du wirst immer so schnell sauer wenn du müde bist."

Osa lachte etwas, strich Asako nochmals kurz über die Haare.

"Gut. Föhn dir aber die Haare bevor du raus gehst. Sonst wirst du wirklich krank."

"Ja Mama", raunte die jüngere und lehnte sich zurück. Sie hatte bewusst das 'Mama' aus dem Elisabeth Stück verwendet, denn Osa hatte sich während der Proben immer sehr darüber lustig gemacht.

"Tu einfach, was man dir sagt, Lucheni."

"Elisabeth", platzte es geradezu aus Asako heraus. Gerade als die Worte ihren Mund verliesen hätte sie sich am liebsten geschlagen. Eigentlich hatte sie es gar nicht sagen wollen, geschweigedenn stand noch gar nicht fest, dass sie Elisabeth spielen würde oder gar wollte. Das schlimmste war aber, dass Osa für eine Sekunde alle Gesichtszüge entglitten.

"...Elisabeth?"

"A-ach... uhm...vergiss es...Ich denke nur Unsinn."

"Unsinn?", Osa würde tatsächlich etwas lauter. "Unsinn?? Was redest du denn da, Asako? Du hast nie Elisabeth gespielt und du wolltest es auch nie tun. Wie kommst du also darauf? Du bist ein Otokoyaku!"

"Es war nur ein dummer Gedanke, Haruno! Jetzt reg dich mal nicht so auf!" Asako stand auf, hätte dabei fast ihre Tasse vom Tisch gefegt und ging ein paar Schritte von Osa weg als würde sie fürchten sich jeden Moment eine Ohrfeige zu fangen. "Geh!"
 

Osa sah die andere für ein paar Sekunden lang schweigend an. Diese Szene, diese oh so vertraute Szene, und das einfach nur weil sie die Beherrschung verloren hatte. Es passierte leicht, wenn sie zu müde war, was mehr als der Fall war. Schon bei ihrer Produktion von Elisabeth, bei der sie selbst den Tod und Asako Lucheni übernommen hatte, hatte sie sich oft vorgestellt wie es wohl wäre Asako als Elisabeth an der Seite zu wissen. Wahrscheinlich....nein mit Sicherheit würde sie ihren nächsten Schritt zutiefst bereuen, aber es würde Asako hoffendlich klar machen wo ihr Platz war. Erhobenen Hauptes ging sie in Richtung Tür, drehte sich im letzten Moment zu der anderen um und verbeugte sich ein wenig. Genau wie sie es als Tod gelernt hatte und verlies anschliesend, ihre Schuhe in der Hand, nach drausen.
 

Asako kannte diese Szene nur zu gut. Sie hatte sie einige hundert Male gesehen, aber es so deutlich zu machen war überflüssig. Die jüngere schlug einmal wütend auf den Tisch, sodass die Tassen wackelte, die Tränen in den Augen. Erst das mit Saeko und jetzt das. Langsam kam sie sich vor wie ein Spielball zwischen den beiden Giganten. Die jüngere lehnte sich auf dem Tisch auf und begann langsam durch zu atmen. Jetzt nicht durchdrehen. Sie hatte einen wichtigen Auftritt vor sich und durfte sich dadurch nicht aus der Bahn werfen lassen.

"Verflixt", murmelte sie, fing an wie ein unruhiges Tier durch die Wohnung zu laufen. Sie hatte noch ein paar Minuten bevor ihr Wecker erneut klingelte und sie sich auf den Weg machen musste. Aufgrund der Zahl der Leute, die geschminkt werden mussten, die Kostümverteilung, letzte Vorbereitungen und und und mussten sie schon immer einige Stunden vor dem Auftritt da sein. Noch immer war ihr Sichtfeld verschwommen und sie versuchte mit allen Kräften nicht los zu weinen. Momentan lief doch alles einfach nur schief. Asako flüchtete sich ins Badezimmer, zog sich frustriert den Schal vom Hals und betrachtete abermals die Überreste, die Saeko bei ihr hinterlassen hatte. Es war nicht so, als ob es sie sonderlich stören würde, das was sie störte waren alle anderen. Was dachten sie nur von ihr falls sie herausfanden wie die Male zustande gekommen waren? Man würde sie auslachen dass sie so schwach gewesen war.

Seufzend griff sie nach ihrem Make-up und öffnete ihr Hemd um ein paar Knöpfe bis die Ansätze ihrer Abbinde zu sehen waren und zog das Oberteil etwas über die Schultern um auch diese Flecken so gut es ging zu überschminken. Leichter gesagt als getan. Es kam ihr so vor als ob die Bisse nur noch weiter angelaufen waren seit sie diese das erste mal wirklich gesehen hatte. Inzwischen hatten sie eine hübsch lila dunkle Farbe.
 

"DRRRRR."
 

Vor Schreck fiel Asakos Schminkpinsel ins Waschbecken. Irgendwann musste sie diese Türklingel auswechseln lassen.

Was war denn jetzt schon wieder? Hatte Osa etwa etwas vergessen? Das letzte was sie jetzt brauchte waren weitere Vorwürfe. Noch immer war sie während der vorrangegangen Aktion sauer und traurig zugleich. Leise in sich hineinfluchend wickelte sie sich den Schal lose um den Hals um den noch nicht überschminkten Fleck zu verdecken. Statt aber das Hemd zu zu knöpfen zog sie es nur etwas enger zu und über die Schulter. Wenn es wirklich Osa war würde sie sie einfach wieder wegschicken. Das letzte was sie jetzt brauchte war noch mehr Streit.

"Willst du nicht lieber zu deinem Training gehen als mir auf die nerven?", rief sie noch auf dem Weg zur Tür, riss sie mehr oder minder auf nur um kurz darauf mit leicht entsetztem Gesichtsausdruck in der Tür zu stehen. Saeko, nicht gerade das, was man einen strahlenden Sonnenschein nannte so wie sie aussah, stand an den Türrahmen gelehnt da. Ihre Haare waren ungemacht, ihren offensichtlich schweren Augen nach zu urteilen hatte sie kein Stück geschlafen und obendrein sah sie aus als hätte sie einmal willkürlich in den Schrank gegriffen und einfach alles angezogen was sie in der Hand gehalten hatte. Über den Arm hing das Shirt, was sie am Vorabend hatte mitgehen lassen um Osa ab zu wimmeln.

"Dir auch guten Morgen", murmelte Saeko in den nicht vorhandenen Bart. "Ich wollte dir dein Hemd wieder bringen bevor ich mich auf den Weg ins Theater mache." Sie hielt ihr das Shirt entgegen, welches Asako mit verwirrtem Blick entgegen nahm. Saeko sties sich vom Rahmen ab, setzte zum gehen an. Unschlüssig trat die jüngere auf der Stelle, blickte zuerst aufs Hemd und seufzte schlieslich. Sie trat einen Schritt auf den Gang.

"Saeko warte. Willst du nicht wenigstens noch eine Tasse Kaffee trinken? Die anderen werden nur böse wenn du komplett müde dort antanzt."
 

Schon zwei Türen weiter blieb Saeko auf der Stelle stehen. Zuerst hatte sie überlegt so zu tun als hätte sie Asako nicht gehört, drehte sich dann aber doch nochmal um und sah in Asakos lächelndes Gesicht. Sie... lächelte? Also war sie nicht böse? Sie hatte die Jüngere in der Wohnung fluchen gehört, auch wenn sie nicht so ganz verstanden hatte was, aber es klang definitiv sauer.

"Gern", meinte sie, noch immer recht gedämpft. Sie fühlte sich ganz und gar nicht wohl, hatte Kopfschmerzen und ihre Glieder waren schwer. eigentlich keine gute Ausgangssituation für eine gute Premiere, aber sie würde sich zusammenreisen sobald die Türen des Theaters hinter ihr zuschlugen. Es war fast wie ein Schalter, den man umlegte wenn man dieses Gebäude betrat. Ab diesem Moment war man nur noch funktional, machte eine Show, lächelte, tanzte und sang als wäre das das Leben. Was drumrum passierte, wie die Personen sich fühlten, die da im Rampenlicht standen, das interessierte das Publikum nicht.

Saeko machte auf dem Absatz kehrt, ging zurück zu Asako und trat ein nachdem diese ein Stück auf die Seite gegangen war.

"Geht es dir gut? Du wirkst fertig."

"Ich bin... ich hab heute nicht wirklich gut geschlafen", sagte sie im noch etwas gedrücktem Ton bevor sie sich ihrer Stiefel entledigte, diese sorgfältig auf die Seite stellte und in die Wohnung eintrat. Auf dem Tisch standen zwei Tassen, aber Osa war nirgendwo zu sehen oder zu hören. "Ist Haruno schon weg?"

"Ja. Sie ist vor ein paar Minuten gegangen."

Sonderlich glücklich klang die andere nicht. Ob etwas vorgefallen war? Zumindest etwas anderes als das, was sie die ganze Nacht schon nicht hatte schlafen lassen. Saeko machte sich furchtbare Vorwürfe einfach so über Asako hergefallen zu sein, dabei hatte sie es langsam angehen wollen. Manchmal hasste sie ihr Temperament und dass ihr Kopf sich in solchen Situationen einfach abstellte. Sonst war sie doch sonst nicht so unbeherrscht.

Statt sich allerdings zu setzen drehte sie sich zu Asako um, hob die Arme etwas vor dem Körper als wollte sie sich erklären. Dabei merkte sie wie sich jeder Muskel in ihrem Körper anspannte, nervös was jetzt passieren würde.

"Hör mal Asako... Das mit gestern..."

"Willst du Milch oder Zucker?"

"Nein. Jetzt hör doch mal..."

"Ich hoffe es macht dir nichts aus wenn es hier noch etwas stickig ist. Osa hatte gebratene Nudeln mitgebracht und jetzt riecht die Wohnung danach."

Saeko schwieg darauf. Sie hatte den Hinweis verstanden. Sie wollte nicht darüber reden und wahrscheinlich am liebsten so tun als wäre derartiges nie vorgefallen. Dann hatte sie sich wohl die ganze Nacht umsonst den Kopf zerbrochen. Das konnte aber nicht einfach sein. Sie konnte nicht einfach vergessen wie sehr die andere sie um den Verstand gebracht hatte.

Langsamen Schrittes ging sie zu der anderen, die gerade noch den Kaffee in eine Tasse goss und die nun leere Kanne zurück in die Kaffeemaschiene stellte. Obwohl der Schal die bläuliche Stelle ein wenig verdeckte sah sie die Überreste von der vergangenen Nacht. Mit zwei Fingern und schneller als Asako hätte reagieren können, wahrscheinlich hatte sie nicht einmal gemekert, dass sie hinter sie getreten war, war der Schal von ihrem Hals und auf dem Boden, der mehr oder minder gut überschminkte Abdruck dadurch zu gut sichtbar. Asako erschrack, erwischte mit dem Ärmel die Tasse und schob sie schlagartig einige Zentimeter auf die Seite, wobei etwas von dem Kaffee aus der Tasse spritzte und sowohl auf dem Tisch als auch auf dem Boden landete. Wenigstens konnte sie ihr so direkt in die Augen sehen, auch wenn es nur für ein paar Momente waren ehe ihr Blick wieder von dem Fleck eingefangen wurde.
 

Kaum dass der Blickkontakt unterbrochen wurde legte Asako ihre Hand über den Fleck um diesen zu verdecken. Eigentlich hatte sie gehofft dem aus dem Weg gehen zu können, aber egal wie sie es angestellt hätte, früher oder später hätte sie sich dem Stellen müssen. Der Grund, wieso sie Saeko zurückgerufen hatte, war ihr noch immer schleierhaft. Vielleicht nur aus Mitleid, weil die Ältere doch recht mitgenommen aussah oder auch eventuell nur, damit sie wusste, wo sie bei ihr stand. Inzwischen bereute sie es. Am liebsten hätte sie Saeko wohl aus der Wohnung geworfen, die Tasse mit dem noch immer heißem Kaffee hinterher. Stattdessen stand sie an die Küchenzeile gedrückt wie ein Reh im Scheinwerfer vor ihr und war unfähig sich weiter zu bewegen während ihr Herz bis hoch zum Hals schlug und sie fühlte wie ihre Hand zitterte. Es wurde nur schlimmer als Saeko die Hand hob, ihre eigene vorsichtig beiseite schob und sich den Fleck genauer ansah. Wieso sie die Hand tatsächlich wegnahm wusste sie selbst nicht, aber dieses Kribbeln war schon wieder in ihren Fingerspitzen. Saekos schlanke und doch so kräftige Finger schoben ihr noch immer geöffnetes Oberteil auf die Seite nur um ein weiteres Mal frei zu legen. Inzwischen konnte Asako dem Blick der anderen auch nicht mehr standhalten, starrte unentwegt auf ihre Füße und hoffte, dass Saeko bald das gesehen hatte was sie wollte.

"Bist du böse auf mich?", fragte Saeko mit ihrer leicht rauchigen Stimme, in der sich ein wenig Trauer wiederspiegelte. Ein paar Sekunden wusste sie darauf keine Antwort.

"Nein..."

"Wieso kannst du mir dann nicht in die Augen sehen?"

Nur scheu hob Asako den Kopf, aber so wirklich in die Augen sehen konnte sie der anderen nicht.

"Saeko... ich will nicht mehr darüber reden ja?" Mit den Fingerspitzen zog sie ihr Hemd wieder etwas zu. "Ich hab dich gern und... nunja... das ganze ging mir einfach zu schnell."
 

Leise seufzte die Ältere und lies die Hand sinken, seufzte leise. So etwas hatte sie schon erwartet.

"Wenn es dir dann besser geht. Aber Asako? Darf ich dich um etwas bitten?" Ein schüchternes Nicken. "Lass das nichts beeinflussen. Ich will nicht, dass du Angst vor mir hast oder mir aus dem Weg gehst."

"Das tue ich doch gar nicht."

"Du scheust."

"Du hast versucht mich flach zu legen. Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen?"

"Es hat nicht danach ausgesehen als ob es dir nicht gefallen würde."

"Das hab ich auch nie gesagt!"

Asako war tatsächlich etwas lauter geworden, zog ihr Oberteil weiter zu und krallte sich inzwischen regelrecht hinein sodass der Kragen des Hemds nach oben klappte.

"Aber..."

Ein schrilles Piepen hinter ihr unterbrach die weitere Unterhaltung. Saeko sprang geradezu auf der Stelle und sah über die Schulter zum Verursacher des Krachs: dem gelben Wecker, den sie schon vorher entdeckt hatte. "Was zum..."

"Ich hab ihn mir gestellt damit ich weis wann ich gehen muss. Wir sollten los. Sonst sind wir zu spät."

Saeko ging zum noch immer rappelnden Wecker, nahm diesen in die Hand und warf einen argwöhnischen Blick auf eben diesen. Irgendwie erinnerte sie der Wecker an Osa. Kurzerhand drehte sie den Wecker um und betrachtete ihn einige Sekunden bevor sie den kleinen Knopf entdeckte, diesen etwas reindrückte und drehte. Das Piepen verstummte.

Act 1 Scene 4: Just a little Game

Müde, erledigt und mit den Nerven am Ende lies sich Saeko ins Bett fallen, rollte sich auf den Rücken, wobei ihre Glieder bei jeder Bewegung schmerzhaft nach zu geben schienen. Sie hatten den letzten Auftritt des jetzigen Stückes hinter sich gebracht und hatten jetzt endlich ein wenig Luft um wenigstens mal eine Nacht durch zu schlafen. Als Top Star war ihr Abend nach dem Auftritt immerhin noch lange nicht vorbei gewesen. Nicht nur, dass sie sich um ihre Fans kümmern musste, die für sie teilweise Schlange standen nur um einen kurzen Blick zu erhaschen, sondern sie wurde auch zu gern auf die berühmt-berüchtigten After-Show-Parties eingeladen. Immer wieder hoffte sie, dass die Einladungen sie übergingen oder sie einfach so tun konnte als hätte sie eben jene Einladungen verloren, aber das konnte sie auch nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Zwar konnte sie durchaus ihren Kopf durchsetzen, aber es war eine Sache der Höflichkeit einer Einladung nach zu kommen, egal wie wenig Lust sie darauf hatte. Ausserdem hatte sie auf ihren Ruf zu achten.

Seit der Szene in Asako's Wohnung hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Recht entsetzt hatte die jüngere sie angeschaut als sie den Wecker, den sie mit einem Handgriff abgestellt, wieder zurückgestellt hatte und sich wieder zu ihr umdrehte. Das letzte was Asako zu ihr gesagt hatte war die simple Aufforderung, dass sie zum Theater mussten um noch rechtzeitig zur Stellprobe zu kommen. Seither war Saeko entweder zu gehetzt, gestresst oder gefragt gewesen um nochmals mit Asako zu sprechen und wenn sie dann doch mal etwas Zeit fand sich zwischen dem Getümmel aus Fotografen, Journalisten und Fans heraus zu graben war Asako unauffindbar.

Jetzt zwischen dem jetzigem Stück und dem Nächsten, welches Elisabeth und damit ihr Abschluss sein würde, musste sie unbedingt mit der Jüngeren sprechen. Die Worte von jenem Tag hingen ihr immer noch nach. Sie konnte nicht zuordnen wie sie jetzt zueinander standen. Einerseits schien sie nichts dagegen gehabt zu haben etwas weiter als Freundschaft mit ihr zu gehen, andererseits wich sie ihr ganz offensichtlich aus. Nach einem Auftritt war sie sich auch sicher Haruno's Auto gesehen zu haben und Saeko war sich sicher, dass Asako nicht weit gewesen war. Auch auf Anrufe reagierte sie nicht und auch ihre Emails und Nachriten wurde gekonnt ignoriert.

Allerdings war sie noch zu erledigt um sich jetzt noch einen Streit mit Asako, schlimmer noch eventuell Haruno zu liefern, wenn diese denn bei ihr war. Ihr fehlte einfach die Kraft dafür.
 

In einem anderem Abschnitt des Dorms saß Asako im Schneidersitz auf ihrem Sessel, knabberte an einem Reisbällchen und war über die Zeitung gebeugt. Zwar war sie müde vom letzten Auftritt, bei denen sie nochmal alles gegeben hatten, aber Osa hatte ihr versprochen noch vorbei zu kommen. Die ältere war inzwischen dazu übergegangen sie regelmäßiger zu besuchen und sich um sie zu kümmern wenn sie müde von ihrem Auftritt war. Der routierende Plan war doppelt anstrengend und Asako war froh jemanden in ihrem Raum vor zu finden wenn sie sich zurückgeschleppt hatte. Irgendwann hatte Osa auch angefangen sie vom Theater ab zu holen damit sie sich nicht durch die Menschenmassen zum Dorm schlagen musste. Auf der Bühne erkannte Osa jeder, aber wer erwartete schon dass ein Top Star wie ein normaler Mensch eine Freundin abholte? Osa blieb meistens bis sie eingeschlafen war um dann zu ihrer eigenen Wohnung zurück zu kehren und selbst ein bisschen Schlaf nach zu holen. Man munkelte sogar von einem Umzug von ihr zurück ins Takarazuka-Dorm, was natürlich totaler Unsinn war. Die Ältere brauchte den Abstand zu ihren Mitspielern und zu Takarazuka soweit es eben möglich war. Ausserdem liebte sie die Unabhängigkeit, die ihr die eigene Wohnung brachte.

Zwar machte es ihr ein schlechtes Gewissen, da sie Saeko schon eine Ewigkeit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, aber es hatte ihr klar gemacht, dass die andere vielleicht doch nicht so engelsgleich war, wie sie zunächst vermutet hatte. Kurz nach der Premiere hatte sie Osa unter Tränen gebeichtet was zwischen ihnen vorgefallen war, wenn auch nur, weil ihre Freundin die Flecken an ihrem Hals und der Schulter entdeckt hatte. Dass Osa ihr auf recht eigenwillige Art und Weise ihren Platz zeigen wollte, hatte sie dabei bewusst ignoriert, ebenso, wie beide den 'Streit' nie wieder angesprochen hatten. Die andere hatte sie dabei fest im Arm gehalten, ihr beruhigende Worte zugeflüstert. Die Tatsache, dass sie nicht ganz unbeteiligt an der Situation gewesen war, hatte sie dabei vollends verschwiegen. Sie hatte die Ältere glücklicherweise davon überzeugen können nicht sofort bei Saeko vor der Tür zu stehen und sie unangespitzt in den Boden zu rammen, allerdings nur unter der Bedingung der anderen nicht zu nahe zu kommen. Asako hatte zugestimmt, aber nur weil sie Osa noch nie so sauer erlebt hatte. Obendrein würde Saeko sowieso keine Zeit finden solange das Stück noch so aktuell war.

Asako warf einen Blick auf die Uhr. Osa war ziemlich spät, selbst für ihre Verhältnisse. Ob ihr noch etwas dazwischen gekommen war? Etwas widerwillig stand sie von ihrem Platz auf, stöhnte leise aufgrund ihrer schmerzenden Füße. Die Schuhe, die sie immer trugen, würden ihr irgendwann noch einmal zum Verhängniss werden. Tanzfähig waren diese Dinger nämlich ganz und gar nicht. Fast wie ein Storch im Salat torkelte sie zum Tisch und fischte nach ihrem Handy. Es war ein selbst für diese Tage recht altmodisches Klapphandy, aber es erfüllte seinen Zweck. Just als sie das Handy in die Hand nahm klingelte es an der Tür. Osa stand davor und Asako lächelte etwas.

"Ich habe mich schon gefragt wo du bleibst."

Die Ältere lachte etwas und legte den Kopf auf die Seite.

"Weist du ich habe mir gedacht, dass wir ein wenig feiern könnten. Es war im Markt aber doch mehr los als ich erwartet habe."

Etwas verwirrt zog Asako die Augenbrauen zusammen, ging ein wenig zurück sodass ihre Freundin eintreten konnte. Feiern? So etwas aussergewöhnliches hatte sie doch nun auch wieder nicht geleistet. Es war nur eine weitere Saison eines weiteren Stücks, dass zu Ende war. Asako hatte vielleicht eine halbe Woche bevor die nächste Nachricht ins Haus, oder in diesem Fall eher in ihre Wohnung schneien würde mit dem nächsten Trainingsplan und dem Titel des nächsten Stücks. Nicht, dass sie es nicht schon wusste.

"Und was zur Hölle hast du dir jetzt schon wieder ausgedacht? Ich hoffe nicht schon wieder Twister."

Das letzte mal dass sie zusammen 'gefeiert' hatten war in diversen blauen Flecken und Zerrungen geendet, denn Osa war auf die grandiose Idee gekommen mit ihr Twister zu spielen. An sich war das keine große Sache gewesen, allerdings ab einem gewissem Promillegrad geradezu unmöglich ohne sich dabei zu verletzen. Alkohol gehörte zu ihren sehr selten gewordenen Parties, wenn man sie so bezeichnen konnte, einfach dazu. Glücklicherweise vertrug Osa so viel mehr als Asako, sodass nie etwas ernsthaftes passiert war.

"Nein nein. Keine Spielchen, versprochen. Ich habe aber einen Film mitgebracht, was hälst du davon?", lachte die Ältere und setzte eine Tasche auf dem Tisch ab. Schon jetzt sah Asako den Deckel einer Sektflasche, einen, den sie nur zu gut kannte.

"Du hast nicht wirklich den teuren gekauft, oder?"

"Wieso auch nicht? Immerhin erwarte ich nicht, dass du mir etwas zurückzahlst."

"Aber Osa..."

"Nichts da 'aber Osa'. Solange du wenigstens Gläser hast ist doch alles in Ordnung."

"Keine Sektgläser. Aber die hatte ich noch nie."

"Als ob wir extra Sektgläser bräuchten."
 

Unterdessen erwachte Saeko langsam aus ihrem Döszustand, setzte sich auf ihrem Bett auf und rieb sich die schweren Augen, verwischte damit die Überreste ihrer Schminke, die an ihrem Handrücken und ihrer Wange klebte.

"Ach verflixt", fluchte sie leise und erhob sich von ihrem Bett, schlürfte ins Bad und kramte in ihrer Schublade nach Abschminktüchern. Irgendwie bekam sie an diesem Abend rein gar nichts koordiniert. Immerhin hätte sie schwören können, dass die Tücher in der Schublade gewesen waren, genauso, wie ein paar ihrer Sachen nicht wirklich da lagen, wo sie sie normalerweise hinpackte, inklusive ihres Handys. Auch ihre Jacke hatte sie bissher vergeblich gesucht. Die fehlte jedoch schon seit Wochen. Eigentlich... fehlte sie genau seit dem Zeitpunkt, an dem sie bei Asako gewesen war. Wahrscheinlich lag sie dort noch, aber ob die inzwischen wieder in ihrer Wohnung war, oder ob sie dort überhaupt erwünscht war. Dann aber war es eine ihrer Lieblingsjacken, ganz zu schweigen davon, dass ein paar Erinnerungen gerade an diesem Stück hingen.

Die Tücher fand die Schauspielerin schlieslich eine Schublade darunter, entfernte den Rest des Puders, des Eyeliners und was auch immer die Ladies von der Maske noch immer auf ihre Gesichter klatschten bevor sie mit etwas Creme ihre Haut beruhigte. Die Kälte, die davon gespendet wurde weckte sie obendrein noch ein wenig auf, sodass sie wenigstens wieder geradeaus sehen konnte. Über einen der Waschlappen, die noch auf dem Waschbecken lagen, lies sie kaltes Wasser laufen, legte sich diesen in den Nacken während sie in die Küche ging und sich dort eine Tasse Kaffee machte. Schwarz und so stark, dass der Löffel quasi darin stand. Sie würde nicht darum herum kommen, sie musste zu Asako. Besonders weil Saeko die junge Frau noch immer als ihre Elisabeth für das nächste Stück wollte. Ohne diese Besetzung würde sie sich quer stellen, auch wenn es ihre letzte Vorstellung sein würde. Besser so anstelle von einer Besetzung, mit der sie rein gar nicht harmonierte. Die Jacke würde sie einfach als Vorwand nehmen um bei ihr klopfen zu können und dass Asako überhaupt die Tür aufmachte. Vorher aber musste sie sich dringend umziehen. Noch immer hatte sie die durchgeschwitzten Sachen an, die sie angezogen hatte nachdem sie sich aus dem Kostüm geschält hatte. Bei der Gelegenheit würde sie auch eine kalte Dusche nehmen um ihre Müdigkeit, die sich noch immer fest an sie krallte wie ein Tumor, endlich abstreifen. Hoffendlich wirkte der Kaffee bis dahin.

Der Kaffee an sich war furchtbar. Saeko war kein Kaffeetrinker, gönnte sich aber dennoch ab und zu einen damit sie wach wurde. Das Koffein wirkte bei ihr glücklicherweise noch wunderbar. Die geleerte Tasse, wie hatte sie die eigentlich in der kurzen Zeit leer bekommen, stellte sie achtlos in die Spüle in ihrer Küche. Im Gegensatz zu den anderen, jüngeren Mitgliedern von Takarazuka war ihre Wohnung geradezu gigantisch. Neben ihrem Wohn- und Schlafzimmer hatte sie eine abgetrennte Küche, eine extra Gaderobe im Eingangsbereich und eine Badewanne. Die übrigen Mitglieder besaßen gerade mal eine kleine Dusche mit Waschbecken und Spiegel. Ausserdem war ihr Bad größer und sie hatte sogar Fußbodenheizung. Kurzerhand verschwand sie darin, fiebte dabei etwas auf, da sie vergessen hatte, dass besagte Heizung überhaupt schon lief und der warme Boden an ihren kalten Füßen fast unangenehm heiß war. Auf dem flauschigem Badezimmerteppich sah das schon ganz anders aus. Fast war Saeko dazu verführt gewesen sich einfach bis auf die Unterwäsche aus zu ziehen und sich auf den Teppich zu legen, was sie manchmal machte, wenn sie allein war und etwas entspannen wollte. Geschlafen hatte sie dort noch nicht, aber es eigenete sich wunderbar um verspannte Muskeln zu lösen. Stattdessen nahm sie eine ausgiebige, kalte Dusche, fröstelte dabei etwas vor sich hin, aber es erfüllte seinen Zweck. Auch das Koffein wirkte und Saeko fühlte sich um einiges wacher als vorher als sie wieder aus der Dusche stieg. Wie lange dieser wache Zustand anhielt war relativ, aber es würde lang genug sein. Die dreckigen Klamotten warf sie in einen kleinen Korb in der Ecke des Raumes. Als Top Star konnte sie ihre Wäsche abgeben wann sie wollte und bekam sie perfekt gewaschen und gebügelt wieder. Sie erinnerte sich noch zu gut an die Zeit wo sie mit den anderen Schauspielern mit Wäschebergen zum Waschsalon lief und sie dort eine halbe Ewigkeit verbrachten mit quatschen, tratschen und üben. Der Waschsalon war nur für Takarazuka-Mitglieder in einem anderen Abteil des Dorms und die Zeiten wurden so eingeteilt, dass sie zwischen die Trainingszeiten passten um alle Gruppen ab zu decken.

Kurzerhand warf sie noch die Handtücher dazu, rubbelte sich die kurzen Haare so gut es ging trocken bevor sie sich in einen weißen, flauschigen Bademantel wickelte um damit in ihr Schlafzimmer zu gehen und sich vor den Schrank zu stellen. So ganz konnte sie sich noch nicht entscheiden was sie anziehen wollte. Was war in so einer Situation angebracht? Sollte sie sich eher rausputzen oder reichte ein Shirt und Jeans? Die Schauspielerin entschied sich für ein Zwischending. Da hieß es nur noch das Outfit finden. Die Hose mit Nadelstreifen, keine andere Hose war für sie je so bequem gewesen, war schnell gefunden, das Shirt, dass ihr vorschwebte, war zuerst aber unauffindbar. Es war ihr Lieblingsshirt, denn obwohl es einigermaßen eng saß konnte sie ohne Probleme die Abbinde weg lassen, die ja sowieso in der Wäsche war. Zwar besaß sie noch einige von diesen Dingern, aber um diese späte Uhrzeit interessierte es sowieso keinen mehr, ob man sich an die Regeln hielt oder nicht. Es war auch die Zeit, wo die meisten Jüngeren in ihren Grüppchen in die nächstbeste Karaokebar oder Kneipe gingen um dort ein wenig auf ihren Erfolg zu feiern. Saeko hatte zwar einige Freunde, aber sie hatte nach der Arbeit meist keine Lust mehr sich zu betrinken nur um am nächsten Tag mit Kopfschmerzen und Übelkeit auf zu wachen. Während sie das ganze so Revue passieren lies entdeckte sie einen Zipfel besagten Shirts im obersten Fach, streckte sich danach um es heraus zu ziehen. Zwar hatte sie Hocker am anderen Ende des Zimmers stehen, aber den noch zu holen schien ihr in dem Moment überflüssig. Sie zog und mit dem Shirt fiel noch ein Teil des Stapels mit heraus und begrub sie unter sich. Mit dem Stapel traf noch etwas hartes ihren Kopf, wobei Saeko einmal brummte und sich den Kopf rieb, sich nach dem Übeltäter umsah und zwischen den herausgefallenen Shirts danach fischte.

"Ach da ist das hingekommen", murmelte sie zu sich, als sie eine kleine, silberne Taschenuhr aufhob. Eigentlich war sie davon ausgegangen die Uhr verloren zu haben, aber sie schien wohl einfach zwischen ihre Wäsche gerutscht zu sein. Die Uhr hatte sie sich einmal zugelegt um wenigstens ein wenig Zeitgefühl zu entwickeln, was dabei ausgegangen war, aber der Hauptgrund war eigentlich die leise Melodie, die sie spielte, wenn man den Wecker stellte. Die Taschenuhr an sich hatte ein etwas älteres Design, aufklappbar, mit Zifferblatt und mit einer Gravur auf dem Deckel, dennoch lies sich der Wecker stellen und die Uhr war funkgesteuert. Kurzerhand lies sie die Uhr in der Tasche verschwinden, machte die Kette am Hosenbund fest und zog sich das Shirt über bevor sie den Rest achtlos zurück in den Schrank stopfte. Fertig angezogen stellte sie sich nochmals vor den Spiegel um zumindest noch ansatzweise den Lidstrich nach zu ziehen, denn völlig ungeschminkt und ungestylt ging sie nie aus dem Haus. Man wusste nie, wo der nächste Papparazi lag.

Ganz ohne Jacke hatte sie auch nicht vor zu gehen, denn obwohl Asako's Zimmer nur ein Dorm weiter lag musste sie zumindest durch den Innenhof und da sich langsam der Winter nahte war es, einfach ausgedrückt, arschkalt. Nicht, dass das Wetter in dieser Gegend insgesamt sonderlich gut war, aber auch sie hatte eine Grenze wenn man bedachte, dass sie aus einer Wohnung mit Fußbodenheizung im Bad kam. Schnell schnappte Saeko sich ihren Schlüssel, packte ihr Handy in eine Tasche, verlies die Wohnung, verschloss die Tür und lies den Schlüssel in die Innentasche gleiten. Kaum dass der Schlüssel darin verschwand zog sie die Jacke fester zu, klappte die Kapuze daran etwas nach oben und bibberte etwas für sich. Glücklicherweise waren ihre Haare schon wieder trocken in der Zeit, in der sie sich für ein Outfit hatte entscheiden müssen, sonst hätte sie wohl oder übel eine Krankheit riskiert.

Der Weg zu Asako's Wohnung jedoch kam ihr vor wie ein Hürdenlauf. Obwohl es schon recht spät war liefen ihr ständig junge Frauen aus ihrer Truppe über den Weg, beglückwünschten sie und hielten einen kleinen Plausch mit ihr. Zwar war Saeko nicht wirklich wild auf diese Geier, die sich nur den Platz als Vice und damit eventuell als Elisabeth erhofften, aber so offensichtlich abweisen konnte sie die jungen Talente schlieslich auch nicht.

Irgendwann, wer weis wie lang sie wirklich gebraucht hatte, denn alles was sie sagen konnte war, dass ihre Glieder und Knochen steifgefroren waren, stand sie doch vor Asako's Haustür und hörte schon von drinnen ein Lachen, dass wohl von der Besitzerin der Wohnung kam. Es schien, als ob sie da drin ziemlichen Spaß hätte, die frage war nur, warum? Die Antwort kam ein paar Sekunden später als sie Haruno's Stimme von innen hörte. Na super. Das war das letzte, was sie gebrauchen konnte. Vielleicht war es besser, wenn sie einfach wieder ginge. Aber sollte sie vor Haruno wirklich den Schwanz einkneifen? Nicht, dass sie einen hätte, aber sie hatte immerhin keine Angst vor dem anderen Top Star. Und Haruno hatte es nur zu offensichtlich gemacht, dass sie sich Asako nicht wegnehmen lassen wollte, wodurch sie den Krieg ja praktisch schon eröffnet hatte.

Seufzend nahm Saeko sich zusammen, fuhr sich einmal durch die Haare und betätigte den Klingelknopf.
 

Osa schmunzelte etwas als sie einen weiteren Schluck von ihrem Likör trank bevor sie wieder die die Karten mischte. Sie und Asako hatten sich dazu entschlossen den Film einfach Film sein zu lassen und stattdessen ein Kartenspiel zu spielen. Schnell war das ganze in einem Trinkspielchen ausgeartet und die hübsche Asako inzwischen furchtbar angetrunken. Nicht nur, dass die andere was Alkohol anging so gar nichts vertrug, sie spielte auch noch furchtbar schlecht. Das Spiel war einfach. Nach dem Durchmischen zogen sie jeweils eine Karte und drückten sie mit dem Bild zu seinem Gegenüber hin an die Stirn und wettete, ob man selbst eine höhere oder eine niedrigere Karte auf der Stirn hatte. Asako zu lesen war einfach zu leicht, besonders, wenn sie Alkohol intus hatte. Osa hatte am Anfang auch einige Runden verloren, war dementsprechend angeheitert, aber da hörte es auch schon wieder auf. Asako inzwischen hatte einen leichten Rotschimmer auf den Wangen und definitiv leichter zum Lachen zu bringen als noch am Anfang.
 

"DRRRR."
 

Die Türklingel unterbrach die traute Zweisamkeit und Osa seufzte leise. Wer störte denn jetzt schon wieder? Es ärgerte sie sehr, besonders, da sie und Asako endlich mal wieder allein waren. Irgendwie kam immer etwas dazwischen, aber für gewöhnlich war es Osa's Handy, dass sie wegrief, sei es aufgrund eines spontan angesetztem Training oder irgendwelcher anderer Probleme. Dass die Türklingel es ruinierte war etwas neues. Gerade wollte Osa aufstehen als Asako schon zur Tür torkelte.

"Ich mach das schon~", sagte die jüngere, wobei Osa etwas schmunzeln musste als sie feststellte, dass Asako schon gar nicht mehr geradeaus laufen konnte. Hatte sie schon so oft verloren?
 

Als Asako dann doch die Tür öffnete, Saeko hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet, schlug ihr sofort der Geruch von Alkohol entgegen, was die Schauspielerin dann doch etwas erstaunte. Sie hatte gar nicht gedacht, dass Asako überhaupt etwas in Richtung Alkohol zu sich nahm.

"Hey Asako. Tut mir leid wenn ich störe aber ich wollte fragen..."

"Saeko~", sagte die andere fröhlich und fiel ihr um den Hals. "Ich bin so froh, dass du da bist. Komm du musst mitspielen!"

Fast wäre Saeko zurückgefallen, da Asako sie fast umgeworfen hätte, aber sie hielt sich nochmal gerade so. Dadurch, dass sie ständig Hebefiguren machen mussten hatten sie dann doch einiges an Kraft und Gleichgewichtssinn.

"Aber..."

"Komm doch rein, Ayaki." Haruno war an die Tür getreten und lehnte sich an die Wand gegenüber von einem kleinen Regal, in dem die Schuhe standen. Wie es schien waren sie wieder auf die Basis zurück gekehrt, wo sie sich mit dem Künstlernamen ansprachen anstatt mit den richtigen, die ja meist als Spitznamen fungierten. "Asako freut sich. Aber dann musst du auch mitmachen."

Noch immer hatte Saeko Asako im Arm, die wohl irgendwie Gleichgewichtsprobleme hatte. War sie schon so betrunken? Haruno schien so, als hätte sie noch nicht einen Schluck gehabt. Sie seufzte.

"Na gut. Wenn ich danach meine Jacke wieder bekomme."

"Jacke?"

"Ja als ich hier war, hab ich meine Jacke hier liegen gelassen."

"Die liegt im Schlafzimmer", murmelte Asako während Saeko ihr vorsichtig wieder richtig zu stehen half. Saeko hatte die jüngere noch nie so fröhlich erlebt, auch wenn es wahrscheinlich nur am Alkohol lag. Jetzt gab es wohl kein Zurück mehr.
 

Osa lächelte nur etwas kalt. Dass gerade Ayaki an der Tür stand war ihr ganz und gar nicht recht, aber vielleicht kam es sogar ganz günstig. Im betrunkenem Zustand wusste Asako nicht immer so ganz was sie tat und es war eigentlich die perfekte Gelegenheit um Ayaki zu zeigen, dass Asako zu ihr allein gehörte, ihrem alten Top Star und Freundin, nicht in die Moon-Troupe. Zu dritt gingen sie in den Wohnbereich, wobei Osa sich auf ihren Platz auf der linken Seite der Couch setzte, Asako nahm den Sessel erneut in Beschlag und Ayaki setzte sich gegenüber von Osa in eine weitere, etwas kleinere Couch. Die ganze Wohnecke reichte vielleicht für fünf Personen, wobei noch nie mehr als sie und Asako gleichzeitig darin gewesen waren. Auf dem Tisch stand neben dem Kartenspiel eine leere Flasche Sekt, zwei Gläser, zwei Pintchen und ein paar weitere Flaschen Alkohol, die Osa aus ihrem eigenen Vorratsschrank mitgebracht hatte. Sie hatte genug mitgebracht um selbst betrunken zu werden, wesshalb ungefähr 2/3 der Flaschen schon für sie allein gedacht war. Allerdings hatte sie nicht mit eingerechnet, dass Asako so ein furchtbar schlechter Kartenspieler war. Ein noch schlechterer Lügner obendrein. Vielleicht peppte ihre Gegnerin das Spiel ein bisschen auf.

"Und was zur Hölle spielt ihr?", fragte Ayaki dann als sie einmal über den Tisch geblickt hatte. Osa lächelte etwas und überschlug die Beine, legte den Kopf ein wenig zur Seite und nahm sich das Kartenspiel.

"Es ist wirklich leicht, aber Asako ist einfach nur sehr schlecht darin."

"Ich hab nur einfach kein Glück", jammerte die Jüngere, während sie etwas auf dem Sessel hin und her kippelte. Nein. Nüchtern war sie nicht mehr.
 

Schwer war es nicht, genau wie Osa es vorhergesagt hatte, aber sonderlich wohl war Saeko bei diesem Spielchen doch nicht. Sie waren dazu übergegangen zu wetten, wie viel getrunken werden musste, dann aber auch mit Möglichkeit aus zu steigen. Letzteres tat natürlich keiner, da es wohl sonst zu langweilig gewesen wäre, allerdings resultierte es darin, dass Asako nur noch schneller betrunken wurde als sowieso schon und schlussendlich auf dem Sessel eingenickt war. Vielleicht war es besser so, denn so bekam sie nicht das Machtspielchen mit, dass Saeko und Osa gegeneinander durchführten.

"Wie lange kennt ihr beide euch eigentlich jetzt schon?", fragte Osa irgendwann bevor sie den Alkohol wegtrank, den sie gewettet hatte. Die Runde hatte sie verloren gehabt. Inzwischen waren beide auch so angeheitert, dass sie dann doch redseeliger wurden, auch wenn die Lautstärke etwas gedämpfter war damit die Jüngere nicht aufwachte

"Seitdem sie in meiner Gruppe ist. Und sie hat sich sehr gut bei uns eingelebt."
 

Saeko schmunzelte etwas und warf einen Seitenblick auf Asako, die sich ein wenig auf dem Sessel eingerollt hatte. Dann war die Jüngere wohl nicht nur wie ein Reh, sondern auch wie eine Katze. Am liebsten hätte sie die andere jetzt ins Bett getragen, sie zugedeckt und sich zu ihr gelegt um ihr beim Schlafen zu zu sehen. Das angerötete Gesicht durch den Alkohol machte sie nur noch verführerischer. Innerlich schlug sie sich für diesen Gedanken. Sie wollte es langsam angehen lassen, aber manchmal liesen sich diese etwas intimeren Gedanken, der Gedanke an die weiche Haut unter ihren Fingern und den Tönen, die sie der anderen entlocken konnte, einfach nicht vermeiden.

"Sie spricht aber nie von der Gruppe", sagte Haruno schlieslich und beendete somit Saekos Gedankengang, der dann doch ins unanständige ging. "Selbst wenn ich sie danach frage."

Offensichtlich in welche Richtung Haruno damit gehen wollte.

"Ich finde man sollte Arbeit und Privatleben trennen. Das macht sie schon ganz richtig."

"Bist du dann nicht auch ein Teil ihrer Arbeit?"

"Wir sind Freunde. Das ist etwas anderes. Ausserdem hast du bis vor einem Jahr auch mit ihr gearbeitet, richtig?"

Ihr gegenüber schwieg einige Sekunden, lächelte dann wieder das für sie so typische Lächeln, was ihre Rolle als Tod so geprägt hatte.

"Du hast Recht. Asako brauchte schon immer besondere Pflege und Aufmerksamkeit. Dafür heitert sie einen sehr schnell auf mit ihrer Art. Sie ist schon etwas Besonderes."

Da konnte sie ihr nicht widersprechen. Es war ein Zauber, den die jüngere Umgab, anders als es bei den Top Stars, denen sie bissher begegnet war der Fall war. Normalerweise waren die Top Stars eindrucksvoll und man hegte einen gewissen Respekt ihnen gegenüber, aber Sympatie war dabei meistens fehl am Platze. Asako hingegen hatte eine Aura um sich, die einen einfach zum Lächeln brachte, auch, wenn sie durchaus furchterregend sein konnte, wenn sie denn mal explodierte. Saeko hatte es nur einmal beobachtet, genau wie alle anderen beim Training. Es war mitten in den Vorbereitungen gewesen in denen die ersten Tänze schon eingeübt und die Texte schon gekonnt werden mussten. Die Partnerin, der Asako zugeordnet war, konnte weder das eine, noch das andere, wovon sie alle nichts mitbekommen hatten bis Asako plötzlich anfing laut zu werden. Es flogen Skripte und besagte Partnerin hatte leicht verstört auf der Bank gesessen als Asako wutendbrannt den Trainingsraum verlassen hatte. Seither hatte Kiriya es nie mehr gewagt sich auf die faule Haut zu legen, auch wenn Asako sich im nachhinein in aller Breite bei ihr entschuldigt hatte. Saeko war davon überzeugt, dass Asako einen wundervollen Top Star, eventuell sogar ihre Nachfolgerin, abgäbe, wenn sie nur etwas mehr ihren Kopf durchsetzen würde.

Saeko sah von Asako wieder zu Haruno, lächelte etwas mehr und machte anstalten auf zu stehen.

"Dieses Mal muss ich dir Recht geben. Und genau desshalb sollte sie ins Bett und nicht hier auf dem Sessel liegen bleiben. Sie verkühlt sich sonst noch."

"Sitzen bleiben." Saeko hob eine Augenbraue, tat aber zunächst wie ihr geheisen wurde. Der Blick von Haruno hatte sich auf einen Schlag verändert und auch das Lächeln war verschwunden. "Du wirst Asako nicht anrühren. Ich bringe sie ins Bett und wenn ich wieder rauskomme bist du verschwunden."

"Und wer gibt dir das Recht so zu urteilen?"

"Ich kenne Asako schon länger."

"Sie kann sehr gut selbst entscheiden wer oder was gut für sie ist. Ich denke dass wir beide gehen sollten."

"Da sieht man mal wie wenig du sie kennst. Wenn Asako einen Kater hat ist sie verwirrt und tendiert dazu dumme Sachen zu machen. Obendrein ist sie orientierungslos und ich möchte möglichst vermeiden, dass sie vom Balkon fällt."

Das hatte sie nicht gewusst.

"Wie wäre es dann, wenn wir eine letzte Runde spielen? Kannst du pokern?" Haruno nickte. "Der Gewinner bleibt bei Asako."

"Einverstanden", meinte Haruno und warf einen blick hinüber zu der immer noch schlafenden Asako. Die kleine Auseinandersetzung schien sie nicht mitbekommen zu haben, sondern kuschelte sich weiter an eines der Kissen.

Gemischt waren die Karten recht schnell. Haruno mischte und sie verteilten an jeden zwei Karten. Mit etwas nervösen Hintergedanken lugte Saeko zu Haruno als sie ihre Karten ein Stück anhob. Eine Herz 9 und eine Karo 10. Nicht gerade die besten Vorraussetzungen, aber sie verzog keine Miene. Das 'Pokerface' hatte in diesem Spiel eben seinen Namen bekommen, aber auch Haruno's Gesichtsausdruck war unverändert.

"Da wir auf alles gehen und sowieso nur eine Runde spielen", meinte Saeko und beugte sich etwas nach vorne. "Legen wir doch gleich alle Karten auf den Tisch. Dann haben wir das hier schnell hinter uns."

Alles auf eine Karte setzen... sie hätte noch sehr viel höher Pokern können. Sie hätte verlangen können, dass Haruno Asako fern blieb, sie in Ruhe lies, aber dazu war die Chance zu verlieren zu hoch. Angesprochene Frau nickte etwas und beugte sich ebenfalls ein wenig vor.

"Wenn du erlaubst", meinte die Frau mit den kalten Augen und begann die nächsten Karten auf den Tisch zu legen.

Eine Herz 7. Noch einmal kein guter Anfang. Das Herz schlug Saeko bis in den Hals. Für andere würde es wohl nur so aussehen als ob sie sich um etwas total belangloses streiten würden, aber es ging um einiges mehr. Wenn sie verlor konnte Haruno Asako sonst etwas erzählen wenn sie wieder wach war.

Die nächste Karte war ein Kreuz König. Wieder nicht wirklich hilfreich.

Es folgte die Kreuz Königin. Jetzt sah die Sache schon wieder ganz anders aus. Saeko hoffte auf einen Buben. Irgendeinen. Mit einer Straße konnte sie den Sack zu machen. Es war recht unwahrscheinlich, dass Haruno etwas höheres haben konnte wenn jetzt noch ein Junge kam. Ob die gelegten Karten für ihr Gegenüber gut oder schlecht waren war noch immer nicht zu erkennen.

Es folgte eine weitere Königin. Pik dieses mal. Langsam wurde ihr Herz schwer. Die Wahrscheinlichkeit für einen Buben war so gering wie einem Tango tanzendem, singendem Schwein mit lila Heiligenschein während des Salsatanzens zu begegnen. Allerdings verhinderte sie gekonnt ein Absacken ihrer Schultern oder ein Stirnrunzeln.

Als Haruno aber die nächste Karte aufdeckte hätte sie am liebsten 'Halleluja' gerufen und für einen Moment hätte sie geglaubt, sie hätte ein Tango tanzendes Schwein vor ihrem innerem Auge gesehen. Da war er doch. Ein Herz Bube. Sie grinste etwas schief, konnte es auch nicht vermeiden, geschweigedenn glauben. Haruno's unverändertem Gesicht nach zu urteilen war ihr Blatt nicht ganz so gut.

"Ladies first", sagte sie etwas gedämpft als sie die Augen von den Karten auf dem Tisch zu Saeko erhob. Ihr Körper war auf den Armen, diese wiederum auf ihren Oberschenkeln abgestützt. Die zwei noch verdeckten Karten lagen jeweils noch mit der Bildseite nach unten auf dem Tisch. Mit eleganten Fingern drehte Saeko ihre um, lächelte gekünstelt und sah Haruno ins Gesicht.

"Straße. Ich bezweifle, dass du das überbieten kannst."

Die andere schwieg, starrte auf die Karten, die Saeko gerade umgedreht hatte. Saeko selbst nahm dies als Sieg über die andere hin und erhob sich, ging leichten Schrittes zu Asako.

"Dann...", begann die andere auf einmal, lies aber eine Pause, sodass Saeko sich zu ihr umdrehte. Sie lächelte...? "...würde ich dir vorschlagen, dass du verschwindest."

"Was?", antwortete Saeko, gab sich dabei alle Mühe nicht laut zu werden. "Du kannst nichts höheres als eine Straße haben."

"Du pokerst nicht oft oder? Es ist erst entschieden wenn die letzte Karte offengelegt ist." Haruno beugte sich vor, schob die Kreuz Königin ein klein wenig näher zu der anderen. "Ich hatte nicht erwartet, dass du auch nur irgendeine Chance hast. Asako und mich verbindet etwas in das du dich nicht einmischen solltest." Dieses Süßliche in Haruno's Stimme hatte bei Saeko einen Brechreiz ausgelöst und am liebsten hätte sie ihr die leere Sektflasche an den Kopf geworfen. "Und du solltest es endlich aufgeben." Sie hob ihre Karten hoch, drehte sie um und legte sie unter den schwarzen König. Karo und Herz König...

"Scheint als hättest du verloren, Ayaki Nao." Haruno erhob sich und ging an ihr vorbei zu Asako, hob sie vorsichtig auf ihre Arme und drückte sie an sich. Saeko starrte noch immer fassungslos auf das ihr gerade bereitgelegte Full House.
 

Osa fühlte in ihrem Rücken, wie Ayaki geradezu zusammenbrach. Dazu musste sie sich nichtmals umdrehen, konzentrierte sich stattdessen auf die schöne Frau in ihren Armen. Schon als sie die zwei Könige gezogen hatte war sie sich fast sicher gewesen die Runde zu gewinne, aber die Demütigung der anderen war einfach zu verlockend gewesen um sie verstreichen zu lassen. Es war ein alter Trick, ein uralter sogar. Lass deinen Gegner denken du verlierst und wirf ihm die Wahrheit zum Schluss ins Gesicht. Der Preis war es wert gewesen, auch wenn es Osa zuwider war von Asako als Preis zu sprechen. Sie trug die jüngere in ihren Armen ins Schlafzimmer, hörte dabei noch, wie Ayaki frustriert das Kartenspiel vom Tisch fegte und wohl eines der Gläser mitgenommen hatte. Die Frau in ihren Armen störte das herzlich wenig, ausserdem würde sie sich wohl sowieso nicht an den Abend erinnern können. Asako tendierte zu Filmrissen. Wieso sollte es dieses mal also anders sein? So konnte sich Osa zumindest etwas zurechtlegen wieso das Glas zerbrochen war. Die Jüngere musste nicht wissen, dass man um sie gewettet hatte.

Noch immer mit ihrem Preis im Arm setzte Osa sich aufs Bett sodass Ayako's Kopf an ihrer Schulter lag und diese selbst in ihrem Schoß saß. Zärtlich strich sie ihr einige Strähnen aus dem Gesicht. Glücklicherweise hatte Ayaki Asako dazu gebracht ein halbes Glas Wasser zu trinken, sodass der Alkoholgeruch nicht ganz so beisend war wie noch vorher. Auf ihre Berührung hin murrte Asako ein wenig und ihre Augen öffneten sich einen Spalt. Osa schmunzelte etwas.

"Hab ich dich geweckt, Liebes?"

"Nein", kam nur brummend zurück und Osa lachte etwas. Natürlich hatte sie sie geweckt, wenn auch unabsichtlich.

"Ich wollte dir eigentlich nur gute Nacht sagen bevor ich dich ins Bett bringe."

"Ich bin nicht müde."

"Natürlich nicht."

Vorsichtig hob sie Asako nochmals etwas hoch, legte sie aufs Bett nachdem sie die Bettdecke etwas auf die Seite geschoben hatte und legte ihren Kopf auf eines der Kissen. Wie man so viele Kissen in einem Bett ahaben konnte war Osa sowieso schleierhaft, aber wenn sie sich darin wohl fühlte sollte es ihr recht sein. Die Ältere beugte sich über ihre Freundin, hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Stirn und sah ihr dann in die Augen, die Asako ein wenig geöffnet hatte. Sie liebte diese Augen. Diese wundervoll glänzenden, unschuldig dunklen Augen. Sie waren wie ein wolkenloser Himmel bei nacht, selbst in ihrem Zustand. Langsam lies sie einen Finger über ihre Wange, den Wangenknochen und ihrem Kieferknochen gleiten, mit der Fingerspitze über den Kehlkopf und stoppte schlieslich am Schlüsselbein. Asako sties dabei ein wohliges Seufzen aus, schloss die Augen und legte den Kopf etwas in den Nacken. Osa wusste genau wie empfindlich Asako am Hals war, was die Situation nur noch verführerischer machte. Wenn sich die Otokoyaku nicht selbst versprochen hätte Asako's betrunkenen Zustand niemals aus zu nutzen dann hätte sie wohl sonst etwas mit ihrer Freundin getan. Stattdessen tat sie das was sie immer tat, denn das konnte sie sich dann doch nicht nehmen lassen. Als Asako den Kopf wieder runter nahm, Osa hatte die Finger von dem oh so süßem Hals genommen, beugte sie sich etwas mehr über die andere, nahm deren Lippen mit den eigenen einen Moment in beschlag.
 

Asako, um die sich die Welt immer noch drehte, merkte desshalb kaum was Osa da mit ihr tat. Sie schnurrte nur leicht als sich die Wärme in ihrem Körper ausbreitete, fühlte für einen Moment ein paar weiche Lippen auf den eigenen. Für einen Moment hatte sie geglaubt es wäre Saeko und sie fühlte sich zurückversetzt in die Nacht vor der Premiere. Selbst mit ihrem Alkoholpegel konnte sie sich noch gut daran erinnern. Fast automatisch legte sie die Hände in Osa's Nacken, als diese sich wieder etwas von ihr entfernte.

"Osa?", murmelte sie leise, fühlte noch immer den Atem der anderen an ihrer Wange. "Sing mir was vor."

Osa lag inzwischen neben ihr, war aber noch immer über sie gebeugt, da Asako sie festhielt und nicht loslassen wollte.

"Was möchtest du denn hören, mein Engel?"

"Etwas schönes."

Die Frau über ihr lachte nur kehlig, schob einen Arm unter Asako und hob sie etwas an, legte sich selbst auf den Rücken und zog die Jüngere auf sich. Noch immer hatte sie die Hände in Osa's Nacken, die Augen inzwischen wieder geschlossen und den Kopf an die Schulter der anderen gekuschelt. Sie fühlte, wie Osa's Oberkörper unter ihr vibrierte als sie erst anfing leise zu summen. Sie kannte das Lied.
 

Yami ga hirogaru...
 

Ja sie erkannte dieses Lied. Sie liebte es. Sie liebte Osa's Stimme dazu.
 

Hito wa nani mo mienai (Menschen sind blind)

Dare ka ga sakebu (Jemand schreit)
 

Warum fühlte sie sich auf einmal so angesprochen davon? Wahrscheinlich spielte ihr abschweifender Verstand, aufgewühlt vom Alkohol ihr Streiche.
 

Koe o tayori ni samayou (Ihre Schreie verstummen)
 

Sie wollte nicht mehr allein sein. Saeko fehlte ihr.
 

Yami ga hirogaru (Die Dunkelheit breitet sich aus)
 

Asako schloss die Augen entgültig, merkte, wie ihr Körper schwer wurde und sie sich langsam der Wärme hingab.
 

Kono yo no owari ga chikai (Das Ende der Welt ist nahe)

Act 1 Scene 5: Rising Action

Asako wachte erst einmal mit fürchterlichen Kopfschmerzen auf, rollte sich desshalb leicht in sich hineinstöhnend auf die andere Seite. Schlecht war ihr nicht, zumindest glaubte sie das, aber jede Bewegung tat ihr weh und ihr Wahrnehmungsempfinden war eindeutig gestört. Obendrein war ihr kalt. Sie öffnete die Augen einen kleinen Spalt, zog dann aber aufgrund des Lichts die Decke über den Kopf und brummte leise. Schöner Schlamassel. Osa hatte sie schon wieder überredet sich zu betrinken, wie auch immer ihre Freundin das auch schaffte. Jedes mal aufs neue schwor Asako sich 'Nie wieder Alkohol', allerdings war das ja der ach so berühmte Spruch, an den sich sowieso keiner hielt. Ein paar Wochen hielt sie es meist durch, bis es aber wieder etwas zu feiern gab. Osa fiel auch jedes mal etwas Neues ein. Was solls, dachte sie sich. Früher oder später musste sie sowieso aufstehen, robbte desshalb langsam unter ihrer Decke hervor. Sie war noch immer in Klamotten, also war wohl nichts Aussergewöhnliches passiert. Es gab schon einige Momente in denen sie nur in Unterwäsche oder gar ganz ohne aufgewacht war. Laut Osa hatte sie sich einfach vor dem Schlafengehen ausgezogen weil ihr einfach zu warm gewesen war. Apropos Osa, die Ältere war nicht im Schlafzimmer. Ob sie gegangen war? Osa ging nie bevor sie wach war und nach ihr gesehen hatte, selbst, wenn sie dafür zu spät zu ihrem Training kam. Fast im Zeitlupentempo stand Asako auf, bibberte nochmals etwas vor sich hin und krallte sich ihre Decke um sie sich um den Körper zu schlingen. Sie hatte gute Lust sich einfach an irgendeine Heizung zu quetschen und da ihr Leben lang nicht mehr weg zu gehen. Für einen Moment versuchte sie sogar sich nach ihren Socken zu beugen, was allerdings sofort mit einem neu aufkommendem Schwall an Kopfschmerzen bestraft wurde. Also blieb sie barfuß.

Erst als sie sich zur Tür geschleppt hatte und diese einen Spalt offen war hörte sie, wie jemand in der Kochecke werkelte. Es roch nach Kaffee. Frühstück?

"Gute Morgen, Sonnenschein", erklang Osa's Stimme als Asako langsam zum Tisch schliff und sich auf einen Stuhl fallen lies. Sie brummte nur als Antwort. "Dir scheint es ja blendend zu gehen. Kopfschmerzen?" Asako nickte. "Na gut. Dann iss erst einmal was. Ich hatte leider keine Zeit um einkaufen zu gehen, also muss das erst einmal reichen."

Ihre Freundin hantierte noch etwas, stellte ihr dann einen Teller mit Frenchtoast und einen Kaffee vor die Nase. Asako versuchte nebenbei auf die gelbe Küchenuhr zu sehen, aber ihr Blick war noch so verschwommen dass sie kaum die Hand vor Augen sehen konnte.

"Wie viel Uhr haben wir?"

"Noch nicht spät genug, als dass ich zu spät käme. Sobald du gegessen hast muss ich aber los. Ich habe bei dem Choreographen sowieso schon einen Stein im Brett."

Die Jüngere lächelte nur müde darauf, knabberte dann etwas an dem Toast, merkte dann erst, dass noch etwas Konfitüre darauf war. Welche konnte sie durch den abartigen Geschmack im Mund nicht feststellen.
 

Osa setzte sich gegenüber von Asako, schlug die Beine übereinander und stützte den Kopf auf der Hand ab. In der anderen hielt sie die Kaffeetasse, fühlte, wie die Wärme des heißen Kaffees sich auf ihre Haut brannte. Es machte ihr nicht sonderlich etwas aus, da sie sowieso Hitze der Kälte vorzog. Das war auch der Grund, wesshalb ihr das Wetter so furchtbar auf die Nerven ging. Das kalte Nieselwetter war einfach unangenehm und der langsam einsetzende Frost machte es auch nicht besser. Der Winter war so ziemlich die schlimmste Jahreszeit für sie.

Dann allerdings kamen so Menschen wie Asako, die Kälte ebenso verabscheuten wie sie. Und es war einfach zu schön mit an zu sehen wie sich die andere Abends im Shirt, kurzer Hose und diesen süßen Söckchen in eine dicke Decke mummelte, sie bis über die Ohren zog und gerade nur die Hände mit einer Tasse heißem Tee in der Hand hervorlugten. Es war das einzig reizvolle an dieser Jahreszeit. Obendrein wurde die andere oft schmusebedürftig wenn ihr kalt wurde.

"Ich denke mal, dass du dich heute ausruhen solltest."

"Das hatte ich doch sowieso vor", murmelte Asako leise und stopfte sich den Rest des Frenchtoast in den Mund. Man merkte ihr die Kopfschmerzen an, denn sie wurde immer furchtbar grummelig, wenn sie einen Kater hatte. Aber wer war das auch nicht? Osa kannte genug Leute, die töten würden wenn es ihnen schlecht ging, dabei musste es nicht einmal eine durchzechte Nacht sein.

"Soll ich dir heute Abend noch etwas mitbringen? Ich will noch einkaufen gehen."

"Das kann ich doch auch machen."

"Du, meine liebe Asako, bleibst heute schön im Bett. Oder zumindest in der Wohnung..."
 

"DRRRR."
 

Asako stöhnte etwas, schob den Teller zurück, legte die Stirn auf die kühle Tischplatte und legte die Hände über den Kopf. Was hatte diese blöde Türklingel nur ständig gegen sie? Besonders jetzt, da ihr der Schädel so brummte. Nein das nächste mal würde sie es sich besser überlegen ob sie sich von Osa zu einem Saufgelage überreden lies. Aber welcher Volltrottel klingelte um diese Uhrzeit und störte sie? Es war noch früh am Morgen. Jetzt wusste sie aber, wie sich Osa mit ihrem Wecker fühlte. Warum Osa ihr den Wecker überhaupt mal geschenkt hatte wenn er ihr so auf die Nerven ging war ihr schleierhaft. Allerdings... Der kleine gelbe Zeitanzeiger und Unruhestifter eher ein Gag von Osa gewesen, denn Asako war nicht gerade begeistert von dieser Farbe. Und die Tatsache, dass sich sogar verschiedene Zeiten in den Wecker einstellen liesen, machte es praktisch zur perfekten Gelegenheit für einige Streiche, die Osa ihr nur zu gerne spielte.

"Wer ist denn das schon wieder?", hörte sie noch Osa's genervte Stimme dumpf durch ihre Arme an ihr Ohr dringen, schielte nur leicht durch einen Schlitz zwischen ihren Armen hindurch, ihrer Freundin nach, die an die Tür ging. Asako hörte nur, wie Osa die Stimme kurz erhob, auch wenn sie nicht verstehen konnte was es war, dann ein Türknallen und Schritte. Da sie mit dem Rücken zur Tür saß war es für sie geradezu ein Kraftakt sich um 180° zu drehen und zu schauen, was da gerade passierte.
 

Es war zwar nicht ganz so gelaufen wie geplant, aber schlussendlich hatte sich Saeko sich doch dazu entschieden nochmals zu Asako zu gehen, selbst wenn Haruno noch bei ihr war. Sie kannte den Plan der Flower-Troupe nicht, aber da sie kurz vor der Premiere standen war die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich verpassten gar nicht mal so gering. Nach Asako's Alkoholpegel vom Vorabend zu urteilen dürfte es ihr sehr dreckig gehen und sicherlich würde sie etwas Gesellschaft gut heißen. Saeko hatte sich sogar dazu bringen können sich in die Küche zu stellen, was sie sonst eigentlich nie tat, allerdings kannte sie da ein gutes Mittel gegen Kater. Sie sammelte ein paar Früchte aus ihrem Kühlschrank ein, machte einen süßen Fruchtcocktail und füllte diesen in eine Flasche, die sie zuschraubte und in eine Tasche packte, zu der sie noch eine weitere Flasche Wasser und ein paar Kiwi. Das ganze allerdings zusammen zu packen war schwieriger, als es vielleicht klingen mochte.

Am Vorabend, kurz nachdem Haruno mit Asako im Schlafzimmer verschwunden war hatte sie wutentbrannt das Kartenspiel sammt halbvollem Glas vom Tisch gefegt, welches laut klirrend auf dem Boden in einige Teile zersprungen war. Zuerst hatte sie mit dem Gedanken gespielt es einfach dabei zu belassen, Haruno die Drecksarbeit machen zu lassen, bis ihr einfiel, dass es immerhin Asako's Sachen waren und es just in diesem Moment schon bereut. Beim Aufsammeln der Scherben hatte sie sich fürchterlich an den Fingern geschnitten, hatte sich eins der Handtücher genommen um ihre Handfläche, in der der Schnitt immer noch sehr deutlich zu sehen war, aber inzwischen wenigstens aufgehört hatte zu bluten, gewickelt um danach den Rest wegräumen zu können. Es waren ein paar Spritzer Blut auf das Kartenspiel geraden, aber sie war noch immer viel zu aufgebracht gewesen als sich darum zu kümmern, hatte es demnach einfach zusammengesamelt und auf dem Tisch hinterlassen. Kaum, dass sie die Scherben entsorgt hatte und den provisorischen Verband etwas fester zog hörte sie auch schon Haruno's Stimme. Sie sang. Saeko war leise an Asako's geschlossene Schlafzimmertür getreten, sich gegen den Türrahmen gelehnt und sich die vom Alkohol aufgeheizte Stirn am Holz gekühlt. Wie lange sie dort gestanden hatte wusste sie nicht, musste sich aber vorstellen wie sie bei Asako liegen konnte und sie in den Schlaf sang. Am liebsten hätte sie Haruno herausgezerrt, sie angeschrien ihre Freundin in Frieden zu lassen und sie nie wieder zu belästigen. Das alles konnte sie aber nicht tun. Es war Asako's Entscheidung mit wem sie sich abgab. Zwar hatte sie nicht vor einfach auf zu geben, aber wenn sich die Jüngere für Haruno....für ihre Freundin Osa entschied, dann würde ihr nichts anderes übrig bleiben als sie von der Ferne zu bewundern wie so viele Male vorher. Sie erwischte sich, wie sie leise die Melodie mitsummte, unterlies es aber sofort als sie es bemerkte. Stattdessen war sie in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt.
 

Die Sachen waren schließlich doch zusammengepackt, ihre Hand nochmals neu verbunden und sie hatte sich ein paar frische Klamotten angezogen. Vielleicht verlief der Tag ja besser als der vorrangegangene, auch wenn sie die Nacht schon wieder nicht geschlafen hatte. Aber wenigstens war dadurch ihr Alkoholpegel so weit abgeklungen, dass sie weder an Übelkeit noch an Kopfschmerzen litt. Dieses Mal war sie auch schlauer gewesen, hatte den Umweg um den Hof herum benutzt und so verhindert irgendwelchen jüngeren Mitspielern zu begegnen. Ausserdem würden die wohl sowieso noch alle stockbetrunken in ihren Betten liegen und ihren Rausch ausschlafen. An Asako's Tür verharrte sie noch kurz, lauschte dem, was drinnen vor sich ging und hörte, was in ihr geradezu Brechreiz zufügte, Haruno's Stimme. Also doch Plan B. Haruno würde sie sicher nicht freiwillig rein lassen. Saeko drückte auf die Klingel, die sie für ein paar Sekunden böse ansah, elender Störenfried, und konzentrierte sich dann auf die Schritte von drinnen. Sie hörte Asako's Stöhnen, wenn auch nur leise, und musste daraufhin grinsen. Der kleinen gings wirklich Elend. Der Geschwindigkeit der Schritte von drinnen zu urteilen war es allerdings nicht Asako, die die Tür auch aufmachte. Kaum, dass die Tür einen Spalt auf war stieß sie diese mit etwas Kraft weiter auf, druckte sich unter Haruno's Arm weg, den sie an den Türrahmen gelegt hatte um ihr eventuell den Weg zu versperren, und ging geradewegs in die Wohnung, zog sich wenn auch etwas flüchtig die Schuhe aus, die fassungslose Haruno im Rücken, die versucht hatte ihr die Tür vor der Nase wieder zu zu schlagen. Sie wollte auf keinen Fall riskieren von Haruno wieder rausgeworfen zu werden, jedoch schien sie schnell genug reagiert zu haben um Haruno aus der Balance zu werfen.

"Hey was soll das werden??", fragte Haruno dann doch im aggressivem Ton, allerdings entwich sie dem Griff der anderen indem sie schnell in Richtung Kochecke ging, wo sie Asako schon am Tisch sitzen sah. Diese hatte sich etwas schlapp zu ihnen umgedreht, die Kaffeetasse in der Hand und offensichtlich etwas blässlich.

"Guten Morgen", meinte Saeko nur, hörte dabei nur, wie Haruno sauer hinter ihr in die Wohnung stapfte.

"Hey ich habe...", begann sie, aber Saeko ignoriert sie gekonnt und setzte sich neben Asako, stellte die Tasche dabei auf den Tisch.

"Ich hoffe dir geht es nicht ganz so schlecht nach der Menge an Alkohol, die du gestern inhaliert hast."

"Ayaki!"

Dann reagierte Saeko doch. Für immer ignorieren konnte sie Haruno ja nicht.

"Nach dem kleinen Saufgelage gestern dachte ich, ich sehe besser mal selbst nach. War wohl auch besser so." Sie beugte sich vor, entzog Asako die noch immer volle Kaffeetasse und warf einen Blick hinein. "Kaffee ist gar nichts gegen Kater. Das macht es nur schlimmer." Kurzerhand holte sie den vorbereiteten Saft heraus und schob ihn Asako zu. "Versuch den mal. Der wirkt Wunder."
 

Asako sah nur etwas irritiert drein, als man ihr die Tasse wegzog, starrte stattdessen auf die Flasche mit der hellroten Flüssigkeit. So wirklich etwas wahrnehmen konnte sie noch nicht, dass Osa aber ausser sich war und inzwischen sogar laut wurde dafür umso mehr. Ihr Kopf dröhnte und sie konnte nicht wirklich verstehen, was Osa da zu Saeko brüllte, aber es tat einfach weh.

"Osa... sei einfach leise okay?" Schlagartig verstummte ihre Freundin und sie bemerkte noch, wie sie Saeko böse anknurrte. "Musstest du nicht sowieso zum Training?"

"Stimmt, Haruno. Ihr steht kurz vor der Premiere oder? Es wäre sicher fatal wenn gerade der Top Star fehlen würde." Täuschte sie sich, oder klang Saeko neben ihrem offensichtlich sarkastischem Ton etwas sauer?

"Ich werde jetzt sicherlich nicht gehen. Asako geht es nicht gut und ich finde jemand sollte da bleiben."

"Es ist jemand da. Und zwar jemand der keinen Ärger dafür bekommt."

Jetzt stritten sie sich auch noch.

"Saeko hat Recht, Osa. Ich will nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst."

"Aber Asa..."

"Osa", murrte Asako etwas lauter als vorher. "Es geht schon. Ich werde nicht sterben während du weg bist."

Und ehrlich gesagt war es ihr sogar lieber wenn Saeko blieb anstelle von Osa. Ihre Freundin war so merkwürdig besitzergreifend in letzter Zeit. Sie zog die Flasche etwas näher zu sich und roch einmal daran. Es roch sehr stark fruchtig. Osa trat zu ihr, beugte sich zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. Jetzt hatte sie wohl aufgegeben.

"Na gut", sagte sie resigniert, seufzte etwas und strich ihr nochmal über die Haare. "Tu aber nichts was dir schadet."

"Ich bin kein kleines Mädchen mehr, Osa. Ich habe nicht das erste mal einen Kater."

"Genau das macht mir Sorgen..."

Asako hörte nur wie Osa nach etwas weiterem Zögern die Wohnung verlies, nippte selbst dabei immer wieder an dem Saft. Dafür dass er so stark roch und eine durchaus merkwürdige Konsistenz hatte schmeckte er ziemlich gut. Zumindest besser als es der Kaffee gewesen wäre. Sie hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.
 

Saeko hatte sich das ganze stumm mit angesehen, sah dabei zwischen Asako und Haruno hin und her. So ganz recht schien es Asako nicht zu sein, dass Haruno noch immer in der Wohnung gewesen war. Umso erleichterter war sie, als die Tod-Darstellerin endlich gegangen war. Da war sie doch gerade zur rechten Zeit gekommen. Ihr Blick fiel zurück auf Asako.

"Wie geht es dir?", fragte sie nun etwas gedämpfter während sie sich auf dem Tisch aufstützte.

"Ich habe einen Kater. Wie wird es mir wohl gehen?"

Saeko konnte sich ein leichtes Lachen nicht verkneifen, erntete dabei einen kalten Blick von Asako, aber es war vollkommen okay. Sie hatte allen Grund der Welt schlecht gelaunt zu sein.

"Trink erst einmal. Danach gehen wir ein bisschen an die frische Luft und dann dürfte es dir schon besser gehen."

Die Jüngere nickte nur etwas, nahm einen weiteren Schluck von dem Saft ehe ihr Blick auf die verbundene Hand fiel.

"Was ist mit deiner Hand?", fragte sie verwirrt und Saeko folgte ihrem Blick. An die Verletzung hatte sie für einen Moment nicht gedacht.

"Nichts weiter. Nur ein kleiner Unfall mit einem kaputten Glas."

"Unfall? Was ist passiert?"

Saeko legte den Kopf etwas auf die Seite, zog die Augenbrauen zusammen.

"Hat Haruno dir nicht von dem Glas erzählt, dass runter gefallen ist?"
 

Langsam schüttelte Asako den Kopf. Osa hatte nichts in der Richtung erzählt. Dann allerdings war Osa auch nicht sonderlich lange bei ihr gewesen bevor Asako sie regelrecht rausgeworfen hatte. Dann allerdings war ihr doch die Delle im Holzboden aufgefallen, ebenso wie das blutige Küchenhandtuch auf der Spüle.

"Ist es arg schlimm?"

"Nein. Ich spüre es eigentlich kaum."

Irgendwie machte sich die Jüngere dann doch Sorgen, besonders, weil sie sich gar nicht erinnern konnte, dass Saeko auch bei der 'Party' dabei gewesen war. Sie beugte sich nach vorne, nahm vorsichtig die Hand Saekos in ihre eigene und begann den locker umgebundenen Verband ab zu lösen um sich die Wunde an zu sehen. Mit Schnitten war nie zu spaßen, besonders bei kaputtem Glas,

"Asako du musst nicht..."

"Lass mich wenigstens mal schaun", meinte Asako, blickte nur kurz auf um Saeko an zu sehen bevor sie sich wieder auf den Verband konzentrierte. Das Stück Stoff, Asako hatte recht bald gemerkt, dass es nicht einmal ein richtiger Verband war, sondern nur ein abgerissenes Stück Stoff von einem T-Shirt oder ähnlichem, war schnell abgelöst und die Wunde frei gelegt. Noch immer hielt sie die Hand der anderen in ihren, strich dabei, wenn auch unbewusst, etwas mit den Fingerspitzen über die Fingerrücken der anderen.
 

Asako war sich wahrscheinlich nicht bewusst was für einen Schauer sie dabei bei Saeko auslöste. Unter dem Tisch krallte sich sie sich in ihr Hosenbein, schluckte etwas während sie auf Asakos Finger starrte, die zärtlich über ihre eigenen strichen. Abermals merkte sie, welchen Einfluss die jüngere auf sie hatte, vielleicht mehr, als sie es wollte. Als Asako gerade in die Troupe eingetreten war, hatte sich Saekos Interesse lediglich auf Äusserlichkeiten konzentriert, Freundschaft allerhöchstens, aber das hatte sich spätestens in dem Moment geändert als Asako und sie das erste mal zum Aufwärmen einander zugewiesen wurden. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden und hatten sich gut unterhalten, auch wenn Asako offensichtlich immer etwas distanziert von den anderen war. Schnell hatte sie Saeko mit ihrer ganzen Art in den Bann gezogen und Saeko erwischte sich jedes mal aufs neue dabei wie sie wie eine Motte zum Licht von ihr angezogen wurde. Meistens zeigte es sich dadurch, dass sie Asako's Körperform studierte oder die Art und Weise, wie sie sich bewegte. Sie konnte sich nur zu gut an das Gefühl der zarten Finger in ihrem Nacken entsinnen und die schmalen Schultern in ihren Händen. Jedes mal aufs neue biss sie sich dabei auf die Zunge. Wie diese Frau so überzeugend Männer darstellen konnte und selbst dabei so furchtbar weiblich war, war ihr ein Rätsel.

"Ich hole schnell das Verbandszeug", meinte Asako auf einmal, unterbrach damit die Stille, die sich über sie gelegt hatte. Am liebsten hätte Saeko gebrummt als die warme Hand ihre eigene verlies. Schnell aber wurde das entschädigt als sie bemerkte, dass Asako die Decke auf dem Stuhl liegen lies und damit wieder einmal freien Blick auf diese ach so verführerischen Beine freigab und sie sich etwas nach hinten beugte um am Tisch vorbei und damit Asako nach zu sehen wie diese ins Bad verschwand. Also wenn es nach ihr ginge, dann konnte die jüngere ruhig öfter solche kurzen Sachen tragen. Ihr Hintern sah in dieser Hose einfach wundervoll aus. Vielleicht würde ihr auch ein kurzer Rock...

Saeko hätte sich am liebsten geschlagen. Da waren diese Gedanken schon wieder. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf ihre Wangen. So etwas war sie von sich gar nicht gewohnt. Saeko war bekannt dafür sich immer nur auf eine Richtung zu konzentrieren und keine abwegigen Gedanken zu bekommen. Und jetzt saß sie an dem kleinen Tisch, starrte den Beinen einer anderen Frau nach und fühlte sich dabei wie ein pubertierender Junge. Bis vor einiger Zeit war sie sowieso noch der felsenfesten Überzeugung gewesen gar nicht auf Frauen zu stehen und dann rannte ihr so jemand wie Asako über den Weg.

Schließlich kam Asako mit einem kleinem Kasten in der Hand wieder zurück, Saeko merkte dann erst, dass sie noch beächtlich schwankte, und setzte sich neben sie und begann damit einen Verband und ebenso ein wenig Desinfektionsmittel heraus zu holen. Sie stöhnte leicht.

"Muss das Desinfizieren sein?"

"Jetzt stell dich nicht so an. Wenn es sich entzündet tut es erst richtig weh."

Saeko schnaubte nur.
 

Kurz sah Asako auf, lächelte etwas. Saeko konnte wirklich wie ein Kind sein wenn sie sich so sträubte. Dass sie so den Kopf wegdrehte um ihr nicht beim Behandeln der Wunde zusehen zu müssen verstärkte den Eindruck nur und Asako grinste etwas breiter. Es war schon irgendwie süß mit an zu sehen, wenn man bedachte, dass Saeko doch älter war als sie. Eigentlich gehörte sie schon zu den alten Hasen in Takarazuka, benahm sich aber abschnittsweise wie eine Schülerin im ersten Jahr. Dennoch strahlte sie eine gewisse Aura an Erfahrung, Intelligenz und Präsenz aus. Vor einigen Wochen hätte sie es sich nie erträumt mit ihr zusammen zu sitzen und sie zu versorgen, auch wenn sie sich noch immer nicht sicher war, wie man ihre 'Beziehung' so beschreiben konnte. Das was da zwischen ihnen passiert war lauerte noch immer in ihrem Hinterkopf, aber sie konnte nicht genau sagen, ob es nur ein Ausbruch von Hormonen gewesen war, die Angst vor der Einsamkeit oder doch einfach pure Anziehungskraft, die von Saeko ausging. Asako war noch nie gut in solchen Dingen gewesen.

"Siehst du? Ist doch schon besser", sagte sie als sie die Wunde fein säuberlich verbunden hatte, lächelte Saeko einmal zu bevor sie den letzten Rest aus der Flasche trank. Dieser Saft war wirklich lecker, auch wenn er etwas merkwürdig aussah und die Konsistenz im Mund gewöhnungsbedürftig war. Ihre Kopfschmerzen waren auch schon sehr viel besser, allerdings war dieses schwummrige Gefühl noch da. Vielleicht brauchte sie frische Luft.

Saeko besah sich einmal prüfend die Hand, nickte und lächelte.

"Danke."

Asako's Kopf setzte für einen kurzen Moment aus und sie sah einfach nur in Saeko's lächelndes Gesicht. Es war selten, dass man so ein ehrliches Lächeln bei der anderen sah, denn auf der Bühne und meistens auch beim Training war alles gefaked. Gut sie hatten viel Spaß beim Training, aber es war im weitem Sinne doch Arbeit.

"Gern geschehn", sagte sie etwas atemlos und starrte dann auf ihre Hände. "Uhm... was machen wir jetzt?"

Saeko lachte etwas. "Nun wir könnten weiter hier rumsitzen und nichts tun oder wir gehen ein wenig spatzieren damit du endlich deinen Kopf frei bekommst."

"Mein Kopf IST frei."

Asako stand auf, wobei Saeko sie nur breiter angrinste.

"Natürlich. Lauf mal geradeaus." Sie versuchte es und scheiterte nach zwei Schritten. Ganz so fit war sie dann doch nicht. "Na also." Saeko stand ebenfalls auf. "Ich komme auch mit. Wer weis wo du sonst landest. Aber jetzt ziehen wir dir erst einmal was richtiges an. So kannst du ja nicht raus bei dem Wetter."
 

Auch wenn Saeko dieses Outfit einfach zu verführerisch fand. Sie wollte nicht nicht riskieren, dass Asako krank wurde. Kurzerhand ging sie mit Asako ins Schlafzimmer, sah sich dort kurz um. Sie hatte nicht sonderlich viel Zeit gehabt sich mit den Räumlichkeiten vertraut zu machen, wesshalb sie zum ersten mal merkte, dass Asako das Zimmer umgestellt hatte. Der Rest der Wohnung war die Basisausstattung, wie sie in jedem der Zimmer im Dorm war, Asako's Schlafzimmer sah da schon anders aus. Das Bett, welches normalerweise in der Ecke mit dem Fußende zur Tür stand, war in die Mitte unter das Fenster geschoben, sodass man beim Sonnenaufgang von der Sonne geweckt wurde. Der Schrank war ans andere Ende des Zimmers geschoben, und machte den Raum so größer, da er nicht direkt hinter der Tür stand.

"Hast du noch etwas passendes da?"

"Ja ganz oben."

Saeko seufzte etwas. Warum bewahrte man das passende immer ganz oben auf?
 

Eigentlich hatte sie noch etwas in Greifweite weiter unten, aber sie hatte immerhin jetzt die Möglichkeit mal aus zu probieren ob Saeko so etwas für sie tun würde. Zwar war Asako eine fleißige Arbeiterin und war nicht wählerisch, aber manchmal war es doch schön verwöhnt zu werden. Sie setzte sich aufs Bett, sah Saeko dabei zu wie sie sich nach einem schwarzen Pulli und einer ebenfalls schwarzen Hose im Obersten Fach ihres Schrankes streckte. So ganz nebenbei bemerkte sie, was Saeko eigentlich für eine ausserordendlich durchtrainierte Figur hatte, dabei aber nicht stämmig, sondern wunderbar schlank wirkte.

Schnell hatte Saeko sowohl Pulli als auch Hose in den Fingern, ging damit zu Asako und sah schief grinsend zu ihr hinunter während Asako mit einem ganz speziellen Lächeln hochsah.

"Was soll der Blick?"

"Welcher Blick?"

"Dieser 'Ich will dass du mich anziehst'-Blick."

"Der sagt: Ich will dass du mich anziehst."

Dass Saeko sich tatsächlich vor sie auf die Knie hockte hätte sie dabei allerdings nicht gedacht.
 

Am liebsten hätte sie Asako in diesem Moment die Kleider vom Leib gerissen. Sie war einfach zu verführerisch. Während sie der anderen langsam die Hosenbeine über diese wunderschönen Beine streifte glitt sie mit einer Hand genüsslich und langsam über die Hacke, ihre Wade, die Kniekehle, das Knie und ihren Oberschenkel bis hoch zu ihrer Hüfte, hörte, wie Asako dabei ein sehr leises, wohliges Keuchen entwich. Sie hob die Hüfte etwas an sodass Saeko die Hose gänzlich hochziehen konnte. Zwar war sie nur über die Schlafhose drüber gezogen, jedoch würde es reichen. Saeko knöpfte die Hose noch kurz, legte den Kopf dann für ein paar Sekunden in Asako's Schoß. Eine Hand lies sie dabei auf ihrem Oberschenkel ruhen, schloss die Augen.
 

Die Jüngere war inzwischen rot angelaufen bei dem was Saeko da mit ihr tat. Alles in ihr kribbelte und schon wieder hatte sie dieses merkwürdige Gefühl, dass sie von Innen heraus zu verbrennen drohte. Etwas zögernd versenkte sie die Finger in den weichen, leicht gelockten, kurzen Haaren der anderen als sie ihren Kopf in ihren Schoß legte. Wieder ein vertrautes Gefühl. Diese samtige Stille, die sich um sie gelegt hatte und sie einhüllte wie eine warme Decke. Von draußen unter dem Fenster hörte man nur ein paar der Mädchen tratschen, lachen und durch die Gegend laufen, aber sie liesen sich davon nicht stören. Asako's Finger wanderten von Saeko's Schläfe durch ihre Haare, über den Hinterkopf zu ihrem Nacken, welchen sie leicht mit den Fingerspitzen kraulte. Der Älteren entfuhr ein wohliger Laut, nahm den Kopf etwas nach vorne um Asako mehr Platz zu bieten. Für eine Weile kraulte sie die andere noch, doch irgendwann wurde das in ihr aufsteigende Bedürfnis überhand. Asako schob eine Hand unter den Kopf der anderen, hob sie vorsichtig nach oben, wodurch Saeko sie ansehen musste. Die Finger lies sie nochmals über die Gesichtskonturen der anderen gleiten, fühlte die weiche Haut darunter. Ihr Herz schlug bis zum Hals, ihre Wangen gerötet und sie sah an Saeko's Gesichtsausdruck, dass es ihr wohl ganz ähnlich ging. Vorsichtig hauchte sie einen Kuss auf die Stirn der anderen, wobei Saeko den Kopf etwas weiter in den Nacken legte. Abermals sahen sie sich einige Sekunden in die Augen, bevor Asako sich abermals hinunterbeugte, ihr den Kuss dieses Mal direkt auf die Lippen setzte. Behutsam nahm Saeko ihre Hände von ihrem Gesicht, verschränkte ihre Finger mit denen der anderen während der Kuss sich langsam fast wie von alleine vertiefte. Die Welt stand für einen Moment einfach still und, Restalkohol oder nicht, in Asako's Kopf drehte sich alles.
 

Die Trennung kam für Asako's Geschmack viel zu schnell, auch wenn ihr im Nachhinein bewusst war, dass es nicht hätte ewig anhalten können. Zärtlich strich sie der anderen über die Wange, wobei Saeko anfing zu lächeln.

"Und ich dachte wir wollten spatzieren gehen."

Asako lachte sanft, strich Saeko nochmals durch die Haare, wobei diese nochmals ein genüssliches Seufzen hören lies. Ihr schien gerade diese Berührung zu gefallen.

"Ich hab meinen Pulli noch gar nicht an", erwiederte sie nur frech darauf. Saeko lachte, legte die Stirn für einige Sekunden an ihre Knie bevor sie aufstand und nach dem Pulli auf dem Boden griff. Wann war der denn auf den Boden gefallen? Wie auch immer. Brav hob Asako ihre Arme über den Kopf, sodass Saeko ihr den Pulli überziehen konnte.Wie schnell der Pulli dann doch perfekt an ihrem Körper saß war beinahe erstaunlich. Asako war es gewohnt von anderen Leuten angezogen zu werden, denn hinter der Bühne ging es meistens so drunter und drüber, so hecktisch zu, dass es einfacher war, wenn man zumindest ein paar Helfer hatte, die einem die Sachen überzogen. Diese allerdings tendierten dazu sehr an einem zu reißen, was durchaus anstrengend sein konnte. Saeko hingegen war sehr präzise bei dem was sie tat, kam desshalb auch immer schnell zum Ziel. Dann aber war die andere immer präzise bei allem was sie tat ohne dabei ihre Eleganz zu verlieren. Sie hatte es oft beim Training beobachtet. Egal ob beim Aufwärmen, beim Einsingen, während einer Performance oder beim Lernen einer neuen Choreografie, da war immer dieses gewisse Etwas, was Saeko wie ein höher gestelltes Wesen erscheinen lies. Vielleicht war der Tod gar keine so unpassende Rolle für die Otokoyaku. Dann wiederum machte sie das ja auch schon lange genug um diese Eleganz entwickelt zu haben.

"Ich wünschte diesen Service hätte ich immer", sagte Asako mit einem Grinsen auf den Lippen und stand auf, blickte Saeko in die Augen. Diese grinste nur noch breiter und ging wortlos zur Tür. Asako folgte ihr und zupfte noch ihren Kragen zurecht. Dass sie noch immer das Hemd vom Vortag drunter trug war ihr etwas zuwieder, besonders, da noch der Alkoholgeruch etwas an ihr haftete. Sie brauchte unbedingt eine Dusche, aber zuerst musste sie mal wieder gerade stehen können. Auf dem Weg zur Tür, noch immer die Schlafzimmertür, stolperte sie nochmals, allerdings war Saeko etwas schneller und hielt sie am Arm fest bevor sie endgültig fiel.

"Pass auf." Sie legte ihre Hand auf die der anderen, ging dann mit ihr durch die Wohnung zur Tür, wo sie ihre Schuhe anzog. "Du solltest noch eine Jacke drüber ziehen."
 

Das Wetter drausen war nicht gerade das Beste. Der Frost klebte um diese Zeit noch am Boden, wobei inzwischen wenigstens die Sonne am Himmel stand. Die Luft war frisch und der Innenhof des Dorms wie leer gefegt. Bei diesen Temperaturen ging keiner aus der Wohnung wenn es nicht unbedingt sein musste. Asako schlug den Kragen ihrer Jacke etwas weiter hoch, steckte die Hände in die Taschen und fröstelte etwas vor sich hin.

"Wenn ich gewusst hätte, dass es so kalt ist, dann hätte ich nein gesagt."

"Ach komm. So schlimm ist es nicht. Wenn wir uns bewegen, dann wird dir auch wieder warm."

Auch Saeko steckte die Hände in die Taschen, wartete darauf, dass Asako sich in Bewegung setzte und lief neben ihr in den Hof hinunter. Vereinzelt standen Bäume auf der Rasenfläche, die einen kleinen Weg einrahmte, dessen Seitenwege zu den jeweiligen Abschnitten des Dorms führte. Es war sehr viel größer als man es sich vielleicht denken wollte, denn der Innenhof glich einem kleinem Park extra für die Takarazuka-Mitglieder. Besonders im Sommer eignete er sich wunderbar zum Entspannen um den ständigen Stress, der auf ihnen lag, ab zu bauen. In den Wintermonaten klebte der Frost an den Bäumen und wenn der Regen sich denn mal dazu entschied zu Schnee zu werden, lag eine flauschige Schneedecke auf dem Weg, der zu einem Spatziergang einlud. Zwar war in diesem Moment wenig von Schnee zu sehen, aber der Rasen war gefroren und glitzerte ebenso wie die Borke der Bäume. Saeko und Asako gingen eine Weile nebeneinander her, schwiegen sich an und sahen sich etwas in der Gegend um. Sie blieben absichtlich etwas auf Abstand, denn in der Öffendlichkeit war es fatal falls sie sich näher kommen sollten. Papparazzis waren gnadenlos bei so etwas. Freundschaft war da weniger kompliziert.

"Sag mal, Saeko", begann Asako irgendwann, blickte zu der anderen und lächelte etwas. "stimmt es eigentlich, dass du eine Fußbodenheizung hast?"

Die Ältere zog die Augenbrauen zusammen und sah etwas verwirrt zu Asako.

"Wie kommst du jetzt darauf?"

"Nun... Osa hat auch eine. Ich liebe diese Dinger. Ich hab aber selbst keine."

"Die Apartments der Top Stars haben alle eine. Hier im Dorm zumindest."

Mit einem Lächeln sah Asako auf den gefrorenen Boden.

"Das ist schön für deinen Nachfolger nicht?"

Für eine Sekunde klang die andere etwas traurig. Saeko legte eine Hand an den Oberarm der anderen, sah etwas besorgt drein.

"Was soll das denn heißen? Du hast alle Fähigkeiten um ganz groß raus zu kommen."

Asako schüttelte etwas den Kopf, blieb auf der Stelle stehen, was auch Saeko dazu verleitete sich vor sich zu stellen und ihr in die Augen zu sehen. Dank der Absätze waren sie beide gleich groß.

"Hör mal Saeko... ich finde es schmeichelhaft, dass du da die selbe Meinung wie Osa hast, aber ich will es einfach nicht mehr hören." Sie nahm die Hand der anderen von ihrem Arm, hielt sie für ein paar Sekunden fest. "Ich weis ich bin gut, aber im Gegensatz zu dir bin ich als Top Star nicht geeignet. Und versuch gar nicht erst mir etwas anderes ein zu reden."

"Asako..."

"Ich sagte lass es."
 

Saeko bereute es das Thema angeschnitten zu haben, aber zurücknehmen konnte sie es schlecht. Trotzdem wurde sie den Gedanken nicht los, dass Asako etwas mehr Selbstvertrauen bräuchte, zumindest was die Bühnenpräsenz anging. Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern mal ähnlich gedacht zu haben. Für den Moment entschied sie sich aber einfach das Thema sein zu lassen und sich auf anderes zu konzentrieren. Saeko lächelte etwas.

"Wie wäre es wenn wir zu mir gehen und wir wärmen uns da auf? Du kannst sogar duschen gehen wenn du willst. Die Heizung ist an."

Ihr Lächeln verschwand als Asako zuerst nicht reagiert, wirkte, als ob sie etwas bedrückte, aber als sie dann doch aufsah und sie mit einem etwas fröhlicherem Gesichtsausdruck ansah fiel ihr ein Stein vom Herzen.

"Na gut. Besser als hier drausen in der Kälte herum zu stolzieren."

"Dann los."
 

Schweigend lief sie neben Saeko her, hatte dabei den Blick auf den Boden gerichtet und lies sich von der anderen zu deren Wohnung führen. Kaum in der Wohnung, die Schuhe stellten sie sauber aufgereiht an die Seite, sah Asako sich erst einmal mit großen Augen um. Zwar hatte sie erwartet, dass die Wohnung größer war als ihre eigene, aber nicht, dass sie so gigantisch viel größer war. Beeindruckt schlich sie über das helle Parkett, sah prüfend über die Einrichtung. Auf den ersten Blick wirkte es willkürlich zusammengewürfelt, aber es ergab ein stimmiges Zusammenspiel, wenn man es für ein paar Sekunden auf sich wirken lies. Die Wohnecke lud dazu ein dass man sich dort nieder lies und seinen Abend mit einem Tee, einem Kaffee oder einer heißen Schokolade dort verbrachte. Die Couch war mindestens doppelt so groß wie ihre eigene, im schlichten Schwarz mit tiefroten Kissen. Sicherlich schlief es sich auch wundervoll darauf. Sie war breit genug um Asako's Bett zu sein.

"Beeindruckt?"

Saeko war zu ihr getreten nachdem sie die Jacken der beiden in den kleinen Schrank im Eingangsbereich gehängt hatte. Asako nickte etwas.

"Du müsstest bei mir Platzangst bekommen haben."

"Ganz und gar nicht. Erstmal habe ich ja selbst jahrelang in so einer Wohnung gelebt und zweitens finde ich deine Wohnung sehr viel gemütlicher. Sie ist geordneter."

Mit gerunzelter Stirn sah sich die jüngere Otokoyaku um. Geordneter? Saeko's Wohnung sah geradezu geleckt aus so ordendlich war es. Jetzt wo sie darüber nachdachte war Saeko an sich sehr geordnet. Sie stellte ihre Tasche beim Training immer auf den selben Platz, sie tat streng das was ihr aufgetragen wurde und in ihrer Wohnung schien alles seinen festen Standort zu haben.

"Sag mal... läuft bei dir immer alles nach Ordnung?"

Saeko sah etwas verwirrt auf, legte den Kopf schief. "Wie meinen?"

"Machst du auch mal was, was nicht in dein Drehbuch passt, meine ich. Du wirkst immer so streng in dem was du tust." Die ältere trat an sie heran, lächelte etwas.

"Du meinst abgesehen von meinen spontanen Besuchen bei dir?"

"Die du, wie mir scheint, auch geplant hast. Immerhin hattest du alles nötige immer dabei. Ich meine etwas, was gar nicht in dein Schema passt. Dich in den Sommerregen gestellt oder so."

"Welcher normale Mensch stellt sich schon freiwillig in den Regen? Nasse Kleidung ist widerlich."

"Das weist du erst wenn du es versucht hast." Asako trat an die andere heran, zupfte etwas an deren Hemd herum und starrte auf deren Schlüsselbein. "Wir holen das nach, einverstanden?"
 

Abermals abgelenkt durch Asako's plötzliche Nähe schwieg Saeko ein paar Sekunden, starrte auf die Lippen ihr gegenüber. Sie bekam nur den letzten Teil des Satzes klar mit, aber egal was Asako davor gesagt hatte, es würde wohl nicht so gravierend sein. Nur irgendetwas mit Sommer war bei ihr hängen geblieben.

"Einverstanden", murmelte sie etwas. "Aber bis zum Sommer ist es noch etwas hin, oder?" Ausserdem hatte sie gerade ganz andere Sachen im Sinn, insbesondere, als Asako sie mit diesem Hundeblick ansah. Sie hob die Hände, strich über die Hüfte und die Taille der jüngeren. Unter dem Pulli merkte sie noch das andere Shirt, aber sie interessierte mehr das was darunter lag. Solange sie in der kurzen 'Pause' steckten waren sie für einen Moment nicht Takarazuka, sondern konnten sie selbst sein. Saeko wollte das nutzen um die liebliche Asako wenigstens einmal für sich zu haben. Die Trainings, besonders die erste Zeit, waren immer geprägt von Stress, Arbeit bis spät in die Nacht und viel schlechte Laune. Es war vielleicht die einzige Möglichkeit für sie etwas mehr Zeit miteinander zu verbringen, besonders wenn Saeko nach 'Elisabeth' nicht mehr in Takarazuka war. Zwar war es möglich für ehemalige Mitglieder ihre Freunde innerhalb zu besuchen, allerdings war es aufgrund der vielen Arbeit eher eine Seltenheit.
 

Asako war recht amüsiert darüber wie Saeko reagierte. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand ihr so mit dem Blick an den Lippen klebte, wörtlich, oder dass jemand so auf sie reagierte. Zwar war sie sich nicht so ganz sicher was sie davon halten sollte, aber sie war zufrieden damit, dass Saeko wohl nichts gegen ihre Nähe hatte. Zärtlich strich sie der anderen über die Wange und durch die Haare, was Saeko dazu verleitete ihr in die Augen zu sehen. Asako schmunzelte etwas.

"Wolltest du nicht Tee machen?"

"Wolltest du nicht duschen gehen?"

Touché. Asako brannte darauf endlich einmal eine Fußbodenheizung an den Füßen zu haben. Sie hatte schon einen Faible für Flauschsocken und wärmte sich die Füße oft an ihrer Heizung in den Wintermonaten, aber ein wirklicher Ersatz war es wirklich nicht für eine echte Fußbodenheizung. Sie beugte sich vor, sodass ihre Nasenspitze fast die von Saeko berührte.

"Dazu musst du mir zeigen wo es ist", hauchte sie fast verführerisch und sie konnte praktisch dabei zusehen wie die ältere etwas rot anlief. Ihre Gedanken zu erraten war zu einfach. Brummend löste sie sich von ihr, schnappte sich dabei die Hand, die Asako noch immer in ihren Haaren hatte, und führte sie durch die Wohnung in einen kleinen Gang, an dessen Ende das Badezimmer lag.
 

Kaum dass die andere im Badezimmer verschwunden war und die Tür ins Schloss fiel atmete Saeko einmal tief ein und aus. Asako brachte sie nochmal um den Verstand. Vielleicht konnte sie sich beim Tee kochen etwas abregen... soweit man sich dabei abregen konnte. In ihr brannte alles und die Tatsache, dass Asako, inzwischen wohl nackt, in ihrem Badezimmer war, machte es nicht besser. Die Otokoyaku lehnte sich mit den Unterarmen auf der Rückenlehne eines Stuhls auf, schloss die Augen und lies den Kopf etwas nach vorne fallen. Sie musste sich zusammenreisen, auch wenn es ihr sehr viel schwerer ging als es wohl auf der Bühne der Fall gewesen wäre. Sie war professionell in dem was sie tat, unter der Vorraussetzung, dass noch ein dritter dabei war, der sie eventuell kritisieren konnte. Mit Asako allein fiel ihr das schwerer.

"Saeko? Kommst du mal?", hallte es durch den Gang vom Badezimmer aus. Saeko hob den Kopf, blinzelte kurz und lauschte für einen Moment. Das Duschwasser lief schon, also was sollte noch sein? Kurzerhand stellte sie den Wasserkocher vom Herd, ging ohne weiter darüber nach zu denken zur Tür, die einen kleinen Spalt offen stand, blieb aber davor stehen.

"Was ist denn?"

"Jetzt komm halt rein. Ich hab noch was an."

Abermals die Augenbraue hebend schob Saeko die Tür etwas weiter auf, trat ein. Fast im selben Moment hatte sie sich schon wieder umgedreht und wollte raus, aber Asako hielt sie am Ärmel fest und zog sie weiter rein.
 

Das erste, was Asako im Bad getan hatte, war sich die Socken von den Füßen zu ziehen und erst einmal wohlig zu grinsen als die Wärme ihre Füße berührte. Noch viel besser war allerdings als sie sich auf den flauschig-warmen Teppich gestellt hatte und dort für ein paar Sekunden stehen blieb und sich freute wie ein kleines Kind, dass das erste mal im warmen Sand am Strand stand. Das war noch viel besser als sie es sich vorgestellt hatte und vom Anblick der geradezu gigantischen Dusche war sie noch viel verzückter. Schnell hatte sich die Hose und die kurze Shorts darunter verabschiedet, ebenso wie der Pullover, den sie ja nur darüber gezogen hatte und öffnete die ersten zwei Knöpfe ihres Hemds, was darin endete dass sie für einen Moment in Slip und Shirt inne hielt. Sie beugte sich in die Dusche, stellte das Wasser an und stellte es heiß ein, sodass der Duschraum schnell von Dampf ausgefüllt wurde. Ob Saeko wohl mit ihr duschen würde? Vielleicht brachte sie die andere ja mal dazu etwas hingegen ihrer Ordnung zu tun, also rief sie nach der anderen. Derweil hatte sie nach einem Handtuch gestöbert, legte es auf einen Stuhl, der neben der Dusche stand, und wartete darauf, dass Saeko ins Badezimmer kam. Der Luftzug sagte ihr, dass sie wohl eingetreten war, genauso schnell auch schon wieder flüchten wollte, was Asako mit einem bestimmten, festen Zug an ihrem Ärmel noch verhindern konnte.

"Jetzt stell dich nicht so an."

"Asako w-was soll das werden?"

Es war schon irgendwie süß wie sich die andere anstellte, was durch die offensichtliche Röte in ihrem Gesicht nur unterdrückt wurde. Wie sie es schon vorher getan hatte trat sie nahe an den Top Star heran, legte die Hände an ihren Hals und strich mit den Fingern über die weiche Haut.

"Du hast gesagt wir stellen uns mal im Sommer in den Regen. Ich hab aber keine Lust zu warten. Aber ich hab da eine Idee."
 

Irgendwie war Saeko nervös wenn Asako sie so ansah. Wie es schien hatte sie der anderen etwas ganz blödes versprochen. Welcher normale Mensch stellte sich bei Regen schon freiwillig nach drausen? Fast genauso nervös, wenn nicht noch mehr, machte sie die Tatsache, dass Asako fast nackt vor ihr stand. Sie konnte wegen des Hemds nicht sagen ob sie noch etwas drunter trug, aber das geöffnete Hemd bereitete ihr einen freien Einblick in den Ausschnitt der anderen. Das Hemd bedeckte dabei wirklich nur die notwendigsten Stellen, was schon wieder fast schade war. Saeko konnte sich nicht wirklich entscheiden ob es einfach nur heiß war oder ob sie sich unwohl fühlen sollte, aber reizvoll war dieser Anblick allemal. Dieses Spiel konnte man auch zu zweit spielen. Sie schob die Hände abermals auf Asako's Hüfte, fühlte in diesem Moment auch den Slip, der sich noch unter dem Hemd versteckte.

"Und welche Idee wäre das?", brummte sie leise, wobei Asako ihr inzwischen so nahe gekommen war, dass sie den Atem auf ihrer Haut spürte.

"Eine, die dir gefällt."

"Woher willst du das wissen?"

"Woher willt du wissen, dass es dir nicht gefallen wird?"

"Touché."

Egal was die andere vor hatte, bei diesem Anblick wäre sie auch vor ihr auf die Knie gefallen und hätte ihr die Füße geküsst. An der Hüfte zog sie die jüngere dicht an ihren Körper, schlang die Arme um den zarten Körper und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen, den Asako sofort mit aufnahm.
 

Geradezu gierig knabberte Asako Saeko an der Unterlippe, krallte sich dabei an dem Kragen des schwarzen Hemds fest. So sehr sie den Augenblick auch genoss, ihr vielen da noch so viel bessere Sachen ein. Asako spürte, wie sich die Muskeln der anderen langsam entspannten und sie langsam die Verteidigung vernachlässigte. Die Hände der Älteren wanderten von ihrer Hüfte hinauf, ein Stück unter ihr Hemd an ihren unteren Rücken, wobei Asako nicht anders konnte als leise in den Kuss zu stöhnen. Bevor Saeko die Möglichkeit hatte noch einen Schritt weit zu gehen, Asako merkte schon, wie ihr Kopf anfing sich ab zu stellen, stieß sie probeweise mit der Hacke an die untere Kante der Dusche. Hoch war sie nicht, es sollte also funktionieren. Mit einem Ruck zerrte Asako den Top Star mit sich unter die laufende Dusche, wobei Saeko einen erschreckten Schrei ausstieß.
 

Der Ruck an ihrem Shirt kam zu schnell als dass Saeko hätte reagieren können und ehe sie es sich versah stand sie mitsammt Kleidung mit Asako unter der Dusche. Sie hatte sich gerade noch an der hinteren Wand der Dusche abgestützt, sonst wäre sie wohl oder übel mit der Jüngeren hingefallen.

"Asako!", sagte sie entsetzt, blickte dann doch wohl etwas wütender drein als sie wollte. "Was sollte das?"

Abermals legte Asako diesen Dackelblick auf, wobei Saeko noch immer etwas atemlos schnaubte. In windeseile war sie bis auf die Knochen durchnässt und der Stoff klebte an ihrem Körper. Es war für sie unangenehm.

"Sei doch nicht sauer. Wenigstens ist das Wasser nicht kalt."

Saeko verdrehte die Augen, sah dann wieder in die Augen der Otokoyaku. Sie drückte Asako gegen die Duschwand, beugte sich zu ihrem Ohr und lies die Nasenspitze über ihre Ohrmuschel gleiten, schob gleichzeitig ein Bein zwischen die der anderen.

"Das nicht. Aber glaube nicht, dass ich mir das nicht merke. Dieses Mal lasse ich aber nichts dazwischen kommen", raunte sie der kleineren ins Ohr, biss ihr dann ins Ohrläppchen, woraufhin Asako abermals aufstöhnte.
 

So beim zweiten Mal nachdenken fragte sich Asako, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war Saeko mit ins Badezimmer zu holen. Das warme Wasser intensivierte die Hitze, die von dem anderen Körper kam, der jetzt gegen ihren eigenen drückte, nur noch mehr und machte es fast unmöglich aus zu halten ohne verrückt zu werden. Die nassen Klamotten klebten an ihrem Körper, wobei Saeko's Shirt und Hose ebenfalls nur noch enger an dem durchtrainiertem Körper hingen. Schnell merkte sie, wie ihr Atem schneller wurden und ihr Herz gegen ihren Brustkorb schlug, konnte ein weiteres, gehauchtes Keuchen nicht verhindern als sich Saeko an der dünnen Haut kurz unter ihrem Ohr festsaugte. Die Hände, die sich unter ihr nasses Shirt an ihren Rücken gestohlen haben, und die Fingernägel, die langsam über ihre Haut tanzten verleiteten Asako dazu den Rücken durch zu drücken, sich selbst damit noch enger an die andere, woraufhin sie erneut leise stöhnte.

"Saeko", hauchte sie leise, zog etwas an den Haaren der anderen um ihren Kopf von ihrem Hals zurück zu ziehen und ihre Lippen abermals mit den eigenen in Beschlag nahm.

Blackout

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Act 1 Scene 6: Turning Point

Ich liebe dich.
 

Die Worte hallten immer noch in ihrem Hinterkopf nach als Asako am Abend die Augen leicht öffnete und durch den Spalt die noch immer schlafende Saeko ansah. Sie konnte nicht anders als zu lächeln. Sie rutschte noch etwas näher an die andere, schmiegte den Kopf an ihr Schlüsselbein während sie einmal tief ein und aus atmete, dabei den Duft der anderen geradezu inhalierte. Das Duschgel der anderen roch wundervoll, genauso wie der Rest von ihr. Dabei krallte sie sich etwas in das viel zu weite Shirt, welches nur lose an dem schönen Körper hing. Direkt neben ihren Füßen fühlte sie die der anderen, strich mit dem Zeh leicht über ihren Fuß, woraufhin Saeko mit einem leisem genüsslichem Seufzen reagierte.

"Guten Morgen", flüsterte Asako leise, strich mit dem Finger kurz über die weiche Wange der Älteren und sah ihr in die Augen als sie ihre eigenen aufschlug.

"Eher guten Abend", brummte Saeko nur nach einem flüchtigem Blick auf die leuchtende Zeitanzeige an der Decke und schloss die Augen wieder, schlang ihre Arme um die Taille der Jüngeren und zog sie etwas näher. Durch den warmen Körper der anderen schloss Asako abermals die Augen, hauchte der anderen einen leichten Kuss auf die Kehle.

"Gut geschlafen?"

Sie fühlte nur ein Nicken von der anderen.
 

Noch völlig schlaftrunken hielt sie die andere im Arm, verschränkte die Hände hinter deren Rücken und legte das Kinn auf ihren Kopf. Selten hatte sie die so gut geschlafen, sodass sie am liebsten nochmals eingeschlafen wäre. Asako schien da aber etwas anderer Meinung zu sein als sie sich abermals in ihren Armen bewegte und etwas hochrutschte, wodurch sie ein Auge öffnete und sie ansah.

"Na so wirklich wach bist du aber noch nicht", sagte die schöne Frau in ihren Armen leise und kurz darauf fühlte sie schon die schlanken Finger in ihren Haaren, was sie dazu brachte den Kopf etwas nach vorne zu nehmen und genüsslich zu seufzen. Asako lernte schnell was sie mochte und nutzte es schamlos aus. Am liebsten hätte sie wohl eine Diskusion angefangen, aber auch wenn sie nur bis zum Abend geschlafen hatten, nach dem Aufwachen war Saeko nicht gerade ein Morgenmensch. Mit einem Mal entzog sich ihr die Wärme und Saeko brummte auf.

"Wo willst du hin?", fragte sie, öffnete dann doch leicht die Augen und sah, wie Asako sich auf den Bettrand gesetzt hatte, das viel zu weite Hemd perfekt über die Hüfte fallend und doch sah man deutlich die schlanke Figur der jungen Schauspielerin. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie gesagt, dass Asako auch nichts mehr drunter trug, aber sie erinnerte sich noch daran, wie die andere vor dem Schlafengehen den Slip drunter gezogen hatte. Schade eigentlich.

"Frühstück machen. Oder Abendessen... das heißt wenn ich deine Küche benutzen darf."

Abermals nur ein Brummen ihrerseits und sie krallte sich das Kissen, auf dem Asako bis einige Sekunden vorher noch gelegen hatte, nahm es in die Arme und drückte das Gesicht hinein. Sie fühlte noch wie Asako ihr für einen Moment über die Haare strich und schließlich aufstand. Bis ihr Kreislauf einigermaßen in Schwung gekommen war dauerte es noch.
 

Schmunzelnd sah Asako nochmals auf die andere, streckte sich bevor sie das Schlafzimmer verlies und die Küche aufsuchte. Wo sie so allein in dem großen Raum stand konnte sie nicht anders als sich einmal ausgiebig um zu sehen, stellte dann fest, dass sie sich etwas verloren in dem Zimmer fühlte. Ihre Wohnung hätte allein in das Wohnzimmer gepasst und obendrein war die Aussicht einfach atemberaubend. Die Abendsonne schien mit sanft orangefarbenen Schein auf die weiße Couch und dem dazu passendem Marmortisch, lies den Raum nur noch heller und größer erscheinen als er sowieso schon war. Schlussendlich stand sie doch in der Küche an der Arbeitsfläche, warf einen kurzen Blick in den Kühlschrank. Wirklich viel hatte sie nicht, aber es reichte um eine kleine Nudelpfanne zu machen. Der Pudding ganz hinten in der Ecke entging ihr aber nicht und Asako fischte einmal nach dem verführerisch aussehendem Schokopudding. Nachdem sie die Pfanne aufgesetzt hatte, damit diese heiß wurden, und die Nudeln abkochte, suchte sie nach einem Löffel, zog mit einer schnellen Handbewegung den Deckel des Plastikbechers ab und roch einmal an dem Pudding. Ja der war noch gut. Sie sah fröhlich drein als den Löffel in der weichen Masse versenkte und den ersten Löffel davon in den Mund schob. Sie behielt jenen Löffel im Mund als sie nach den Nudeln sah, schreckte einmal auf als sie ein paar Hände an ihrer Hüfte fühlte. Dabei wäre ihr fast der Löffel aus dem Mund gefallen.

"Saeko", murmelte sie, zog dabei den Löffel aus dem Mund und lehnte sich etwas zurück. "Schleich dich doch nicht immer so an. Ich hab mich erschrocken."

Sie fühlte wie die Ältere gegen ihren Hals lächelte, ebenso wie der warme Atem, der ihr eine Gänsehaut beschehrte.

"Verzeihung. Ich bin nicht geschlichen, falls das eine Entschuldigung ist." Eine kurze Pause. "Ausserdem verspeißt du da gerade meinen Pudding."

"Ich weis. Und er ist gut."

Demonstrativ schob sich die junge Schauspielerin einen weiteren Löffel Pudding in den Mund, drehte sich dabei einmal in den Armen der andern und lehnte einen Unterarm auf ihrer Schulter auf. Den Pudding hielt sie dabei locker in der anderen Hand.

"Wirst du jetzt etwa frech?", fragte Saeko, legte dabei den Kopf schief und zog eine der schlanken Augenbrauen hoch.

"Hey ich koche für dich." Sie legte der anderen die Rückseite des Löffels an die Lippen. "Sieh es als Gegenleistung dafür dass du mich aus meiner Wohnung verschleppt hast."

Saeko grinste nur, leckte einmal über den Löffel und sah dann zu dem Kochtopf.

"...Und was kochst du genau?"

"Nudelpfanne. Was anderes ist ja nicht da."

Asako löste sich von der anderen, stellte den Pudding beiseite und den Löffel daneben um die Nudeln ab zu giesen. Als sie wieder hinsah war der Pudding weg und Saeko an der anderen Seite des Raumes.

"Hey!", rief die andere, lief zu Saeko, versuchte ihr noch den Plastikbecher wieder weg zu nehmen, aber der war schon leer. "Man. Du bist gemein."
 

Saeko lächelte nur, leckte den Rest von dem Pudding vom Löffel und ging gelassenen Schrittes in die Wohnecke, griff da in eine Schublade, was Asako nicht mitbekommen hatte, da diese wieder auf dem Weg in die Küche war, und holte zwei kleine Schokoladenkekse heraus. Von einem biss sie eine Ecke ab, hielt den anderen etwas versteckt in der Hand. Fast als ob sie das Knacken vom Abbeisen gehört hätte drehte Asako sich um, blinzelte etwas und ihre Augen hellten sich ein wenig auf.

"Wo hast du die denn jetzt her?"

"Zauberei?" Saeko schob sich den Rest vom Keks in den Mund und knusperte ein paar Sekunden genüsslich darauf herum, wobei Asako fast die Kinnlade runterklappte und sie sich beleidigt auf die Seite drehte. "Ich hab noch einen." Sie hob den Keks hoch und angelockt durch die Süßigkeit kam Asako wieder zu ihr. Langsam biss sie in die Ecke des Kekses, biss allerdings nicht ab sondern hielt ihn nur mit den Zähnen fest.

Asako hob nur die Augenbrauen, bemerkte aber schnell worauf die andere hinaus wollte und schmunzelte etwas.

"Du kannst so ein Biest sein", stellte die Jüngere fest, beugte sich vor, biss jedoch nur einen kleinen Teil vom Keks ab, woraufhin Saeko etwas enttäuscht dreinblickte. "Iss nicht so viel Süßkram."

Mit halb abgebissenem Keks stand die Ältere für einen Moment da wie ein Schluck Wasser. Spielte die andere jetzt mit ihr? Wenn ja, dann beruhte es auf Beidseitigkeit. Abermals fiel ihr Blick auf die schlanken Beine der anderen und sofort musste sie grinsen. Die Tatsache, dass sie Asako nun wohl mehr oder minder ihr Eigen nennen konnte machte sie nur noch verführerischer. Während die andere sich wieder daran machte das Essen vor zu bereiten trat Saeko an sie heran.

"Nicht erschrecken", murmelte sie leise, strich dann mit den Händen einmal über den Nacken und die Schultern der Jüngeren, ihren Rücken hinunter an deren Hintern, wo sie einmal sanft zudrückte und Asako ein leises Fiepen entlockte. Ihre Finger stahlen sich unter das weite Shirt, striffen dort den Slip und wanderten den Rücken der anderen wieder hinauf. Dabei spürte sie die Gänsehaut unter ihren Fingern und genoss das leise Stöhnen.
 

Fast hätte Asako vergessen, dass die Pfanne mit den Nudeln noch auf dem Herd war, genoss stattdessen die sanften Berührungen der Älteren. Schon wieder fühlte sie ihre Beine weich werden, erbebte etwas unter den geschickten Fingern. Sie schaffte es gerade noch die Pfanne auf die Seite zu schieben bevor sie sich umdrehte und Saeko einen verlangenden Kuss auf die Lippen drückte. Mit einer Hand fuhr sie durch die weichen, inzwischen glücklicherweise auch trockenen Haare und krallte sich kurz hinein, was Saeko ein zufriedenes Seufzen entlockte.
 

Eine nicht wirklich laute, aber hörbare Melodie durchbrach die Stille zwischen ihnen. Zuerst reagierte keine der beiden darauf, doch als die Melodie sich wiederholte und lauter wurde machte Asako Anstalten sich von Saeko zu lösen.

"Saeko..." Ein weiterer Kuss würgte sie für einen Sekunde ab und Asako drehte den Kopf weg. "Hey warte. Mein Handy..."

"Ignorier es..."

Die Zunge an ihrem Hals lies Asako kurz aufstöhnen.

"Nein warte. Das ist wichtig. Ich muss da ran."

Nur widerwillig konnte sie Saeko von sich lösen, stolperte kurz darauf durch die Wohnung zu ihrer Jacke, woraus sie das Handy fischte, einen kurzen Blick darauf warf und aufklappte. Es war genau der Mensch, den sie erwartet hatte. Wohl eher weil es der einzige Mensch war, dem sie diesen Klingelton zugeordnet hatte.

"Hey Osa... Was gibts?"

"Asako! Ich stehe vor deiner Haustür und DU bist nicht da! Wo zur Hölle bist du??"

Asako musste tatsächlich das Handy ein paar Zentimeter von ihrem Ohr weghalten weil Osa am anderen Ende so schrie. Sie klang wirklich sauer.

"Beruhige dich doch..."

"Ich beruhige mich nicht! Wo bist du?"

Für einige Sekunden zögerte sie. Warum kam sie sich so erwischt vor?

"Bei Saeko..."

"Bitte was??", unterbrach sie Osa's Stimme erneut.

"Jetzt lass mich doch erklären..."

"Ich sagte doch du solltest zuhause bleiben. Was zum Himmel hat dich dazu geritten raus zu gehen? Und das gerade mit der!"

"Hör mir jetzt doch endlich mal zu!" Asako wurde etwas lauter. "Ich wollte ein wenig rausgehen. Frische Luft schnappen. Ich bin ganz unglücklich gefallen und ich war nass. Obendrein dreckig. Saeko's Wohnung war nunmal näher."

Schweigen am anderen Ende.

"Hast du dich verletzt?"

"Nein...?"

"Dann komm ich dich jetzt abholen."

"Was? Osa warte..."

Aufgelegt.
 

Genervt stopfte sie das wieder zugeklappte Handy zurück in die Jackentasche und starrte für ein paar Sekunden auf die Tür ehe sie sich umdrehte. Saeko stand direkt vor ihr, weniger amüsiert dreinblickend und an die Wand gelehnt.

"Du hättest sie ignorieren können."

"Saeko sie ist meine Freundin. Das weist du."

"Und desshalb hast du sie angelogen."

Asako stoppte kurz, sah auf die Seite.

"Hast du was zum Anziehen für mich?"

"Du gehst mit?"

"Sie ist schon sauer. Ich will ihr das alles in Ruhe erklären?"

"Kannst du das überhaupt? Oder verstrickst du dich weiter?"

"Soll ich ihr die Wahrheit denn ins Gesicht werfen? Dass ich mich in der Dusche von dir vögeln gelassen habe? Ist es das was du willst."

Saeko seufzte und trat an sie heran.

"Nein. Aber ich habe das Gefühl dass du sie vorziehst."

"Wundert dich das wirklich? Ich kenne Osa schon seit ich in Takarazuka angefangen habe. Ich könnte es nicht verkraften wenn ich sie verliere. Und ich weis, dass sie dich nicht akzeptieren wird wenn ich es ihr nicht schonend beibringe."

Langsam strich sie über den Oberarm der Älteren, lehnte die Stirn an deren Schulter und seufzte leise. Saeko schwieg, berührte nur mit den Fingerspitzen die Finger der anderen, hielt sie ein wenig in ihren eigenen. Asako nahm deren Hand in ihre und drückte vorsichtig etwas zu, schloss dabei die Augen.

"Versprich mir was, Asa."

"Hm?"

"Mach dich nicht von Osa abhängig. Du machst zu oft nur das was sie will. Du hast deinen eigenen Kopf."

"...Ich weis."

Saeko seufzte erneut schwer.

"Komm. Ich geb dir was zum anziehen."
 

Es dauerte nicht lange bis beide Frauen wieder angezogen und glücklicherweise schien Osa doch erst einmal ein Stück weit entfernt gewesen zu sein da sie noch immer nicht vor der Tür stand. Beide sprachen in der Zeit kein Wort, wobei Asako dem Blick der anderen auswich. Saeko sah ab und zu zu Asako. So ganz recht war es ihr nicht, dass Haruno sie so herumscheuchte, aber sie wollte ihr Glück nicht herausfordern. In ihren Augen hatte sie jeden Grund Asako zu sagen, dass Haruno nicht vor zu ziehen war, dass sie hier bleiben sollte. Dann aber wieder würde sie so handeln wie Haruno, aber das wollte sie nicht. Sie war nicht so besessen davon Asako von allen anderen ab zu schneiden nur um sie für sich zu haben. Langsam trat sie zu der anderen, umarmte sie sanft und hauchte ihr einen Kuss auf den Hinterkopf.

"Ich liebe dich", raunte sie der jüngeren ins Ohr, die sich etwas an sie lehnte. Asako antwortete nicht, aber sie nahm die Hand der Älteren in ihre, drückte sie einmal bestimmt. Sie musste nicht mehr sagen, kam auch gar nicht dazu denn in diesem Moment klingelte es schon an der Tür. Asako drehte sich nochmals zu ihr, sah kurz etwas unschlüssig drein. Saeko entschied sich dazu sie einmal herzlich an zu Lächeln, ihr einen kurzen Kuss auf den Mundwinkel zu hauchen und sie dabei los zu lassen.

"Es ist ja nicht das Ende. Ich komme sobald es geht bei dir vorbei."
 

Asako nickte etwas, lächelte erleichtert. Sie hatte wirklich Angst gehabt dass Saeko ihr böse war, dass sie sich um ihre Freundschaft mit Osa kümmern musste. Sie zog die Ältere etwas näher, küsste sie kurz, wobei die Klingel abermals aufdringlich durch die Wohnung schrillte. Asako löste sich von der anderen, ging durch die Wohnung zur Tür, die sie öffnete und Osa davor vorfand. Sie war völlig durch den Wind und fiel geradezu mit der Tür ins Haus. Die andere hielt sie an den Schultern fest, sah sie mit beinahe ängstlichem Gesichtsausdruck an.

"Verdammt Asako! Hast du eine Ahnung was ich mir für Sorgen gemacht habe??"

"Jetzt beruhige dich doch erst einmal." Vorsichtig nahm sie die Hände ihrer Freundin in die eigenen, lächelte sie an und versuchte sie zumindest dazu zu bringen wieder normal zu atmen. Sie wirkte als wäre sie einen Marathon gelaufen. "Es ist doch gar nichts passiert. Du übertreibst mal wieder."

"Übertreiben? Du bist auf einmal einfach weg obwohl es dir schlecht ging und sagst keiner Menschenseele bescheid. Was wenn dir was passiert wäre?"

"Ist es aber nicht. Also atme erstmal durch."

Sie nahm ihre Freundin in den Arm, drückte sie einmal herzlich und strich ihr über die Haare. Osa krallte sich geradezu an sie, wurde aber nach einigen Sekunden merklich ruhiger. Schlieslich lösten sie sich wieder voneinander und Osa sah sie noch immer mit etwas geschafften Gesichtsausdruck an.

"Hinterlass das nächste Mal wenigstens nen Zettel."

Asako lächelte. "Mach ich. Versprochen."
 

"Komm doch rein, Haruno. Asako war gerade am Essen machen. Vielleicht willst du mit uns essen?"

Saeko stand im Eingangsbereich, hatte ein durch und durch falsches Lächeln aufgelegt. Nein sie machte kein Geheimnis daraus dass sie Haruno am liebsten vergiften oder erwürgen würde. Dem Blick des anderen Top Stars zu urteilen ging es ihr aber nicht anders.

"Ich denke nicht dass..."

"Ich hab genug für vier Personen gemacht. Komm schon."

Asako zerrte ihre Freundin geradezu in die Wohnung, wobei Saeko sich auf dem Knöchel umdrehte und sie zu dritt in die Küche ging, wo die Nudelpfanne zufrieden vor sich hinbrutzelte. Inzwischen roch die ganze Küche danach und erst dann merkte der Top Star wie sehr ihr der Magen doch knurrte. Immerhin hatte sie den ganzen Tag noch nichts gegessen.

"Bitte. Setz dich", meinte Saeko und holte das nötige Geschirr aus einem Schrank, breitete es auf dem Esstisch in der Küche aus. Dabei konnte sie nicht verhindern Haruno einen kalten Blick zu zu werfen.

Als sie zu dritt am Tisch saßen und die Nudeln verspeißten blickte Saeko zu Asako, lächelte etwas.

"Sag mal Asako... hast du darüber nachgedacht um was ich dich gebeten habe wegen dem nächsten Stück?"

Für ein paar Sekunden schien die Jüngere nach zu denken, zog dabei die Stirn kraus.

"Nächstes Stück... Du meinst Elisabeth?" Saeko nickte. "Ich weis noch nicht. Ich..."
 

Es klingelte an der Tür, was Osa aus ihrem geradezu vernichtenden Blick auf Ayaki riss und sie in Richtung der Küchentür sah. Vielleicht war die Unterbrechung ganz gut, sonst wäre sie dem Moon-Top-Star wohl oder übel an die Kehle gegangen. Wie konnte sie es wagen Asako gerade vor ihr diese Frage zu stellen. Sie würde sich quer stellen dass die jüngere Otokoyaku Elisabeth übernehmen sollte.

"Entschuldigt mich", sagte Ayaki, erhob sich vom Tisch und ging hinaus in den Gang und zur Tür. Man hörte neben der Stimme von Ayaki noch eine weitere, die Osa in dem Moment aber nicht zuordnen konnte, aber wie es schien wurde diese in die Wohnung gelassen. Die Stimme war fast genauso tief wie die von Ayaki. Eine weitere Otokoyaku vielleicht? Aber was machte diese hier? Sie warf Asako einen fragenden Blick zu, die aber nur mit den Schultern zuckte. Also war es niemand, der erwartet wurde.
 

Asako zog etwas die Stirn kraus. Wer konnte das um die Uhrzeit noch sein? Es war immerhin schon vergleichsweise spät und für gewöhnlich machte man dann keine Besuche mehr, es sei denn es war wichtig.

Wenig später betrat Saeko den Raum wieder mit einer ihr völlig fremden Person, eine wohl etwas ältere Frau, für eine Otokoyaku recht weiblich gekleidet und mit einem Ordner unter dem Arm. Alles in allem sah sie aber recht freundlich aus. Saeko lächelte etwas und ging einen Schritt zur Seite damit sie die andere Frau vorstellen konnte.

"Das ist eine alte Freundin von mir. Wir kennen uns schon einige Zeit."

"Hatsukaze Midori. Senka-Troupe." Die andere Frau lächelte und sowohl Asako als auch Osa deuteten eine leichte Verbeugung an. "Verzeihung wenn ich um diese Uhrzeit einfach so hier vorbeischneie. Eigentlich wollte ich mit Saeko über den neuen Trainingsplan sprechen."

"Gaichi bitte setz dich und iss zuerst mit uns. Über die Arbeit reden können wir danach."

"Bitte ich..."

"Ich bestehe darauf", sagte Asako und lächelte zu der anderen.
 

Zuerst hatte sich Gaichi immer noch etwas quer gestellt, aber schlussendlich hatte Saeko sie doch davon überzeugen können zumindest einen Happen mit ihnen zu essen. Nachdem sie ihre Teller soweit geleert hatten legte Gaichi den von ihr mitgebrachten Ordner auf den Tisch, sah zu Saeko und lächelte etwas.

"Wie es scheint arbeiten wir wieder miteinander. Zumindest dem Trainingsplan zu urteilen, den ich heute morgen abgeholt habe", erklärte die Otokoyaku, breitete vor ihnen auf den Tisch einen Plan aus. Eingetragen waren in verschiedenen Farben die Hallenbelegung, wobei sich ganz offensichtlich einige davon überschnitten. Selbst Haruno beugte sich etwas hinüber, aber ihre Hanagumi war in dem Plan eher spärlich vertreten, was sich wohl damit erklären lies, dass sie sowieso bald die Auftrittsphase hatten.

"Sind die Rollen denn schon aufgeteilt?", fragte Saeko und drehte den Plan etwas zu sich.

"Nicht, dass ich wüsste. Im übrigem hast du mir deine Freunde noch gar nicht vorgestellt." Gaichi sah zu Haruno.

"Haruno Sumire. Hanagumi. Aber nenn mich bitte Osa." Haruno lächelte etwas. "Keinen Grund bei Förmlichkeiten zu bleiben."

"Verstehe. Und du bist?"

"Sena Jun. Tsukigumi."

"Sena?" Gaichi hob etwas verwundert die Augenbrauen, sah dabei zu Saeko, die die andere etwas verbissen ansah.
 

Gaichi konnte nicht anders als schief zu grinsen. Von Sena Jun hatte sie von Saeko schon so einiges gehört. Eine talentierte junge Frau, obendrein bildschön und freundlich. Ja die Beschreibung passte. Wenn Blicke töten könnten wäre Gaichi wohl in dem Moment tot vom Stuhl gekippt. Sie hatte sich schon einige Male darüber lustig gemacht welchen ganz speziellen Blick Saeko immer bekam wenn sie von der jungen Sena sprach. Der Altersunterschied schien sie dabei eher weniger zu stören. Übel nehmen konnte Gaichi Saeko die Schwärmerei aber nicht, zumindest nicht mehr. Zwar hatte sie Sena erst kennen gelernt, fand sie aber schon sympatisch.

"Also Sena", begann Gaichi und sah wieder zu der jungen Schauspielerin um sich dem Blick von Saeko zu entziehen und einen eventuellen Schienbeintritt unterm Tisch zu vermeiden. "wie hast du dich in Tsukigumi inzwischen eingelebt? Ich hörte der Wechsel war dir nicht leicht gefallen." Für einen Moment sah Sena verwirrt drein. Sie hatte tatsächlich etwas von einem verirrtem Reh.

"Woher weist du das?", fragte die jüngere und Gaichi lächelte nur weiterhin.

"Es gibt glaube ich kaum einen, der nicht davon gehört hat. Die Aktion mit den Bildern auf deinem Abschlusskonzert in Hanagumi war geradezu legendär."

"Sie hat dabei geweint wie ein Schlosshund", warf Haruno von der Seite ein. Ja von Haruno Sumire hatte sie auch schon so das ein oder andere gehört, allerdings weniger von Saeko. Als Senka wurde sie oft diversen Gruppen zugeordnet und einige der jüngeren waren von Hanagumi dorthin gewechselt. Besonders jüngere Takarazuka-Mitglieder hatten die Angewohnheit die Top Stars miteinander zu vergleichen. So hatte sie hier und da mitbekommen wie streng Haruno manchmal sein konnte.

"Osa!", sagte Sena empört und schubste die Ältere einmal von der Seite her an. Gaichi schmunzelte nur weiterhin. "Du sollst aufhören das immer zu erzählen."

"Welche Aktion?", fragte Saeko mit einem Mal, sah etwas verwirrt zwischen den drein hin und her.
 

Osa hob eine Augenbraue als Ayaki sie so von der Seite her anquatschte.

"Sag blos du hast den schönen Strauß auf dem Wohnzimmertisch noch nicht bemerkt." Sie schüttelte nur den Kopf. "Dann erzähl ich es dir mal." Osa konnte geradezu im Augenwinkel sehen wie Asako etwas in ihrem Stuhl zusammensank. "Wir haben Asako dazu überredet ein Konzert zu ihrem Abschied aus Hanagumi zu geben. Die Direktoren waren davon weniger begeistert und sie wollten sich erst quer stellen, aber mit etwas Überzeugungskraft und Zusammenarbeit haben wir dann doch ein riesen Konzert abgeliefert. Sena hat alleine die ganze Halle voll gemacht. Während Asa am Üben war haben wir eine kleine Abschlussüberraschung vorbereitet. Jeder von uns hat ein Foto von sich gemacht und auf eine kleine Karte geklebt. Darin hat jeder einen eigenen kleinen Spruch reingeschrieben und am Ende von ihrem Konzert haben wir ihr die überreicht. Die Süße war zu Tränen gerührt."

"Das war ja auch gemein. Als ob mir das ganze nicht schon schwer genug gefallen wäre."

"Wert war es das trotzdem. So vergisst du deine Freunde wenigstens nicht."

Asako lächelte etwas, starrte auf den Tisch. Nebenbei bemerkte sie, dass auch Gaichi ein Lächeln auf den Lippen hatte.

"Das ist wirklich eine süße Geste." Ihr Blick fiel auf Asako, die inzwischen nur noch weiter in ihrem Stuhl zusammengesunken war.
 

Saeko entschied sich wieder in die Unterhaltung ein zu steigen.

"Sag mal Gaichi", begann sie, lehnte sich dabei über den Trainingsplan. "Steht die Charakterverteilung schon?"

"Wie mir scheint, ja. Da allerdings Kurara inzwischen ja ausgestiegen ist fehlt es uns an einer Elisabeth."

"Und der Rest?"

"Ich werde wohl Franz-Joseph bekommen. Jemand aus Tsukigumi selbst übernimmt Sophie, Mimi irgendwas. Es wird noch darüber debatiert ob Yuuhi Rudolph oder Lucheni macht."

"Mimi Anri wahrscheinlich. Sie passt in diese Rolle. Aber Yuuhi ist dabei?"

"Natürlich. Obwohl ich denke, dass Rudolph besser zu ihr passen würde. Sie tut sich immer so schwer mit ausgeflippten Rollen."

Haruno lehnte sich auf dem Tisch auf, ihr Blick klebte geradezu auf Gaichi, was Saeko etwas zuwider war.

"Kennt man diese 'Yuuhi' auch?"

"Oozora Yuuhi", sagte Saeko noch vor Gaichi. "Sie ist ein Mensch mit einem gutem Herz, aber steht mit beiden Beinen in der Wirklichkeit. Allerdings weniger jemand mit dem du dich abgeben willst, Haruno."

"Und was lässt dich das denken?"

Saeko lächelte nur.
 

Asako seufzte einmal schwer. Mit einem Mal war die Luft so dick geworden, dass man sie geradezu greifen konnte, also stand sie auf. Gerade jetzt war ihr weniger nach einem Streit. Sie warf Saeko einmal einen etwas angesäuerten Blick zu, woraufhin deren Lächeln etwas erstarb.

"Osa? Bringst du mich noch zurück? Es ist schon dunkel und jetzt wo der Plan steht will ich anfangen meinen Schlaf zumindest etwas nach zu holen bevor ich gar nicht mehr dazu komme."

Osa warf nochmals einen Blick auf Saeko, wanderte dann zu Midori und lächelte kurz.

"Wenn Mylady müde ist sollte man sie schlafen schicken."

"Osa..."

"Schon gut, schon gut."

Asako verbeugte sich kurz vor Midori, lächelte etwas.

"Es hat mich gefreut dich kennen zu lernen. Ich hoffe, dass wir gut zusammen arbeiten."

"Ebenso. Es war schön dich endlich kennen zu lernen, Sena."

Asako lächelte etwas mehr, blickte sich dann um bevor sie Osa ansah.

"Ach Asako..." Sie drehte sich zu Saeko. "...kommst du nochmal kurz. Ich möchte dir noch etwas geben."

Etwas verwirrt sah sie zu, wie Saeko richtung Schlafzimmer verschwand, folgte ihr dann aber auf dem Fuße.
 

Sena hatte tatsächlich etwas von einem Reh, wie Gaichi schlicht und ergreifend feststellen musste. Durchaus sympatisch die kleine, aber noch so furchtbar jung. Dann allerdings verstand sie, wieso Saeko so übel versessen auf die junge Schauspielerin war. Sena hatte so ziemlich alle Eigenschaften auf die Saeko so liebte, allerdings konnte sie nicht sagen, ob es nur eine Schwärmerei war, eine heftige obendrein, oder ob es Saeko wirklich ernst war. Sie und Saeko hatten es vor eine Urzeit mal miteinander versucht, hatten aber schon nach sehr kurzer Zeit festgestellt, dass mehr als Freundschaft nicht drin war. Saeko war noch nie gut darin gewesen zu entscheiden was sie wirklich wollte und Gaichi hoffte inständig, dass sie der anderen jungen Frau nicht das Herz brach.

"Sie macht mich krank", kam es auf einmal von Haruno, leise, aber mit einem wütendem Unterton, was Gaichi dazu brach zu ihr zu sehen und erneut verwundert die Augenbraue zu heben.

"Wie meinen?"

"Die wundervolle Ayaki Nao. Es macht mich krank, dass sie immer das bekommt was sie will."

Gaichi schwieg für ein paar Sekunden, sah zu, wie Haruno verbissen zu der nun geschlossenen Schlafzimmertür sah. Als sie merkte wie Gaichi sie anstarrte sah sie zu ihr. "Verzeih mir. Es ist schön, dass ihr befreundet seid, aber Asako ist meine Freundin. Ich will nur das beste für sie und ich habe das Gefühl, dass Ayaki ihr nicht gut tut."

"Du solltest nicht zu hart über sie urteilen. Ich kann nicht sagen, wie es sich entwickeln wird, aber ich bin zuversichtlich." Gelogen, aber es schien die andere wenigstens etwas zu beruhigen.

"Danke, aber ich werde trotzdem weiter auf sie aufpassen."

"Pass nur auf, dass du sie nicht einsperrst."

Haruno nickte nur etwas, erhob sich langsam und ging Richtung Eingangshalle um sich ihre Schuhe an zu ziehen.
 

Kaum dass Asako das Zimmer betreten hatte schloss sie die Tür hinter sich, sah noch immer etwas verwirrt zu Saeko, die sich zu den Klamotten beugte, die noch verstreut in der Gegend herumlagen.

"Saeko?"

"Ich möchte, dass du die bekommst."

Die Ältere trat zu ihr, nahm ihre Hand und kurz darauf spürte sie etwas kleines, kaltes in der Handfläche. Es hing an einer Kette und Asako warf einen Blick darauf als Saeko die Hand weg nahm. In der Hand hielt sie eine kleine, silberne Taschenuhr mit einer Gravierung. Es war ein Engelsflügel darauf eingraviert, sowie ein paar kleine Federn.

"Die ist...wunderschön... Aber wieso...?"

"Ich will einfach dass du sie bekommst, ja? Bewahr sie gut auf."

Saeko lächelte sanft, umschloss ihre Hände mit den eigenen und sah ihr ein paar Sekunden in die Augen bevor sich auch auf Asako's Lippen ein zärtliches Lächeln legte. Saeko konnte so unglaublich süß sein, wenn sie sich nicht gerade wie ein Arschloch benahm. Abermals spürte sie die Aura, die die andere umgab und sie abermals in ihren Bann zog, nur aufgrund dieses Lächelns. Dennoch kam sie um das Gefühl nicht herum, dass sie etwas bedrückte.

"Alles in Ordnung, Saeko?"

Die andere seufzte etwas, sah ein wenig auf die Seite.

"Schon gut. Ich frage mich nur ob du dich wirklich wohl fühlst. Es scheint mir als wärst du lieber in Hanagumi geblieben."

"Das kannst du doch nicht vergleichen. Es ist anders. Obendrein... wenn ich nicht nach Tsukigumi gekommen wäre, dann wäre ich dir nie begegnet."

Vorsichtig schlang Asako die Arme um die andere, lehnte die Stirn an die der anderen und lächelte aufmunternd. Saeko legte ihre Hände auf die Schultern der Jüngeren, blieb aber stumm. Nach ein paar Sekunden der Stille beugte sie sich etwas vor, küsste Asako vorsichtig auf den Wangenknochen und seufzte etwas.

"Ich will dich nicht verlieren", flüsterte sie und Asako drehte den Kopf etwas um ihr einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

"Warum solltest du? Ich liebe dich."
 

Mit einem Mal wurde Saeko wieder warm ums Herz und sie fing Asako's Lippen ein weiteres mal mit den eigenen.

"Ich liebe dich mehr als alles andere."

"Dann hör auf so eine Eifersucht zu schieben. Du weist genau, dass du mit Osa früher oder später auskommen musst. Du musst sie ja nicht mögen, aber verhalte dich bitte wenigstens anständig."

Mit etwas Zögern und zusammengezogenen Augenbrauen nickte Saeko, fühlte sich wie ein zurechtgestutzer Schuljunge. Asako lächelte aber erneut, löste sich dann von ihr.

"Ich sollte dann gehen. Sonst reist mir Osa wirklich noch den Kopf ab."
 

Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis Asako endlich wieder aus diesem verdammten Schlafzimmer kam und sich ihre Schuhe anzog. Hatten die da drin noch einen Quicki geschoben oder wie? Etwas genervt stand Osa im Eingangsraum, war an die Wand gelehnt. Zwischendurch hatte sie sich noch mit Gaichi unterhalten, aber ihre Laune wirklich heben konnte selbst die Senka nicht.

"Bist du fertig?", fragte Osa die jüngere Schauspielerin, welche nur leicht nickte.
 

Saeko und Asako tauschten nur einen flüchtigen Blick als Asako die Wohnung verlies.

Act 1 Scene 7: Critical Point

Als Saeko sich wieder umdrehte nachdem sie die Tür geschlossen hatte stand auch schon Gaichi hinter ihr, sah sie mit diesem ganz speziellem Blick an, den sie nur auflegte, wenn sie etwas hatte worüber sie sich auslassen konnte.

"Was?", fragte Saeko und hob eine Augenbraue, verschränkte dabei in etwas abwehrender Haltung ihre Arme. Dass sie dabei noch immer in der Tür stand half ihr nicht wirklich und ihre Füße froren durch die Socken hindurch. Vielleicht kam daher die Redewendung 'Kalte Füße bekommen'.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du es tatsächlich durchziehst", sagte Gaichi ernst. "Wir sind Freunde, das weist du, und desshalb sage ich es dir jetzt: du bist ein verdammtes Miststück, Saeko."

Saeko trat dann doch wieder in die Wohnung, brummte etwas mies gelaunt als sie sich wieder an den Tisch setzte und die Unterarme auf den Tisch legte. Anschließend verschränkte sie die Finger ineinander. Gaichi meinte es nicht böse, war einfach nur gnadenlos ehrlich, das wusste sie, dennoch war sie beleidigt.

"Und wieso jetzt schon wieder, wenn ich fragen darf? Ich kann mich nicht erinnern irgendetwas verbrochen zu haben."

"Ich glaube das wissen wir beide." Die Senka setzte sich zu ihr. "Du siehst so gut wie ich, dass Haruno komplett in Sena verschossen ist. Warum hast du dich eingemischt?"

"Asako hat etwas besseres verdient gehabt als dieser Verschnitt eines Top Stars."

"Ich habe bissher nur gutes über Haruno gehört. Auch wenn sie streng sein soll und viel meckert hat sie immer eine gute Show gebracht. Obendrein scheint sie sich sehr um Sena zu sorgen. Ausserdem: was lässt dich glauben, dass gerade du emotionaler Krüppel besser für sie wärst."

"Hey ich habe mich geändert!"

"Das sehe ich."

"Was soll dieser ironische Ton?"

Gaichi seufzte schwer und lehnte sich etwas zurück, sah der Otokoyaku eine Zeit lang in die Augen. Da war dieser durchdringende Blick wieder, den sie so verabscheute. Gaichi war eine der wenigen, die nicht durch ihre blose Präsenz beeindruckt wurde, wahrscheinlich einfach weil sie sich so lange kannten.

"Wie lange bis du dir den nächsten Schwarm suchst? Ich bin es langsam leid immer zu sehen wie du von einer Mitspielerin auf die nächste wechselst. War dir Kurara mal wieder nicht gut genug?"

Langsam wurde Saeko doch sauer und erhob ein wenig die Stimme.

"Ich hab sie nie angerührt und das weist du genau wie ich."

"Das nicht, aber du hast ihr mehr als nur Hoffnungen gemacht. Sie hätte für dich getötet und kaum dass sie dir ihr Herz ausschüttet servierst du sie eiskalt ab. Was glaubst du denn wieso sie aufgehört hat? Dass dir überhaupt noch so viele Leute verfallen sind liegt einzig daran, dass niemand je davon spricht."

So offensichtlich hätte sie es ihr nicht ins Gesicht knallen müssen, aber vielleicht besser so als anders. Saeko knirschte mit den Zähnen, krallte sich etwas in ihren Handrücken.
 

"Sieh mich nicht so an", sagte Gaichi etwas unterkühlt, sah Saeko dabei weiter unentwegt in die Augen. Dass sie sich nicht verteidigte musste nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen sein. Vielleicht sah sie ihren Fehler endlich einmal ein, was ein riesiger Schritt nach vorne wäre. Leider musste Gaichi der anderen oft vorhalten, dass sie nicht perfekt war, auch wenn viele sie dafür hielten. Auch Saeko war nur ein Mensch, ob Top Star oder nicht. Dass sie extra aus der Senka-Troupe wieder zurück in die Moon-Troupe geholt wurde nur um dort als Top Star zu agieren hatte ihrem Ego nicht wirklich gut getan, ebenso wenig die Tatsache, dass man ihr alles was sie wollte geradezu hinterherwarf. Saeko musste man ab und zu einen Riegel vorschieben, aber das vergaßen die meisten einfach, da sie zu eingeschüchtert waren, denn Saeko wusste sich durchaus durch zu setzen. Bewusst oder unbewusst. Dass Haruno ebenso ein Titan auf ihrem Gebiet war wie Saeko war vielleicht nicht einmal schlecht. Ob es ihnen gefiel oder nicht, sie waren sich durchaus ähnlich was die Charakterzüge anging.

Dann allerdings erinnerte sich Gaichi nicht daran, dass Saeko jemals so von einer anderen gesprochen hatte wie von der jungen Sena. Es hatte eine Weile gedauert bis es ihr aufgefallen war, aber wenn sie sich unterhielten, dann endete es immer darin, dass Saeko von ihrer Zusammenarbeit mit Sena erzählte. Für Saeko selbst war es wie selbstverständlich, Gaichi jedoch wunderte sich, dass sie so offen über ihre Arbeit sprech. Die Trennung von Arbeit und Freizeit war in Takarazuka an der Tagesordnung und gerade die Top Stars, Saeko allen vorran, machte dabei einen klaren Strich. Wenn die Tür hinter ihr ins Schloss fiel war die Otokoyaku immer wie ausgewechselt, konzentrierte sich aufs Wesendliche und lies ihre persönlichen Gefühle irgendwo vor der Haustür. Das war dann aber wieder ein Merkmal für einen professionellen Schauspieler.

Sie seufzte erneut. Den Blick, den Saeko aufgelegt hatte war sie von ihr gar nicht gewohnt. Eine Mischung aus Wut, Angst und Schuldgefühlen.

"Jetzt zieh nicht so ein Gesicht. Ich habe nicht vor es dir aus zu reden."

"So klang es aber."

"Ich weis. Aber du weist ich meine es nur gut. Ich werde es mir eine Weile ansehen, aber wenn ich wieder bemerke, dass es ausartet, dann werde ich mich einmischen."

Insbesondere, da sie nun die Möglichkeit hatte immer direkt am Geschehen zu sein. Vielleicht war es ganz gut, dass sie im neuen Stück mitspielen konnte, denn so konnte sie nicht nur ein Auge auf Saeko, sondern auch auf Sena haben. Die jüngere zu deuten war für sie leichter als ihre Freundin Saeko, die es geradezu meisterhaft verstand sich zu verstellen sobald noch jemand dabei war.
 

Saeko fühlte, wie ihr Herz allmählich schwer wurde. Jetzt hatte sie auch noch einen Aufpasser. Eigentlich war sie kein Kind mehr, fühlte sich bei Gaichi definitiv aber wie eines. Dann aber wusste sie nicht, was sie ohne die andere machen würde. Saeko wusste, dass sie hier und da unter Größenwahn litt, insbesondere seit ihrer 'Beförderung' zum Top Star, was eigentlich als unmöglich galt sobald man einmal in der Senka-Troupe war. Zwar hatten die Senka ein eigenes Top-Star-Päärchen, aber das bestand eher aus Anstand als aus Ruhm. Es zwang einige der Mitglieder regelrecht aus Takarazuka aus zu steigen um Platz für ein neues Gesicht zu machen wenn die Zuschauer es wünschten. Von der Senka wieder in eine andere Gruppe versetzt zu werden, obendrein Top Star jener Gruppe zu werden war geradezu unmöglich.

"Versprich mir etwas, Gaichi", sagte sie mit einem Mal, sah dabei von ihren Händen auf. "Überstürz es nicht. Asako bedeutet mir wirklich viel und ich will nicht, dass du sie einfach zu Haruno schubst und sie mir wegnimmst."

Gaichi schwieg ein paar Sekunden. "...Wie viel?"

"Hm?"

"Wie viel bedeutet sie dir."

Die Otokoyaku sah ernst drein, sah ihr gegenüber fest in die Augen.

"Ich liebe sie. Mehr als alles andere."

Gaichi schien damit zufrieden, lächelte und erhob sich langsam.

"Gut. Ich glaube dir. Versau es also nicht." Sie klappte die Mappe, die noch immer ausgebreitet auf dem Tisch lag, zu und klemmte sie sich unter den Arm. "Wir sehen uns dann übermorgen."
 

Zurück in Asako's Wohnung blickte Osa immer noch drein wie sieben Tage Regenwetter. Selbst wenn es nicht offensichtlich zum Streit gekommen war, Osa's Blut kochte merklich. Die zwei Schauspieler hatten auf dem Weg kein Wort gewechselt und Asako überlegte wie sie ihre Freundin wieder auf ein Niveau bringen konnte in dem man nicht sofort angeschrieen wurde. Der Top Star neigte zu Übertreibungen.

"Möchtest du noch einen Tee? Ich habe diesen neuen..."

"Ich will nicht, dass du dich wieder mit ihr triffst", unterbrach Osa sie, wodurch Asako etwas verduzt dreinsah und sich zu der anderen umdrehte, da sie sich gerade die Schuhe ausgezogen hatte. Für einen Moment glaubte sie sie hätte sich verhört.

"Bitte was?"

"Du hast mich gehört. Ich will nicht, dass sie dich je wieder ansieht und ich will nicht, dass du weiter in Tsukigumi bist."

Asako merkte, wie ihre Gesichtszüge entglitten und sie Osa für ein paar Sekunden einfach nur anstarrte. Letzendlich konnte sie sich doch wieder aus ihrer Starre lösen und sie schüttelte für einen Moment benommen den Kopf.

"Du kannst nicht entscheiden mit wem ich mich ab zu geben habe und mit wem nicht. Was erlaubst du dir eigentlich?"

"Ich bin deine Freundin, Asako. Gerade desshalb sage ich es dir. Von Saeko kommt einfach nichts gutes und sie wird dir wehtun. Ich bitte dich auf mich zu hören!"

Asako schnaubte einmal, kickte ihre Schuhe einmal frustriert zur Seite.

"Du kannst mir nicht einfach verbieten mich mit ihr zu treffen!"

"Nein kann ich nicht, aber ich sage dir einfach wie es ist."

"Verlass meine Wohnung, Osa."

Osa war inzwischen zu ihr getreten, stand direkt vor ihr. Dank der Schuhe, die die andere noch an hatte war Asako dann doch ein Stück kleiner und legte den Kopf etwas in den Nacken.

"Jetzt hör mir zu! Ayaki ist ein selbstgefälliges etwas, dass nur an sich selbst denkt und dich nur ausnutzen wird. Dass sie mit dir rumhängt wertet ihr Image auf und sie ist doch nur auf den Ruhm aus. Was du denkst ist ihr scheißegal."

"Dann seid ihr ja schon zwei!"

"Stell mich nicht auf eine Stufe mit ihr!"

"Das machst du schon von ganz alleine!"

Der Schlag kam dann doch schneller als Asako hätte reagieren können. Nur den Schmerz in der Wange merkte sie zu deutlich, auch wenn sie ein paar Sekunden brauchte um es überhaupt zu realisieren.
 

Zu spät bemerkte Osa, was sie eigentlich getan hatte. Für eine Sekunde hatte irgendetwas in ihr überhand genommen und ihr war die Hand ausgerutscht. Egal wie wütend sie war, das bereute sie dann doch zutiefst. Sie hatte Asako noch nie vorher geschlagen und der entsetzte Gesichtsausdruck der anderen verstörte sie dann doch.

"A-Asa..."

"Geh..."

"Hör zu."

"Haruno! Geh!"

Nur langsam fühlte Osa ihre Beine wieder, ging ein paar Schritte rückwärts, stolperte geradezu aus der Tür. Asako nannte sie eigentlich nie bei ihrem Künstlernamen.
 

Kaum war die Tür ins Schloss gefallen sackte Asako in sich zusammen, hob die Hand und legte sie auf die gerötete Wange. Kurz darauf merkte sie auch schon, wie ihr die Tränen über die Hand liefen und sie fing an zu schluchzen. Dass Osa so weit ging hätte sie nie gedacht. Schön, sie und Saeko waren nicht gerade die besten Freunde, aber man hätte wenigstens miteinander leben können ohne sich gegenseitig zu zerfleischen. Asako blieb im Gang sitzen, fand auch die Nacht keinen Schlaf.
 

Das Training begann zwei Tage später pünktlich um 8 Uhr morgens. Die Schauspielerinnen, Tsukigumi und Senka, trudelten alle eine viertel Stunde früher ein, verstauten die Taschen jeweils unter einem der Tische. Es stand wie immer zu Beginn eines Stückes zunächst eine Vorbesprechung an, die nicht in der üblichen Trainingshalle, sondern in einem etwas kleinerem Konferenzsaal statt, die ungefähr die Ausmaße eines Klassenzimmers hatte. Die Schauspielerinnen passten dort gerade so hinein, allerdings waren die Stühle etwas knapper bemessen, sodass ein paar von ihnen standen oder sich auf die Tische setzten. Saeko war eine der ersten Anwesenden, hatte sich vorne an den linken Rand gesetzt und studierte den Trainingsplan, den sie in ihrem Briefkasten vorgefunden hatte. Er war tatsächlich vollgepackter als sie es sich gedacht hatte, denn neben den regulären Einheiten standen noch Stimmtrainings und Weiterbildungen an, an denen sie alle teilnehmen mussten. Dazu Pressekonferenzen, die schon Monate vorrausgeplant waren, Kostümproben, Auftritte und die Generalproben. Die Lücken, die die Freizeit darstellten, waren dabei verschwindend gering, insbesondere zu Beginn und Ende der Saison. Einige der jüngeren Darstellerinnen kamen zu ihr, fragten sie etwas über ihre Rolle aus und wie die Saison wohl aussehen würde. Zwar war sie ein Top Star, wusste aber nur desshalb noch lange nicht alles und musste desshalb abwinken.

Sie drehte den Blick immer wieder Richtung Tür. Asako war noch immer nicht anwesend und generell hatte sie die jüngere seitdem sie mit Osa verschwunden war nicht mehr gesehen. Zwar hatte sie versucht zu telefonieren, aber sie ging weder an das Haustelefon, noch an ihr Handy, öffnete auch nicht, wenn sie bei ihr klopfte oder klingelte. Zwar sorgte sich Saeko, sehr sogar, aber wenn Asako sich entschied auf Abstand zu gehen konnte sie es auch nicht ändern. Vielleicht war es nur um ihre Freundschaft mit Osa zu retten, das war für sie zumindest die einzige Erklärung. Sobald sie etwas Luft während des Trainings hatte, in der Pause vielleicht, würde sie die andere einmal ansprechen müssen. Erst als man sie an der Schulter berührte merkte sie, dass sich Gaichi zu ihr gesellt hatte. Vor Schreck hätte sie beinahe das Script in die Luft geworfen.

"Immer noch keine Antwort?", fragte die Senka und lehnte sich an den Tisch. Saeko schüttelte nur stumm den Kopf, schaute etwas bedrückt drein. "Das wird schon. Sie wird ihre Gründe haben."

"Das hoffe ich. Und ich hoffe auf mindestens einen guten."
 

Gehetzt und noch immer völlig unfertig kam Asako in den Raum gestolpert, kurz bevor auch der Leiter des Stücks, ebenso wie Choreograph, die leitenden Musiker, der Diregent und der Leiter für alles was mit Gesang zu tun hatte den Raum betraten. Asako sah aus als hätte sie ein Sturm unterwegs erfasst. Ihre Haare waren nur notdürftig gemacht und ihr Hemd nicht gänzlich zugeknöpft. Obendrein war sie ungeschminkt. Schnell überflog sie den Raum, bemerkte die üblichen Grüppchen und schlussendlich auch Gaichi mit Saeko am anderen Ende. Dem auffordernden Blick des Top Stars ausweichend blieb sie an der Tür stehen, drückte stattdessen ihre Mappe, in der sich noch nichts befand ausser dem Trainingsplan, der sich aber im Verlauf der Saison um einiges füllen würde, an ihren Oberkörper und lehnte sich an die Wand. Ihr war schwindlig und sie war müde. Seit dem Streit mit Osa hatte sie so gut wie gar nicht geschlafen, zerbrach sich den Kopf über dies und jenes. Die ständigen Anrufe und versuchten Besuche von Saeko und Osa hatten es auch nicht besser gemacht. Zwar hatte Osa versucht sich in aller Ausführlichkeit zu entschuldigen, jedoch konnte Asako ihr aus einem Grund, den sie sich nicht erklären konnte, nicht verzeihen. Wahrscheinlich war es die Angst es könnte wieder passieren. Osa war ihre beste Freundin und sie wollte sie eigentlich nicht verlieren, andererseits war da auch Saeko, die ihr Herz gänzlich eingenommen hatte und die sie ebenso nicht verlieren wollte. Dennoch fühlte sie sich als müsse sie sich zwischen ihnen entscheiden, wesshalb sie lieber auf Abstand gegangen war. In der Tasche hatte sie noch immer Saeko's Taschenuhr, die sie, wenn sie wieder den Tränen nahe war, fest in der Hand hielt und das kalte Gehäuse ihre Hand kühlen lies.
 

Die Leiter begannen nachdem die jungen Frauen sich alle ein wenig beruhigt hatten und Stille im Raum herrschte. Diejenigen, die zuerst noch verteilt im Raum gestanden hatten, hatten sich inzwischen auch zu ihren jeweiligen Grüppchen gestellt, lauschten aufmerksam den Worten der Leiter, die zuerst nur aus bloßem Vorstellen bestand. Als die Tür aufgerissen wurde sahen alle Anwesenden gleichzeitig Richtung Tür und eine weitere junge Frau kam hereingestolpert, verbeugte sich entschuldigend tief.

"Verzeihung. Ich stand im Stau", sagte sie, blieb bei einer recht zerzausten jungen Frau stehen und schluckte leicht, ertrug den Ärger, den sie bekam. Der Leiter des Stückes brüllte sie einmal quer durch den Raum an, aber das war eigentlich schon Tradition am ersten Tag einer neuen Saison. Irgendwer kam immer zu spät und kassierte dafür einen gehörigen Anschiss. Diesmal hatte es sie einfach getroffen, obwohl sie eigentlich gehofft hatte, dass sie dem aus dem Weg gehen konnte oder es zumindest nicht auffallen würde. Nach der offensichtlichen Demütigung, die sie ja erwartet hatte, sah sie zu der Frau neben sich, die etwas blässlich-krank wirkte. Sie hatten noch kein wirkliches Wort miteinander gewechselt und da der Leiter sich mal wieder mit den üblichen Förmlichkeiten, die sie alle inzwischen runterbeten konnten, beschäftigte, entschied sie sich sich zumindest mal förmlich vor zu stellen.

"Kiriya Hiromu. Freut mich sehr", sagte sie lächelnd und deutete eine leichte Verbeugung an.

Die andere lächelte etwas, offensichtlich erzwungen, nickte kurz freundlich.

"Ebenso sehr erfreut."

"Also... was ist das nächste Stück überhaupt?"
 

Asako hob etwas erstaunt die Augenbrauen. Es war ungewöhnlich für ein Takarazuka-Mitglied so unwissendlich zu sein, besonders wenn es um das nächste Stück ging. Meist war neben dem Titel des Stücks zumindest Ausschnitte und die grobe Rollenverteilung bekannt, wobei letzteres nicht sonderlich schwer vorraus zu sehen war. Die strenge Hirachie innerhalb der Troupes machten es leicht zu sagen wer die Hauptcharaktere spielen würde und wer nur als Randperson Unterstützung leistete.

"Uhm... Elisabeth." Sie sah zu wie die junge Frau neben ihr einen kleinen Freudensprung machte. "Wieso so fröhlich?"
 

"Ich habe die Aufführung von Hanagumi gesehen und sie war fantastisch. Ich war ganz begeistert."

Ihr Gegenüber lächelte dieses mal etwas aufrichtiger, was Kiri etwas verwirrt dreinschauen lies.

"Ich bedanke mich." Die Verwirrung nahm nur noch weiter zu und die andere Schauspielerin lachte ein wenig zu sich. "Sena Jun. Ich habe Lucheni gespielt."

Kiri brauchte in paar Sekunden, aber sprang daraufhin geradezu einen kleinen Satz nach hinten, lächelte dann überglücklich und nahm die Hand der anderen, schüttelte diese, wenn auch zur Verwunderung der anderen Schauspielerin.

"Wow ich hätte nicht gedacht, dass du auch in Tsukigumi bist. Man da ist man mal eine Saison nicht da und schon verpasst man so ein Ereignis. Ich freue mich total."

"Uhm..."

"Ich bin ein ganz großer Fan von deinem Lucheni. Ich hoffe ich werde genauso gut."

"Ich dachte du weist nichts von der Aufteilung nichts."

Kiriyan warf einen kurzen Blick nach vorne, wo der Leiter noch immer sprach, wesshalb sie sich wieder zu Sena drehte und sich auf einen der kleinen Tische drückte.

"Nunja Saeko wird wohl den Tod bekommen, das ist ja klar. Dass Gaichi auch dabei ist heißt wohl, dass sie Franz-Joseph bekommt, Yuuhi passt besser in Rudolph mit ihrem Hundeblick und da ich für Elisabeth nicht geeignet bin denke ich mal, dass ich Lucheni bekomme oder eben gar keinen."
 

Dafür, dass die Rolle der Schauspielerin so auf der Kippe stand wirkte sie ziemlich fröhlich. Normalerweise war es eine Sache von Popularität welche Rolle man bekam, es sei denn einer der Top Stars hatte seine Finger im Spiel. Jedoch sagte sie nichts weiter darauf, konzentrierte sich stattdessen auf das, was sich inzwischen ganz vorne abspielte.

"Wie ihr sicher wisst", sagte der Direktor. "wird das die letzte Saison für Ayaki Nao sein. Ich hoffe ihr strengt euch entsprechend an."

Von der Gruppe kam ein einstimmiges "Ja" und der Direktor fuhr mit der Rollenverteilung des Stückes fort. Zu Asako's Verwunderung war es genauso wie Kiriya es vorraus gesagt hatte, dann widerum war sie verwunderter als sie hätte sein sollen. Die Rolle der Elisabeth wurde zuerst ausgelassen und stattdessen die Gruppen eingeteilt. Einige Ungaren, die Statuen, die Geister/Statuen, die Todesengel... jeder bekam eine Rolle, jedoch fühlte Asako sich abschnittsweise etwas übergangen. Innerlich hoffte sie inständig nicht Elisabeth zu bekommen. So gern sie mit Saeko auch zusammenarbeiten wollte, in ihrem durchaus verwirrtem Zustand konnte sie die Nähe der anderen nicht sonderlich lange ertragen.

"Sena Jun wird Elisabeth spielen", kam es mit einem Mal und Asako konnte es nicht verhindern, dass ihr frustriert die Schultern etwas absackten. Genau das hatte sie vermeiden wollten. Kiriya neben ihr legte ihr eine Hand auf die Schulter, lächelte sie aufmunternd an.

"Herzlichen Glückwunsch." Ein kurzer Applaus kam aus von den anderen und Asako lächelte gekünstelt.

"Danke..."
 

Nachdem die Scripte ausgeteilt worden waren hatten sie einen Großteil des Tages damit verbracht eben jenes zu studieren. Ab und an warf Saeko einen Blick zu der jungen Schauspielerin nach hinten. Glücklich schien sie mit der Rolle nicht. Freute sie sich nicht, dass sie mit ihr zusammenarbeiten konnte? Wenn nein, wieso? Irgendetwas war zwischen ihr und Osa vorgefallen und Saeko war gewillt heraus zu finden, was genau das war. Es musste ja einen Grund haben wieso sie so offensichtlich abweisend war.

Yuuhi gesellte sich zu ihnen, lächelte etwas und hockte sich auf Saeko's Tisch.

"Hoffen wir mal, dass wir eine gute Show für dich heraushauen können." Saeko brummte nur zustimmend. "...Ist alles okay bei dir?"

Gaichi mischte sich ein, legte Yuuhi eine Hand auf die Schulter und lächelte etwas schief.

"Milady Tod war mal wieder viel zu lange wach. Du weist wie grummelig sie wird wenn sie nicht genug Schlaf bekommt."

"Das sagt gerade die Richtige", kam es dann doch von Saeko und diese sah zu ihnen auf. Yuuhi sah aus wie der junge Morgen, war ganz offensichtlich ausgeruht und guter Dinge. Nicht ganz schlecht, bedachte man, dass die nächsten Wochen aus Stress und Anstrengung bestehen würden. Es war ganz gut, dass gerade in Tsukigumi viele Mitglieder waren, die gerne das Eis brachen und für etwas Stimmung sorgten. Das machte sie Zusammenarbeit um so vieles leichter und mit Spaß lernte es sich leichter.
 

Yuuhi zog die Augenbraue etwas hoch. Ihre anfänglich so gute Laune war fast wie verflogen als sie Saeko's bedrückten Gesichtsausdruck sah. Statt aber weiter nach zu fragen lächelte sie und beugte sich zu dem Top Star.

"Ach komm. Das wird toll. Immerhin sind wir mal alle zusammen in einem Stück. Das kann nur gut werden."

'Wir' waren in diesem Falle Yuuhi selbst, Saeko, Gaichi und Kiriyan. Leider war Kimu nicht dabei, aber die war in ihrer eigenen Gruppe, Yukigumi um genau zu sein, mit ihrem eigenen Stück beschäftigt. Die Fünf kannten sich schon eine Weile, hatten sich mehr oder minder über Saeko und Gaichi kennen gelernt, die schon desöfteren die Troupe gewechselt hatten, und irgendwie waren sie in engem Kontakt geblieben. Inzwischen kannte Yuuhi Saeko dann auch gut genug um zu deuten wann sie nicht über etwas reden wollte, sei es ob es ihr unangenehm war oder unangebracht. Sie warf einen flüchtigen Blick auf Gaichi, die ihre Vermutung mit einem leichten Stirnkräuseln bestätigte. Sie würde die Senka später fragen was vorgefallen war.

"Apropos... Wo ist Kiriyan hin?", fragte Yuuhi schlieslich und warf einen Blick im Raum herum. Die meisten waren in ihr Script vertieft, aber Kiri war wie untergetaucht. Wie ein so lauter, fröhlicher Mensch manchmal so unsichtbar sein konnte war ihr schleierhaft und im nächsten Moment würde sie wieder hinter ihr stehen und ihr einen Klapps verpassen oder ähnliches. Kiri liebte es Yuuhi zu ärgern.

"Sie steht hinten bei Sena", antwortete Gaichi und zeigte in die Ecke des Raumes. Mit Sena hatte sie schon Bekanntschaft gemacht, immerhin hatten sie im vorrangegangenen Stück die selben Rollen im Routationsprinzip gespielt, aber so wirklich ins Gespräch gekommen war sie mit der jungen Schauspielerin noch nicht. Sena schien dafür zu gern für sich zu bleiben und sich aufs Wesendliche zu beschränken. Dass Kiri bei ihr stand war dabei dann nicht verwunderlich. Kiriyan war durchaus aufdringlich, schaffte es dennoch so manches Eis zu brechen. Vielleicht sollte sie sich auch einmal mit Sena unterhalten, denn immerhin wirkte sie ganz nett, wenn sie auch auf die Entfernung etwas kränklich aussah. Kurzerhand lächelte sie Saeko und Gaichi nochmals zu, quetschte sich durch den Raum an den Schauspielerinnen vorbei, die verbissen über ihren Scripten hingen, und kam bei Kiri und Sena zum stehen.

"Du schuldest mir noch Geld, Kiriyan. Du warst doch zu spät."

Yuuhi konnte nicht anders als zu grinsen.

"Was? Aber das waren keine fünf Minuten."

"Ärger hast du trotzdem bekommen."
 

Etwas irritiert sah Asako zwischen Kiriya und der anderen Frau, die sie als Yuuhi kannte, hin und her. Wahrscheinlich hatten die beiden eine Wette abgeschlossen, aber das ging sie ja nichts an. Kiriya hatte sie etwas über sich ausgefragt, was sie allerdings elegant, soweit es eben ging, weggeredet hatte. Sie sprach nicht gerne über ihr Privatleben, besonders in letzter Zeit.

"Guten Morgen, Yuuhi", sagte sie dann aber dennoch freundlich, künstelte wieder ein Lächeln. "Schön, dass wir wieder zusammen arbeiten."

Abermals sah die andere Schauspielerin zu ihr, lächelte höflich und verbeugte sich kurz.

"Auf erneut gute Zusammenarbeit. Herzlichen Glückwunsch zur Rolle im übrigem. Ich habe gehört ein paar der Musumeyaku waren ziemlich frustriert desshalb."

"Als ob ich damit glücklicher wäre", murmelte sie eher zu sich, starrte dabei einen Moment zu Boden ehe sie wieder zu Yuuhi aufsah und das Script in ihren Armen etwas näher an den Körper drückte. "Aber egal. Wir sollten uns langsam an die Arbeit machen, oder?"

Kiriyan winkte etwas ab und lachte kurz.

"Ach du weist doch wie das läuft. Am ersten Tag sollen sich doch alle erst einmal mit den Rollen vertraut machen. Ich glaube mal, dass sie jetzt noch die restlichen Rollen verteilen und dann können wir erst einmal gehen bis heute Nachmittag."

"Eigentlich könnten wir jetzt schon gehen."

Asako erstarrte etwas auf der Stelle, sah stur geradeaus einmal durch den Raum. Saeko war zu ihnen getreten, dicht gefolgt von Gaichi.

"Können wir dann endlich frühstücken gehen? Ich hab so einen Kohldampf", jammerte Kiriyan. Gaichi tippte der jüngeren gegen die Stirn und schmunzelte etwas.

"Du hast wirklich nur deinen Magen im Kopf."

"Hey das ist nicht wahr."

"Dann werde ich mal gehen", meinte Asako etwas kühl, war gerade in den Ansätzen daran zu gehen als Yuuhi sie am Arm festhielt.

"Jetzt warte doch mal", sagte die zukünftige Rudolph-Darstellerin und zog sie etwas zurück sodass sie ein wenig nach hinten stolperte. "Du siehst aus als könntest du auch einen Happen vertragen."

"Ich bin nicht wirklich hungrig..."

"Papperlapapp", meinte Gaichi mit einem mal, fischte nach Asako's Script, welches sie natürlich versuchte zurück zu holen. "Ich geb es dir nach dem Essen wieder. Gehen wir."

"Aber..."

"Jetzt komm schon."
 

Saeko sah nur mit einem leichten Lächeln dabei zu wie Asako von Kiriyan vorrausgeschoben wurde. Gaichi hatte recht gehabt als sie meinte, dass die zwei jüngeren Otokoyaku Asako mit dabei haben wollten. Bei nächster Gelegenheit würde sie die jünger an die Seite nehmen. Die zwei Tage ohne sie waren geradezu unerträglich gewesen und sie so nahe zu sehen und doch nicht berühren zu können war nur noch schlimmer. Alles was sie wollte war die jüngere in den Armen zu halten, sie zu küssen und ihr zu sagen wie sehr sie sie liebte, wollte sie fragen, wieso sie sich nicht gemeldet hatte und wie viel Sorgen sie sich gemacht hatte. Stattdessen hielt sie sich zurück, fühlte dabei wie ihre Beine zitterten aus Angst, dass Asako sich dazu entschieden hatte sie nicht mehr zu wollen.

Hinter den anderen folgte sie auf etwas Abstand, sah zu wie Kiriyan mehr als interessiert neben Asako her lief und ihr ein Gespräch aufzwang. Vielleicht war es ganz gut wenn die junge Schauspielerin etwas abgelenkt wurde. Die kleine Gruppe ging in ein kleines Café ganz nahe an der Trainingshalle. Es war eins der beliebtesten Cafés bei den Takarazuka-Mitgliedern, sei es zum Frühstück, Mittag essen, Abendessen oder zum feiern gehen. Kaum dort angekommen schoben Yuuhi und Kiri Asako zu einem Tisch in der Ecke des Raumes, wo sich die kleine Gruppe nieder lies.
 

Das Frühstück lief einigermaßen gesittet ab und sogar Asako brachte sich etwas ins Gespräch ein. Dass Saeko neben ihr saß lenkte sie zwar ein wenig ab, aber sie schaffte es doch zumindest einigermaßen geradeaus zu denken. Dennoch fühlte sie ab und zu die Blicke von der Seite, die ihr sagten, dass sie um eine Konfrontation nicht drumrum kam. Im Augenwinkel suchte die junge Schauspielerin einen abgelegenen Raum, vielleicht fand sich einer, in dem man ungestört reden konnte ohne von jemand anderem belästigt zu werden. Soweit sie beurteilen konnte besuchte keiner der Anwesenden die Toilette, was eigentlich nicht verwunderlich war. Wieso ein öffendliches Klo besuchen wenn man das eigene gleich um die Ecke hatte? Während sich Yuuhi, Kiriyan und Gaichi unterhielten, Saeko etwas abwesend daneben saß, warf Asako einen Blick zu dem schweigsamen Top Star, wartete, bis diese ihren Blick erwiederte. Für einige Sekunden sahen sie sich nur an bevor Asako sich an die anderen drei Frauen wandt.

"Entschuldigt mich für eine Sekunde", sagte sie bevor sie aufstand und in Richtung der Toiletten ging, an der Tür noch einen Schulterblick zu Saeko warf.
 

Der Top Star war die ganze Zeit ein klein wenig abwesend, machte sich so ihre Gedanken. Zu gerne hätte sie unter dem Tisch nach Asako's Hand gegriffen und sie gefragt wieso sie so furchtbar blass war und etwas rumkränkelte. Sie wollte sich entschuldigen, auch wenn sie nicht wusste wofür, aber sie hoffte nur, dass es Asako dadurch besser gehen würde.

Von der Seite fühlte sie ein stechendes Starren, der Konversation zwischen den drei anderen konnte sie schon gar nicht mehr folgen, schielte desshalb hinüber zu Asako, die sie auffordernd ansah und schlussendlich aufstand, in eine Richtung wegging. Ein letzter Blick bevor sie in die Toilette verschwand. War sie denn wahnsinnig? Die Klos waren zwar nicht dreckig, aber ihr eigenes Bad war doch keine fünf Minuten entfernt. Ein Tritt gegen ihr Schienbein riss sie aus den Gedanken und sie biss sie auf die Zunge, blickte zu Gaichi, die ihr gegenüber saß und sie geradewegs sauer ansah. Als die Senka in Richtung der Toiletten nickte verstand selbst sie.

"Ich bin gleich wieder da", murmelte sie und folgte Asako durch das Café. Sie hörte noch wie Yuuhi etwas verwirrt nachfragte, aber sie ignorierte es noch.

Wie sie es erwartet hatte fand sie Asako alleine in dem kleinem Raum vor. Selbst in ihrem offensichtlich kränklichem Zustand war sie wunderschön an zu sehen wie sie sich an eines der Waschbecken lehnte und auf den Boden starrte. Wie es schien hatte sie sich inzwischen die Haare etwas zurechtgezupft. Gerade als sie etwas sagen wollte unterbrach sie die jüngere.

"Es tut mir leid..." Es war kaum mehr ein Flüstern, aber für Saeko gerade noch zu hören. "Ich... die letzten Tage verliefen nicht so gut für mich."

Saeko trat zu ihr, stellte sich vor sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Ist schon gut. Ich habe mich nur furchtbar gesorgt..."

"Ich weis. Aber ich musste etwas nachdenken." Saeko legte den Kopf schief, aber Asako schwieg zunächst.

"Asako..."

"Osa und ich haben sich gestritten." Dieses mal schwieg Saeko. "Es ging dabei einzig um dich." Die Stimme der Jüngeren knickte ein bisschen ein und selbst wenn sie zu Boden starrte konnte man sehen, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. "Ich will mich nicht zwischen euch entscheiden müssen. Warum zwingt ihr mich dazu?"

"Keiner zwingt dich dazu."

"Ihr könnt keine zwei Minuten aufeinander sitzen ohne euch an die Gurgel zu gehen. Osa wollte mir sogar verbieten dass wir uns wiedersehen. Ich merke deutlich, dass du Osa am liebsten aussperren würdes. Denkst du ich bin so blöd um das nicht zu merken?"

"Hör mir zu..."

Asako schlug ihre Hand weg.

"'Hör zu, hör zu, hör zu' das ist alles was ich von euch beiden je höre. Könnt ihr eure Differenzen nicht einmal beiseite legen? Ich habe keine Lust ständig zwischen den Stühlen zu sitzen!"
 

Im nächsten Moment wurde die junge Schauspielerin auch schon nach vorne gezogen, fand sich in Saeko's Armen wieder. Es war der Punkt, in dem sie auch nicht mehr stehen konnte, sich an den Schultern der anderen festkrallte und sich an die drückte. Noch immer riss sie sich furchtbar zusammen um nicht los zu weinen, schluckte den harten Klos in ihrem Hals hinunter. Zärtlich strich Saeko ihr über den Rücken.

"Ich wusste nicht, dass es dir so viel bedeutet", murmelte der Top Star leise, hatte sich dabei etwas näher zu ihrem Ohr gebeugt. "Wenn du willst dann werde ich mich am Riemen reißen. Ich will dich nicht verlieren. Nicht wegen so etwas."

Ein wenig sackte Asako in den Armen der anderen zusammen, schlang die Arme um ihren Nacken und schloss die Augen. Die Worte der anderen erleichterten sie ungemein, auch wenn sie Schuldgefühle bekam nicht sofort zu ihr gekommen zu sein. Asako war es gewohnt ihre Probleme hinter verschlossenen Türen zu lassen und sie in sich hinein zu fressen statt darüber zu sprechen.

"Allerdings Asako...?" Die junge Schauspielerin sah auf, sah Saeko in die Augen. Etwas bestimmtes lag darin, was sie nicht fassen konnte. "Eine Sache wäre da." Irgendwie fürchtete sie sich vor dem was kam. "Du magst zwar Haruno's Lucheni sein, aber du bist meine Elisabeth."

Asako lies die Schultern ein wenig fallen. Es stimmte. Osa war ihre Freundin, unersetzbar in dieser Hinsicht, aber Saeko war die Person, der sie ihr Herz schenkte. Immer und immer wieder.

"Ich liebe dich", hauchte die andere und legte eine Hand an ihre Wange. Asako musste etwas lächeln.

"Ich liebe dich." Am Kragen zog sie die andere in einen zärtlichen Kuss und die zukünftige Elisabeth-Darstellerin fühlte sich mit einem Mal sehr viel befreiter.

Act 1 Scene 8: Finale Act 1

Die folgenden Wochen liefen genau so ab wie Saeko es sich schon gedacht hatte. Nachdem Asako sich nochmals mit Osa ausgesprochen hatte, was wohl nicht ganz ohne Tränen vergießen über die Runden gekommen war, da Asako danach mit recht aufgequollenen Augen zu ihr gekommen war, hatten sie sich darauf geeinigt Arbeit und Privatleben noch strenger zu trennen als sowieso schon. Während des Trainings sprachen sie und Asako kaum ein Wort miteinander wenn es nicht notwendig war. Ganz leicht war es allerdings nicht, denn Asako sah einfach hinreisend um zum Anbeisen aus in den Röcken, die sie während der Saison tragen musste. Die Spannung, die sich spürbar während dieser Zeit zwischen ihnen aufbaute, entlud sich meist in den wenigen Zeiten, die sie beide nach dem Training hatten. Es war nicht immer ganz leicht, denn sowohl Asako als auch Saeko mussten unabhängig voneinander teilweise bis spät in die Nacht proben. Wenn sie dann doch mal vorkam, dass sie beide früher schluss hatten kam Asako meist mit zu Saeko unter dem Vorwandt, dass es sich bei ihr leichter kochen lies. Zum Kochen kamen die zwei meistens nicht, sondern landeten prompt im Bett, auf der Couch, am Kühlschrank oder ähnlichem. Dabei nahm Asako immer öfter die Zügel in die Hand, was Saeko nur zu sehr begrüßte, auch wenn sie immer öfter Schals tragen musste. Sie und ihr wunderschöner Engel lernten schnell sich innerhalb und ausserhalb von Tsukigumi aufeinander ein zu stellen, aufeinander zu reagieren und sich damit das Leben zu erleichtern. Auch lebte Asako seitdem sie mit ihr zusammen war, wenn auch im geheimen, langsam aber sicher auf. Sie verstand sich blendend mit Gaichi, Yuuhi und Kiriyan und wenn Saeko mal wieder lange unterwegs war oder am Wochenende zum Sondertraining gerufen wurde verbrachten die vier meist ihre Zeit zusammen. Auch Haruno war meistens bei diesen Ausflügen mit von der Partie. Es hatte sich soweit eingestellt, dass Saeko und Osa sich weitgehenst aus dem Weg gingen, was der Trainingsplan von Tsukigumi und Hanagumi geradezu unterstützte. Meist war es so, dass Haruno zum Training musste wenn Saeko gerade Zeit hatte und Saeko's Training lag meist auf Haruno's freier Zeit. Wenn sie dann doch mal in der Gruppe weg gingen dann wechselten sie meist kein Wort. Die Eifersucht der anderen war geradezu greifbar, aber Saeko konnte es ihr nicht verübeln.

Je mehr sie Asako kennen lernte, umso mehr lernte sie sie lieben. Immer wieder stellte sie fest wie wundervoll Asako eigentlich war, wenn es auch nur so kleine Dinge waren. Sie beobachtete die andere oft wie sie über dem Script hing, den Text lernte und leise die Melodien zu ihren Liedern summte. Ein paar Minuten später starrte sie meistens aus dem Fenster, hing ihren Tagträumen nach, bei denen sie immer diesen ganz speziellen Ausdruck in den Augen hatte der einen einfach dahinschmelzen lies. Jedes mal aufs neue wäre sie am liebsten zu ihr gegangen, hätte ihren Nacken geküsst, Asako reagierte immer empfindlich darauf, und hätte die Hände über ihre Seiten gleiten lassen. Und jedes mal aufs neue fuhr sie sich durch die Haare, versuchte sich auf einen anderen Punkt im Raum zu konzentrieren und ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, was gar nicht so einfach war.
 

Asako saß, oder besser lag in ihrer Wohnung im Bett, dachte etwas über die Premiere nach, die kurz bevor stand. Den so verhassten Rock hatte sie in eine Ecke geworfen, lag in ihrem Shirt und Slip auf dem Bett. Saeko war noch bei der Probe, ebenso wie Gaichi. Kiriyan und Yuuhi waren jeweils auf ihren Zimmern und übten mal wieder ihre Texte. Ab und zu kamen frustrierte Nachrichten von Kiri, die sich darüber aufregte, dass sie die italienischen Absätze, die sie lernen musste, einfach nicht in den Kopf bekam, geschweigedenn aussprechen konnte. Die Rolle der Elisabeth zu lernen war der jungen Schauspielerin leichter gefallen als gedacht, wohl, weil sie dieses Stück schon so oft gehört und gespielt hatte. Manchmal erwischte sie sich noch wie sie Lucheni mitsprach.

Seufzend sah sie auf die silberne Taschenuhr, die ihr Saeko geschenkt hatte. So kurz vor der Premiere kam sie sich besonders verlassen vor, brauchte den Top Star an ihrer Seite. Schon am Vorabend als Saeko bei ihr war hatte sie einen halben Zusammenbruch hinter sich gehabt. Die Tatsache, dass Saeko nach dem Stück nicht mehr in Takarazuka sein würde machte ihr schwer zu schaffen, so gut es in der Zwischenzeit auch verlaufen war. Sie war sich nicht sicher ob sie das alles schaffen würde, auch, da angekündigt worden war, dass Asako auf jeden Fall die Nachfolge von Saeko antreten würde.

"Es wäre eine Verschwendung, wenn du es nicht wärst", hatte Saeko ihr gesagt und Gaichi hatte es nur unterstützt. "Du arbeitest so hart und du hast alles was es braucht. Du wirst wundervoll."

Wundervoll... das hatte Osa ihr auch immer gesagt. Jedoch dann war Osa doch wieder zu sehr auf sie fixiert. Zwar hatte sich der Hanagumi-Top-Star inzwischen damit abgefunden, dass ihr Herz Saeko gehörte, aber das hatte sie nicht daran gehindert ihr ein sehr aufreibendes Geständnis zu machen. Unter starkem Alkoholeinfluss. Noch immer hoffte Asako, dass Osa sich irgendwann damit abfand, aber sonderlich rosig sah es nicht aus. Ab und an fühlte sie noch die Blicke der älteren Schauspielerin auf sich. Dann wiederum hatte sich an dem Verhalten, dass sie sich gegenüber an den Tag legten nicht verändert, die anfänglichen Streits waren vergessen.

Dann waren da noch Kiriyan, Yuuhi und Gaichi. Asako hatte die drei Frauen wirklich lieb gewonnen und wusste schon gar nicht mehr was sie ohne diese tun würde. Gerade Kiriyan und Yuuhi waren ihr ans Herz gewachsen und erleichterten ihr den Gedanken, dass Saeko nach der Saison nicht mehr da sein würde.

Seufzend hob sie sich die Taschenuhr vor die Nase, drückte auf den Knopf und öffnete diese damit. Es war schon viel zu spät.
 

Gaichi unterdessen saß zusammen mit Osa am Tisch und sie aßen zu Abend. Die Senka hatte sich dazu entschieden noch etwas zu kochen und den Hanagumi-Top-Star zu besuchen. Sie und Osa verstanden sich blendend, auch wenn sie sich meist trafen ohne, dass die anderen etwas davon mitbekamen. Kiri und Yuuhi gingen meist auf Abstand zu Osa, gerade weil diese ein wenig eigenwillig war, aber Gaichi kam damit durchaus zurecht. Sie selbst war zwar keinesfalls auf die selbe Stufe wie ein Top Star zu stellen, aber das hieß nicht, dass sie nicht wusste wie man selbige zurechtstutzte. Bei Saeko klappte es und bei Osa ebenso. Selbst wenn sie es nicht gern hörten waren sie sich in gewisser Weise ähnlich, besonders wenn es dann zur jungen Sena kam. Wie besessen Osa manchmal von ihrer besten Freundin war war manchmal einfach sehr traurig mit an zu sehen. Ab und an hatte sie beobachtet wie traurig ihr Blick wurde wenn Sena Saeko vorzog. Yuuhi hatte gemeint, dass Osa sich wohl einfach ersetzt vorkommen musste, aber Gaichi hatte da ihre eigene Theorie.

"Wann ist eigentlich genau die Premiere?", fragte Osa mit einem mal und unterbrach den Gedankengang der Senka. Gaichi lächelte schief.

"Ich dachte du hast Karten dafür."

"Schon. Das heißt nicht, dass ich mir das Datum gemerkt habe."

Kurz schwieg Gaichi. "Lüg mich nicht an. Sena spielt mit. Natürlich weist du das Datum. Und in der Nacht davor wirst du wieder bei ihr auf der Matte stehen."

Osa schnaubte etwas, was Gaichi wieder nur lächeln lies. Die jüngere Schauspielerin war wirklich etwas dickköpfig.
 

Manchmal hasste Osa wie leicht Gaichi sie durchschauen konnte. Natürlich stand die Hanagumi-Schauspielerin kurz vor der Premiere bei Asako vor der Haustür. Es war schon fast gruselig wie gut die Senka den Überblick behielt, dann aber wieder ergänzte sie das kleine Grüppchen, welches sie inzwischen gebildet hatten. Sie war sozusagen der Manager der ganzen Chaotentruppe. Wer in der Gruppe allerdings wirklich im Mittelpunkt stand war meistens fraglich.

Seufzend klingelte Osa an Asako's Tür, bekam zunächst keine Reaktion. Irgendwie kam ihr die Situation sehr vertraut vor. Wenn Ayaki jetzt die Tür aufmachte dann würde sie ihr wohl den Kaffee, den sie unterwegs geholt hatte, einfach ins Gesicht schütten und wieder gehen. Zwar konnte sie nicht verhindern, dass Asako so viel Zeit mit diesem Miststück von Top Star verbrachte, aber es war besser als sie gänzlich zu verlieren. Nach der Saison würde sie sowieso nicht mehr da sein und das war die Zeit, in der Osa ihr Glück nochmal versuchen wollte. Dennoch musste sie erst einmal wieder ihre Basis finden auf der sie aufbauen konnte. Warum brauchte Asako eigentlich so lange? Sie hätte die Tür schon lange aufmachen sollen. Gerade als sie ein weiteres Mal auf die Türklingel drücken wollte öffnete ihr die junge Schauspielerin, sah etwas gehetzt drein und Osa hob eine Augenbraue.

"Jetzt sag mir bitte nicht Ayaki ist bei dir." Asako schüttelte den Kopf. Vielleicht war sie nur nervös. "Uhm... kann ich reinkommen? Ich hab dir Kaffee mitgebracht."

Wortlos lies Asako sie dann doch hinein, was Osa erneut etwas verwunderte. Sie wirkte recht fertig und obendrein trug sie soweit sie das beurteilen konnte ihre Schlafklamotten.

"Hast du geschlafen?"

"Ich habs versucht", sagte Asako etwas monoton und sie setzten sich in den Wohnbereich auf die Couch. Die Jüngere setzte sich komischerweise neben sie. Normalerweise beschlagnahmte Asako immer den Sessel, den sie mal von ihrem Fanclub geschenkt bekommen hatte.

"Was ist los?" Asako's Kopf sackte etwas nach vorne, sodass ihr die länger gewordenen Haare ins Gesicht fielen. Osa schwieg ein paar Sekunden, stellte dann den Kaffee vor sich auf den Tisch und strich ihrer Freundin die Haare zurück. Sie fing an zu schluchzen. "Hey..."

"Drei Wochen, Osa. Drei Wochen für den Auftritt. Dann ist sie weg."

"Sie ist doch nicht für immer weg."

"Du weist doch wie es läuft. Wie oft hast du Kurara schon gesehen seit sie aufgehört hat?"

Kurara war der alte Musumeyaku-Top-Star von Tsukigumi, die nach Asako's ersten Auftritt in Tsukigumi aufgehört hatte. Sie und Osa kannten sich schon seit ihrer Zeit als Shinjikouen. Zwar war ihre Freundschaft nie so tief gewesen wie die zwischen Asako und Osa, aber Osa hatte die junge Frau durchaus gern gehabt.

"Hier und da mal. Aber das kannst du doch gar nicht vergleichen."

"Sie will von Tokyo wegziehen, Osa. Sie will auf einer anderen Bühne spielen."

"Asako jetzt komm doch erst einmal runter. Du überreagierst schon wieder."

"Ich überreagiere gar nicht!"

"Ich dachte sie liebt dich?"

"Daran zweifle ich gerade."

Osa seufzte etwas, fuhr sich durch die Haare und lehnte sich zurück. Sie hätte die Situation schamlos ausnutzen können, aber sie war sich darüber im klaren, dass Asako das wohl nur noch unglücklicher gemacht hätte. So ungern sie es auch zugab, ihre beste Freundin und dieser Schmarotzer von Top Star harmonierten zusammen. Sowohl auf der Bühne als auch privat. Wenn sie einmal als Gruppe weggegangen sind dann hatte sie es aus erster Hand beobachten können.

"Und ich denke immer noch du überreagierst."

Asako sah dann doch auf, blickte wütend zu der anderen. "Du bist mir nicht gerade eine Hilfe!"

"Was soll ich machen? Ihr verbieten, dass sie weggehen soll? Ihr Ausstieg ist beschlossene Sache, Asako." Sie strich der anderen eine Träne von der Wange. "Aber jetzt beruhige dich doch erst einmal. Ich denke das letzte, was Ayaki tun würde, wäre dich zu verlassen. Ich sehe doch wie besessen sie von dir ist."

"Aber..."

"Ich weis wie sehr du Angst davor hast allein zu sein. Aber Kiriyan und Yuuhi sind doch auch noch da. Alle aus Tsukigumi lieben dich. Du bist einfach zu fixiert auf Ayaki. Versteh mich nicht falsch ich will sie dir nicht ausreden, aber du kannst nicht jede Minute deines Lebens mit ihr verbringen. Genies doch einfach die Zeit, die ihr jetzt noch in Takarazuka habt. Ich bin mir sicher, dass ihr das auf die Reihe bekommt. Egal ob sie hier wohnt oder nicht, sie ist nicht einfach aus deinem Leben weg."
 

Nervös und mit zitternden Knien hockte Asako im Hinterraum der Bühne, war inzwischen schon fertig geschminkt und auch das nervige Haarteil, dass sie eher an Wolle erinnerte als an etwas anderes, steckte in ihren Haaren fest. Das schlimmste war aber dieses Kleid, welches noch über den Knien endete in Kombination mit diesen höchst nervigen Stiefeln. In Gedanken ging sie an der Gaderobenstange vorbei, an denen ein paar der Maskenbildner vorbeiliefen und die Nummerierung an den Kleidern checkte. Sie hätte nie gedacht sich mal an eine solche Nummerierung halten zu müssen. Für gewöhnlich hatte sie nicht mehr als zwei Outfits, bleib dann auch dabei. Es war einfach Übersichtlicher. Einige dieser Kleider waren dann doch wunderschön, besonders die letzteren. Schon bei der Kostümprobe war sie sehr erstaunt gewesen was die Schneider so alles zusammenbekamen, hauptsache es glitzerte. Sie waren nicht vergleichbar mit den Kostümen, die es bei Osa's Version gegeben hatte, aber gerade desshalb sehr viel schwerer. Gaichi in ihrer Uniform kam zu ihr, lächelte sie aufmunternd an.

"Du siehst wundervoll aus."

"Danke. Du auch", murmelte sie leise, schluckte leicht. Gaichi nahm ihre Hand.

"Hey du schaffst das. Wir haben bis zum Umfallen geprobt."

"Nochmal, Danke." Sie sah sich für einen Moment um. "Wo sind Kiri und Yuuhi?"

"Yuuhi sitzt noch in der Maske. Kiriyan hatte glaube ich ein Problem mit ihrem Mikrofon." Gaichi warf einen Blick durch den Raum, beugte sich etwas näher zu Asako. "Hör mal. Saeko wollte dich sehen. Sie wartet im Raum da hinten." Asako sah zögernd in die Richtung, die Gaichi ihr zeigte. "Geh schon. Es klang wichtig."

Na gut, dachte sich die junge Schauspielerin, eine Chance wollte sie ihr ja geben nachdem sie sich die ganze Zeit sehr ignoriert gefühlt hatte. Langsam ging sie in Richtung des Raumes, klopfte etwas und trat schlieslich ein. Was sie drinnen erwartete hatte sie nicht erwartet. Saeko, fertig geschminkt in einem unheimlich schönen, schwarzen Mantel, der einseitig einem Flügel ähnelte, die Perücke in silberfarben mit schwarzen Strähnen, die perfekt zu ihrem Gesicht passte, gefeilte und lakierte Fingernägel... sie sah auf ihre weise einfach unmenschlich aus, fast übernatürlich schön sodass Asako für einen Moment der Atem stehen blieb. Sie hatte Saeko noch nie in diesem Kostüm gesehen, war dabei meistens selbst beim Schneider gewesen damit dieser ihre Kleider anpassen konnte.

"Asako", sagte sie mit einem mal und riss die Elisabeth-Darstellerin aus ihren Gedanken. "Danke dass du gekommen bist."

"Sag mir bitte gleich was du willst. Die Show fängt gleich an."

Saeko kam langsam auf sie zu, beäugte sie einmal von oben bis unten.
 

Fast hätte die Tod-Darstellerin die andere nicht mehr erkannt. Sie sah so sehr verändert aus in dieser Rolle, besonders wegen dieser Frisur. Das lenkte aber alles nicht von diesen wundervollen Rehaugen ab, unterstrichen es sogar nur noch weiter.

"Hör mal ich weis, dass die letzten Tage nicht so verlaufen sind wie ich mir das vorgestellt habe..."

"Wenn das eine Entschuldigung werden sollte, dann spar dir das bitte. Du hast deine Entscheidung getroffen. Wenn du mit mir schlussmachen willst hättest du mir das früher sagen können."

"Bitte? Wie um himmelswillen kommst du jetzt bitte darauf?"

"Du antwortest mir nicht auf meine Nachrichten, du bist nie zuhause und du machst dir nicht einmal die Mühe bei mir vorbei zu schauen um mir zu zeigen dass du noch lebst. Was denkst du denn was mir das sagt?"

"Ich dachte..."

"Da liegt das Problem. Du denkst nicht."

"Jetzt hör auf dich wie eine Diva auf zu führen, Asako!" Saeko war lauter geworden. "Du weist genau ich hatte Verpflichtungen."

"ICH bin deine Verpflichtung! Ich dachte du liebst mich!"

"Das tu ich! Desshalb habe ich alle Hebel in Bewegung gesetzt um in Tokyo zu bleiben!"

Das machte Asako dann doch etwas sprachlos.
 

Saeko seufzte einmal schwer, trat vor die jetzt kleinere Schauspielerin und legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Sie hatte zunächst ein Angebot von einem anderen Theater bekommen, welches sie vorsorglich hatte annehmen müssen, dafür jedoch hätte sie in eine andere Stadt ziehen müssen. Jegliche Freizeit vor der Premiere hatte sie damit verbracht sich in den Theatern in Tokyo zu bewerben, wesshalb Asako etwas zu kurz gekommen war, was Saeko jedoch sehr bereute. Sie schwiegen beide noch eine Zeit, wobei Saeko dabei zusah wie Asako sprachlos zu Boden starrte.

"Denkst du wirklich ich würde dich absichtlich ignorieren? Hällst du mich für so ein Untier?"

Mit einem Mal fiel Asako ihr in die Arme und sie hörte, wie die jüngere leise schluchzte, woraufhin sie nur lächeln musste.

"Nicht doch mein Engel. Du bist geschminkt. Willst du die Frau von der Maske denn sauer machen?"

Sie erntete einen Schlag mit der Faust an ihr Schlüsselbein, wobei ihr kurz die Luft wegblieb.

"Die Maske ist mir grade scheißegal. Hast du eine Ahnung was ich mir für Sorgen gemacht habe? Ich dachte... ich dachte..."

"Du dachtest meine Gefühle für dich wären weg?" Nur ein scheues Nicken. "Sieh mich an." Nur leicht sah die Jüngere auf. Sie hatte Tränen in den Augen, aber es war noch nichts von dem Make-Up verwischt. Zum Glück, denn dann wurden keine Fragen gestellt. Zärtlich legte sie eine Hand an die Wange der anderen, sah ihr in die Augen. "Ich werde nie aufhören dich zu lieben. Selbst wenn ich körperlich nicht da bin, ich bin immer bei dir. Dir allein gehört mein Herz."

Da brach Asako dann doch in Tränen aus, warf sich der anderen an den Hals und küsste sie innig. Das Make-Up und der Auftritt war für einen Moment einfach vergessen.
 

Natürlich bekamen beide Ärger, dass das so sorgfältig aufgetragene Make-Up erneuert werden musste, allerdings hatten sich beide eine Ausrede einfallen lassen. Asako behauptete sie hatte einfach die Nerven verloren, Saeko, dass sie einfach unachtsam gewesen war. Yuuhi hatte Asako nur schief angegrinst, genauso wie Kiriyan und Asako hatte noch eine kurze Unterhaltung zwischen Gaichi und Saeko mitbekommen.

Die Premiere selbst hätte nicht besser laufen können. Sie harmonierten alle perfekt miteinander, Saeko hatte eine wahnsinnige Präsenz auf der Bühne, die Asako noch nie vorher aufgefallen war und ihre Beine weich werden lies. Gaichi und sie ergänzten sich durch Asako's ausgeprägtes schauspielerisches Talent und Gaichi's Erfahrung, Kiriyan's Lucheni war durchgeknallter als Asako es jemals hätte hinbekommen können, obendrein liebte sie ihre tragbare Kamera und schleppte sie den ganzen zweiten Akt auch hinter der Bühne mit sich herum, und Yuuhi zeigte mal wieder wie sehr sie die Verletzliche spielen konnte. Während des Stückes im Backstagebereich konnte Asako aber nicht anders als sich einen heimlichen Kuss von ihrem Tod zu stehlen, ganz am Ende sogar mitten auf der Bühne. Glücklicherweise hatte sie noch daran gedacht Saeko noch ein Stück zu drehen, damit es nicht auffiel. Küssen auf der Bühne war eigentlich ein absolutes Tabu. Es war gewöhnlich nur angedeutet, verdeckt durch Hände oder mit dem Rücken zum Publikum. Dieses mal aber konnte sie sich nicht zurückhalten. Sie schmiegte den eigenen Körper, eingehüllt in dieses weiße Kleid an den der anderen, schmiegte den Kopf an den der anderen und beobachtete, wie Saeko trotz der offensichtlichen Zärtlichkeit ihre Rolle noch einigermaßen spielte. Nicht ganz so wie es geplant war, aber sie spielte sie bis zum Schluss. Der Abschlusstanz zeigte alles, was sie füreinander empfanden, sahen sich dabei tief in die Augen und vergaßen abschnittsweise sogar, dass vor der Bühne ein Riesenpublikum saß nur um sie zu sehen.
 

So sehr sie jedoch die Zeit auf der Bühne genossen, sie waren alle froh als es vorbei war. Es gab schon vor der richtigen Aftershowparty eine kleine Backstageparty, bei denen auch recht peinliche Fotos von ihnen geschossen worden waren. Kiriyan triezte Asako, dass die Otokoyaku auf der Bühne und vor allem in dem weißen Kleid so weiblich war und man sie kaum wieder erkannte. Asako's Highlight war jedoch, als Osa hinter der Bühne auftauchte und sie sogar Saeko für den gelungenen Auftritt gratulierte. Die sechs beschlossen auf die Aftershowparty zu gehen, die immer zu einer Premiere stattfand, aber erst nachdem sie sich aus den Klamotten geschält hatten.
 

Saeko war mehr als zufrieden. Die Premiere war besser verlaufen als sie sich hätte erträumen lassen, ihre Freundin war wieder glücklich und sie konnte zunächst in Tokyo bleiben. Abgeschminkt und mit einem seeligem Gesichtsausdruck überprüfte sie nochmals ihr Aussehen im Spiegel. Sie hatte sich ein schwarzes Hemd, eine tiefblaue Hose und ihre Stiefel ausgesucht, warf sich noch ihre Jacke über und zupfte sich die letzten Haare zurecht. Eigentlich kümmerte es bei der Aftershowparty keinen wie man aussah, aber ihr war danach gut aus zu sehen für ihren Engel. Noch immer fühlte sie die Lippen der anderen auf den ihren, geriet desshalb etwas ins Träumen. Ihr kam das alles vor wie ein einziger wundervoller Traum. Vorher hätte sie nie gedacht, dass ein Mensch, ein einzelnes Wesen eine solche Wirkung auf sie haben konnte dass sie sogar von ihrem hohen Ross herabstieg. Es klopfte an der Umkleidetür und Saeko drehte sich um.

"Ja bitte?"

Gaichi trat ein. Selbst die Senka sah einfach umwerfend aus.

"Wow du siehst fröhlich aus."

"Ich habe auch allen Grund dazu, nicht?"

Die andere lachte etwas.

"Wahrscheinlich. Warte bis du Asako siehst. Dann wird es dich entgültig von den Socken hauen."

Saeko runzelte etwas verwirrt die Stirn, wogegen Gaichi nur verschmitzt grinste.

"Wieso?"

Keine Antwort.
 

"Also Yuuhi ich bin ja dankbar, dass du mir etwas mitgebracht hast, aber... musste das echt sein?"

"Jetzt stell dich nicht so an. Du siehst toll aus."

Etwas stirnrunzelnd betrachtete sich Asako erneut im Spiegel. Dass Yuuhi und sie die selbe Größe hatten war etwas tolles, aber wieso trug oder BESAß ihre Freundin so etwas ausgefallenes? Besonders da Yuuhi selbst nur einen einfachen Anzug trug. Sie und Kiriyan hatten sie in eine weiße Lederhose gezwängt, die verdammt eng saß und Asako sich fast fürchtete sich zu bewegen, aber Yuuhi versicherte ihr, dass die Hose schon mehr als einen Ausgang überlebt hatte. Das passend weiße Hemd dazu, wobei Yuuhi ihr auf die Finger geschlagen hatte als sie den oberen Knopf hatte zumachen wollen, und eine Halskette, die geradezu darauf geschnitten war sich frech im Dekolté zu zeigen. Die passenden Schuhe dazu rundeten das ganze ab. Sie fühlte sich in dem Outfit etwas an "Immortal Thorns" zurückerinnert, ein Stück, dass sie in Hanagumi gespielt hatten und in dem ausnahmslos alles weiß gewesen war. Im Rückblick auf Osa's furchtbar peinlichen Fellmantel, der sie hatte aussehen lassen wie ein Zuhälter, musste sie immer noch grinsen. Apropos Osa, ihre beste Freundin stand mit ihnen im Raum, sah ebenso umwerfend aus wie Yuuhi und Kiriyan. Nur Gaichi und Saeko fehlten noch.

"Wenn die Hose reist schieb ich aber alles auf dich ab."

"Da passiert schon nichts. Du hast dünnere Beine und weniger Hintern als ich."

"Muss nichts heißen." Bei einem Klaps auf ihren Hintern von Osa fiepte sie einmal laut auf und wirbelte zu ihrer Freundin herum. "Hey!"

"Ayaki sollte auf dich aufpassen wenn du sowas trägst. Sonst schleppt dich noch jemand anderes ab. Wenn du betrunken bist wirst du immer so leicht rollig."

Asako lief sichtbar rot an und die drei Frauen um sie herum fingen an zu lachen.

"Na na, Haruno. Wirst du wohl die Finger von meinem Mädchen lassen?", erklang Saekos Stimme aus dem Eingangsbereich der Umkleide.
 

Der Anblick war noch besser, als Gaichi es versprochen hatte. Für eine Sekunde hatte sich Saeko's Gehirn geradezu abgestellt als ihr Blick über diesen wohlgeformten Hintern glitt und sie legte den Kopf dabei etwas auf die Seite. Dass eine andere Hand als ihre darauf landete missfiel ihr, aber sie hatte versprochen sich zusammen zu reisen, tat es mit einem Scherz ab.

"Seid ihr alle fertig? Sonst verpassen wir die Party."

Sie gingen gesamelt nach drausen, wobei Saeko kurz mit Asako im Raum stehen blieb, ihr einen Kuss auf die Lippen hauchte.

"Ich werde dich heute nicht aus den Augen lassen."

"Das habe ich gehofft", schnurrte Asako zurück und nahm die Hand der anderen. "Verbringst du die Nacht mit mir? Wir können uns ja irgendwann einfach davonstehlen."

Saeko grinste nur. "Gern doch. Ich will aber erst noch etwas trinken."

"Füll mich nicht zu sehr ab. Mit einem Kater spielt es sich schlecht."

"Oh nein. Du sollst doch noch mitbekommen was ich noch geplant habe für dich, Engel."
 

Frustriert sah Osa dabei zu wie ihre beste Freundin auf der Tanzfläche stand, ihren wundervollen Körper zur Musik bewegte und inzwischen angetrunken war. Lange hatte es nicht gedauert, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Asako vertrug so viel Alkohol wie ein Kleinkind, aber wenigstens war der Alkohol für sie an dem Abend kostenlos. Es war wohl der einzige Grund wieso Osa angefangen hatte einen Drink nach dem anderen zu kippen, auch wenn Yuuhi und Kiri versucht hatten sie zumindest einigermaßen davon ab zu halten. Immer wieder klebte ihr Blick auf der jungen Otokoyaku, ebenso wie der des Tsukigumi-Top-Stars. Sie sah nur im Augenwinkel wie Ayaki ihre Freundin ansah wie ein Raubtier seine Beute, aber was sollte sie dagegen tun? Asako hatte ihr klar gemacht, dass sie sich nicht von Ayaki trennen würde. Obendrein war ihr der Kuss auf der Bühne durchaus bewusst gewesen und hatte sie nur noch mehr in die Frustration getrieben als sowieso schon. Eigentlich war sie nur unter dem Vorsatz mitgekommen sich gehörig die Kante zu geben. Es wurde nur schlimmer als sie beobachtete wie Ayaki sich nach einer Weile durch die Schar von Menschen drängte, direkt auf Asako zu. Prompt landete die Hand des Top Stars auf dem so perfekt eingepacktem Hintern der Otokoyaku, welche erschrocken auffiepte. Ayaki drehte sich daraufhin weg als wäre nichts gewesen und Osa beobachtet, wie sie in die Toiletten verschwand, Asako kurz darauf hinterher. Was hinter den geschlossenen Türen passiere konnte sie sich nur grob vorstellen.

"Jetzt sieh doch nicht so drein wie drei Tage Regenwetter. Wir wollten feiern", sagte Kiriyan und kippte abermals einen Drink. "Ich schwing mich dann auch mal auf die Tanzfläche."

Osa sah der ebenfalls schon gut angetrunkenen Kiri nach, wanderte dann zu Yuuhi, die der anderen Otokoyaku geradewegs wie ein läufiger Hund nachstarrte. Zwar drehte sich inzwischen die ganze Welt, aber wenigstens ein kleiner Teil ihres Verstands war noch da.

"Wann willst dus ihr endlich sagen, Yuuhi?", fragte Osa und grinste schief, erntete von der Angesprochenen einen leicht angesäuerten Blick. Yuuhi war die einzige, die noch völlig trocken war. Sie hasste Alkohol. Zurück kam nur eine patzige Antwort.

"An dem Tag, an dem du über Asako hinweg bist."

Schnaubend drehte Osa sich wieder gänzlich dem Tisch zu, schnappte sich einfach die nächstbeste Flasche und kippte diese.
 

Gaichi, ebenfalls schon etwas angeheitert durch den Alkohol, saß dicht bei Osa, sah sich ihr Saufgelage dann doch etwas kritisch an. Gut konnte es nicht sein, aber vielleicht wurde sie dadurch ein wenig offener und nicht so fixiert auf Asako. Sie legte etwas die Arme auf die Rückenlehne, sah dabei zu Yuuhi, die noch immer in Richtung Kiriyan starrte. Vielleicht konnte sie ihrer Freundin etwas helfen. Das hieß, wenn Yuuhi ebenfalls bereit war ihr ein wenig unter die Arme zu greifen. Inzwischen hatte sie sich den Abend schon einigermaßen zurechtgelegt, schmunzelte desshalb etwas zu sich als sie ein Gewicht an ihrem Körper spürte. Wie schnell sich Osa abgeschossen hatte war dann doch erstaunlich.

Saeko kam wieder zu ihnen, lächelte etwas schief. Etwas weiter entfernt stand Asako, einen ziemlichen Rotschimmer auf den Wangen.

"Ich bringe sie nach hause. Sonst steht sie nicht mehr lange. Sie meint sie ist müde", meinte Saeko und Gaichi lächelte etwas.

"Gut. Hoffendlich findet ihr den Weg noch."

"Ich sicherlich."

Sie sah den beiden nach und sah, wie Yuuhi nur den Kopf schüttelte.

"Ts....müde", raunte Osa nur leicht. Inzwischen war sie so betrunken, dass der Satz nicht wirklich klar rauskam. "Als ob wir so dämlich wären."

"Ich glaube nicht, dass die zwei heute Nacht zum Schlafen kommen", kam es nur von Yuuhi, die abermals Richtung Kiri blickte.

"Eifersüchtig, Osa?"

"Nein!", brummte sie nur, exte den Rest in ihrem Glas. Gaichi schüttelte nur den Kopf und warf einen kurzen Blick zu der noch immer wie gebannt schauenden Yuuhi. Sie nutzte die Gelegenheit und küsste Osa auf den Mundwinkel.

"Dank an etwas anderes."

Ihr fielen da noch so viel bessere Sachen ein, mit denen sie Osa hätte in diesem Moment ablenken können, allerdings war sie nicht gewillt das in der Öffendlichkeit zu tun. Inzwischen war Osa wohl auch abgefüllt genug dass sie sich darauf sogar einlassen würde, aber noch soweit bei Sinnen um es freiwillig zu tun. Den Punkt hatte Gaichi sehr vorsichtig abgepasst.

"Yuuhi? Kann ich kurz ein paar Worte mit dir wechseln?"

"Du kannst doch jetzt nicht einfach weggehen", jammerte der Top Star, der immer noch an sie gelehnt war. Gaichi lachte etwas.

"Na gut. Ich denke du hattest für heute genug meine Liebe." Abermals ein Blick zu Yuuhi. "Sammelst du Kiri ein? Ich bringe Osa derweil zum Auto."

"W-warum ich? Ich kann Osa ebenso hinbringen."

"Ich geh schon allein", lallte die Hanagumidarstellerin, stand auf und schwankte gefährlich nach drausen. So ganz wohl war Gaichi dabei nicht, sah dann zu Yuuhi.

"Du musst mir mal einen Gefallen tun."

"Hat es was damit zu tun, dass ich irgendwem was andrehen soll? Dann nein."

Gaichi grinste nur etwas breiter.

"Nimmst du mir das immer noch übel? Nein ich will nur, dass du mir ein wenig mit Osa hilfst. Ich will dass sie mit zu mir kommt, aber ich bezweifle, dass sie auf mich hört wenn nur ich das sage."

"Und wieso sollte ich?"

"Weil ich dir dann verrate wie du bei Kiri landest."

Die Senka konnte geradezu hören wie Yuuhi's Gehirn anfing zu arbeiten und sie ein paar Sekunden vor sich hingrübelte. Wie lange genau die junge Otokoyaku schon auf den kleinen Stimmungsmacher stand war ihr unklar, aber inzwischen sah das selbst ein Blinder.

"...na schön", brummte sie und stand auf.

"Wunderbar. Dann geh Kiri einsammeln und ich seh derweil wo Osa abgeblieben ist. Hoffen wir, dass sie nicht auf die Straße gelaufen ist."
 

Osa hatte sich inzwischen vor der Bar auf dem Bürgersteig nieder gelassen und hatte angefangen leise in sich hinein zu schluchzen. Asako auf diese Weise an eine andere zu verlieren war für sie einfach unerträglich und der Alkohol half ihrem Gefühlsausbruch auch nicht wirklich. So einsam hatte sie sich ewig nicht gefühlt. Normalerweise ging sie immer zu Asako wenn sie wieder diese Leere in sich fühlte, aber die war ja beschäftigt. Eine Hand auf ihrer Schulter lies sie aufschrecken, sah auf und sah in Gaichi's erstauntes Gesicht.

"Ist alles in Ordnung?"

"Sehe ich so aus?" Die Senka setzte sich zu ihr. "Meine beste Freundin haut mit einer anderen ab, sie wird der neue Top Star von Tsukigumi obwohl ich sie für Hanagumi wollte und OH WUNDER der Auslöser dafür ist Ayaki!"

"Jetzt komm mal wieder runter. Du hattest zu viel..."

"Der Alkohol tut dem nichts zur Sache!"

"Du kannst ja nicht mal mehr stehen. Sena ist verliebt. Sieh es ihr nach."

"Ja aber nicht in mich. Hast du eine Ahnung wie lange ich schon darauf hinarbeite was sich Milady Wundervoll Ayaki in ein paar Tagen geholt hat? Jahre!"

Osa's Oberkörper sackte etwas nach vorne und sie versuchte sich trotz des starken Alkoholeinflusses einigermaßen aufrecht zu halten.

"Wie lange?"

"Seit wir Hanagumi beigetreten sind. Ich brauche sie so sehr und jetzt ist sie weg."

"Sie ist nicht weg. Hör auf dich so auf sie zu fixieren." Gaichi seufzte neben ihr. "Das Meer ist groß. Du hast einen festen Platz in Sena's Herzen, das weist du, sonst wäre sie nach eurem Streit nicht so kaputt gewesen, aber du musst dich langsam damit abfinden, dass ihre Liebe nunmal Saeko gilt." Osa spürte, wie Gaichi ihr durch die Haare streichelte und sie in die Arme der Senka gezogen wurde. Nicht fähig sich zu wehren lehnte sie sich an die andere, schloss ein wenig die Augen und Gaichi strich ihr die restlichen Tränen von den Wangen. Kiri's Kichern weckte sie wieder etwas auf, auch weil Gaichi sich leicht auf ihrem Platz drehte, was Osa dazu verleitete ebenfalls hinter sich zu sehen. Yuuhi, Kiriyan stütztend, die eindeutig zu viel hatte, kam zu ihnen, hatte einen leichten Rotschimmer auf den Wangen.
 

"Gehen wir", murmelte die Otokoyaku und ging mit Kiriyan die Straße hinunter, in der sie geparkt hatte. Asako und Saeko waren von einem Chauffeur gebracht worden, wie es sich für Top Star und Vice gebührte, Yuuhi und der Rest waren jedoch mit dem eigenen Wagen gefahren. Zwar war das Dorm gerade um die Ecke und einfach zu Fuß zu erreichen, aber Yuuhi war es lieber nicht in der Straße zu parken. Dafür war ihr Auto ihr zu kostbar. Kiriyan ins Auto zu schleppen, hinter sich bemerkte sie, dass Osa wohl noch länger brauchen würde, war ein kleiner Kraftakt selbst für die geübte Rudolphdarstellerin. Sie hoffte nur, dass Kiri keinen allzuschlimmen Kater davon trug, denn der nächste Auftritt war schon am nächsten Tag. Sie hiefte die Otokoyaku auf den Beifahrersitz.

"Schnall dich wenigstens an, ja?", sagte sie und Kiriyan kicherte nur etwas. Yuuhi wartete noch auf Gaichi und Osa, half der Senka die stockbetrunkene Hanagumidarstellerin auf den Rücksitz zu verfrachten bevor sie sich auf den Fahrersitz setzte. Für einen Moment legte Yuuhi den Kopf in den Nacken und atmete etwas durch. Besonders Osa und Kiriyan rochen nach Alkohol und Yuuhi wurde dabei geradezu schlecht. Sie wusste schon wieso sie sich nicht betrank. Nicht ohne wirklich guten Grund.

"Ich will nach Hause", sagte Osa auf dem Rücksitz und Yuuhi sah sie einmal im Rückspiegel an, warf einen kurzen Blick zu Gaichi, die nur eine Augenbraue hob. Zwar würde sie das wohl bereuen, aber ein Deal war ein Deal.

"Ich glaube nicht, dass das so gut wäre Osa. Heute fahr ich nicht mehr quer durch Tokyo. Vor allem nicht um die Uhrzeit." Sie drehte sich auf dem Sitz und sah zu Gaichi. "Kannst du sie mit zu dir nehmen?"

"Natürlich", sagte die Senka und sah nochmals zu der betrunkenn Osa. Yuuhi nickte nur etwas und setzte den Wagen in Gang.
 

In Gaichi's Wohnung angekommen, es war die Standartwohnung der Takarazuka, setzten die zwei Otokoyaku Osa an den kleinen, länglichen Tisch, auf dem eine weiße Vase mit ein paar Tulpen stand. Kiriyan war noch im Auto und Gaichi hatte Yuuhi aufgetragen sie mit zu sich zu nehmen sobald sie Osa versorgt hatten. Kiriyan war während der Autofahrt sowieso schon halb eingeschlafen.

"Kannst du in meinem Zimmer das Shirt und die Hose holen, die auf dem Bett liegt? Ich seh mal nach ob ich noch Wasser hier rumstehen habe."

Wie befohlen, Gaichi wunderte sich manchmal wirklich wie einfach Yuuhi ihren Befehlen folgte wenn ihre Gedanken bei Kiriyan hingen, verschwand Yuuhi ins Schlafzimmer, Gaichi selbst ging in die Kochniesche und kramte nach einem Glas bis sie hörte, wie der Stuhl verrutscht wurde und Osa anstalten machte auf zu stehen.

"Ich sollte wirklich nicht bleiben", lallte die jüngere. Der Alkohol hatte bei ihr inzwischen schon sehr reingehauen und sie schwankte noch mehr als vorher, stützte sich etwas notdürftig auf dem Tisch ab. Das noch immer leere Glas stellte die Senka an der Spüle ab, trat vor Osa und hielt sie am Tisch bevor sie einen Schritt davon wegmachen konnte.

"Na na. Du schaffst den Weg nach Hause sowieso nicht. Bleib."

"Aber..."

"Ich weis, dass du mit den Gedanken noch immer bei Sena bist, aber jetzt bin ich da. Ich kümmer mich schon um dich", sagte sie zärtlich, streichelte dem gebrochenem Top Star zart über die kurzen Haare. Es legte sich ein sanftes Lächeln auf die Lippen der Senka, hauchte der anderen einen Kuss auf die Stirn. "Du hast etwas so viel besseres verdient. Du bist eine wundervolle Person, Osa."

"Gaichi..." Sie brachte Osa zum schweigen indem sie ihr einen Finger auf die Lippen legte.

"Es ist alles okay..."

Etwas zögerlich verschloss sie die Lippen der anderen mit den eigenen, drückte die jüngere bestimmt auf den Tisch.
 

Yuuhi hatte etwas gebraucht um Shirt und Hose zu finden, denn beides war in einem kleinen Wäschehaufen vor dem Schrank. Beides in der Hand seufzte sie nochmals etwas. Der Gedanke daran, dass Kiri in ihrem Auto wohl inzwischen eingeschlafen war, lies sie kurz auf der Stelle verweilen und ihren Gedanken nach zu hängen. Die Otokoyaku nach oben zu tragen war für Yuuhi ein leichtes, da Kiri ein echtes Leichtgewicht war und Yuuhi solche Hebefiguren sowieso schon gewohnt war. Sie selbst würde sich die Couch nehmen, Kiri das Bett überlassen. So wie immer. Seufzend schüttelte sie den Kopf und wuschelte sich durch die Haare in der Hoffnung den Kopf etwas frei zu bekommen. Sie ging noch immer verwirrt zurück in die Hauptwohnung.

"Hey Gaichi ich habe..." Weiter kam sie nicht. Den Anblick würde sie wohl nie mehr vergessen. Osa war von Gaichi auf den Tisch gedrückt worden, hatte ein Bein um die Hüfte der Senka geschlungen. Beide waren in einen innigen Kuss vertieft und eine Hand der älteren Otokoyaku hatte sich unter das Shirt des Top Stars gestohlen. Osa's Hände waren in Gaichi's Nacken, zogen sie nur noch weiter auf ihren Körper. Alles was Yuuhi noch tun konnte war fluchtartig die Wohnung zu verlassen.
 

Zurück in Saeko's Wohnung lagen die beiden jungen Frauen, noch immer nackt, nebeneinander im Bett, Asako auf Saeko's Oberkörper. Nur langsam beruhigte sich der Atem der beiden. Das Zimmer roch nach Schweiß und Hormonen, war stickig, aber das störte sie weniger. Das gefühl beieinander zu liegen, wie sich die nackte Haut aufeinander rieb und die Wärme sich weiter ausbreite.

"Ich liebe dich", hauchte Asako leise, beugte sich über sie und lächelte die andere zart an. Ihre Handgelenke waren noch immer rot wundgescheuert von den Handfesseln und sie spürte die Kratzspuren auf ihren Beinen und dem Bauch.

"Ich liebe dich auch", sagte Saeko, strich ihrer Freundin über den unteren Rücken und den Po. Asako seufzte genüsslich. "Du bist die wundervollste Frau auf diesem Planeten..."

"Sag sowas nicht..."

"Es ist aber wahr. Ich liebe dich so sehr. Und ich will dich nie verlieren."

"Ich dich auch nicht. Ich hatte so Angst dich zu verlieren. Die habe ich immer noch..."

Saeko lächelte lies ihre Finger über die Stirn, die Augenbrauen, die Schläfe, die Wange und das Kinn der anderen gleiten. Sie war geradezu wie eine übermenschliche Schönheit, wie eine in Stein gemeiselte Statue.

"Du bist so wunderschön." Ein zarter Kuss auf den Wangenknochen. "Ich werde immer bei dir sein. Ich verspreche dir, dass mein Herz immer bei dir bleiben wird." Ihr war klar, dass sie sich eine Ewigkeit nicht sehen würden. Sie mussten nur den Kontakt aufrecht erhalten.

"Versprich mir etwas", flüsterte Asako leise, lehnte die Stirn an die ihrer Freundin. "Hör nicht auf mich zu lieben."

Saeko lächelte, schlang ihre Arme um den schlanken, nackten Körper der anderen.

"Hast du die Uhr noch?" Asako nickte. "Hör mir zu: selbst wenn die Uhr irgendwann aufhört zu ticken, sie kaputt geht oder anläuft, meine Liebe für dich bleibt unverändert. Du bist tief in meinem Herzen verankert und meine Gedanken hängen an dir. Egal wie du dich entscheidest, ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen."

"Saeko..." Saeko sah genau was die jüngere jetzt dachte, sah die Tränen in ihren Augen.

"Allerdings... Asako du gehörst auf die Bühne. Deine Freunde sind alle in Takarazuka. Du verdienst den Ruhm und du verdienst es im Rampenlicht zu stehen. Hör nicht nur wegen mir auf."

Asako schluckte merklich, nickte dann aber.

"Versprochen..."
 

Ich liebe dich.

Du bist meine Welt.

Mein Alles.

Mein strahlender Engel.

Jeder soll deine Schönheit sehen.

Mein Herz allein gehört dir.

Und deines werde ich hüten wie einen Schatz.

Act 2 Scene 1: A new star awaits

Schnee.

Asako hasste diese Zeit. Der kalte Wind, der an ihrem Fenster kratzte, das Eis, dass Kristalle an den Rahmen bildete, die Dunkelheit, die langsam in ihr Zimmer kroch. Das alles hasste sie aus tiefstem Herzen. Es gab nur eines was sie noch mehr hasste: Einsamkeit. Die Einsamkeit, die sie beschlich wenn sie alleine in ihrer Wohnung in ihrem Sessel saß, eine Tasse Tee in den Händen, an die gegenüberliegende Wand über den Fernseher hinweg starrend an die cremefarben gestrichene Wand. Sanft strich sie mit den Fingerspitzen über das glatte Porzelan, schloss etwas die Augen und schwelgte wie so oft in Erinnerungen. Seit dieser Nacht der Elisabeth-Premiere waren Jahre vergangen, eine Ewigkeit. Eigentlich waren es nur zwei Jahre gewesen, aber die Tage zogen sich wie Kaugummi. Und obwohl die Tage so schleppend für sie vorrang gingen war so viel in der Zeit geschehen. Asako war der Top Star von Tsukigumi, Kiriyan und Yuuhi immer dicht an ihrer Seite. Gaichi war aus Takarazuka ausgestiegen, zumindest als Schauspielerin, aber blieb am Theater um die Shows zu organisieren. Man hatte sie in der Leitung mit offenen Armen begrüst und Asako sah sie regelmäßig. Ungefähr ein halbes Jahr zuvor hatte dann auch Osa beschlossen ihren Lebensabschnitt in Takarazuka zu beenden, wollte jedoch weiter im Musikbuisness bleiben und eine Solokarriere starten. Dann war da noch Saeko.

Ayaki Nao.

Ihr Abschluss mit Takarazuka war lang und schmerzlich gewesen. Für Ayaki selbst, Takarazuka, ihre Freunde und die Fans. Zu Beginn war es für sie weniger schwer gewesen, denn trotz des vollgepackten Plans hatte Ayaki immer die Zeit gefunden zumindest mit ihr zu telefonieren. Mit der Zeit war das aber immer schwerer geworden und sie sahen sich teilweise wochenlang nicht. Auch damit hätte sich Asako abgefunden, doch der letzte Kontakt zu ihrer 'Freundin' war zu Beginn der Saison gewesen. Am Vortag hatten sie den letzten Auftritt der Saison hinter sich gebracht. 'Higher than the Sky of Paris' war der Name des Stücks gewesen. Eine Liebeskomödie. Asako war immer sehr glücklich gewesen auf der Bühne, konnte ihren Schmerz wenigstens für einen kleinen Moment vergessen. Dass sie mit Yuuhi und Kiri zusammen auf der Bühne gestanden hatte, hatte sie dabei nur unterstützt. Anstrengend war das Stück im Vergleich zu den vorrangegangen keinesfalls gewesen. Sie hatten keinen Umziehstress gehabt und mit Kiri und Yuuhi zusammen waren viele Lacher zusammen gekommen, sowohl bei den Proben als auch auf der Bühne. Auch wenn Yuuhi's Outfit wirklich peinlich gewesen war mit dem rosanen Anzug. Gerade auf diesen letzten Auftritt hatte sie sich gefreut, jedoch war ihre Vorfreude derbe enttäuscht worden. Ayaki hatte versprochen wenigstens diesen letzten Auftritt von ihr zu sehen, auch den Rest des Abends bei ihr zu bleiben, stattdessen kam Gaichi nach dem Auftritt zu ihr und meinte, dass Ayaki es nicht geschafft hatte, da ihr neuer Chef sie zu einem Geschäftsessen gerufen hatte. Eigentlich verstand es der junge Top Star, denn Ayaki hätte die Einladung nicht ablehnen dürfen, egal was kam, da ihre Rolle daran hang, andererseits kam sie sich dadurch sehr unwichtig vor.

Sie drehte den Kopf etwas, sah auf den gedeckten Tisch und in die Küche, wo das noch unfertige Essen auf der Arbeitsfläche lag. Asako hatte sich eine eigene Wohnung zugelegt, ausserhalb des Takarazukageländes. Für ein paar Wochen hatte sie in Saeko's alter Wohnung gewohnt nachdem diese ausgezogen war, aber hatte festgestellt, dass sie es nicht lange dort aushielt. Zu viele Erinnerungen hingen daran. Den Sessel aus ihrer alten Wohnung hatte sie jedoch immer noch. Eigentlich hatte sie den Abend sorgfältig durchgeplant gehabt, hatte sich Gedanken gemacht, was sie anzog, darüber was Saeko am liebsten aß und wie sie den Abend so angenehm wie möglich gestalten konnte. Sie hatte extra diese weiße Hose angezogen, welche Saeko so liebte, das Oberteil mit der Spitze, welches sie geschenkt bekommen hatte und die silberne Taschenuhr hing an einer Kette um ihren Hals, tickte leise vor sich hin. Ihr Tee war inzwischen kalt geworden.

Ayano Kanami, ihre Musumeyaku seit sie zum Top Star erklärt worden war, hatte ihr angeboten stattdessen mit zu der Abschlussparty für die Saison zu kommen, was sie jedoch abgelehnt hatte. Kiriyan und Yuuhi hatte sie nichts davon gesagt und auch Gaichi schien nichts gesagt zu haben, denn sonst würden sie wohl bei ihr vor der Tür stehen. Osa hatte ein paar mal versucht an zu rufen, aber ihr Handy lag noch immer ignoriert vor ihr auf dem Tisch. Sie wartete auf den Anruf von Saeko in dem sie ihr sagte, dass sie doch noch vorbei kam, dass sie praktisch schon vor der Tür stand, aber jener Anruf kam nicht an dem Abend.
 

Schon zum x-ten Mal versuchte Osa ihre beste Freundin irgendwie zu erreichen, aber vergebens. Der Tsukigumi-Top-Star ging nicht an ihr Handy oder reagierte auf ihr Festnetz. Frustriert lies Osa sich auf der Couch zurückfallen, warf den Kopf in den Nacken und brummte etwas.

"Geht sie immer noch nicht dran?", fragte Gaichi, die in ihrem Bademantel aus dem Badezimmer kam. Seit der Premiere in Elisabeth hatte sich zwischen ihnen einiges mehr entwickelt als nur blose Freundschaft und auch wenn es Osa anfänglich schwer gefallen war hatte sie sich darauf eingelassen. Offiziell lebten die zwei Frauen 'nur' in einer WG zusammen, hatten sich eine Wohnung gekauft, die groß genug dafür wäre. Dennoch teilten sie sich ein Bett. Es hatte sich noch ein drittes Familienmitglied dazugesellt, ein Geschenk von Asako. Es war ein kleiner Hamster, den der frischgebackene Top Star liebevoll Midori getauft hatte, auch wenn es Gaichi gehörig gegen den Strich gegangen war.

"Nein. Sie ignoriert es immer noch. Was denkt sich Ayaki nur dabei??"

"Du weist so gut wie ich, dass sie da nichts dafür kann. Sie brauch diesen Job."

"Asako brauch sie ebenso. Sogar noch mehr. Es ist eine Ewigkeit her dass wir sie zu Gesicht bekommen haben, auch wenn man diese komische Kamerawerbung mitzählt."

Gaichi setzte sich zu ihr, legte ihr eine Hand auf den Oberarm.

"Ich werde nochmal mit ihr reden. Ich hoffe nur, dass Sena es nicht allzu übel nimmt."

"Oh doch das wird sie. Vielleicht sollten wir Kiri und Yuuhi bescheid sagen. Mich kann sie zwar aussperren, aber die zwei nicht. Yuuhi wird wohl wieder versuchen sich an Kiri ran zu werfen, da können sie auch Asako aufheitern."

"Warum gehst du nicht?"

"Du weist, dass sie mich anschreien wird."

Gaichi schwieg kurz.

"Wir sollten alle gehen."

"Gaichi..."

"Du weist, dass sie eingeht wenn sie alleine ist."

"Ich weis." Osa seufzte etwas, stand dann auf. "Ich rufe die zwei an und du ziehst dir erst einmal was an."

"Was denn?" Gaichi grinste. "Als ob dir das nicht gefallen würde."

"Es gefällt mir schon, aber ich will schon, dass es nur für meine Augen bleibt."

Gaichi grinste nur und machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer.
 

Keine Stunde später standen die vier vor Asako's Wohnung. Kiriyan allen vorran und wies die anderen an keinen Ton zu machen. Sie mischte sich oft ein wenn Asako schlecht gelaunt war oder frustriert, desshalb wusste sie wie man nicht gleich die Tür vor der Nase wieder zugeschlagen bekam. Sie stellten sich rechts und links neben der Apartmenttür auf. Asako wohnte in einem schickeren Teil von Tokyo, etwas abgelegen von den Hauptstraßen und doch noch nahe genug damit man überall hinkam. Es war etwas teurer gewesen, aber in den zwei Jahren hatte der Top Star so viel verdient, dass sie eigentlich vorgesorgt hatte, denn Asako hatte sich als eine der beliebtesten Top Stars in der Geschichte Takarazukas erwiesen. Dementsprechend wurde sie entlohnt.

"Und du bist sicher, dass das so eine gute Idee ist?", frage Yuuhi. Die junge Frau hatte ihren Kleidungsstil in der kurzen Zeit etwas verändert, trug zwar noch immer die schlichten Hemden, aber Asako hatte sie dazu gebracht noch ein paar Akzente dazu zu setzen. Sei es eine Krawatte oder eine Halskette, irgendetwas war immer aussergewöhnlich. Kiriyan hatte sich eigentlich nicht verändert, ausser dass sie noch härter arbeitete als sie es unter Saeko getan hatte. Als Asako endlich ihre Rolle als Top Star akzeptiert hatte war sie sehr streng geworden, allerdings hatte sich die Performance der Truppe dadurch nur um einiges gesteigert. Ihr Stil die Gruppe zu führen war in den Auftritten deutlich zu spüren.

"Nein. Ganz und gar nicht. Aber bissher hat es doch auch geklappt."

Sie drückte einfach auf den Klingelknopf.
 

Drinnen brummte Asako leicht auf. Gerade hatte sie sich mit dem Gedanken abgefunden den Abend allein zu verbringen, da klingelte diese verdammte Klingel. Mit einem Mal kochte ihr Blut hoch. Egal wer es war, derjenige würde eine gehörige Abreibung bekommen, selbst wenn es sich dann doch um Saeko handeln sollte. Ihr Punkt war erreicht, dass sie der anderen nicht mehr verzeihen konnte. Für eine Sekunde spielte sie mit dem Gedanken die Tür einfach zu zu lassen und so zu tun als wäre sie nicht da, entschied sich dann aber doch anders. Sie würde diese Tür öffnen um sie der Person, die davor stand, einfach wieder vor der Nase zuschlagen zu können. Seit ihrem Top-Star-Debut war Asako innerlich gewachsen, lies sich so viele Dinge, die sie sich unter Osa und Saeko noch hatte gefallen lassen, nicht mehr bieten. Ob es der gewonnene Einfluss war, denn in Tsukigumi passierte eigentlich nichts ohne ihre Einwilligung, oder die Tatsache, dass sie nicht mehr auf dem Gelände wurde und so emotionalen Abstand gewonnen hatte, wusste sie nicht, aber es fiel ihr leichter nicht sofort bei jeder Kleinigkeit in Tränen aus zu brechen. Nur langsam beim zweiten Klingeln erhob sie sich fast zeitlupenartig aus dem Sessel, glitt über den Parkettboden, über den kleinen Teppich im Eingangsbereich zur Tür, sah durch den Türspion hindurch. Keiner davor zu sehen. Das konnte nur eines bedeuten. Asako seufzte und ging einen Schritt beiseite, öffnete die Tür.

"Kommt rein."
 

Osa hob eine Augenbraue als die Tür dann doch einfach so aufgemacht wurde. Eigentlich hatte sie mit Wiederstand gerechnet, denn wenn Asako schlechte Laune hatte dann maulte sie gerne mal rum. Es war so die Zeit in der man auch gerne einmal eine Tür vor der Nase hatte. Die vier traten also in die Wohnung ein. Alles dunkel bis auf eine einzelne Kerze auf dem gedecktem Essenstisch im Wohnbereich. Sie hatte also immer noch auf Ayaki gewartet, wie immer eigentlich. Wieso ihre beste Freundin so sehr auf die ehemalige Takarazukadarstelerin fixiert war, so geduldig mit ihr war, war ihr ein Rätsel. Jeder andere Mensch hätte sie schon lange zum Mond geschossen. Verstehen konnte sie es nicht. Es roch nicht nach Essen, also hatte Asako noch nicht gekocht so wie sie es vorhatte. Osa's nächster Blick fiel auf die noch immer volle Teetasse auf dem Wohnzimmertisch, die allerdings nicht mehr dampfte. Ihre Freundin hatte ein wenig Ablenkung bitter nötig.

"Was wollt ihr? Wenn es nichts ist, dann geht bitte wieder."

"Ach komm schon, Asa", sagte Kiriyan und machte das Licht an, woraufhin sie alle einmal, einige mit leisem Stöhnen, die Augen zusammenkniffen. Gaichi war die erste, die ihre Jacke auszog und den Schal vom Hals zog.

"Wir dachten wir kommen dich besuchen", sagte die ehemalige Senka.

"Ich hab wirklich keine Lust..."

"Papperlapapp", sagte Yuuhi und lächelte Asako an. "Komm gehen wir was kochen. Ich verhungere."

Noch ehe Asako hätte richtig reagieren können zogen Yuuhi und Kiriyan den Top Star hinter sich in die Küche und Gaichi schüttelte lächelnd den Kopf und Osa hing die Mäntel an die Gaderobe. Osa war Asako's Outfit aufgefallen, ebenso die Aufmachung der Wohnung. Es war alles genau so wie Ayaki es gerne hatte und Osa hätte geschworen, dass Asako auch die Unterwäsche trug, von der sie wusste, dass sie von Ayaki war. Allein der Gedanke daran, dass dieses Miststück Nao ihre Freundin wie ein Stück Dreck behandelte lies ihr Blut in Wallung bringen. Kaum, dass sie den Gedanken hatte legte ihr Gaichi eine Hand auf die Schulter.

"Komm runter. Wir sind hier um Sena ab zu lenken, nicht um uns über Saeko auf zu regen."

"Ich werde mir sie trotzdem noch vorknöpfen."
 

Die Küche war eindeutig zu klein für fünf Personen. Asako stand gequetscht mit Yuuhi und Kiri an der Arbeitsfläche, Gaichi und Osa saßen hinter ihnen an einem kleinen Arbeitstisch und sie unterhielten sich. Ihnen war allen klar, dass sie nicht genug zu Essen für alle hatten, aber das war für sie nicht wichtig. Es ging nur darum den jungen Top Star auf zu heitern, was auch funktionierte. Es dauerte eine Zeit, aber die vier zusammen schafften es tatsächlich Asako's Depressionen zumindest etwas ab zu wenden sodass sie sogar lächelte. Ihre Laune stieg je länger sie blieben. Sie alberten beim Kochen herum, lachten und schlieslich stand sogar ein Auflauf im Ofen. Sie blieben noch in der Küche, machten den Wein auf, den Asako gekauft hatte, und tranken ihn und unterhielten sich während der Auflauf vor sich hinkochte.

"Also Yukigumi hat nächste Woche Premiere. Gehen wir hin?", frage Kiriyan und grinste etwas schief. "Kimu hat gefragt. Sie hat uns sogar schon Plätze reserviert."

"Kimu? Wer ist Kimu?"

"Eine unserer Freunde. Hast du sie noch nicht kennen gelernt?", fragte Gaichi und schüttelte den Kopf.

"Merkwürdig", sagte Yuuhi und zog die Stirn kraus. "Dabei bin ich mir sicher, dass ihr euch gut verstehen würdet."

Asako hob etwas die Augenbrauen, schob sich auf den Tisch zwischen Osa und Gaich und schlug die schlanken Beine übereinander. Dabei schwenkte sie den Wein in ihrem Glas etwas. "Wie kommst du darauf?"

"Nun ihr seid euch ähnlich."

Wirklich helfen tat das der Tsukigumidarstellerin nicht, aber immerhin. Wenn sie mit Yuuhi, Gaichi und Kiriyan befreundet war, dann würden sie sich früher oder später über den Weg laufen. Osa schubste sie mit der Hand am Oberschenkel an.

"Da wollte ich sowieso noch drüber sprechen. Es ist Mizu's Debut als Top Star. Sie möchte, dass wir dabei sind. Sie hat uns auch zur Aftershowparty eingeladen."

Mizu... Mizu... Sprach sie von Mizu Natsuki? Sie hatte sie Schauspielerin nur flüchtig kennen gelernt, sie hatten zwei Stücke in Hanagumi zusammen gespielt, in denen Asako das erste Mal eine etwas größere Rolle bekommen hatte, aber Osa hatte sich immer wunderbar mit der jüngeren verstanden. Soweit sie sich erinnerte war sie ein bisschen wie Osa gewesen, hart arbeitend, aber manchmal etwas zu streng mit sich un ihrer Umwelt. Sie hatte es tatsächlich zum Top Star geschafft? Erstaunlich.

"Nun dann kann ich schlecht nein sagen oder?" Asako lächelte und sie sah wie Yuuhi Kiri das Glas entnahm.

"H-Hey! Das ist meiner!"

"Du hattest schon genug."

"Aber..."

"Ich bin kurz im Bad", sagte Osa noch als Yuuhi und Kiriyan sich anfingen zu kebbeln und Asako, sowie auch Gaichi sich nur zu gerne einmischten um Kiriyan etwas zu ärgern.
 

Als Osa sich auf den Weg ins Bad machte fiel ihr mal wieder auf wie geleckt Asako's Wohnung eigentlich war. Die Zeiten, in denen ihre Freundin ihre Sachen einfach auf dem Boden liegen gelassen hatte in der Hoffnung sie machten sich von selbst sauber waren vorbei. Asako war erwachsen geworden, hatte sie selbst sogar in gewisser Art und Weise überholt. Es war einer der Gründe wieso Osa beschlossen hatte Takarazuka den Rücken zu kehren. Ihre beste Freundin brauchte sie nicht mehr und es gab keinen Grund mehr für sie zu bleiben.

Osa nutzte die Gelegenheit sich etwas in der Wohnung der anderen um zu sehen, auch wenn sie es nicht wagte weitere Lichtschalter zu betätigen. Der Einrichtungsstil der jüngeren hatte sich von den Grundstrukturen nicht sonderlich verändert, aber die Farbgebung war schlichter, dezenter, dennoch ausdrucksstark. Ihr war auch die zarten Rot-Schwarzen Akzente aufgefallen, die sie überall gesetzt hatte, seien es Bilder oder ähnliches. Und noch etwas hatte sich verändert. Überall hingen kleine Kristallornamente, Windspiele oder nur zur Dekoration. Asako hatte sich während ihrer Zeit in Hanagumi nie sonderlich mit Verzierungen oder ähnlichem beschäftigt, von den gefühlten 50 Kissen, die sie noch immer zu besitzen schien, mal abgesehen. Ihr Bett war größer, beinahe königlich und darauf lagen in Satin eingehüllte, dünne Decken und flauschige Kissen, die geradezu dazu einluden sich hinein zu werfen. An der Wand hingen vereinzelt Bilder, an denen ab und zu dekorativ eine Feder befestigt war. Sie erkannte viele von sich und Asako, ein paar mit Kiriyan, einige mit Yuuhi. Die befestigten Federn erkannte Osa wieder: sie stammten von ihrem Federrad, welches sie erhalten hatte und Asako ein paar der Federn geschenkt hatte. Auf einem größerem Gruppenbild, auf dem neben Gaichi, sie selbst, Asako, Kiriyan und Yuuhi abgebildet waren erkannte sie noch Mimi Anri, Ayana Oto, Ayano Kanami, ein paar Hanagumidarsteller und Ayaki Nao, aka. ehemaliger Top Star, darauf. Alles gute Freunde von Asako, dennoch konnte sie den Anblick von Ayaki auf dem Bild kaum ertragen. Eine Feder von Ayaki's Federrad hing daran. Es war das Abschlussbild, welches sie geschossen hatten nachdem der letzte Auftritt von Ayaki über die Bühne gegangen war. Auf diesem Bild hatte sie noch so glücklich gewirkt, unbeschwert, beinahe kindlich. Davon war nichts mehr zu sehen. Vielleicht war es auch gut so. Es war immer noch Asako und Osa liebte sie nach wie vor.

Langsam ging sie aus dem Schlafzimmer, machte sich wieder auf den Weg in die Küche als ein Leuchten in ihrem Augenwinkel ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. In der Küche war es so laut, dass keiner von den anderen es bemerkt hatte. Osa ging zu dem leuchten hin, stellte dann fest, dass es Asako's Handy war, auf Lautlos, aber es hüpfte dann doch durch die Vibrationen über den Tisch. Osa hob es auf und sah aufs Display.

'Saeko'

Zuerst hatte sie darüber nachgedacht den Anruf einfach weg zu drücken, aber ihr fiel dann etwas besseres ein. Durch das noch immer dunkle Zimmer trat sie in den Eingangsbereich, weg von der Küchentür, wo man sie weder sehen noch hören konnte. Die Küche lag am anderem Ende der Wohnung. Dann hob sie ab.

"Bevor du ausflippst hör mir zu..."

"Asako wird dir nicht zuhören", sagte Osa unterkühlt und für eine Sekunde war am anderem Ende Stille. Sie hörte Stimmen im Hintergrund.

"Was machst gerade du bei Osa?" Ayaki war definitiv sauer, aber das war ihr Recht egal. Sie konnte spüren wie sich die Anspannung zwischen ihnen wieder aufbaute. Zwar rissen sich die zwei Titanen zusammen wenn noch jemand dabei war, aber sperrte man sie zusammen alleine in einen Raum flogen regelmäßig die Fetzen.

"Wir sind zu Asako gegangen nachdem du dich entschlossen hattest nicht auf zu tauchen."

"Und wer ist 'wir'?"

"'Wir' sind ihre Freunde."

"Haruno wer ist bei ihr?" Ayaki klang noch etwas angespannter und Osa hörte sie am anderem Ende schnaufen.

"Kiriyan, Yuuhi, Gaichi und meine Wenigkeit."

Stille am anderem Ende.

"Ich bin in zwei Stunden..."

"Denk gar nicht erst daran hier vorbei zu kommen", unterbrach sie die andere, zischte inzwischen geradezu in den Hörer. "Denk nicht einmal dran in den nächsten paar Tagen hier auf zu tauchen nachdem du Wochenlang nichts von dir hast hören lassen! Asako ist zutiefst unglücklich wegen dir und du machst es nur schlimmer! Es wäre fast besser wenn du nie mehr auftauchst."

"Du kannst mir nicht befehlen was ich zu tun habe!"

"Nein aber wenn es zu Asako's Besten ist dann..."

"Osa es reicht jetzt."

Osa wirbelte herum und sah Gaichi, die vor ihr stand und ihr das Telefon entriss.
 

Es war einzig Gaichi aufgefallen, dass Osa eine ganze Weile nicht mehr zurückkam, hatte im Augenwinkel gesehen wie sie an der Küche vorbeigelaufen war. Da sie noch immer nicht wieder zurück in die Küche gekommen war und die Versuche des Chaotentrios einen Nachtisch zu machen in einer halben Pudding-Sahne-und-Milch-Schlacht ausgeartet war, hatte Gaichi fast fluchtartig die Küche verlassen. Kaum dass der Lärm der lachenden Frauen hinter ihr lag hörte sie auch schon Osa's wütende Stimme. was war denn mit ihr los? Dann aber musste sie nicht zwei mal hinhören um heraus zu finden mit wem sie da telefonierte. Aber wieso sollte Osa mit Saeko telefonieren? Wichtiger: woher hatte sie die Nummer der anderen? Sie hörte sich das Gespräch für ein paar Sekunden an, brummte dann aber etwas für sich und trat zu ihnen, nahm Osa das Handy ab und hielt es sich selbst ans Ohr.

"Saeko?"

"Gaichi! Sag deiner hirnlosen und durchgeknallten Freundin, dass sie sich gefälligst aus meinen Beziehungen raus zu halten hat!" Gaichi hielt das Telefon kurz etwas von ihrem Ohr weg.

"Jetzt pass auf, sie hat nicht so ganz unrecht. Das was du die letzten Wochen gebracht hast war nicht richtig."

"Fall du mir auch noch in den Rücken!"

"Ich fall dir nicht in den Rücken." Sie seufzte. "Hör mal. Yukigumi feiert Premiere mit Hoshikage no Hito. Wir werden alle da hingehen und danach auf die Aftershowparty. Sieh gefälligst zu dass du da auftauchst und stell die Sache richtig. Und um Himmels Willen kümmer dich mehr um Sena."

"Du weist genau wieso..."

"Deine Freundin würde für dich auch noch früh morgens um drei aufstehen. Hör auf dir Gedanken darüber zu machen ob du sie wecken könntest und komm einfach vorbei. Du hast einen Schlüssel zu der Wohnung. Benutz sie in Dreiteufelsnamen auch."

Zusammengestaucht von der Senka schwieg Saeko am anderen Ende. Gaichi seufzte.

"Tu es einfach ja? Ich will nur das beste für euch beide."

"Ich weis... Gaichi? Danke und..."

"Und was?"

"Sag ihr dass ich sie liebe."

"...schön."

Damit legte sie auf, sah sofort Osa's geradezu wutverzerrtes Gesicht und Gaichi sah ihr an, dass sie mit allen Mitteln versuchte nicht laut zu werden.

"Du nimmst sie auch noch in Schutz?"

"Sie ist meine beste Freundin, Osa."

"Das ist kein Grund..."

"Grund genug." Gaichi trat an Osa heran, legte ihr die Hand auf die Wange. "Du weist wie sehr Sena Saeko liebt. Du willst dass sie glücklich ist, ebenso wie ich. Sie sind nur glücklich zusammen."

Osa seufzte. "Ich weis..."

"Na also." Gaichi hauchte ihrer Freundin einen leichten Kuss auf die Lippen, strich ihr mit dem Daumen übers Kinn. "Hör auf so ein Gesicht zu ziehen und lass uns zu den anderen gehen. Und hoffen dass die Küche noch steht."

Osa nahm die Hand der anderen, starrte nochmals für ein paar Sekunden zu Boden bevor sie nickte.

"Schön. Aber auch wenn dus nicht hören willst, manchmal bist du zu gutmütig."
 

Das Chaotentrio in der Küche merkte gar nicht, dass Osa und Gaichi eine ganze Weile nicht mehr in die Küche kamen, war von ihrer Sahneschlacht zu einer Wasserschlacht übergegangen und hatten inzwischen die halbe Küche unter Wasser gesetzt. Zwar hatten sie daran gedacht den Ofen aus zu machen sodass das Essen nicht anbrannte, aber Hunger hatten sie alle nicht mehr, aber waren dafür umso durchnässter. Die Klamotten und die Haare klebten an ihnen, Asako hatte noch immer etwas Schlagsahne auf der Wange. Den Versuch einen Nachtisch zu machen hatten sie aufgegeben. Stattdessen steckte Asako Yuuhi einen nassen Lappen hinten in den Kragen, lachte auf als diejenige laut auffiebte nur um einen Schwall Wasser von Kiri ins Gesicht zu bekommen. Die drei lachten laut und der Lappen, den sich Yuuhi irgendwie wieder aus dem Hemd gefischt hatte, flog Richtung Tür, dort dicht an Gaichi vorbei, die sich gerade noch weggeduckt hatte.

"Woh! Passt auf wo ihr das Ding hinwerft", sagte Osa. Das Trio sah sich nur kurz an bevor alle fünf laut loslachten.

Der Restliche Abend verlief mehr oder minder ruhig wenn man von den Albereien und den daran gebundenen Lachanfällen absah. Sie kamen sogar dazu eine kleinigkeit zu essen, obwohl der Nachtisch dann doch flach fiel. Stattdessen lästerten sie über die wirklich dummen Fehler, die teilweise auf der Bühne passiert waren. Yuuhi war teilweise direkt an ihnen vorbeigelaufen obwohl sie hätte stehen bleiben sollen, sie hatten die Jacken vertauscht in mancher Hektik und und und. Osa war irgendwann einfach auf dem breiten Sofa eingeschlafen, Kiriyan hatte sich ins Bad verzogen, da ihre Kleidung vor Sahne nur so triefte und nachdem sie etwas getrocknet war dann doch unangenehm klebte und Yuuhi zog sich in Asako's Schlafzimmer um. Die vier Gäste hatten beschlossen noch bei dem Top Star zu übernachten. Gaichi und Osa bekamen die Couch, Kiriyan und Yuuhi würden sich das Bett mit Asako teilen.
 

Asako selbst hatte sich eine Jacke übergeworfen und sich auf den Balkon gestellt, lehnte sich auf dem Geländer auf und blickte auf die eingefrorene Landschaft. Sie war glücklich, dass ihre Freunde sich entschieden hatten vorbei zu kommen. Sonst hätte sie wohl den ganzen Abend und die ganze Nacht depremiert in ihrem Sessel gesessen, ihren kalten Tee in der Hand gehalten und hätte auf ihr Handy gestarrt.

"Alles in Ordnung bei dir?", hörte sie eine Stimme hinter sich. Sie musste sich nicht umdrehen um zu wissen, dass es Gaichi war. Seitdem sie sich kannten war Gaichi nichts als gut zu ihr gewesen und auch wenn sie manchmal von der anderen zurechtgestaucht wurde war sie froh sie die Senka zu ihrern Freunden zählen konnte.

"So gut wie es mir eben gehen kann, nicht?"

Gaichi lehnte sich neben ihr auf das Geländer, starrte ebenfalls in die Ferne.

"Sie fehlt dir, was?"

"Mehr als du glauben magst." Asako seufzte. "Gaichi? Du bist doch ihre beste Freundin oder?"

"Worauf willst du hinaus?"

"...Liebt sie mich noch?"

Da sah sie doch im Augenwinkel wie Gaichi entsetzt zu ihr starrte.

"Wie kommst du denn jetzt bitte darauf?"

"Weil ich mir ignoriert vorkomme."

"Du weist, dass sie dich liebt. Mehr als alles andere."

"Wissen. Ja. Ich weis dass sie mich liebt. Sie sagt es mir, oder besser schreibt es mir ab und zu in ihren Emails. Aber ich komme mir nicht so vor." Sie blickte zu Gaichi, sah etwas traurig drein. "Wenn sie da ist, dann immer nur kurz. Immer nur für den Sex. Die ganzen letzten Monate. Danach muss sie immer wieder gehen wegen ihrer Arbeit. Weist du wie lange es her ist dass wir uns einfach nur unterhalten haben? Ich komme mir eher vor wie ein Betthäschen als ihre Freundin."

Gaichi seufzte leicht und strich ihr kurz über die nassen Haare, lächelte etwas.

"Jetzt mach dir in der Richtung mal keine Gedanken. Ich kann dir guten Gewissens sagen, dass Saeko noch nie eine Person so sehr geliebt hat wie dich. Gib ihr eine Chance sich zu erklären."

Nur mit Mühe bekam Asako ein Lächeln zustande.
 

Nur ungefähr eine halbe Stunde später waren dann auch die anderen Frauen bettfertig, wobei Osa noch immer seelenruhig auf der Couch schlief, und Gaichi sah dabei zu wie Kiriyan, Yuuhi und Sena sich ins Schlafzimmer zurückzogen. Sie hatte sich von der jüngeren ein Shirt und eine lange Schlafhose geliehen, hatte sich eine Decke für sich und Osa geholt und legte sich vorsichtig zu der schlafenden Schauspielerin um sie nicht zu wecken. Den Kopf legte sie auf die Schulter der anderen, schloss die Augen und schlang einen Arm um ihren Bauch.

"Du weist, dass sie sich nicht damit zufrieden geben wird", hörte sie Osa mit einem Mal murmeln, schlug die Augen desshalb wieder auf und beugte sich über die jüngere.

"Was meinst du?"

Osa schlug die Augen auf, sah sie in der Dunkelheit an. Sie sprach sehr leise damit es gar nicht erst bis zum Schlafzimmer kam.

"Es geht Asako nicht darum, dass Ayaki sie liebt oder sie ihr Herz Ayaki geschenkt hat. Zumindest nicht vorrangig."

Gaichi schwieg kurz.

"Um was geht es dann?"

Die jüngere seufzte leise, schwieg ebenfalls für ein paar Sekunden als müsste sie nach den richtigen Worten suchen.

"Es gibt einen Grund wieso Asako so ist wie sie ist. Sie ist leicht einsam und braucht Aufmerksamkeit. Du hast es heute Abend gesehen. Es geht Asako darum von Saeko begehrt zu werden. Körperlich und Geistig. Sie braucht dieses Gefühl im Mittelpunkt zu stehen."

Abermals schwieg Gaichi, schüttelte dann etwas den Kopf. Darüber musste sie nochmal nachdenken, aber etwas anderes schoss ihr sofort in den Kopf und es lies sie lächeln.

"Du hast sie Saeko genannt."

"Und?"

"Du fängst an zu akzeptieren."

"Ich werde sie erst dann völlig akzeptieren, wenn sie aufhört meiner Freundin weh zu tun."

"Ich arbeite dran."

Sie beugte sich zu Osa hinunter, küsste sie nochmals zärtlich auf die Lippen.

Act 2 Scene 2: An Intruder awaits

Im benachbartem Schlafzimmer krabbelte Kiriyan schließlich zuletzt zu den beiden Frauen, lies sich zwischen Yuuhi und Asako fallen und kuschelte sich in das weiche Kissen. Wohlig seufzend zog sie sich die Decke über den Kopf, woraufhin Asako leise kicherte.

"Hey Kiri. Beanspruch nicht die ganze Decke für dich."

"Sie ist aber so flauschig", antwortete Kiriyan dem Top Star, rollte sich auf den Bauch und hätte dabei fast Yuuhi, die schon halb am Schlafen war, über den Haufen gerollt. Diese murrte jedoch nur kurz, belies es aber dann dabei. Asako war sich ziemlich sicher, dass Yuuhi nichts dagegen hatte so nahe bei Kiriyan zu liegen.

"Kein Grund sie uns beiden zu klauen. Du weist ich habe nur noch die eine. Kuschelig wird es also auf jeden fall."
 

Yuuhi setzte sich dann doch nochmals kurz auf, linste etwas zu Asako hinüber, die noch immer keine Decke über den nackten Beinen hatte. Wieso der Top Star selbst um diese Jahreszeit in kurzen Klamotten schlief war ihr ein Rätsel. Nicht, dass es ihr nicht stehen würde, aber ihr war darin immer zu kalt. Sie schubste Kiriyan etwas an.

"Jetzt gib mal ein wenig von der Decke ab. Du stielst sie über Nacht sowieso wieder."

Kiriyan murrte.

"Sollen wir sie rauswerfen?", fragte Asako und grinste etwas schief. Für jemanden, der sitzengelassen wurde war sie merkwürdigerweise erstaunlich guter Laune. Ganz gut so, dachte sich Yuuhi. Dann war die Ablenkung erfolgreich gewesen.

"Wenn sie wieder hamstert, sicher."

"Hey das könnt ihr doch nicht machen!", wimmerte die Otokoyaku von unter der Decke, zog sie etwas hinunter und schielte die zwei anderen Frauen an.

"Wetten?"

"Das ist aber unfair."

Die drei sahen sich kurz an, lachten dann doch los. Inzwischen waren sie so zusammengewachsen, das sie sich auch ohne Worte verstanden. Yuuhi zog die Decke unter Kiri heraus, lächelte etwas. Asako robte zu den anderen beiden unter die Decke, wobei Kiriyan sich an Asako kuschelte und deren Kopf auf die Schulter des Top Stars legte. Yuuhi merkte, wie in ihr ein wenig etwas hochkochte. Eigentlich hätte sie sich schon daran gewöhnen müssen, immerhin schliefen die drei nicht das erste Mal zusammen in einem Bett und ihre zwei Freundinnen lagen immer so da, hauptsächlich, da Asako über Nacht eine lebende Heizung war. Die Otokoyaku robte etwas weiter unter die Decke, legte den Kopf zurück ins Kissen und drehte den beiden den Rücken zu. Eigentlich hatte sie gar keinen Grund eifersüchtig zu sein. Asako war Saeko's Freundin.

"Hey Yuuhi", kam es mit einem mal von Asako und Yuuhi sah über die Schulter zu dem Top Star. "Wenn du dich auf die andere Seite legst, dann klaut uns Kiriyan heut Nacht bestimmt nicht die Decke."

Zuerst sah Yuuhi etwas verwirrt drein, aber Asako lächelte nur unschuldig, was auch Yuuhi ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Lange konnte sie der anderen nicht böse sein. Kiriyan war inzwischen eingeschlafen, atmete ruhig. Vorsichtig um Kiriyan nicht etwa zu wecken krabbelte sie über die zwei anderen Frauen drüber, legte sich neben Asako und kuschelte sich an diese. Es war fast unglaublich wie schnell sich der Top Star aufheizte. Sie fühlte die Hand der anderen auf ihrem Rücken, fühlte sich etwas schläfrig. Ihr fiel auf wie gut Asako eigentlich roch, schlug sich den Gedanken aber schnell aus dem Kopf. Stattdessen schloss sie die Augen, schob sie die Hände unter die Decke auf den Bauch des Top Stars wo ihre Fingerspitzen die von Kiriyan trafen. Kiri selbst schien es nicht mehr mit zu bekommen, umgriff Yuuhis Finger ein wenig mit den eigenen woraufhin Yuuhi etwas rot anlief. Sie spürte noch, wie Asako gegen ihre Haare grinste.
 

Osa und Gaichi waren die ersten, die wieder wach waren, auch wenn sie noch eine ganze Weile einfach auf dem Sofa liegengeblieben waren. Osa war die erste, die aufstand, wogegen Gaichi lieber noch liegen blieb. Die Hanagumidarstellerin schliff in die Küche, sie hatte zwei Mal darüber nachdenken müssen wo diese war in ihrem schlaftrunkenem Zustand, und kramte dort nach dem Kaffee. Ohne Kaffee lief bei ihr Morgens gar nichts. Beim Durchwühlen von Asako's Schränkten war ihr aufgefallen wie voll diese merkwürdigerweise waren. Asako hatte genug zu Essen um sie alle Fünf zu versorgen. Dann allerdings war es weniger verwunderlich, denn sie verbrachten viel Zeit in Asako's Wohnung, da sie recht zentral zu allen anderen lag. Kaum dass sie den Kaffee eingefüllt hatte kam Gaichi zu ihr, lies sich auf einem Stuhl nieder und gähnte einmal ausgiebig.

"Dir auch guten Morgen", sagte Osa grinsend und lehnte sich an die Arbeitsfläche. "Ich hoffe ich war nicht gar so unbequem."

"Nach zwei Jahren hat man sich daran gewöhnt", sagte die Senka spöttisch und grinste etwas breiter. Osa lachte nur etwas.

"Ich geh mal das Chaotentrio wecken. Bis die aufstehen ist der Kaffee durchgelaufen."

"Hoffendlich hast du genug gemacht. Kiriyan inhaliert das Zeug momentan geradezu."

"Trotz dem Koffeinschock, den sie letztens hatte?"

Gaichi zuckte nur mit den Schultern und Osa schüttelte den Kopf. Kiriyan war manchmal wirklich ein Kind. Sie ging zum Schlafzimmer, klopfte kurz leise bevor sie eintrat und sich erst einmal grinsend gegen den Türrahmen legte. Wenn die drei ihre Kleidung nicht noch tragen würden, dann hätte sie auf eine Orgie getippt. Die Bettdecke und zwei der Kissen waren aus dem Bett geworfen, Asako lag, ein Bein aufgestellt und einen Arm um Kiriyan gelegt, in der Mitte. Kiriyan lag mit dem Kopf auf dem Schlüsselbein des Tsukigumi-Top-Stars und hatte eine von Yuuhi's Händen in ihrer. Yuuhi lag quer im Bett, Kiriyan und Asako lagen ganz am Rand, und hatte den Kopf auf Asako's Bauch gelegt, sich leicht eingerollt und sich an das Oberteil ihres Vorgesetzten geklammter. Asako's zweiter Arm lag einmal quer über deren Taille und Yuuhi's Hand auf Asako's Schlüsselbein, festgehalten durch Kiriyan. Es war ein fast niedliches Bild die drei so zu sehen, aber sie würde es wohl oder übel zerstören müssen. Ohne Vorwarnung zog Osa die Vorhänge auf, legte den Lichtschalter um und alle drei Frauen fingen zeitgleich an zu stöhnen und sich zu regen.

"Aufstehen ihr süßen. Es ist morgen."
 

"Wir haben heute frei, Osa", jammerte Asako, versuchte nach einer Decke zu tasten, aber konnte sich dank der zwei Körper, die bei ihr lagen, nicht wirklich bewegen. Kiriyan vergrub ihr Gesicht an ihrer Schulter, Yuuhi an ihrem Bauch. Durch den Atem, den sie durch den dünnen Stoff hindurch fühlte, bekam sie eine Gänsehaut.

"Yuuhi", jammerte sie weiterhin. "lass mich bitte am Leben."

Was Yuuhi daraufhin murmelte konnte sie nicht verstehen, aber es war auf jeden Fall eine sarkastische Bemerkung gewesen.

"Warum jetzt schon aufstehen?", jammerte Kiriyan, wobei Asako ein Auge einen Spalt öffnete und nebenbei sah, wie Kiriyan Yuuhi's Hand fest umklammert hielt. Sie grinste etwas und schubste die zwei Frauen etwas an.

"Na kommt schon", sagte Osa und krabbelte zu den dreien aufs Bett, beugte sich über diese und grinste. "Ich hab auch Kaffee gemacht."

Abermals murmelte Yuuhi etwas und Asako kicherte.

"Hey das kitzelt." Sanft rüttelte sie die andere. "Jetzt komm schon. Ich hab Hunger und wenn mein Magen mal knurrt kannst du auch nichtmehr schlafen."

Nur widerwillig rollten die zwei anderen Frauen von der Tsukigumidarstellerin runter, bleiben jedoch noch etwas platt auf dem Bett liegen. Asako setzte sich auf, merkte dann erst, dass ihr Arm eingeschlafen war. Das Kribbeln war höchst unangenehm und sie bewegte die Finger nur langsam, zog sich dann aber an Osa einmal über das Bett und ihre beste Freundin half ihr beim Aufstehen. Wenn sie gerade aufgewacht war, war sie immer etwas unkoordiniert, wesshalb sie eher aus dem Bett stolperte und Osa sie abfing. Ein Bein hing dabei noch immer im Bett. Kiriyan hatte nach ihrem Fußgelenk gegriffen.

"Hey aufgepasst."

"Sag das ihr." Asako warf einen Blick zu Kiriyan, die nur ein leidendes "Kalt" von sich gab und sich auf den Rücken rollte.

"Steh auf, trink deinen Kaffee und dann wird dir warm."
 

Die Vier brauchten eine ganze Weile um sich in der Küche zu sammeln, hauptsächlich weil sie versucht hatten Yuuhi irgendwie aus dem Bett zu bekommen, die halb schon wieder eingeschlafen war. Mehr blind als irgendetwas anderes trottete Kiriyan allen vorran in die Küche, roch dort sofort den frischen Kaffee und öffnete ein wenig die Augen.

"Morgen", brummte sie zu Gaichi, die inzwischen fünf Tassen mit Kaffee gefüllt hatte, eine davon in der Hand haltend, und lächelte zu den vieren.

"Guten Morgen. Ihr seht aus wie der junge Morgen."

"Behalt deinen Sarkasmus für dich, Gaichi", murmelte Yuuhi hinter Kiriyan, wobei Kiriyan selbst sich auf einen Stuhl gegenüber von Gaichi nieder lies. Yuuhi schob sich auf die Arbeitsfläche und Osa und Asako blieben einfach stehen, verteilten die Kaffeetassen. Die ersten paar Minuten waren erst sehr ruhig, da sie alle erst wach werden mussten. Irgendwann schlugen sogar Yuuhi und Kiriyan die Augen etwas weiter auf, gähnten einmal ausgiebig. Osa hatte auch ein paar Kekse verteilt, die sie im Schrank gefunden hatte. Ein spärliches Frühstück, aber es würde reichen, da sie alle morgens sowieso nichts runter bekamen.

"Also ich hatte gerade eine Idee", sagte Gaichi nachdem sie ihre Tasse geleert hatte und sah in die Runde. "Wir haben heute doch alle nichts zu tun. Wie wäre es wenn wir uns alle etwas neues für die Premiere holen? Kimu freut sich sicher." Ihr Blick fiel auf Osa. "Und Natzuki würde sich sicher auch freuen, oder?"
 

Gesagt, getan. Es dauerte noch bis zum Nachmittag bis sich das kleine Grüppchen zurecht gemacht hatte und sich endlich in die Stadt aufmachte. Tokyo war groß, geradezu gigantisch und die Möglichkeiten zum Shopping waren shier endlos. Dennoch entschieden sie sich etwas abseits der Einkaufspassagen und damit der Touristen und eventuellen Fans ein zu kaufen. Die meisten Läden, in denen die Takarazukadarstellerinen ungestört einkaufen konnten waren sowieso etwas ausserhalb. Die Ladenbesitzer dort machten immer ein gutes Geschäft, denn sie hielten insbesondere den Top Stars eventuelle Gaffer vom Hals, die sie belästigen könnten. Besonders da sie zwei davon in ihrer Gruppe hatten, insbesondere eine, die ihren Abschied nach der nächsten Saison feiern würde, waren sie ein beliebtes Ziel auch für Touristen.

In dem Laden angekommen, es war Anlaufstelle nummer 1 für die Otokoyaku, insbesondere für die Top Stars. Kaum, dass sie den Laden betraten wurden sie von einem Verkäufer begrüßt, welcher sie ein wenig durch das neue Sortiment führte. Alles, was dort hing waren Einzelstücke, dementsprechend teuer, mindestens ebenso schön. Osa und Gaichi hatten sich recht schnell für ihre Kleidung entschieden, wobei Osa sich für einen Anzug, Gaichi, sehr zum Verwundern der Gruppe, für ein längeres Kleid entschieden hatte. Man sah die Senka selten in etwas anderem als Hosen, aber es stand ihr sehr gut. Das Kleid war weiß, hatte kleine, schwarze Stickereien an der Seite, die ein paar Blumen ähnelten. Wie für Takarazuka üblich waren ebenso ein paar Glitzersteine darauf. Osa's Anzug war schlicht-schwarz mit einer Krawatte, Asako tat aber noch etwas von ihrem Stil hinzu und zwang ihrer besten Freundin eine geradezu peinliche Krawattennadel auf, auf denen ein paar Kristalle zu sehen waren.

Auch Yuuhi hatte sich schnell für ein Outfit entschieden. Ihr Anzug war tiefgrün, aber nicht so grün als dass es in den Augen wehtun würde., ein schwarzes Hemd und die dazu passende Hose. Kiriyan entschied sich für eine Bluse, einen passenden Schal und eine enge Hose. Asako brauchte am längsten, denn sie war dann doch sehr wählerisch, was ihre Kleidung anging. Entweder war es nicht passend geschnitten oder es passte einfach nicht zu ihrem Stil. Doch letztenendes, nicht zuletzt dank Kiriyans Geschmack, Yuuhis geradezu begnadeten Überblick und Osa's Machtwort hatten sie auch für den Tsukigumi-Top-Star ein Abendoutfit heraus gesucht.

"Findest du nicht, dass da noch etwas fehlt?", meinte Asako, die vor dem Spiegel stand und sich einmal ausgiebig betrachtete. Sie trug ein lockeres, silbernes Shirt, welches vorne in Falten lag, einen knielangen Mantel, der durch einen ebenfalls silbernen Gürtel zugemacht wurde. Dazu eine ebenso tiefschwarze Hose und ein paar Overkneestiefel mit silbernen Ornamenten.

"Jap und ich weis genau was das ist", sagte Yuuhi und lief einmal durch den Laden, kam nach einer kurzen zeit wieder zurück und drückte Asako einen weißen Hut mit einem schwarzen Muster auf den Kopf. Nach etwas nachrichten betrachtete sich der Top Star wieder im Spiegel, lächelte zufrieden.

"Ja ich glaube so kann es bleiben." Hinter sich hörte sie Osa erleichtert ausatmen und Asako drehte sich um. "Was?"

"So gern ich dich auch habe, Shopping mit dir ist immer so furchtbar anstrengend."

Das Grüppchen lachte.
 

Ein paar Tage später zur Premiere gingen die Fünf geschlossen zu der Aufführung. Gaichi hatte versucht Asalko zu zeigen wer von den Schaustellern Kimu war, jedoch konnte sie nicht so genau sagen wer von ihnen nun gemeint war. Mizu erkannte sie dagegen sofort. Das Gesicht der Otokoyaku war immerhin sehr markant. Die Aufführung war einfach wundervoll. Asako sah genau, wie viel Arbeit in diesem Stück steckte, sah auch Mizu's Nervosität, die für den Leien wohl nicht sichtbar gewesen war. Trotz des wundervollen Auftritts und der vergleichsweise ruhigen Tage, die sie mit ihren Freundinnen verbracht hatte, mit Ausnahme von Gaichi und Osa, die ihrer Arbeit hatten nachgehen müssen, ging Asako im Nachhinein mit den Tarkazukadarstallerinnen mit dem Vorsatz zu der Aftershowparty sich gehörig zu betrinken. Zwei Tage zum Kater auskurieren hatte sie sowieso noch laut ihres Probenplans. Der Frust von Saeko's Abfuhr saß ihr dann doch noch in den Knochen und sie hatte vor es zumindest für eine Weile zu vergessen. Sie liebte Saeko, keine Frage, aber gerade desshalb hatte sie vor sich mal wieder dem Alkohol zu zu wenden nachdem sie eine halbe Ewigkeit trocken geblieben war.

"Ich muss mich nochmal kurz entschuldigen", sagte Gaichi als sie schließlich vor dem Club standen. Sie drehten sich zu der Senka und blinzelten allesamt kurz verwirrt.

"Was ist los?", fragte Yuuhi, schob die Hände wieder zurück in die Taschen ihrer Jacke.

"Ich muss nochmal kurz zurück ins Probengebäude. Mir ist vorhin aufgefallen, dass ich was habe liegen gelassen. Ich komme nach."

"Hm na gut. Lass aber nicht zu lange auf dich warten, sonst ist die Party vorbei", meinte Osa und grinste etwas.

"Ja ja. Betrinkt euch nicht zu sehr."

Yuuhi brummte.

"Ich trinke nicht."

"Dann pass du auf die anderen auf."
 

Im Inneren war die Party schon im vollen Gange. Die Musik war laut, die Leute angetrunken, wenn nicht schon völlig betrunken, wankten von einem Tisch zum nächsten und belagerten die Bar, alle gut bekleidet und guter Laune, dementsprechend heftig wurde geflirtet. Alkohol brachte selbst die konversativste Person dazu sich den nicht jugendfreien Gelüsten hin zu geben. Die meisten der Anwesenden waren Frauen.

"Da hinten", sagte Osa, klopfte Asako dabei auf die Schulter und zeigte auf einen hohen Tisch mit einigen Hockern am anderen Ende der Bar, der noch recht leer war. Nur Mizu saß daran. Asako winkte die anderen beiden mit, die sich aufmerksam umsahen und wohl nach Kimu ausschau hielten.

"Hey Natzuki", sagte Asako fröhlich als sie schließlich am Tisch waren und dem frisch gebackenen Top Star auf die Schulter klopfte.

"Sena! Haruno!", rief die doch schon gut angetrunkene Frau und stand auf, schwankte aber schon gefährlich. "Wie schön dass ihr hier seid. Wir haben uns ja ewig nicht gesehen. Wart ihr beim Stück?"

"Waren wir. Du warst unglaublich", lobte Asako und sie schüttelten sich die Hände. "Ach ja. Ihr kennt euch noch nicht." Sie drehte sich ein Stück und deutete auf Yuuhi und Kiriyan. "Das sind Yuuhi und Kiri. Sie sind auch in Tsukigumi."

"Sehr erfreut. Bitte setzt euch."

"Uhm, Mizu richtig?", fragte Kiriyan als sie sich gesetzt hatten. Ihr gegenüber nickte. "Kennst du Otozuki Kei?"

Mizu lachte einmal und lehnte sich mit dem Glas in der Hand zurück, bestellte eine Runde auf ihre Kosten.

"Natürlich kenne ich sie. Sie ist mein Vice."

"Nun...weist du ob sie schon da ist? Wir haben sie schon eine Ewigkeit nicht gesehen."

"Sie kommt etwas später. Irgendwas mit ihren Klamotten. Ihr kennt sie?"

Yuuhi, die den Drink höflich abgelehnt hatte und sich stattdessen eine Cola bestellt hatte, wandt sich wieder Mizu zu und lächelte etwas.

"Über Saeko und Gaichi."

"Wo sind die zwei alten Hasen eigentlich? Gaichi sehe ich ab und an, aber Saeko habe ich ewig nicht zu Gesicht bekommen?"
 

Mit einem Schlag war Asako's Laune wieder unten, was Osa direkt merkte als Asako ihren Drink in einem Zug kippte. Das letzte, was sie jetzt gebrauchen konnten, war schlechte Laune. Also entschied sich Osa das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

"Wie auch immer. Ist denn alles glatt gelaufen? Ich hörte ihr hattet Stress so kurz vor der Premiere."

Mizu hob leicht verwirrt die Augenbraue, aber nahm die offensichtliche Ablenkung einfach so hin.

"Ja es gab ein paar Probleme. Irgendjemand hatte bei den Kostümen gehörigen Mist gebaut und sie hatten fast alle die falschen Maße. Glücklicherweise ist das ja dann doch noch gut gegangen, auch wenn die armen Schneider Sonderschichten schieben mussten."

Asako lächelte, aber wirklich heben konnte der Tratsch, mit dem sie fortfuhren ihre Laune nicht wirklich.
 

Etwas später am Abend betrat dann auch eine andere junge Frau den Club mit einer ihrer Freundinnen. Beide hatten schon auf dem Weg einiges getrunken, konnten aber noch ohne Probleme geradeaus laufen. Sie hatte ein weinrotes Top an, eine dazu passende Halskette, einen kurzen, schwarzen Rock und ein paar Stiefel, sowie einer Jacke zum Überwerfen.. Eigentlich war es ungewöhnlich für eine Otokoyaku einen Rock zu tragen, aber um diese Uhrzeit und vor allem mit dem durchschnittlichen Alkoholpegel der Anwesenden war das sowieso egal.

"Ich schwing mich gleich mal auf die Tanzfläche. Bring mir was zu trinken mit", sagte sie noch zu der Musumeyaku, die sie begleitet hatte, und ging zwischen den tanzenden Körpern hindurch, suchte sich einen guten Platz um möglichst den Überblick zu behalten und dennoch genug Platz zum tanzen zu haben. Ganz so leicht war es nicht, aber sie entdeckte dann doch einen recht mittig zwischen den ganzen Leuten. Die meisten waren als Päärchen oder als Gruppe auf der Tanzfläche, aber lange einsam bleiben würde sie sicher nicht. Nicht in diesem Outfit. Zwar standen nicht alle in Takarazuka auf Frauen, verständlich, aber wenn man den ganzen Tag von schönen, charmanten Frauen umgeben war blieben solche Hintergedanken doch manchmal nicht aus. Jene lies man meistens auf diesen Aftershowparties aus. Sie selbst hatte es ganz geziehlt auf weibliche Bekanntschaften abgesehen.

Während sie sich durch die Menge gedrückt hatte waren ihr schon ein paar sehr schöne Frauen ins Auge gesprungen, dabei ein Tisch ganz besonders, der Tisch von Mizu. Nicht nur erkannte sie ihren Top Star daran, sondern auch mindestens einen weiteren Top Star. Haruno Sumire, Hanagumi. Und wo Haruno war, war auch sicher Sena Jun nicht weit. Sie kannte die beiden nicht persönlich, aber allein Haruno sah so fantastisch aus wie man es erzählte. Vielleicht würde sie später mal hallo sagen.
 

An Mizu's Tisch hatte sich allein Asako schon gehörig die Kante gegeben. Sie hatte in kürzester Zeit ungefähr das doppelte der anderen an Alkohol zu sich genommen, auch wenn Osa versucht hatte sie zurück zu halten. Mit erhöhtem Alkohol im Blut sank jedoch auch ihre Hemmschwelle und die ganze Frustration brach wieder aus ihr heraus. Mizu, die eigentlich nichts damit zu tun hatte, hörte dennoch ruhig zu. Yuuhi und Kiriyan waren unterdessen nach draußen gegangen um etwas frische Luft zu schnappen. Irgendwie waren sie auf das Thema Saeko gekommen und in ihrem Rausch hatte sie Mizu von deren Beziehung erzählt, wobei Mizu Osa, die noch vergleichsweise nüchtern war da sie trinken konnte wie ein Walross, versprochen hatte es für sich zu behalten. Mizu war ein durchschnittlicher Trinker und durchaus noch nüchtern. Sie konnte es sich auch nicht leisten sich ab zu schießen.

"...Und weist du was das schlimmste an der Sache ist?", lallte Asako, musste kurz aufstoßen und zog sich den weißen Hut vom Kopf, behielt ihn aber in der Hand.

"Ich habe beinahe Angst zu fragen", seufzte Mizu.

"Noch nichtmal der Sex ist sonderlich gut." Sie drehte sich einmal auf dem Stuhl, lehnte sich mit den Unterarmen auf den Tisch und stellte den Absatz ihres Stiefels auf den unteren Querbogen des Stuhls. Sie lies ihren Blick über die tanzenden Frauen gleiten, wobei sich auch ein paar der Männer, hieß Tontechniker, Kostüm- und Maskenbildner und sogar ein paar Direktoren darunter gemischt hatten. Zwischen den ganzen Paaren fiel ihr eine junge Frau auf, die allein in der Menge ihre Hüften schwingen lies. Erst nach ein paar Sekunden sprach sie weiter. "Sie wird langsam unkreativ und hetzt furchtbar."

Mizu musste etwas lachen und nippte an ihrem Drink. "Klingt als hättest du es bitter nötig."

Sogar Osa schmunzelte dabei etwas und Asako grinste schief.

"Ich sage dir, wenn ich die nächsten Tage nicht mal ordendlich durchgevögelt werde, dann springe ich vom nächsten Balkon." Sie kippte den Rest ihres Drinks. "Oder ich suche mir einfach jemand anderen. Das eine oder das andere." Die Idee an sich war an sich nicht einmal so schlecht. Die junge Frau, auf der noch immer ihr Blick klebte, war hübsch und die Kleidung schmeichelte ihr sehr. Obendrein konnte sie tanzen. Und wie.

Osa, die gerade versucht hatte etwas zu trinken spuckte die Hälfte wieder ins Glas.

"Das meinst du nicht ernst", sagte ihre beste Freundin und Asako lachte, stellte das Glas beiseite. Wieso sie lachte wusste sie auch nicht. Vielleicht aus Frustration, vielleicht weil es einfach zu lächerlich war. In der Hoffnung, dass es wirklich als Scherz gemeint war schüttelte Osa nur kurz den Kopf und nahm lieber wieder ein Gespräch mit Mizu auf, unterhielt sich mit ihr über alte Zeiten.

Asako war mit den Gedanken woanders, genauer gesagt bei der hübschen Frau in dem kurzen Rock. Vielleicht lag es am Alkohol, aber sie fand die andere durchaus verführerisch. Sie bewegte sich geschmeidig und sah wundervoll aus. Der Rotschimmer auf den Wangen der anderen verriet ihr auch, dass sie wohl schon einiges an Alkohol intus hatte. Sie biss sich etwas auf die Unterlippe, konnte die Augen nicht von der tanzenden Schönheit abwenden. Dann aber drehte diese sich zu ihr, aber wegschauen konnte sie immer noch nicht. Als sie ihr dann aber ein Lächeln zuwarf konnte sie nicht anders als ebenfalls zu lächeln. Asako erhob ihr Glas kurz und nickte der anderen zu bevor sie einen Schluck nahm. Merkwürdigerweise wurde ihre Geste erwiedert, was sie so eigentlich nicht erwartet hatte. Ob sie einmal hinehen sollte? Viel zu verlieren hatte sie nicht. Saeko würde sowieso nicht kommen und bevor sie wieder alleine nach Hause musste konnte sie auch noch etwas Spaß haben. Sie beugte sich ein wenig zurück, sah Osa an und grinste.

"Ich denke mal ich werde auch das Tanzbein schwingen."

"Du? Tanzen? Seit wann?", sagte Osa lachte und hob eine Augenbraue.

"Hey wir sind auf einer Party oder? Lass mich", meine Asako nur und stand auf, lies ihr Glas und den Hut zurück auf dem Tisch. Sie spürte noch Osa's Blicke im Rücken als sie direkt die junge Frau ansteuerte. Bei diesem Gedränge würde sie ihr nicht lange folgen können. Vielleicht auch besser so. Die tanzende Schönheit empfing sie auch schon mit einem weiteren, charmanten Lächeln, trat an sie heran und lies dabei lustvoll die Hüften schwingen. Erst jetzt konnte sie den knappen Rock deutlich sehen. Die Stiefel verrieten ihr, dass es sich wohl um eine Otokoyaku handelte, aber dennoch war die junge Frau ein paar Zentimeter kleiner als sie selbst.

"Wird langsam Zeit, dass du kommst", sagte die kleinere und zupfte einmal am Kragen ihrer schwarzen Jacke. "Ich dachte du lässt mich hier den ganzen Abend alleine."

"Nun du hast nicht gerade viel Aufmerksamkeit erregt." Auch Asako fing an sich zu der Musik zu bewegen, legte dabei die Hand an die schlanke Taille der anderen.

"Anscheinend genug um die deine zu bekommen."

Asako lachte nur etwas. Man merkte deutlich, dass sie beide schon gehörig etwas getrunken hatten.

"In dem Outfit? Nicht gerade schwierig." Die kleinere zog eine leichte Schmolllippe. Irgendwie süß.

"Jetzt beleidigst du mich aber. Du hast ja auch nichtmal nach meinem Namen gefragt. Dabei hast du den ganzen langen Weg hinter dich gebracht."

Asako legte einen Finger unter ihr Kinn, strich mit dem Daumen darüber und blickte der anderen Otokoyaku in die Augen, beugte sich schlussendlich zu ihrem Ohr um nichtmehr so schreien zu müssen.

"Dein Name interessiert mich auch nicht. Ich bin hier um mich ab zu lenken."

"Dem kann geholfen werden", meinte ihre neue Bekanntschaft und legte die Unterarme auf die Schultern des Top Stars und sie beide fingen an sich der Musik hin zu geben.
 

Etwas weiter entfernt stand Gaichi vor den Toren eines der Theater in Tokyo, wartete dort auf Saeko. Saeko hatte sich verspätet, da die Probe nicht so gelaufen war wie sie sollte. Dass Gaichi anschliesend noch zurück zum Club fahren musste gefiel ihr gar nicht. Bis sie dort waren hatte sich die anderen, Yuuhi vielleicht ausgenommen, sicherlich schon fürchterlich betrunken. So glücklich war sie darüber nicht. Schlussendlich ging die Tür des Theaters doch auf und Saeko trat heraus. Der ehemalige Top Star hatte angefangen sich etwas weiblicher zu kleiden, kam in einem kurzen Kleid und einer Handtasche und Absatzschuhen zu Gaichi. Auch ihre Haare waren inzwischen etwas Länger, ungefähr schulterlang, und hochgesteckt. Sie hatte sich herausgeputzt, das sah man ihr an.

"Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat", entschuldigte sie sich und sie und Gaichi umarmten sich kurz.

"Entschuldige dich nicht bei mir. Du wirst dir noch von Sena ziemlich etwas anhören müssen."

"Ich weis", murrte sie nur und kramte in ihre Handtasche, schloss diese dann auch sofort wieder und die zwei Frauen gingen zum Auto, stiegen ein, wo Saeko erst einmal etwas seufzend den Kopf zurücknahm und an die Decke starrte. Gaichi blieb erst nur sitzen ohne den Motor zu starten.

"So? Und was hast du dir für eine Ausrede ausgedacht?"

"Gar keine."

Gaichi hob die Augenbraue, sah auf die Frau auf dem Beifahrersitz.

"Bitte?"

"Ich hab keine. Weder für dich, noch für Asako, falls es das ist was du hören willst."

"Sena wird furchtbar wütend sein wenn du ihr so kommst."

Saeko seufzte schwer und rutschte in ihrem Sitz etwas zusammen.

"Ich weis. Es tut mir fürchterlich leid," Gerade als Gaichi Luft holte um ihr abermals einen Vortrag zu halten, wie schon so oft vorher, winkte Saeko ab. "Spar dir den Atem. Ich bin mir bewusst, dass sie eine ganze Weile sauer auf mich sein wird, aber diese Woche sind die letzten Auftritte vor der Winterpause. Und ich habe fest vor jeden Tag vor ihrer Tür zu stehen, egal ob ich mir davor die Beine in den Bauch stehe."

"Du hast einen Schlüssel. Den könntest du einfach benutzen."

"Wenn sie mich nicht sehen will, dann werde ich sie nicht dazu zwingen. Ich hoffe nur dass sie heute Abend nicht zu betrunken ist und etwas tut, was wir beide bereuen."

"Na dann, auf deine Verantwortung. Es wäre mir lieber gewesen du wärst schon da bevor die anderen den Club betreten haben, aber damit musst du ja leben."
 

Osa, inzwischen doch recht angetrunken, hatte unterdessen angefangen wieder nach Asako zu suchen. Zwar genoss sie die Unterhaltung mit Mizu, freute sich auch furchtbar für die andere besonders nach dieser langen Zeit, aber sie sorgte sich dann doch etwas um ihre beste Freundin. Dass das Glas mit dem Restalkohol noch immer neben dem weißen Hut auf dem Tisch lag war vielleicht ganz gut, aber wer weis was passieren konnte.

"Hör mal Mizu, entschuldigst du mich kurz?", fragte Osa und stand auf.

"Klar, aber was ist denn?"

"Asako. Sie ist jetzt schon eine Weile weg."

"Was aber sie ist doch..." Mizu drehte sich in Richtung der Tanzfläche, blinzelte etwas und suchte die Menge mit den Augen ab, schien aber nicht zu finden nach was sie suchte. "Merkwürdig. Grade war sie noch da."

Es half der Hanagumidarstellerin nicht wirklich, sondern machte es nur noch schlimmer. Jetzt war ihre Sorge nämlich berechtigt. Sie streckte sich etwas um einen besseren Überblick über die Situation zu bekommen.

"Jetzt beruhige dich mal, Osa. Vielleicht ist sie nur an die frische Luft."

"Dann gehe ich da jetzt nachsehen. Falls sie zurückkommt, halt sie hier."

Mizu konnte nur nicken. da war Osa auch schon weg. Zunächst drängt sie sich einmal über die Tanzfläche in der Hoffnung Asako vielleicht doch dort an zu treffen, aber von ihr war keine Spur, also suchte sie ihren Weg nach drausen. Weit konnte sie ja nicht gekommen sein wenn Mizu sie noch kurz zuvor gesehen hatte, besonders mit ihrem Alkoholpegel. Asako schaffte es kaum im angetrunkenem Zustand eine gerade Linie zu gehen. Inzwischen war es stockduster und noch nicht einmal die Lichter der Straßenlaternen liesen so wirklich etwas erkennen. Ein paar plappernde Frauen standen auf dem Bürgersteig, einige mehr oder minder betrunken, einige verschwanden in den zahlreichen Seitengassen, aber auf der Hauptstraße keine Spur von dem jungen Top Star. Was sie jedoch in einer der Seitengassen erkannte verwunderte, verängstigte und erfreute sie zugleich. Kiriyan, gegen die Wand gedrückt von Yuuhi, war mit jender Otokoyaku in einen innigen Kuss vertieft, wobei Kiriyan die Arme um den Hals der anderen geschlungen hatte. Da Yuuhi wohl die einzig nüchterne im Umkreis der nächsten hundert Meter war blieb ihr aber nichts anderes übrig als die so friedliche Szenerie zu stören. Osa räusperte sich, woraufhin Yuuhi erschrocken von Kiriyan wegsprang, beide gleichzeitig rot anliefen.

"W-Was??", rief Yuuhi erschrocken, ganz offensichtlich erbost über die rüde Störung.

"Verzeihung. Ihr könnt gleich weitermachen. Yuuhi hat Asa dir irgendetwas geschickt? Sie ist nicht auf zu finden."

"Nein und selbst wenn wäre es mir grade ziemlich egal."

"Schon gut. Du musst nicht gleich so sauer werden. Könntest du trotzdem nachsehen?"

Wohl in der Hoffnung den Top Star schnell wieder los zu werden kramte sie in ihrer Tasche nach dem Handy, schaute kurz darauf.

"Nein ich hab nichts bekommen." Schnaubend sah Yuuhi sie an. "Vielleicht wollte sie einfach mal Ruhe vor dir. Du benimmst dich wie ihre Mutter."

"Du weist wie sie ist, wenn sie betrunken ist. Und inzwischen hatte sie schon einiges."

Für einen Moment schien Yuuhi's und Kiriyan's Wut gleichermaßen verflogen und die zwei sahen sich einen Augenblick lang an.

"...Wie viel?", fragte Kiriyan schließlich. Sie schien dann doch noch einigermaßen nüchtern zu sein.

"Genug, dass es selbst mich umhauen würde."

Ein weiterer flüchtig zugeworfener Blick. Kiriyan seufzte.

"Suchen wir sie bevor ihr noch was passiert."
 

Drinnen hatte sich Asako mit ihrer neuen Bekanntschaft in eine ruhige Ecke begeben, runter von der Tanzfläche. Dass Osa so fluchtartig den Club verlassen hatte war ihr zwar aufgefallen, aber die junge Frau, mit der sie sich von Sekunde zu Sekunde besser verstand, hielt ihre Aufmerksamkeit auf sich. Noch immer waren zwischen ihnen keine Namen gefallen, aber das war auch unnötig. Die Anfänglich noch recht formelle und nur teilweise angespitzte Unterhaltung hatte sich recht schnell in einen Flirt gewendet, wobei Asako sich darauf eingelassen hatte. Sie genoss es sich mal wieder begehrt zu fühlen, sei es auch von einer Person, die sie erst kurze Zeit kannte.

Der Top Star hielt ein Glas in der Hand, ausnahmsweise etwas nicht ganz so starkes um sich nicht übergeben zu müssen, hatte die andere auf dem Tisch abgelegt. Ihre neue Bekanntschaft hatte sich ebenfalls noch etwas bestellt, war mit ihrem Stuhl recht nahe an sie herangerückt und liebkoste mit den Fingerspitzen Asako's Handrücken.

"Du hast wirklich schöne Hände, das muss man wirklich sagen."

Asako lachte etwas und nahm die Finger der anderen in die ihre, strich mit dem Daumen über die Fingerrücken.

"Das Kompliment gebe ich gerne zurück. Besonders wenn es von jemanden wie dir kommt."

"Ach ja?" Die andere beugte sich zu ihr, gab dabei einen recht verführerischen Anblick in den Ausschnitt frei. Asako konnte schwarze Spitze erkennen. "Bekomme ich denn nur Komplimente, wenn ich dir welche gebe?"

Asako tat so als ob sie einen Moment nachdenken musste, löste dann die Hand von der der anderen und strich mit den Fingerspitzen über die Wange, den Wangenknochen, den entblösten Hals hinunter bis zum Schlüsselbein, was bei ihrer Bekanntschaft ein wohliges Seufzen auslöste. Eigentlich sollte sie diese Gedanken nicht haben, aber der Alkohol tat seinen Teil. Sie beugte sich vor, sodass sich ihre Nasenspitze fast berührten.

"Ich könnte auch noch ganz andere Dinge tun. Wenn dir das mit den Komplimenten nicht reicht", raunte sie und sie beobachtete wie die andere den Kopf ein klein wenig drehte in freudiger Erwartung. Die andere vergrub anschliesend eine Hand an Asako's Kragen, die andere an ihrem Ärmel.

"Worauf warten wir dann noch?", murmelte sie noch leise bevor sie den Top Star hinter sich her Richtung Toilette zerrte.
 

Zusammen mit Kiriyan und Yuuhi, die beide noch ziemlich durch den Wind aussahen, ging Osa zurück in die Bar, nachdem sie vergebens die Straße abgesucht hatten und versucht hatten Asako auf ihrem Handy zu erreichen. Inzwischen hatte auch Gaichi angerufen dass sie im Stau stand und sich ein wenig verspäten würde, sie jedoch damit rechnete nur noch ungefähr eine halbe Stunde zu benötigen. So lange hatten die drei noch Zeit irgendwie Asako auf zu treiben. Zwar waren Gaichi und Asako nicht geraden die besten Freunde, aber Gaichi hatte es sich irgendwie zur Aufgabe gemacht ein wenig die Rolle des Aufpassers bei Asako zu spielen, wohl hauptsächlich für Ayaki. Seit Asako's "Beförderung" hatte sie irgendwie Ayaki's Größenwahn übernommen und Gaichi war nur zu glücklich den Top Star hier und da wieder zurecht zu stutzen. Dazu allerdings mussten sie Asako erst einmal auftreiben.

"Hat sich Asako inzwischen gemeldet", fragte Osa als sie wieder bei Mizu am Tisch waren. Jene schüttelte nur kurz den Kopf.

"Nein. Aber ich meine ich habe sie ins Klo verschwinden sehen. Das war aber schon vor einer Weile. Ich glaube nicht, dass sie noch da ist."

"Na einen Versuch ist es wert..." Osa sah zu Kiriyan und Yuuhi. "Versucht Gaichi so lang wie es geht ab zu fangen. Ich habe wirklich keine Lust auf Ärger mit ihr."

Yuuhi konnte nicht anders als schief zu grinsen und die Arme zu verschränken.

"Ich hörte wenn man sauer ist, dann ist man im Bett besser", sagte sie und Osa schnaubte leicht, errötete etwas. Der hatte gesessen. Wahrscheinlich die Rache für den unterbrochenen Kuss mit Kiriyan.

"Ach halt die klappe. Wir bekommen alle drei Ärger. Immerhin haben wir alle versprochen auf sie auf zu passen."

"Osa sie ist eine erwachsene Frau, kein Kleinkind. Sie wird schon wissen, was sie tut", sagte Kiriyan.

"Betrunken auch?"

Sowohl Kiriyan als auch Yuuhi schwiegen daraufhin, machten sich auf den Weg nach draußen. Osa seufzte nur leicht. Sie hoffte, dass Asako es nicht mehr vom Klo runter geschafft hatte, auch wenn es hieß ihre beste Freundin vielleicht dabei zu entdecken wie sie sich übergab. Wenn sie dann aber wusste, dass sie noch da war und nicht eventuell auf die Straße gelaufen und von einem Auto erfasst worden war, dann war das okay. So langsam ging ihr die laute Musik sehr auf die Nerven. Sie wollte nur noch Asako finden und dann schnell weg von hier. Sie betrat die Toilette, sah sich einmal um und blinzelte etwas. Sie hörte die Musik von draußen und das Rascheln von Kleidung aus einer der Kabinen. Noch bevor sie nach Asako hätte rufen können ertönte aus eben jener Kabine ein lautes Stöhnen. Hier war sie definitiv falsch. Leise ging die Hanagumidarstellerin, einen Rotstich auf den Wangen, aus der Toilette. Wer auch immer da drin war hatte seinen Spaß. Lautstark.
 

Je näher sie dem Club kamen, desdo nervöser wurde Saeko auf ihrem Sitz. Sie hatte sich eigentlich eine Konversation zurechtgelegt, allerdings bezweifelte sie, dass es so ablaufen würde. Asako betrunken war unberechenbar.

"Jetzt komm runter", sagte Gaichi, die einen kurzen Blick zu ihrer Freundin geworfen hatte. "Du schnappst sie dir einfach und ihr sucht euch einen ruhigen Ort. Ich bin mir sicher wenn ihr miteinander geredet habt, dann wird es wieder besser."

"Das hoffe ich."

"Sag ihr einfach die Wahrheit. Ich bin mir im klaren, dass du sie gerne überraschen willst, aber du solltest sie zumindest ab und an einweihen."

"Vielleicht hast du ja Recht."

Sie seufzte leise und sah dabei zu wie Gaichi elegant den Wagen in eine der Parklücken lotste. Kaum ausgestiegen hörte Saeko schon die laute Musik aus dem Club, das Lachen einiger junger Frauen auf der Straße und noch einiger mehr aus dem Club selbst, die selbst das Lachen übertönte. Yuuhi und Kiriyan kamen zu ihnen und die Freundinnen begrüßten sich kurz.

"Hey ihr zwei", sagte Saeko, lächelte etwas und sah sich um. Von Haruno keine Spur. Und Asako fehlte auch. "Wo sind die anderen beiden?"

"Uhm die sind drin. Aber hey wir wussten gar nicht das du auch kommst."

"Es sollte eine Überraschung werden. Ich wollte eigentlich auch zu Mizu's Vorstellung kommen, aber dieser verdammte Regisseur hat totalen Mist gebaut. Ich war bis eben damit beschäftigt das wieder aus zu baden."

"Ist ja nicht so, als ob du da nicht sowieso bald weg wärst", meinte Gaichi und lächelte etwas. Yuuhi hob die Augenbraue.

"Wie kommts?" Saeko zögerte kurz.

"Sagt es nicht Asako. Ich habe die meiste Zeit in den letzten paar Wochen damit verbracht mich ausbilden zu lassen. Oder zumindest einfach nur den Titel zu bekommen. Ich werde zukünftig ein paar Stimmübungskurse für die Troupes in Takarazuka geben."

Kiriyan blinzelte und verschränkte die Arme. "Ach desshalb haben wir dich nicht zu Gesicht bekommen."

"Ja. Und es tut mir auch furchtbar leid."

"Sag das Asako, nicht uns. Sie war schrecklich sauer, dass du sie versetzt hast."

Saeko seufzte schwer und rieb sich kurz die Schläfe. Anscheinend hatte Osa ihnen nicht von dem Telefonat erzählt.

"Ich weis. Ich hoffe nur, dass sie mir vergibt." Sie schüttelte den Kopf. "Wie auch immer. Gehen wir rein ja? Ich will das endlich richtig stellen können."
 

Asako konnte nur grinsen als sie den noch immer bebenden Körper unter ihren Fingern spürte, knabberte beinahe zärtlich an dem Ohrläppchen der anderen. Sie hörte den hektischen Atem der anderen, hörte das leise Stöhnen als sie die Hand unter dem Rock der anderen hervorzog und der anderen mit den Fingerspitzen über die Lippen strich. Fast gleichzeitig fühlte sie die warme Zunge auf den noch immer aufgeheizten Fingern. Kurzerhand hauchte Asako der anderen einen Kuss auf die Wange, blieb nahe bei ihr.

"Hat dir das gefallen, mein Kätzchen?", flüsterte sie und sah ihr in die Augen. Die braun-grünen der Otokoyaku waren noch immer lustverschleiert, aber sie nickte leicht während sie sich etwas in Asako's Jacke krallte um nicht gänzlich an der Wand herabrutschte. Einer der Hemdknöpfe war abgerissen, aber das störte nicht sonderlich, da er sowieso nicht geschlossen war. Ihre neue Bekanntschaft kicherte leicht als sich ihr Atem langsam beruhigte.

"Da bekommt man glatt Lust auf eine zweite Runde", sagte sie atemlos und Asako grinste etwas breiter. Sie beugte sich etwas hinunter, leckte über den nur zu deutlichen Abdruck, den sie am Hals der anderen hinterlassen hatte. Ein Stöhnen klang an ihr Ohr und die andere drückte sich ihr abermals entgegen.

"W-warte", sagte sie dann auf einmal. Etwas verwirrt hob Asako den Kopf wieder, sah die andere erneut an.

"Was ist denn?"

"Ich glaube wenn du nochmal so aufdrehst, dann kann ich echt nicht mehr stehen. Ich spür meine Beine ja jetzt noch kaum."

Asako musste breiter grinsen. "Das war doch noch gar nichts. Aber worauf willst du hinaus?"

Eine Hand fuhr durch ihre Haare und sie schloss kurz die Augen.

"Mir wäre ein Bett lieber."

"Ich bezweifle, dass ich im Moment zu mir finden würde."

Ihre Bekanntschaft grinste und leckte Asako freck über die Wange.

"Dann gehen wir halt zu mir. Ich wohne im Dorm und das ist nun wirklich nicht weit weg."

Asako schnappte einmal spielerisch mit den Zähnen nach der Zunge der anderen, wobei die andere zurückwich. Für ein paar Sekunden dachte Asako nach. Ihre Freunde würden ihr das sicher übel nehmen, aber sie musste ja nicht sagen, dass sie jemanden abgeschleppt hatte.

"Na gut. Ich geh nur schnell meinen Hut holen."

"Ich warte drausen", schnurrte ihr Kätzchen und hauchte ihr nochmals einen Kuss auf die Lippen.
 

"Yuuhi langsam reicht es wirklich. Was soll das?", fragte Saeko etwas gereizt als sie mit den beiden anderen Frauen immer noch vor dem Club standen. Yuuhi und Kiriyan fielen immer neue Dinge ein über die sie sich unterhalten wollten bevor sie reingingen, aber langsam schienen ihnen die Ideen aus zu gehen, denn sie wurden recht unkreativ. Gaichi neben ihr seufzte etwas und sah Saeko an.

"Würdest du uns kurz..."

"Gaichi!", kam auf einmal eine vertraute Stimme hinter ihnen. Haruno kam zu ihnen gelaufen, stützte sich auf ihren Oberschenkeln an. Sie sah aus als hätte sie einen Marathon gelaufen, aber sie roch nach Alkohol. Also hatte sie etwas getrunken.

"Dir auch guten Abend, Haruno", sagte Saeko etwas spitz. Osa brummte nur leise. Abermals hörte fühlte man, wie sich die Situation anspannte.

"Du halt mal schön die Klappe. Kann ich mal kurz unter vier Augen mit euch..." Sie warf einen Blick zu Kiriyan, Yuuhi und Gaichi.

"Hey!"

"Saeko reis dich zusammen", sagte Gaichi, blickte dann wieder zu Haruno. "Was ist los?"

"Nicht hier. Nicht wenn DIE dabei ist."

"DIE hat einen Namen."

Langsam übertrieb es Haruno es wirklich, aber Gaichi hielt sie abermals zurück.

"Gut. Saeko warte bitte kurz hier."

"Hab ich eine Wahl?"

"Nein."

Sie sah nur dabei zu wie die vier um zwei Ecken in eine Gasse verschwunden, somit praktisch hinter dem Club waren. Was zur Hölle war hier los? Sie ahnte schon, dass es etwas mit Asako zu tun hatte, aber es konnte nicht so wirklich gravierend sein, oder? Wenn sie betrunken über dem Klo hang, dann war das völlig in Ordnung. Nicht schön, aber zu verkraften. Es wäre nicht das erste mal, dass sie Asako gesund pflegte. Gerade als sie sich umdrehte um einen Blick in Richtung Club zu werfen liefen zwei junge Frauen an ihr vorbei. Das Gesicht konnte sie nicht erkennen, zum einen, weil die kleinere dicht neben der anderen herlief, zum anderen da sich die größere gerade den weißen Hut auf den Kopf setzte und damit ihr Gesicht für einen Moment verdeckte. Saeko dachte sich nichts weiter dabei.
 

"Was soll das heißen, sie ist weg??", fragte Gaichi, bemühte sich dabei nicht laut zu werden. Osa hatte gebeichtet, dass Asako wie vom Erdboden verschwunden war, auch wenn sie sich sicher gewesen war, dass sie den Club nicht hätte verlassen können, nicht ohne dass es jemand merkte.

"Sie ist halt weg. Ich weis nicht wo sie hin ist und ich habe alles abgesucht."

"Hast du es mal auf ihrem Handy versucht?"

"Da doch gleich zuerst. Aber ich glaube sie hat es lautlos."

"Verdammt ist sie denn wahnsinnig?" Gaichi war sichtlich aufgebracht, stampfte einmal wütend mit dem Fuß auf. "Warum ist keiner bei ihr geblieben?"

"Sie wollte tanzen gehen und ich hatte sie die ganze Zeit irgendwie im Blickfeld."

"Bis...?"

"Bis vor etwas über einer Stunde..."

"Osa du bist wirklich....GRR." Gaichi fasste sich an den Kopf, seufzte einmal und atmete durch. "Gut. Gehen wir rein und teilen uns da auf."

"Gehen wir zuerst zu Mizu."

Gaichi hob eine Augenbraue.

"Wieso?"

"Sie hat ihren Hut da liegen gelassen. Hoffen wir mal, dass Mizu sie aufgehalten hat wenn sie wieder zurückgekommen ist."
 

Saeko hatte inzwischen versucht irgendwie Asako auf dem Handy zu erreichen, jedoch erwies sich das als schwierig. Das Handy war nämlich entweder auf Stumm geschaltet oder Asako ignoriert es schlichtweg. Asako hatte die ganz dumme Angewohnheit es vor einer Probe stumm zu schalten, wobei die Vibrationsfunktion dabei ebenfalls ausgeschaltet wurde, und es dann einfach nicht mehr an zu machen. Gerade legte sie das Telefon das dritte mal auf als die vier anderen zurück kamen. Gaichi sah sauer aus, Osa, Kiriyan und Yuuhi sahen dagegen etwas bedrückt drein.

"Was ist hier verdammt nochmal los?", sagte Saeko, packte das Handy weg. "Sprecht endlich mal Klartext!"

Sie sahen sich einmal gegenseitig an bis Yuuhi das Wort ergriff.

"Asako ist verschwunden", sagte die Otokoyaku. "Und wir wissen nicht, wo sie hin ist."

"Und damit rückt ihr jetzt erst raus??"

Saeko war für einen Moment lauter geworden, Yuuhi hob etwas die Hände.

"Warte mal. Mizu ist drin und sie sollte Asako aufhalten."

Wie aufs Stichwort drehte Saeko sich um, ging schnurstracks, ihre Freunde im Schlepptau, in den Club, wo sie sich nach Mizu's Tisch umsah. Da sie den neuen Top Star aber schon eine Ewigkeit nicht gesehen hatte erwies sich das als schwierig. Haruno klopfte ihr kurz auf die Schulter, zeigte in eine Richtung, woraufhin sie den Top Star, der sich inzwischen mit ihrer Musumeyaku amüsierte, auch prompt erkannte. Sich durch die Menge zu schlagen war aber leichter gesagt als getan, aber letztenendes standen sie doch vor dem inzwischen mit diversen Gläsern gefüllten Tisch.

"Saeko!", rief die deutlich betrunkene Mizu fröhlich und hob die Hand zum Gruß. "Wie geht es dir? Lange nicht gesehen."

"Tut mir leid, Mizu, aber die Begrüßung muss noch etwas warten. Hast du Asako gesehen?"

Verwirrt sah der Top Star drein.

"Sena? Die müsste euch eben entgegen gelaufen sein. Sie hat ihren Hut abgeholt und ist dann gegangen."

"WAS??", riefen die fünf beinahe gleichzeitig. Osa trat einen Schritt vor und beugte sich zu Mizu.

"Du solltest sie doch aufhalten!"

Mizu hob abwehrend die Hände und wich etwas zurück.

"Hätt ich sie etwa anketten sollen? Ich hab ja versucht ihr das aus zu reden, aber sie lallte nur etwas davon, dass sie jemanden nach Hause bringen wollte."

"In ihrem Zustand würde sie nicht einmal in ihrer eigenen Wohnung vom Schlaf- zum Badezimmer finden." Kiriyan seufzte einmal und schlug die Hände über den Kopf zusammen. "Ganz davon abgesehen dass ihr Orientierungssinn schon im nüchterem Zustand eher dem einer Bohne gleicht."

"Nun sie hat da einen Zettel für euch da gelassen..."

Mizu musste zuerst ein paar der leeren Gläser anheben bevor sie schließlich den Zettel fand, den Asako unter eines der Gläser geklemmt hatte, und reichte ihn Saeko.
 

Bleibe über Nacht im Takarazuka-Dorm. Wartet nicht auf mich. Asako.
 

Etwas perplex starrte Saeko auf den Zettel. Das war eindeutig Asako's Schrift. Yuuhi riss sie aus den Gedanken indem sie einmal an ihrem Ärmel zupfte.

"Wenn sie wirklich in Richtung Dorm geht, dann kann sie noch nicht weit sein. Beeilen wir uns. Vielleicht holen wir sie ein."

"Könnte knapp werden", ergänzte Mizu. "vielleicht habt ihr Glück. Dafür, dass sie so betrunken sein soll konnte sie ziemlich gerade laufen."
 

Asako und Begleitung waren schneller im Takarazuka-Dorm als sie es eingeplant hatten, denn eine nette Musumeyaku, noch komplett nüchtern und obendrein ein wenig sauer dreinblickend, war auf dem Weg zurück ins Dorm gewesen und hatte sie freundlicherweise eingesammelt. Wann hatte man auch schonmal Gelegenheit einen Top Star im Auto sitzen zu haben? Im Dorm hatten sie sich noch von dem Mädchen verabschiedet, machten sich dann in einen der Abschnitte des Dorms, die Asako noch nie vorher besucht hatte. Sie konnte nicht sagen welche Troupe in diesem Abschnitt die Überhand hatte, aber es war weder Hanagumi noch Tsukigumi. Sonderlich viel Zeit um sich den Abschnitt ab zu sehen hatte sie auch nicht, denn ihre liebliche Bekanntschaft zog sie in eine Wohnung, schloss die Tür hinter sich und Asako sah sich zunächst sehr ruhig um. Entledigte sich dabei ihrer Schuhe und trat in die kleine Wohnung ein. Die Zimmer waren sehr viel kleiner als sie es in Erinnerung hatte.

Noch immer in aller Ruhe zog sie den Hut vom Kopf, lies ihn auf den Esstisch, oder was sie zumindest dafür hielt, fallen. Da es dunkel war konnte sie nicht wirklich etwas erkennen, aber sie erkannte ein paar Bilder und diverse Kerzen.

"Nett, wie du es dir eingerichtet hast." Asako drehte sich zu der anderen um, die mit inzwischen nackten Füßen vor ihr stand und die Arme um die Taille des Top Stars schlang. Die andere war minimal kleiner als sie, aber es reichte.

"Danke", schnurrte die andere und beugte sich etwas vor. Asako vergrub die Hände in den Haaren am Hinterkopf der anderen, zog sie etwas weg.

"Na wer wird denn? Sind wir etwa ungeduldig?" Asako beugte sich vor, lies die Zungenspitze über das Schlüsselbein hinauf über den Kehlkopf und das Kinn der anderen gleiten, wobei sie spürte, wie ihre neue Bekanntschaft abermals erbebte und leise keuchte. Die andere Hand glitt über den Bauch der anderen, die Hüfte und den Hintern, wo sie einmal zudrückte, was der kleineren ein leises Stöhnen entlockte.

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Act 2 Scene 3: Once again

Erst als die Sonne am nächsten Tag schon durch das Fenster schien erwachte Asako alleine, aber immer noch nackt im Bett. Mit einem fürchterlichem Kater obendrein. Kaum hatte sie die Augen einen Spalt geöffnet schloss sie diese schnell wieder und zog die Decke über den Kopf. Sie hatte Kopfschmerzen und das Licht machte es nur schlimmer. Zunächst leise für sich stöhnend drehte sie sich etwas auf die Seite, aber irgendwann musste sie ja aufstehen. Dass sie nackt war störte sie nicht sonderlich, denn manchmal hatte der Top Star die Angewohnheit sich einfach im stockbetrunkenem Zustand aus zu ziehen vor dem Schlafengehen, da ihr einfach zu warm war. Eine heiße Dusche wäre wahrscheinlich angebracht. Langsam, fast zeitlupenartig zog sich die Otokoyaku aus dem Bett, wickelte dabei die Decke etwas schmächlich um den nackten Oberkörper. Wie sie es überhaupt bis ins Bett geschafft hatte war ihr schleierhaft. Glücklicherweise kannte sie den Aufbau dieser Wohnung in und auswendig, wesshalb sie mehr oder minder mit geschlossenen Augen ins Bad tappste und die Dusche anstellte. Diese Dinger brauchten immer ein paar Sekunden bis sie warm waren, aber Asako lies die Augen dennoch noch zu. Achtlos lies sie die Decke zu Boden fallen, stieg abermals mit zugekniffenen Augen in die Dusche und legte den Kopf etwas in den Nacken. Das heiße Wasser beruhigte ihren dröhnenden Kopf zumindest etwas, woraufhin sie die Augen ein wenig öffnete. Angestrengt versuchte sie sich an den Abend zu erinnern. Was war da noch gewesen? SIe waren auf Mizu's Premiere gegangen, sie, Osa, Yuuhi, Kiriyan und Gaichi. Gaichi war nicht sofort mitgekommen. Dann erinnerte sie sich an einen Drink, dann noch einen, dann noch einen... Dann hörte es auf. Der Top Star lehnte sich an die kühlen Kacheln. Irgendwie fühlte sie sich furchtbar schwächlich, aber bis auf den Kater nicht einmal so wirklich schlecht. Ihr war nicht übel und bis auf die Kopfschmerzen und den Blackout hatte sie sogar recht gute Laune.

Etwas verwirrt über diese Feststellung stieg sie nach der gründlichen Dusche wieder heraus, schnappte sich das Handtuch auf dem kleinem Stuhl in der Ecke und griff dann nach einem... blauen Bademantel? Seit wann hatte sie einen blauen? Himmelblau obendrein. Das war normalerweise Osa's Farbe. War ihre beste Freundin mal wieder länger bei ihr gewesen ohne, dass sie es gemerkt hatte? Dann aber wieder... wie war sie zurück ins Dorm...?

Asako runzelte die Stirn. Sie wohnte doch gar nicht mehr im Dorm... oder? Sie war vor eine halben Ewigkeit schon ausgezogen. Wie war sie dann zurück gekommen? Verwirrt, wenn auch langsam, da ihr Kopf sie geradezu tötete, schüttelte sie den Kopf, fuhr sich durch die nassen Haare und fischte nach der Decke auf dem Boden, auch wenn sie es mit einer Schmerzwelle bereute. Sie brauchte auf jeden Fall irgendetwas um wieder einigermaßen klar zu werden. Normalerweise machte sie sich einen dieser Fruchtsmoothies, oder besser lies sich einen machen, denn Asako war für gewöhnlich nie alleine wenn sie sich betrunken hatte. Meistens war Yuuhi bei ihr geblieben, denn immerhin trank die junge Frau nicht. Ob Yuuhi sie mit zu sich genommen hatte? Immerhin wohnte sie noch im Dorm und Asako konnte sich nicht erinnern ob ihre Freundin nicht auch eventuell einen blauen Bademantel besaß. Nun es gab nur eine Möglichkeit das raus zu finden.

Kurzerhand verlies Asako wieder das Bad, schlich geradezu über das Laminat in den Wohnbereich, wo sie sich kurz umsah. Es roch nach Frühstück...

"Guten Morgen", ertönte eine Stimme hinter ihr, sodass Asako einmal auf der Stelle sprang und sich etwas zu hastig umdrehte. Für einen kurzen Moment wurde ihr Blickfeld schwammig und sie fasste sich an den Kopf. "Wow dich scheints ja ganz schön erwischt zu haben. Ist es arg schlimm?"

Als Asako wieder aufsah blickte sie in das Gesicht einer jungen, hübschen, allerdings ihr völlig fremden Frau. Zuerst öffnete sie den Mund einen Spalt um etwas zu sagen, aber es kamen keine Worte heraus. In der Situation konnte man auch nicht wirklich etwas sagen.

"Hey bist du in Ordnung?"

Der junge Top Star blinzelte etwas, fuhr sich durch die Haare und sah dann abermals zu der anderen.

"Entschuldige wenn ich frage, aber... wie kommte ich hierher?"
 

Kei hob eine Augenbraue. Hatte die Schönheit etwa einen Blackout? Bei dem Alkohol, den sie inhaliert haben musste kein Wunder. Vielleicht kam es ja wieder. Kei hatte sich inzwischen angezogen während die andere unter der Dusche gestanden hatte, wobei ihr Outfit aus einem einfachem Jogginganzug bestand. Grau, weit und bequem.

"Nun ich... egal. Wichtig ist doch erst einmal, dass nichts passiert ist, oder? Wer weis, wo du gelandet wärst wenn ich dich nicht mitgenommen hätte. Hast du Hunger?" Die noch immer verwirrte Frau nickte. "Ich hab ein wenig Saft gemacht und ein paar Brötchen aufgebacken."

Zusammen gingen sie in die Kochecke, setzten sich dort an den Tisch. Kei konnte geradezu hören wie die andere nachdachte und wie ihr Gehirn arbeitete, allerdings sah man ihr auch an, dass es ihr schwer fiel.

"Jetzt denk mal nicht so angestrengt nach sondern frühstück erst einmal", mahnte Kei und lächelte etwas breiter. Irgendwie war es süß wie die Frau ihr gegenüber so angestreng die Stirn kraus zog und versuchte über den vorrangegangen Abend nach zu denken. Sie hätte einfach fragen können, allerdings war Kei sich nicht so ganz sicher was sie hätte erzählen sollen. Dass sie nach allen Regeln der Kunst von der anderen abgeschleppt worden war? Klar war es gut gewesen, verdammt gut sogar und Kei hatte große Lust diese Nacht zu wiederholen, aber sie war sich nicht so ganz sicher ob die andere das auch wollte.

"Das ist leichter gesagt als getan", murrte ihr gegenüber schlieslich und biss in eines der Brötchen, die auf dem Teller lagen.
 

Der Top Star seufzte etwas. Irgendetwas war furchtbar falsch. Sie wusste nicht wo sie war, ausser, dass es sich wohl um das Takarazuka-Dorm handeln musste, noch wie sie dorthin gekommen war. Kei schien auch nicht wirklich darauf erpicht zu sein es ihr zu verraten. Moment, Kei? War das der Name der anderen? Wie kam sie denn darauf?

"Ist etwas?", fragte die andere. Asako's Kopf war wohl automatisch bei der Erinnerung nach oben geschnellt, was sie erst realisierte, als die andere sie ansprach.

"Was? Uhm..." Sie stockte ein paar Momente, legte das Brötchen zurück auf den Teller. "Kei... ist das dein Name?"

Das schien die jüngere dann doch zu verwundern, aber sie nickte leicht mit dem Kopf.

"Ja das ist er. Heißt das du erinnerst dich doch?"

Asako schüttelte den Kopf.

"Nicht wirklich."

"Wo wir gerade bei Namen sind", sagte Kei plötzlich und legte den Kopf ein wenig auf die Seite, lehnte sich mit den Unterarmen auf dem Tisch auf während sie sich vorbeugte. "Soll ich dich weiterhin Megami rufen, oder verrätst du mir deinen Namen endlich? Ich meine ich habe nichts dagegen, aber es ist so unpersönlich."

"Megami? Wieso Megami?"

Asako hatte kein Interesse daran gerade mit diesem Namen gerufen zu werden. Immerhin hatte sie nichts göttliches an sich. Selbst im betrunkenen Zustand brachte sie zumindest noch ihren Namen zusammen. Dann wieder war es merkwürdig, dass die andere sie nicht erkannte. Top Stars waren innerhalb Takarazukas bekannt wie bunte Hunde.

"Du wolltest ihn mir gestern nicht verraten. Dazu in der Lage warst du sowieso nicht."

Nein Kei schien sie tatsächlich nicht zu kennen.

"Sena. Sena Jun."
 

Fast wäre Kei das Brötchen aus dem Mund gefallen. Sena Jun saß genau vor ihr? Sie hatte nur Geschichten von ihr gehört, einige Artikel gelesen und sie einmal im Takarazuka-Radio gehört, aber sie war ihr nie begegnet oder hatte ein Bild von ihr gesehen. Genauer gesagt hatte sie kein Bild von ihr gesehen, dass kein Poster war. Verdammt sie sah ungeschminkt noch so viel besser aus und obendrein komplett anders. Für ein paar Sekunden starrte sie die andere etwas unschlüssig an, woraufhin ihr gegenüber nur schief lächelte.

"Überrascht?"

Kei nickte nur etwas, brachte aber kein wirkliches Wort heraus. Das war das letzte womit sie gerechnet hatte. Immerhin hatte sie einen Top Star vor sich sitzen, eine Stellung, von der sie wohl noch so einige Jahre entfernt war.

"Uhm... wow?"

"Deiner Reaktion nach bist du nicht aus Tsukigumi. Dann würde ich dich sowieso kennen."

"Nein. Ich bin aus der Snow-Troupe, Yukigumi."

"Hast du da auch einen vollen Namen?`"

"Ootozuki Kei. Man ruft mich normalerweise Kimu."
 

Kimu... da klingelte was bei ihr. Asako konnte nur nicht so genau sagen, was das war. Ihr Kopf hörte noch immer nicht auf sie und verweigerte ihr den Zugriff auf ihre Erinnerungen. Nachdenklich griff sie nach dem süßen Fruchtsaft, den Kei, Kimu, ihr gemacht hatte und nahm einen Schluck daraus, hob daraufhin eine Augenbraue und sah auf die rot-orangene Flüssigkeit. Den Geschmack kannte sie.

"Hey der ist gut."

Kimu, die sich wohl wieder gefasst hatte, lächelte und schob sich den Rest des Brötchens in den Mund.

"Danke. Das Rezept hab ich von einer Freundin."

Asako lächelte nur etwas, fuhr sich dann durch die noch immer nassen Haare und seufzte leicht. Sie sollte sich bald auf den Rückweg machen. Ihre Freunde würden sich sicher schon Sorgen machen. Aber dazu musste sie erst einmal ihre Sachen aufsammeln. Wo auch immer die waren.

"Nun... Ich danke dir für deine Gastfreundlichkeit. Aber ich glaube ich sollte langsam gehen."

"Ohne mir deine Handynummer da zu lassen?"

Asako lachte ein wenig.

"Natürlich. Irgendwie muss ich dir ja danken."
 

Wenn sie nur eine Ahnung hätte. Kimu entschied sich, sich die Telefonnummer der anderen zu sichern bevor diese sich eventuell an die vorrangegangene Nacht erinnerte und das Folgen nach sich zog.

Nachdem sie ihre Nummern ausgetauscht hatten entschuldigte sich auch die junge Otokoyaku, verschwand selbst ins Bad um eine Dusche zu nehmen, die sie bitter nötig hatte. Glücklicherweise hatte sie daran gedacht sich noch einen Schal um zu binden um die inzwischen tieflila angelaufene Bissspur zu verbergen, die sich fast einmal komplett über die linke Seite ihrer Halsbeuge zog. Sena hatte ziemlich fest zugebissen, aber inzwischen wusste Kimu, wie man solche Spuren am besten überschminkte. Ob sie einen so stark angelaufenen Fleck komplett überdecken konnte war schleierhaft, besser gesagt unmöglich. Sie würde wohl einfach ein Kragenshirt anziehen müssen, dann würde es nicht ganz so schlimm auffallen.
 

Asako lies sich zunächst auf das Bett nieder um sich einmal im Raum um zu sehen. Die Bettdecke war in einem hellem Gelb gehalten, aber nicht zu stechend. Der Rest war geradezu Takarazuka-Standart, wenn man mal von der gigantischen Größe des Bettes absah. Ihre Kleidung lag sauber aufgereiht auf dem Bett. Kimu schien sie sortiert zu haben und hatte ihr sogar ein bisschen saubere Unterwäsche dazugelegt. Dass diese weinrot war interessierte sie in dem Augenblick eher weniger. Unter der Kleidung würde man es sowieso nicht sehen. Schnell hatte die Otokoyaku ihre Sachen wieder am Körper, legte den himmelblauen Bademantel sorgfältig gefaltet auf die Bettdecke. Die Farben bissen sich furchtbar, aber was erwartete man auch anderes? Der Top Star musste ein wenig lächeln, ging dann zum Fenster und zog einmal die Vorhänge auf und öffnete die Fenster etwas um zu sehen wo sie sich ungefähr befand. Ausserdem war der Raum merkwürdig stickig. Sie lehnte sich ein Stück nach drausen, lies den Blick wandern. Sie erkannte die Gegend und nach einem Blick nach unten konnte sie auch genau sagen wo sie war. Rausfinden würde also kein Problem sein. Als sich Asako jedoch wieder umdrehte fiel ihr Blick mit einem Mal auf einen kleinen, geradezu unscheinbaren Haufen neben dem Bett. Kurz blickte die Otokoyaku auf, ging dann aber trotzdem in Richtung des Häufchens und fischte mit den Fingerspitzen danach. Es war schwarze Spitzenunterwäsche, aber nicht ihre. Dennoch kam es ihr bekannt vor, wesshalb sie es noch ein wenig beäugte. Eigentlich war sie ganz süß und Kimu stand sie sicherlich gut...

"Was mach ich hier eigentlich?", brummte sie leise und lies das Höschen mit einem Rotschimmer auf den Wangen wieder fallen. Saeko's Unterwäsche war eigentlich die einzige, die sie sich ansah ausser ihrer eigenen. Die Otokoyaku biss sich auf den Daumennagel. Solche Gedanken dürfte sie eigentlich gar nicht haben. Generell hatte sie das Gefühl irgendetwas wichtiges verpasst zu haben. Sie zog ihr Handy aus der Tasche um eventuell Osa an zu rufen und sie zu fragen, sah dann aber, dass sie so einige Anrufe in Abwesenheit hatte. Hatte sie das Handy schon wieder nicht gehört? Nunja, nichts neues. Sie ging die Anrufliste durch. Osa, Osa, Yuuhi, Osa, Osa, Osa, Kiriyan, Osa, nochmals Yuuhi, die Liste wurde eine halbe Ewigkeit mit Osa weitergeführt, aber als Saeko's Name auf dem Display auftauchte stoppte sie kurz. Warum hatte Saeko versucht sie zu erreichen? Sie musste doch sowieso wieder arbeiten, Asako merkte dabei wie in ihr wieder der Frust hochkochte, und hatte sowieso keine Zeit für sie. Merkwürdigerweise war besagter Frust nicht ganz so extrem wie die vorrangegangenen Tage, im Gegenteil. Die Otokoyaku fühlte sich merkwürdig ausgeglichen, aber wieso? Sie hatte gar keinen Grund sich so gut zu fühlen. Asako lies sich nochmal ins Bett fallen, dass ja sowieso noch ungemacht war, und schloss für einen Moment die Augen, versuchte abermals den Abend zu rekonstruieren. Sie erinnerte sich daran, dass sie sich mit Chika, also Mizu Natsuki, unterhalten hatte und ihr wohl sehr peinliches erzählt hatte, was Asako abermals erröten lies. Über ihr Sexleben mit Saeko zu reden war... unangebracht.

Seufzend setzte sie sich wieder auf, stellte dann fest, dass Kimu den Raum betreten hatte. Nur in Unterwäsche. Die andere schien sie aber noch nicht bemerkt zu haben. Stattdessen starrte Asako auf den fast nackten Rücken der anderen, merkte wie ihr Gesicht geradezu brannte und mit einem Mal war es als ob etwas in ihrem Hinterkopf überhand nahm. Sie stellte sich vor wie sie ihre Hände über diese glatte Haut wandern lies, wanderte dabei über ihre Beine, ihre Hüfte nach oben, über ihre Arme und die Schultern zu ihrem Hals... Dann entdeckte sie den Fleck und ein nur zu eindeutiges Bild blitzte in ihrem Kopf auf.
 

Kimu selbst war davon ausgegangen, dass Asako noch immer am Frühstückstisch saß und den Fruchtsaft genoss, also hatte sie sich entschlossen schnell in Unterwäsche ins Schlafzimmer zu huschen und sich dort etwas frisches an zu ziehen. Da das Schlafzimmer direkt gegenüber vom Bad war musste es auch Asako nicht peinlich sein, denn sie hatte mit dem Rücken zu beiden Räumen gesessen. Da ihr eigener Kopf dank des Alkohols ein wenig vernebelt war hatte sie die aufgezogenen Vorhänge nicht bemerkt, sondern sich gleich dem Schrank zugewandt. Als mit einem mal ein ziemlich lauter und obendrein recht böser Fluch hinter ihr ertönte sprang sie auf der Stelle auf und drehte sich um, sah nur noch wie Sena, immer noch laut fluchend, aus dem Schlafzimmer stürmte.

"S-Sena? Hey Sena!", rief Kimu, griff sich die erstbeste Hose und Shirt, zog beides über und lief dem Top Star hinterher. "Warte! Was ist los?"
 

Mit einem Mal war alles wieder da gewesen. Glücklich war sie damit aber nicht. Das schlimmste daran aber war, dass sie sich genau daran erinnerte wie fantastisch es gewesen war, was das ganze nur noch verschlimmerte. Asako konnte nicht verhindern, dass ihr ein Fluch nach dem anderen über die Lippen rollte. Sie lief fast hektisch in der Wohnung auf und ab, versucht irgendwie ihren schmerzenden Kopf dazu zu bringen die Bilder wieder aus ihrem Gedächnis zu werfen.

"Sena!", hörte sie hinter sich und sie wirbelte herum.

"Wieso hast du es mir nicht gleich gesagt??", fauchte sie die andere an.

"Was denn? Sprich gefälligst klartext mit mir!"

"Dass wir zusammen im Bett waren!"

"Was mit deinem Kater? Ich hänge an meinem Leben und geglaubt hättest du mir sowieso nicht!"

"Du hättest es wenigstens versuchen können!"

"Hey! Du hast immerhin mich abgeschleppt nicht umgekehrt!"

Asako fuhr sich durch die Haare, blickte leicht verzweifelt drein als sie abermals eine Runde durch die Wohnung zog. Dabei spürte sie Kimu's Blicke auf sich, aber sie hatte andere Probleme. Sie wusste nicht, wie viel vom Vorabend ihre Freunde mitbekommen hatten. Aber da sie noch keine höchstempörte Nachricht bekommen hatte und sie sich nicht erinnern konnte ihren Freunden nach ihrem 'Ausflug' auf die Tanzfläche nochmal begegnet zu sein, war die Wahrscheinlichkeit nicht einmal so gering, dass sie gar nichts mitbekommen hatten. Und wenn doch? Spätestens Gaichi würde es Saeko irgendwann sagen, wenn die Senka überhaupt noch an dem Abend gekommen war. Gaichi würde es spätestens über Osa erfahren.

"Verflixt. Sie wird mich umbringen", murmelte Asako leise für sich und vergrub das Gesicht zwischen den Fingern. Ihr war nach heulen zumute und sie fühlte kurz darauf ein paar Tränen über ihre Finger rollen.
 

Kimu sah sich das ganze stumm an. Sena war total durch den Wind. Hätte sie vorher gewusst, dass sie so reagieren würde, dann hätte sie es niemals so weit kommen lassen. Dann aber hatte sie ja vorher nicht gewusst wer da mit ihr im Bett gelegen hatte. Allerdings tat es ihr schrecklich leid. Sie hatte nur Gerüchte davon gehört, dass Sena Jun, DIE Sena Jun, vergeben war, allerdings wusste nicht einmal innerhalb Takarazukas niemand wer genau der oder die Glückliche war, geschweigedenn die Medien. Selbst aus Yuuhi oder Kiriyan hatte sie kein Wort raus bekommen. Langsam ging sie zu der weinenden Frau, legte die vorsichtig die die Hände auf die Oberarme und wartete, bis die andere die Hände etwas herunter nahm damit sie ihr in die Augen sehen konnte.

"Sena... bitte wein nicht. Das macht es nicht ungeschehen." Kimu seufzte leise. "Hör mal mir tut das ganze schrecklich leid. Wenn du willst dann..." Sie konnte kaum glauben, dass sie das wirklich sagte. "...dann ist heute Nacht nie passiert, ja? Falls jemand fragt wieso du mitgekommen bist, dann sage ich einfach dass du mich nach Hause gebracht hast. Und weil ich dich nicht alleine gehen lassen wollte habe ich dich gebeten über Nacht zu bleiben. Ich hab auch auf der Couch geschlafen wenn es dir dann besser geht."

Eigentlich war ihr gar nicht wohl bei der Sache. Sie war bereit die wundervollste Nacht ihres Lebens weg zu werfen, dabei hatte sie große Lust der anderen einfach die Klamotten vom Leib zu reisen und sie auf den Tisch zu drücken. Dann allerdings waren da diese Tränen. Sie war nicht ganz so schön wenn sie weinte. Vorsichtig strich sie mit über die Haare der anderen, lächelte ein wenig zögerlich.
 

Für eine Weile sah Asako zu Boden, dachte über das nach was Kimu ihr sagte. Wenn es stimmte, dass keiner es mitbekommen hatte, dann war es vielleicht das Beste, wenn sie der Story zustimmte. Saeko würde es nie erfahren...

Sie nickte.

"Okay...", flüsterte sie, strich sich die Tränen von der Wange und sah etwas auf. "Kimu..."

"Ist schon gut." Kimu lächelte etwas und nahm die Hände runter. "Ich hab dich gern, Sena. Ich hoffe dass wir nochmal anfangen können?"

"Wir könnten anfangen indem du mich Asako nennst."

Sie sah Kimu in die Augen, die sie tatsächlich anlächelte. Auch auf Asako's Lippen stahl sich darauf ein kleines Lächeln.

"Na gut. Asako." Kimu griff nach ihrer Hand, wobei Asako darauf sah. Sie war warm, aber sie merkte, dass die Jüngere zitterte.

"... Was ist?", fragte Asako und die andere starrte zu Boden. "Du zitterst."

"Ich hatte Angst, dass du mich verstößt..."

"Wieso?"

"Du hättest allen Grund dazu."

Vorsichtig zog Asako die jüngere in ihre Arme, strich ihr über den Rücken. Irgendwie war es süß wie die kleinere so reagierte. Zögerlich legte Kimu die Arme um sie, klammerte sich an ihren Rücken.

"Besser?", fragte Asako leise, merkte wie die andere nickte und löste sich von ihr. "Ich denke ich sollte dann gehen..."
 

Kimu sah auf, schluckte den Klos in ihrem Hals herunter. Ihr war ganz und gar nicht wohl bei dem Gedanken, aber sie würde wohl auf der Freunde-Basis bleiben müssen. Es war eigentlich eine furchtbare Verschwendung.

"Deine Freundin muss ein sehr glücklicher Mensch sein", sagte sie ohne weiter darüber nach zu denken als Asako ihr den Rücken zum Gehen zuwandt, fast schon am Eingangsbereich war. Dort stoppte sie.

"Keine Ahnung."

Hatte sie sich da gerade verhört? Asako klang ganz und gar nicht glücklich. Sie hörte für eine Sekunde sogar, wie ihre Stimme zu brechen drohte.
 

Asako brauchte länger nach Hause als sie geplant hatte, denn sie musste öffendliche Verkehrsmittel benutzen, was in Tokyo nicht immer die beste Idee war. Normalerweise fuhr der Top Star nur mit dem Auto oder lies sich zumindest fahren, aber sie wollte nicht unnötig Umstände für andere Leute machen. Da sie neben ihrem Hut auch ihre Sonnenbrille hatte wurde sie wenigstens nicht von irgendwelchen Fans erkannt. Manchmal genoss sie doch ihre Ruhe. Da sie sich aber nicht wirklich damit auskannte musste sie erst einmal herausfinden wie sie zurück zu ihrer Wohnung kam. Einen Teil der Strecke war sie einfach gelaufen um den Kopf etwas frei zu bekommen. Endlich vor ihrer Haustür stehend atmete sie erst einmal tief durch. Es hatte doch länger gedauert als sie gedacht hatte und da sie sowieso so lange geschlafen hatte war es inzwischen schon Nachmittag. Sie hatte sich vorgenommen sich einen Tee zu machen, sich eventuell noch etwas vor den Fernseher zu setzen und sich den Rest des Tages aus zu kurieren. Den letzten freien Tag vor der neuen Saison würde sie wohl im Bett verbringen, einfach um sich aus zu ruhen.

Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte und umdrehte stockte sie kurz. Hatte sie nicht abgeschlossen? Etwas zögerlich trat sie ein, aber auf den ersten Blick war alles an seinem Platz. Sie schloss die Tür wieder hinter sich und entledigte sich ihrer Stiefel als ihr ein ihr ein Paar Schuhe ins Auge fielen, die nicht ihr gehörten. Dennoch kannte sie diese Schuhe...

"Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr nach Hause", hörte sie aus dem Wohnbereich,

"Ich hatte auch nicht gedacht, dass ich erwartet werde", kam es schnippisch von Asako, stellte die Stiefel beiseite, ging dann ins Wohnzimmer. Es war fast stockduster, nur ein paar schwache Lichtstrahlen drangen durch die vorgezogenen Vorhänge. Das erste was sie sah waren die leeren Alkoholflaschen und roch eben jenen Alkohol in der Wohnung. Die andere hatte ziemlich etwas getrunken. So klang sie auch.

"Wo warst du?"

"Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht."

Die andere zog sich an der Lehne der Couch hoch, drehte sich dabei zu Asako. Sie trug noch immer ein Abendkleid und es sah so aus als ob ihre Haare mal hochgesteckt waren.

"Ich glaube mich geht das sehr wohl etwas an!"

Asako trat ein paar Schritte vor, trat dabei gegen eine weitere leere Flasche. Erst jetzt merkte der Top Star, dass der Boden geradezu bedeckt mit diesen Dingern war. Es erklärte den strengen Geruch.

"Saeko... wie viel hast du getrunken?"

"Das ist doch jetzt nicht wichtig. Sag mir gefälligst wo du warst!"

"Jetzt komm erst einmal runter."

Saeko war inzwischen zu ihr gestolpert. Erst jetzt sah sie, wie betrunken der ehemalige Top Star wirklich war. Sie schwankte, hatte einen deutlichen Rotschimmer auf den Wangen und den typischen Schleier über den Augen dank des Alkohols.

"Asako! Wo.warst.du?!"

Vielleicht lag es am Restalkohol oder daran, dass ihr Kopf noch immer verhinderte, dass sie klar dachte und ihre Gefühle im Zaun hielt, aber etwas in Asako brannte diesen Moment durch.
 

"Es interessiert dich doch sonst auch nicht was ich tue! Warum sollte ich es dir also jetzt sagen!"

"Weil ich mir verdammt nochmal Sorgen gemacht habe! Ich bin gestern extra wegen dir noch nach der Arbeit in diesen blöden Club gegangen!"

Beide Frauen wurden mit jedem neu angefangenem Satz lauter.

"Ach und was erwartest du jetzt? Dass ich vor Dankbarkeit vor dir auf die Füße falle?"

"Du könntest anfangen mir zu erzählen was zur Hölle mit dir los ist!"

"Was mit mir los ist? ...Was mit mir los ist?!" Asako wurde nochmals lauter und trat einen Schritt auf Saeko zu, sodass sie direkt voreinander standen. "Ich sage dir was los ist! Seit Wochen höre ich kein Sterbenswort von dir und gerade JETZT wo ich einmal nicht springe wenn du rufst regst du dich auf!"

"Du weist genau dass ich arbeiten muss!"

"Das muss ich auch! Das heißt nicht, dass du dir das Recht rausnehmen kannst mich zu vernachlässigen! Ich dachte du liebst mich!"

"Das tue ich! Desshalb mache ich mir die ganze verdammte Arbeit!"

"Davon merke ich aber nichts! Und scheiß auf deine Arbeit!" Asako merkte wie der Klos in ihrem Hals wieder zunahm. "Ich will meine Freundin wieder! Du hast mir versprochen bei mir zu bleiben!"

"Das versuche ich doch! Glaubst du ich hätte für jeden die ganze Nacht hier gesessen?"

"Es wäre vielleicht glaubhafter wenn du dir nicht das Hirn weggesoffen hättest!"

"Das tut hier nichts zur Sache!"

"Oh doch das tut es!" Inzwischen liefen ihr die Tränen über die Wangen.

"Wage es nicht jetzt an zu fangen zu weinen! Das zieht vielleicht bei Osa..."

"Zieh meine Freunde da nicht mit rein! Sie hat dir nichts getan!"

"Dann hör auf hier Mutter Theresa zu spielen! Hör auf ständig nur auf dich fixiert zu sein! Ich tue schon alles mir menschenmögliche um es dir recht zu machen und selbst das ist dir nicht genug!"

"Ist es denn so schlimm, wenn ich Zeit mit meiner Freundin verbringen will?"

"Wir müssen beide dabei Abstriche machen!"
 

Als Osa an der Wohnung ihrer besten Freundin ankam hörte sie von drinnen schon deutliches Geschrei, nicht zuletzt, da die Tür nicht verschlossen war, sondern einen kleinen Spalt offen stand. Sie hatte sich mitten in ihrer Probe davongestohlen, da sie sich um Asako Sorgen machte. Der Top Star war den Rest des Abends nicht wieder aufgetaucht und irgendwann hatten sie sich damit abgefunden, dass sie wohl irgendwo im Takarazuka-Dorm war und sie nicht an sie herankamen. Yuuhi hatte Kiriyan mitgenommen und war mit ihr zurück ins Dorm gegangen, Osa und Gaichi hatten sich in ihre Wohnung zurückgezogen während Ayaki sich dazu entschieden hatte in Asako's Wohnung auf ihre Freundin zu warten. Osa hatte die Hoffnung gehabt, dass Asa sich doch zurück in ihre Wohnung verirrt hatte und Saeko sich um sie kümmerte, aber das Geschrei sagte ihr anderes. Ohne zu Klopfen trat sie ein, wobei ihr sofort der Alkoholgeruch entgegen schlug. Sie wusste zwar, dass Asako einiges an Alkohol besaß, meist Überreste von ihren kleinen Privatparties, aber sie trank eigentlich nichts davon. Nicht einmal in Anwesenheit von anderen. Als sie im Eingangsbereich zum Wohnzimmer stand merkte sie auch, dass es nicht Asako war, die völlig betrunken im Raum stand, sondern die ehemalige Tod-Darstellerin ihr gegenüber. Osa konnte nicht wirklich verstehen worüber sich die beiden stritten, denn sie redeten völlig wirr durcheinander, aber es klang übel. Saeko lallte mehr als dass sie sprach, Asako stand völlig unter Tränen vor ihr und der Bruch in ihrer Stimme lies sie das was sie sagte eher abgehackt wirken. So konnte sie die beiden nicht lassen. Jeder stritt sich mal, ja, aber sich mit einem betrunkenem zu streiten war meist tödlich für eine Beziehung, da man keine Kontrolle über das hatte was man sagte.

"Hey!", rief Osa in der Hoffnung die zwei Streithennen zu unterbrechen. Keine Reaktion. "Hey!!"

Asako war die erste die reagierte, drehte sich halb zu Osa und sah sie etwas erschrocken an. Asa war etwas blässlich, aber ansonsten wirkte sie unverkatert. Merkwürdig bei der Menge, die sie am Vorabend getrunken hatte. Saeko wirkte dabei nur sehr viel schlimmer.

"Misch dich nicht ein, Haruno!", kam es von Saeko. Sie versuchte einen Schritt nach vorne zu machen, stolperte aber nur zurück und landete auf dem Sofa, wirkte geradezu ausgeknockt. Osa kam zu den beiden.

"Ich glaube, du hattest genug, Ayaki", sagte sie und sah zu Asako. "Ich weis nicht worüber ihr euch beide gestritten habt, aber ich bringe Milady Tod mal nach Hause. Wenn sie sich ausgenüchtert hat könnt ihr nochmal in Ruhe reden." Sie erntete einen fast bösartigen Blick von Asako.

"Da gibt es nichts mehr zu bereden", meinte sie auf einmal mit einem völlig unterkühltem Unterton, was nichts daran änderte, dass ihre Stimme in regelmäßigen Abständen brach. "Ich weis was sie von mir hällt. Wenn sie sich nach dem Ausnüchtern nicht mehr erinnern sollte kannst du ihr sagen, dass sie mich mal gern haben kann."

Osa sah ihrer besten Freundin noch nach wie sie in Richtung Schlafzimmer verschwand. Ihr üblicher Zufluchtsort. Sie wusste jetzt schon, in welcher Haltung sie Asako vorfinden würde, wenn sie wieder zurückkam. Kurz bevor sie jenes Schlafzimmer aber betrat blieb sie nochmal stehen.

"...Sieh zu, dass sie wirklich nüchtern wird...", murmelte sie noch, bevor die Tür hinter ihr zufiel. Osa seufzte. Das konnte noch ein langer Abend werden.
 

Kimu hatte sich inzwischen ein neues Shirt und passende Hosen angezogen. Es war besser als diese merkwürdige pink-grün-Kombination die sie notdürftig angezogen hatte. Anschliesend hatte sie sich in ihren Sessel gesetzt, sich ihr Festnetztelefon geschnappt und zuerst einmal Yuuhi angerufen. Innerhalb des Takarazuka-Dorms telefonierten sie kostenlos, wesshalb sich das Gespräch in die Länge gezogen hatte. Irgendwem musste sie immerhin erzählen, was passiert war, auch wenn sie keinen Namen nannte. Sena, Asako, war immerhin ein Top Star und Skandale waren das letzte, was sie brauchen konnte. Gerade weil keiner wusste, wer diese mysteriöse Freundin ihrerseits war. Yuuhi am anderem Ende seufzte.

"Und ihr habt euch entschieden, nicht mehr darüber zu sprechen? Warum rufst du dann mich an?", fragte die Frau am anderen Ende.

"Du kennst mich doch. Irgendwem muss ich es doch sagen. Sonst platze ich irgendwann."

"Ich weis." Kurzes Schweigen. "Trotzdem würde ich gerne wissen, wer deine ominöse Affaire ist."

"Ich hab dir doch gesagt, dass ich dir das nicht erzählen kann. Und sie ist keine Affaire. Wir haben beschlossen nochmal neu an zu fangen."

"So viel zum Thema 'sonst platze ich'." Kimu schmunzelte etwas. "Nunja hoffen wir mal, dass es glimpflich aus geht. Ich...AH! Kiriyan! Lass das!" Kimu hielt das Telefon etwas von ihrem Ohr weg als Yuuhi lautstark anfing zu lachen. Kiriyan war bei ihr? Hatte Yuuhi es tatsächlich endlich geschafft die junge Frau für sich zu gewinnen? "Hey nicht jetzt! Ich telefoniere! Kiriyan!"

Kimu kicherte etwas. "Klingt als hättet ihr zwei Spaß."

"Was? Ich... warte! Man Kiriyan! Fünf Minuten!"

Während Kimu jedoch den fast verzweifelten Rufen Yuuhi's zuhörte rollte sich die Otokoyaku auf den Rücken. Sie hatte sich in das noch immer ungemachte Bett gelegt und sich etwas der noch immer vorhandenen Wärme erfreut. Ausserdem rochen die Kissen wundervoll nach dem Perfüm ihrer neuen Bekanntschaft. Kurz schloss sie die Augen, gab sich abermals dem betörendem Duft hin während Yuuhi und Kiriyan sich am anderen Ende der Leitung womöglich gerade an die Wäsche gingen. Yuuhi protestierte, Kiriyan schien aber nicht darauf zu hören. Dem Lachen der Rudolph-Schauspielerin nach wurde diese aber gerade durchgekitzelt. Kiriyan brauchte immer einiges an Aufmerksamkeit, die sie sich einfach holte wenn sie diese nicht bekam.

Das Vibrieren ihres Handys auf dem Nachttisch riss sie aus den Gedanken, wesshalb sie sich auf die Seite drehte und auf das Display sah. Asako? Sie hatte vor der nächsten Woche nicht mit einem Anruf oder einem Lebenszeichen von ihr gerechnet.

"Yuuhi?", rief sie ins Telefon. "Hör mal zwei Sekunden zu."

"W-warte jetzt doch mal. Was ist?"

"Kann ich dich wann anders nochmal anrufen?"

"Was ist denn...?"

"Später. Wir sprechen uns." Damit legte sie auf, zögerte noch kurz bevor sie dann an den Anruf an ihrem Handy ging. "Sena! Hey schön dass du anrufst. Was gibts?" Schweigen am anderen Ende. "Uhm... Asako?"

"Könntest du vorbei kommen?", unterbrach die andere sie dann doch. Sie klang gar nicht gut. Ihre Stimme zitterte und war kaum mehr als ein Flüstern.

"Ist was passiert?" Abermals nur ein Schweigen. Ob es so klug war wenn sie einfach zu ihr ging? Viel Zeit um nach zu denken hatte sie nicht und wenn Asako schon so klang, dann musste es wohl etwas Ernsthaftes sein. "Gib mir deine Adresse. Dann komm ich."
 

Nachdem Asako ihre Adresse durchgegeben hatte klappte sie das Handy wortlos zu, zog die Beine weiter an den Körper. Kaum dass sie die Tür zu ihrer Wohnung zuschlagen gehört hatte, was eine Weile gedauert hatte, da Saeko sich wohl geweigert hatte zu gehen und Osa sie rausgeschliffen hatte, war die junge Otokoyaku auf dem Boden vor ihrem Bett zusammengebrochen. Sie hatte sich noch so weit ans Bett gezogen, dass sie sich mit dem Rücken daranlehnen konnte, aber weiter hatte sie es nicht geschafft. Das hatte sie nicht gewollt. Saeko so furchtbar betrunken zu sehen und die Vorwürfe von ihr zu hören waren zu viel für sie gewesen, hatten ihr Bild von ihrer Freundin geradewegs zerstört. Natürlich wusste sie, dass Saeko auch nur ein Mensch war, aber dennoch hatte sie immer etwas Übernatürliches an sich gehabt, ein Zauber, den sie sich hatte erhalten wollte. Etwas in ihr war während des Streits zu Bruch gegangen. Sie wollte nicht allein sein, aber sie hatte Osa Saeko anvertraut. Vielleicht nicht die beste Idee ihres Lebens, aber sie war vertretbar. Zuerst hatte sie versucht Yuuhi zu erreichen, aber bei ihrer Freundin war besetzt gewesen. Bei Kiriyan war auch keiner ans Telefon gegangen und auch die Handys der beiden waren aus. Das einzige, was ihr dann noch eingefallen war, war Kimu. Ihr war es unangenehm, dass sie die Jüngere jetzt schon belagerte, aber sonst hatte sie keine Kontakte innerhalb Takarazukas, geschweigedenn außerhalb davon. Wahrscheinlich hätte sie in ihrer Situation jeden angerufen. Alles was sie jetzt noch tun musste war zu warten.
 

Kimu, noch etwas zerwühlt durch Asako's Anruf, hatte in Windeseile das nötigste zusammengepackt, hatte sich wenigstens noch einmal gekämmt bevor sie nach ihrem Autoschlüssel suchte. Sie benutzte ihr Auto nur sehr selten, lies sich meistens chauffieren, gerade wegendiesem bestialischem Verkehr in Tokyo, aber sie war dann doch froh eines zu besitzen. Glücklicherweise meinte es der Verkehrsfluss gut mit ihr. Trotz des dichten Verkehrs kam sie ganz gut durch, auch wenn sie länger brauchte als sie eigentlich für die Entfernung einberechnet hatte, beziehungsweise hatte das ihr Navigationsgerät für sie übernommen. Je näher sie dem Zielort kam, desdo mehr löste sich der Verkehr auf und sie fand teilweise sogar eine fast leere Straße vor. Merkwürdig, dass so ein Ort innerhalb Tokyos exestierte, aber dann wieder sah sie, woran das liegen könnte. Die Häuser waren allesamt saniert, standen weiter auseinander als in der Innenstadt und hier und da war sogar ein kleiner Garten zu sehen. Es war eine teurere Gegend, was auch erklärte, dass sie gleich einen Platz zum parken fand. Die junge Otokoyaku stieg aus dem Auto, warf einen Blick auf den orangenen Zettel, auf dem sie sich die Adresse aufgeschrieben hatte, blickte sich dann um. Es dauerte etwas, bis sie bemerkte, dass sie genau vor dem Haus stand, noch ein paar Minuten länger um den Eingang zu finden. Am Eingangsbereich besah sie sich die Türklingeln, runzelte einmal die Stirn als sie nach Sena's Namen suchte. Unter was war sie eigentlich eingetragen? Sena Jun oder unter ihrem richtigem Namen? Wenn zweiteres, dann würde sie ein Problem haben, denn sie kannte den vollen Namen des Top Stars nicht. Ihre Befürchtung war jedoch unberechtigt, dann sie fand den Künstlernamen der anderen auf einer der Türklingeln. Ein zweiter Name stand darauf, aber Kimu konnte nicht sagen, ob sie nicht eventuell mit einer anderen Person zusammenlebte. Wie auch immer, klingeln musste sie zwei Mal bevor sie aufgemacht bekam. Sie ging die Treppen nach oben bis sie vor einer geöffneten Tür stand, eintrat und sich erst einmal in der abgeduldeten Wohnung umsah. Es stank geradezu nach Alkohol, allerdings hätte Asako sich bei der Menge an leeren Flaschen, die am Boden lag, eher ins Koma getrunken als dass sie noch dazu fähig gewesen wäre einen Anruf zu tätigen.

"Asako?", rief sie zaghaft, als sie die Tür hinter sich schloss und sich ihrer Stiefel entledigte. Sie fand die ältere Otokoyaku am Tisch, der etwas abseits vom Wohnbereich in einer extra Ecke stand, zusammengesackt und sie konnte sehen, dass sie geweint haben musste trotz der Dunkelheit. Bevor sie etwas anderes tat ging sie zu den Fenstern, zog die Vorhänge auf und öffnete die Fenster, ging dann zu Asako und hockte sich vor sie auf die Knie.

"Hey Asako... Sprich mit mir."

Nur lansam drehte die andere den Kopf zu ihr und sah sie aus traurigen Augen heraus an. Sie versuchte wohl ein Lächeln zu erzwingen, scheiterte aber kläglich.

"Danke, dass du gekommen bist."

Kimu hob den Arm, strich der anderen sanft über die Wange und fühlte dort die festgetrockneten Tränenreste. Die andere so gebrochen zu sehen fiel ihr schwer.

"Was ist denn passiert? Und wer hat den ganzen Alkohol vernichtet? Es sieht aus als hätte hier jemand eine heftige Party gefeiert."

Asako reagierte nur indem sie abermals auf den Tisch starrte. Wenn sie so darüber nachdachte war die Antwort auf ihre Fragen nicht nur offensichtlich, sondern auch völlig egal. Sie war immerhin nicht gekommen um die andere aus zu fragen, sondern um ihr ein wenig unter die Arme zu greifen. Kimu stand auf, nahm einen von Asako's Armen behutsam aus dem Weg und platzierte sich selbst auf dem Schoß der anderen. Dann legte sie sanft die Hände an die Wangen der anderen, strich ihr durch die Haare und legte die Hände in ihren Nacken um diesen vorsichtig zu massieren. Sie musste noch immer Kopfschmerzen haben, immerhin hatte sie sich morgens kaum desshalb bewegen können. Asako schloss daraufhin die Augen, nahm den Kopf etwas nach vorne und legte ihn schließlich an ihre Schulter.
 

Die junge Frau war ganz froh, dass Kimu nicht weiter nachfragte sondern es einfach hin zu nehmen schien, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Die schlanken Finger in ihrem Nacken, die ein wenig mit ihren Haaren dort spielten als sie ihren steifen Nacken massierten, beruhigten ihren noch immer pochenden Kopf und beruhigten sie zumindest etwas. Sie hatte nicht mehr das Bedürfnis sich die Seele aus dem Leib zu schreien wie noch zuvor. Asako legte die Hände auf den Rücken der Jüngeren, drückte sie etwas weiter an sich während sie noch immer über das nachdachte, was Saeko ihr an den Kopf geworfen hatte. War sie tatsächlich so selbstfixiert und egoistisch? Wenn ja, war es so falsch sich zu wünschen Zeit mit der Person zu verbringen die man liebte? Sie öffnete die Augen einen Spalt, hob den Kopf etwas um die Frau auf ihrem Schoß an zu sehen. Zwar konnte sie nicht sagen was sie in der vorhergegangenen Nacht dazu geritten hatte gerade diese Frau zu wählen, aber sie merkte, dass sie diese Aufmerksamkeit brauchte, Zuwendung, auch wenn es vielleicht nur im Bett war. Saeko war nach dem Streit sicher nicht mehr bereit ihr etwas in dieser Richtung zu geben. Osa hatte Gaichi. Yuuhi hatte Kiriyan. Am Ende würde sie alleine da stehen.

Kimu strich ihr die Haare aus dem Gesicht, küsste sie zart auf die Stirn.

Nein sie wollte nicht allein sein. Nichts um alles in der Welt. Sie Schloss die Augen.

Sie fühlte den nächsten Kuss auf der Schläfe, fühlte, wie die warmen Fingerkuppen sich über ihre Wange stahlen und ihren Kieferknochen nachfuhren. Es machte ihr eine Gänsehaut.

Vielleicht musste sie ja gar nicht allein sein. Asako war es schon immer schwer gefallen andere Menschen in ihr Leben zu lassen, aber was, wenn sich dieser Mensch schon hineingeschlichen hatte ohne, dass sie es gemerkt hatte? Oder merken wollte.

Kimu's Lippen arbeiteten sich ihren Weg über ihren Wangenknochen, über ihre Wange, stoppten aber an ihrem Mundwinkel. Asako öffnete die Augen wieder, drehte den Kopf ein Stück um Kimu an zu sehen.

Sie wollte nicht allein sein. Vielleicht musste sie es auch gar nicht. Sie musste es nur zulassen. 'Deine Welt besteht nicht nur aus Ayaki', hatte Osa ihr einmal gesagt. 'Lass auch jemand anderen mal an dich heran.' Eventuell war jetzt die Zeit dazu. Ihr Herz war verschenkt, würde es wohl immer sein, aber ihr Kopf sagte ihr, dass sie nach vorne sehen musste.

Asako hob den Kopf, strich mit den Lippen über die der anderen. Diese akzeptierte die Geste, kam ihr entgegen sodass sie ihre Lippen vollständig auf ihren fühlte.
 

Die silberne Taschenuhr auf dem Tisch hörte in diesem Moment auf zu ticken.

Act 2 Scene 4: Breakdown

"Um Himmels Willen. Was ist denn mit dir passier?"

Gaichi klang höchst entsetzt als Osa mit ihrer Freundin, aka Saeko, stütztend zurück in die Wohnung kam. Sie war gerade am Kochen gewesen als sie einen furchtbaren Lärm und eine ihr vertraute Stimme von draußen gehört hatte und war daraufhin aus der Küche gekommen. Saeko sah mehr als furchtbar aus. Ihre Haare waren zerzaust, ihr Kleid, dass sie vom Vorabend wieder erkannte, völlig verzogen und sie konnte sich ganz klar nicht auf den Beinen halten. Als ihr der Alkoholgeruch entgegenschlug wusste sie auch genau wieso Saeko so aussah. SO betrunken hatte sie die andere aber noch nie gesehen. Normalerweise vertrug Saeko so viel Alkohol wie eine halbe Takarazuka-Troupe zusammen, also musste sie einiges gebechert haben. Jeden anderen hätte es wohl ins Koma verfrachtet.

"Erzähle ich dir gleich. Hilf mir erstmal diesen nassen Sack ins Bett zu verfrachten."

Saeko nuschelte nur etwas unverständliches als Gaichi zu ihr kam und Osa half sie ins Schlafzimmer zu schleppen.
 

Eigentlich hatte Osa nicht gedacht, dass es so schwer werden würde den ehemaligen Top Star in den ersten Stock zu verfrachten, geschweigedenn sie erst einmal von Asako's Wohnung zu ihrer eigenen zu bringen. Saeko konnte nicht geradeaus laufen und sackte ständig weg. Dass die andere immer noch die Absatzschuhe trug machte es nicht besser. Irgendwie hatte sie es dann doch geschafft die andere in ihr Auto zu setzen. Während Osa den vergleichsweise kurzen Weg zu ihrer Wohnung fuhr merkte sie, dass Saeko ihr doch irgendwie Leid tat, Asako hatte immerhin mehr oder minder mit ihr Schluss gemacht. Osa glaubte, dass sie es unterschwellig doch verstanden hatte, denn ab und an wimmerte die andere auf dem Beifahrersitz und murmelte etwas komplett unverständliches. Wie Saeko es geschafft hatte noch einigermaßen gerade zu stehen bei ihrem Streit war ihr absolut schleierhaft, oder sie war einfach danach zusammengebrochen.

"Also. Was ist passiert?", fragte Gaichi als sie die Tür zum Schlafzimmer hinter sich schlossen. Sie hatten Saeko nur notdürftig Bettfertig gemacht, ihr zumindest die Schuhe ausgezogen und ihr die Haarnadeln aus den zerzausten Haaren genommen. Osa konnte deutlich sehen, dass sie enttäuscht und entsetzt war ihre beste Freundin so zu sehen. "Ich dachte sie wollte bei Sena warten."

"Was genau passiert ist weis ich auch nicht." Osa seufzte einmal schwer und lies sich erst einmal auf die Couch fallen, woraufhin Gaichi sich neben sie setzte. "Ich wollte bei Asako vorbei schauen. Ich dachte mir 'vielleicht ist sie ja doch da' nachdem sie ja nicht ans Handy gegangen ist. Die Tür war auf und ich hab die beiden sich anschreiend vorgefunden."

"Und worum gings?"

"Keine Ahnung. Saeko lallte und Asako war am heulen. Ich hab kein Wort verstanden." Gaichi seufzte einmal schwer und fuhr sich durch die Haare ehe sie aufstand. "Wo willst du hin?"

Als die Senka das Telefon holte wurde ihre Frage beantwortet. "Du weist, dass sie nicht rangehen wird."

"Einen Versuch ist es wert."
 

Inzwischen hatten Asako und Kimu sich auf der Couch nieder gelassen. Asako lag darauf, Kimu auf ihr, und sie hatten einen Film angemacht, wobei die beiden schnell aufgehört hatten diesen zu schauen. Die jüngere Otokoyaku hatte es für eine gute Idee gehalten sich ein wenig ab zu lenken, Ablenkung hatte sich der Top Star aber anders geholt. Beide waren in einen innigen Kuss vertieft, Asako's Hände hatten sich auch schon unter das Oberteil der anderen gestohlen, als das nervige Klingeln des Telefons die Stille unterbrach. Kimu sah auf, stützte sich dabei auf den Schultern der anderen auf und sah in Richtung Tisch, auf der das Telefon lag. Asako schielte nur herüber, entfernte die Hand von Kimus nacktem Rücken und griff einmal zum Telefon, setzte sich dabei etwas auf, wobei die jüngere Schauspielerin sich auf ihrem Schoß aufsetzte.

"Was ist?", fragte sie als sie den Höhrer ans Ohr drückte. Dabei musste sie unterkühlter geklungen haben als sie wollte, denn am anderen Ende war eine kurze Stille.

"Ist alles in Ordnung bei dir, Sena?", fragte Gaichi am anderen Ende. Also war Osa nach Hause gekommen. "Saeko..."

"Mir geht es gut", unterbrach der Top Star sie, beobachtete dabei, wie Kimu's Finger sich über ihren Bauch und ihre Hüfte stahlen. Am anderen Ende wieder Stille.

"Bist du dir sicher? Ich kann vorbei kommen. Osa hat gesagt ihr habt einen Streit hinter euch."

"Das ist jetzt doch auch egal. Mir geht es gut, Gaichi. sieh einfach zu, dass Ayaki nüchtern wird."

"Sena..."

"Du kannst ihr noch etwas sagen. Sag ihr, dass sie mir nicht mehr unter die Augen treten muss. Ich weis jetzt, was sie wirklich von mir hällt." Nochmals schweigen. Kimu schob ihr Shirt ein Stück nach oben, legte damit die Abbinde frei und strich mit den Fingern über ihren Bauch. "Hör mal Gaichi. Ich bin grade beschäftigt."

"Beschäftigt?"

"Meine neue Saison fängt morgen an. Ich will mich noch etwas ausruhen und muss mir zumindest mal das Script durchlesen."

"...Melde dich zumindest bei Kiriyan und Yuuhi."

"Ich sehe die zwei morgen sowieso."

"Tu es einfach. Sie haben sich auch Sorgen gemacht nachdem du einfach abgehauen bist."

Asako seufzte etwas, schloss die Augen als sie sich den warmen Fingern der anderen hingab.

"Na gut. Bis dann..."

Ungeachtet warf sie das Telefon auf den Tisch, lehnte sich etwas zurück. Kimu stoppte kurz und Asako hob die Augenbraue.

"Was ist?"

"Ist das ganze wirklich so okay für dich?", fragte sie die jüngere. Asako legte die Hände auf die Oberschenkel der anderen, lies die Finger bestimmt darüber gleiten und entlockte der anderen dadurch ein genüssliches Seufzen. Ihr war nie bewusst gewesen, dass sie auf andere Leute eine solche Wirkung haben konnte. Sie nickte.

"Ist es. Ich glaube ich bin für den ganzen Beziehungskram nicht gemacht. Und der Sex zwischen uns ist gut. Du hast keine Probleme damit und ich auch nicht."

"Du verschweigst es aber deinen Freunden."

"Was soll ich denn sagen? Dass ich mir ein Betthäschen zugelegt habe weil meine Freundin mich nicht will? Ich hab keine Lust mehr auf etwas Ernstes, aber das müssen sie nicht wissen."

Die andere lächelte nur etwas schief, rutschte auf Asako's Schoß etwas näher und beugte sich über sie.

"Na mir solls recht sein. Wenigstens beruht es auf Beidseitigkeit."

"Sieh nur zu, dass dich niemand sieht wenn du hierher kommst. Ich kann es nicht gebrauchen, dass jemand nachfrägt."

"Ja ja. Schon gut. Was hällst du davon wenn wir die... Diskussion ins Schlafzimmer verlegen?"

Asako musste etwas lachen.

"Du willst doch nur mein Bett sehen."

"Klar. Immerhin muss ich doch wissen wo ich meine Nächte zukünftig verbringe."

Der Top Star grinste breiter, beinahe bösartig, legte dabei einen Finger unter das Kinn der anderen. Als sie den Fingernagel über die Kehle der anderen gleiten lies entlockte sie Kimu ein sanftes Stöhnen.

"Glaub nicht, dass sich das aufs Bett beschränken wird."
 

Wann genau Saeko wieder wach wurde konnte sie nicht sagen, aber sie fühlte sich mieserabel. Kaum, dass sie die Augen einen Spalt geöffnet hatte stöhnte sie schmerzhaft auf und schloss eben jene wieder. Bewegen konnte und wollte sie sich nicht. Ihr war übel, ihr Kopf pochte und sie glaubte, dass er jeden Moment platzen würde. Obendrein schmerzten ihre Glieder und es drehte sich noch alles. Dennoch brachte sie es irgendwie fertig sich auf die andere Seite zu drehen, merkte dabei nicht, dass ihr eingeschlafener Arm über den Nachttisch fegte und den Wecker herunterwarf. Der plötzliche Lärm sorgte nur dafür, dass sie wieder eine Schmerzwelle überrollte und sie eine Hand über ihre Augen legte. Verdammt wie viel hatte sie getrunken. Sie wusste noch genau, dass es mit einem Drink angefangen hatte als sie auf Asako gewartet hatte, einfach, um die Zeit ein wenig zu überbrücken. Dann kam da noch einer und noch einer. Irgendwann war sie aufgestanden und hatte das Alkoholregal geleert, welches sie zufällig mal bei ihrer Freundin entdeckt hatte. Asako selbst war eigentlich nie an diesen Schrank gegangen.

Die Tür ging auf und jemand setzte sich zu ihr ans Bett. Saeko bewegte sich so wenig wie möglich, aber als die Person sie dann doch ansprach zog sie müde die Hand von den Augen, versucht zu erkennen wer das war.

"Wie gehts dir?", hörte sie dann doch gedrückt und jemand strich ihr über die Stirn. "Du siehst aus als ob du jeden moment wegstirbst." Es war Gaichi.

"So fühl ich mich auch", sagte Saeko etwas rauchig. Just in diesem Moment merkte sie diesen höchst wiederlichen Geschmack auf ihrer Zunge und im Rachen.

"Glaub ich dir gerne so wie du hier angekommen bist. Ich hab dir Tee gemacht..."

"Ich bewege mich heute nicht..."

Jemand anderes trat in den Raum und zog die Vorhänge auf, wobei Saeko einmal gequält stöhnte und die Decke über den Kopf zog. Da ihr einer Arm noch immer taub war benutzte sie nur die eine Hand. Wer zur Hölle versuchte da sie um zu bringen? Der Himmel war schon orange. Hieß das es wurde schon wieder hell?

"Dir auch guten Morgen. Oder guten Abend. Je nachdem wie du es sehen willst."

Sie erkannte Haruno's Stimme und öffnete desshalb etwas gequält die Augen. Was gerade hier wohl hier machte?

"Abend?", murmelte sie und versuchte sich etwas auf zu setzen, bekam von Gaichi dabei geholfen und lehnte sich an die Wand. Erst in diesem Moment erkannte sie, dass sie nicht in ihrer Wohnung war, sondern in der von Gaichi und Haruno. War sie nicht noch in Asako's Wohnung gewesen?

"Du hast einen ganzen Tag durchgeschlafen. Kein Wunder bei dem Alkoholpegel den du hattest. Wir haben schon gefürchtet dich ins Krankenhaus bringen zu müssen."

"Osa sei nicht so gemein", sagte Gaichi etwas streng, wobei Haruno sich zu ihnen setzte und Saeko einen nassen Waschlappen auf die Stirn legte. Genüsslich stöhnte die ehemalige Takarazukadarstellerin auf, schloss die Augen als sie das kühle Wasser auf ihrer Stirn spürte. Es beruhigte ihren pochenden Kopf etwas und half ihr das zu verstehen was die andere ihr da sagte.

"Und wie komme ich bitte hierher? Ich war doch noch bei Asako..."

"Noch etwas vernebelt im Kopf, was?"

Der Hanagumi-Top-Star jammerte einmal auf als Gaichi ihr einen Klaps auf den Hinterkopf verpasste.

"Ich sagte sei nicht so gemein." Sie wandt sich Saeko zu. "Sieh erst einmal zu, dass du einen klaren Kopf bekommst. Wir haben dir glaube ich so einiges zu erzählen."

Gaichi stand auf und Haruno tat es ihr nach, aber Saeko reagierte dann doch und hielt Gaichi am Stoff ihrer Hose fest.

"Sag es mir gleich..."

"Du bist nicht in der Verfassung..."

"Gaichi", unterbrach sie die andere, blickte dabei zu ihr auf während sie den Waschlappen auf ihrer Stirn mit der wieder aufgewachten, aber noch immer grausam kribbelnden Hand festhielt. Eine Weile sahen die zwei sich einfach nur an, woraufhin Gaichi einen flüchtigen Blick zu Haruno warf, die nur mit den Schultern zuckte und den Raum verlies. Abermals lies sich Gaichi neben Saeko nieder, aber sie zögerte sichtlich.

"Du musst mir versprechen, dass du liegen bleibst und dich ausruhst." Sie nahm Saekos Hand in ihre. Irgendwie machte sie Gaichi's Reaktion nervös. Die andere war nie so verklemmt wenn es darum ging ihr etwas zu sagen, egal ob sie verkatert war oder nicht. Allerdings hatte sie noch nie einen Blackout gehabt. Sie wurde ungeduldig.

"Sag mir endlich was passiert ist."
 

Abermals ein Zögern seitens Gaichi. Sie war sich nicht sicher, ob Saeko es in ihrem Zustand so verkraften würde wenn sie ihr die ganze Wahrheit erzählte. Osa hatte ihr das erzählt, was sie mitbekommen hatte, aber glücklich war sie darüber nicht. Allein wenn sie daran dachte wie Saeko wohl reagieren würde wenn sie erfuhr, dass sie Sena das an den Kopf geworfen hatte, was sie Gaichi gegenüber immer an Sena kritisiert hatte, dann würde sie womöglich sofort aufspringen um es zu beheben. Sie kannte den ehemaligen Top Star einfach zu gut dafür. Selbst als Saeko keine Zeit hatte war Gaichi ab und an einfach bei ihrer Arbeit vorbei geschneit und hatte sie in den Pausen belagert damit sie ihre beste Freundin wenigstens etwas zu Gesicht bekam. Da sie 'nur' die Organisation der Auftritte übernahm konnte sie sich das leisten. Ab und an waren diese Besuche in Diskussionen ausgeartet. Saeko hatte ihr gebeichtet, dass es sie manchmal nervte, dass Sena davon ausging, dass es selbstverständlich war, dass Saeko einfach von ihrer Arbeit blau machen konnte um sie zu besuchen. Ganz so leicht war es nicht. Was Sena nicht wusste war, dass Saeko sich neben ihrer eigentlichen Arbeit von Takarazuka zusätzlich ausbilden lies. Sie wollte anfangen als Leiterin für die Stimmentrainings zu arbeiten, allein um ihrer Freundin näher sein zu können. Sie wollte es so lange machen bis Sena aufhörte und zusammen mit ihr eine Existenz aufbauen. Jetzt, da die Situation derartig ausgeartet war, hielt sich das aber für fraglich. Saeko's Platz im nächsten Stück als Stimmentrainerin war schon festgelegt. Glücklicherweise musste sie nicht am ersten Tag mit dabei sein, da die Stimmtrainings erst begannen, wenn die Rollen entgültig fest standen, was noch zwei oder drei Tage dauern müsste.

"Du hast dich mit Sena gestritten. Ziemlich übel."

Sie konnte praktisch dabei zusehen wie Saeko die sowieso schon wenige Farbe aus dem Gesicht wich.

"Was? Was hab ich gesagt?"

"Das weis ich nicht, aber ich tippe darauf, dass es genau das ist was du nicht sagen wolltest, nach dem was Osa mir erzählt hat wie Sena reagiert hat."

Genau wie sie es vermutet hatte flog der Waschlappen geradezu vom Bett und obwohl es Saeko sichtlich schlechter ging versuchte sie auf zu stehen. Gaichi war es ein leichtes sie zurück ins Bett zu drücken.

"Lass mich los! Ich muss..."

"Du wirst gar nichts."

"Gaichi!"

"Saeko sie will dich nicht sehen!"

Ihre beste Freundin wurde mit einem mal still, sah Gaichi nur eine Zeit lang an.

"Was?"

"Sie will dich nicht sehen. Es ist vorbei."

"Aber..."

"Ich weis, dass du sie liebst, aber lass ihr etwas Zeit. Wenn du jetzt hinstürmst, vor allem in deinem Zustand, dann machst du es schlimmer. Kurier dich erst einmal aus. Wenn ihr beide etwas runtergekommen seid, dann könnt ihr noch einmal in Ruhe sprechen. Natsuki hat sich im übrigem auch schon nach dir erkundigt. Sie will im Laufe des Tages mal vorbeischauen."
 

Im Probenraum von Tsukigumi hatte sich Asako inzwischen mit dem Script auseinandergesetzt. Sie war erst kurz vor den Leitern hereingekommen, wesshalb sie es glücklicherweise vermeiden konnte Kiriyan und Yuuhi über den Weg zu laufen, die mal wieder ganz vorne Platz genommen hatten. Kaum waren jedoch die Standartprozeduren erledigt sah sie im Augenwinkel, wie die zwei zu ihr kamen und sich zu ihr setzen.

"Schön, dass du dich dazu entschliest uns zu sagen, dass es dir gut geht", sagte Kiriyan sichtlich etwas gereizt. Asako hob den Kopf und lächelte etwas schief.

"Tut mir leid, Kiri", sagte sie und legte das Script beiseite. "Ich war gestern einfach furchtbar verkatert und wollte mit niemandem reden." Yuuhi schlug ihr das Script leicht auf den Hinterkopf und der Top Star schlug die Arme über dem Kopf zusammen. "Autsch! Hey!"

"Wir haben uns verdammt nochmal Sorgen gemacht. Wenn du nicht reden willst, dann schick wenigstens eine Nachricht."

Der Top Star lächelte etwas.

"Verzeihung..." Sie zog ihr Script etwas näher, sah dann Kiri an und blickte etwas fragend drein. "Sag mal Kiri... Wieso hast du keine Rolle?"

"Hast du das nicht gehört? Wir führen parallel ein anderes Stück auf. Ich hab die Hauptrolle bekommen. Dank dir im übrigem."

Asako musste kurz etwas nachdenken. Stimmt, da war etwas. Sie war in einer Besprechung gewesen, dass Asako Kiriyan als ihren Vice haben wollte und Yuuhi in Hanagumi wechseln sollte. Der Top Star hatte sich vorgenommen sowohl Kiriyan als auch Yuuhi zum Top Star zu verhelfen, aber das konnten sie nicht, solange sie in der selben Troupe waren. In Hanagumi hatte sie Kontakte, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob Yuuhi so schnell wie sie es gern hätte zum Top Star werden würde. Obendrein hatte sie den beiden noch nichts von ihrem Plan erzählt, brachte dennoch schon alles ins Rollen.

"Na dann herzlichen Glückwunsch. Dann unterscheidet sich ja unser Trainingsplan."

"Schon, aber die freien Tage sind einigermaßen gleich. Und wir haben ungefähr zur selben Zeit aus."

Asako lachte etwas, setzte zum Sprechen an als eine andere junge Frau zu ihnen stieß. Sie kannte diese Frau, wenn auch nur mehr oder minder flüchtig.

"Sena? Der Direktor will mit dir reden wegen dem nächsten Stück."

'Der Direktor kann mich mal', hätte sie am liebsten gesagt, schluckte die Worte aber im Hals noch herunter. Sie war gar nicht in der Stimmung sich mit diesem Saftsack an zu legen, der sie mal wieder kritisieren wollte. Stattdessen legte sie ein Lächeln auf.

"Ich bin gleich da." Sie stand auf und fuhr sich kurz durchs Haar. Gerade als die andere wieder zum Gehen ansetzte sah sie zu ihr, klemmte ihr Script unter den Arm. "Sag mal... du hast eine größere Rolle bekommen, oder?"

Die jüngere drehte sich etwas verwirrt um. Da war schon wieder dieser Dackelblick, den sie schon bei Kimu gesehen hatte. Irgendwie war sie schon süß, sehr hübsch obendrein. Sie hatte ein bisschen was von Yuuhi in ihrem Blick.

"Uhm ja", sagte sie zögerlich. "Radshon, oder so ähnlich. Ich bin noch nicht wirklich dazu gekommen mir das Script durch zu lesen."

Asako lächelte.

"Verstehe. Vielleicht können wir uns mal treffen um das Script durch zu gehen?"

Die andere lächelte etwas überrascht, nickte jedoch und verbeugte sich kurz.

"Gern! Ich meine... ja gerne wenn du willst."

"Schön. Hast du auch einen Namen?"

"Asumi Rio."

"Schöner Name. Du kannst gehen."

"D-danke..."
 

Yuuhi sah sich die Szene mit hochgezogener Augenbraue an. Eigentlich hatte sie gedacht, dass Asako die Jüngere ohne weitere Fragen gehen lies, aber gerade diesen Gesprächsverlauf hatte sie nicht erwartet. Wenn sie es nicht besser wüsste, dann hätte sie gesagt, dass ihre Vorgesetzte da gerade geflirtet hatte. Dieses komische Lächeln, dass sie da aufgelegt hatte und der Blick machten es nicht gerade besser. Sie sah noch zu wie Rio sich erneut verbeugte und dann wieder zu Masao, Ryuu Masaki war ihr Künstlername, ging und sich angeregt mit ihr unterhielt.

"Uhm Asako?", fragte Yuuhi und drehte sich dabei zu Asako, die gerade zum Gehen hatte ansetzen wollen.

"Hm?" Asako drehte sich zu ihr und hob eine Augenbraue. "Was ist?"

"Was war das?"

"Was war was?"

"Du hast sie angebaggert."

"Ich weis nicht, was du meinst."

"'Lass uns zusammen das Script durchgehen'? Ernsthaft?"

Ihre Freundin schüttelte verwirrt den Kopf.

"Was? Du siehst Gespenster, Yuuhi. Ich will ihr nur unter die Arme greifen. Immerhin muss ich als Top Star auch den jüngsten helfen."

Yuuhi schwieg nur, sah Asako nach wie sie in den nächsten Raum ging um sich mit den Direktoren zu unterhalten.
 

Saeko fand inzwischen keinen Schlaf. Obwohl ihr Schädel übel dröhnte ging ihr das, was Gaichi ihr gesagt hatte nicht aus dem Kopf. Was, wenn sie Asako wirklich alles vorgeworfen hatte, was sie so bedrückte? Sie wusste nicht wie sie handelte, wenn sie betrunken war, denn bissher war sie noch nie...

Gut... sie war einmal so betrunken gewesen, dass sie keine Kontrolle mehr über ihre Handlungen gehabt hatte, aber das war schon eine ganze Weile her. Damals hatte sie noch nichts ernst genommen, aber bereut hatte sie diese Nacht trotzdem.

Es klopfte und Saeko hiefte sich etwas aus dem Bett hoch. Dass sie noch immer in dem Bett lag, dass Gaichi mit Osa teilte, war ihr etwas zuwider, aber wirklich aufstehen konnte sie sowieso nicht. Noch immer war ihr furchtbar schlecht und sie hatte noch keinen Bissen runterbekommen, auch wenn ihr Magen knurrte.

"Ja?", rief sie mit etwas gedämpfter Stimme. Als die Tür sich öffnete erblickte sie ein Gesicht, dass sie so nicht erwartet hatte. Es war Chika.

"Hey Saeko", sagte sie, als der Yukigumi-Top-Star eintrat und sich zu ihr setzte. "Du siehst echt scheiße aus."

"Charmant", murrte die andere nur und lehnte sich an die Wand. Am liebsten würde sie sich übergeben, aber mit leerem Magen würde ihr Erbrochenes nur aus Magensäure besten, was sie möglichst vermeiden wollte. "Hast du nichts zu tun?"

"Ich wollte nur sehen wie es dir geht. Ich hab gehört du hast dir gehörig einen hinter die Binde gekippt."

"Und woher weist du das schon wieder?"

"Ich habe mit Osa telefoniert und sie hat mir erzählt, dass du zu Sena gefahren bist nachdem ihr sie nicht mehr gefunden habt nach der Party. Und da ich dich besser kenne als Gaichi..."

"Du kennst mich nicht, Chika. Nicht mehr."

Chika lächelte etwas, strich Saeko etwas über den Kopf. Sie hatte unglaublich kühle Finger, was sie sehr beruhigte.

"Wir haben uns beide verändert, ich weis. Aber ich kenne deinen Sturkopf, wenn du etwas nicht bekommst. Ausserdem gibt es ein paar Sachen, die sich nie ändern."

"Erzähl Gaichi nichts davon."

"Ich weis nicht wovon du redest."

Saeko seufzte leicht. Da war sie schon wieder. Diese unausgesprochene Spannung, die sie stets für sich behielten.
 

Chika schmunzelte etwas. Ihre alte Freundin war anders, aber einige Dinge waren noch so wie sie sie in Erinnerung hatte. Saeko kannte sie schon seitdem sie in ihren ersten Jahren in Tsukigumi eingetreten war, hatte sie damals über Gaichi kennen gelernt und seither mit ihr in Kontakt geblieben. Sie gehörte zu den wenigen, die sich von der deutlichen Aura, die Saeko stehts versprühte, nicht einschüchtern lies, sondern diese gerne einmal konterte. Die andere jedoch so heruntergekommen zu sehen war doch etwas merkwürdig. Von Gaichi hatte sie schließlich erfahren, dass sie und die jüngere Sena Jun wohl einige Probleme in ihrer Beziehung hatten. Nicht verwunderlich in ihren Augen. Saeko war noch nie gut darin gewesen eine Beziehung aufrecht zu erhalten, ob sie nun ernst gemeint war oder nicht. Dennoch wollte sie es aus dem Mund der anderen hören, denn Gaichi hatte dann doch dicht gemacht, als sie weiter nachgefragt hatte.

"Also? Wie läuft es zwischen dir und Sena?"

"Ich denke nicht, dass dich das was angeht."

"Wenn sie mir erzählt, dass du mieserabel im Bett bist, dann denke ich schon, dass mich das was angeht. Dann kann da nämlich wirklich was nicht stimmen."

Chika schmunzelte nur breit als Saeko einmal schnaubte und angestrengt auf die gegenüberliegende Wand starrte. Sie konnte geradezu sehen, dass die andere sie am liebsten aus dem Zimmer geworfen hätte, aber sie unterlies es dann doch.

"Gar nichts ist."

"Lüg doch nicht. Ich merke, wenn du mir etwas verschweigst."

"Ich weis. Aber ich lüge nicht. Da ist nichts."

"Und das soll ich dir glauben?"

"Sie hat mit mir schluss gemacht wenn du es genau wissen willst."

Chika legte den Kopf schief, hob eine Augenbraue. So, dann hatte Saeko wohl im betrunkenem Kopf endlich einen Rückzieher gemacht? Oder war das vielleicht sogar von Sena selbst ausgegangen? Nun es gab nur einen Weg das heraus zu finden und Chika wusste auch schon genau wie.

"Also ist sie wieder zu haben?"

Saeko reagierte prompt, aber anders, als es der Yukigumistar erwartet hätte.

"Wag es nicht sie auch nur schief an zu sehen."

"Komm mal wieder runter. Ich hab kein Interesse an ihr. Ich wollte nur sehen, wie du reagierst." Die jüngere musste etwas breiter grinsen. Zu sehen wie ihre ehemalige Lehrerin bei dieser simplen Erwähnung geradezu in die Höhe geschnellt war war zu göttlich mit an zu sehen. "Selbst wenn könntest du es nicht verhindern."

"Ich werde nicht zulassen, dass sie jemand anderes anfasst."

"Zuhören kannst du immer noch nicht richtig, oder?"

"Halt dich da gefälligst raus."

Chika musste kurz auflachen.

"Ich hätte nicht gedacht dich mal so vor zu finden. Dass du dich mal ernsthaft verliebst ist echt ein Wunder." Abermals sah sie, wie das Blut des ehemaligen Top Stars hochkochte und sie sich etwas versteifte. abwehrend hob sie die Hände. "Immer mit der Ruhe. Ich dachte nur, dass es dich vielleicht interessiert, dass ich weis wo Sena bei der Party war."
 

Die anfängliche Wut der Älteren war mit einem mal wie verflogen. Sie wurde aus Chika nicht schlau. Einmal verhielt sie sich wie das größte Arschloch, dann aber wieder griff sie ihr gehörig unter die Arme, wenn sie es brauchte. Vielleicht hielt desshalb ihre 'Freundschaft' so lange.

"Du weist wo sie war? Wie?"

"Weil sie bei einer von meinen Leuten war. Desshalb."

"...Bei wem?"

"Kimu. Laut ihrer Aussage hatte sie gehörig einen gebechert und Sena hat sie zurück ins Dorm gebracht."

"Was soll das heißen 'laut ihrer Aussage'?"

"Dass keiner sagen kann, was da passiert ist. Eine der Musumuyaku hat sie zurückgefahren."

"Sie würde mich nicht betrügen."

"Aber sie hat schluss gemacht, oder?"

"Das ist meine Schuld gewesen."

"Wenn du wirklich wieder so betrunken warst, dann wundert es mich nicht."

Chika's Stimme war für einen Moment kalt geworden, woraufhin Saeko abermals auf ihre Hände starrte.

"Ich bin halt nicht perfekt."

"Asako hat dich aber dafür gehalten", kam es mit einem mal aus Richtung der Tür. Haruno stand mit einem mal in der geöffneten Tür und hatte ihr Gespräch mitgehört. "Und du hast sie kaputt gemacht."

"Ich kann nichts dafür wenn sie so denkt. Ich bin auch nur ein Mensch", sagte Saeko gereizt, wobei sie etwas lauter wurde. Gedankt wurde es ihr mit einer neuen Welle von Kopfschmerzen. Sie fasste sich an die Stirn und brummte leise.

"Es wäre vielleicht nicht so gekommen wenn du von Anfang an ehrlich zu ihr gewesen wärst."

"Ich war immer ehrlich."

Chika lachte mit einem mal auf und sowohl Haruno als auch Saeko selbst sahen zu ihr.

"Du und ehrlich? Saeko verarsch mich nicht", meinte die Yukigumi-Darstellerin und lehnte sich neben Saeko an die Wand während sie die Beine aufs Bett legte. "Du bist nie ehrlich. In allem was du tust. Du kannst das gar nicht."

"Was soll das heißen?", fragte Saeko, knirschte dabei etwas mit den Zähnen.

"Das wüsste ich aber auch gerne." Haruno trat weiter in den Raum, lies die Tür hinter sich aber auf.
 

Chika lächelte nur zu Osa, legte den Kopf dann etwas in den Nacken.

"Wenn du so ehrlich warst, hast du ihr dann mal von dem erzählt, was du so getrieben hast bevor du sie gekannt hast? Hast du ihr mal von der Sache mit Kurara erzählt? Oder die kleine Auseinandersetzung mit Gaichi? Oder..."

"Chika halt gefälligst die Klappe! Du hast doch keine Ahnung!"

"Ich deute das als Nein."

Der Top Star stand auf, ging lieber etwas auf Sicherheitsabstand bevor sie eventuell die Teetasse abbekam.

"Du hast doch keine Ahnung."

"Vielleicht mehr als du denkst. Ich erinnere mich da noch an ein paar ganz andere Geschichten."

"Chika lass es!"

"Was glaubst du wie lange es dauern wird?"

"Wie lange was dauern wird??"

"Bis Sena merkt, dass sie eine genauso starke Wirkung auf andere haben kann wie du?"

"Das würde sie nicht..."

"Sicher?"

"Ganz sicher."

"Kann mir mal einer erklären worum es bitte geht?", fragte Osa mit einem Mal. Sie hatte die ganze Zeit mehr oder minder stumm im Raum gestanden und jetzt merkte Chika auch, dass sich auch Gaichi zu ihnen gesellt hatte. Sie hatte nicht vor Saeko's Maske so auffliegen zu lassen, aber es wurde Zeit, dass es mal jemand tat. Vielleicht war es auch eine kleine persönliche Rache ihrerseits.

"Mizu überleg dir jetzt genau was du sagst", sagte Gaichi und verschränkte dabei die Arme.

"Sie wird gar nichts sagen!", fauchte Saeko abermals und krallte sich in ihre Decke. Wenn es ihr nicht so schlecht ginge, dann wäre sie wohl aufgesprungen und ihr an die Kehle gesprungen. Chika fuhr sich durch die Haare, sah Osa an und zuckte mit den Schultern.

"Kann man wohl nichts machen. Vielleicht erzähl ich es dir mal. Aber ich glaube ich sollte gehen. Die Luft wird dick und ich hab sowieso noch zu tun."
 

Als Asako die Türen des Probenraum hinter sich gelassen hatte war es schon recht spät am Abend und die meisten Mitglieder von Tsukigumi waren bereits in ihre Wohnungen zurück gekehrt. Die Otokoyaku streckte sich einmal, gähnte ausgiebig und kramte in der Tasche nach ihrem Schlüssel während sie sich auf den Weg zu dem Parkplatz machte, auf dem sie ihr Auto geparkt hatte.

"Asako", rief es hinter ihr und der Top Star drehte sich um, sah wie Kimu zu ihr lief.

"Kimu? Was machst du um die Zeit noch hier?"

"Ihr zwei kennt euch?", fragte mit einem Mal Yuuhi, die hinter ihr aus dem Gebäude kam. Asako drehte sich um und lächelte kurz.

"Wir haben uns neulich kennen gelernt."

Jetzt wusste sie auch wieder wieso ihr der Name der anderen so bekannt vor kam. Yuuhi hatte einmal von ihr gesprochen. Auch Ayaki hatte ihren Namen irgendwo einmal erwähnt gehabt.

"Dann spar ich mir ja die Vorstellung", meinte die Otokoyaku und lächelte. "Kiri hat uns zum Essen eingeladen. Willst du mitkommen?"

"Ich kann doch nicht einfach mitkommen."

"Kiriyan geht schon davon aus, dass du sowieso dabei bist. Ich wollte dich eh fragen, aber du warst ja die ganze Zeit nur am durch die Gegend laufen."

Der Top Star lachte ein wenig.

"Tut mir ja leid. Es war nunmal viel los. Aber ich komme gern mit."
 

Zwar tat es Yuuhi leid die andere so mit sich mitlocken zu müssen, aber anders ging es nicht. Sie und Kiriyan waren früher vom Training gegangen, da sie nicht wirklich etwas zu tun hatten so ganz zu Beginn der Saison, und hatten bei Gaichi und Osa vorbei geschaut. Dort waren sie noch Natsuki über den Weg gelaufen, die sich schnell entschuldigt hatte, und fanden dort auch, sehr zu ihrer Verwunderung, Saeko auf. Völlig verkatert und auf 180 obendrein. Egal was da passiert war, nach Gaichi's Reaktion hatten sie gar nicht weiter nachgefragt, was Natsuki mal wieder angestellt hatte. Sie wussten nicht wieso, aber immer wenn Saeko und der Yukigumi-Top-Star aufeinander trafen krachte es. Das merkwürdige dabei war, dass sich die zwei trotzdem blendend zu verstehen schienen. Sie hatten sich einige Zeit unterhalten und waren schließlich und unvermeidlich auf das Thema Asako gestoßen. Völlig ohne darüber nach zu denken hatte Yuuhi von dem merkwürdigem Flirt von Asako und Mirio, Asumi Rio, erzählt, woraufhin Saeko beinahe durchgedreht wäre. Da Osa sich mehr oder minder verplappert hatte erfuhren sie auch von dem Streit zwischen Saeko und Asako und von dessen Aus der Beziehung. Ganz so hinnehmen wollten sie das aber alle nicht, besonders nicht, da Saeko darauf beharrte nicht alles so gemeint zu haben wie sie es eventuell gesagt hatte, wesshalb die Freunde beschlossen einen 'Rettungsversuch' zu starten. Da die ehemalige Tod-Darstellerin inzwischen auch wieder so weit klar im Kopf war um sich etwas in der Richtung zu zu trauen wollten sie es auf so früh wie möglich legen: den Abend. Das Essen von Kiriyan, Yuuhi und Kimu war schon eine Woche im Vorraus geplant gewesen und sie hatten sich entschlossen sowohl Gaichi, Osa und Saeko als auch Asako dazu ein zu laden. Und wenn sie die beiden Streithennen in einen Raum sperren mussten, so war das okay. In den kleinen Dorm-Wohnungen konnten sie sich auch nicht aus dem Weg gehen.

Die drei machten sich auf den Weg zu Kiriyan's Wohnung, traten ein und wurden sofort von dem Duft von Essen überwältigt. Die Lucheni-Darstellerin war eine geradezu fantastische Köchin, auch wenn sie sich oft über die viel zu kleine Kochniesche aufregte, wesshalb sie sich beim Kochen gerne einmal in der halben Wohnung verteilte. Was es gab konnten sie noch nicht so genau sagen, aber Kiri begrüßte sie erst einmal mit einer Umarmung und einer Kochschürze, auf der ein autofahrender, rosa Hund abgebildet war. Warum Kiriyan diese Schürze so liebte wusste sie bis heute nicht, denn Yuuhi hatte ihr diese einmal aus einem Scherz heraus geschenkt.

"Ich bin noch nicht ganz fertig", sagte die Otokoyaku und lächelte etwas. "aber schön, dass ihr schon da seid. Ihr könnt mir mit den Drinks helfen."

"Ich dachte du lädst uns ein", meinte Yuuhi frech und sie gingen zusammen in die Kochniesche. Im Augenwinkel sah sie, wie schon diverse fertige Gerichte auf dem Tisch verteilt waren. Glücklicherweise hatte Kiri daran gedacht noch kein Geschirr raus zu packen, denn dann wäre vielleicht rausgekommen was das kleine Grüppchen plante.
 

Unterdessen war der zweite Teil der Gruppe ebenfalls unterwegs. Saeko hatte sich inzwischen einigermaßen gefangen, war auch wieder klar im Kopf. So langsam sie auch betrunken wurde, nüchtern wurde sie um einiges schneller als es vielleicht bei Asako der Fall gewesen wäre. Zwar sah sie immer noch etwas mitgenommen aus, aber Gaichi war mit ihr nochmals zu sich gefahren damit sie sich etwas herrichten konnte. Zwar wollte sie mit Asako sprechen, in Ruhe und neutral, aber nervös war sie dennoch. Sie kannte ihre Freundin inzwischen dann doch und hinzu kam die Angst, die junge Frau tatsächlich zu verlieren.

"Komm runter", kam es von Gaichi auf dem Fahrersitz. Saeko selbst saß hinten, Haruno auf dem Beifahrersitz. "Sie wird dir schon nicht den Kopf abreisen."

"Wenn sie schlechte Laune hat, doch", meinte Haruno und Saeko seufzte schwer.

"Du machst mir nicht gerade Mut."

"Das ist dir neu?"

"Nicht wirklich."

Auch wenn sie und Haruno sich noch immer nicht verstanden wenn es um Asako ging, inzwischen wusste der ehemalige Top Star, dass sie es gut mit ihr meinte. Inzwischen schien die Hanagumi-Darstellerin sie akzeptiert zu haben, denn immerhin war sie nicht dagegen gewesen als sie den Plan zusammengeworfen hatten. Ob es funktionierte war eine Sache, aber sie wusste, dass Haruno wenigstens wollte, dass sie sich nüchtern und gesittet aussprachen.

Am Takarazuka-Dorm angekommen spürte Saeko, wie ihr das Herz hoch bis zum Hals schlug. Sie hatte noch nie zuvor so eine Angst vor einer Begegnung gehabt. Nicht einmal vor ihrem ersten Auftritt war sie so nervös gewesen. Damals war sie es sogar recht locker angegangen und auch als man ihr sagte, dass sie der nächste Top Star werden würde war sie nicht so ängstlich gewesen. Sie fuhr sich durch die inzwischen wieder gestylten Haare. Sie hatte keine Ahnung was sie sagen sollte, wie sie sich verhalten sollte. Am liebsten wollte sie um Verzeihung bitten, andererseits wusste sie genau, dass das nichts bringen würde. Sich so zu verhalten als wäre nichts gewesen war aber auch keine Lösung. Sie musste sich erklären. Gaichi legte ihr die Hand auf den Oberarm, sodass sie einmal auf der Stelle sprang.

"Jetzt sei mal nicht so nervös. Das wird schon. Sie wird dich schon nicht anschreien."

"Du hast keine Ahnung..."
 

Die Damen in Kiriyan's Wohnung hatten es sich derweil gemütlich gemacht, wobei Asako Kiriyan ein wenig beim Kochen geholfen hatte. Irendwann hatte ihre Freundin sie aber vom Herd weg gescheucht, hatte ihr ein Glas Saft in die Hand gedrückt, mit dem sie im Wohnbereich stand. Yuuhi und Kimu saßen am Tisch, hatten angefangen über dies und jenes zu diskutieren, wobei das meiste davon nicht einmal Sinn ergab. Asako konnte daraufhin nur lächeln und setzte sich zu ihnen.

"Ist doch egal ob jetzt Romeo und Julia besser ist oder Hamlet", meinte sie nur und lächelte die beiden an. Dann sah sie über die Schulter zu Kiriyan. "Kiri wie lange brauchst du noch? Ich habe Hunger."

"Bin gleich fertig. Hilf mir mal bitte."

"Jetzt habe ich mich gerade hingesetzt."

"Ach komm schon."

"Ja ja schon gut", meinte die Tsukigumi-Darstellerin, erhob sich mit dem Glas in der Hand und ging zu Kiriyan als in dem Moment es an der Tür klingelte. Asako hob eine Augenbraue, sah dabei zu wie ihre Freundin den Topf von der Platte schob schob und drehte den Herd ab. "Erwartest du noch jemanden?"
 

Kiriyan schwieg und lief stattdessen zur Tür. Es war wohl besser, wenn sie nicht sagte dass noch mehr Leute ausser ihnen zum Essen eingeladen waren. Stattdessen öffnete sie einfach die Tür, hörte noch im Rücken wie auch Kimu fragte, wer denn an der Tür stand.

"Schön, dass ihrs einrichten konntet", sagte Kiriyan als sie ihre drei Freunde reinlies und sie kurz begrüßte. Als sie Saeko umarmte blieb sie kurz bei ihr. "Sie steht in der Küche. Versau es nicht", murmelte sie
 

Saeko seufzte nur leise. Sie wäre gern wieder aus der Wohnung gelaufen, aber da musste sie durch wenn sie Asako nicht verlieren wollte. Erst nach Gaichi, Haruno und Kiriyan betrat sie die Wohnung, sah in Richtung des jungen Top Stars. Sie sah etwas entsetzt drein, wobei Saeko nur etwas nervös lächelte.

"Hey..."

Hey? Was anderes fiel ihr nicht ein? Das war ja wunderbar. Chaos war vorprogrammiert. Im Augenwinkel sah sie Kimu, die ebenfalls etwas verwirrt dreinblickte.

"Was machst du hier?", fragte Asako, wobei ihr der Ton in der Stimme nicht gefiel. Sie klang nicht nur gereizt, sondern stinksauer. Saeko ging auf sie zu, blieb aber stehen als sie sah, dass ihre Freundin einen Schritt zurück wich.

"Das Selbe wie du schätze ich."

"Ich habe nicht vor mich zu betrinken."

Saeko seufzte und fuhr sich etwas durch die Haare.

"Hör mal ich weis nicht was da in mich gefahren ist..."

"Interessiert mich auch gar nicht."

"Ich weis, dass du wütend bist, aber lass mich doch erklären..."

"Da gibt es nichts zu erklären."

"Asako jetzt hör ihr doch wenigstens zu", sagte Gaichi, wobei Asako sich zu jener drehte und ihr einen kalten Blick zuwarf.

"Halt dich da raus, Gaichi. Das geht dich nichts an."

"Was ist verdammt nochmal los mit dir? Du benimmst dich als hätte dich was gebissen!"

Saeko erhob dann doch etwas die Stimme, ob sie wollte oder nicht. Für gewöhnlich hatte sie sich sehr gut unter Kontrolle, aber der Restalkohol schien noch immer in ihrem Blut zu sein. Eventuell war es auch einfach die Angst vor der jungen Frau. Sie kannte Asako so gar nicht. Es war fast als ob da eine völlig andere Frau vor ihr stand.

"Verzeihung, dass ich so ein egoistisches, verzogenes Etwas bin", fauchte der junge Top Star aufgebracht. Das nächste, was Saeko mit bekam war ein Schmerz an ihrem Bein. Asako hatte das Glas in ihrer Hand zu Boden geschmettert, wobei einer der Glassplitter ihr Schienbein gestreift hatte. Sie merkte, wie Blut herausquillte, aber sie konnte ihren Blick nicht von der anderen abwenden. "Akzeptier es endlich! Ich bin fertig mit dir! Tritt mir gefälligst nicht mehr unter die Augen! Ich hab dich so satt! Alles was du machst und alles was du bist löst in mir Brechreiz aus! Ich hab keinen Bock mehr nach deiner Pfeife zu tanzen!" Sie wandt sich den anderen Frauen zu, wobei ihr Blick kurz besonders bei Haruno hängen blieb. "Schöne Freunde seid ihr mir..."
 

Osa konnte nur dabei zusehen wie ihre beste Freundin an Saeko vorbei aus der Wohnung stürmte. Sie alle blieben zunächst stumm stehen, sahen sich unschlüssig an. Das war nicht so gelaufen wie geplant. Sie hätte wissen müssen, HAT gewusst, dass es nicht so laufen würde, aber diese heftige Reaktion der anderen hatte sie nicht erwartet. Osa konnte sehen, dass es Saeko tief getroffen hatte und die Anwesenden schienen alle Schuldgefühle zu haben. Ein Zupfen von Gaichi an ihrem Ärmel riss sie aus der Trance, wobei ihre Freundin einen bestimmenden Blick richtung Tür warf bevor sie selbst zu Saeko ging und anfing ihr gut zu zu reden. Ob es so gut war Asako jetzt zu folgen? Sie konnte sie nicht allein lassen, wesshalb sie sich doch dazu entschied ihrer Freundin nach zu laufen. Drausen sah sie sich um, aber keine Spur von der Otokoyaku.

"Asako!", rief sie und lief Richtung Treppe. Hoffendlich war sie noch nicht weg gefahren, denn dann würde sie ihr vergeblich nachlaufen. Wenn Asako sich einmal in ihrer Wohnung eingesperrt hatte, dann würde sie vergeblich vor ihrer Tür stehen. Glücklicherweise saß die junge Frau auf der unteren Stufe sitzen, die Beine an ihren Körper gezogen.

"Asako..."

"Hast du davon gewusst?"

"Was?"

"Du hast mich gehört. Hast du gewusst, dass sie kommt?"

Osa seufzte etwas, setzte sich neben Asako und starrte auf den Boden.

"Ich war gleich dagegen. Gaichi hielt es für eine gute Idee."

"Und nur weil sie deine Freundin ist hörst du auf sie wie eine läufige Hündin."

"Nur weil ich mit ihr das Bett teile heißt das nicht, dass ich mich von ihr beeinflussen lasse." Asako holte abermals zu einem Konter aus. "Halt sie bitte da raus. Nur weil deine Beziehung nicht funktioniert musst du meine nicht angreifen." Nochmals ein tiefes Luftholen seitens Asako. "Spar dir den Atem, Asako. Ich will nicht mit dir streiten." Sie schwiegen beide eine Weile, wobei Osa irgendwann über die Haare der anderen strich. "Tut mir leid. Ich hab gewusst wie du reagieren würdest und hab trotzdem ja gesagt. Verzeihst du mir?"

Die Otokoyaku seufzte etwas, schien ein paar Momente ernsthaft darüber nach zu denken ehe sie an Osa ranrutschte und ihr den Kopf an die Schulter legte, ihren Arm um sich selbst zog, wobei Osa in diesem Moment ein Stein vom Herzen fiel. Erleichtert zog sie die andere noch etwas näher an sich und zog sie ganz in die Arme. Sie hatte es nie riskieren wollen ihre beste Freundin zu verlieren, besonders nicht wegen so einer Dummheit.

"Ich bin nur noch etwas durch den Wind", sagte Asako leise und umarmte den anderen Top Star etwas. Osa hatte keine Ahnung sie sich die andere fühlen musste, aber sie wusste, dass da noch etwas in Asako war, dass sich nach Saeko verzehrte. Sonst hätte sie gar nicht dermaßen reagiert. Sie brauchte wohl einfach Zeit.

"Ist schon gut. Ich bin für dich da. Das weist du."

"Ich weis. Danke, Osa. Ich hab dich lieb."

"Ich dich auch." Sie lösten sich wieder voneinander, wobei Osa den mehr als betrübten Gesichtsausdruck der anderen sah und ihr kurz über die Wange strich. "Soll ich dich nach Hause fahren?"

"Nein... Nein es geht schon. Ich fahr nach Hause und geh ins Bett. Sag den anderen bitte, dass ich es nicht so gemeint habe..."

"Asako?"
 

Der Tsukigumi-Top-Star sah auf, als sie die Stimme des Yukigumi-Mitglieds hörte. Kimu stand, ihre Jacke in der Hand, auf der Treppe und sah zu ihr und Osa herunter.

"Du hast deine Jacke vergessen."

Sie und Osa standen auf, wobei Kimu zu ihnen hinunter kam und ihr die Jacke in die Hand drückte.

"Danke. Tut mir leid, dass du dir das mit anhören musstest."

Die jüngere winkte etwas ab und lächelte.

"Schon gut. Es ist schlimmer wenn Mizu uns durch die Gegend scheucht als das. Fährst du nach Hause?" Asako nickte. "Könntest du mich vielleicht mitnehmen? Ich wollte noch in die Stadt. So muss ich nicht so weit laufen."

"Klar." Sie warf einen Blick auf Osa. "Wir sehen uns?"

"Ich komme morgen mal bei dir vorbei", sagte ihre beste Freundin und sie umarmten sich kurz bevor die Hanagumidarstellerin die Treppe nach oben zurück zu Kiriyan's Wohnung ging. Asako, gefolgt von Kimu, ging die restliche Treppe nach unten. Kaum auf der letzten Stufe hielt Kimu sie am Handgelenk fest, sodass sie sich zu ihr umdrehte. Da Kimu noch eine Stufe über ihr stand war sie fast einen Kopf größer und Asako legte den Kopf etwas in den Nacken.

"Was ist?"

"Soll ich mitkommen?"

Für einige Sekunden sah sie die jüngere schweigend an, legte den Kopf etwas auf die Seite.

"Glaubst du ich hätte dir abgekauft, dass du noch in die Stadt willst?"

"Ich nehme das als ein ja?"

"Irgendwie muss ich mich ja abreagieren."

"Damit komm ich klar." Kimu legte die Hände an ihre Wangen, strich mit einem Daumen über ihren Wangenknochen und zwang sie so ihr ins Gesicht zu sehen. "Tust du das auch?"

"Wie meinen?"

"Ich sehe, dass du noch was für sie empfindest."

Asako seufzte etwas. Sie hatte eine ganze Weile darüber nachgedacht und es hatte ihr den Schlaf geraubt.

"Natürlich empfinde ich noch was für sie."

"Aber?"

"Aber es funktioniert nicht. Ich habe ihr mein Herz geschenkt. Aber selbst wenn ich sie über alles liebe geht es einfach nicht. Sie kann mir nicht geben was ich brauche, ich kann ihr nicht das geben was sie braucht."

Kimu schwieg daraufhin nur, beugte sich hinunter und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.

Act 2 Scene 5: Ai to shi no Rondo

Gaichi brach es das Herz ihre Freundin so gebrochen zu sehen. Nachdem Sena aus der Wohnung gestürmt war hatten sich die Umstehenden nur langsam aus ihrer Starre gelöst. Saeko hatte noch immer kein Wort gesprochen, aber zumindest hatten sie die andere dazu gebracht sich zumindest zu setzen damit sie nicht in sich zusammenbrach und sich eventuell noch mehr an den noch immer am Boden liegenden Scherben verletzen könnte. Die andere starrte nur zu Boden, reagierte nicht auf das, was man ihr sagte. Sie schien noch nicht einmal bemerkt zu haben, dass Yuuhi die Wunde an ihrem Bein versorgte, wobei das Desinfizieren allein wehtun musste. Kiriyan sammelte derweil die Scherben vom Boden auf und begann damit die Flüssigkeit auf zu wischen. Die beiden hatten ebenfalls noch kein Wort gesagt. Kimu hatte irgendwann die Flucht ergriffen ohne, dass es jemand von ihnen gemerkt hatte. Interessieren tat es in dieser Situation sowieso keinen der Anwesenden. Nur, dass Kimu jetzt von der in die Brüche gegangenen Beziehung von Sena und Saeko wusste ging Gaichi etwas gegen den Strich.

"Saeko jetzt sprich doch endlich mit mir", versuchte sie abermals zu ihrer Freundin durch zu dringen. Vergebens. Vorsichtig strich sie dem ehemaligem Top Star eine Haarsträhne zurück, legte die Hand auf ihre Schulter. Das schlimmste war, dass sie rein gar nichts tun konnte. Gaichi war es gewohnt immer und überall irgendwie ihre Finger im Spiel zu haben, das Geschehen zu lenken, aber an Sena und Saeko schien sie zu scheitern, aus welchem Grund auch immer. Dabei wollte sie nur, dass ihre Freunde glücklich waren.

Die Senka sah auf als die Tür zur Wohnung wieder auf ging, ebenso wie Kiriyan und Yuuhi. Osa trat wieder ein, kreidebleich und wie es schien ein bisschen verstört. Gaichi warf kurz einen Blick zu Saeko, die noch immer auf den Boden starrte und stand auf, ging zu Osa.

"Ist was passiert?" Keine Reaktion. "Osa?"

Als sie der anderen die Hand auf die Wange legte schreckte diese doch leicht auf.

"Was? Uhm... alles okay. Mach dir keine Sorgen."

"Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen."

"So etwas ähnliches..."

So wirklich etwas damit anfangen konnte Gaichi nicht, aber sie belies es erstmal dabei. Wenn Osa nicht von alleine mit der Sprache rausrückte, dann würde sie ihre Gründe haben.

"Gaichi?" Kiriyan war hinter sie getreten und dabei sah sie, dass Yuuhi sich zu Saeko gesetzt hatte und ihr zuredete. "Was machen wir jetzt?"

"...Ich weis es nicht." Die Senka seufzte. "Wir müssen das erst einmal sacken lassen." Abermals warf sie einen Blick zu Saeko. "Ich würde sagen, wir nehmen sie mit zu uns und ich bleibe morgen zuhause. Ihr seht morgen nochmal beim Training nach Sena."

"Das musst du aber Yuuhi sagen. Mein Trainingsplan unterscheidet sich von ihren. Ich bin einer ganz anderen Halle."

"Verstehe..." Gaichi sah hinüber zu Yuuhi, die nur nickte.

"Ich mach das schon", sagte Yuuhi und lächelte etwas. "Macht euch mal keine Sorgen. Ich bekomm sie schon wieder hin."

"Hoffendlich. Rede ihr mal etwas Verstand ein", sagte Osa, wirkte dabei leicht gereizt, aber abermals schwieg Gaichi darauf. Irgendwas war da zwischen Osa und Sena vorgefallen.
 

Einige Zeit später saß Asako, noch immer halb angezogen, auf dem Rand ihres Bettes, den Kopf auf ihre Hand abgestützt und die Augen geschlossen. Sie fühlte sich furchtbar. Kimu schlief, nackt, in ihrem Bett, aber Asako hatte nicht die Kraft gehabt sich zu ihr zu legen. Das 'Abregen' hatte seinen Zweck keinesfalls erfüllt, sondern sie fühlte sich nur noch elendiger. Kimu hatte durchaus ihren Spaß gehabt, so viel war sicher. Jeder Fleck auf dem Körper der anderen bewies das, jeder Ton, den sie währenddessen von sich gegeben hatte und ihre ganze Reaktion.

Der Top Star stand auf und fischte nach ihrem Hemd am Boden, zog es sich über und knöpfte es so weit zu, dass es das wichtigste verdeckte. Sie hatte nicht vor weit zu gehen, ging auf ihren Balkon und betrachtete die Landschaft. Noch immer war es furchtbar kalt und sie fror, sah, wie ihr Atem sichtbar wurde kaum, dass er über ihre Lippen rollte. Sie hasste den Winter, alles davon. Den Schnee, die Kälte, das klaffende Loch, dass diese ungemütliche Jahreszeit in den Herzen hinterlies bis der Frühling wieder kam. Nie vorher hatte sich die Otokoyaku so furchtbar einsam gefühlt, aber das war wohl das Schicksal eines Top Stars. Sie hatte es schon immer geahnt. Sie waren nichts weiter als singende Vögel in einem goldenem Käfig, angehimmelt, wunderschön an zu sehen, aber es war nicht ihr Sinn glücklich zu sein. Sie sollten nur andere Menschen beglücken mit dem, was sie taten. Keiner sah je die Dunkelheit, die in ihnen schlummerte.

Sie trat vor, legte die Hände auf das gefrorene Metall und sah hinab. Asako wusste genau, dass sie nicht bei Saeko sein konnte, nicht so während sie immer noch so war wie sie war. Doch wie war sie überhaupt? Saeko hatte sie immer als wundervoll beschrieben. Das schönste Wesen, was sie gesehen hatte. Und dann wieder war sie egoistisch und verzogen. Osa war auch nicht besser. Kimu nannte sie Megumi, Göttin.

Vielleicht... vielleicht sollte sie einfach so sein, wie andere sie haben wollten. Sie schloss die fAugen, fühlte, wie ihr die Tränen über die Wangen rollten. Nicht mehr sie selbst sein. Den Gedanken hatte sie schon einmal. Sie hatte einmal versucht sie selbst zu sein, nur für Saeko, aber das hatte sich ja als Fehler erwiesen. Takarazuka war kein Ort für Selbstverwirklichung. Es war ein Ort in dem es nur darum ging nach oben zu kommen, egal wie. Es ging darum, den größtmöglichen Fanclub zu haben, das größtmögliche Ansehen, die meisten Kontakte, denn daher kam das Geld. Wie jemand anderen einen sah, das war wichtig, nicht wie man war. Sie seufzte.

"Schön...", sagte sie zu sich. Dann würde sie so sein. Eine Göttin für die, die es wollten. Sie würde andere Leute in ihr Leben lassen und sie fest halten wie eine Spinne ihre Beute. Vielleicht konnte sie so das Loch in ihrem Inneren füllen, dass Saeko hinterlassen hatte als sie beschloss die ehemalige Otokoyaku aus ihrem Leben zu streichen. Asako war sich bewusst, dass sie sich so selbst aufgeben würde, aber das hatte sie getan, als sie sich auf Kimu eingelassen hatte. Der Top Star griff in ihre Tasche, holte die stehengebliebene, silberne Taschenuhr heraus und strich mit den Fingern über die eingravierten Engelsflügel. Engel hatte Saeko sie immer genannt. Ihr Engel.

Die Uhr glitt zwischen ihren Fingern hindurch, verlor sich in der Dunkelheit der Nacht als Asako sich umdrehte und zurück in die Wohnung ging.
 

Yuuhi blieb noch bei Kiriyan als Osa und Gaichi die noch immer völlig fertige Saeko aus der Wohnung brachten und sie mit zu sich nahmen. Inzwischen hatten sie das meiste, was an Scherben in der Wohnung lag, beseitigt. Zwar klebte der Boden noch immer von dem Getränk, aber darum würden sie sich später kümmern. Die zwei Freunde warfen sich auf die Couch und Kiriyan seufzte einmal schwer.

"Wer hätte mal gedacht, dass sowas passiert?", sagte die Lucheni-Darstellerin und beugte sich vor, fuhr sich durch die Haare. "Glaubst du wir sollten noch bei Asako vorbeischauen?"

"Du hast Gaichi gehört. Lassen wir sie ersteinmal in Ruhe. Ich sehe morgen mal nach ihr."

Kiri setzte sich wieder auf, sah zu Yuuhi und verschränkte ihre Finger eineinander.

"Denkst du das gibt sich wieder?"

"Keine Ahnung", seufzte Yuuhi und schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken. "Wir können nur warten. Du hast gesehen was passiert wenn wir uns einmischen. Ich hab es euch ja gleich gesagt."

"Ich weis. Sorry, dass ich dir das ausgeredet habe."

"Schon okay..."

Yuuhi schielte zu Kiriyan, verharrte aber alles in allem in ihrer Position. Wieder wurde sie daran erinnert wieso sie keinen Schritt auf Kiri zu machte und es stattdessen bei Freundschaft belies. Sie würde es nicht ertragen sich mit ihrer Freundin so zu streiten, sie gar zu verlieren. Kiri war ihre beste Freundin, auch wenn sie schon von Osa erfahren hatte, wie es war als sie noch in Asako verschossen gewesen war. Wenigstens konnte sie Kiri einigermaßen nahe sein, wenn sie etwas getrunken hatte. Ihre Freundin vertrug in etwa so viel Alkohol wie Asako.

"Yuuhi?", fragte Kiriyan und die Rudolph-Darstellerin hob den Kopf etwas.

"Hm?"

Mit einem Mal schob sich die andere auf ihren Schoß, lehnte den Kopf an ihre Schulter und schloss die Augen. Yuuhi spürte, wie sie rot wurde, legte aber eine Hand um die Hüfte der anderen. Sie wusste, dass Kiriyan Zuneigung brauchte, aber trotzdem war sie sich manchmal nicht sicher, ob sie die richtige Person dafür war.

"Ich will nicht, dass das alles auseinander bricht. Dazu hab ich euch alle zu gerne."

"Ich doch auch nicht. Wir schaffen das alle schon."

Kiriyan hob den Kopf, nahm Yuuhis Hand in ihre und sah ihr in die Augen. Abermals viel ihr auf, dass Kiri eine unglaubliche Anziehungskraft auf sie hatte. Unbewusst nahm sie die Hand der anderen etwas fester.

"Und wenn nicht? Was passiert dann?"

"Jetzt mach dir mal keine Sorgen. Selbst wenn Asako und Saeko sich nicht wieder einkriegen sollten heißt das nicht, dass alle anderen auch automatisch weg sind."

Kiriyan schluckte einmal, senkte den Blick etwas.

"Ich würde es nicht ertragen, wenn du auf einmal weg wärst..."

"Nie. Dazu bedeutest du mir zu viel", sagte Yuuhi leise und zog Kiriyan etwas enger, wobei die andere die Arme um ihren Hals legte. Die andere strich ihr einige Haare zurück, lehnte die Stirn an ihre. Yuuhi schluckte leicht, krallte sich mit der zweiten Hand etwas in die Hüfte der anderen ohne es zu merken.

"Kiriyan."

"Ich hab dich im übrigem angelogen."

Für eine Sekunde sackte Yuuhi das Herz in die Hose.

"Was? Was soll das heißen?"

"Was die Party angeht meine ich. Ich kann mich gut daran erinnern was du in der Gasse zu mir gesagt hast."

Und da hatte sie gedacht es konnte nicht schlimmer werden. Bedrückt und geradezu erwischt wie ein Kind, dass die Hand in die Keksdose gesteckt hatte sah sie auf die Seite.

"Hör mal das..."

"Ist okay."

Okay? Es war okay? Einfach so? Verwirrt sah sie die andere an.

"Uhm... was?"

"Es ist okay, wenn du mir noch ein bisschen Zeit gibst."

Yuuhi schwieg kurz.

"Alle Zeit der Welt."
 

Am nächsten Tag betraten zwei junge, sich unterhaltende Frauen den Probenraum. Eine davon war Asumi Rio, Spitzname Mirio, zusammen mit ihrer besten Freundin Ryuu Masaki, die allgemein Masao gerufen wurde.

"Aber jetzt glaub mir doch endlich mal, Masao. Sie hat mich wirklich eingeladen."

"Und ich werde nächstes Jahr Top Star. Warum sollte Sena gerade dich einladen?"

"Weis ich doch nicht. Nur, weil du schonmal mit ihr getanzt hast heißt das nicht, dass ich keine Chance habe." Mirio brummte etwas und verschränkte die Arme, zog eine Schmolllippe. "Geh du lieber zu deiner eigenen Probe."

"Ist ja gut. Aber immerhin hast du verschlafen. Also reg dich nicht so auf."

Masao klopfte ihrer Freundin noch kurz auf die Schulter ehe sie den Raum wieder verlies und Mirio sah sich zunächst um. Sie war mit ihren vier Jahren bei Tsukigumi noch nicht wirklich lange dabei, hatte aber schon einige größere Rollen gespielt, worauf sie sehr stolz war. Sie gehörte eigentlich noch immer zu den Shinji Kouen, den jüngsten Darstellern der jeweiligen Truppen, die eigentlich keine dermaßen großen Rollen bekamen, aber gerade desshalb war sie glücklich in den meisten Auftritten nahe an den Top Stars zu sein und gerade Sena war ihr ganz großes Vorbild. Sie hatte neben Sena bissher nur Ayaki Nao als Top Star gehabt und die zwei hatten einen Führungsstil wie Tag und Nacht. Während Ayaki sich zu ihrer Zeit meistens darum bemüht hatte ihren eigenen Stil zu verbessern und eine gute Show hin zu legen war sich Sena nicht zu schade sich auch mal zu den 'Kleinen' zu stellen, ihnen Tipps zu geben und sich mit ihnen zu unterhalten. In den zwei Jahren, in denen sie unter Sena gearbeitet hatte war ihr aber auch aufgefallen, dass sich der Top Star etwas verändert hatte. Sie war strenger geworden, aber Mirio dachte sich, dass man das als Gruppenleiter so sein musste. Sena konnte durchaus auf den Tisch schlagen wenn ihr etwas gegen den Strich ging, das machte ihre Auftritte aber nur umso besser.

Apropos Sena. Sie sah den vergleichsweise jungen Top Star, wie sie recht mittig im Raum stand, sich dehnte und warm machte. Sie trug diese für sie so typischen grauen Jogginghosen und das etwas weitere Hemd, dass sie immer an hatte wenn es noch nicht darum ging die Kostüme zu imitieren und mit ihnen zu üben. Die Stiefel, die sie laut Regelwerk immer trugen sahen darauf höchst peinlich aus, aber nach einigen Jahren hatte man sich daran gewöhnt. Die ersten paar Tage mussten sie sich immer erst wieder einarbeiten, da einige der Schauspieler sich nicht einmal das Script angesehen hatte. So wie sie Sena kannte hatte sie das ganze schon mit Kritik durchgearbeitet. Mirio lächelte, ging zu Sena und beugte sich vor ihr hinunter als diese gerade die Hände auf den Boden legte während ihre Beine noch immer gestreckt waren. Der Top Star war unglaublich gelenkig.

"Guten Morgen", sagte sie freundlich, wobei Sena den Kopf etwas hob und sie für ein paar Sekunden verwirrt ansah. Dann lächelte sie jedoch.

"Guten Morgen, Rio." Sie richtete sich auf und streckte sich einmal. "Ich hoffe mal, dass du dich auf Arbeit eingestellt hast."

Die jüngere lachte, winkte etwas ab.

"Wie immer, denke ich. Sag mal dürfte ich deine Einladung annehmen?"

Sena blinzelte etwas, runzelte dann die Stirn.

"Einladung?"

"Dass wir zusammen das Script durchgehen. Der Text ist wirklich nicht leicht."

Der Top Star legte die Hand ans Kinn, schien ein paar Sekunden zu überlegen bevor sie abermals lächelte und nickte.

"Natürlich gerne. Wenn wir hier fertig sind kann ich dich gerne mit zu mir nehmen und wir können da noch arbeiten."
 

Asako war etwas verwirrt, als die jüngere mit einem Mal vor ihr stand, da sie den ganzen Tag noch kein Wort mit irgendwem gewechselt hatte. Selbst als sie aufgestanden war, sie hatte die Nacht auf der Couch verbracht, war sie gegangen ohne Kimu zu wecken, hatte ihr nur einen Zettel hinterlassen dass sie schon weg war. Sie war noch immer nicht ganz auf der Höhe, aber immerhin schauspielerte sie ausgezeichnet. Kimu war eine ausgezeichnete Ablenkung, aber Asako langweilte sie dann doch schnell und da sie das mit Saeko mitbekommen hatte war ihr auch sehr unwohl, wenn sie ausserhalb des Betts Zeit miteinander verbrachten. Rio bewies sich vielleicht als gute Ablenkung.

"Gerne", sagte die jüngere mit einer kleinen Verbeugung. "Ich freu mich."

"Du musst aber davon ausgehen, dass du auf mich warten musst. Die halten mich oft noch etwas länger hier."

"Okay. Ich kann ja in der Zeit schon anfangen."

"Guter Vorsatz." Asako sah sich kurz im Raum um. Normalerweise war doch Rio immer bei diesem anderen bekannten Gesicht unterwegs, deren Namen ihr gerade entfallen war. "Wo ist eigentlich deine Freundin?"

"Freundin? Oh du meinst Masao? Die ist in dem anderen Stück."

"Sie ist also Kiriyan zugeteilt?"

"Ja. Die trainieren in einem anderen Gebäude."

So dann würde sie Kiriyan diese Saison wohl kaum zu Gesicht bekommen. Die Auftrittssaison, die sich über gerade mal zweieinhalb Wochen verteilte, würde eine kleine Tour durch Japan sein, was hieß, dass sie sich nur mit Yuuhi abgeben musste. Glücklicherweise war sie nicht so furchtbar aufdringlich wie Kiriyan.

"Ah verstehe. Naja wenn wir weniger sind, dann kommen wir schneller vorran. Machen wir eine gute Show."

"Asako!" Wenn man vom Teufel sprach. Yuuhi kam zu ihnen gelaufen. Sie lächelte und sah vergleichsweise gut gelaunt aus. "Guten Morgen."

"Guten Morgen, Yuuhi. Du hättest nicht so rennen müssen. Ich laufe nicht weg."

"Nennt sich warmlaufen."

"Du hast verschlafen", sagte Rio und grinste breit.

"...Das auch."

Asako lachte. Die kleine war ihr jetzt schon sympatisch.
 

Noch immer versuchte Gaichi vergeblich irgendwie zu ihrer Freundin durch zu dringen. Zwar bewegte sich der ehemalige Top Star inzwischen wieder selbstständig und sie hatte sie sogar dazu gebracht wenigstens etwas zu schlafen und nach dem Aufstehen einen Kaffee zu trinken, aber gesprochen hatte sie all die Zeit noch kein Wort. Es war als hätte Sena die Stimme der anderen einfach so mit sich mitgenommen. Osa war schon wieder zu ihrer eigenen Probe gegangen, denn immerhin musste sie noch arbeiten für das nächste Stück. Gaichi selbst hatte sich krank gemeldet, sagte, dass es ihr nicht gut ginge und sie sich einen Tag ausruhen wolle. Da sie sonst immer wunderbare Arbeit lieferte war es kein Problem für ihren Chef gewesen sie einen Tag zu entbehren.

"Saeko", rief sie als sie mit einer kleinen Schüssel Suppe wieder aus der Küche kam. Sie hatte ihre Freundin auf der Couch zurück gelassen, aber da war sie nicht mehr. Ein kurzer Blick in den Eingangsbereich verriet ihr, dass sie auch nicht nach drausen gegangen war, denn ihre Schuhe standen noch und ihre Jacke hing an der Gaderobe. Wo war sie hin?

"Hier", kam es aus Richtung des Schlafzimmers. So wie es aussah hatte sich Saeko an das Panoramafenster im Schlafzimmer gestellt. Der ehemalige Top Star liebte immer die freie Aussicht. Als sie noch in Takarazuka war hatte sie oft auf dem Dach gestanden und sich den Wind um die Ohren wehen lassen. Gaichi ging zu Saeko, blieb aber im Türrahmen stehen.

"Wie geht es dir?", fragte die Senka, sah, wie Saeko sich die Decke umgehangen hatte. Gaichi hatte ihr ein etwas von sich geliehen, was nur aus einem Nachthemd bestand, dass der anderen bis übers Knie ging. Die Decke hing nur lose über ihre Armbeugen, dadurch größtenteils auf dem Boden. Es wirkte etwas wie ein Umhang.

"Wie solls mir schon gehen? Ich hab die einzige Frau verloren, die mir je ernsthaft etwas bedeutet hat. Ich bin so ein Idiot..."

Wenigstens redete sie wieder. Das war zumindest ein Anfang. Gaichi stellte die Schüssel beiseite, trat langsam an ihre Freundin heran und legte ihr eine Hand auf die nackte Schulter.

"Sie ist nicht tot, Saeko."

"Für sie bin ich es aber."

"Das ist nicht wahr."

"Du hast sie gehört. Sie hat es mir ins Gesicht gesagt." Saeko zog die Decke etwas mehr um sich und senkte den Kopf, sodass einige ihrer Haare in ihr Gesicht fielen. Gaichi seufzte und stellte sich hinter ihre Freundin, strich ihr die Haare zurück und band sie mit einem kleinem, lilafarbenem Band zusammen, dass sie in der Hosentasche hatte. Dann sah sie Saeko in der Spiegelung des Fenster an, lies die Hände auf ihren Schultern ruhen.

"Wir sagen alle Dinge, die wir nicht so meinen. Sena liebt dich. Das weist du."

"Da bin ich mir nicht mehr so sicher."

Gaichi seufzte etwas, lächelte zart.

"Hör mal Saeko... Sena denkt, dass du sie völlig vernachlässigt hast. Das ist verständlich. Aber wenn du ihr einmal in Ruhe erklärst was genau passiert ist wird sie es verstehen. Du bist ein guter Mensch, auch wenn du da manchmal selbst nicht daran glaubst. Hab doch mal ein bisschen mehr Selbstvertrauen wenn du einen Schritt in eine ernsthafte Beziehung wagst."

"Und wenn sie mich nicht wieder will?"

"Wir sehen doch alle, dass sie ohne dich nicht kann. Und du ohne sie nicht. Sena tut dir gut. Ich hätte vor zwei Jahren nie gedacht, dass eine einzelne Person es schafft dich von deinem Trip runter zu bekommen."

"Ich auch nicht. Ich bin nicht stolz auf das, was ich gemacht habe."

"Das hab ich gesehen als Mizu hier war."

"Chika hat sich dagegen kein Stück verändert."

"Nein. Sie steht immer noch auf dich. Dass du es schaffst ihr den Rücken zu zu drehen ist erstaunlich. Allerdings..." Kurzes Schweigen. Saeko sah über die Schulter zu Gaichi.

"Allerdings was?"

"Du wirst ihr alles erzählen müssen, Saeko. Nicht nur das, was du die letzten zwei Jahre getan hast."

"Aber..."

"Du warst gewillt sie in dein Leben zu lassen. Wenn du wirklich willst, dass das mit euch funktioniert musst du sie in alles einweihen. Auch wenn es ihr vielleicht nicht gefällt."

Saeko schwieg daraufhin nur.
 

Das Training war nicht ganz so anstrengend wie es werden würde, allerdings anstrengend genug, dass die Darstellerinen gehörig ins Schwitzen kamen. Zu den Dehn- kamen Stimmübungen, erste Teile einer neuen Choreographie und erste Refains der Lieder. Irgendwie waren sie darauf gekommen zur Übung ein paar alte Choreos durch zu gehen, wobei Asako ein paar Schritte aus ihrer Hanagumi-Zeit zeigte. Der Choreograph begrüßte das nur, denn so konnte er sich einige Ideen holen. Hier und da sorgten die Schritte für Begeisterung und Asako hatte sich bereit erklärt diese auch den anderen Darstellerinnen bei zu bringen. Es war nicht nur eine Koordinationsübung, sondern steigerte auch die Teamfähigkeit. Dabei überzeugte Asako wieder als Top Star von Tsukigumi, denn sie sah jeden Fehler sofort in den riesigen Spiegeln und sprach die jungen Frauen direkt an.

"Sena." Der Choreograph kam zu ihr, wobei Asako sich zu ihm umdrehte und in seine Unterlagen sah, die er ihr zeigte. Es ging um einen Partnertanz. "Wenn du eine Idee dazu hast, raus damit." Sie erkannte die Szene sofort, strich sich kurz über den Nacken und drehte sich in Richtung der jungen Frauen, die gespannt zu ihrem Top Star sahen. Es war ein Päärchentanz, aber Asako war noch nie sonderlich gut in so etwas gewesen. Ihr Blick fiel auf Rio, die sich mit einer der Musumeyaku unterhielt. Sie erinnerte sich da an eine Choreo, die sie mal mit Masao hatte bei ihrem Konzert, aber es war schon so lange her, aber sie erinnerte sich noch gut daran. Dennoch fand sie, dass diese Choreo ganz gut passen würde.

"Rio!" Die junge Frau sah in ihre Richtung. "Komm mal bitte her."

Die andere reagierte sofort, ging zu ihr und sah sie etwas fragend an.

"Hat Masao dir jemals ein paar der ihrer Choreos gezeigt?"

"Uhm manchmal wenn sie dazu gekommen ist. Wieso?"

"Nun ich weis nicht ob du dich erinnerst, aber sie hatte einmal eine Choreo mit mir an meinem Hangumi-Abschlusskonzert. Hat sie dir die zufällig gezeigt?"

Die jüngere legte einen Finger an die Wange, dachte ein wenig nach.

"Ja hat sie. Ich weis aber nicht, ob ich die noch zusammen bekomme."

"Lass es uns trotzdem mal versuchen."

"Ich kenn den Text aber nicht."

Asako grinste. Das war fast zu leicht.

"Ich schon. Ich denke das reicht. Ich helfe dir auch."
 

Yuuhi konnte nichts anders tun als stumm dabei zu zu sehen wie Asako die Otokoyaku und die Musumeyaku gleichzeitig anwies, wobei selbst ihre eigentliche Partnerin, Ayano Kanami, die der Musumeyaku-Top-Star von Tsukigumi war, etwas aussen vor blieb. Stattdessen hatte sie sie sich die junge Mirio gekrallt, zeigte ihr zunächst die Schritte. Yuuhi kannte die Choreographie nur flüchtig, aber laut Erzählungen war es eigentlich ein reiner Otokoyaku-Paartanz, Fanservice sozusagen.

"Ist das denn zu fassen?" Yuuhi drehte sich zu Ayano, die direkt neben ihr stand. Zwar redete sie nicht laut, aber für Yuuhi selbst immer noch deutlich zu hören. Dennoch klang sie mehr als empört.

"Was ist?" Die Otokoyaku antwortete nur ebenso leise damit die Umstehenden nicht mithörten.

"Ist dir mal aufgefallen, dass sie immer weniger mit mir tanzt?"

Yuuhi grinste. "Eifersüchtig?"

"Ich? Auf wen denn bitte? Nein aber wir als Top Stars sollten dann doch mehr miteinander arbeiten. Ich erkenn sie kaum wieder."

"Hm? Wieso?"

"Als Ayaki noch da war haben wir uns super verstanden. Seit sie weg ist redet Asako immer weniger mit mir. Dabei hatten wir uns Anfangs so gefreut eine Kombi zu sein."

"Ihr kennt euch schon länger, oder?"

"Ja. Wir waren damals zusammen in einer Klasse. Aber..."

"Das gilt auch für euch zwei da hinten!", rief Asako von vorne und sowohl Ayano als auch Yuuhi sahen schlagartig nach vorne. Erst jetzt merkten sie, dass sich die Frauen inzwischen allesammt in Päärchen aufgeteilt hatten-

"Uhm... Wir tanzen miteinander." Redete Yuuhi sich raus und nahm Ayano's Hand.

"Dann stellt euch gefälligst auf. Ich hab keine Lust ewig auf euch zu warten. Wir haben heute noch etwas anderes vor."

Jetzt merkte selbst Yuuhi was Ayano gemeint hatte.
 

Irgendwann musste Saeko sich dann doch zurecht machen, denn egal wie elend sie sich fühlte, sie musste immer noch arbeiten. Und am ersten Tag schon zu spät zu kommen war nicht vertretbar, nicht bei ihrer Reputation. Sie hatte hart für diesen Job geackert und war gewillt es durch zu ziehen, Asako oder nicht. Vielleicht bekam sie dann doch irgendwann Gelegenheit mit der anderen zu sprechen.

"Du bist sicher, dass du das machen willst? Du kannst sagen, dass du krank bist, was nicht mal so gelogen wäre so wie du aussiehst."

"Ich muss, Gaichi. Ausserdem würde mir Osa den Kopf abreisen wenn sie nach Hause kommt und ich bin immer noch da."

"Wieso sollte sie?"

"Du weist, dass sie nicht viel von mir hällt."

"Vielleicht mag sie dich nicht, aber sie schätzt dich und deine Meinung. Sonst hätte sie dich wohl eher umgebracht als dich an Sena ran zu lassen."

Saeko lächelte etwas müde. Sie sah fast genauso aus wie sie sich fühlte. Ihre Hautfarbe war eher blässlich, ihre Augen noch immer leicht gerötet und ihre Haare nur notdürftig gemacht. Sie hatte sich von Gaichi ein Hemd und Hose geben lassen, denn im Kleid wollte sie bei Takarazuka nicht antanzen. Als ehemalige Otokoyaku war es ihr wichtig auf ihr Image zu achten.

"Da hast du vielleicht Recht. Aber danke, dass du für mich da bist."

"Immer. Das weist du."

Sie verabschiedeten sich noch und Saeko verlies das Apartment, nutzte aber die öffendlichen Verkehrsmittel um in das Trainingsgebäude zu kommen. Sie kannte sich damit etwas besser aus als vielleicht Gaichi oder Osa. Ihrer Uhr nach hatte sie auch noch etwas Zeit bis sie in den Probenraum musste, was sie dazu nutzte sich etwas in dem Gebäude um zu sehen. Viel verändert hatte sich nicht, ganz und gar nicht. Obwohl es 'nur' Probenhallen waren, waren die Gänge prunkvoll ausgeschmückt, überall hangen Bilder von den verschiedenen Auftritten, welche Takarazuka seit deren Entstehung hatte als Motivation besonders für jüngere Darstellerinnen. Vor einem blieb sie dann entgültig stehen. Es war ein Bild von der Elisabeth-Aufführung, in der sie mitgewirkt hatte. Sich selbst als den Tod zu sehen war immer noch merkwürdig und lies sie nicht los. Es war ihre Traumrolle gewesen seit sie ihn einmal gespielt hatte, als sie selbst noch zu den Shinji Kouen zählte. Damals hatte man sie als süß bezeichnet, geradezu liebenswert, aber als Top Star hatte sie keiner mehr angezweifelt. Asako als Elisabeth war mit ihr auf dem Bild. Es war die Szene, in der sie sich heimlich einen Kuss gestohlen hatte, die Szene im Ending. Sie erwischte sich dabei wie sie sich diese Zeit zurückwünschte, aber sie wusste es war vorbei. Sie war aus Takarazuka ausgestiegen, konnte nichts weiter tun als das was sie wusste und konnte der nächsten Generation weiter zu geben.

Seufzend ging die ehemalige Otokoyaku weiter, vorbei an den Bildern, auf denen sie teilweise auch Asako erkannte. Ihr Schützling hatte sich tatsächlich besser gemacht als sie zunächst gedacht hatte. Man sah es an ihrer Haltung. Wieder merkte Saeko, wie viel sie in den beiden Jahren verpasst hatte. Natürlich hatte ihr die Nähe zu ihrer Freundin gefehlt, aber was hätte sie großartig tun sollen? Sie musste an die Zukunft denken. Es war immerhin auch zu Asako's Bestem gewesen.

Der ehemalige Top-Star ging in das Büro ihres jetzigen Chefs, klopfte einmal bevor sie eintrat und sich verbeugte. Sie kannte den Mann schon, auch wenn sie wusste, dass hinter ihm eine noch mächtigere Frau saß. Die eigentliche Chefin Takarazukas war eine Frau mittleren Alters, durchsetzungsfähig und dementsprechend mächtig. Sie hatte ihren Mann in jeder Hinsicht unter Kontrolle.

"Guten Tag. Freut mich, dass sie jetzt schon da sind", sagte der Mann. Saeko lächelte.

"Ich halte mich nur an meinen Termin."

"Wundervoll, wundervoll. Warten sie ich suche ihnen sofort den Raum..."

"Lass es, Darling. Ich bringe Nao persönlich hin."

Besagte Chefin betrat den Raum durch eine Seitentür, lächelte und Saeko verbeugte sich abermals kurz. Die Frau war definitiv gealtert seit sie sie das letzte Mal gesehen hatte, aber immer noch hatte sie diese Aura von Macht um sich herum, was sie aber nicht minder freundlich wirken lies.

"Freut mich sie wieder zu sehen", sagte Saeko und schüttelte der Frau die Hand.

"Geht mir auch so. Ich freue mich sehr sie hier wieder begrüßen zu dürfen."

"Die Freude ist meinerseits. Danke, dass sie mich einstellen."

"So ein Talent darf immerhin nicht vergeudet werden."

Mit der älteren vorraus verlies sie das Büro wieder, wobei die zwei Frauen unterwegs noch etwas miteinander redeten.
 

In der Trainingshalle waren die Mitglieder von Tsukigumi immer noch fleißig am Trainieren, wobei Asako inzwischen die Choreographie wieder auf die Reihe bekommen hatte und sie den anderen Darstellerinnen beibrachte. Die Choreo an sich beinhaltete eigentlich einige Standartelemente. Schritte aus Standarttänzen, Gesangsparts, in denen nicht wirklich getanzt wurde, aber was wohl für sie persönlich und auch für andere viel interessanter war, die Abschnitte, in denen sich die jeweiligen Partner recht nahe kamen. Es war nur ein kurzer Abschnitt, aber es reichte um Asako zu zeigen, welche Wirkung sie auf die junge Rio hatte. Für einen Top-Star war es ein leichtes zu unterscheiden ob jemand nur schauspielerte oder tatsächlich Reaktionen zeigte. Gerade als sie den Schritt zeigte, bei dem sie ein Bein zwischen die ihrer Partnerin stellte, eine Hand an ihr Kinn legte und ihr so nahe kam, dass ihre Nasenspitze fast die Wange der anderen berührte bemerkte sie die Reaktion, die sie sich erhofft hatte. Es war für andere wohl unauffällig, aber für sie dafür deutlicher. Rio nahm den Kopf ein klein wenig zur Seite, wobei ihre Augenlieder ein wenig hinunter sackten. Es hätte Asako wohl nicht gewundert, wenn sie auch noch zusätzlich gewinselt hätte. Die Vorstellung allein war reizvoll. Zufrieden mit der Reaktion packte sie den Arm der anderen, stand einen Takt später hinter ihr und zeigte den Rest der Choreographie. Dabei vergaß sie keine Sekunde entweder die Takte ab zu zählen oder den Text zu singen, der sich so in ihr Gedächnis gebrannt hatte. Gerade diesen Tanz hatte sie so oft üben müssen, dass sie ihn wohl nie mehr vergessen würde. Sie hatte damals Probleme gehabt mit jemanden aus einer anderen Troupe zusammen zu arbeiten und Masao war schon damals ein Teil von Tsukigumi gewesen.

Der Choreograph aplaudierte als es schließlich doch irgendwie alle geschafft hatten und auch Asako klatschte ein paar Mal in die Hände.

"Gut gemacht. Machen wir fünf Minuten Pause", sagte sie und ging nach vorne. Vor der provisorisch auf den Boden gezeichneten Bühne stand eine Reihe von Tischen, daneben ein Klavier, an denen jeweils die Leiter des Stückes saßen. Asako war nicht entfallen, dass ein Platz noch immer frei war, was sie dann aber nicht weiter erstaunte. Der Platz gehörte dem Stimmtrainer, der praktisch ein Assistent des Chorleiters war. Die Aufgabe bestand meist nur darin die fehlerhaften Töne während des Gesangs auf zu spüren und aus zu merzen, wobei es inzwischen auch geläufig war derartiges bei der Choreographie und bei der Schauspielerei zu kritisieren. Kein Wunder also, dass Takarazuka vorzugsweise ehemalige Top Stars einstellte, die neben der Ausbildung noch Erfahrung aufwisen. Allgemein wurden sie nur 'Assistenten' genannt, verdienten aber letztenendes so viel wie Choreograph und Chorleiter zusammen.

Asako ging nach vorne, hatte dabei ihr Script in der Hand und beugte sich beim Choreographen über dessen Notizen, fing an mit ihm zu diskutieren welche Choreos aus dem alten Stück übernommen werden sollten, denn ihr Stück wurde ja nicht zum ersten Mal aufgeführt, und welche gänzlich neu gemacht werden mussten.

"Miladies", hallte es mit einem Mal vom Eingang der Trainingshalle. Ihre Vorgesetzte war eingetreten, klatschte einmal in die Hände um die Aufmerksamkeit der Schauspielerinnen zu erregen. "Ich denke euch ist schon aufgefallen, dass wir noch immer keinen Assistenten haben. Nun ich darf sie euch endlich vorstellen. Sie wird diese Saison und hoffendlich auch die nächsten bei uns bleiben. Die meisten von euch dürften sie bereits kennen. Ayaki Nao."

Fast hätte Asako ihr Script fallen gelassen, konnte aber nicht mehr verhindern, dass der Stift krachend auf dem Boden landete. Sie starrte zum Eingang, wo der ehemalige Top Star eintrat, lächelte und sich einmal umsah. Asako knirschte mit den Zähnen. Am liebsten hätte sie aufgeschrieen, hätte sie rausgejagt und ihr gesagt sie solle nie wieder kommen, aber wirklich etwas tun konnte sie nicht. Wenn Saeko tatsächlich die Rolle des Assistenten übernahm, dann konnte sie sie nicht einfach feuern oder rauswerfen. Stattdessen riss sie sich zusammen, legte ihr Script beiseite. Als Top Star und damit an der höchsten Position in Tsukigumi hatte sie eine gewisse Haltung zu wahren. Ausserdem hatte sie sich vorgenommen ihre Gefühle nicht überhand nehmen zu lassen, besonders nicht vor allen anderen. Gelassenen Schrittes ging sie zu der anderen, setzte ein gekünsteltes Lächeln auf und hielt der anderen die Hand hin.

"Dann freue ich mich auf gute Zusammenarbeit."
 

Wie Saeko es schaffte noch aufrecht zu stehen war ihr schleierhaft. Ihr war danach einfach auf die Knie zu brechen, Asako alles zu beichten und dann am liebsten einfach in Ohnmacht zu fallen. Allerdings riss sie sich am Riemen, brachte sogar ein Lächeln zustande. Wieder fühlte sie, wie sie in Takarazuka die Masken aufsetzten um sich nichts von ihren Gefühlen anmerken zu lassen. Dennoch merkte sie, dass sie bleicher wurde als sie die Hand der anderen Frau schüttelte.

"Ich freue mich auch."

"Nun die meisten wirst du kennen." Asako drehte sich zur Hälfte, zeigte die vergleichsweise spärlich besetzte Truppe. "Wir arbeiten an zwei Projekten parallel, also sind wir auch nur die Hälfte der Leute. Es wird dir die Arbeit sicher erleichtern."

Eine der Musumeyaku trat zu ihr, lächelte sie an. Sie kannte das Gesicht, konnte aber den Namen nicht zuordnen.

"Ayano Kanami. Ich bilde die Kombi mit Sena", sagte sie höflich und auch ihr schüttelte Saeko die Hand mit einem Lächeln.

"Erfreut. Schön, dass Tsukigumi wieder eine Musumeyaku als Top Star hat."

Im Augenwinkel sah sie, wie Yuuhi zu ihnen kam, wobei sich Asako gleichzeitig von ihnen entfernte. Just als die zwei für einen Moment nebeneinander standen sah sie nur, wie Asako etwas zu Yuuhi sagte, die Angesprochene aber nur etwas betrübt dreinsah ehe sie entgültig zu Saeko ging.

"Schön, dass du wieder da bist", sagte die Otokoyaku, lächelte etwas schief. Saeko warf einen Blick von Yuuhi zu Asako und wieder zurück, aber Yuuhi schüttelte nur dezent den Kopf. Die Tod-Darstellerin lächelte.

"Freut mich ebenso. Also wie weit seid ihr?"

"Wir haben gerade Pause gemacht als du reingekommen bist", rief Asako vom anderen Ende des Raumes her. Sie hatte sich das Script genommen, ging damit durch den Raum während sie darin blätterte.

"Gut. Dann macht eure Pause noch zuende. Danach würde ich sagen fangen wir mit den Szenen an."
 

Obwohl es deutlich spürbar war, dass zwischen Saeko und Asako eine gewisse Spannung bestand schafften es beide Frauen einigermaßen gesittet das Training hinter sich zu bringen, mit Erfolg obendrein. Sie hatten es geschafft eine ganze Szene durch zu spielen. Viel, wenn man bedachte, dass es der erste Tag war. Zwar liefen die meisten noch mit Script in der Hand in den Szenen herum, aber zumindest kamen sie vorran. Saeko machte ihre Sache ebenfalls hervorragend. Da sie schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in Tsukigumi hatte, nicht zuletzt, da sie ja vor einigen Jahren selbst noch Top Star der Troupe gewesen war, erleichterte es ihr die Arbeit erst noch Respekt der jungen Schauspielerinnen zu bekommen. Gleichzeitig beobachtet die ehemalige Otokoyaku, dass Asako ihre Leute mehr als fest im Griff hatte. Sie sah manchmal im Spiegel, wie sie zu einigen der Frauen hinging, sie korregierte oder zusammenstauchte. Das alles mit einem Lächeln auf den Lippen. Die Parallelen zu ihrem eigenem Führungsstil erschreckten selbst die Tod-Darstellerin. Selbst die Leiter des Stückes, die meist vorne an den Tischen saßen, schienen geradezu nach ihrer Pfeife zu tanzen, was Saeko ihre Arbeit dann doch etwas erschwerte. Es war nicht leicht gegen einen Top Star an zu reden, selbst, wenn nur die Hälfte der eigentlichen Troupe, die immerhin trotzdem aus über 30 Leuten bestand, hinter ihrem Top Star stand. Mit Ausnahme von vielleicht Yuuhi bemerkte Saeko auch ab und an diesen bewundernden Blick, den besonders die Jüngeren ihrem Top Star zuwarfen.

Am spätend Abend saß Saeko vorne auf ihrem Platz, hing über den Liedtexten und summte leise vor sich hin. Ihr gefiel das ganze Zusammenspiel der Töne nicht, wesshalb sie spontan entschieden hatte diese um zu stellen. Bis jedoch das Klavier frei war, an dem noch Asako mit dem Chorleiter eine Solonummer übte, musste sie sich mit ihrem eigenen Gehör und ihrer Erfahrung zufrieden geben. Hier und da schielte sie einmal zu Asako. Zwar übten sie nur den Refrain des Titelliedes, aber Saeko konnte deutlich hören, dass sich nicht nur das Verhalten sondern auch die Stimme des Top Stars entwickelt hatte. Sie stürzte nicht mehr mitten im Ton ab, hatte sehr viel mehr Atem und ihre Stimme klang angenehmer. Erst jetzt merkte sie, dass sie Asako's letzten Gesang nur als Elisabeth kannte. Ein Unterschied wie er größer nicht sein konnte, ebenso verwunderlich. Dass Asako sowohl die Frauen- als auch die Männerstimme übernehmen konnte... so ein Talent war selten, selbst in Takarazuka.
 

Asako starrte währenddessen gebannt auf ihr Script während sie mit dem Fuß leicht mitwippte und die Zeilen heruntersang so wie es ihr gesagt wurde. Es störte sie unheimlich, dass die Zeilen manchmal nicht auf die Melodie oder auf den Takt passten, was sie ebenso anmerkte und schon im Script verzeichnet hatte, aber bis es geändert wurde konnte sie nichts anderes tun als es so zu singen wie es auf dem Papier stand. Auch der Stift in ihrer Hand klopfte den Takt auf dem harten Holz des Klaviers, während aus selbigem die merkwürdig indisch angehauchte Musik kam. Sie mochte das Stück nicht. Die Geschichte war gut, mehr als gut sogar, aber die Verarbeitung war einfach unter aller Sau. Die Lieder waren ihr zu fremdartig, der Text teilweise sinnlos und obendrein war ihr Charakter ein einziges Weichei. Sie konnte sich jetzt schon in dem peinlichem Turban sehen, aber wenigstens musste sie das nur auf der Bühne tragen. Wenn es den Fans gefiel, dann war es ihr recht. Bei dem einen Ton musste sie jedoch drei mal ansetzen bevor sie ihn endlich traf. Es war dieser verflixte Ton, der zwischen zwei anderen lag und den ihre Stimme irgendwie nicht fassen konnte.

"Nimm den Kopf etwas hoch dabei", kam es von der Seite. Asako sah sich um und sah zu Saeko. Am liebsten hätte sie einen giftigen Kommentar abgelassen. "Schau mich nicht so an. Ich weis, dass du dich nicht gern kritisieren lässt, aber leb damit. Versuch es einfach."

Es half wohl nichts. Der Top Star hob das Script hoch, hielt es sich vor die Nase damit sie den Kopf etwas heben konnte. Zu ihrer Verwunderung traf sie den Ton tatsächlich, brummte aber nur leicht. Leider musste sie zugeben, dass Saeko wusste wovon sie sprach. Statt sich weiter zu beschweren legte sie das Script beiseite, sah noch zu dem Chorleiter.

"Ist es okay, wenn wir für heute aufhören? Es ist spät."

Der Chorleiter nickte nur etwas bevor er seine Sachen zusammenpackte. Ungeachtet der anderen Frau, die noch immer an ihrer Seite stand, drehte sie sich auf dem Absatz um, ging zu ihrer Tasche, die sie achtlos unter eine der Bänke geworfen hatte, und verstaute ihre Sachen. Noch immer spürte sie Saeko's beinahe durchdringenden Blick auf sich und es stellte ihr die Nackenhaare auf. Sie wollte nicht, dass die andere so eine Wirkung auf sie hatte, aber sie konnte es auch nicht verhindern. Asako konnte nicht anders als sich ein zu gestehen, dass sie die andere doch irgendwie vermisste, auch wenn sie gesagt hatte, dass sie Saeko nicht wiedersehen wollte. Sie vermisste den Atem der anderen an ihrem Hals, die Hände an ihrem Körper, die Haut der anderen an ihrer...

Asako schüttelte den Kopf. Nein sie durfte so nicht denken. Verdammt warum hatte Saeko nur so eine Wirkung auf sie? Es war schon fast nicht mehr lustig. Schon wieder fühlte sie diese gähnende Leere in sich, dieses klaffende Loch, dass Saeko in ihrem Leben hinterlassen hatte. Sie musste sich unbedingt ablenken. Glücklicherweise wartete Rio drausen auf sie.

Ohne die andere eines weiteren Blickes zu würdigen griff sie nach ihrer Tasche als sie aufstand, obwohl sie immer noch den Blick der Älteren spürte, ging strammen Schrittes zur Tür und verlies die Probenhalle. Fast gleichzeitig merkte sie, wie die Anspannung zumindest etwas von ihr abfiel. Es wurde ein wenig besser als sie das kalte Gebäude hinter sich gelassen hatte.

"Sena!", rief Rio, als sie auf sie zugelaufen kam. Ihre Nase war leicht angerötet und sie war dick in ihre Jacke und den Schal eingepackt. Sie hatte einen altmodischen Rucksack über der Schulter, aus der ein paar Seiten des Scriptes hingen.

"Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Wartest du schon lange?"

"Ein wenig."

"Na dann lass uns gehen, bevor du noch auf der Stelle fest frierst. Ich kann dir bei mir einen Kaffee machen."
 

Im Inneren des Gebäudes hatten sich inzwischen auch der Choreograph und die letzten Schauspieler verabschiedet, sodass Saeko die letzte im Raum war. Die Assistenten besaßen einen eigenen Schlüssel für die jeweilige Halle, denn sie blieben oftmals noch bis tief in die Nacht an den Klavieren oder hingen über ihren Scripten. Dafür mussten sie am Folgetag nicht ganz so früh erscheinen wie die Schauspieler, denn der Vormittag war meist für Aufwärmübungen und Wiederholungen reserviert. Der ehemalige Top Star hatte sich ans Klavier gesetzt, überflog die Notizen, die Asako ihr gereicht hatte zum ein oder anderem Lied. Sie verstand das Problem auf Annhieb, denn es war ihr auch schon aufgefallen. Die Lösungen dazu hatte sie aber auch schon im Hinterkopf. Schnell hatte sie die Motivation jedoch verlassen, hatte ihr Tagespensum immerhin schon erfüllt, und sie erwischte sich dabei, wie sie einfach irgendwelche Melodien auf den Tasten klimperte, die ihr gerade in den Sinn kamen.

Sing für mich.

Leise begann Saeko vor sich hin zu summen.

Was möchtest du denn hören?

Die Erinnerungen hingen ihr nach. Sie schloss die Augen, sah vor ihrem inneren Auge, wie sie mit Asako das Bett teilte und sie ihr leise zuflüsterte, sie langsam in den Schlaf sang.

Etwas, was ich kenne. Überrasch mich.

Die erst willkürlich gespielten Töne formten sich langsam aber sicher zu einer Melodie, die ihr nur allzu vertraut war. Saeko begann leise und für sich zu singen. Den Text und die Melodie, die sie schon so oft gesungen hatte.

"Tatta hitori no ningen na no ni (Nur ein einfaches menschliches Wesen)

Ore o furue saseru (Dennoch erbebe ich durch dich)
 

Omae no inochi ubau kawari (Ich kann dich nicht deines Lebens berauben)

Ikita omae ni aisaretai n da (Ich will die Liebe deines lebenden Ichs)

Kinjirareta ai no tabuu kara (Ich kann mich nicht befreien)

Ore wa mou nugedasenai (von dieser verbotenen Liebe, die ich beanspruche)
 

Kokoro o shimeru kono omoi (Dieser Gedanke, der Besitz von mir ergreift)

Karada ni kizamarete (zerreist meinen Körper)

Aoi chi o nagasu kizuguchi wa (Blut rinnt aus den Wunden)

Omae dake ga iyaseru (Du bist die einzige, die mich heilen kann)
 

Mada uketorenai sono inochi o (Für das Leben, dass ich noch nicht habe)

Ore no kono ai wa motomenu kagiri wa (Suche ich die Grenzen dieser Liebe)

Omae no ai o kachi eyou to oikake kita (Ich verfolge dich, bis ich deine Liebe gewinne)
 

Doko made mo oikake tsuzukeru (Woimmer du hingehst, ich werde dir folgen)

Ai to shi no rondo." (Das Lied von Liebe und Tod)

Act 2 Scene 6: Change of Tides

Kaum in Asako's Wohnung angekommen sah sich die junge Otokoyaku erst einmal mit großen Augen um. Es war um so vieles größer als die kleine Wohnung im Dorm, in der sie lebte. Alles war offen, bis auf drei Türen, die, wie sie tippte, jeweils ins Badezimmer, ins Schlafzimmer und in die Küche führten. Allein der Wohnbereich hätte ihre gesamte Wohnung sein können. Das Sofa war gigantisch und die Einrichtung aufeinander abgestimmt, nur der lilafarbene Sessel schien etwas fehl am Platz. Dann aber sah er auch schon sehr abgesessen aus, vielleicht ein Souvenier.

"Beeindruckt?", fragte Sena, die ihren Schlüssel beiseite legte und die Jacke an die Gaderobe hängte. Auch Mirio entledigte sich ihres grünen Mantels und des Schals, hängte beides ebenfalls zu Sena's Jacke.

"Und wie. Ich meine... ich hab erwartet, dass du mit viel Prunk wohnst, aber so etwas?"

"Erwartet? Wieso?"

"Nun... so wie du immer auftrittst. Mit so viel Eleganz. Da war es doch klar, dass deine Wohnung ebenso eingerichtet ist."
 

Asako hob etwas die Augenbraue. Elegant? Sie? Osa bezeichnete sie immer als Tollpatsch und als ihren kleinen Trottel, natürlich alles in lieblicher Hinsicht, aber sie wusste, dass sie ganz anders sein konnte als ihre jüngeren Otokoyaku vielleicht dachten. Aber gut, wenn die jüngere sie so sah, dann sollte es ihr recht sein. Sie lächelte.

"Na gut. Den Kaffee muss ich trotzdem selbst machen. Dafür hab ich leider noch keine Bediensteten. Oder möchtest du lieber Kakao? Tee?"

"Tee wäre mir lieber. Von Kaffee werde ich immer so furchtbar aufgedreht."

"Na gut. Setz dich bitte. Ich bin gleich da."

Der Top Star ging in die Küche, fing an dort Tee zu kochen. Ihr war es ebenfalls lieber, dass Rio Tee wollte, denn immerhin wollte sie heute Nacht noch schlafen. Irgendwie. Sie hatte sich für einen Erdbeertee entschieden, auch wenn sie die volle Auswahl eines ganzen Schrankes zur Verfügung hatte. Ihre Freunde waren manchmal recht unkreativ wenn es um Geschenke zu Festtagen ging, wesshalb sie sich meist untereinander Tee schenkten, dann aber zu jeder Gelegenheit. Seit dieser neue Teeladen um die Ecke aufgemacht hatte stapelten sich die Beutel mit dem losen Tee geradezu, sodass Asako einen kleinen Extraschrank dafür angeschafft hatte. Sie lehnte sich an den kleinen Tisch im Raum während sie wartete, dass der Tee durchzog, zupfte dabei etwas an dem Shirt, dass sie noch immer trug. Sie sollte sich wohl noch umziehen. Kurzerhand machte sie einen Abstecher ins Wohnzimmer, stellte die Teekanne, in der noch immer der Tee durchzog auf den Tisch, ebenso wie zwei Teetassen.

"Der Tee zieht noch. Du kannst schonmal damit anfangen dir die Szenen raus zu suchen, die dir schwer fallen. Ich zieh mir noch etwas anderes an. Ich finde ich müffle etwas."

Rio lächelte sie an.

"Finde ich nicht."

"Dann nehme ich das als Kompliment."

Asako warf der anderen ein recht vielsagendes Lächeln zu, woraufhin Rio nur errötete. Die kleine war schon irgendwie süß. Zumindest war der kleine Flirt ein guter Zeitvertreib. Sie ging in ihr Schlafzimmer, kramte in ihrem Schrank nach etwas anderem zum anziehen. Zuerst hatte sie ein stinknormales, einfarbiges Shirt in der Hand, aber sie stockte für einen Moment. Wie weit hatte sie vor zu gehen? Anders gesagt: wie weit lies Rio sie wohl gehen? Irgendwie juckte es sie schon in den Fingern das heraus zu finden. Es war eine Herausforderung und Asako liebte Herausforderungen. Sie schmunzelte etwas, schob das Shirt zurück in den Schrank und zog ein schwarzes, mit silbernen Nadelstreifen versehenes Hemd heraus, ebenso wie eine Jeans. Sie war nicht zu eng sitzend, allerdings auch eng genug um ihre Figur zu betonen. Hinzu kam eine etwas engere Halskette, die unter dem Hemd hervorblitzte, wobei sie beim Hemd die obersten zwei Knöpfe geöffnet hatte. Nochmals kontrollierte sie ihre Haare im Spiegel. Zwar saß nicht mehr alles so wie am Morgen, aber sie sah immer noch gut aus. Zurechtgemacht ging sie wieder zu Rio, die wohl in das Script vertieft war. Die junge Frau lies sich neben Otokoyaku nieder, die zu ihr sah. Für eine Sekunde merkte sie, dass Rio sie deutlich beäugte, wobei sie dies aber gekonnt überspielte, indem sie wieder ins Script sah.

"Gut dann an die Arbeit."
 

Im Probenraum hatte Saeko inzwischen die letzten Töne auf dem Klavier gespielt, die Augen dabei geschlossen und lauschte nur, wie die Saiten des Klaviers langsam ausklangen. Sie seufzte leise. Manchmal wünschte sie sich, dass das Leben ein Musical wäre, ein Theaterstück und die Welt die Bühne. Dann wäre ein Happy-End zumindest einigermaßen sicher. Saeko schluckte. Warum war die Zeit nur so schnell vergangen? Es kam ihr nicht vor wie zwei Jahre seit sie mit Asako auf der Bühne gestanden hatte.

"Das Stück lässt dich nicht los, oder?" Saeko schreckte auf, sah in Richtung der Tür, aber entspannte sich aber als sie Chika in der Tür stehen sah. "Deine Stimme hat nichts von ihrem Zauber verloren."

Saeko starrte nur auf das Klavier, klappte die Abdeckung für die Tasten nach unten und legte die Hände stattdessen daraufl.

"Was willst du hier, Chika? Eure Probe ist doch in einem ganz anderem Raum."

"Schon. Aber ich dachte mir, dass ich mal sehe ob es stimmt was man sich so erzählt?"

"So? Was erzählt man sich denn?"

Der Yukigumi-Top-Star schloss die Tür hinter sich als sie eintrat, ging zu ihr und blieb am Klavier stehen, lies die Finger über die Abdeckung der Tastatur gleiten. Saeko beobachtete sie dabei, wie die Hand auf sie zugleitete, über ihre Hand über ihren Arm hinauf zu ihrer Schulter, wo sie schließlich liegen blieb. Die zweite Hand der anderen legte sich auf ihre zweite Schulter, begann langsam die harten Muskeln zu massieren.

"Dass du jetzt als Assistent arbeitest. Aber desshalb bin ich nicht hier."

"Wesshalb dann? Du kommst nie nur zum plauschen."

"Ich dachte du bräuchtest etwas Aufmunterung. Nachdem du dich mit Sena gestritten hast..."

Saeko schloss die Augen, lies die andere ihre Muskeln zumindest etwas auflockern. Als sie aber Asako's Namen hörte versteifte sie sich etwas.

"Und woher weist du davon?"

"Ich hab meine Quellen. Verwundert es dich?"

"Um ehrlich zu sein, ja."

"Tya. Inzwischen solltest du mich besser kennen."

"Halt dein hübsches Näschen da raus." Chika's schlanke Hände wanderten zu ihrem Nacken und Saeko schloss die Augen, nahm den Kopf etwas vor. "Es geht dich nichts an."

"Es geht mich aber wohl etwas an, wenn mein Liebling schlecht gelaunt ist."

"Ich bin nicht dein Liebling."

"Natürlich nicht."

Der ehemalige Top Star spürte nur, wie Chika ihr die Haare zur Seite strich, kurz darauf auch schon den warmen Atem im Nacken, der ihr eine Gänsehaut verschaffte.

"Lass es, Chika."

"Was hindert dich daran? Sena hat doch mit dir schluss gemacht."

"Den Fehler hab ich schonmal gemacht..."

"Sag blos du bereust es."

"Jede Sekunde davon."

"Lügner."
 

Der Yukigumi-Top-Star ging um den Hocker herum, platzierte den schlanken Körper auf Saeko's Schoß um sie besser ansehen zu können. Ihre Hände hatte sie noch immer im Nacken der älteren, beugte sich nahe zu ihr.

"Das mit uns war nie was ernstes und ein Fehler. Das weist du genau wie ich, Chika."

"Und schon wieder lügst du. Ich sagte doch dass du nicht ehrlich sein kannst. Immerhin war das damals deine Idee."

"Ich hab es auch wieder beendet."

"Ja wegen Sena. Aber die ist auch nicht mehr da. Was hindert dich also daran zu den Wurzeln zurück zu kehren?" Chika lächelte etwas und strich mit dem Handrücken über die Wange der anderen. Ihre Haut war noch immer so unglaublich weich und ihre Gesichtszüge genauso verführerisch wie sie es in Erinnerung hatte.

"Ich liebe sie immer noch."

"Das hat dich auch nie gestört. Im übrigem: was macht dich so sicher, dass sie dich auch noch liebt? Nach dem was man so hört würde sie dich am liebsten rauswerfen."

"Sie würde nie..."

"Du sollst ihr nie mehr unter die Augen treten. Ich glaube so etwas in der Art hat sie dir doch gesagt." Chika lächelte abermals und vergrub die Hände in den Haaren der anderen. "Lass es doch einfach zu. Ich kann dir den Schmerz nehmen. Zumindest für eine Weile."

Saeko drehte den Kopf auf die Seite, entzog sich somit etwas ihrem Griff und wich ihrem Blick aus.

"Ich sagte nein."

"Muss ich dir erst beweisen, dass sie eine andere hat, die mit ihr das Bett teilt?"

Prompt hatte sie sich die Aufmerksamkeit der ehemaligen Otokoyaku gesichert.
 

Asako und Rio waren inzwischen tief in die Arbeit vertieft, wobei sie inzwischen zusammen in ein Script schauten. Rio's unteschied sich dann doch gravierend von ihrem eigenem, war sozusagen die 'light' Version von ihrem. Asako hatte es für sinnvoller gehalten die Notizen in Rio's Script zu schreiben, denn immerhin wollte sie ihr helfen.

"Wow so einfach ist das? Hätte ich nicht gedacht."

Rio starrte noch immer ins Script als Asako den Kopf etwas hob und die andere ein wenig studierte. Sie war definitiv süß. Irgendwie hatte sie ein bisschen etwas von Saeko mit diesen Augen. Sie strahlten die selbe Wärme aus...

"Uhm... stimmt was nicht?", murmelte Rio als sie aufsah. Erst jetzt merkte Asako, dass die andere auch etwas Rot angelaufen war. Asako lächelte nur und strich der Jüngeren eine Haarsträhne weg.

"Ich habe mich nur gefragt ob du noch ungeküsst bist." Vor Schreck fiel die andere nach allen Regeln der Kunst von der Couch, fiebte dabei erschrocken auf und blieb mit dem Script auf dem Schoß sitzen. Asako lachte laut auf. "Tut mir leid. Ich sollte sowas nicht fragen."

"W-w-wie kommst du jetzt b-bitte darauf?"

Abermals kicherte der Top Star.

"Nur ein Gedanke. Bekomme ich eine Antwort darauf? Sonst habe ich nie gefragt."

"N-nunja." Die Jüngere stammelte nur unverständlich etwas vor sich hin, knetete mit den Händen den Saum ihrer Hose und blickte mit hochrotem Kopf zu Boden. Ihrer Reaktion nach hätte Asako auf ein klares Nein getippt. Sie konnte sich dunkel daran erinnern, dass sie mal von einem Gerücht zwischen Rio und Masao gehört hatte, aber es hatte sich genauso schnell verflüchtigt wie es gekommen war. Also war es wohl wirklich nur ein Gerücht gewesen.

Der Top Star legte sich der Länge nach auf die Couch, kam somit auch Rio ein Stück weit näher, die nur schüchtern den Kopf hob.

"Warum...?"

"Du bist süß. Wieso also nicht? Gefall ich dir etwa nicht?"

"Doch! Ich meine schon... aber ist das richtig?"

"Wen interessiert schon, was richtig ist oder nicht? Ich verspreche dir dass alles, was in diesem Raum passiert auch hier bleibt. Sieh es einfach als Sondertraining."
 

Mirio wusste nicht so genau was sie von der ganzen Sache halten sollte. Natürlich stand sie auf Sena, wer aus Tsukigumi tat es auch nicht, aber ob sie das so offensichtliche Angebot annehmen sollte? Sie hatte mit Masao oft darüber getratscht ob es für die Takarazuka-Darstellerinnen in Ordnung war untereinander Beziehungen zu haben, da die Beziehung zu Aussenstehenden, gerade zu Männern, strengstens untersagt war. Natürlich bildeten sich die Päärchen, das berühmteste waren wohl Chie und Nene, eine alte Top Star Kombi, die schon Jahre zuvor ausgestiegen waren, dennoch war Mirio sich immer unsicher gewesen was sie wollte. Dann aber war vielleicht etwas Erfahrung nicht schlecht. Schüchtern hob sie den Kopf ein wenig, starrte den Top Star auf der Couch geradezu an. Diese Frau war einfach bildschön in jeder Hinsicht. Hinzu kam noch dieser merkwürdige Einfluss, den sie auf andere auswirkte, der einen vergessen lies, dass man ein menschliches Wesen vor sich hatte. Sie hatte etwas in der Richtung schon bei Ayaki beobachtet, diese jedoch schien gerade wegen diesem Einfluss bei allen auf Abstand geblieben zu sein. Dass Sena so dicht vor ihr war, so zum greifen nah, machte es nicht besser.

Völlig in Gedanken merkte sie nicht, dass Sena eine Hand in ihrem Kragen vergraben hatte, war zu irritiert und abgelenkt von diesem Lächeln gewesen. Sie flüsterte etwas, was sie nicht verstand, aber der Klang ihrer Stimme allein reichte um ihren Zweifel mit einem Mal weg zu wischen.
 

Obwohl es schon so spät Abends war fand sich eine dick eingepackte, junge Frau im eingefrorenem 'Parkbereich' des Takarazuka-Dorms. Die ganze Situation gefiel ihr gar nicht, dann wieder war sie so perfekt wie sie sein konnte. Es ging nur um den Einfluss. Popularität, Einfluss und Beziehungen. Mach dir möglichst viele Freunde, mit dem einem Trick oder dem anderen. Hätte sie denn einfach Nein sagen sollen? Das was sie wollte, war so zum greifen nahe, alles davon. Eine bildschöne Freundin, Ansehen und in ein paar Jahren vielleicht auch endlich den verdienten Status. Es war ihr egal, ob ihre 'Freundin', wie auch immer man sie nennen konnte, nicht so ganz ehrlich war und es nicht ganz so ernst nahm, denn das tat sie immerhin auch nicht. Zwar hegte sie noch immer den Wunsch jemanden zu finden, mit dem sie ihr Leben teilen konnte, aber sie bezweifelte zutiefst, dass diese Person innerhalb Takarazukas exestierte. Sie lies sich auf einer Parkbank nieder als ihr Handy klingelte. Sie hob ab nachdem sie es zwei oder drei mal hatte klingeln lassen. Den Anruf hatte sie erwartet.

"Hey. Was gibts?"

"Guten Abend Kimu. Störe ich gerade?"

Der Dialog war abgesprochen und eingeübt, desshalb aber spielte sie ihn nicht minder glaubhaft. Am Telefon achtete keiner auf ihre Haltung, wesshalb sie sich nur auf ihre Stimme konzentrieren musste. Sie stand auf und ging ein paar Schritte.

"Uhm nein? Ich bin sowieso gerade unterwegs. Wieso?"

"Wo bist du gerade?"

"Uh..." Sie schwieg ein paar Sekunden, sah sich um. Ja wo konnte sie zu der Zeit schon sein? "Gute Frage. Ein Stück schon vom Dorm entfernt falls es das ist was du wissen willst. Gibt es noch was zu besprechen?"

"Nein das nicht. Ich will nur wissen wohin du unterwegs bist."

"Zu Sena." Und da war der Knackpunkt. Die Frau am anderen Ende klang fast wie bei einer Befragung. Jetzt hatte sie noch Zeit sich um zu entscheiden, aber wenn sie jetzt gegen die andere handelte, dann würde sie sich die Karriere verderben.

"Was machst du denn da?"

"Sie hat gefragt ob ich noch vorbeikommen will."

"Und da kann sie nicht Hiromu oder Oozora fragen wenn sie Gesellschaft will?"

Sie lachte etwas, zwar gekünstelt, aber es klang einigermaßen echt.

"Glaub mir. Sie hat alles Recht der Welt nach meiner Gesellschaft zu fragen."

"Dann hast dus endlich geschafft? Glückwunsch."

"Sozusagen. Ich warte nur darauf, dass sies endlich Öffendlich macht."

"So öffendlich, wie man es eben machen kann, nicht?"

"Du weist wie ich das meine, Natsuki."

"Ja, ja. Schon gut. Tu mir einen Gefallen wenn du zurückkommst."

"Der da wäre?"

"Lass dich nicht erwischen. Wir brauchen keine schlechte Publicity."

"Keine Sorge. Ich pass schon auf."

Kimu seufzte leicht nachdem sie das Telefon wieder aufgelegt hatte.
 

Am anderen Ende klappte auch Chika ihr Handy wieder zu, beendete damit auch den Anruf, die sie auf Lautsprecher gestellt hatte und blickte in Richtung Saeko. Die Ältere war auf einem der Stühle am Tisch zusammengesunken, die Hände auf dem Tisch ineinander wie zum Gebet verschränkt und starrte auf die weiße Tischplatte. Sie sprach nicht, aber ihr Blick dafür Bände.

"Ich hab es dir doch gesagt. Ich hab es selbst erst heraus gefunden." Der Yukigumi-Top-Star ging gelassenen Schrittes hinüber zu der anderen, stellte sich neben sie und strich ihr die Haare auf einer Seite zurück, betrachtete sie dabei genau.

"Ich... ich hätte nicht gedacht..."

"Dass sie einen Ersatz für dich findet." Saeko schluckte einmal sichtbar. Sie musste kurz vorm Weinen sein.

"Ich muss nochmal mit ihr reden."

"Sie wird es doch nur abstreiten. So wie ich das mitbekommen habe ist sie ganz glücklich mit Kimu. Lass den beiden doch ihr Glück wenn du es schon nicht haben konntest und komm wieder zu mir zurück."
 

In Saeko's Kopf überschlug sich alles. Asako hatte schon eine andere? Das würde zwar erklären, wieso sie in der Art und Weise reagiert hatte wie sie es tat, aber trotzdem konnte sie es nicht verstehen. Sie fühlte, wie ihre Hände zitterten und Reue sie überflutete, tausende Fragen ihr durch den Kopf schossen. Wie lange ging das mit den beiden schon? Hatte sie Asako wirklich so sehr vernachlässigt, dass sie nicht gemerkt hatte, dass es schon lange vorbei war? War es ihre Schuld gewesen? Wie sollte sie jetzt handeln?

Handeln... nein handeln konnte sie nicht mehr. Gaichi hatte letztenendes doch Recht behalten. Sie war für diese Art von Beziehung nicht geschaffen. Sie musste Asako los lassen, auch wenn es ihr das Herz brach und in ihr eine Leere hervorbrachte, die sie so noch nicht kannte. Warum hatte sie dem nicht früher entgegen gewirkt? Sie hätte das verhindern können...

"Saeko. Liebling", flüsterte Chika an ihr Ohr, woraufhin Angesprochene ihren Kopf nur ein wenig zu ihr hindrehte. "Leb nicht in der Vergangenheit. Sieh nach vorne."

Jetzt benutzte Chika ihre eigenen Worte auch noch gegen sie. Als sie die 'Beziehung' zu Chika zu Asako's Gunsten beendet hatte waren eben jene Worte gefallen. Gerade als sie zum Sprechen ansetzte unterbrach Chika sie abermals.

"Sie wird nicht plötzlich angelaufen kommen. Komm zu mir zurück."

"Du bist ein narzisstisches Arschloch."

"Aber eine der ganz wenigen, die an deiner Seite bleiben. Du hast ein festes kleines Plätzchen in meinem Leben im Gegensatz zu Sena's. Es kann genauso werden wie früher."

Noch bevor Saeko zu einer Antwort ansetzen konnte versiegelte der Yukigumi-Top-Star ihre Lippen mit den eigenen.
 

Eine ganze Weile stand Kimu vor Asako's Tür, klingelte dann schon das zweite Mal. Sie hatte sich doch entschlossen nochmal bei dem Tsukigumi-Top-Star vorbei zu schauen, auch wenn sie schon erfahren hatte, dass sie wohl Besuch hatte. Besuch in ihrem Alter und mit ihrer Statur. Die Yukigumi-Darstellerin war sich durchaus bewusst, dass Asako einen Zauber besaß, der andere Menschen geradezu besessen von ihr machen konnte, aber sie fragte sich ob Asako selbst das schon herausgefunden hatte. Sie kannte es nur aus Erzählungen, aber soweit sie erfahren hatte war der junge Top Star immer sehr zurückhaltend gewesen was neue Beziehungen anging. Gerade das machte sie aber so begehrenswert wenn man doch zu den Auserwählten zählte, denen sie ihre Aufmerksamkeit schenkte. Es war ihr erst aufgefallen als sie darüber nachdachte, aber sie fand langsam heraus wieso Asako eine solche Anziehungskraft auswirken konnte: sie lies einen denken, dass nur die betreffende Person alleine für sie exestierte. Mit ihrer ganzen Art und Weise konnte man glauben, dass Asako einem die Sterne vom Himmel holen konnte, wenn sie nur wirklich wollte. Von ihrem Äußerem mal ganz zu schweigen.

Erst als sie die Klingel zum dritten Mal drücken wollte öffnete sich die Tür. Asako stand darin und zupfte ihren Kragen zurecht.

"Kimu?" Sie hob eine Augenbraue und sah erstaund drein. "Was suchst du um die Uhrzeit hier?"

"Ich wollte dich sehen." Kimu nahm den Kopf etwas auf die Seite, schielte an der Älteren vorbei in die Wohnung. "Komme ich ungelegen?"

"Um ehrlich zu sein: ja." Ein tiefes Seufzen und sie sah über die Schulter. "Komm rein."

Kaum eingetreten sah sie auch schon Rio, wie sie sich hecktisch wieder herrichtete, noch immer heftig schnaufte und sah alles in allem ziemlich durch den Wind aus. Also merkte Asako doch langsam was sie alles anrichten konnte wenn sie es wollte. Sie sah zu, wie der Top Star zu Rio ging, ihr die Hand auf die Schulter legte und ihr etwas zuflüsterte. Die Jüngere nickte nur, verbeugte sich kurz vor Kimu bevor sie sich eine gebundene Ausgabe auf dem Tisch schnappte, das Script so wie es aussah, und geradezu fluchtartig die Wohnung verlies. Kimu sah ihr nur nach, wobei sie dann auch merkte wie Asako zu ihr kam.
 

Dass Kimu gerade jetzt so reingeplatzt war, war dem Top Star gar nicht recht. Dementsprechend war sie etwas gereizt. Zwar hatte sie nicht sonderlich lange gebraucht um Rio so weit zu bringen wie sie sie haben wollte, es war sogar viel zu leicht gewesen, aber ärgerlich war es trotzdem.

"Also? Was willst du? Ich kann mich nicht erinnern, dass du dich angekündigt hast."

"Ist mir neu, dass ich das muss."

Die Jüngere trat enger an sie heran, legte die Unterarme auf ihre Schultern, sodass Asako eine Augenbraue hob und etwas schmunzelte.

"Du wirkst ja fast eifersüchtig."

"Hab ich nicht allen Grund dazu?"

"Eigentlich nicht. Wir sind nicht zusammen."

Für eine Sekunde hätte sie schwören können, dass Kimu geradezu enttäuscht dreinblickte. Dabei hatten sie gleich zu Anfang ausgemacht, dass sie nichts festes machen würden, denn das brachte für sie beide nur Ärger. Die jüngere schien für einen Moment nach zu denken, zupfte dabei wie sie es immer tat an ihrem Kragen herum.

"Trotzdem finde ich, dass wir ein paar Regeln ausmachen müssen, wenn das mit uns funktionieren soll."

Die Ältere hob eine der schlanken Augenbrauen, legte den Kopf auf die Seite.

"Regeln? So viel zum Thema 'Ungezwungene Bettbeziehung'?"

"Ich teile halt eigentlich nicht gerne", schmollte die jüngere etwas und sah ihr dann doch schlieslich in die Augen. "Ich will dir ja auch nichts vorschreiben. Es ist nur was kleines, was du bestimmt leicht einhalten kannst."

"Dann lass hören. Und wehe es springt für mich nichts dabei raus."

Kimu begann damit ihr den Nacken zu kraulen, wesshalb sie den Kopf nach vorne nahm und die Augen schloss. Auch spürte sie den Atem der anderen an ihrer Wange.

"Also erstmal ist es mir egal was du machst, wenn du allein bist. Nimm dir von mir aus so viele wie du willst, aber wenn ich mich zukünftig ankündige habe ich keine Lust, dass jemand ausser mir da ist. Ich will dich immerhin allein für mich haben wenn ich da bin."

"So willst du? Ich frag dich nochmal." Asako öffnete die Augen einen Spalt, sah der anderen direkt in die Augen. "Was springt für mich dabei raus?"

"Ich werde dir jeden Wunsch von den Augen ablesen. Ob im Bett oder ausserhalb. Ich will dich für mich."

"Klingt ja fast so als ob DU monogam bleiben willst."

Kimu kicherte und zeigte ihr Sonnenscheinlächeln. Dabei kam sie ihr noch ein wenig näher.

"Wer braucht schon eine andere, wenn man so eine Wahnsinnsfrau wie dich hat? Nennt sich dann Polygynie."
 

Asako hielt sich an ihr Wort ebenso wie Kimu sich an ihres hielt. Die Jüngere entpuppte sich als eine Wunderkiste an neuen Ideen und Arbeitswillen, sodass Asako nur einmal mit dem Finger schnippen brauchte und sie bekam das, was sie wollte. Im Gegenzug warf Asako jeden aus ihrer Wohnung sobald sie eine Nachricht von Kimu bekam, egal was sie gerade tat. Meistens bekam es Rio zu spüren, denn irgendwie hatte die Yukigumidarstellerin einen Sinn dafür wann sie ihre Zeit mit der Otokoyaku verbrachte. Vielleicht hegte Kimu auch nur einen persönlichen Groll gegen Rio, da Asako eine Menge Zeit mit der jüngeren verbrachte.

Die Probenwochen zogen sich und auch innerhalb der kleinen Truppe, also Asako, Saeko, Gaichi, Osa, Kiriyan und Yuuhi, änderte sich einiges. Saeko hatte sich mehr oder minder wieder auf Mizu eingelassen, sehr zum leidwesen Gaichi's, die den Yukigumi-Top-Star bis aufs Blut verabscheute. Mizu selbst kam aber nur selten mit zu den kleinen Treffen, denn sie hatte ja auch noch ihren eigenen Bekanntenkreis. Ausserdem ging Mizu in ihrer Arbeit derart auf, dass sie fast rund um die Uhr arbeitete.

Im Verlauf der Wochen hatte Asako in einem Anfall von geistiger Umnachtung Yuuhi alles gebeichtet, was ihr so auf der Seele lag. Von dem, was an der Party wirklich passiert war, über ihren Streit mit Saeko, davon, dass sie die letzten Wochen furchtbar einsam gewesen war, dass sie den Deal mit Kimu hatte, von Rio und dass sie regelmäßig 'Besuch' von den jüngeren Mitgliedern von Tsukigumi hatte, Saeko aber immer noch liebte. Sie schämte sich dafür, aber Yuuhi hörte es sich stumm an, musste dann aber versprechen unter keinen Umständen irgendwem davon zu erzählen. Verständnis hatte Yuuhi dafür zwar nicht, aber sie war zumindest für ihre Freundin da. Nicht einmal Kiriyan hatte sie davon erzählt, aber es war nur zu offensichtlich, dass Yuuhi seither insbesondere Kimu verabscheute, die in ihren Augen die Schuld an der ganzen Sache trug.

Seit Saeko ihre 'Beziehung' zu Mizu bei ihren Freunden bekannt gemacht hatte herrschte zwischen ihr und Asako funkstille. Sie sahen sich regelmäßig bei den Proben und durch ihren gemeinsamen Freundeskreis, jedoch sahen sie sich nur sehr selten an oder verbrachten mehr Zeit zusammen in einem Raum als nötig, sprachen noch weniger miteinander. Zwar schafften sie es sich nicht gegenseitig an die Kehle zu springen und unterhielten sich auch den jeweiligen Partnern gesittet, aber die Spannung zwischen ihnen war dann doch da. Während der Proben rissen sie sich zumindest einigermaßen am Riemen und schafften es sogar sich angemessen zu unterhalten. Apropos Proben. Die Probesaison der Tsukigumi war beinahe vorbei, was hieß, dass der Teil, der an Asako's Projekt arbeitete, auf Tour gehen würde mit dem neuen Stück während Kiriyan's Teil am Haupttheater ihre Aufführungen haben würden und es wurden nur noch letzte Vorbereitungen getroffen.
 

Saeko und Asako waren die letzten, die noch im Probenraum waren nachdem sie zusammen mit dem Choreographen noch das letzte mal Asako's Solo durchgegangen waren. Inzwischen war das Script des Top Stars mit Notizen voll geschrieben, sodass eigentlich nur noch sie so wirklich durchblickte.

"Gut. Dann machen wir für heute Schluss. Ruh dich aus Sena, wir fahren morgen noch eine ganze Weile", sagte der Direktor, der seine Sachen nahm und Richtung Ausgang ging. Asako nickte. "Ayaki bitte vergiss nicht den Raum ab zu schliesen."

Noch immer mit der Nase im Script nickte die ehemalige Otokoyaku nur und brummte zustimmend, nahm den Stift in die Hand und blickte nochmal über ihre Notizen. Alles war zu ihrer Zufriedenstellung, zumindest was ihre Aufgabe anging. Das Stück an sich sagte ihr immer noch nicht so ganz zu, aber sie konnten es sich nicht aussuchen. Hinter sich hörte sie nur den Top Star herumkramen. Sie packte wohl zusammen. Der Gedanke daran, dass sie die Otokoyaku jetzt all die Zeit durchgängig gesehen hatte und kaum mit ihr sprach oder ansah, geschweigedenn sie mal berührte, schmerzte sie noch immer. Hinzu kam noch, dass die Abwesenheit der anderen für die nächsten Wochen es nur schlimmer machte. Sie und Asako waren meistens die Letzten im Proberaum, allerdings sprachen sie nie miteinander, sondern packten nur stumm ihre Sachen und verliesen den Raum nacheinander. So oft hatte sich Saeko vorgenommen Asako einfach zu gestehen was vorgefallen war, wollte sie festhalten, sie küssen, ihr sagen, wie sehr sie sie immer noch liebte und dass sie sie zurück wollte, aber sie lies es. Der Gedanke daran, dass Kimu das hatte, was eigentlich nur ihr gehören sollte machte sie krank und saß noch immer in ihrem Hinterkopf. Saeko fürchtete Überreste von Kimu auf dem Körper von Asako zu finden, auch wenn sie nie etwas in der Richtung gesehen hatte, selbst unter den kurzen Sachen, die der Top Star ab und an trug. Dann wieder waren genau das die Gedanken, die sie immer wieder zu Chika trieben. Wenn sie die Jüngere im Arm hielt stellte sie sich oft vor Asako noch bei sich zu haben. Chika's und Asako's Statur waren geradezu erschreckend ähnlich. Je mehr sie darüber nachdachte desdo schwerer fiel es ihr. Sie wollte Asako nicht schon wieder von sich getrennt wissen. Wollte nicht, dass die Entfernung zu ihr schon wieder so unüberwindbar groß war. Sie wollte...

Ein Zupfen an ihrem Ärmel verleitete sie dazu sich um zu drehen. Asako stand direkt vor ihr, den Kopf gesenkt. Dennoch konnte sie sehen, dass ein paar Tränen über die Wangen der anderen liefen.

"Asako?", fragte sie dann doch etwas zögerlich. "Was ist los?"

Die Jüngere trat enger an sie heran, legte die Hände auf ihre Oberarme und krallte sich etwas in das schwarz-gestreifte Shirt, welches Saeko trug.

"Wie lange wollen wir uns noch anschweigen?", fragte der junge Top Star dann doch und Saeko sah auf. "Unsere Gespräche fehlen mir..."

Die ehemalige Otokoyaku sah etwas verwundert drein, wobei sie versuchte der anderen in die Augen zu sehen. Sie hob eine Hand und legte diese an die tränenbefeuchtete Wange, strich mit dem Daumen darüber.

"Asako. Beruhig dich doch..."

Die jüngere fiel ihr ins Wort.

"Du fehlst mir. Ich will dass wir zumindest wieder befreundet sind. Ich will wieder mit dir tanzen und ich will dich wieder für mich singen hören und... und..."

Der Rest des Satzes verlor sich in einem Schluchzen und Asako lehnte die Stirn an ihre Schulter.
 

Warum Asako gerade jetzt so zusammenbrach konnte sie nicht sagen. Schon die ganzen vorrangegangenen Tage quälte sie der Gedanke, dass Saeko schon wieder so weit entfernt war für eine so lange Zeit. Eigentlich waren es 'nur' vier Wochen, aber es waren vier Wochen, in denen sie Saeko nicht sehen konnte. Vier Wochen in denen sie schon wieder zu feige war um zu sagen, dass ihr alles was passiert war Leid tat. Seit Saeko sich für Mizu entschieden hatte war dieses Gefühl stärker denn je. Sie wusste, dass jetzt wo die ehemalige Tod-Darstellerin wieder vergeben war ihre Chancen sie zurück zu bekommen geradezu verschwindend gering waren, aber sie wollte sich zumindest wieder mit ihr unterhalten können. Mehr als Freundschaft war wohl nicht drin. Sie schlang die Arme um den Hals der anderen, drückte sich enger an sie. Als Saeko dann doch die Arme um sie schlang sackte sie etwas in sich zusammen, krallte sich in ihren Rücken.

"Ruhig", flüsterte die ehemalige Tod-Darstellerin, streichelte ihr beruhigend über den Rücken. "Es ist alles okay. Hätte ich das früher gewusst..."

"Ich bin so ein Idiot. Ich weis."

"Hey..." Vorsichtig drückte Saeko sie ein wenig von sich und sah ihr kurz darauf in die Augen. Noch immer zitterten ihre Beine und sie fühlte sich elend einfach so in Tränen ausgebrochen zu sein. "Vergessen wir das einfach, ja? Wir haben uns beide kindisch benommen."

Als sie die andere so sanft lächeln sah konnte sie nicht anders. Auch auf Asako's Lippen legte sich ein leichtes Lächeln und sie nickte leicht.

"Okay..." Mit dem Ärmel ihres Hemds wischte sie sich die letzten Tränen weg, Dabei lies sie auch endlich das Hemd der älteren los, trat einen Schritt von ihr weg. "Das lag mir wirklich auf der Seele seit ich wusste, dass du nicht mit auf die Tour kommst."

"Ich hätte es am liebsten auch anders gehabt, aber der Chef hat mich Kiriyan's Gruppe zugeordnet."

"Ich weis. Gerade das macht es ja schwer."
 

Saeko schwieg nur. Sie hatte noch dagegen protestiert gehabt die Gruppe zu werfen, aber sie konnte sich schlecht ihrem Chef großartig zu widersetzen. Immerhin hing ihr Job daran. Allerdings war sie froh, dass Asako den ersten Schritt gemacht hatte. Zwar war Gaichi ihr oft auf die Füße getreten dass sie gefälligst ein wenig Rückrad beweisen sollte, jedoch hatte sie es nie geschafft auf den Top Star zu zu gehen. Der Gedanke war jedes mal da gewesen wenn sie zu zweit im Probenraum standen, aber was hätte sie sagen sollen? Ihr fielen immer so Sachen ein wie 'Ich vermisse dich'. 'Du bedeutest mir die Welt', 'komm zu mir zurück', 'Ich liebe dich', das alles erschien ihr allerdings zu abgedroschen und zu clishéhaft. Sie hatte in ihrem Leben schon so viele Scripte gelesen und auswendig gelernt, aber sie fand nie selbst die passenden Worte. Besonders, da Kimu ihr schon so oft gezeigt hatte, dass Asako zu ihr gehörte, durch kleine Gesten, Umarmungen und gestohlene Küsse. Mehr als Freundschaft war wohl nicht drin.

"Du sagtest du wolltest tanzen?", fragte Saeko schließlich und strich der jungen Frau über den Oberarm. Diese sah auf und nickte nur schüchtern. Das war Asako wie sie sie kannte, wie sie war und nicht so wie sie sich vor allen anderen sonst gab. Langsam löste sie sich von der anderen, ging zu einer kleinen Anlage, die sie benutzten um nicht ständig mit Orchester proben zu müssen. Dort hockte sie sich davor, blätterte zwischen einigen altmodischen CDs durch, die sie immer zum warmtanzen benutzten oder um neue Schritte zu lernen. Die, die sie suchte hatte sie schnell gefunden und in den Player geschoben, mindestens genauso schnell das Lied rausgesucht, welches sie im Kopf hatte. Die Musik, die sie für ihren Abschlusstanz für das Elisabeth-Stück ausgesucht hatten. Als Saeko sich wieder umdrehte bewunderte sie für einen Moment den jungen Top Star, wie sie mitten im Raum stand, die Augen geschlossen und die Musik auf sich wirken lies. Sie wusste nicht einmal ob Asako sich bewusst war wie wunderschön sie gerade in diesen Augenblicken war, diese ruhigen Momente, die Art und Weise, wie sie vor diesem tiefschwarzen Hintergrund stand, ihre ganze Figur und ihre Bewegungen. Nur langsam konnte sich Saeko aus ihrer Starre, die diese Bewunderung in ihr ausgelöst hatte, lösen und ging zu Asako. Als die andere ihre Schritte auf dem Boden hörte sah sie zu ihr, wobei sie den Blick nicht mehr voneinander abwanden. Worte waren keine mehr nötig.
 

Langsam, beinahe genüsslich lies Asako ihre Hände über die Handgelenke der Frau ihr gegenüber gleiten, strich über ihre Unterarme bis hinauf zu ihren Schultern, wo sie ihre Finger ruhen lies. Gleichzeitig schlichen sich die schlanken Finger Saeko's auf ihre Hüfte, hielten sie sanft, aber bestimmt. Erst nach einigen Momenten begannen sie leicht im Takt zu wippen bis Saeko ihre Freundin bestimmt in eine Richtung zog. Sie kannten die Schritte beide, besser als jeden Text und jeden anderen Tanz, blieben dabei nahe beieinander und vertieften sich in den Augen des jeweils anderen. Über Asako's Rücken rollte dabei eine angenehme Gänsehaut, die nur schlimmer wurde als Saeko leise anfing die Melodie mit zu summen. Es dauerte nicht lange, da schloss Asako ihre Augen vollends, schmiegte sich eng an die andere und legte den Kopf über deren Schulter, wodurch sie den warmen Atem ihrer Tod-Darstellerin am Hals spürte. Um nichts in der Welt wollte sie dieses Gefühl austauschen. Die Geborgenheit, die ihr so sehr gefehlt hatte und dieses Verständnis, dass die andere ihr entgegen brachte. Vergessen war für einen Augenblick Takarazuka, der Stress, die Angst, die Tränen, ihr Status und alle Konventionen. Übrig blieben nur sie zwei, die Musik und der Tanz, die Zweisamkeit, nur das war wichtig. Es war genau der Moment, nach dem sich beide so lange Zeit gesehnt hatten. Genau wie bei ihrem ersten Kuss schien die Welt mit einem Mal einfach nicht mehr zu exestieren.

Die Melodie verklang und auch die Schritte der beiden verlangsamten sich bis sie einfach auf der Stelle stehen blieben, sich nur schüchtern in die Augen sahen. Die ganze Maske, die beide rund um die Uhr trugen war weg. Zögerlich, fast ängstlich beugte sich Asako etwas vor, strich mit den Lippen etwas über die von Saeko bis sie sich einen gefühlvollen, unschuldigen Kuss voneinander stahlen.

Act 2 Scene 7: Finale Act 2

Alles was die junge Frau machen konnte war lachen. Sie stand mitten in ihrer Wohnung, das kleine Packet in ihrer Hand und lachte lautstark. War das ein schlechter Scherz? Oder vielleicht Schicksal? Oder vielleicht beides. Oder einfach von ihr so eingerichtet. Oh sie würde den Moment geniesen in dem sie Sena das unter die Nase reiben konnte. Aber wer sagte, dass es nur bei Sena bleiben sollte? Ihr fiel da noch eine Person ein, die es wahrscheinlich nur zu gern hören würde, was sie zu sagen hatte. Konnte ihr Leben eigentlich noch besser verlaufen? Das musste doch gefeiert werden. Beinahe liebevoll legte sie das gebundene Buch auf den Tisch, schob es in die Mitte und ging durch ihre halb abgedunkelte Wohnung zu einem massivem Holzschrank, öffnete diesen und blickte einmal hinein. Schnell hatte sie das gefunden, was sie gesucht hatte, holte eine Flasche von ihrem Lieblingswein heraus, den sie in ein Kristallweinglas kippte ehe sie sich mit dem Telefon in der anderen Hand in ihren Ledersessel nieder lies. Leicht schwenkte sie den aromatisch duftenden Wein im Glas als sie die Nummer in das Telefon tippte. Damals hatte sie diese Nummer so oft gewählt, dass sie sie noch immer auswendig konnte. Ob die zugehörige Person jedoch noch immer darüber erreichbar war, war eine andere Sache. Sie hoffte es zutiefst und als das zufriedenstellende Freizeichen an ihr Ohr klang grinste sie nur breit. Sie erwartete nicht, dass die Ältere sofort ran ging, aber dennoch würde sie es wohl oder übel tun. Früher oder Später. Sie kannte die andere dafür zu gut.

"Was willst du?" War das erste, was sie hörte, als die andere endlich abnahm.

"Auch sehr charmant dich zu hören, Gaichi."

"Es ist mir neu, dass du mich bei dem Namen nennst, Natsuki."

"Ich dachte, ich probiere mal etwas neues, da meine Freundin ja deine beste Freundin ist."

"Du manipulierst Saeko nur. Das weist du wie ich. Du spielst nur dein krankes Spiel. Also wieso rufst du an?"

"Gut, dass du von Spiel sprichst." Chika nahm den Kopf in den Nacken, hielt das Glas locker in der anderen Hand. "Ich habe gerade etwas ganz fantastisches in meinem Briefkasten gefunden."

"Komm endlich zur Sache!"

So da wurde die Senka am anderem Ende der Leitung ungeduldig. Das Spiel konnte sie aber noch weiter spielen. Gerade jetzt fing es an Spaß zu machen.

"Immer mit der Ruhe. Ich komme noch dazu. Wie geht es Haruno? Ist sie denn bei dir? Ich habe gehört, dass sie nach dem nächsten Stück aussteigt und ihre Solokarriere startet."

"Komm auf den Punkt, Natsuki!" Inziwschen war die sonst so ruhige Senka wohl ziemlich aufgebracht. Gut.

"Das IST der Punkt, Midori."

"Was?"

"Das was ich gefunden habe ist mein neues Script. Und rate mal, was das ist." Schweigen. "Yukigumi wird als nächstes Elisabeth spielen. Du kannst Osa sagen, dass ich sie für ihre Rolle sehr bewundert habe und dass ich hoffe ein genauso guter Tod zu sein."

Midori am anderem Ende legte auf.
 

Noch immer mit verschrecktem Blick starrte Gaichi auf ihr Handy, wobei selbiges ihr aus der Hand rutschte und mit einem Knall auf dem Boden aufschlug, der Osa aus dem Schlafzimmer lockte. Yukigumi spielte Elisabeth. Schlimmer: Natsuki spielte den Tod. Das war Saeko's Rolle. Ihre und keine andere. Gut, Elisabeth wurde von Takarazuka regelmäßig aufgeführt, aber warum gerade Yukigumi? Es passte nicht in den Stil der Snow-Troupe, die hauptsächlich Stücke aufführten, die gerade Jugendliche ansprach. Rock und Pop waren das Markenzeichen, weniger Orchester, mehr aufheiternde Komödien, keine schweren Stories. Warum gerade Elisabeth?

"Gaichi?"

Das war schlecht. Das war mehr als schlecht. Nicht nur, dass Natsuki Sena die Freundin gestohlen hatte, jetzt spielte sie auch noch die Rolle, die Sena unbedingt hatte spielen wollen. Sie hatte das Versprechen mitbekommen, dass Sena so lange weitermachen wollte bis sie einmal den Tod gespielt hatte um zu beweisen, dass sie fähig war in Saeko's Fußstapfen zu treten und der junge Top Star hatte sich bis heute an dieses Versprechen gehalten, auch wenn sie nicht mehr offiziell zusammen waren. Zu hören, dass gerade Natsuki und nicht sie den Tod spielen würde... sie wagte es nicht daran zu denken wie Sena darauf reagieren würde.

"Gaichi!" Die Senka schreckte auf, sah Osa an, die inzwischen direkt vor ihr stand und ihr die Hand auf die Schulter gelegt hatte. "Was ist los? Du bist kreidebleich."

"Natsuki spielt den Tod."

Osa zog verwundert die Augenbrauen hoch.

"Was? Und desshalb reagierst du so?"

"Du weist genau wie Sena darauf reagieren wird! Als ob nicht schon genug Mist passiert wäre!"

"Dann müssen wir es ihr eben schonend beibringen. Asako ist kein kleines Mädchen mehr. Sie schafft das schon."

Osa lächelte sie aufmunternd an, aber an Gaichi's Laune änderte das herzlich wenig.

"Du kennst Natsuki nicht so gut wie ich."

"Was hat sie denn jetzt schon wieder damit zu tun?"

"Sie wird es Sena bei der nächstbesten Gelegenheit unter die Nase reiben. Und sie wird es als Anstoß nehmen um Saeko noch weiter von ihr zu entfernen."

"Als ob das noch weiter ginge." Gaichi warf ihrer Freundin einen vernichtenden Blick zu. "Schon gut, schon gut. Alles was wir machen müssten ist es ihr zu sagen bevor Mizu die Gelegenheit dazu hat, oder? Dann tun wir das doch."

"Ich weis nicht, ob wir die Gelegenheit überhaupt bekommen."

"Wie das?"

Gaichi brummte einmal. "Ich denke mal, dass Sena inzwischen im Bett liegt. Sie fahren morgen."
 

Vor dem Takarazuka-Gebäude wartete Kimu noch immer in Asako's Wagen, hatte die Unterarme aufs Lenkrad gelegt und döste vor sich hin. Sie hatte sich von Asako das Auto geborgt, da sie den Top Star nach deren Probe eh abholen wollte um mit ihr den Abend zu verbringen. Asako lies sich mal wieder aussergewöhnlich viel Zeit. Zwar hatte sich Kimu inzwischen daran gewöhnt hier und da auf die Ältere warten zu müssen wenn sie sie mal abholte, aber so lange hatte sie bissher noch nicht warten müssen. Sie hatte schon gesehen, wie der Leiter von Asako's Stück schon das Gebäude verlassen hatte und normalerweise folgte Asako selbst ihm auf dem Fuße. Dieses Mal nicht. Und die Otokoyaku übers Handy erreichen zu wollen war ein Ding der Unmöglichkeit. Darin konnte sie Osa inzwischen doch verstehen, denn immer, wenn man den Top Star erreichen wollte ging sie nicht ans Handy oder ignorierte es einfach. Kurzerhand stieg die Yukigumidarstellerin aus, sah nach oben, wo der Probenraum liegen müsste. Es brannte noch immer Licht, also war noch jemand darin. Ob sie mal nachsehen sollte? Besser war das wohl. Wer wusste, ob Saeko und Asako sich nicht da oben in Stücke rissen. Sie wurde nicht so ganz schlau aus den beiden. In einem Moment schienen sie sich wieder gefangen zu haben und sich normal unterhalten zu können, dann ignorierten sie sich wieder und im nächsten Moment fetzten sie sich wieder wegen den unsinnigsten Sachen. Der letzte Auslöser in einem Streit, in dem sie gedacht haben, dass sie beide hätten anketten müssten, war wegen einer halben Tüte Orangensaft gewesen. Die anderen, speziell Kiriyan, Osa und Yuuhi, hatten diese Streits nicht mitbekommen, Kimu dafür umso mehr, denn sie zerrte Asako in diesen Momenten meist aus der Wohnung und brachte sie nach Hause. Ihr einziges Problem daran war, dass Asako zu recht rabiaten Methoden griff wenn sie sich abregen wollte. Sie selbst sollte das wenig stören, allerdings hatte sie schon den ein oder anderen unschönen Fleck davongetragen. Als Ausrede war sie meist gestolpert oder war gegen den Türrahmen gerannt, aber Mizu hatte sie immer sofort durchschaut und daraufhin nur den Kopf geschüttelt. Dann wieder war es komplett anders. Kimu sah es immer, wenn Asako am Fenster stand, etwas abseits von den anderen und ihre Freunde beobachtete. Kimu fand die andere in geraden solchen Momenten besonders schön. Asako wirkte immer sehr entspannt dabei und sie hatte dieses leichte Lächeln auf den Lippen. Je öfter dies jedoch passierte, desdo häufiger fiel Kimu auf, dass dieses Lächeln wohl für Saeko gedacht war. Zwar bestritt Asako dies, aber dennoch wurde die Yukigumi-Darstellerin dieses Gefühl nicht los, dass da noch etwas in Asako war, dass sich nach dem ehemaligem Top Star verzehrte. Kimu's Antwort darauf war immer recht simpel. Zwar konnte sie vielleicht das Herz und den Geist ihrer Göttin nicht erobern, aber zumindest war ihr Körper eine Zeit lang ihres. Ihr Eigentum allein.

Kurzerhand zog Kimu ihre Jacke noch etwas zu. So lange konnte das ganze doch nicht dauern, also ging sie durch die verglaste Tür ins Gebäude. Inzwischen waren die Gänge nur noch spärlich beleuchtet und Kimu konnte sich nur mehr oder minder halb blind vorran tasten. Glücklicherweise wusste sie genau wo der Probenraum von Tsukigumi war, aber warum musste der auch im dritten Stock sein? Sie hatte Treppen steigen und die Aufzüge waren momentan in Wartung. Oben angekommen schnaufte sie erst einmal. Eigentlich sollte so ein Treppenaufstieg für sie kein Problem sein, aber Kimu hatte, wenn es um Treppen ging, ungefähr die Ausdauer eine Bohne. Dafür, dass sie stundenlang ohne Probleme über die Bühne springen konnte war so eine Aktion geradezu peinlich. Der Gang im dritten Stock war jedoch irgendwie dunkler als die anderen. Nur das Licht, dass durch einen Spalt in der Tür hinaus in den Gang trat erhellte diesen. Leise trat Kimu an die Tür, schob diese einen kleinen Spalt auf um in den Raum sehen zu können. Es war furchtbar ruhig da drin. Sie hatte Schreie erwartet, hatte erwartet, dass Scripte durch die Gegend flogen wie gewöhnlich, wenn Saeko und Asako allein im Raum waren. Was sie vorfand waren zwar die zwei Frauen, aber dicht miteinander verschlungen mitten in der Halle. Asako's Hand in Saeko's Haaren nach zu urteilen, beide standen mit Saeko's Rücken zur Tür, waren sie zusätzlich vertieft in einen Kuss.

Etwas in Kimu kochte hoch, aber es war nicht Wut, so wie sie es erwartet hatte. Trauer vielleicht? Nein das auch nicht. Reue traf es eher. Sie hatte sich so etwas in der Richtung schon gedacht. Asako hatte wohl nie aufgehört Saeko zu lieben, egal was passiert war. Kimu schluckte etwas, schloss die Tür ein wenig und lehnte sich kurz an die Wand. Konnte sie sich da jetzt einfach so einmischen? Immerhin war das ganze so gut durchdacht gewesen. Mizu hatte ihr versprochen, dass Asako sich nur für sie interessieren würde und dass sie weg von Saeko ginge. Nein Asako durfte nicht zu ihr zurück. Das war so nicht geplant gewesen. Ausserdem würde Mizu ihr die Hölle heiß machen, wenn es nicht so verlief wie sie sich das dachte. Ihre Karriere hing daran. Viel wichtiger, ihre Beziehung zu Asako hing daran. Sie wollte ihre Göttin auf keinen Fall an jemanden wie Saeko verlieren, so gern sie die ehemalige Otokoyaku auch hatte. Sie passte nicht in ihr Konzept. Kimu hielt sich selbst für die einzige, die Asako's Aufmerksamkeit verdient hatte und die es wert war, dem Top Star die Sterne vom Himmel holen zu dürfen. Zwar musste sie nochmal intensiv darüber nachdenken, aber für den Moment musste sie die beiden erst einmal auseinander reisen um sich nochmals mit Mizu absprechen zu können. Kimu holte nochmals tief Luft bevor sie einmal fest gegen die Tür klopfte, wartete zwei Sekunden ehe sie eintrat.
 

Leicht seufzte der junge Top Star in den Kuss, als sie sich enger an die andere schmiegte, ihre Wärme genoss. Saeko fühlte sich genauso an wie sie die andere in Erinnerung hatte, wenn nicht sogar noch besser. Sie schob eine Hand durch die weichen, etwas länger gewordenen Haare und Saeko zog sie noch etwas mehr in die Umarmung. Irgendwann lösten sich die beiden doch einen Moment voneinander, öffneten die Augen etwas und sahen sich an. Asako fühlte, wie ihr ein Rotschimmer auf den Wangen lag, aber Saeko schien es nicht besser zu gehen. Gerade als sie erneu zu einem Kuss ansetzen wollte hörte sie das Klopfen an der Tür und die beiden Frauen sprangen geradezu auseinander, sahen in Richtung der Tür, durch die Kimu mit ihrem typischem Lächeln kam.

"Hey Asako", sagte sie fröhlich. "Ich parke unten. Kommst du bald?"

"Ich... uhm..." Ein flüchtiger Blick zu Saeko, die schnellen Schrittes zum Tisch ging und in ihren Unterlagen kramte. "Uhm ja... Ich bin gleich da."

Kimu blieb in der Tür stehen als Asako zu ihrer Tasche ging. Noch immer war sie völlig verwirrt und sie fühlte ihre Beine zittern. Warum warf Saeko sie nur immer so aus der Bahn? Sie hatte sich wochenlang, monatelang nach diesem Kuss gesehnt und jetzt konnte sie ihn nicht einmal zuende geniesen. Sie hob ihre Tasche auf, ging zu Kimu während sie versuchte ein Lächeln auf ihre Lippen zu bringen. Vergebens. Sie warf einen Blick über die Schulter zu Saeko, die noch immer über ihre Unterlagen gebeugt war.

"Gehn wir..."

"Asako?", rief der ehemalige Top Star als sie gerade zum Gehen ansetzte. Asako wirbelte zu ihr herum, hoffte schon fast, dass Saeko ihr noch ein 'Ich liebe dich' oder etwas in der Richtung sagte. Stattdessen lächelte sie nur etwas zögernd und schien für einige Sekunden über ihre Worte nach zu denken. "Viel Glück auf der Tour. Ich bin mir sicher, ihr seid fantastisch. Und tröste Yuuhi etwas, wenn sie mal wieder Sehnsucht nach Kiriyan hat."

Zuerst stockte der Top Star etwas, aber dann lächelte sie ebenfalls sanft. Sie konnte an den Augen der anderen sehen was sie wirklich dachte.

"Mach ich. Danke."
 

Kimu hatte wirklich Talent immer in die ungünstigsten Situationen rein zu platzen. Nur zu gern hätte sie Asako's Anwesenheit noch weiter genossen, sie noch viel länger festgehalten, aber es sollte wohl nicht sein. Zumindest waren sie wieder auf einer gewissen Basis. Was sie zu dem Kuss geritten hatte wusste sie noch nicht, zumindest nicht von Asako's Seite aus. Vielleicht war es einfach nur ihre Art zu zeigen, dass Saeko ihr doch irgendwo gefehlt hatte. Die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin seufzte etwas während sie ihre Sachen weg packte. Sie würde wohl warten müssen bis Asako wieder von der Tour zurück kam bevor sie klären konnten woran sie wirklich waren. Saeko fuhr sich durch die Haare, sah nochmals in Richtung Tür, durch die Asako mit Kimu gegangen war. Kimu... was Asako an dieser Frau fand verstand sie nicht. Dann wiederum... verstand sie es zu gut. Kimu war bildschön, nicht ganz so schön wie Asako, wie sie fand, aber immerhin nahe dran, und die Yukigumi-Vice sprang immer sofort wenn der Tsukigumi-Top-Star rief. Sie hatte es nur einmal zu deutlich mitbekommen. Wenn Asako es wollte kroch Kimu auf dem Boden, küsste ihr die Füße und bediente sie von vorne bis hinten. Saeko hatte Gaichi nie gebeichtet, was da in deren Schlafzimmer geschehen war, das Bild würde sie wohl nie aus dem Kopf bekommen. Asako, im Oberteil und Slip auf dem Bett sitzend, nach hinten gelehnt und sich auf die Unterarme abstützend, Kimu vor ihr auf dem Boden wie sie langsam und genüsslich Asako's Unterschenkel massierte, dabei sanfte Küsse auf ihr Knie setzte und fast lasziv die Augen ein Stück geschlossen hatte.

Das Klingeln ihres Handys riss sie aus den Gedanken. Es war ihr Chef.

"Guten Abend, Ayaki", klang es aus dem Telefon, als sie dieses an ihr Ohr drückte. "Ich hoffe ich störe nicht?"

"Nein. Ich bin noch im Probenraum, wollte aber gerade schluss machen."

"Ah wunderbar. Ich wollte dir nur mitteilen, dass es eine kleine Änderung gab, was deine Arbeit angeht."

"Und... die wäre?"

"Du wirst ab übermorgen in Yukigumi arbeiten. Ich glaube für das nächste Stück wäre das passender."

Saeko stockte etwas. Passender?

"Was soll das heißen? Was ist das nächste Stück?"

"Du kennst es. Elisabeth."
 

Als die zwei Schauspielerinnen am Auto angekommen waren warf Kimu Asako den Autoschlüssel zu. Der Top Star schien unverschämt gute Laune zu haben dafür, dass sie gerade ihre Ex geküsst hatte. Zwar passte das Kimu rein gar nicht in den Kram, aber etwas dagegen sagen konnte sie schlecht. Offiziell hatte sie nichts gesehen.

"Hast du dich mit Saeko wieder vertragen?", fragte sie, als beide in den Sitzen waren und Asako den Wagen startete.

"Ja. Wurde auch langsam Zeit finde ich. Dann hängt mir zumindest Gaichi nicht mehr in den Ohren." Ja von Gaichi's fast legendären Vorträgen hatte sie schon gehört. Seit neustem hielt sie diese regelmäßig, nicht nur bei Saeko und Asako, sondern auch bei ihr. Ihr war klar, dass ihre Besessenheit von Asako ihren Freunden vielleicht ziemlich komisch vor kam, Yuuhi sah sie oftmals mit einem vernichtenden Blick an, aber das konnte sie inzwischen ignorieren.

Noch bevor Kimu weiter sprechen konnte klingelte ihr Handy. Sie ging ran.

"Mizu? Was ist denn?" Von der Seite merkte sie, dass Asako ihr einen alles sagenden Blick zuwarf.

"Kimu? Bist du gerade zuhause?"

"Uhm nein?"

"Dann auf auf. Das neue Script ist da und ich will da ein oder zwei Sachen mit dir durchsprechen."

"Kann das nicht bis morgen warten?" Schweigen am anderen Ende. "Mizu..."

"Du kannst von mir aus auch Sena mitbringen. Ich lass euch schneller wieder allein als ihr schauen könnt. Du kannst dir dann auch morgen frei nehmen."

"Ein Nein ist wohl nicht drin oder?"

"Du hast es erfasst."

Die Frau am anderen Ende legte auf und Kimu seufzte leicht.

"Was ist denn?", fragte Asako, die Hände am Lenkrad.

"Ich muss nochmal zum Dorm. Mizu will irgendwas besprechen und anscheinend ist das so dringend, dass das nicht warten kann."

"Wenn wir sie dann schnell wieder los werden, von mir aus."

"Du magst sie wirklich nicht, oder?"

Kimu sah dabei zu, wie Asako sich ins Lenkrad krallte, allerdings ohne weiter etwas zu sagen losfuhr.
 

Während der Fahrt konnte Asako ihre Gedanken nicht wirklich davon abbringen, was Natsuki von Kimu wollen könnte. Sicherlich wusste der Yukigumi-Top-Star, dass sie dabei war, also wesshalb sollten sie vorbei kommen? Ihr fiel kein vernünftiger Grund ein. So wie sie den Top Star kannte, und sie kannte sie schon eine ganze Weile, konnte es aber nichts gutes sein. Sie waren zusammen in eine Klasse gegangen und schon damals hatten sie sich nicht sonderlich gut vertragen. Natsuki hackte gerne auf Schwächeren herum, auch wenn sie wohl alles Recht dazu hatte. Sie war schön, talentiert und wusste mit Worten um zu gehen.

"Willst du im Auto bleiben?", fragte Kimu sie von der Seite. Nach einem kurzen Blick zu ihr sah sie wieder auf die Straße, dachte kurz darüber nach ehe sie den Kopf schüttelte.

"Nein. Egal was sie will, mir ist nicht wohl dabei. Ich glaube ich sollte dabei sein. Wer weis, was sie vor hat."

Sie waren viel zu schnell im Dorm, was immerhin um die Ecke lag. Asako wäre es natürlich lieber gewesen im Auto zu bleiben, allerdings wusste sie auch, dass Mizu Kimu nur angerufen hatte, weil sie selbst dabei war. Sie wollte, dass der Tsukigumi-Top-Star dabei war. Innerlich bereitete sich die Schauspielerin schon auf einen bösen Trick der anderen vor. Als sie eingeparkt hatte blieb sie zunächst noch sitzen, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und die zwei Frauen saßen einen Moment lang schweigend in der Dunkelheit.

"Asako?" Die Ältere sah hinüber als Kimu sich zu ihr beugte und ihre Hand nahm. "Das wird schon. Wir machen das einfach schnell, ja?"

"Ich bezweifle, dass es schnell geht, wenn sie mich dabei haben will."

Asako entzog ihr die Hand, stieg aus dem Wagen und sah hinauf zum Dorm. Seit ihrer 'Beziehung' mit Kimu war sie diesen Weg schon so oft gegangen, dass sie ihn selbst in der Dunkelheit noch fand. Mizu würde wohl davor warten. Nur langsam setzte sie sich in Bewegung, dich gefolgt von Kimu, die in ihrer Tasche nach dem Schlüssel kramte. Auf halber Treppe, sie hatten den Yukigumi-Abschnitt bereits betreten, überholte die Jüngere sie schließlich, ging durch den Gang direkt auf den Yukigumi-Top-Star zu, die sich lächelnd an die Wand gelehnt hatte.

"Wie schön, dass ihr es einrichten konntet", sagte Mizu, wobei Asako's Blick auf das Packet unter ihrem Arm fiel. Es waren diese typischen Pakete, in denen die Scripts für die Mitglieder verschickt wurden. Es ging also um das Script? Aber wieso? Was konnte so wichtig sein, dass der andere Top Star sie um diese Uhrzeit noch her bestellte? Geschweigedenn selbst von ihrer Wohnung aus, hierher fuhr? Bedachte man, dass Mizu's Wohnung sich ein wenig ausserhalb befand, dann musste sie eine ganze Weile schon im Dorm sein.

"Was gibt es denn wichtiges?", fragte Kimu, ging zu der Tür und schloss auf.

"Das erkläre ich dir drin. Auf dem Gang ist das etwas ungünstig."
 

Ausserdem würde Sena wohl etwas zum Sitzen brauchen. Chika hatte das ganze schon genaustens durchgeplant. Eigentlich hatte sie damit noch warten wollen, aber da Sena am nächstn Tag schon für einige Wochen weg sein wurde drängte die Zeit doch etwas. Sie hatte ursprünglich gehofft gehabt, dass das Script früher da war, aber da sie noch so viele 'Gespräche' mit ihren Vorgesetzten hatte führen müssen diesbezüglich hatte es sich in die Länge gezogen. Der Yukigumi-Top-Star trat nach Kimu, allerdings vor Sena in die Wohnung ein, sah sich erst einmal um. Es war schon eine Weile her gewesen seit sie in einer der Takarazuka-Wohnungen gewesen war, denn für gewöhnlich nahm sie sich ihre Bekanntschaften mit zu sich. Nach dem Eintreten setzte sich sich an den kleinen Tisch in der Nähe der Kochniesche.

"Also? Verrätst du mir jetzt, was es so wichtiges gibt?"

Kimu hatte noch das Paket vom Boden aufgehoben, dass ihr Script war, ehe sie sich dazu setzte. Sena entschied sich dafür nahe des Eingangsbereiches stehen zu bleiben, was Chika nur im Augenwinkel mit bekam. Solange sie jedoch einigermaßen mitbekam was jetzt passieren würde war alles in Ordnung.

"Nun es gibt da einen Fehler im Script. Es ist mir heute aufgefallen und ich dachte mir, dass wir es besser so früh wie möglich machen ehe du es dir falsch aneignest." Ein kurzer Blick Richtung Sena. "Da ihr sowieso in der Nähe wart, war es ja kein Umweg, nicht?" Keine Antwort.
 

Kimu stutzte etwas. Ein Fehler? Ein einfacher Fehler? Dafür wurde sie um diese Uhrzeit noch herbefohlen? Die junge Otokoyaku starrte auf das noch immer eingepackte Script. Nein es ging Mizu doch nicht um einen Fehler, aber sie hätte sich wenigstens eine bessere Ausrede ausdenken können. Diese war zu leicht zu durchschauen, auch wenn die Konventionen verlangten es einfach auf sich beruhen zu lassen. Mizu war noch immer ihre Vorgesetzte und demnach hatte sie ihr nicht zu widersprechen. Aber was konnte dann ihr Ziel sein? Letztenendes würde sie es wohl nur so herausfinden können. Etwas zögernd riss sie den oberen Teil des Papierpäckchens auf, zog das typisch Yukigumi-hellblaue Script heraus, nur um es nach einem kurzem Blick auf den Titel mit dem Deckblatt vorran auf den Tisch zu schlagen. Kimu fühlte, dass sie bleich wurde und sie starrte eine Weile auf den Scriptrücken bevor sie einen flüchtigen Blick zu Asako warf.

"Und... wo liegt jetzt der Fehler?"

"Eine deiner Szenen ist falsch angeordnet. Sie ergibt so keinen Sinn. Irgendwas ist da wohl beim Drucken schief gelaufen." Mizu lehnte sich zurück, sah zu Asako. "Vielleicht kannst du uns ja helfen. Ich kenne die Story nicht, du schon."

Kimu spürte, wie Asako ihr einen fragenden Blick zuwarf. Mit einem Mal wusste Kimu dann auch, worauf Mizu hinaus wollte. Das Elisabeth-Script... Kimu hatte Luigi Lucheni bekommen. Dadurch, dass Asako das Stück kannte hatte Mizu eine Ausrede gehabt nach ihr zu fragen. Das schlimme war, dass Kimu genau wusste wie sehr Asako dieses Stück in diesem Jahr spielen wollte. Sie selbst hatte versucht den Tsukigumi-Top-Star dabei so gut wie es ging zu unterstützen. Gerade wenn es um so berühmte Stücke wie Elisabeth ging, die ein Publikumsliebling waren, dann rissen sich die meisten Troupes darum. Dann ging es nur um Reputation, Einfluss und Empfehlungen. Yukigumi und Tsukigumi waren die letzten gewesen, die sich um das Stück gezankt hatten und eigentlich hatte Asako den Direktor davon überzeugt gehabt, dass Tsukigumi, die das Stück ja schon unter Saeko aufgeführt hatten, besser geeignet waren. Dass es Asako mehr um die Rolle als Tod ging wusste sie auch, ebenso, dass Asako sich versprochen hatte auf zu hören nachdem sie diese Rolle sicher gehabt hatte.
 

Asako blickte nur verwirrt drein. Sie... kannte das Script? Also war es etwas, was sie schon gespielt hatte? Verwirrt ging sie einige Schritte in Richtung des Tisches, wobei Kimu aufstand und zu ihr sah. Sie war kreidebleich. Was konnte an dem Script schon so schlimm sein?

"Asako warte bitte drausen..."

"Wieso das denn jetzt schon wieder?"

"Bitte?"

"Kimu. Sie findet es früher oder später doch sowieso heraus. Und wenn sie uns helfen kann bitte." Mizu öffnete ihr eigenes Packet, welches sie auf den Tisch gelegt hatte und zog ihr Script heraus. Zwar konnte Asako auf die Entfernung nicht wirklich lesen, was der Titel war, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie am besten einfach gehen sollte. Sie trat an den Tisch und nahm das Script in die Hand, hätte es fast im selben Moment wieder fallen gelassen. Es war das Script für Elisabeth.

Aber das konnte nicht sein. Der Direktor hatte ihr das Stück versprochen. Aber es war kein Zweifel daran, dass es sich um ein Yukigumiscript handelte. Die Scripte von Tsukigumi waren gelb, die von Yukigumi himmelblau und dieses war eindeutig blau. Etwas in Trance schlug sie es auf, landete direkt bei einem Lied, welches sie in Gedanken durch ging. Nein kein Zweifel. Es war das Elisabeth Stück. Ihr Hals wurde trocken und auf einmal schien das leichte Buch in ihrer Hand eine Tonne zu wiegen.

"Wie... wie bist du da rangekommen?"

"Nun ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Direktor. Ich fand es unfair, dass Tsukigumi das Stück zwei mal hintereinander spielen darf. Da hat er mir Recht geben müssen."

"Deine Truppe hat auch zwei Mal hintereinander Lady Oscar gespielt!"

"Das ist sechs Jahre her, Sena. Wie auch immer." Mizu nahm ihr das Script aus der Hand, schlug es zu und lächelte zu ihr hoch. Am liebsten hätte sie der anderen das Lächeln aus dem Gesicht gekratzt. "Der Direktor war auch so freundlich Saeko in meine Troupe zu übertragen. Ich denke sie hat die meiste Erfahrung als Tod..."

"Darum geht es nicht! Ich wollte das Stück spielen! Das ist mein Rolle!"

Kimu war aufgestanden, zog sie etwas am Arm zurück.

"Asako beruhige dich..."

"Ich beruhige mich nicht!", fauchte sie die Yukigumi-Darstellerin an bevor sie sich wieder Mizu zuwandt. "Wieso, Natsuki? Du wusstest genau, dass ich diese Rolle will! Und vor allem wie?"

Natsuki's Lächeln war mit einem Mal wie weg gewischt und sie verschränkte die schlanken Finger auf ihrem Script.

"Wieso? Weil es mich krank macht dass meine Freundin in deiner Troupe ist. Du hast kein Anrecht auf sie, hattest es nie. Sieh das endlich ein. Und wie? Kontakte. Darum geht es hier drin, Sena. Sei doch mal ehrlich, was für einen Einfluss hast du schon? Es hört keiner auf dich. Du bist vielleicht hübsch an zu sehen und hast vielleicht Talent auf der Bühne, aber abgesehen davon bist du doch nur ein kleines Licht. Deine Troupe und deine Freunde mögen dich vielleicht, aber wer hört schon auf dich wenn du etwas sagst? Ausserdem: Saeko gehört mir. Sie ist meine Freundin. Du hast sie abgeschossen und damit deine Chance vertan. Sieh das endlich ein."

Asako fühlte, dass ihr immer weiter die Farbe aus dem Gesicht wich. Nur langsam trat sie ein paar Schritte zurück, verlies torkelnd die Wohnung, wobei sie nicht hörte, wie Kimu ihr nachrief.
 

Das war unnötig gewesen. Mehr als unnötig. Gemein obendrein. Kimu sah dem Top Star nach, schluckte für sich. Sie hatte sich nicht einmischen können, immerhin war Mizu ihre Vorgesetzte, aber da war sie dann doch zu weit gegangen. Kaum, dass die Tür ins Schloss fiel wandt sie sich Mizu zu, die geistesabwesend in ihrem Script blätterte.

"War das wirklich nötig?"

"Du solltest mir dankbar sein."

"Dankbar? Und warum um alles in der Welt sollte ich dir dankbar sein?"

"Weil sie jetzt garantiert bei dir bleiben wird."

"Was?"

"Denk doch mal nach." Mizu sah zu ihr, lächelte abermals und stand langsam auf. "Jetzt wo Saeko die Zeit bei mir und nicht bei Sena verbringen wird läuft Sena nicht gefahr zu Saeko zurück zu laufen. Obendrein, wenn du dich jetzt um sie kümmerst wird sie dir das sicher danken." Sie klemmte das Script unter den Arm, stellte sich vor Kimu und strich ihr kurz über den Kopf, wobei Kimu einen Schritt zurück wich. "Nun wir sehen uns morgen. Sag Sena einen Gruß von mir."

Der Yukigumi-Top-Star verlies die Wohnung, allerdings in die andere Richtung, in die Asako verschwunden war. Noch immer war sie sich nicht ganz sicher ob das, was Mizu da getan hatte richtig gewesen war, aber sie hatte da einen Punkt. Asako würde bei ihr bleiben...

"Trotzdem...", murmelte sie und schnappte ihren Schlüssel, lies ihr Script einfach da wo es war. Sie hatte wichtigeres zu tun.
 

Asako war nicht sonderlich weit gekommen, war auf dem Weg durch den Innenhof an einem Baum in sich zusammengesunken. Sie weinte nicht, konnte nicht aus irgendeinem Grund so wie sie es sonst tat, sondern starrte nur unschlüssig vor sich hin. Sie sollte nicht auf Natsuki hören, wollte es nicht, hatte es nie getan. Jetzt aber... Sie war so verwirrt. Wie hatte der andere Top Star es geschafft ihr das Stück zu stehlen? Sie hatte in aller Ausführlichkeit vor dem Direktor dargelegt wieso Tsukigumi das Stück abermals haben sollte, auch wenn es ihr vorzugsweise um die Rolle an sich ging. Sie hoffte als Tod Saeko endlich mal wieder näher sein zu können, wollte so zeigen, wie sehr sie sie eigentlich noch liebte. Sie liebte diese Rolle, als Elisabeth, als Lucheni, als Tod selbst. Sie wollte diese Rolle unbedingt und jetzt hatte sie Natsuki. Der Yukigumi-Top-Star hatte alles was sie haben wollte, Saeko allen vorran. Immer wieder merkte sie, wie sie von Eifersucht überrannt wurde wenn ihre Freundin der anderen Schauspielerin nahe war. Dann aber wieder konnte sie es nicht verübeln. Natsuki hatte tatsächlich alles, was sie wollte. Man sagte ihr immer sie wäre schön, sie hätte Talent, wüsste, was sie wollte, aber Natsuki schien all das perfektioniert zu haben. Was hatte sie schon für eine Chance gegen so eine Frau, die sie mit einem Schnippen ausradieren konnte? Sie beugte sich vornüber, legte die Hände auf den kalten Boden, fühlte, wie das Gras ihre Finger kitzelte. Wenigstens etwas, was sie noch fühlte.

"Asako!", rief es, aber es schien ihr so weit entfernt. "Asako!"

Nur langsam, in Zeitlupe hob die Tsukigumi den Kopf, sah dabei Kimu vor sich sitzen. Kimu... Diese Frau vergötterte sie. Die Yukigumi-Schauspielerin würde es nie wagen sie zu betrügen oder ihr in den Rücken zu fallen.

"Asako... Komm wieder zu dir. Es ist nur eine Rolle."

"Nur eine Rolle... Für dich vielleicht." Kimu lächelte nur etwas, strich Asako ein paar der Haare zurück und rutschte näher zu ihr. "Wie?"

"Was 'wie'?", fragte Kimu und blinzelte etwas.

"Wie hat sie den Direktor dazu bekommen Yukigumi das Stück zu geben?"

Die Frau ihr gegenüber blinzelte etwas, lies dann aber die Schultern sinken und starrt zu Boden.

"Kontakte. Sie hat Freunde in allen Gruppen weil sie überall schon einmal war. Die Leute stehen hinter ihr, egal was sie sagt."

"Kontakte", wiederholte Asako leise. Kimu nickte nur etwas.

"Ich kann mir nur vorstellen, dass ihre Leute ihr Empfehlungen ausgesprochen haben."

"...Verstehe."

Asako lächelte etwas, starrte dabei auf den Boden. Kontakte also. Es ging nur um Kontakte, Beziehungen.
 

Irgendwie gefiel es der Yukigumi-Darstellerin nicht, dass Asako mit einem mal Lächelte. Es war kein schweres Lächeln, nicht gekünstelt, eher...erleichtert. Was ihr wohl durch den Kopf ging? Nichts gutes, so viel stand fest. Vorsichtig schob sich die jüngere auf Asako's Schoß, die prompt die Arme um sie legte und den Kopf an ihre Schulter lehnte.

"Kimu..."

"Hm?"

"Du würdest mich nicht hintergehen, oder?"

"Ich hab gar keinen Grund dafür." Kimu legte die Hände an Asako's Wangen, hob ihr Gesicht etwas an und lächelte zärtlich. "Ich bete dich an. Du bist immerhin meine Megami. Das wäre Ketzerei." Sie hauchte ihrer Göttin einen Kuss auf die Lippen. "Du solltest jetzt erst einmal nichtmehr daran denken. Du hast immerhin eine Tour vor dir. Ich bin mir sicher ihr werdet fantastisch."

"Vielleicht hast du Recht..."
 

Die vier Wochen vergingen schneller, als sie erwartet hatten. Vor der Tour verabschiedeten Gaichi, Osa und Kiriyan noch von Asako und Yuuhi, die mit den anderen Tsukigumi-Darstellerinnen in einem der Tourbusse fuhren. Saeko war ebenfalls dabei gewesen, ebenso wie Mizu, jedoch wurden beide von Asako sehr gekonnt umgangen und ignoriert indem sie einfach in den Tourbus einstieg, sehr zu Yuuhi's Verwunderung. Eigentlich hatte sie erwartet, dass Asako Saeko um den Hals fallen würde, denn sie wusste genau wie schwer es Asako fiel schon wieder von ihrer Liebe getrennt zu sein. Dann aber war ihr Top Star generell etwas... merkwürdig über die Wochen. Sie sprachen kaum miteinander, zumindest nicht, wenn es in Richtung Privatsphäre ging. Dafür bemerkte Yuuhi umso deutlicher, dass Asako sich immer mehr auch den anderen Mitgliedern zuwandt, sich mit ihnen unterhielt, sie belustigte und einige Auserwählte zu sich einlud. Wer wusste schon, was Asako dort machte, aber sie hatte während eines Auftrittes Asako mit Mirio erwischt in eine der Umkleideräume nach der Aufführung. Dann aber nahm sich die Schauspielerin vor nicht darüber zu sprechen, denn Asako hatte sie nicht bemerkt und Yuuhi hielt es für einen Ausrutscher, den Asako gemacht hatte. Die Rückkehr verlief dafür umso harmonischer, auch, wenn der Tsukigumi-Top-Star immer noch entschieden hatte sowohl Mizu als auch Saeko weiterhin die kalte Schulter zu zeigen. Wieso konnte keiner von ihnen sagen, aber Gaichi, Osa und Kiriyan schienen ebenso darunter zu leiden. Die Freunde entschlossen sich Kiriyan's letzten großen Auftritt ordentlich zu feiern, da sogar Asako es schaffte trotz ihrer Müdigkeit und Widerwillen der Show bei zu wohnen. Selbst sie hatte dabei gehörig ihren Spaß.

Abends hatten sie sich in ihrer Standartbar nieder gelassen, wobei sie sich an einen Rundtisch gesetzt hatten. Yuuhi hoffte so, dass Asako Saeko zumindest kurz ansah, denn die Ältere litt sichtlich unter der Ignoranz, die ihr die andere entgegen brachte. Mizu schien das ganze sogar noch amüsant zu finden, was die Otokoyaku dann doch etwas wunderte.
 

Am anderen Ende der Bar am Thresen saß eine weitere junge Otokoyaku, blond, was für Takarazuka wirklich selten war, und rollte gelangweilt das Glas mit ihrem alkoholfreien Cocktail in der Hand. Sie wartete jetzt schon einige Zeit auf ihre Freundin, die sich, mal wieder, verspätet hatte, wie schon so oft in der Zeit, seit sie die andere in ihr Leben gelassen hatte. Suzumi Shio, die auf den Spitznamen Shio hörte und der Star-Troupe, Hoshigumi, angehörte, tat sich eigentlich nicht leicht sich jemandem neben ihrem festen Freundeskreis, den sie noch aus ihrer Schulzeit kannte, an zu nähern. Seufzend trank sie abermals einen Schluck von dem süßen Saft, überlegte ernsthaft sich etwas alkoholisches zu bestellen. Fahren musste sie ja immerhin nicht mehr und es war besser, als alleine in der Bar zu sitzen. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen den Abend in ihrer Wohnung zu sein, mit ihren Freunden zu quatschen oder im Internet zu surfen, sich nochmals ihr Script durch zu lesen, welches sie immer noch nicht so wirklich auf der Reihe hatte, durch den aber sehr hastigen Anruf ihrer Freundin hatte sich sich dann doch aus dem Zimmer getraut und sich unter die Leute gemischt. So gut es eben ging. Depremiert brummte sie auf, schob das nun leere Glas zurück und lehnte sich mit den Unterarmen auf dem Thresen auf. Vielleicht noch eine Stunde, dann würde sie abhauen. Dann aber hatte sie sich das vor einer Stunde schon einmal vorgenommen. Wenn sie nicht so furchtbar an Chigi hängen würde, dann hätte sie die andere wohl schon vor einer Ewigkeit zum Mond geschossen. Sie hatte geradezu einen Narren an der anderen Schauspielerin gefressen, wesshalb sie wohl bis spät in die Nacht warten würde...

Ein Schubsen an ihrer Schulter verleitete sie dazu, sich etwas um zu drehen, hatte kurz darauf ein Glas vor der Nase. Es roch nach etwas alkoholischem, sah aber dann doch recht ansehnlich aus. Ein Cocktail vielleicht.

"Du siehst aus, als bräuchtest du was starkes", kam es von der Frau, die ihr das Glas hinhielt. Für eine Sekunde dachte Shio, sie hätte Chigi vor sich, aber auf den zweiten Blick merkte sie, dass sie die andere Frau gar nicht kannte. Verwirrt nahm sie das Glas. Dann aber wieder kam ihr die lächelnde Frau bekannt vor. Vielleicht waren sie sich mal über den Weg gelaufen. Kurz überlegte sie, ob sie den Cocktail ablehnen sollte, aber was schadete schon etwas Gesellschaft?

"Uhm... danke?"

"Macht es dir etwas aus, wenn ich mich hierhin setze?"

"Nein. Nein gar nicht. Bitte. Sei mein Gast."

Mit einer Handbewegung wies die Blonde die andere Frau an, sich auf den freien Platz neben sie zu setzen, den sie eigentlich für Chigi bereitgehalten hatte. Kaum hatte sich die andere gesetzt winkte sie den Kellner heran, bestellte sich selbst noch etwas, dessen Namen sie noch nie gehört hatte, aber es klang nach einem weiterem Cocktail, und wandt sich ihr dann erneut zu.

"Verzeihung, wenn ich dich einfach überfalle. Bist du allein hier?"

"Ich warte eigentlich auf jemanden."

Die Frau ihr gegenüber grinste, legte den Kopf auf die Seite.

"Deiner Miene nach zu urteilen, vergeblich."

Shio hob die Augenbrauen, blickte kurz verwirrt auf das Handy, dass vor ihr auf dem Tisch lag, auf das Glas und wieder zu der anderen. War sie so leicht zu lesen? Wie konnte sie davon wissen?

"Oh keine Sorge. Ich bin kein Hellseher oder so. Nur ich kenne das Gefühl und man sagte mir ich sehe dabei genauso aus wie du."

"So? Nun..." Shio stockte kurz. Eigentlich wollte sie die andere scharf anfahren, aber vielleicht war es mal die Lektion, die sie Chigi erteilen musste. Von ihren Freunden bestand immerhin keine Gefahr, warum also nicht jemanden von ausserhalb hinzu nehmen? Shio lächelte etwas. "Also dann kannst du es mir ja nachfühlen?" Sie hatte keine Ahnung wie man ein derartiges Gespräch anfing oder weiterführte. Sie kannte diese Frau nicht. Eventuell sollte sie sich erst einmal vorstellen, wesshalb sie der anderen die Hand hinhielt. "Suzumi Shio. Hoshigumi."

Freundlich schüttelte die andere ihr die Hand, lächelte ebenfalls. Sie war geradezu bezaubernd.

"Sena Jun. Tsukigumi."
 

Asako konnte dabei zusehen, wie sich die Augen der anderen etwas weiteten, sie für ein paar Sekunden einfach schwieg. Hoshigumi also. Sie hatte auf etwas in der Richtung gehofft. Inzwischen hatte der Top Star vier Wochen Zeit gehabt um über ihre nächsten Schritte nach zu denken, hatte dabei schon angefangen ihren Einfluss in Tsukigumi zu festigen. Während der Tour hatte sie herausgefunden, dass ihr so viele, als es um die Empfehlungen für das Elisabethstück ging, in den Rücken gefallen waren ohne, dass sie Wind davon bekommen hatte. Zwar gab sie es nicht gern zu, aber Natsuki hatte Recht behalten. Es ging nur um Einfluss. Und da Saeko den wohl meisten Einfluss auf sie hatte entschied sie sich, den ehemaligen Top Star vollends aus ihrem Leben zu streichen und sie zu ignorieren, selbst wenn es ihr noch immer weh tat. Wenn sie das bekam, was sie wollte, würde ihr auch Saeko sicher irgendwann verzeihen. Für sie war aber wichtiger Natsuki gehörig eins aus zu wischen, aber schnell hatte sie verstanden, dass Tsukigumi allein dafür nicht reichen würde. Asako hatte noch viele Kontakte zu Hanagumi, die sie noch immer aufrecht erhielt und die hinter ihr stehen würde, aber Takarazuka bestand immerhin nicht nur aus diesen zwei Troupes. Neben Tsukigumi und Hanagumi gab es noch die Snow-Troupe, Yukigumi, die Star-Troupe, Hoshigumi, die Cosmos-Troupe, Soragumi, die in Takarazuka die jüngste exestierende Truppe darstellte, und die dem gegenüberliegende Gruppe der Senka, den Superior-Members. Die führenden, beliebtesten Truppen waren Tsukigumi und Yukigumi, die sich den ersten Platz teilten, gefolgt von Hanagumi, anschliesend Hoshigumi und Soragumi bildete als jüngste Einheit den Schluss, allerdings stieg ihr Ansehen mit jedem neuem Stück, sodass sie mit Hoshigumi gleich zu setzen waren. Die Senka sprangen zwischen den einzelnen Stücken, übernahmen meist die Rollen der älteren Personen oder griffen den Jüngeren mit Einzelunterricht unter die Arme. Osa hatte die Senka mal als 'Grey-Earls', als Eminenzen, bezeichnet und wenn man sich Gaichi so ansah, dann stimmte das in jeder Hinsicht. Asako hatte viel Zeit damit verbracht abends in ihrem Bett zu liegen und ein zu schätzen, wie viele der Truppen wohl hinter ihr stehen würden falls Tsukigumi und Yukigumi sich erneut um ein Stück streiten würden, kam dann zu dem Schluss, dass sie auf jeden Fall verlieren würde. Bissher hatte sie immer alles gespielt, was man ihr gegeben hatte ohne es zu hinterfragen, bei Elisabeth war ihr der Kragen aber geplatzt. 'Sie hat Freunde in allen Gruppen weil sie überall schon einmal war. Die Leute stehen hinter ihr, egal was sie sagt', hatte ihr Kimu erzählt und es lauerte wie eine tickende Zeitbombe in ihrem Hinterkopf. Sie hatte keinerlei Erfahrungen mit den anderen Truppen, kannte sie nur aus Erzählungen. Durch die Takarazuka-Specials hatte sie hier und da mit ein paar anderen Gruppen zusammen gearbeitet, aber das hatte sich meist nur auf ein paar Wochen limitiert, wobei sie danach nie mehr von den Leuten gehört hatte. Die einzige Verbindung, die sie zu Yukigumi hatte war Kimu und die würde sie nicht gegen ihre Vorgesetzte richten, sondern bei einem Streit eher neutral bleiben. Und was garantierte ihr, dass ihre eigene Truppe sie nicht nochmals hintergehen würde? Blieb ihr also nur übrig sich Leute aus anderen Truppen an zu eignen, deren Kontakte weiterhin zu nutzen. Shio war vielleicht ein guter Anfang.

"Du kannst ruhig weiter mit mir sprechen", sagte Asako als die blonde Frau ihr gegenüber verstummt war. "Ich beise nicht."

"Ich... ich wusste nicht dass mir ein Top Star gegenüber sitzt. Nur von Postern." Sie lächelte etwas.

"Das wissen die wenigsten. Aber keine Sorge. Ich bin ein menschliches Wesen wie jeder andere auch." Ihr Drink kam endlich an, sie bedankte sich und hob diesen etwas an. Sie war sich noch vollends unsicher wie sie das ganze angehen sollte, denn es war eine Spontanentscheidung gewesen vom Tisch weg zu gehen und sich stattdessen zu der Otokoyaku zu setzen. Wohl vor allem um endlich Natsuki und Saeko aus dem Weg gehen zu können. Dann aber hatte sie sich noch nie jemand fremden angenähert, zumindest nicht im nüchternem Zustand. "Darf man fragen auf wen du so vergeblich wartest?"

Shio seufzte einmal etwas, drehte sich dabei wieder vollends zum Thresen und damit dem Drink zu.

"Meine Freundin. Oder zumindest was in der Richtung." Die Blonde nippte einmal an ihrem Cocktail. "...Der ist gut."

"Etwas in der..." Weiter konnte Asako nicht sprechen, da das Handy auf dem Thresen einmal laut vibrierte, sodass es an ihre Hand sties. 'Chigi' stand darauf und Shio seufzte einmal laut nachdem sie einen Blick darauf geworfen hatte. Asako stellte das Glas ab.

"Das ist sie..."

"Darf ich?" Asako nahm das Handy in die Hand, wobei Shio kurz die Augenbraue kraus zog, dann aber leicht nickte. Der Top Star hob ab und drückte sich das Handy ans Ohr.

"Shio! Bevor du ausflippst..."

"Shio ist gerade nicht da", sagte sie im leicht unterkühltem Tonfall. Die Stimme am anderen Ende klang etwas ausser Atem, aber ein bisschen wie Kiriyan. "Kann ich was ausrichten?"

"Was... wer ist dran? Wo ist Shio?"

Asako schwieg ein paar Sekunden, blickte in Richtung des Tisches, an dem immer noch ihre Freunde saßen. Sie spürte Yuuhi's Blicke im Rücken.

"Sie ist gerade die Toiletten suchen. Keine Ahnung, wann sie wieder kommt, könnte aber noch eine Weile dauern."

Stille am anderen Ende, aber sie hörte ein leises Seufzen. "Ich... na gut... Kannst du ihr sagen, dass ich mich noch etwas verspäte?" Kurze Rufe im Hintergrund. So dann war die Frau am anderen Ende noch am Proben. "Ja ja ich komme ja!" Asako lächelte nur schief. Das kannte sie nur zu gut.

"Ich richte es aus. Gefallen wird es ihr aber bestimmt nicht."

"Gut danke... Sag ihr es tut mir leid."

Der Top Star drückte auf den Auflegeknopf, legte das Handy mit leicht ernster Miene zurück auf den Tisch. Shio ihr gegenüber sah sie neugierig an. Im Augenwinkel sah sie, wie sich ihre Freunde doch langsam regten und ihre Abwesenheit vom Tisch bemerkten.

"Und? Was sagt sie?"

"Sie kommt heute nicht. Ihr ist wohl etwas dazwischen gekommen."

"Das ist so typisch", meinte die Blonde sichtlich enttäuscht, schnaubte einmal frustiert und nahm einen großen Zug von dem spendiertem Getränk.

"Vorsichtig. Das Zeug schmeckt zwar nicht so, aber es geht ziemlich schnell in den Kopf."

"Ist doch auch egal. Ich bin extra heute früher gegangen damit wir uns treffen können und jetzt das."

"Hört sich an, als wäre das nicht das erste Mal."
 

Am liebsten hätte Shio wohl ihr Glas auf den Boden geworfen. Natürlich war es nicht das erste Mal. Es passierte ständig und sie hasste Chigi jedes Mal aufs neue dafür. Natürlich war ihr klar, dass die andere als Mitglied von Hoshigumi immer besonders viel Arbeiten musste, da die Truppe nicht nur unter sehr neu war, sondern da sie kurz vor der Premiere standen und Chigi eine kranke Schauspielerin ersetzten musste der Stress besonders hoch war. Dennoch frustrierte sie es jedes mal erneut. Vielleicht lag es am Alkohol, der ihr mit rasanter Geschwindigkeit in den Kopf stieg, oder eben an ihrem sowieso schon losem Mundwerk, aber sie plapperte dann doch.

"Nein nicht das erste mal. Das achte mal seit ich sie kenne", sagte sie und nahm erneut einen Zug von dem Cocktail.

"Und wie lange kennt ihr euch?"

"Zwei Monate."

"Das ist aber nicht lange." Erst als sich ein Schatten zwischen sie und Sena schob bemerkte sie die andere Frau, die sich zu ihr gesellt hatte. "Was gibt es denn Yuuhi?" So dann kannten sich die beiden. Yuuhi... Oozora Yuuhi vielleicht? Sie hatte gerüchteweise gehört, dass sie nach Hanagumi oder Hoshigumi wechseln würde.

"Asako was soll das?", fragte die andere Otokoyaku mit hörbar gereiztem Unterton. Asako war dann wohl Sena's Rufname.

"Was soll...was?" Sena sah etwas verwirrt drein.

"Du sagtest du würdest dich zusammenreisen."

"Das tu ich doch. Ich unterhalte mich nur nett. Du weist genau wie sehr Natsuki mich momentan nervt. Und dass sie sich neben mich setzen musste macht es nicht besser."

"Aber desshalb..."

"'Tschuldigung", mischte sich Shio ein und Yuuhi drehte sich zu ihr. Gott regte sie das auf. Zuerst Chigi und jetzt nahm man ihr auch noch die Gesprächspartnerin weg. "Tut mir leid wenn ich mich einmische, aber ich denke mal, dass Sena gut entscheiden kann was sie will." Inzwischen war der Alkohol definitiv in ihrem Kopf. Normalerweise ging sie das gar nichts an.

"Du hast sie gehört." Sena lächelte ihr einmal zu. "Du siehst aus, als ob du frische Luft vertragen könntest."

"Verdammt Asako!"

"Yuuhi jetzt komm mal runter. Es ist nicht immer so wie du denkst!"

Shio seufzte nur und stand auf, tat es damit ihrer Gesprächspartnerin gleich.

"Ich denke wirklich, dass ein wenig frische Luft uns allen gut tut."
 

Zwar hatte Yuuhi nochmals protestiert, jedoch war sie einfach Shio nach drausen verfolgt ohne weiter auf ihre Freundin zu achten. Sie benahm sich langsam wie Gaichi. Immerhin war sie kein Mädchen mehr.

"Verzeihung, dass du das mit anhören musstest", sagte sie und sah zu der blonden Frau, welche sie nur leicht angeheitert anlächelte.

"Schon gut. Ich kenne das. Ich hab auch so jemanden der ständig meint auf mich aufpassen zu müssen."

"Dann weist du ja wie nervig das sein kann."

Die zwei Frauen gingen ein Stück die Straße hinunter, gemächlich, stoppten erst, als sie vorm Takarazuka-Dorm standen. Schon wenn man in Richtung des Dorms kam wurde es mit einem mal freier, weniger Häuser, dafür mit viel mehr Grün sodass man viel Freiraum hatte. Obendrein war es um diese Uhrzeit sowieso leer.

"So... Natsuki. Meintest du Mizu Natsuki?", fragte Shio schließlich als sie sich auf eine Bank niedergelassen hatten.

"Du kennst sie?"

"Kennen wird überbewertet. Ich habe sie mal getroffen. Sie ist mit Chigi befreundet." Asako rollte einmal mit den Augen und stöhnte genervt auf. Lief ihr dieser verblödete Yukigumi-Top-Star eigentlich überall über den Weg? "Du klingst nicht begeistert."

"Sie hat mir die Freundin gestolen. Also ja, ich bin nicht von ihr begeistert."

"Freundin? Meinst du..."

"Ja. Diese Art Freundin."

"Oh..."
 

Mit einem Mal wusste Shio nicht mehr was sie sagen sollte und etwas Besseres als 'Oh' fiel ihr erst recht nicht ein. Dass Natsuki so war wusste sie nicht.

"Das bleibt aber unter uns", sagte Sena dann wieder, wobei Shio nur etwas nickte. Dass sie ihr, einer Fremden, etwas derartiges erzählte war schon fast merkwürdig. Dann aber wieder fragte sie sich, ob Natsuki es bei Sena's Freundin belassen würde. Zwar hatte sie den Yukigumi-Star nur einmal getroffen, aber schon da hatte sie schon gemerkt, dass Natsuki es wohl nie so ganz ernst nahm mit dem was sie tat.

"Darf ich fragen, was passiert ist?"

"Wenn ich das nur selbst wüsste. Ich gehe schon davon aus, dass sie schon etwas miteinander hatten während ich noch mit meiner Freundin zusammen war."

"Autsch. Klingt böse."

"War es auch."

"Aber sie war heute abend mit bei euch oder?"

"Ja. Aber nur weil Milady darauf bestanden hat. Sie hofft, dass ich mich wieder mit ihr vertrage wenn sie es lange genug versucht."

"Milady? Wer ist das?"

"Nicht wichtig. Wie auch immer." Der Tsukigumi-Top-Star winkte leicht ab, lächelte dann wieder zu ihr. "Du sagtest Chigi sei mit ihr befreundet. Deine Freundin?"

Shio merkte, wie sie rot wurde. In diese Richtung hatte sie noch nie gedacht. Klar hatte Chigi schon eindeutige Anspielungen gemacht, aber nach den letzten Reinfällen war sie zurückhaltender geworden.

"Ich nehme das als nein?"

"Ehrlich gesagt weis ich das selbst nicht", seufzte Shio leise, beugte sich vor und stütze das Kinn in der Hand ab. "Und ich weis auch nicht, ob sie es will."

"Wenn sie Natsuki wirklich kennt, dann solltest du es lassen."

"Meinst du?"

"Meine ich. Natsuki hat ihren Spaß daran Leute zu zerstören. Egal wie. Sie war schon immer so."

"Kennst du sie schon länger?"

"Von der Schule. Sie war immer die Art Person, die den Muskelprotzen den Ton angab und die dich dann verprügelt haben."

"Verstehe..."
 

In der Bar sah Saeko sich noch immer nach Asako um. Der Tsukigumi-Top-Star war jetzt schon eine ganze Weile weg und sie hatten noch kein Wort miteinander gewechselt, was der ehemaligen Tod-Darstellerin mehr als schwer im Magen lag. Eigentlich hatte sie Mizu schon lange abschießen wollen, tat es aber nicht ehe sie endlich mit Asako im Reinen war. Mizu war immerhin der einzige Grund, wesshalb sie noch in Takarazuka bleiben konnte, obwohl sie schon angekündigt hatte nach der Elisabeth-Aufführung von Yukigumi Takarazuka entgültig zu verlassen. Der Einfluss des Yukigumi-Top-Stars war einfach zu enorm als dass sie damit mithalten konnte. Zumindest nicht mehr.

"Jetzt mach dir mal keine Sorgen. Die taucht schon wieder auf", sagte Chika neben ihr, nippte abermals an ihrem Drink und lächelte etwas.

"Das sagst du so einfach." Saeko seufzte. Kiriyan und Yuuhi waren auch schon weg, ebenso Kimu, sodass am Ende nur noch Gaichi, Osa, Chika und sie selbst am Tisch saßen. Osa war mal wieder recht verzweifelt daran Asako schreiben oder anrufen zu wollen, Gaichi nahm ihr irgendwann das Handy weg und meinte nur, dass der Top Star dann doch inzwischen alt genug war um entscheiden zu können was sie machen wollte. Noch immer wusste keiner, wesshalb sich Asako entschieden hatte Saeko so rüde zu ignorieren, aber sie machte es nur immer deutlicher. Saeko stand auf.

"Ich geh sie suchen."

"Reicht es nicht dass Yuuhi und Kiriya schon unterwegs sind."

Ganz davon abgesehen, dass sie Yuuhi an der Bar sitzen sah, Kiriyan gerade von drausen kam und ziemlich ratlos aussah machte sich Saeko einfach Sorgen. Ohne weiter auf Chika zu achten, die ihr nachrief, ging sie zu Kiriyan, blieb vor ihr stehen.

"Ayami sagt, sie hat Asako die Straße runterlaufen sehen. Ich glaube sie sind Richtung Dorm."

"Was soll das heißen 'sie'?"

"Sie war wohl in Begleitung."
 

Irgendwann hatte sich Asako doch auf den Rückweg gemacht, wobei der Abend aus Asako's Sicht mehr als gut verlaufen war. Sie und Shio verstanden sich blendend, lachten auf dem Weg zurück viel und tauschten Nummern aus. Shio selbst hatte entschieden in ihre Wohnung zu gehen und den Abend ausklingen zu lassen. Was Asako die Laune dann doch etwas verdarb war, dass Saeko ihr auf halbem Weg entgegen lief.

"Da bist du ja. Verdammt warum haust du immer einfach ab?", der ehemalige Top Star klang besorgt, aber der Tsukigumi-Top-Star versuchte zunächst sich einfach an ihr vorbei zu drängen. Saeko hielt sie am Arm. "Du kannst mir nicht ewig ausweichen. Das weist du."

"Ich kann es versuchen."

"Benimm dich nicht wie ein Kind!"

"ICH benehme mich wie ein Kind?? Denkst du es ist schön dich mit der Person zu sehen, die mir die Rolle gestohlen hat?"

Saeko seufzte und verfestigte ihren Griff etwas um ihren Arm.

"Du weist genau, dass das nicht stimmt."

"So? Tut es nicht? Dann erklär mir mal wieso du damit einverstanden warst nach Yukigumi zu wechseln."

"Das war nicht meine Entscheidung."

"Natürlich war es deine", fauchte Asako, entriss ihren Arm der anderen und atmete nochmals durch.

"Hör endlich auf so eifersüchtig zu sein. Du hast gar keinen Grund..."

"Ich bin nicht Eifersüchtig. Es ist mir scheißegal mit wem du deine Zeit verbringst oder wer dich regelmäßig flachlegt. Nur werde ich kein Teil davon sein."

"Asako..."

"Ich hab es dir schon einmal gesagt. Ich bin fertig mit dir, Saeko. Ich will nicht mehr."

Sie wandt der anderen den Rücken zu, wobei sie die Hände der anderen auf ihrer Hüfte fühlte. Da war es schon wieder. Da war dieser verdammte Einfluss, den Saeko auf sie hatte. Inzwischen hatte sie gelernt ihre Gefühle zumindest äusserlich in Zaun zu halten.

"Du willst den ganzen Streit genauso wenig wie ich", sagte die Tod-Darstellerin und lehnte die Stirn an ihr Schulterblatt. "Wieso weigerst du dich nochmal an zu fangen?"

"Weil du dein Versprechen gebrochen hast." Schweigen. "Du sagtest du bist immer bei mir. Du warst es nicht. Ich bin mir bewusst, dass ich auch Fehler gemacht habe, aber obwohl du angeblich noch was für mich fühlst bist du bei Natsuki."

"Wenn du willst, dann verlass ich sie sofort."

"Das kannst du nicht."

"Natürlich."

"Nein. Ich hab es gesehen. Ich sehe es immer noch. Seit zwei Jahren. Sie hällt dich wie ein Puppenspieler an den Fäden. So kann ich das nicht." Asako drehte sich um, blickte somit Saeko doch endlich an und legte ihr die Hand an die Wange. "Das mit Elisabeth ist nicht nur eine Rolle für mich. Du sagtest ich sei deine Elisabeth. Wenn Natsuki den Tod spielt, was bist du dann? Was bin ich dann? Und was sind wir dann?"

"Es ändert es nicht..."

"Oh doch das tut es. Glaub mir. Ich bekomm diese Rolle." Asako lächelte, beinahe zärtlich und beugte sich vor sodass sie den Atem der anderen an ihrer Haut fühlen konnte. "Mir ist es egal, was mich das kostet. Bevor ich den Tod nicht gespielt habe kann ich nicht mit dir zusammen sein."

"Asako hör mir bitte nur für einen Moment zu..."

"Nein. Ich hab genug zugehört. Jahrelang. Osa, Gaichi, Yuuhi, Kiriyan, dir... Ich denke, dass es langsam Zeit wird mal selbst die Zügel in die Hand zu nehmen."

Saeko schluckte einmal sichtlich, krallte sich etwas in ihre Taille.

"Was ist mit dir passiert, Asako? Das klingt so gar nicht nach dir."

"Ich weis. Ich habe mich verändert."

"Ich liebe dich aber immer noch..."

"Ich dich auch. Und oh gott ich bin verrückt nach dir. Ich bin süchtig nach dir." Abermals ein etwas gequältes Lächeln seitens Asako. "Das Natsuki das hat was ich so sehr will tut mir weh."

"Ich sagte dir doch dass ich sie vor die Tür setzen kann..."

"Es ändert nichts, dass sie dich immer noch an der Angel hat. Ich hab gesehen was sie tun kann. So sehr ich dich auch will, ich will erst sicher gehen, dass ich es kann."

"...Was kann?"

"Die Fäden durchschneiden, an denen sie dich festhällt. Tu mir nur einen Gefallen und lass sie ihr Ding durchziehen solange wie sie es für nötig hällt. Ich will dich unbedingt selbst zurück gewinnen."
 

Saeko schluckte. Die Art und Weise wie Asako sie ansah war geradezu furchteinflösend. Sie kannte diesen Blick nur zu gut.

"Nur wenn du mir etwas versprichst", sagte Saeko leise, wobei Asako ein wenig verwundert dreinsah.

"Und das wäre?"

"Werde nicht so wie Natsuki. Du bist ein so herzensguter Mensch. Tu bitte nichts, was du bereust."

Asako lächelte nur, legte die Arme um ihren Hals während sie ihren Körpe näher an sie schob. Saeko legte die Arme um die junge Frau, drückte sie sanft an sich.

"Sag, dass du mich liebst", flüsterte Saeko leise, lehnte die Stirn an die der kleineren.

"Ich liebe dich", sagte Asako ebenso leise. Die ehemalige Tod-Darstellerin schwieg ein paar Augenblicke. Hauchte der Tsukigumi-Darstellerin einen Kuss auf die weichen Lippen.

"Ich glaube dir, okay?"

Interlude

Seufzend sah Yuuhi, wie Asako der fremden Frau dicht auf den Fersen folgte, lies sich auf einem der nun leeren Stühle nieder. Dass Asako schon wieder so weit ging regte sie auf, in einem Maße, von dem sie nicht wusste, dass sie es überhaupt erreichen konnte, aber wer war sie schon ihr zu wiedersprechen? Asako war zwar ihre Freundin, aber immer noch ihre Vorgesetzte. Vielleicht war es ein Grund froh zu sein, dass sie die Truppe wechselte, wohl eher wechseln musste. In Hanagumi war sie hoffendlich endlich etwas freier in ihrem Handeln. Noch immer hatte sie Kiriyan nichts davon erzählt, auch wenn es ihr ein schlechtes Gewissen machte. Yuuhi schielte zu dem Getränk, dass Asako sich bestellt hatte und bissher nur zwei mal am Strohhalm gezogen hatte. Sie hatte doch gleich gewusst, dass der Tsukigumi-Top-Star sich hatte betrinken wollen, wenn sie von dem anderen Glas, welches sie der Blonden ja schließlich gegeben hatte, keinen Schluck genommen hatte. Was fand sie nur immer an dem Zeug? Ob sie doch mal probieren sollte? Yuuhi verabscheute Alkohol, in jeglicher Hinsicht, denn seit eine ihrer Freunde einmal beinahe bei einem Saufgelage draufgegangen wäre, war sie immer etwas kritisch dem gegenüber. Die Otokoyaku beugte sich zu dem Drink, schnupperte einmal daran. Merkwürdig. Es roch so gar nicht nach Alkohol. Besser sie fragte mal nach, sah sich nach dem Barkeeper um und winkte ihn zu sich.

"Verzeihung. Die Lady die hier gesessen hat. Was hat sie sich bestellt?"

"Der Drink steht vor dir."

Yuuhi seufzte und rollte mit den Augen, woraufhin der Barkeeper nur grinste.

"Das ist mir schon klar. Ich meine was ist drin?"

"Orangensaft, Bananensaft, Kirschsaft..."

"Alkohol?"

"Keiner. Schmecken tut er trotzdem", meinte mit einem Mal eine Stimme hinter ihr. Der Barkeeper lachte auf.

"War mir klar, dass du den kennst."

"Ist immerhin mein Standartdrink." Die Frau setzte sich neben Yuuhi und beugte sich zu dem Barkeeper. "Hast du Shio gesehen?"

"Gesehen ja. Sie ist aber vorhin raus zum frische Luft schnappen, du hast sie also grade verpasst. Ich glaub aber sie dürfte bald wieder da sein."

Die junge Frau neben ihr seufzte und lies den Kopf kurz hängen ehe sie wieder lächelte.

"Danke. Dann warte ich."

Yuuhi hörte sich das ganze nur an, zog die Stirn kraus. Irgendwie kam ihr das bekannt vor.

"Wenn ich fragen darf", begann Yuuhi und die junge Frau sah dabei auf. "wie sieht diese Shio denn aus? Vielleicht hab ich sie gesehen."

Die andere fuhr sich kurz durch die Haare. Sie sah aus als ob sie gerade von einer Probe gekommen wäre, denn sie trug noch ein paar locker sitzende Klamotten und war obendrein ungeschminkt. Irgendwie sah sie ein bisschen aus wie Asako, aber ihr Blick hatte etwas von Kiriyan.

"Shio zu erkennen ist nicht sonderlich schwer. Sie hat sehr kurze Haare und ist blond. Suzumi Shio heißt sie."

Das hätte sie sich denken können. Asako hatte wirklich Talent dafür sich immer die falschen aus zu suchen mit denen sie ihre Zeit verbrachte. Vielleicht war es besser der anderen nicht zu sagen, dass ihre Freundin mit Asako weggegangen war, bedachte man, dass der Tsukigumi-Top-Star 'Untertanen' sammelte wie andere Leute Briefmarken. Sie schüttelte den Kopf.

"Nein tut mir leid. Ich dachte vielleicht könnte ich helfen."

Die Frau ihr gegenüber lächelte etwas, lies den Kopf etwas hängen.

"Trotzdem danke." Sie sah abermals auf und reichte Yuuhi die Hand. "Sagiri Seina. Soragumi. Man ruft mich Chigi."

Lächelnd schüttelte sie der anderen die Hand.

"Oozora Yuuhi. Tsukigumi. Es reicht aber Yuuhi."
 

Chigi lächelte etwas mehr. Von Yuuhi hatte sie schon einmal was gehört. Masao, eine Freundin von ihr, hatte ihr einmal etwas über Tsukigumi erzählt als Sena Jun der Top Star der Troupe geworden war. Yuuhi's Hundeblick als Rudolph war geradezu gefürchtet. Kurz warf sie einen Blick durch die Bar, aber so wie sie Shio kannte brauchte sie noch eine Weile, bis sie wieder zurück kam. Ihre Spatziergänge zogen sich immer bis ins Unendliche. Da konnte sie sich auch nett unterhalten.

"Ich kenne ein paar Leute aus Tsukigumi. Ich hörte ihr wart auf Tour. Wie wars denn?"

Yuuhi lachte etwas und zog den Drink, von dem sie eigentlich davon ausgegangen war, dass er nicht ihr gehörte, etwas näher und nahm einen Schluck daraus.

"Anstrengend. Stundenlang in einem Bus aufeinander zu sitzen geht ganz schön auf die Nerven. Aber wir hatten trotzdem eine ganz gute Zeit. Die Bühnen waren sehr schön."
 

Drausen lief Kiriyan noch immer hin und her, über die Straße und wieder zurück in der Hoffnung Asako noch ab zu fangen. Vergeblich. Wie schaffte der Tsukigumi-Top-Star eigentlich immer einfach so ins Nichts zu verschwinden? Es war fast zum Wahnsinnig werden.

"Kiri!", rief eine ihr vertraute Stimme und die Otokoyaku drehte sich um. Masao stand mit einem Lächeln vor ihr. "Hey was machst du hier? Ich dachte du feierst ordendlich mit Yuuhi."

"Hallo Ayami."

"Was soll das lange Gesicht?"

"Asako ist mal wieder verschwunden."

"Die ist aber gerade die Straße runter."

"Was? Du hast sie gesehen?"

"Ja. Sie ist mit irgendwem Richtung Dorm. Sie sahen aber beide noch ziemlich nüchtern aus."

"Das will ich mal schwer hoffen. Wer war bei ihr?"

"Keine Ahnung. Ich kenne sie nicht. Aber weil sie blond war war sie nicht zu übersehen."

"Blond?"

"Ja. Hübsch obendrein. Die zwei haben sich ganz angeregt unterhalten, aber Sena sah aus als wäre sie mächtig sauer."

Kiriyan seufzte etwas, fuhr sich durch die Haare. Das war ja ganz toll. Kimu würde das nicht gefallen, von Saeko mal ganz zu schweigen. Der ehemalige Top Star würde an die Decke gehen. Sie wurde in letzter Zeit immer sehr leicht und heftig eifersuchtig. Fast schon irgendwie traurig, dass die zwei immer noch so besessen voneinander waren und dennoch lieber ihre Zeit mit anderen Partnern verbrachten. Geschweigedenn sich so gegenseitig anfauchten, dass man meinen könnte sie würden sich jeden Moment zerfleischen.

"Verstehe... Danke Ayami. Was machst du hier?"

"Ich bin gerade mit Mirio, Masao und ein paar anderen am feiern. Aber da die zwei schon eine Weile weg sind denke ich mal, dass sie nicht wieder zurückkommen." Ayami lachte etwas. "Ich geh dann auch mal wieder rein."

"Wate ich komme mit."

Die zwei Frauen gingen wieder rein als Saeko sie auch schon fast in der Tür abfing. Sie konnte sich denken wieso die ehemalige Tod-Darstellerin so durch den Wind war, desshalb kam sie besser gleich zur Sache bevor sie ein blaues Auge riskierte.

"Ayami sagt, sie hat Asako die Straße runterlaufen sehen. Ich glaube sie sind Richtung Dorm." Ohje da ging es schon wieder los. Saeko's Miene wurde ernst und sie knirschte leicht mit den Zähnen.

"Was soll das heißen 'sie'?"

"Sie war wohl in Begleitung." Saeko war schneller weg als sie hätte bis drei zählen können, wobei sie Kiriyan fast umgerannt hätte. "Gern geschehn", rief sie ihr noch nach und seufzte leicht.

"Hast es wohl nicht leicht, oder?", sagte Ayami und lächelte etwas aufmunternd zu Kiriyan.

"Nein nicht wirklich. In letzter Zeit gibts echt nur Probleme."

"Ach das wird schon. Amüsier dich noch schön. Yuuhi sitzt im übrigem an der Bar wie ich gesehen hab."

"W-was ich... hey!"

Ayami zwinkerte ihr nur einmal zu bevor sie in der Menschenmenge verschwand. Kiriyan spürte, wie ihr der Rotschimmer auf den Wangen lag. Sie wusste nicht ob es so gut war, dass inzwischen wohl jeder von der 'Beziehung' von ihr und Yuuhi, die allerdings immer noch keine war. Keine der beiden traute sich den ersten Schritt zu machen und vielleicht war das ganz gut so. Sie wollten beide ihre Freundschaft nicht gefährden. Anstatt sich also auf den Weg zur Bar zu machen, so wie Ayami es wohl geplant hatte ging Kiriyan zurück zum Rundtisch, wo noch immer Mizu, Osa und Gaichi saßen. Gaichi, inzwischen wohl mehr als gut angetrunken, saß auf Osa's Schoß und flirteten sich gegenseitig an. Manchmal wünschte sie sich, dass jede Beziehung so einfach und eindeutig wäre wie die der beiden.

"Hast du gesehen, wo Saeko hin ist?", frage Mizu, die inzwischen einen weiteren Drink wegtrank.

"Keine Ahnung. Sie ist einfach an mir vorbei gelaufen."

Es war wohl besser wenn Mizu nicht herausfand, dass Saeko hinter Asako herlief. Mal wieder. Sie hatte nur einmal einen der Eifersuchtsanfälle des Yukigumi-Stars mitbekommen, aber der hatte gereicht. Sie war fast genauso furchteinflößend wie Saeko, wenn sie mal ihre Phase hatte.

"Hm..." Mizu lehnte sich zurück und sah in eine Richtung. Mit einem Mal lächelte sie etwas.

"Was grinst du?", fragte Kiriyan etwas verwirrt.

"Sag mal... Bist du jetzt eigentlich mit Yuuhi zusammen oder ist das nur ein Gerücht? Wenn ja dann solltest du jetzt wohl deine Freundin vor Chigi retten gehen."

"Wir sind nicht zusammen! Warum sollte ich sie also retten wollen?"

Wortlos zeigte Mizu in Richtung Bar, wo sich Yuuhi angeregt mit einer anderen Frau unterhielt. Kiriyan fiel fast die Kinnlade runter.
 

Chigi entpuppte sich dann doch als eine angenehmere Gesprächspartnerin, als sie zunächst angenommen hatte. Die junge Frau war lustig, erzählte interessante Stories und schien recht offen ihr gegenüber zu sein. Yuuhi lauschte ihr aufmerksam, lies ab und an einen Kommentar dazu, was die andere ihr erzählte, aber hörte größtenteils nur zu. Sie war noch nie eine große Rednerin gewesen, hörte den anderen lieber zu. So hatte sie es schon bei Asako gemacht, bei Osa, bei Gaichi und bei Kiriyan. Besonders bei Kiriyan, wobei sie bei jener noch am gesprächigsten war, was wohl oder übel daran lag, dass sie die Otokoyaku schon am längsten kannte. Sie waren schon ziemlich lange zusammen in Takarazuka und die andere hatte sie mit ihrer fröhlichen Art schon immer fasziniert. Jetzt wo sie so darüber nachdachte hatte Chigi sogar sehr viel von Kiriyan, dann aber eher Asako's Gesicht. Für einen Moment beäugte sie Chigi dann doch etwas genauer ohne genau auf das zu achten was sie sagte. Schon Asako hatte sie irgendwie immer fasziniert. Chigi hatte ein ebenso schmales Gesicht, desshalb nicht minder schön, aber genauso treue Augen wie das von Kiriyan. Auch das Lächeln ihrer besten Freundin hatte ihre Gesprächspartnerin ohne Zweifel drauf. Yuuhi lächelte etwas. Ja dieses Lächeln war es, dass sie immer so aufheiterte und sie so anzog.

"Hey Yuuhi!"

Die Otokoyaku wurde aus ihren Gedanken gerissen als Kiriyan mit einem Mal neben ihr stand. Chigi blickte etwas verwirrt drein, sah aber ebenso zu der Otokoyaku. Yuuhi lächelte etwas.

"Hallo Kiriyan. Hast du Asako gefunden?"

"Nein das nicht. Wer ist deine neue Freundin?"

Nanu? Den Tonfall kannte sie von der Vice gar nicht. Chigi erhob ihr Glas, entschied sich dafür sich selbst vor zu stellen.

"Sagiri Seina. Soragumi."

"Erfreut", meinte Kiriyan mit einem etwas erzwungenem Lächeln. Chigi war es vielleicht nicht aufgefallen, aber der Tonfall der Otokoyaku war ziemlich kalt.

"Ebenso. Kiriya Hiromu oder? Ich hab gehört, dass du der neue Top Star von Tsukigumi werden sollst wenn Sena mal aufhört."

"Gerüchte. Yuuhi hat da viel mehr Chancen als ich." Kiriyan legte ihr eine Hand auf die Schulter und Yuuhi lächelte nur etwas schief.

"Uhm du Kiri... desshalb... Uhm... kann ich da später nochmal mit dir drüber reden?"
 

Inzwischen konnte Kiriyan es nicht mehr leugnen. In ihr kochte die Eifersucht. Zuerst hatte sie versucht das ganze zu ignorieren, aber sie musste immer wieder zu Yuuhi und der fremden Frau sehen. Mizu hatte sich darüber lustig gemacht, wobei Kiriyan dann doch irgendwann aufgestanden war. Dieses Lächeln, dass Yuuhi der anderen gerade geschenkt hatte, war ihres allein. Normalerweise sah Yuuhi sie immer so an. Konnte es sein, dass die Fremde ihr gefiel? Wenn ja, was hatte sie, was sie selbst nicht vorweisen konnte? Sie entschied sich, sich einfach ins Gespräch ein zu mischen und selbst zu sehen was die fremde so besonders machte.

"Klar", meinte sie nur auf Yuuhi's etwas schwammige Aussage, drehte sich dann wieder zu Sagiri. "Und was machst du hier? Soragumi müsste doch inzwischen ziemlich im Stress sein."

Die junge Frau wurde etwas verlegen, kratzte sich leicht an der Wange.

"Eigentlich schon", gab sie zu, sah dabei auf den Thresen. "Ich bin früher abgehauen. Ich warte hier auf jemanden."

"So? Auf wen?"

"Das ist doch nicht wichtig Kiri", ermahnte Yuuhi sie mit einem Mal. Wie nicht wichtig? Natürlich war es wichtig. Wichtig für sie. Ob sich Yuuhi wohl nur mit ihr unterhalten wollte ohne gestört zu werden?

"Ist schon gut, Yuuhi", meinte Sagiri auf einmal und Kiriyan verkniff sich ein eifersüchtiges Brummen. Sonst durfte Yuuhi auch keiner mit Vornamen ansprechen. "Ich warte eigentlich auf eine Freundin. Sie ist aber schon ganz schön lange weg..."

Vielleicht war es etwas sehr weit hergeholt, aber irgendwie hoffte Kiriyan, dass das was ihr durch den Kopf schoss stimmte, auch, wenn es wohl mehr als schlecht für Saeko sein würde.

"Mal so ganz ins Blaue geraten... ist sie zufällig Blond?"

"Kiriyan!"

"Ja wieso?" Die Augenbraue der Fremden wanderte etwas nach oben. Wow. Asako hatte wirklich Talent immer die falschen ab zu schleppen.

"Ich hab sie gesehen. Sie ist vorhin Richtung Dorm gegangen. Vielleicht wollte sie nach Hause."

Kurz darauf tat es ihr auch schon wieder Leid als die Soragumi-Darstellerin geknickt auf den Boden sah.

"Ach verdammt. Immer das Selbe..." Sie sah auf und lächelte Yuuhi etwas gequält an. "Tut mir leid. Ich muss zu ihr. Sie ist sicher stinksauer. Vielleicht können wir uns ein andermal treffen, wenn mehr Zeit ist?"

Kiriyan spürte den stechenden Blick ihrer Freundin von der Seite, sah aber weiterhin zu der Fremden, die inzwischen aufgestanden war.

"Gerne", meinte die Otokoyaku nach kurzer Zeit, stand ebenfalls auf und reichte Sagiri die Hand zusammen mit einem Zettel, auf dem wohl ihre Telefonnummer stand. Leicht biss sich die Otokoyaku auf die Zunge, aber schwieg nur, sah dabei zu, wie Yuuhi's Gesprächspartnerin mit einem Lächeln aus der Bar verschwand.

"Das war unnötig", sagte Yuuhi und etwas schüchtern sah Kiriyan zu ihr. "Was sollte das? Du bist doch sonst nicht so."

"Tut mir leid... Aber sie hat dich angeflirtet."

"Wir haben uns nur unterhalten."

"... Du wolltest mir etwas erzählen?"
 

Yuuhi brummte etwas missgelaunt. Dass Kiriyan Chigi einfach so verscheucht hatte, auch noch mit einem so miesem Trick, ging ihr gehörig gegen den Strich. Lange böse sein konnte ihr sie jedoch nicht, konnte sie noch nie.

"Nicht hier", seufzte sie nach einer Pause und sah in Richtung des Tisches, an dem sich inzwischen nur noch Mizu befand, die langsam begann sich um zu sehen, wahrscheinlich nach Saeko, die immer noch nicht wieder aufgetaucht war. Gaichi und Osa... nun... waren wohl unter sich. Es würde sie also keiner vermissen. Niemand wichtiges zumindest. "Gehen wir nach Hause."
 

Es dauerte nicht wirklich lange, da waren die beiden Schauspieler zurück im Takarzuka-Dorm, jedoch in Yuuhi's Wohnung, was sie sonst nie taten. Yuuhi's Wohnung war noch spartanischer eingerichtet als die von Kiriyan, aber genau das war es, was Kiriyan so gegen den Stich ging. Unterwegs sahen sie noch Asako und Saeko. Zuerst hatten sie sich einmischen wollen als sie die beiden so eng umschlungen gesehen hatten waren sie auf einer anderen Straßenseite an ihnen vorbei gegangen. Vielleicht hatten sie sich endlich einbekommen.

"Yuuhi?", fragte Kiriyan etwas nervös. Die Otokoyaku hatte die ganze Zeit noch kein Wort gesagt. "Was ist mit dir?"

"Also? Was sollte die Aktion gerade? Du bist doch sonst nicht so fies."

Kiriyan ging zur Couch, setzte sich darauf und starrte auf den Boden. Vielleicht war sie wirklich etwas weit gegangen.

"Es tut mir doch leid."

"Das ist keine Antwort." Yuuhi setzte sich zu ihr und Kiriyan fühlte, wie die andere sie mit dem Blick durchdrang.

"...Ich weis es nicht..."

Die Frau neben ihr seufzte, legte die Hand auf ihre Schulter.

"Kiriyan."

"Es sah halt so aus als ob du dich lieber mit ihr unterhällst..."
 

Yuuhi seufzte etwas, lächelte dann aber und rutschte etwas an Kiriyan heran.

"Das stimmt doch gar nicht. Ich will nur ein paar Kontakte knüpfen. Immerhin kann ich nicht immer nur in unserer kleinen Gruppe bleiben."

"Aber..."

"Das heißt nicht, dass ich einfach weg bin."

"Das ist es nicht..."

"Sondern?"

Vorsichtig nahm Kiriyan den Arm der anderen Otokoyaku beiseite, rutschte etwas näher an sie und krallte sich in ihre Schulter. Yuuhi sah etwas verwundert drein, legte dann aber einen Arm um Kiri.

"Ich will dich nicht an eine andere verlieren..."

"Kiriyan..."

"Tut mir leid. Ich weis, dass ich nicht wollte aber...aber..."

Die andere Otokoyaku schluckte einmal hart, legte den zweiten Arm um Kiriyan und zog sie etwas fester an sich. Sie wusste, es war vielleicht der unpassendste Zeitpunkt, aber wenn es weiterhin in die Richtung ging, dann würde sie es nie sagen können.

"Ich werde ab nächster Saison in Hanagumi sein..." Kiriyan in ihren Armen verstummte, wobei Yuuhi spürte, wie sie etwas in sich zusammensackte. Sie biss sich auf die Unterlippe. "Kiri..."

"Wieso...?"

"Das war Asako's Idee. Es kommt unserer Karriere zugute, wenn ich die Truppe wechsle. Du bist ein viel besserer Vice als ich."

"DU bist Asako's Vice. Nicht ich!"

"Kiriyan. Du gehörst zu Tsukigumi. Daran besteht einfach kein Zweifel. Ich passe eher in den Hanagumi-Stil, desshalb ist sie auf mich zugekommen. Wir wollten doch beide Top Stars werden. Das geht aber nicht solange wir in der gleichen Gruppe sind."

Die andere schwieg daraufhin.

"...Warum Hanagumi?"

"Ist doch unwichtig. Ich werde nicht einfach weggehen. Ich bleibe bis zum Schluss bei dir. Versprochen." Kiriyan hob den Kopf etwas und erst dann sah Yuuhi, dass ihr die Tränen auf den Wangen klebten. Vorsichtig strich sie darüber, entfernte die salzige Flüssigkeit. "Ich liebe dich."

Zwar wusste sie, dass Kiri es nicht hören wollte, den das Thema hatten sie schon so oft durchgekaut, aber sie konnte sich nicht helfen. Kiriyan schloss die Augen als sie sich an die Berührung lehnte, senkte den Kopf etwas und lies die Schultern sacken.

"Ich liebe dich", hauchte sie fast unhörbar und Yuuhi klappte etwas die Kinnlade nach unten. Die andere öffnete die Augen etwas, sah ihr in die Augen bevor sie sich vor beugte und ihr einen Kuss auf die Lippen hauchte.

Act 3 Scene 1: Let the Games begin

Mit einem heißen Tee in der Hand torkelte Saeko durch die Wohnung, lies sich schlussendlich auf einen Stuhl fallen, weit war sie wirklich nicht gekommen, und lies den Kopf nach vorne fallen, schloss die Augen und fasste zu dem warmen Waschlappen, der in ihrem Nacken lag. Sie sah auf die Uhr. 4.27 Uhr morgens. Eigentlich die Zeit, in der sie schlafen sollte, denn sie musste schon in wenigen Stunden wieder aufstehen. Und dann saß sie schon wieder wach am Tisch und trank diesen scheuslichen Tee. Mizu hatte wirklich wenig Auswahl was so etwas anging. Schon seit Wochen litt Saeko unter intensiven Schlafstörungen, obwohl ihr Körper eindeutig nach Ruhe verlangte. Schuld daran waren ihre Alpträume. Wohl eher der Alptraum, denn es war immer der Selbe. Mizu interessierte das alles herzlich wenig, denn der Top Star schlief meist sehr sehr fest und merkte nicht wenn sie sich hin und her wälzte, irgendwann frustriert aufstand und die Nacht durch die Wohnung geisterte. Zuerst hatte sie geglaubt, dass es wohl an Mizu's Anwesenheit oder der Wohnung gelegen hatte, wesshalb sie es einige Zeit lang bei sich zu Hause geschlafen hatte, aber egal in welchem Bett sie lag, der Alptraum kam immer wieder. Saeko glaubte manchmal er wurde sogar noch schlimmer. Bissher war nur Gaichi darin eingeweiht gewesen, aber die konnte ihr auch nicht weiter helfen und weggegangen war der Traum dadurch auch nicht. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss sah sie es vor sich. Diese Dunkelheit. Dieses wundervolle, weiße Kleid. Dieser schwarze Anzug.

Saeko's Kopf schnellte nach oben und sie atmete schnell und laut. Schon wieder war sie weggenickt, hatte es natürlich sofort mit den inzwischen so vertrauten Bildern bereut. Seufzend fuhr sich die ehemalige Otokoyaku durch die Haare, fühlte dabei den kalten Schweiß, der an ihren Händen kleben blieb und starrte auf die Tasse, die sie noch immer mit einer zitternden Hand festhielt. Wenn sie nicht bald etwas Schlaf fand würde sie wohl umkippen. Schwermütig erhob sie sich, glaubte dabei, dass sie wohl eine Tonne wiegen müsste und ihre Beine aus Streichhölzern bestanden. Die Tasse lies sie einfach wo sie war, tastete sich stattdessen an der Wand entlang ins Schlafzimmer. Vielleicht konnte Mizu sie ja wenigstens etwas beruhigen. Das hieß, wenn man sie wach bekam. Der ehemalige Top Star lies sich auf den Rand des Bettes fallen, sah auf die junge Frau unter der Decke, die noch immer seelig schlummerte, und schluckte dabei etwas. Mizu auf zu wecken war eigentlich nie eine gute Idee, denn die Otokoyaku war ein richtiger Morgenmuffel. Dennoch beugte sie sich zu der anderen, strich ihr über die Haare. Keine Reaktion. Sie war wohl wirklich nicht mehr auf zu wecken. Saeko seufzte etwas. Eine wirkliche Alternative hatte sie nicht. Gaichi war ihres Wissens zwar bestimmt schon wach, aber um diese Uhrzeit hatte sie anderes zu tun als sich um sie zu kümmern. Osa wecken zum beispiel. Der ehemalige Hanagumi-Top-Star war inzwischen wieder in das Theaterbuisness eingestiegen, spielte im Tokyo-Theater, an dem sie ebenfalls wieder arbeitete, eine der Hauptrollen und musste dementsprechend früh raus. Kiriyan und Yuuhi wollte sie ebenfalls nicht wecken, die hatten nämlich rein gar nichts mit der Sache zu tun. Obendrein würden sie nachfragen, wenn sie in ihrem Zustand ankam. Eine wirkliche Alternative hatte sie also nicht.

Nur langsam erhob sie sich wieder, schliff den schlappen Körper zurück ins Wohnzimmer. Warum wohnte sie eigentlich immer noch bei Mizu? Eigentlich hatte sie sich vorgenommen ausschließlich in ihrer eigenen Wohnung zu bleiben, aber der Yukigumi-Top-Star überredete sie immer wieder dazu einfach zu bleiben. Asako schien Recht behalten zu haben. Mizu hatte sie an der Angel, auch wenn sie es meist gar nicht mit bekam. Nur wenn sie alleine war und intensiv darüber nachdachte fiel es ihr immer wieder auf. Seufzend kramte sie nach dem Handy in ihrer Tasche, ging die Nummernliste durch bis sie bei Asako's Nummer angekommen war. Schon jetzt ging sie davon aus, dass sie den Tsukigumi-Top-Star weckte, aber in diesem Moment brauchte sie die andere einfach, Einwilligung hin oder her. Erst nach längerem Warten ging jemand ans Telefon.

"Asako?", fragte Saeko mit leiser, fast brüchiger Stimme.

"Was ist denn? Es ist mitten in der Nacht..."

"Es tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe, aber.... aber könnte ich zu dir kommen?"

"Ist was passiert?"

Kurzes Schweigen. Sie wollte nicht darüber sprechen, aber irgendeinen Grund musste sie der anderen ja geben.

"Ich brauche dich..."

"Hör mal ich habe Besuch. Kann das nicht bis morgen warten?"

"Asako bitte. Ich bleibe auch auf der Couch, aber ich brauche dich wirklich in meiner Nähe. Du wirst nicht merken, dass ich da bin." Die Stimme des ehemaligen Top Stars zitterte als sie etwas lauter wurde um nicht ganz so leise zu flüstern, aber wirklich helfen tat es nicht. Stille am anderen Ende. Sie hörte nur leise eine Stimme, dann Asako's Seufzen.

"Schön. Kommst du alleine hierher oder soll ich dich abholen?" Sie wusste nicht, ob sie in der Verfassung war ihr Auto zu benutzen. Sie war müde, ihre Sicht nebelig und überhaupt drehte sich alles. Sie schaffte es ja kaum das Handy fest zu halten. Aber Asako bitten sie ab zu holen konnte sie eigentlich auch nicht tun. Die Frau am anderen Ende seufzte erneut als hätte sie ihre Gedanken gehört. "Ich bin in 30 Minuten da."
 

Kaum, dass die Otokoyaku aufgelegt hatte stöhnte sie einmal genervt auf, drückte sich langsam nach oben wesshalb Shio, die mit dem Kopf auf ihrer Schulter gelegen hatte, herunterrollte. Auch Kimu, die mit dem Kopf auf ihrem Bauch lag regte sich langsam.

"Ich blick manchal echt nicht durch dich durch", meinte Shio mit müder Stimme, streckt sich einmal und gähnte.

"Ich auch nicht", antwortete Asako nur und rüttelte Kimu sanft an der Schulter. "Geh runter Kimu und lass mich aufstehen."

Demonstrativ hielt die andere sie an der Schlafhose fest, brummte nur etwas unverständliches und vergrub den Kopf etwas mehr in Asako's Bauch.

"Aber eins sag ich dir", brummte Shio und zog sich die Decke über die Schulter. "ich stehe nicht auf."

"Erwarte ich auch nicht von dir. Ihr könnt ja weiterschlafen. Ich bleib dann halt auf der Couch."

"Von mir aus. Ist ja deine Wohnung. Aber jammer mir später nicht wieder die Ohren voll."

Shio drehte sich um und schlussendlich schaffte sie es sogar Kimu von sich runter zu bekommen, erhob sich dann aus dem Bett und streckte sich einmal. Saeko hatte so gar nicht gesund geklungen am Telefon. Vielleicht war sie krank, aber da hätte sich auch Natsuki um sie kümmern können. Immerhin wohnte Saeko bei ihr, was Natzuki ihr in aller Ausführlichkeit unter die Nase gerieben hatte. Davon, dass sie und Saeko sich regelmäßig trafen, davon hatte der Yukigumi-Top-Star keine Ahnung, wesshalb Asako sich auch perfekt zurückhalten konnte. Statt sich um zu ziehen, immerhin war es inzwischen 4:45 morgens und keiner war um diese Uhrzeit unterwegs, schlüpfte sie nur in ein paar Turnschuhe, schnappte sich den Schlüssel und stieg in ihr Auto um sich auf den Weg zu Natsuki's Wohnung zu machen, die gar nicht mal so weit entfernt von ihr lag.

Seit der Nacht in der Bar und dem Elisabeth-Auftritt von Yukigumi war mehr als ein Jahr vergangen. Ein Jahr, in dem sie und Saeko sich immer wieder getroffen hatten, ausserhalb von Natsuki's Wissen und ihrer anderen Freunde. Ein Jahr, nachdem Osa aus Takarazuka eingestiegen war und sich entschlossen hatte in einem anderen Theater zu spielen. Kiriyan war offiziell ihr Vice geworden, Yuuhi inzwischen in Soragumi. Es war Yuuhi's eigene Entscheidung gewesen die Troupe zu wechseln, auch, wenn Asako es befürwortet hatte, wäre sie in Hanagumi geblieben. Yuuhi hatte inzwischen gemerkt, dass sie daran arbeitete möglichst viel Einfluss auf die anderen Troupes zu bekommen, was nicht ganz so einfach war. Es war für sie nicht leicht Kontakte in Soragumi und Hoshigumi zu bekommen, da sie mit den beiden Troupes nichts zu tun hatte. Tsukigumi und Hanagumi waren für sie ein leichtes gewesen, aber Natsuki hütete ihre eigene Truppe wie ein Hirte seine Schafe. Dafür jedoch hatte sie inzwischen enge Kontakte mit Shio und Kimu geknüpft, verbrachte mit den beiden ihre meiste Zeit, auch, wenn sie ihren 'alten' Freundeskreis noch immer regelmäßig sah. Shio verstand sich ganz wundervoll darin Einfluss in Sora- und Hoshigumi zu bekommen, hatte so einige Kontakte in den beiden Gruppen und hatte schnell gelernt, dass ein enger Kontakt zu Asako nur zu ihrem Gunsten ausfallen konnte. Obendrein verstanden sich die zwei Otokoyaku geradezu blendend, nicht zuletzt, da sie sich in so vielen Dingen ähnelten. Kimu hatte sich zunächst schwer getan, dass ihre Megami, wie sie Asako inzwischen immer nannte, zu akzeptieren, aber hatte sich irgendwann damit abgefunden, dass der Tsukigumi-Top-Star die Hoshigumi-Darstellerin in ihrer Nähe haben wollte. Über kurz oder lang hatten sich die beiden sogar irgendwie angefreundet, sodass Kimu nicht einmal mehr ein Problem damit hatte, dass Shio meist schon da war wenn sie kam.

Es dauerte eine Weile bevor die Tsukigumi-Darstellerin vor Natsuki's Haus stand, stieg dort aus und lehnte sich an die Autotür, schrieb eine kurze Nachricht auf Saeko's Handy bevor sie wartete. Das Licht war aus, Saeko musste also im dunkeln sitzen, was wieder hieß, dass Natsuki wohl zuhause war. Sie würde ziemlich blöd schauen wenn ihre 'Freundin' nicht da war wenn sie aufwachte. Asako grinste. Als sie Saeko dann aber sah, wie sie aus der Wohnung getrokelt kam erstarb dieses Lächeln. Selbst in dieser Dunkelheit sah sie, wie blass die ehemalige Otokoyaku war.

"Was ist denn passiert?", fragte sie als Saeko schließlich vor ihr stand, wortlos in Richtung Beifahrerseite ging.

"Fahr einfach, okay?"

Asako stellte keine weitere Frage, stieg wieder in den Wagen und warf nochmal einen flüchtigen Blick in Richtung von Natsuki's Wohnung. Wann der Yukigumi-Top-Star wohl aufstehen würde? Eigentlich hätte sie gerne das Gesicht der kleinen Lügnerin gesehen wenn sie die Wohnung leer vorfand. Anschliesend warf sie einen Blick zu Saeko. Vielleicht sollte sie der älteren Frau einen Tee oder so machen wenn sie zurück waren. Sie war mehr als blass, der Schweiß stand ihr auf der Stirn und die Haare klebten ihr im Gesicht. Sie sah aus als hätte sie einen Geist gesehen. Bevor sie den Motor startete lehnte sie sich zu der anderen, legte ihr die Hand auf die Stirn. Kurz sah Saeko verwundert drein, nahm dann aber den Kopf weg.

"Du hast Fieber", meinte Asako nur und lehnte sich zurück, startete den Motor dann doch.

"Ist doch egal."

Der Tsukigumi-Top-Star seufzte etwas. Die andere war auf jeden Fall krank. Sie wurde immer furchtbar griesgrämig wenn es ihr körperlich schlecht ging. Die Fahrt über wechselten sie desshalb kein Wort, aber auch wenn es eine nicht sonderlich lange Fahrt war zog es sich dank der Stille in die Länge.
 

"Komm rein. Aber sei leise. Shio wird immer ziemlich schnell muffelig wenn man sie weckt", sagte Asako als sie die ehemalige Otokoyaku in ihre Wohnung lies, allerdings ohne das Hauptlicht an zu machen. Stattdessen knipste sie eine kleine Lampe an, die an der Couch stand. Saeko, noch immer schweigend, hängte ihre Jacke auf und entledigte sich ihrer Stiefel. Ihr Zustand verschlimmerte sich, sodass selbst sie es zugeben musste. Ihr war schwindlig, ihr Gleichgewichtssinn machte langsam schlapp und sie fühlte, wie ihr Kopf immer wieder schwer wurde. Kurz warf sie einen Blick zu Asako, wollte am liebsten zu ihr, sich an sie schmiegen und endlich einmal in Ruhe etwas schlafen. Die andere hatte eine Aura um sich, die sie einfach beruhigte, aber sie hielt sich zurück. Der Tsukigumi-Top-Star hatte ihr gezeigt, dass sie es nicht gut hieß, wenn Saeko ihr nahe war wenn noch andere Personen im Haus waren. Dann war es wohl Shio, die noch immer in Asako's Bett lag. Eifersucht stieg in ihr hoch. Eigentlich sollte sie die einzige sein, der es erlaubt war in dem Bett der anderen zu liegen, aber das durfte sie in ihrer Position wohl nicht verlangen. Immerhin teilte sie ihr Bett auch mit einer anderen Frau. Sie beäugte den inzwischen reifer wirkenden Top Star, lies ihren Blick über ihre Schlafsachen gleiten. Sie kannte das Outfit nur zu gut, denn es waren Asako's bevorzugte Klamotten. Wenigstens eine Sache, die sich in all den Jahren nicht geändert hatte. Die Tatsache lies sie dann doch schwächlich lächeln als sie langsam zur Couch ging, dabei zusah, wie die jüngere nach einem Flüchtigem Blick zu ihr Richtung Gang verschwand. Vielleicht in die Küche. Saeko reckte sich nach der Decke, die am Fuß der Couch lag, legte sich hin und spürte sofort, wie ihr Körper nach Ruhe aufschrie. Quälend rollte sie sich auf die Seite, ihre bevorzugte Position, drückte das Gesicht etwas in das Kissen, auf dass sie den Kopf gelegt hatte. Es roch noch etwas nach Asako's Parfüm, was sie dann doch etwas beruhigte. Oder ihr überhitzter Körper lies sie haluzinieren.
 

Schlussendlich hatte Asako sich dazu entschieden der kranken Frau auf ihrer Couch wenigstens etwas den Schweiß vom Gesicht zu waschen, war desshalb an der Küche vorbei ins Badezimmer gegangen und hatte ihr einen Waschlappen nass gemacht, kalt versteht sich. Sie drückte das Wasser so weit aus, dass es wenigstens nicht mehr tropfte, ging damit wieder zurück ins Wohnzimmer, wo sie die Saeko schon auf der Couch liegend vorfand. Ob sie wohl schon eingeschlafen war? Wundern würde es sie nicht. Langsam setzte sie sich auf den Rand der Couch, beugte sich über die andere, die ihr den Rücken zugedreht hatte. Selbst mit dieser kranken Blässe im Gesicht war sie immer noch so wunderschön. Asako seufzte etwas, legte der anderen die Hand auf die Schulter.

"Hey. Noch nicht einschlafen." Saeko brummte etwas missgelaunt, öffnete die Augen einen Spalt. "Komm. Du triefst geradezu." Sanft zog sie die andere am Arm, sodass sie sich zumindest etwas zu ihr drehte und sie den Lappen über die blasse, vom Fieber jedoch leicht gerötete Wange gleiten lies. Die andere stöhnte dabei genüsslich auf und drehte sich etwas mehr in die Berührung. Dass ihr die Kälte gut tat hatte sie sich schon gedacht. Zärtlich wusch sie der Älteren das Gesicht und noch das, was vom Hals freigelegt war. Saeko erschauderte unter ihren Fingern, fror offensichtlich.

"Ich geh dir noch eine Decke holen...", sagte Asako noch, wobei die andere nur leicht brummte.

Leicht knirschte sie mit den Zähnen. Eigentlich hatte sie sich geschworen Saeko nicht mehr nahe zu sein solange Kimu oder Shio sich in ihrer Nähe aufhielten. Dann aber wieder war Saeko sehr offensichtlich krank, wobei sie sich fragte, ob es wirklich 'nur' Fieber war was sie belastete. Sie hatte schon einmal mitbekommen, dass Saeko unter Fieber gelitten hatte, sogar schwereres, als das, was sie jetzt hatte, aber da war sie noch mehr als doppelt so fit gewesen. Die tiefen Augenringe verrieten ihr, dass es wohl auch Schlafmangel war, aber nachfragen wollte sie nicht. In ihrem Versprechen war immerhin keine Klausel die besagte, dass sie sich nicht um ihre kranke Freundin kümmern durfte. Asako ging ans andere Ende des Wohnzimmers, wo sie eine weitere Decke aus einem Kasten zog und mit dieser zu Saeko ging, die sich wieder weiter auf die Seite gerollt hatte und damit fast die ganze Couch einnahm. Ob die Decke wohl reichen würde? Wohl nicht. Kurzerhand legte sie sich an den noch freien Rand, legte die Decke sowohl über sich als auch über die kranke Frau und legte den Arm um diese damit sie nicht heraus fiel. Sie merkte, dass Saeko unter der Berührung für einen Moment zusammenzuckte, sich dann aber etwas in ihrem Arm regte. Asako schloss die Augen, lehnte den Kopf an den Hinterkopf der anderen. Der typische Geruch der anderen stieg ihr in die Nase als sie etwas an den Haaren roch, auch wenn der leichte Geruch von Schweiß mit dabei war, der aber nicht so stark war als dass es unangenehm wäre. Für einige Sekunden tat sich nichts bis Saeko sich wohl dazu entschlossen ihr noch etwas mehr Platz zu geben, drehte sich um und rutschte etwas mehr an die Rückenlehne. Asako rutschte nach, lies den Arm aber dort wo er war. Die Hand der ehemaligen Otokoyaku stahl sich über ihren Hüftknochen an ihre Taille, wo sie zu liegen kam und sich festkrallte, sie etwas näher zog. Der Tsukigumi-Top-Star beugte sich etwas über die inzwischen schon wohl dösende Saeko, hauchte ihr einen Kuss auf die völlig überhitzte Schläfe, wobei die andere den Kopf etwas gegen ihren Oberkörper drückte und gegen ihren Hals atmete. Es war eine ganze Weile her gewesen, dass sie so zusammen gelegen hatten, doch die Vertrautheit führte auch bei dem Tsukigumi-Top-Star dazu, dass sie in einen schnellen Schlaf abdriftete.
 

Shio stand mit etwas kritischer Miene im Gang zum Wohnzimmer. Nachdem Asako gegangen war, war sie dann doch wach geblieben, beziehungsweise konnte nicht mehr einschlafen, wartete, bis ihre Freundin mit dem Störenfried nach Hause kam. Sie hatte dabei zugesehen, wie Asako sich zu der Älteren gelegt hatte, wobei sie dabei eine Augenbraue gehoben hatte. Zuerst hatte sie überlegt zu protestieren, allerdings konnte ihr das recht egal sein mit wem sich Asako abgab. Sie war immerhin nicht Kimu, die fast krankhaft eifersüchtig wurde wenn jemand ihre Göttin nur schief ansah. Manchmal fand sie die Yukigumi-Darstellerin fast schon bemitleidenswert, dass sie so abhängig geworden war. Zwar war es angenehm, dass Asako nur einmal mit den Fingern schnippen musste und bekam, was sie wollte, denn immerhin hatte auch sie einen Vorteil dazu. Da Asako sie mehr oder minder direkt zu ihrer Partnerin gemacht hatte hörte auch Kimu ihr aufs Wort. Manchmal nannte sie die kleine auch Schoßhund, auch wenn sie die Befehle doch manchmal etwas zu genau nahm. Ohne sich weiter ein zu mischen ging sie zurück ins Schlafzimmer, wo sich Kimu inzwischen aufgesetzt hatte und sich verschlafen die Augen rieb.

"Wo ist Asa?"

"Leg dich hin und schlaf weiter."

"Was?"

"Es bringt nichts jetzt noch wach zu bleiben." Die Blonde krabbelte zurück ins Bett, strich einmal über die Haare der anderen. "Ehe du dich versiehst ist sie wieder da."

"Aber..."

"Glaubst du sie ist glücklich, wenn du verschlafen bist wenn sie zurück kommst."

Kimu seufzte etwas.

"Nein. Natürlich nicht."

Abermals grinste die Hoshigumi-Darstellerin nur als sich Kimu dann wirklich wieder hinlegte, sich unter der Decke einrollte. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie nur noch sehr wenige Stunden hatte bevor sie wieder aufstehen musste.
 

Asako wachte nur langsam auf als sie merkte, wie ihr jemand über die Haare strich, regte sich dabei leicht. Sie merkte noch, dass sie einen anderen warmen Körper im Arm hatte, drehte desshalb nur den Kopf zu der Hand hin. Als sie die Augen etwas aufschlug merkte sie, dass Shio über sie gebeugt war und sie leicht anlächelte.

"Guten Morgen", flüsterte sie und strich ihr eine Haarsträhne weg. "Ich bin dann beim Training. Du solltest vielleicht aufstehen bevor Kimu wach wird. Du weist, wie sie reagiert."

Asako brummte nur etwas. Hatte sie die Yukigumi-Schauspielerin denn nicht im Arm? Ein kurzer Blick und sie erinnerte sich prompt was sich in der Nacht, wohl eher vor ein paar Stunden, abgespielt hatte, seufzte dabei leise und lockerte den Griff um Saeko.

"Ja schon gut", murmelte die Tsukigumi-Darstellerin und drehte sich etwas auf den Rücken. "Kommst du heut abend wieder?"

"Denke mal schon. Bis dann." Die Blonde hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, stand dann auf und setzte zum gehen an.

"Shio..." Sie drehte sich nochmals um. "Tu das worum ich dich gebeten habe." Shio nickte nur, verlies dann die Wohnung. Etwas schwerfällig versuchte Asako sich auf zu setzen, zog dabei den inzwischen tauben Arm unter Saeko's Kopf heraus und legte stattdessen ein Kissen darunter. Mit der noch wachen Hand fühlte sie abermals die Temperatur des ehemaligen Top Stars. Das Fieber war noch da, aber wenigstens nicht ganz so schlimm wie noch vorher. Als sie aufstand brummte die noch immr schlafende Frau einmal missgelaunt, krallte sich in die Decke und zog diese näher. Asako wusste nur zu gut wie es sich anfühlte wenn die Wärmequelle auf einmal weg war, aber damit musste sie jetzt wohl leben. Langsam stand sie auf, streckte sich einmal ausgiebig und warf einen Blick auf die Uhr. Bis sie selbst los musste war noch Zeit, aber Kimu musste sie wecken. Der Yukigumi-Plan war ziemlich streng gegen Ende deren Saison. Alles was Asako an dem Tag noch zu tun hatte war sich die neuen Stücke an zu sehen, die verteilt werden würden und ihre Stimme dafür abgeben. Langsam wurden wieder die Stücke verteilt, um die sich die Troupes stritten, wesshalb sie das so früh wie möglich erledigen wollte. Zwar hatte sie schon aufgegeben, dass das Elisabeth-Stück nochmals angeboten wurde während sie noch der Tsukigumi-Top-Star, aber selbst wenn sie in Senka wechseln musste hatte sie sich in den Kopf gesetzt den Tod zu spielen.

Seufzend ging sie zum Schlafzimmer, sah dabei nochmals kurz zu der schlafenden Saeko. Hatte sie sich getäuscht, oder hatte die Ältere tatsächlich leise gewimmert? Wahrscheinlich nur Einbildung. Sie schloss die Schlafzimmertür hinter sich und hockte sich aufs Bett, rüttelte Kimu sanft an der Schulter.

"Hey Schlafmütze. Aufstehen. Du hast heute Probe."
 

Erst eine ganze Weile später hatte es Kimu endlich geschafft sich aus dem Bett zu schälen. Die kurze Wachphase war ihr gar nicht bekommen, denn sie war jetzt nur noch müder als sie sowieso schon gewesen wäre. Sie hatte den Vorabend nach ihrem Training damit verbracht noch einkaufen zu gehen, zu Kochen und ein wenig sauber zu machen. Nicht in ihrer eigenen Wohnung, aber bei Asako. Da der Tsukigumi-Top-Star mit Shio zusammen deren Script durchgegangen war, wie so oft in letzter Zeit, wollte sie sich wenigstens etwas nützlich machen. Dass die Blonde so viel Zeit mit ihrer Göttin verbrachte war ihr zwar nicht Recht, aber sie konnte ihr ja nicht wiedersprechen. Wenn Asako sie akzeptierte, dann sei es so.

Kimu streckte sich einmal ausgiebig, zog die Vorhänge auf und legte die Decken zusammen. Asako war inzwischen in der Küche und nahm sich eine Tasse von dem Kaffee, der in der Maschiene war. Den hatte wohl Shio noch aufgestellt bevor sie gegangen war. Langsam schliff sie aus dem Schlafzimmer zu Asako, umarmte sie von hinten und drückte das Gesicht gegen ihren Rücken, murrte einmal.

"Komm nochmal ins Bett", maulte sie und die Tsukigumi-Darstellerin seufzte einmal.

"Du machst dich jetzt fertig und gehst zu deiner Probe. Und sei leise."

"Was?" Kimu lehnte sich etwas zurück. "Wieso?"

"Saeko schläft noch auf der Couch. Es ist nicht nötig, dass du sie weckst. Und bevor du dich jetzt aufregst, sie ist krank."

"Muss sie denn hier bleiben?"

"Ich werde Gaichi anrufen. Ich werde mal sehen ob sie sich um Saeko kümmern kann." Kimu brummte nur etwas, beugte sich vor, begann sanft den Nacken der anderen zu küssen, kraulte ihren Bauch und schob ihre Hände unter das Shirt der anderen. Schon wieder dachte ihre Göttin schon wieder nur an den ehemaligen Tod-Darsteller. Dabei war sie doch eigentlich viel wichtiger. "Kimu lass das. Dafür haben wir nicht die Zeit."

"Aber..."

"Kein aber. Wenn wir wieder mal alleine sind."

Kimu schmollte missgelaunt und Asako drehte sich einmal um als sie die Hände weg nahm. Kimu rutschte noch etwas näher und lies die Fingerspitzen über die Wangen, den Kieferknochen und die weichen Lippen der anderen gleiten. Wie konnte ein Mensch nur so perfekt sein? Fast tranceartig sah sie ihr in die Augen beäugte sie intensiv. Es war ein so sattes, dunkles Braun, beinahe schwarz, und doch so ausdrucksstark und glänzend.

"Ich will dich immer noch für mich", flüsterte Kimu leise und hauchte der anderen einen Kuss über den markanten Kieferknochen, legte die zweite Hand an ihre Schulter.

"Du kennst unseren Deal."

"Ich weis... Aber du hast die Regeln schon gelockert."

"Du kannst froh sein, wenn ich dich nicht vor die Tür setze. Immerhin hällst du dich auch nicht an die Regeln."

Kimu senkte den Kopf, wobei Asako ihr Gesicht zwischen die Hände nahm sodass sie wieder aufsehen musste. Sie hatte schon Recht, aber trotzdem wollte sie ihre Göttin allein für sich.

"Aber Megami..."

"Küss mich und sag, dass es dir Leid tut."

Da war er schon wieder. Dieser Befehl, den sie immer bekam, wenn Asako keine Widerworte duldete. Wieso sie immer wieder darauf hörte wusste sie selbst nicht, denn sie könnte einfach gehen. Sich auf dieses Niveau herab zu lassen war eigentlich gar nicht ihre Art, aber sie war süchtig nach ihrer Göttin. Sie beugte sich vor und küsste den Tsukigumi-Top-Star heiß auf die Lippen. Sie fühlte, wie die andere die Hände an ihren Hintern legte und dort einmal beherzt zudrückte, woraufhin Kimu einmal genüsslich aufstöhnte. Nur langsam löste sie den Kuss.

"Verzeihung..."

"Na also. War doch gar nicht so schwer." Asako lächelte einmal und zog sie etwas näher. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Raunen gegen ihre Lippen, was ihr eine Gänsehaut bescherte. "Shio und ich haben dir etwas schönes aus der Stadt mitgebracht als wir am Wochenende dort waren. Wir haben es zu dir in die Wohnung gebracht. Komm damit heut Abend hierher."

Kimu nickte nur. Wieder ein Befehl, dem sie nicht widersprechen wollte oder konnte.
 

In ihrer Wohnung saß Gaichi in der Küche, trank einen Kaffee und hing über ihren Notizen. Dadurch, dass sie einige der Auftritte organisierte verbrachte sie ziemlich viel Zeit zuhause, da sie auch von dort aus arbeiten konnte, und hatte sich daher noch etwas mehr eingerichtet als sonst. Sie hing noch über den Plänen für die Auftritte der nächsten paar Monate. Es war schon durchgeplant bis zu Kiriyan's Dinner-Show, die im März zusammen mit den letzten Auftritten des neuen Tsukigumi-Stücks, Saudade, sein würden. Jetzt ging es darum den Ablauf der darauf folgenden Stücke zu planen, denn immerhin brauchten die Truppen einige Zeit um die Stücke ein zu studieren. Ausserdem war die Verteilung, wer welches Stück bekam noch gar nicht klar. Mit den Scripten in der Hand stand Gaichi auf, nahm noch einen kleinen Schluck aus ihrer Tasse, welche sie wieder zurück auf den Tisch stellte, und lief anschliesend ins Wohnzimmer. Osa war noch immer im Bad, duschte womöglich noch. Naja genug Zeit hatte sie noch bevor sie los musste, da Gaichi dieses Mal daran gedacht hatte den ehemaligen Hanagumi-Top-Star rechtzeitig zu wecken. Also wieder zurück zu den Verteilungen. Zur Auswahl standen Oguri, Me and My Girl, das Special mit allen Troupes war geplant, The Legend of the Great King, Raindrops fall on Roses und... fast hätte Gaichi das Script fallen gelassen. Elisabeth? Sie führten schon wieder Elisabeth auf?

"Und? Was steht in Takarazuka demnächst so an?"

Gaichi drückte die Scripte an sich, sah zu Osa, die inzwischen frisch angezogen aus dem Schlafzimmer kam. Sie sah zu der anderen, die sich vor sie stellte und sie anlächelte.

"Ach. Das übliche. die Dauerbrenner halt. Es ist ein Special dabei."

"So? Na dann."

Osa kam zu ihr, hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.

"Ja eben. Wann musst du los? Du hast ziemlich getrödelt."

"Ich merk schon du willst mich loswerden..."

Gaichi lächelte, wollte gerade etwas sagen als das Handy der ehemaligen Senka losging. Verwundert sah sie zu dem kleinem Gerät auf dem Tisch, legte die Scripte auf einen kleinen Stuhl neben einer Kommode bevor sie das Handy nahm und darauf sah. Sena? Was wollte sie um diese Uhrzeit von ihr? Ganz davon abgesehen, dass sie seit einer halben Ewigkeit kein Wort mehr miteinander gesprochen hatten, nicht zuletzt wegen Saeko. Dass die beiden so offensichtlich aneinander hingen und dennoch ihre 'Beziehung' eher zur Affaire machten, war ihr so gar nicht recht. Sie hob ab.

"Sena? Guten Morgen."

"Guten Morgen Gaichi. Könntest du mir einen Gefallen tun?"

Sie schwieg einen Moment.

"...Um was geht es?"

"Saeko. Sie liegt krank bei mir und ich muss weg. Könntest du vorbeikommen und dich so lange um sie kümmern bis ich wieder da bin?"

Saeko war bei ihr? Wie war sie denn dahin gekommen? Sicher nicht mit Natsuki's Einverständnis, obwohl der Yukigumi-Top-Star ihr recht egal sein konnte. Wieso war Saeko so blöd und ging einfach weg, wenn sie krank war, wobei sie sowieso schon in gar nicht so einer guten Verfassung war. Wenigstens hatte Sena den Anstand sie an zu rufen.

"Gut. Ich komme so schnell ich kann."

Ohne weitere Worte legte der Tsukigumi-Top-Star auf, und Gaichi seufzte einmal schwer.

"Was ist los?"

Osa hatte sich inzwischen die Schuhe angezogen, sah vom Eingangsbereich her zu ihr hinüber und hob eine Augenbraue. Besonders irritiert sah sie aus, als Gaichi zu ihr kam und ebenfalls nach ihren Schuhen fischte.

"Saeko liegt bei Sena. Sie ist wohl krank."

"Ging es ihr nicht die letzten Tage schon so schlecht?"

"Eben..."
 

Kaum hatte Asako aufgelegt, wobei Kimu schon das Haus verlassen hatte, hörte sie ein Wimmern und ein Schluchzen aus Richtung des Wohnzimmers. Saeko schlief doch noch, also wer konnte das schon sein? Sie legte das Telefon auf die Seite, ging ins Wohnzimmer, wo sie dabei zusehen musste, wie Saeko mit einem Schrei nach oben fuhr und dabei von der Couch fiel, nur spärlich versuchte sich an der Lehne fest zu halten. Asako stand regungslos in der Tür als sie dabei zusehen musste wie die sonst so stolze Tod-Darstellerin auf dem Boden lag, etwas wimmerte, was sie nicht verstehen konnte und wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Das Schluchzen war fast unerträglich.

"Saeko!", rief sie als sie sich dann doch aus ihrer Starre lösen konnte und sprang geradezu zu der zusammengebrochenen Frau. Sie kniete sich zu ihr, zog sie in ihre Arme, woraufhin sich Saeko in ihrem Oberteil verkrallte und sich an ihr festhielt, dabei noch immer weinte. Hatte sie einen Alptraum gehabt? Aber was konnte so schlimm sein, dass ihre Freundin derart heftig reagierte? Jetzt halb auf dem Boden liegend zog sie de andere fester in ihre Arme, fühlte dabei ihre Stirn. Sie glühte regelrecht. Vielleicht ein Fiebertraum.

"Sht~", flüsterte Asako leise und streichelte ihren Rücken um sie irgendwie zu beruhigen. "Alles okay. Es war nur ein Traum."

Die Decke hing noch immer halb auf der Frau, nur ihr Oberkörper war freigelegt, den sie aber fest an die Tsukigumi-Darstellerin drückte. Nur langsam hörte der Körper in ihren Armen auf zu beben, aber sie zitterte noch immer. Asako nahm die Arme der Älteren, legte sie sich um den Nacken damit diese sich festhielt als sie Saeko langsam wieder auf die Couch zog. Der Boden konnte nicht gut für sie sein. Sie lies die andere auf ihrem Schoß, drückte sie zärtlich an sich während sie sie langsam hin und her wog. Es dauerte, aber irgendwann hatte sich die Ältere doch mehr oder minder beruhigt und krallte sich nur noch spärtlich in ihren Nacken. Asako hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

"Besser?" Die andere nickte nur etwas. "Ich habe Gaichi angerufen. Sie müsste gleich da sein."

"Bleib...", hauchte Saeko etwas kraftlos. Asako spürte den völlig überhitzten, Atem an ihrem Hals.

"Ich muss. Ich bleibe auch nicht lange weg. Danach bleibe ich bei dir."

Die andere krallte sich nur noch fester an sie und Asako seufzte leise. Vielleicht beruhigte sie sich wieder wenn Gaichi endlich da war. Bis dahin hielt sie die andere nur fest, streichelte ihr zärtlich über den Arm und die Haare. Tatsächlich lockerte sich der verkrampfte Griff um ihren Nacken etwas und Asako sah ihre Freundin dann schlieslich doch an. Sie war blass bis auf den noch stärker gewordenen Rotton auf den Wangen, wirkte desorientiert und schwitzte ziemlich. Sie hatte auf jeden Fall einen Alptraum hinter sich. Vorsichtig strich sie der Älteren über die Wange.

"Gehts wieder?" Ein schüchternes, schwaches Nicken, bevor dann schließlich auch die Türklingel los ging. Behutsam hob Asako die andere von ihrem Schoß, hauchte ihr nochmals einen Kuss auf die Stirn bevor sie zur Tür ging um die Senka hinein zu lassen. "Gut, dass du so schnell gekommen bist. Es geht ihr wirklich nicht gut."

"Was hat sie denn?"

"Fieber. Und ich glaube sie hatte einen Fiebertraum."
 

Die Senka wusste sofort, dass das kein normaler Fiebertraum gewesen war, wenn sie so reagierte. Es war schon wieder dieser Alptraum gewesen, von dem Saeko ihr neulich erzählt hatte und dadurch konnte sie dieses leicht verstörte Verhalten nur zu gut verstehen. Sie setzte sich zu der anderen, strich ihr über die Haare und lächelte etwas, sah dann aber irritiert auf als Sena sich auf einmal weg bewegte.

"Wo willst du hin?"

"Ich hab noch zu tun. Ich bin bald wieder da."
 

Shio, gerade in der Pause, hatte sich entschlossen ein wenig frische Luft zu schnappen und das Training etwas setzen zu lassen. Sie standen erst am Anfang ihres Stückes und da wurde das ganze etwas entspannter angegangen. Mal ganz davon abgesehen, dass die meisten noch nicht einmal das Script verinnerlicht hatten. Ob sie mal bei Chigi vorbeisehen sollte? Immerhin hatte sie die Schauspielerin schon seit einer Weile nicht gesehen. Chigi wurde während der Zeit, die sie hauptsächlich mit Asako verbracht hatte, nach Yukigumi transferiert, arbeitete somit mit Kimu zusammen. Charakterlich waren die zwei sich ziemlich ähnlich, denn das was Kimu für Asako war, das war Chigi für sie. Mit einem Unterschied: Shio hatte nicht vor ihr Helferchen irgendwann fallen zu lassen. Dafür war sie zu vernarrt in die andere, allerdings hatte ihr Asako so einiges erzählt wie es denn eigentlich lief und was sie tun musste um zumindest einigermaßen mit dabei zu bleiben. Die Blonde war keineswegs auf eine Top Star-Position aus, das war ihr zu stressig, aber sie liebte es im Hintergrund ihre Fäden zu sehen. Als sie vor einiger Zeit gemerkt hatte, dass alles genau so verlaufen war, wie sie es geplant und gewollt hatte, hatte es ihr einen Push gegeben, den sie so noch nicht gekannt hatte. Kontrolle über das was sie tat war etwas gänzlich neues. Diese Kontrolle half ihr dafür zu sorgen, dass Chigi nur bei ihr allein blieb. Die Yukigumi-Schauspielerin nannte sie nicht Göttin, aber das konnte ja noch werden.

Ihr Handy klingelte. Wenn man vom Teufel sprach.

"Guten Morgen Chigi."

"Morgen Shio. Wegen dem worum du mich gebeten hast..."

"Ja was ist damit?"

"Die anderen sagen, dass das in Ordnung geht. Sie konnte mir noch nicht so ganz sagen, was jetzt genau los ist, aber sie meldet sich sobald sie etwas weis."

Shio lächelte etwas. Da war schon wieder dieser Schub, der ihr Blut etwas schneller durch die Adern presste.

"Danke Chigi. Möchtest du heute Abend vorbekommen? Ich würde mich freuen."

"Bei dir?"

"Nein bei Asako. Zum Essen."

"Ist das denn okay, wenn du mich so einfach einplanst?"

"Selbst ohne dich wären wir mindestens fünf Personen. Eine Person mehr oder weniger macht jetzt auch keinen Unterschied."

"Uhm... na gut?"

"Gut. Fahr einfach mit Kimu mit. Ich weis nicht ob sie noch einkaufen wollte, aber wenn, wärst du so freundlich ihr etwas zu helfen?"

"Klar. Mach ich doch gern."

"Danke."

Sie legte auf, lächelte etwas breiter.
 

Inzwischen hatte sich Saeko wieder einigermaßen beruhigt, hielt den Tee, den Gaichi ihr gemacht hatte, fest zwischen den Händen und lies sich den Nacken von der Senka massieren. Da Gaichi bereits wusste, was Sache war, musste sie gar nicht erst erklären wieso sie so drauf war.

"Ich finde trotzdem, dass du es Sena erzählen solltest. Es kann nichts Gutes bedeuten, wenn du immer das Selbe träumst. Besonders der letzte Teil macht mir Sorgen..."

"Es geht sie aber nichts an, Gaichi."

"Wenn sie in deinen Träumen vorkommt, doch ich glaube das geht sie sehr wohl etwas an."

"Es ist nur ein bedeutungsloser Alptraum. Ich bekomm mich schon wieder ein."

Gaichi seufzte einmal, stand auf und setzte sich vor Saeko, die selbst im Schneidersitz unter der Decke saß und auf die dampfende Flüssigkeit in ihrer Tasse starrte.

"Ich sage es nochmal. Es kann nichts Gutes bedeuten. Wir sehen beide, dass Sena sich verändert."

"Sie würde aber nie..." Saeko seufzte. "Du weist, dass sie nicht dazu fähig wäre."

"So wie sie sich momentan verhällt? Ich traue ihr alles zu."

Die ehemalige Tod-Darstellerin brummte einmal missgelaunt auf und erhob etwas die Stimme.

"Es ist immer noch meine Freundin von der du da sprichst."

Selbst in ihrem völlig übermüdetem Zustand, der Schlaf war mehr anstrengend als erholsam gewesen, schaffte sie es noch sich über Gaichi's sehr herablassenden Tonfall auf zu regen. Immerhin hatte Asako es versprochen.

"Ich würde vielleicht anders handeln, wenn ihr beide euch endlich mal zusammenraufen würdet und endlich Mizu und Kimu vor die Tür setzt. Ich verstehe euch nicht." Saeko holte einmal Luft, aber Gaichi unterbrach sie. "Ich weis, dass ihr dieses komische Abkommen habt, wobei ich den Sinn davon immer noch nicht verstehe. Aber selbst damit verstehe ich nicht, wieso du dich immer noch von Mizu flachlegen lässt. Geschweigedenn Sena einfach ihrem Willen nachgehen lässt. Du siehst dabei zu, wie sie ihr kleines Spinnennetz spinnt und unternimmst nichts dagegen."

"Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Ich sagte ich mische mich nicht ein."

"Du bist aber die einzige, die sich einmischen kann. Du merkst doch mit deinen Träumen, dass es dir doch etwas ausmacht. Und es stört dich. Unternimm etwas degegen."

"Ich kann nicht. Versteh das doch einfach." Das Telefon klingelte und Saeko streckte sich einmal nach dem schnurlosem Teil auf dem Tisch, sah auf das Display. Chika's Nummer? Wie kam Chika an Asako's Nummer? Sie nahm ab.

"Sena ich warne dich wenn meine Freundin..."

"Dir auch guten Morgen, Chika."

Die Stimme des Yukigumi-Top-Stars schlug mit einem Mal um.

"Saeko! Was machst du bei Asako?"

"Ist doch nicht wichtig, oder?"

"Ich denke schon, dass es wichtig ist, wenn du mitten in der Nacht einfach abhaust."

"Chika ich hab meine Gründe. Hör mal ich kann jetzt aber auch nicht weg."

"So?" Chika am anderen Ende klang doch etwas wütend. "Und? Was ist dieses Mal deine Entschuldigung?"

"Ich habe Fieber bekommen. Ich kann mich kaum bewegen."

Kurzes Schweigen am anderen Ende.

"Ich hole dich nach dem Training ab."

"Chika nein..."

"Kein Aber. Ich glaube nicht, dass Kimu so sonderlich glücklich ist, wenn du da bist..."

"Ich bin alt genug um selbst zu entscheiden wo ich bleibe, vielen Dank." Saeko's Stimme triefte geradezu vor Ironie. "Und Kimu ist alt genug um nicht gleich einen Aufstand zu machen. Bissher hat es auch geklappt. Du konzentrier dich darauf endlich mal dein Script zu lernen, dass du ja immer noch nicht kannst."

"Saeko..."

"Darf ich auch mal?" Asako stand mit einem mal bei der Couch, hatte sich auf die Rückenlehne gelehnt und lächelte.

...Lächelte? Asako lächelte nie, wenn es um Chika ging. Überhaupt, wann war sie denn so nahe an sie herangetreten. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass der Tsukigumi-Top-Star überhaupt die Tür reingekommen war.
 

Ohne weiter auf Saeko's Antwort zu warten fischte sie nach dem Telefon in der Hand der Älteren, drückte den Freisprechknopf, der rot aufblinkte, und lies sich dann in ihren Sessel nieder, lehnte sich auf ihren Oberschenkeln auf und hielt das Telefon so, dass Natsuki sie problemlos hören konnte.

"Guten Morgen, Natsuki. Ich hoffe euer Training verläuft gut?"

"Sena!" Die Frau am anderen Ende des Telefons war hörbar in Rage. "Was fällt dir eigentlich ein..."

"Jetzt komm mal runter. Saeko passiert schon nichts. Sobald sie wieder gesund ist bringe ich sie dir sogar selbst wohlbehalten und unangetastet zurück. Aber etwas anderes." Die Tsukigumi-Darstellerin beugte sich vor, setzte sich eine Brille auf die Nase, die sie manchmal zum Lesen brauchte, und schlug eine Mappe auf, die auf dem Tisch lag. Darin waren einige Notizen, allerdings so dahingekritzelt, dass eigentlich nur sie selbst es entziffern konnte. "Stimmt das Gerücht, dass du mit Aqua 5 dieses Jahr ein Konzert gibst?"

Aqua 5 war eine kleine Gruppe innerhalb von Takarazuka, fast eine kleine Band, die Natsuki vor einiger Zeit zusammengestellt hatte. Wenn sie die Zeit fanden gaben sie manchmal kleine Konzerte, was Takarazuka einen extra Profit einbrachte.

"...Selbst wenn, was geht es dich an?"

"Ich finde es nur sehr sehr schade."

"Wieso?"

"Weil du dann nicht bei meinem Auftritt dabei sein wirst. Wirklich jammerschade."

"Welcher Auftritt? Wovon zur Hölle sprichst du bitte?"

"Von meinem Auftritt als Tod."

Schweigen am anderen Ende. Asako war in das Hauptgebäude Takarazuka's gegangen um zu sehen, welche Stücke zur Auswahl standen für die zukünftige Saison. Sehr zu ihrer Verwunderung, dann jedoch zu ihrer Freude fand sie das Elisabeth-Stück darunter. In dem Moment hätte sie am liebsten Freudensprünge gemacht. Natsuki konnte ihr das Stück nicht wegnehmen, egal wie man es drehte und wendete. Sie konnte geradezu fühlen, wie die Frau am anderen Ende abkühlte und das hörte man ebenso an ihrer Stimme.

"Wer sagt, dass du das Stück bekommst? Hoshigumi und Soragumi haben bessere Chancen darauf. Von Hanagumi mal abgesehen."

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das Stück bekomme."

"Mach dir keine falschen Hoffnungen."

"Ist das eine Kriegserklärung, Natsuki? Ich nehme sie mit Freuden an."

Im Augenwinkel sah sie Gaichi aufspringen. Die Senka war mit zwei Schritten bei ihr, entriss ihr das Telefon und Asako sah etwas verwundert auf.

"Es reicht jetzt! Alle beide!" Sie nahm das Telefon und drehte es zu sich. "Du Natsuki hällst dich mal schön raus. Ihr beide werdet gefälligst die Direktoren selbst entscheiden lassen wer welches Stück bekommt! Also schluss jetzt." Asako lehnte sich nur zurück, lehnte den Kopf an den Handrücken und sah dabei zu, wie Gaichi Natsuki abwürgte, die gerade noch etwas sagen wollte und das Telefon anschließend weglegte, fast wegwarf. und sich zu ihr drehte. "Was sollte das, Sena??"

"Ich weis nicht, was du meinst."

"Ich glaube du weist genau was ich meine!"

"Nein ganz und gar nicht. Immerhin habe ich nur eine nette Unterhaltung mit Natsuki geführt. Wenn ich mich recht entsinne redet ihr auch ziemlich viel miteinander."

"Das kannst du nicht vergleichen. Denk doch wenigstens mal darüber nach, was du anstellst!"

"Sie hat angefangen, Gaichi, also schrei mich nicht dafür an."

Die Senka schnaubte einmal, schluckte die restlichen Worte, die sie sichtlich noch auf der Zunge liegen hatte, herunter und ging zu Saeko. Erst jetzt fiel auch Asako's Blick auf die ehemalige Tod Darstellerin. Sie starrte mit fast vertörtem Blick zu ihr herüber, wobei Asako das Entsetzen in ihrem Blick sehen konnte, ebenso wie die Tränen, die ihr über die Wangen liefen. Jetzt stockte sie doch. Was war denn los mit ihr? Sie trat einen Schritt auf sie zu.

"Saeko?"

"Wag es nicht, Sena. Wir gehen und du bleibst da schön stehen."

"Was zur... Gaichi was soll das?"

"Lass es einfach. Bevor du dich wieder einbekommst brauchst du dich gar nicht bei mir blicken lassen. Ich nehm sie mit zu mir. Und bevor du nicht endlich realisierst was du anstellst brauchst du gar nicht erst daran denken an zu rufen."

Asako konnte nur dabei zusehen, wie Gaichi Saeko stütze und sie aus der Wohnung brachte, blieb wie ein begossener Pudel vor dem Sofa stehen.
 

Saeko konnte kaum laufen. war noch immer zu geschockt von dem, was sie gerade gesehen hatte. Es war nicht einmal das Gespräch an sich gewesen, sondern vielmehr Asako selbst. Dieser Blick, dieses Lächeln, dieses fast bestialisch böse Lächeln, dass sie bissher nur ein mal gesehen hatte. Es lies ihr das Blut in den Adern gefrieren. Noch immer verkrallten sich ihre Hände in die Decke, die sie um die Schultern trug, wobei sie nicht einmal merkte, dass Gaichi gar nicht dazu gekommen war ihre Schuhe wieder an zu ziehen und Saeko trotz des Fiebers nur in Socken im Auto saß. Sie hatte es gefürchtet. Es hatte ihr den Schlaf geraubt.

Asako...

Act 3 Scene 2: It's all about Connection

Kimu, inzwischen wieder beim Training, gönnte sich einen Schluck Wasser, sah dabei in ihr Script und versuchte sich ihren Text ein zu prägen. Er war schwerer, als das, was sie gewohnt war, aber durchaus lernbar. Sie kannte nicht alle ihre Einsätze und der Dialekt, den sie in ihrer Rolle sprechen sollte, war nicht sonderlich leicht. Dafür hatte sie an den Tänzen ihren Spaß und ihre Partnerin erwies sich als sehr kooperativ. Ihr Name war Mizusu Aki, eine der etwas erfahreneren Otokoyaku. Sie hatten schon ein paar Stücke zusammen gespielt, aber sich nie sonderlich unterhalten. Wieso auch? Immerhin war es immer noch Arbeit. Obendrein war die andere recht ruhig, aber erwies sich als durchaus schlagfertig, wenn ihr etwas gegen den Strich ging, selbst gegen Mizu, die seit neustem irgendwie noch strenger und miesgelaunter erschien als sonst. Zumindest seit der Frühstückspause. Sie hatte nur nebenbei bemerkt wie sie wohl telefoniert hatte und ihrer Laune nach zu Urteilen konnte sie auch genau sagen mit wem. Hoffendlich war nur Saeko inzwischen weg.

"Hey Kei." Sagiri Seina, Rufname Chigi und der Neuzugang in Yukigumi, trat zu ihr. "Kann ich kurz mit dir reden?"

"Klar. Um was gehts?"

Seina sah kurz über die Schulter in Richtung Mizu, die sich mit dem Assistenten unterhielt. Nachdem Saeko aufgehört hatte, war waren die Assistenten wieder herumgetauscht worden, sodass sie wieder bei ihrem alten waren. Dann ging Seina einen Schritt auf die Seite, dämpfte etwas ihre Stimme.

"Shio hat mich zum Essen mit zu Sena eingeladen. Sie meinte, dass ich mich an dich wenden soll?"

Eher eine Frage wie es schien. Seina hatte immerhin keine Ahnung wie man zu Sena's Wohnung kam. Vielmehr wunderte sie aber etwas anderes.

"Hat Asako denn ihr Einverständnis gegeben, dass du mitkommst?"

"Wie mir gesagt wurde hat sie nichts dagegen."

"Uhm... na gut. Ich muss aber noch ein bisschen etwas erledigen bevor ich dann hinfahre."

"Hab ich schon gehört. Einkaufen und so. Ich helf dir auch gerne."

Kimu lächelte etwas. Seina war wirklich netter als sie gedacht hatte, auch wenn sie immer noch fand, dass der Neuzugang ein bisschen die Gesichtszüge von Asako hatte.

"Kimu hilfst du mir mal?"

Mizusu kam zu ihnen, das Script vor der Nase und sichtlich darin vertieft.

"Hm?" Kimu sah zu ihr und blinzelte etwas. "Was ist?"

"Hey Mattsu." Seina lächelte die andere an und auch Mizusu lächelte zurück.

"Oh hallo Chigi. Ich dachte du bist bei der anderen Gruppe."

"Ihr zwei kennt euch?"

Kimu sah zwischen den beiden Frauen hin und her. Zwar war 'kennen' relativ, aber wenn man sich bei den Rufnamen nannte war es meist eine engere Bekanntschaft.

"Oh ja über Shio."

"Nachdem Chigi und Shio mal ungefragt bei mir eingefallen sind ist es schwer uns nicht zu kennen." Kimu lachte auf und Mizusu zuckte einmal mit dem Mundwinkel. "Das war nicht lustig."

"Irgendwie schon", sagte Kimu nur darauf und fuhr sich durch die Haare. "Es ist schwer sich Shio dabei vor zu stellen wie sie einfach bei jemanden wie dir vor der Tür steht."

"Jemandem wie mir? Was soll das denn heißen?"

"Uhm also..."

"Tya Kei, da bist du wohl voll ins Fettnäpfchen getreten."

Die drei sahen sich kurz gegenseitig an bevor sie alle auflachten. Die ganze Situation gab es einfach her. Eigentlich hatte Kimu es gar nicht so gemeint, aber es war wohl anders rüber gekommen als sie gewollt hatte. Mizusu kam ihr immer sehr ruhig und zurückgezogen vor, sprach nur mit anderen, wenn sie musste.
 

Noch immer saß Asako sehr unruhig in ihrem Sessel. Was zur Hölle war da bitte passiert? Gaichi hatte Saeko fast aus der Wohnung gezerrt und das obwohl sie krank war. Sonst war die Senka doch auch nicht so verantwortungslos, im Gegenteil. Sie konnte sich noch gut erinnern, dass die Ältere sie einmal beinahe ans Bett gekettet hatte weil sie erkältet war und eigentlich zum Training wollte. Ob es was mit Saeko selbst zu tun hatte? Denn sie glaubte kaum, dass ihre Differenzen mit Natsuki etwas damit zu tun hatten. Die ganzen letzten Jahre hatte sie das immerhin auch herzlich wenig gestört. Aber was konnte es dann sein?

Wie auch immer. Jetzt wo sie wusste, dass das Elisabeth-Stück wieder zu haben war und sie Natsuki so offensichtlich herausgefordert hatte musste sie sich um wichtigeres kümmern. Natsuki würde alles daran setzen um ihr das Stück zu entreisen, auch, wenn es eventuell von einer anderen Troupe gespielt werden würde. Glücklicherweise hatte sie vorgesorgt. Ein paar Telefonate und das ganze würde sich erledigt haben. Apropos Telefon... Sie griff in ihre Tasche, holte dort ihr Handy heraus und lehnte sich in ihrem Sessel zurück, ihre Notizen auf ihrem Schoß und wählte Shio's Nmmer an. Das Freizeichen lies auf sich warten, aber schließlich nahm Shio doch ab.

"Was gibts?"

Sie murmelte etwas als hätte sie etwas im Mund. Asako grinste leicht.

"Hab ich dich beim Essen gestört?"

"Nur etwas." Sie biss erneut ab, wohl von einem Brötchen.

"Wie auch immer. Also hör mal: ich habe vorhin gesehen, dass das Elisabeth-Stück wieder zu vergeben ist."

"Und du willst es haben."

"Du hast es erfasst."

"Also alles so wie geplant?"

"Alles so wie geplant", bestätigte sie und lächelte etwas. "Ich kümmer mich um Hanagumi und Yukigumi. Sag mir was du bei Hoshigumi und Soragumi erreichen kannst."

"Wo wir grade von letzterem sprechen." Asako merkte deutlich, dass sie vermeidete direkt darüber zu sprechen was sie vor hatten. Es war wohl jemand in der Nähe. "Ich habe Chigi gesagt, dass sie mit Kimu mitkommen soll."

Chigi... soweit sie sich erinnerte war das die Soragumi-Darstellerin, die jetzt unter Natsuki in Yukigumi arbeitete. Glücklicherweise schien der Yukigumi-Top-Star selbst nichts mit der Versetzung von Soragumi nach Yukigumi zu tun zu haben.

"Schon gut. Saeko und Gaichi sind sowieso weg."

"Wie das?"

"Frag mich was leichteres." Asako rieb sich mit einem Finger die Schläfe. "Sei einfach pünktlich da. Ist immerhin das letzte Mal vor meiner neuen Saison, dass wir zusammen essen können."

"Gut. Wir sehen uns dann."

Asako streckte sich einmal während sie auflegte und gähnte ausgiebig. Die neue Saison würde mehr als stressig werden, gerade weil sie Elisabeth so sehr wollte. Sie hatte ihre Stimme dafür schon abgegeben. Jetzt ging es nur darum dafür zu sorgen, dass keine der anderen Gruppen darauf Anrecht erhob.
 

Shio legte auf, verspeißte den Rest des Brötchens, dass sie sich mitgenommen hatte und steckte ihr Handy zurück in die Tasche. Sie hätte nicht geglaubt, dass das ganze Unternehmen doch schon so früh starten würde. Dann hieß es also doch sputen. Shio war eigentlich davon ausgegangen noch etwas mehr Zeit zu haben und ein paar Hintergrundinformationen mehr zu bekommen, aber das musste wohl warten.

"Wer war denn dran?", fragte die junge Frau, mit der sie gegessen hatte.

"Nur eine Freundin von mir. Sie hat mich zum Essen eingeladen." Shio lächelte und blickte zu der jüngeren. "Kann ich dir eine Frage stellen?"

"Klar."

"Du hast doch vorhin erzählt, dass du damals Elisabeth mit Osa als Top-Star gesehen hast. Was glaubst du wer ihn das nächste mal spielen wird?" Die andere überlegte. "Denk nicht so stark nach Masao. Das gibt sonst Falten."

Masao lachte einmal, fuhr sich durch die Haare.

"Hey die Frage ist aber echt nicht leicht. Ich glaube Soragumi hätte wohl die besten Chancen, so wie sie momentan aufgestiegen sind. Hanagumi wäre aber auch nicht schlecht."

"Würdest du nicht gern selbst mal mitspielen? Du hast doch bei Ayaki einen der Todesengel gespielt oder?"

Die jüngere nickte einmal, biss in den Rest ihres Frühstücks/Mittagessens und lehnte sich nach hinten. Die zwei Frauen hatten beschlossen in Shio's Pause ein wenig im Aussengelände des Takarazukadorms etwas zu essen, auch, wenn Masao ursprünglich zu Chigi wollte. Shio hatte sie abgefangen und in ein Gespräch verwickelt. Zwar hatte Asako sowohl Masao als auch Mirio gut im Griff, aber es schadete nie die Freunde seiner Partner kennen zu lernen.

"Schon gern. Aber wen sollte ich schon spielen? Mirio ist da viel schärfer drauf."

"Wie das?"

"Sie würde unglaublich gerne Lucheni spielen. Sag mal stimmt es eigentlich dass Asako sowohl Lucheni als auch Elisabeth gemacht hat?"

"Keine Ahnung. Ich kenne sie zwar ganz gut, aber sie redet nicht wirklich oft über ihre Arbeit. Besonders nicht aus ihrer Hanagumi-Zeit."

"Schade. Ich hätte sie echt gerne gesehen als Lucheni."

"Ich glaube, dass sie den Tod auch ganz gut rüberbringen würde."

"Meinst du? Das war sonst immer Ayaki's Rolle."

"Yukigumi hat es vor fast zwei Jahren aufgeführt."

"Ja schon. Aber ich weis nicht. Ayaki hat das bissher am Besten gemacht."

"Das liegt bestimmt an Tsukigumi. Wenn du mich fragst, dann würde ich gerne sehen wie Asako das auf die Reihe kriegen würde."

Shio lächelte einmal zu der anderen und Masao grinste schief.

"Also irgendwie cool wärs ja schon mal eine größere Rolle da zu haben."

"Mal sehn. Vielleicht entwickelt sich da ja noch was." Die Blonde warf einen Blick auf die Uhr. "Ich musst dann mal zurück. Soll ich Chigi einen Gruß von dir ausrichten?"

"Siehst du sie noch?"

"Ja heute Abend. Wenn du Lust hast komm doch mit Mirio bei Asako vorbei. Ich glaub sie würde sich auch freuen."

"Mal sehn." Masao lächelte etwas breiter und stand auf.
 

Osa kam erst so gegen Abend wieder zurück in die Wohnung, fand diese aber merkwürdig chaotisch vor. Nunja was man eben chaotisch nennen konnte. Die Schuhe waren nicht so ordendlich aufgestellt wie sonst und es lag eine Decke im Flur. Hinzu kam die halb volle Teetasse, die auf dem Tisch stand und die daneben stehende Suppenschüssel. Gaichi achtete doch sonst immer so penibel darauf, dass alles an seinem Platz war.

"Gaichi?", rief sie in die Wohnung, sah sich einmal um und legte dabei ihre Sachen zur Seite. Keine Antwort. Sie warf einen Blick in die Küche. Dort war auch alles stehen gelassen, aber zumindest war der Herd abgedreht. Sie warf einen Blick ins Schlafzimmer. "Gaichi?"

"Sei leise", kam es nur aus dem halb abgedunkeltem Raum. Gaichi saß auf dem Bett, Saeko's Kopf auf ihrem Schoß und die beiden Bettdecken über ihren Körper gelegt. Saeko hatte einen Waschlappen auf der Stirn und Gaichi strich ihr sanft über die Haare. "Sie ist gerade eingeschlafen."

Eigentlich sollte sie sich aufregen, denn Saeko war ihr immer noch nicht ganz geheuer, aber dem Zustand der Wohnung nach zu urteilen, ebenso wie Gaichi's Tonfall und dem Gesichtsausdruck nach war etwas passiert.

"Was ist los?"

"Mach die Tür zu. Es zieht."

Osa tat wie ihr gehießen war, ging dann leise zu den beiden Frauen. Erst jetzt sah sie, dass Saeko recht blass war, leicht zitterte dabei. Hatte Gaichi nicht gesagt, dass Saeko krank war? Warum war sie dann in ihrem Bett? Ganz so recht war ihr das nicht, aber sie drückte ein Auge zu.

"Ich frag nochmal: Was ist passiert?" Gaichi schwieg, starrte auf Saeko, die mehr oder minder friedlich auf deren Schoß schlief. "Gaichi? Hey..."

"Ruf bitte Kiriyan und Yuuhi her."

"Was? Wieso?"

"Weil ich euch was erzählen muss. Es ist wegen Sena."

"Asako? Was ist mit ihr?"

"Die ganze Story erzähle ich erst, wenn die anderen da sind. Aber ich sage dir schonmal was: Sena dreht langsam durch."
 

"Was? Ich kann jetzt nicht einfach weg, Kiri", murrte Yuuhi in ihr Handy. Kiriyan hatte sie angerufen, dass sie doch bitte so schnell wie möglich zu Osa und Gaichi kommen sollte.

"Yuuhi bitte. Osa meinte, es wäre ein Notfall."

"Ich steh kurz vor der Generalprobe. Ich kann nicht einfach gehen."

"Und was ist, wenn du sagst, dass es wirklich wichtig ist?"

"Selbst dann nicht. Du kennst die Regeln. Und ich kann mich jetzt nicht wirklich auf meinen Lorbeeren ausruhen."

Yuuhi war nach ihrem Wechsel nach Soragumi fast sofort zum Vice erklärt worden, was ihr zwar weniger Zeit, aber dafür mehr Ansehen brachte. Dass sie es so schnell geschafft hatte war ihr nicht wirklich geheuer gewesen, besonders, da sie dem vorherigem Vice praktisch den Status genommen hatte, aber es war immerhin nicht ihre Entscheidung gewesen. Wenigstens hatte Asako dieses Mal nicht ihre Finger im Spiel gehabt.

"Yuuhi..."

"Hör mal. Ich komme so bald wie ich kann. Bevor wir zu Asako fahren können wir ja noch bei den beiden vorbeisehen."

Kurzes Schweigen am anderen Ende ehe die junge Frau am anderem Ende seufzte.

"Na gut. Ich fahre trotzdem schonmal hin, ja? Du kannst ja nachkommen. Ich warte da auf dich."

"In Ordnung. Ich beeile mich auch."

"Bis nachher. Ach und Yuuhi?"

"Ja?"

"Ich liebe dich."

Yuuhi lächelte sanft, drehte dabei den anderen Schauspielerinnen im Probenraum den Rücken zu. Eigentlich war es ihr furchtbar unangenehm, gerade weil noch andere im Raum waren und sie eigentlich ihre Beziehung zu Kiriyan bis heute erfolgreich geheim gehalten hatte, aber die andere brachte sie immer zum Lächeln. Sie war so unglaublich süß.

"Ich dich auch", flüsterte sie leise. "Bis nachher dann."
 

Das Training endete für Kimu, Chigi und Mattsu doch früher als gedacht, denn Mizu hatte einen ihrer berühmt-berüchtigten Anfälle bekommen, den sie hatte, wenn etwas gar nicht so lief wie sie es sich vorstellte. Es führte dazu, dass Mizu eine Sonderschicht aufgezwungen bekam und die restlichen Schauspieler gehen durften, denn in ihrem momentanen Zustand war es unmöglich mit ihr zu arbeiten. Kimu hatte die zwei anderen Frauen zum Einkaufen einfach entführt, ging mit ihnen durch den Supermarkt und packte alles in einen Korb, wobei Mattsu dazu verdonnert worden war diesen zu tragen. Kimu hatte auch schon Asako angerufen ob sie einverstanden wäre auch noch Mattsu für den Abend ein zu laden, was der Tsukigumi-Top-Star mit einem 'Du bist diejenige die kocht, also mach doch' abgetan hatte. Mattsu selbst hatte die rüde Einplanung einfach so hingenommen, wobei sie sich sichtlich fragte, wieso Kimu die ganze Arbeit erledigte, schwieg es aber einfach tot.

"Und wie viele sind wir dann jetzt heute Abend?", fragte Chigi, die gerade ein paar Früchte gegeneinander abwog und dan bei Mattsu in den Korb packte.

"Mal sehn. Also wir drei, Asako und Shio. Kiriyan und Yuuhi sollten auch noch kommen. Also sieben. Vielleicht kommen Mirio und Masao auch noch."

"Dann sind das nach meiner Rechnung neun", sagte Mattsu, die einmal kritisch in den vollgepackten Korb blickte. "Und das alles ist nur für heute?"

"Ach komm schon, Das wird toll. Asako will heute Abend nochmal ihr Script etwas durchgehen, also hab ich gesagt ich koche."

"Passen denn so viel in die Wohnung?"

"In die Wohnung ja, nur in der Küche könnte es eng werden. Da müssen wir uns halt reinquetschen."

"Halt mal. 'Wir'? Was soll das denn heißen?"

Mattsu hob eine Augenbraue und sah Kimu beinahe entsetzt an.

"Ihr müsst mir nur ein wenig Gesellschaft leisten. Kochen kann ich schon allein für alle, aber ich stehe ungern allein in der Küche."

"Ich dachte schon du willst mich zum kochen zwingen."

"Wieso? Wäre das so schlimm, Mattsu?"

Chigi haute Kimu einmal von der Seite an.

"Ich verrat dir mal was", begann Chigi und legte einen Arm um Kimu. "Wenn du dich jemals von Mattsu bekochen lässt, dann nimm eine Peitsche, einen Käfig und einen Maulkorb mit. Sonst läuft du gefahr von dem, was sie gekocht hat gebissen zu werden und dir eine Seuche ein zu fangen."

"Chigi!"

"Bist du so schlecht darin?", fragte Kimu mit einem leichtem Lachen auf den Lippen.

"Ich habs halt nie gelernt. War ja nicht meine Idee."

"Vielleicht kann ich dir mal Stunden geben, wenn wir mal Zeit haben."

Mattsu blinzelte ein wenig, lächelte dann aber schief.

"Gern?"
 

Asako hatte sich inzwischen ihre Unterlagen auf dem Tisch ausgebreitet, arbeitete ihr Script durch und versuchte sich den Text ein zu prägen. Es war ihr schon immer etwas schwer gefallen sich Texte zu merken, glücklicherweise hatte ihr Stück eigentlich so gut wie keinen. Es war nur ein sehr sehr kleines Stück, wobei Asako sich nicht ganz sicher war wieso sie gerade das Stück bekommen hatte. SAUDADE, wie das Stück hieß, war ein Stück fast nur aus Tanz. Gut. Sie wurde dafür sehr viel in Specials eingespannt und sie wurde für einige Interviews gebucht, aber alles in allem war sie recht wenig ausgelastet wenn man es mit dem Vorjahr verglich. Es war eher die Saison von Hoshigumi und Soragumi, denn sie bekamen recht große Stücke. Gut sie hatten es mal verdient, solange sie das Elisabeth-Stück bekam.

Die Tür wurde geöffnet. Asako musste gar nicht hinsehen um zu merken, dass es Shio war.

"Du bist aber früh da", sagte der Tsukigumi-Top-Star und schlug die Seite von ihrem Script um, nahm einen kleinen Schluck von ihrem Tee.

"Wir haben früher schluss gemacht. Aber ich glaube es wird dich freuen, dass alles so läuft wie du es wolltest."

"So? Das ist ja wundervoll."

"Du klingst nicht begeistert."

"Ich versuche mich zu konzentrieren."

Shio trat hinter sie und kurz darauf fühlte sie auch schon die Hände der anderen im Nacken, ebenso wie deren Atem.

"Du arbeitest zu viel, Asako."

"Vielleicht arbeitest du einfach zu wenig."

"Kommt drauf an, was du unter arbeiten verstehst." Ein kurzes, zweideutiges Lachen.

"Oh bitte Shio. Wir sind übers Fummeln nie hinaus gekommen."

Asako grinste schief. Eigentlich war sie nur vor recht wenigen Leuten so schamlos, aber Shio war da eine Ausnahme.

"Weil Kimu immer reingeplatzt ist."

"Wir wissen beide, dass das nicht der Grund ist." Shio schwieg, setzte nur demonstrativ einen Kuss hinter Asako's Ohr, die einmal genüsslich aufseufzte und die Augen schloss. Der Tsukigumi-Top-Star lies sich nicht von sonderlich vielen derartig anfassen, auch wenn sie ihren Zauber auf einige wirken lies. Sie spürte, wie Shio gegen ihre Haut grinste. "Was gibts da zu grinsen?"

"Wann hast du dich das letzte mal flachlegen lassen?"

"Schon eine Weile her."

"Dann wirds langsam Zeit."

"Dafür waren wir doch am Wochenende in der Stadt."

"Ich weis, dass Kimu dich scharf macht, aber du hällst dich trotzdem so zurück. Du solltest dich mal wieder nehmen lassen."

"Etwa von dir?"

"Ich bin deine beste Freundin. Klar von mir."

Asako lachte leicht, drehte sich auf dem Stuhl zu Shio und kraulte die Blonde etwas unterm Kinn.

"Vielleicht. Aber nur wenn ich weis, dass du gut bist."

"So? Und wie willst du wissen, dass ichs nicht bin?"

"Indem ichs mir ansehe."

"Wie meinen?"

"Kimu's Geschenk."

Shio dachte ein paar Sekunden sichtbar nach, grinste dann aber breit.

"Oh verstehe."

"Braves Kätzchen."

Die Tsukigumi-Darstellerin beugte sich vor, leckte der Blonden einmal über die Lippen. Diese nahm die Aufforderung auf, küsste die junge Frau heiß auf die Lippen und Asako fühlte die Arme der anderen um ihre Taille, wie sie hochgezogen und auf den Tisch gedrückt wurde. Leicht stöhnte sie in den Kuss, drückte sich der anderen entgegen als Shio sich zwischen ihre Beine schob. Weiter kamen sie jedoch nicht, denn es klingelte an der Tür, was die zwei Frauen dazu verleitete zumindest den Kuss zu lösen und sich ein paar Sekunden stumm an zu sehen. Asako schmunzelte einmal und auch Shio musste grinsen. Sie würden wohl nie darüber hinaus kommen. Die Blonde drückte ihr noch einen kurzen Kuss auf die Lippen, einen aufs Kinn bevor sie die andere vom Tisch aufstehen lies und Asako zur Tür ging und diese öffnete.
 

Chika hatte sich inzwischen einigermaßen wieder einbekommen. Ihr Wutanfall hätte zu keiner schlimmeren Zeit kommen können. Sie hatte ihre 'Sonderstunde' abgearbeitet und war noch immer mit übler Laune zurück in ihre Wohnung gegangen nur um diese wieder leer vor zu finden. Saeko war immer noch nicht wieder da, aber sie würde sich später darum kümmern. Sie hatte zuerst ein paar Telefonate zu erledigen. Seit Sena ihr gesagt hatte, dass Elisabeth wieder zu haben war, hatte sie nichts anderes mehr im Kopf. Selbst wenn sie selbst nicht noch einmal den Tod spielen konnte, sie würde dafür sorgen dass Tsukigumi es nicht spielen würde. Sena konnte sich das abschminken. Kaum hatte sie das Telefon in der Hand klingelte jenes. Bevor sie abnahm sah sie auf die Uhr. Wer rief um die Zeit noch an? Dennoch nahm sie ab.

"Guten Abend?"

"Guten Abend, Natsuki", sagte die Stimme am anderen Ende. Sie erkannte sie. Es war ihr Chef. "Ich hoffe ich störe nicht."

"Nein keineswegs. Ich bin gerade nach Hause gekommen."

"Dafür entschuldige ich mich. Ich habe gerade einen Auftrag bekommen für ein Photobuch. Ich hoffe du erklärst dich dafür bereit?"

"Wenn es in meinen Zeitplan passt, selbstverständlich."

"Das Shooting wird nächste Woche stattfinden. Ich schicke dir gleich jemanden mit den Unterlagen vorbei wenn du noch jemanden empfängst."

"Kein Problem. Ich bin zuhause."

"Vielen Dank, Natsuki. Du erleichterst mich damit sehr."

"Darf ich fragen wieso?"

"Es war geplant, dass die Top Stars von Hoshigumi und Soragumi das Photobuch machen. Allerdings sind beide momentan mit ihren Stücken derart überfordert, dass wir es fast absagen mussten."

"Also wird es ein Photoshooting für zwei Personen?"

"Ja. Es ist hauptsächlich eine Probe für unsere neuen Schneider. Keine Sorge, du wirst es mögen."

"Verstehe. Nun gut, wenn es schöne Kleidung ist..."

Ihr Chef lachte etwas. Mizu's Leidenschaft für schöne Klamotten war geradezu legendär.

"Dachte ich mir. Ich schicke dir jemanden vorbei und wir sehen uns am Wochenende beim Shooting."
 

Inzwischen saßen die sieben Frauen, also Asako, Shio, Chigi, Mattsu, die von Asako mehr als freundlich empfangen worden war, Masao und Mirio in Asako's Wohnung. Chigi, Mattsu und Kimu waren in der Küche, wobei Chigi und Kimu beide am kochen waren während sich Shio, Masao und Mirio unterhielten. Asako hatte einen Anruf bekommen, den sie noch beantwortete ehe sie sich wieder zu Shio setzte.

"Und wer wars?"

"Nichts wichtiges. Der Chef wollte was von mir wissen. Kann aber bis morgen warten."

Es klingelte an der Tür und Asako setzte sich zu Shio und drehte sich halb in Richtung Küche ehe sie rief. "Kimu mach bitte die Tür auf."

Fast eine Sekunde später hechtete die Yukigumi-Darstellerin aus der Küche zur Tür, hatte noch immer die weiße Kochschürze um auf der ein kleiner Bär abgebildet war, und lies die zwei Frauen in die Wohnung. Die beiden gingen zu Asako, wobei die Tsukigumi-Darstellerin sich halb umdrehte und sie anlächelte.

"Hallo ihr zwei. Schön, dass ihr es einrichten konntet."

"Es wurde ein bisschen später", sagte Yuuhi. "Wir standen im Stau."

"Kein Wunder um die Uhrzeit. Kiriyan alles in Ordnung?"

Ihr Vice sah ziemlich blässlich aus, wirkte obendrein etwas niedergeschlagen.

"Ja schon gut. Ich glaube irgendetwas liegt mir schwer im Magen."

"Werd mir blos nicht krank. Morgen fängt die neue Saison an."

"Ich weis. Keine Sorge. Ich erhol mich schon bis morgen."
 

Mattsu beobachtet den Abend über, wie Sena Kimu mehr als nur einmal durch die Gegend scheuchte. Es war unterschwellig, aber dann doch wieder so auffällig, dass es ihr auffiel. Nachdem Sena alle miteinander bekannt gemacht hatte, immerhin kannten sich die meisten untereinander gar nicht, tischte Kimu zusammen mit Chigi das Abendessen auf. Es war eigentlich mehr ein kleines Festessen, aber es reichte gerade mal so für die neun Frauen, hauptsächlich, weil weder sie selbst, noch Kiriya großartig etwas zu sich nahmen. Sena's Vice sah aus, als hätte ihr gehörig etwas auf den Magen geschlagen und die Soragumi-Darstellerin Yuuhi sah hier und da etwas besorgt durch die Gegend als könnte sie jeden Moment etwas anspringen. Irgendetwas machte die zwei gehörig nervös, wovon die Gastgeberin, wohl eher die Gastgeberinnen, denn Shio gab hier und da ebenso Anweisungen an Kimu, nichts mitbekamen oder es einfach nur geschickt überspielten. Mattsu fiel auf, dass Shio meist eher an Chigi gerichtet sprach wenn sie etwas erzählte, Sena dagegen eher in Richtung Mirio und Masao. Auch war immer mindestens eine der beiden am Tisch, was ihr aber nur aufgefallen war, als Sena und die Blonde einmal zueinander gerichtet sprachen als sie sich mit Kiriya und Yuuhi unterhalten hatte, welche etwas gedämpft sprachen und Shio kurz darauf den Raum mit dem Telefon verlassen hatte.

"Kiriyan", sagte Sena mit einem Mal und Kiriyan sprang geradezu einmal auf der Stelle, herausgerissen aus ihren Gedanken. "Du musst dich nicht so erschrecken. Ich wollte nur fragen ob wirklich alles in Ordnung mit dir ist."

Etwas hecktisch nickte die Tsukigumi-Vice, lächelte gezwungen.

"Ich bin nur müde."

"Vielleicht solltest du dann schlafen gehen."

"Wir werden dann wohl auch gehen", sagte Masao und verbeugte sich einmal kurz. Sena nickte. "Danke für das Essen, Asako. Wir sehen uns morgen." Dann drehte sie sich zu Mattsu, Kimu und Chigi. "Sollen wir euch noch zum Dorm mitnehmen?"

"Das wäre nett", sagte Mattsu und sah zu Chigi, die mit einem Lächeln auf den Lippen nickte.

"Ich bleibe noch", meinte Kimu kurz darauf und Mattsu warf einen recht kritischen Blick zu der jungen Otokoyaku. Vielleicht war es keine gute Idee wenn sie blieb, aber sie hatte dann auch wieder nicht genug gesehen um die Situation wirklich einschätzen zu können. Es schien ihr immerhin nichts aus zu machen die ganze Drecksarbeit zu erledigen.
 

Keine halbe Stunde später saß Asako mit dem Rest ihres Getränks in der Hand mit Shio auf der Couch. Kimu stand in der Küche, wusch grob das Geschirr ab, welches nicht mehr in die Maschiene gepasst hatte.

"Also? Was hat sie gesagt?", meinte Asako und sah zu der blonden Otokoyaku.

"Sie wird mal mit dem Top-Star reden. Ich glaube aber nicht, dass Hanagumi etwas dagege sagen wird wenn Tsukigumi erneut Elisabeth bekommt. Soweit ich weis mögen die meisten das Stück nicht besonders."

"Gut so. Und jetzt erklär mir doch mal bitte wer diese Mizusu war."

"Da bist du genauso schlau wie ich. Kimu hat sie mitgebracht."

"...Kimu!"

Ein Klackern kam aus der Küche und Kimu kurz darauf im Wohnzimmer.

"Uhm ja?"

"Wer war diese Mizusu?"

"Sie ist meine neue Partnerin im Stück. Ich dachte vielleicht wollt ihr sie kennenlernen."

"Ohne vorher bescheid zu sagen?"

"...Tut mir leid."

"Wie auch immer. Lass das Geschirr mal sein. Hast du das Packet mitgebracht?"

"Natürlich. Ich hab es aber noch nicht aufgemacht."

Asako warf einen Blick auf die Uhr, seufzte schwer und fuhr sich durch die Haare.

"Dann mach das ein anderes Mal. Ich gehe ins Bett."

"Soviel also zu: 'Ich sehe zu'?"

"Ach halt die Klappe, Shio. Ich bin müde und muss morgen früh raus."

Shio streckte sich einmal und stand dann auf.

"Ich gehe Chigi nochmal einen Besuch abstattet und bleib dann heute Nacht zuhause."

"Nimmst du Kimu mit zum Dorm?"

Kimu sah etwas verwundert drein.

"Was? Soll ich gehen?"

"Ich will mal wieder alleine in meinem Bett schlafen. Ausserdem muss ich meinen Text noch lernen. Du weist genau wie sehr ich es hasse wenn jemand dabei ist."
 

Ungefähr eineinhalb Wochen später ging der Yukigumi-Top-Star zu dem Gebäude, in dem das angekündigte Photoshooting stattfinden sollte. Sie war recht spät dran, denn der Direktor hatte sie spontan noch am Morgen zu einem Training eingespannt. Der Photograf war dabei ziemlich übellaunig geworden, allerdings konnte es auch nicht ändern. Es war immerhin noch Vormittags, aber sicherlich würden ein paar der Bilder schon ohne sie gemacht worden sein. Immerhin war es ein doppeltes Shooting und ihr Partner, von dem sie noch immer keine Ahnung hatte wer es war, war sicherlich schon mittendrin. Kaum drinnen angekommen kam sie erst gar nicht dazu sich den Raum genauer an zu sehen, hörte nur den Photografen ein paar Dinge rufen, wurde aber selbst sofort in die Maske gezerrt. Da sie zu spät war, gewollt oder nicht, musste sie sich eben ranhalten. Binnen zwanzig Minuten war sie geschminkt, angezogen und betrachtete sich im Spiegel. Man hatte ihr die Haare nach hinten gestyled, ihr einen der typischen Takarazuka-Anzüge verpasst, schwarz mit einer Kravatte im typisch tiefgrünem Yukigumi-Grün, welche ihr so gut stand.

"Okay. Dann kannst du zum Fotografen. Ich bereite derweil die Kleider vor", sagte die Assistentin und wollte gerade zu der Gaderobe huschen als Chika sie aufhielt.

"Woh moment. Kleider?"

Verwirrt drehte sich die junge Frau um.

"Ja. Ihr werdet euch heute häufig umziehen müssen. Es sind ein paar Kleider vorgesehen. Die Fans werden euch dafür lieben."

Mit einem Lächeln verschwand die Assistentin und Chika hob nur eine Augenbraue. Kleider? Sie würde Kleider tragen. Sie konnte sich nicht erinnern wann sie das letzte Mal ein Kleid angehabt hatte, denn immerhin war es für die Otokoyakus ohne entsprechende Genehmigung oder Anordnung Tabu. Es half ihnen sich in ihre Rollen hinein zu versetzen. Ausserdem liebten es die Fans und darauf kam es immerhin an.

Sie schnappte sich noch den Hut, an dem eine grüne, eigentlich echt hässliche Feder befestigt war, und ging ins Studio, wurde da auch schon von Blitzlichtgewitter geblendet. Sie blinzelte kurz aber dann fiel ihr auch schon die Kinnlade hinunter. Vor der Kamera, wohl eher den Kameras, stand eine andere Frau, gekleidet in einem schwarzen Anzug, einem ebenso schwarzem Hut, jedoch mit mit einer gelben Kravatte und gelbem Hut. Sie posierte auf einer kleinen Stufe, die Jacke von einer Schulter hängend und mit einem sehr verführerischem Lächeln in die Kamera sehend. Für eine Sekunde fragte sie sich ernsthaft, ob sie im richtigem Gebäude war, aber dann wieder machte es Sinn. Es war die Rede von einem Doppelshooting, die Top-Stars von Hoshigumi und Soragumi waren beschäftigt und Hanagumi waren auf Tour. Das konnte heiter werden...

"Guten Morgen, Natsuki", sagte der Photograf. "Du kannst dich gleich dazustellen."

"Darf ich vorher eine Frage stellen?"

"Wenn es schnell geht."

"Warum wir zwei? Die jüngeren würden sicher..."

"Weil ihr beide die Publikumslieblinge seid. Die Photobücher werden sich teuer verkaufen, besonders wenn ihr beide drin seid. Besonders mit dem, was geplant ist. Also an die Arbeit."

Seufzend ging die Yukigumi-Darstellerin zu Sena, die inzwischen zu ihr hinüber sah, aber nichts an ihrer Jacke geändert hatte, sah zu ihr hoch. Die Tsukigumi-Darstellerin lächelte etwas zu ihr und beugte sich hinunter.

"Ich bin genauso begeistert von der Sache wie du, also bringen wir es hinter uns."

Als Schauspieler hatten sie ja wohl keine andere Wahl.

Act 3 Scene 3: Be close to your friends...

Die beiden Schauspielerinnen hatten sich mehr oder minder schnell eingespielt, posierten vor der Kamera, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Nachdem auch Chika ein paar Einzelfotos bekommen hatte erklärte ihnen der Fotograf, dass der Rest wohl aus sogenannten 'Fanservice-Fotos' bestehen würde. Es brachte immerhin das meiste Geld ein wenn zwei Otokoyakus in einer recht eindeutigen Position zusammen auf einem Foto zu sehen waren, wobei sich die Yukigumi-Darstellerin noch immer fragte, wofür dann die Kleider sein sollten. Dann aber wieder erinnerte sie sich daran dass es ein 'Test' für die Schneider sein würde. Ausserdem war sie froh mal wieder ein Kleid tragen zu dürfen nachdem sie ihr halbes Leben in Hosen verbracht hatte. Dennoch standen sie noch immer in den Anzügen vor der Kamera, allerdings hatten sie inzwischen eine Couch darin stehen. Sena saß auf der Rückenlehne, Chika auf normaler Höhe und sie lehnte sich zurück. Sena lehnte sich auf ihren Unterschenkeln auf.

"Gut", sagte der Photograf und sah kurz hinter der Kamera auf. "Sena könntest du dich zu Natsuki lehnen. Natsuki setz dich bitte zwischen ihre Beine."

Chika tat wie ihr geheißen wurde und kurz darauf fühlte sie die Hand des Tsukigumi-Top-Stars auf ihrer Schulter und deren Atem an ihrem Hals. Sie legte den Kopf etwas in den Nacken, sah zu der Kamera.

"Schieb die Hand noch ein bisschen runter Sena. Natsuki schling bitte deinen Arm um Sena's Bein und leg deine Hand auf ihr Knie."
 

"Überanstreng dich nicht, Kiriyan", sagte Yuuhi als sie sich zu ihrer Freundin auf die Couch. Kiriyan hing noch immer über ihrem Script für das Special, aber es half nichts. Sie bekam es nicht in ihren Kopf.Asako machte ihr einfach zu viel Sorgen. Als sie vor einer Woche bei Osa und Gaichi gewesen waren hatten sie auch noch Saeko vorgefunden, letztere fertig mit der Welt und obendrein krank.

"Sagst du so leicht."

"Du machst dir Sorgen wegen Asako oder?"

"Wie sollte ich auch nicht. Wir sind doch ihre Freunde. Und wir haben nichts von alledem mitbekommen." Yuuhi strich ihr über die Haare und Kiriyan schluckte etwas. "Wohl eher ich habe von alledem nichts mitbekommen. Ich bin echt zu blöd."

"Bist du nicht. Ich hab es doch auch erst sehr spät gemerkt."

"Wenigstens überhaupt."

"Kiri..."

"Es stimmt doch. Ich weis, dass du es gut meinst, aber Asako..."

"Wir müssen einfach mal in Ruhe mit ihr reden. Wir sind uns alle einig, dass es so nicht weitergehen kann. Sorgen wir einfach dafür, dass sie nicht komplett durchdreht."

"Aber wieso? Ich versteh sie nicht. Was hat sie so verändert?" Yuuhi lehnte sich stumm zurück, schluckte einmal. Verwirrt sah Kiriyan zu ihr, blinzelte ein paar Mal. "Sag mir nicht du weist es." Noch immer schwieg Yuuhi, krallte sich etwas in ihre Hose. Kiriyan wurde ungeduldiger. "Yuuhi... Was weist du?"

"Ich weis nichts genaues. Es ist nur eine Vermutung..."

"Egal. Rück raus damit."

"Naja... du erinnerst dich doch bestimmt, dass Asako vor eineinhalb Jahren das Elisabeth-Stück wollte."

"Ja aber Yukigumi hat es bekommen."

"Genau. Asako war damals ziemlich fertig. Ich glaube, dass Mizu etwas damit zu tun hat. Kurz darauf hat das ja mit Kimu angefangen."

"Aber warum Mizu?"

"Ich kenne sie noch von früher aus der Schulzeit. Sie war nie sonderlich freundlich und hat immer auf den kleineren rumgehackt. Ausserdem weis ich, dass Mizu einen unglaublichen Einfluss auf Personen mit hohem Rang hat. Ich glaube, dass sie Asako das Stück gestohlen und es ihr unter die Nase gerieben hat. Dass Saeko sich mit ihr abgibt bestätigt das nur."

Kiriyan lehnte sich etwas an ihre Freundin, biss sich auf die Zunge. Sie verstand worauf Yuuhi hinaus wollte. Zwar kannte sie Asako nicht so lange wie beispielsweise Osa, aber sie konnte sagen, dass der Tsukigumi-Top-Star eine sehr zarte Seele hatte. Wenn Mizu es ihr tatsächlich unter die Nase gerieben hatte würde das seine Spuren hinterlassen haben.

"Aber warum macht Mizu das? Sie hat doch nichts davon."

"Du wusstest nicht, dass Saeko wegen Asako mit ihr schluss gemacht hat?"

"Was? Nein. Natürlich nicht. Wie denn auch?"
 

Yuuhi seufzte etwas. Wenn sie nichts von Saeko und Mizu wusste, dann würde sie wahrscheinlich auch keine Ahnung von der ehemaligen Tod-Darstellerin und Gaichi haben, aber sie würde es der anderen nicht sagen wenn sie nicht unbedingt musste. Ganz zu schweigen von der Story von Kurara und Saeko, die sie irgendwann passiv einmal mitbekommen hatte.

"Ich möchte so gern, dass das wieder funktioniert mit den beiden", sagte Kiriyan leise und seufzte schwer. "Asako hat sich so verändert. Ich erkenne sie gar nicht mehr."

"Leider. Ich mag sie immer noch."

"Sie ist immerhin immer noch unsere Freundin. Aber glaubst du das, was Gaichi sich ausgedacht hat funktioniert?"

"Entweder es funktioniert oder bei Asa brennt entgültig eine Sicherung durch."
 

Beim Shooting war Chika gerade dabei ein paar Einzelfotos zu machen während Sena sich umzog. Sie brauchte ziemlich lange, aber je weniger sie sich sahen umso besser. Auch wenn sie zugeben musste, dass das Shooting nicht ganz so schlimm war wie sie sich es zunächst vorgestellt hatte, sie hatte sogar irgendwie ihren Spaß, aber Sena's Anwesenheit war dann doch wieder unangenehm. Der Fotograf gab ihr die Anweisung sich aufs Sofa zu legen, schoss noch ein paar Fotos.

"Ah Sena. Da bist du ja. Wundervoll siehst du aus."

"Bringen wirs bitte schnell hinter uns. Diese Highheels bringen mich um."

Chika runzelte die Stirn. High....heels? Sena musste doch die Stiefel gewohnt sein. Sie drehte sich einmal auf dem Sofa, da sie mit dem Rücken richtung Gaderobe gelegen hatte, wobei ihr kurz darauf der Mund offen stand. Nein sie konnte es nicht verleugnen. Sena sah fantastisch aus. Mehr als fantastisch. Sie trug ein weißes, ärmelloses Kleid, welches Corsagenartig bis zu der Hüfte zusammengebunden war und in ein Kleid überging. Es war vorne sehr kurz geschnitten, wurde nach hinten hin länger und wurde zu einer stark aufgerüschten Schleppe. Dazu trug sie ein paar nach oben geschnürter, ebenfalls weiße Highheels, die ihre sowieso schon langen Beine noch länger machten. Sie hatte die Haare hochgesteckt bekommen so gut es ging, wobei in der Hochsteckfrisur ein paar Extensions eingesteckt waren, die elegant über ihre Schultern fielen. Das Make-up rundete das ganze nur ab. Es betonte ihre Augen mit einem sanften Schwarz, ohne jedoch zu aufdringlich zu wirken. Als sie zum Studio ging wankte sie ein wenig auf den ungewohnt dünnen Absätzen, aber Chika konnte nicht anders als auf diese so verführerischen Beine zu starren. Sie hatte davon gehört, aber Kimu's Erzählungen waren im Vergleich zur Realität geradezu empörend untertrieben gewesen. Vielleicht...

Chika schüttelte einmal den Kopf, drehte Sena wieder den Rücken zu und setzte sich auf. Was dachte sie da nur? Sie sollte sowas nicht denken, durfte es nicht. Sie merkte gar nicht, dass der Fotograf abermals ein paar Anweisungen gab und sie sich kurz darauf in einem schwarzen Ledersessel wiederfand. Sie zog die Jacke aus und legte den Hut beiseite, hatte also nur noch das weiße Shirt und die Hose, sowie die Schuhe an.

"...setz dich auf die Lehne", hörte sie den Fotografen noch und prompt war Sena neben ihr. Gott sie sah einfach so zum anbeisen aus. Erst jetzt merkte sie das silberne Armkettchen sowie die passende Halskette. Sie blickte zum Fotografen, versuchte sich auf dessen Anweisungen zu konzentrieren, was ihr aber nicht gerade leicht fiel. Sie folgte dem, was der Fotograf ihr sagte, drehte sich ein Stück auf die Seite und Sena beugte sich zu ihr, öffnete ihr den obersten Hemdknopf. Die andere war ihr so nahe, dass sie den Atem auf ihren Lippen fühlen konnte. Sie öffnete den Mund etwas, starrte der anderen geradezu auf die geschminkten, so verführerisch wirkenden Lippen. Das Blitzlichtgewitter bemerkte sie zunächst gar nicht.
 

Asako riss sich sehr zusammen nicht einfach zu grinsen. Sie konnte genau sagen, dass Mizu's Reaktion nicht gespielt war und sie wohl eigentlich nicht so reagieren wollte. Sie konnte nur raten was ihr durch den Kopf ging, aber es war einfach zu amüsant, bedachte man wie Natsuki eigentlich wirklich von ihr dachte. Dass die zwei alles andere als Freunde waren war kein Geheimnis. Vielleicht sollte sie es ein bisschen ausnutzen, dass sie Natsuki den Kopf verdrehen konnte. Sie sah zu dem Fotografen.

"Ich habe eine Frage."

"Ja?"

"Das werden Fanservice-Bilder oder?"

"Uhm... Ja?"

"Dann hätte ich da noch eine Idee."

Asako erhob sich und zog Natsuki auf die Beine, setzte sich stattdessen auf den Sessel, öffnete einen der geschnürten Highheels, hob verführerisch das Bein.

"Gute Idee", sagte der Fotograf. "Setz dich vor sie Natsuki."

Natsuki sah kurz verwundert drein, tat dann was ihr gesagt wurde. Asako legte ihr den Fuß in die Hand, schmunzelte etwas.

"Mach ihn noch ein wenig auf."
 

Chika verstand auf was Sena hinaus wollte, aber gefallen tat es ihr nicht. Allerdings gab ihr das Gelegenheit ein wenig diese schönen Beine zu bestaunen. Sie öffnete den Schuh noch etwas weiter, lies ihre Fingerspitzen über die weiche Wade der anderen gleiten. Sie fühlte den Muskel unter ihren Fingern zucken.

"Leg deinen Kopf an ihr Knie und schau zu mir."
 

Saeko hatte seit dem Tag an dem Gaichi sie von Asako weggebracht hatte kaum ein Wort gesprochen, war allerdings zumindest wieder gesund. Stattdessen vergrub sie sich in Arbeit, zog sich weiter von ihren Freunden zurück. Mit Asako konnte sie nicht mehr reden, dazu fürchtete sie sich zu sehr vor dem, was aus ihrer Freundin geworden war. Sie hatte den Alptraum noch immer, aber sie hatte sich inzwischen so weit daran gewöhnt, dass sie wenigstens etwas dabei schlafen konnte, aber es beschränkte sich auf wenige Stunden pro Nacht. Auch Mizu war sie aus dem Weg gegangen, auch wenn die Jüngere einige Male versucht hatte sie zu erreichen.

"Du bist ja immer noch wach."

"Ich kann halt nicht schlafen", sagte Saeko und lehnte sich in ihrem Drehstuhl zurück, schloss die Augen.

"Ich finde immer noch, dass du damit mal zum Arzt solltest."

"Es geht schon. Das wird schon wieder besser."

"Sicher?"

Saeko merkte, wie die kühlen Finger ihren Nacken berührten und brummte einmal auf.

"Ja ganz sicher."

"Ich mach mir nur Sorgen um dich."

"Weis ich doch. Danke, aber ich pack das schon. Ich muss einfach."

"Übertreib es nicht. Du solltest mal wieder etwas Zeit mit deinen Freunden verbringen. Du gehst kaum noch aus dem Haus seit letzter Woche."

"Ich kann halt auch von Zuhause aus arbeiten."

"Was nicht heißt, dass du es ausnutzen solltest."

"Ich brauche halt Zeit für mich um das alles zu verarbeiten."

"Saeko. Du bist kein Mensch, der gern allein ist. Ich kenn dich zu gut als dass du mir was vormachen könntest."

Saeko lächelte etwas, nahm die Hand der anderen und drückte leicht zu.

"Das weis ich doch selbst. Aber wie gesagt, gib mir etwas Zeit."
 

Chika stand mit leicht geröteten Wangen in der Umkleide, hatte sich gerade ihres Hemdes und der Hose entledigt und griff nach dem Stück Stoff, welches ihr die Assistentin in die Hand gedrückt hatte. Zwar sollte sie sich beeilen, aber sie musste erst einmal Luft holen. Sena waren wirklich recht ausgefallene Posen eingefallen, das Schlimme war nur, dass der Fotograf mitgezogen hatte. Vor der Kamera hatte sie sich noch zusammengerissen, aber je länger sie Sena nahe war desdo schwerer fiel ihr das. Dass dieses Biest von einer Frau so wunderschön sein konnte, solch strahlende, unschuldige braune Augen hatte, und dabei so anziehend wirken kann war ihr schleierhaft. Am liebsten würde sie ihr in diese vollen Lippen beisen, sich an dieser wundervollen Haut festsaugen, sich in die weichen, geschmeidigen Muskeln krallen und sie gegen die Wand drücken. Verdammt sie hatte Sena noch nie so gesehen. Während sie so darüber nachdachte, ihren Tagträumen nach ging zog sie sich an, stand mit einem mal in einem schwarzen, sehr kurzem Kleid vor dem Spiegel. Es war mit weißen Austickereien, mit gerüschtem Rock, der gerade mal an einen etwas breiteren Gürtel erinnerte. Hinzu kam eine enge Halskette und ein paar hohe Schuhe. In der Maske bekam sie noch passendes Makeup bevor sie zurück zum Set ging. Sena, noch immer im Kleid, saß vor einem schwarzen Hintergrund in einer höchst attraktiven Pose.

"Können wir weitermachen?"

Chika nickte nur.
 

Asako sah in Richtung Natsuki, als diese wieder zurück zum Set kam, beäugte sie einmal ausgiebig. Dafür, dass die zwei Frauen eigentlich gleich groß waren wirkte Natsuki in diesem Outfit geradezu gigantisch. Das schlimme war, dass sie genau wusste, dass der Yukigumi-Top-Star sich sicherlich für die Bilder, die ihr eingefallen waren, rächen würde sobald sie selbst aus dem Kleid war und wieder im Anzug steckte. Vor dem Shooting hatte sie sich die Kostüme einmal genau angeschaut und auch wenn die Anzüge und Hosen deutlich dominierten waren ein oder zwei Kleider mit dabei, bei beiden. Das weiße war dabei noch das Harmlosere gewesen. Mulmig wurde ihr bei dem Gedanken an das kurze, schwarz bestickte Kleidchen, dass da noch auf sie wartete. Ein ähnliches, nur dass dieses schwarz mit roten Stickereien war, hing in Natsuki's Gaderobe und ihr schwebte Übles vor. Nicht nur, dass die Kleidung zu 99% aufeinander abgestimmt waren, sie hoben auch nur die jeweiligen Eigenschaften der Schauspielerinnen zu gut hervor. Das Shooting würde sich wohl noch um so einiges in die Länge ziehen.
 

Kimu verbrachte parallel ihre Zeit bei Mattsu, hatte sich dazu entschlossen die Otokoyaku zu besuchen und mit ihr ihre Rollen zu lernen. Der Text saß noch immer nicht so ganz und Mattsu hatte sich bereiterklärt ihr dabei zu helfen. Es lief ganz gut, aber irgendwann hatten sie das Script beiseite gelegt und fingen an zu tratschen. Allerdings war es eher Kimu die tratschte und Mattsu, die ihr dabei an den Lippen klebte und zuhörte. Die andere Otokoyaku war wirklich kein großer Redner, dafür ein viel besserer Zuhörer, aber da Kimu sowieso ein Plappermaul war störte es nicht sonderlich. Nur eine Sache störte Mattsu ungemein. Asako hier, Sena Jun da, die Yukigumi-Darstellerin sprach von nichts anderem.

"Kann ich dich was fragen?", sagte Mattsu dann doch irgendwann und würgte Kimu damit mitten im Satz ab. Diese, verwundert darüber dass Mattsu sich doch entschieden hatte in das Gespräch ein zu steigen, hob eine Augenbraue.

"Klar. Was denn?"

"Wie lange kennst du Sena jetzt schon? Du klingst als würdest du sie schon eine ganze Weile kennen."

Kimu legte einen Finger ans Kinn, runzelte die Stirn.

"Ungefähr zwei oder drei Jahre glaube ich. Wir haben uns mal bei einer Party kennen gelernt und..."

"Und seit wann wohnst du bei ihr?"

Zuerst wollte sie fragen, seit wann die junge Schauspielerin ihr Hausmädchen geworden war, aber Mattsu entschied sich für die elegantere Umschreibung. Kimu sah auf, blinzelte und legte den Kopf etwas auf die Seite.

"Ich wohne doch nicht bei ihr."

"Du verbringst jeden abend da, du machst die Hausarbeit, du kochst für sie..."

"Das mach ich einfach gerne. Und ich mag Asako wirklich."

"Shio macht das auch nicht." Kimu schnaubte, wollte sichtlich nicht über die blonde Otokoyaku reden. "Du magst sie nicht oder?"

"Shio ist ein Besserwisser. Sie glaubt Asako besser zu kennen als ich."

Schon wieder ging Kimu in die Richtung.

"Und du tust es?"

"Klar. Besser als jeder andere."

Mattsu schwieg daraufhin nur, lächelte dann kurz und stand auf.

"Ich mach einen Tee. Willst du auch?"

Die grimmige Miene der Yukigumi-Schauspielerin verschwand und sie lächelte wieder etwas. Ihre Laune konnte wirklich unglaublich schnell umschlagen. Sie wirkte manchmal wie ein kleines Äffchen, dem man eine Banane gab.

"Welchen denn?"

"Alles was ich da habe ist grüner Tee. Ich kann aber noch ein wenig etwas reinmachen wenn er dir zu bitter ist."

"Nein danke. Ich liebe grünen Tee."
 

Gaichi seufzte einmal schwer als sie das Telefon auflegte, legte den Kopf in den Nacken und sich in ihrem Sessel zurück. Das ganze war schwerer als gedacht. Sie hatte ein wenig durch die Gegend telefoniert, war aber, egal wen sie anrief, auf taube Ohren gestoßen. Das ganze Vorhaben bröckelte unter ihren Fingern weg. Sena war schneller gewesen als sie und hatte wohl die entsprechenden Personen für sich gewonnen. Dass sie so viel Einfluss hatte war ihr noch nicht bewusst gewesen, bekam es dafür umso härter zu spüren.

"So wird das nichts", fluchte sie einmal und zerknüllte den Zettel, auf dem diverse Telefonnummern standen und warf diesen weg.

"Ich glaube nicht, dass das auf direktem Wege etwas wird."

Osa stand mit verschränkten Armen in der Tür, lehnte den Kopf gegen den Türrahmen und sah zu ihrer Freundin.

"Das hab ich auch gemerkt. Danke für die Feststellung."

"Ich versuche nur zu helfen."

"Manchmal kommt es mir so vor als hättest du gar kein Interesse mehr an deiner Freundin."

"Vielleicht mehr als du willst."

"Bitte?"

Osa sties sich von der Tür ab, ging zu Gaichi und platzierte sich auf dem Schoß der Senka.

"Gerade weil ich ihre beste Freundin bin tut es mir besonders weh sie so zu sehen. Ich will mal in Ruhe mit ihr reden. Aber bevor ich ihr irgendwelche Vorurteile an den Kopf werfe will ich sehen was sie so tut."

"Desshalb greifst du nicht ein? Ein schwacher Grund."

"Sei nicht immer so furchtbar logisch, Gaichi."

Kurz darauf fühlte die Ältere schon wie Osa ihr über die Wange und den Nacken strich, letzteres etwas zu kraulen begann. Vorsichtig legte Gaichi die Arme um Osa, zog sie etwas näher und schmiegte den Kopf an ihrer Schulter, spürte dabei, wie die inzwischen lang gewordenen Haare der ehemaligen Hanagumi-Darstellerin auf ihrer Haut kitzelten.

"Ich versuche nur zu retten was zu retten ist."

"Selbst wenn Asako sich verändert hat, im Herzen ist sie immer noch Asako. Wenn wir ihr zeigen, dass wir es nicht gut finden was sie tut, dann wird sie sich wieder einbekommen."

"Ich verstehe aber nicht wieso sie das alles tut. Sie ist geradezu besessen von dieser Tod-Rolle. Warum geht sie dafür über solche Leichen? Sie riskiert damit eher Saeko zu verlieren als sie wieder zurück zu gewinnen."

Osa schwieg. Das hatte sie sich schon gedacht. Selbst Osa, die Sena immerhin am nähsten stand, hatte keine Ahnung was im Kopf der Tsukigumi-Schauspielerin vor sich ging. So genau wusste das wohl keiner. Nicht mal die Senka, die sonst immer irgendwie den Durchblick behielt, kam nicht hinter das Schema Sena's. All ihre Aktionen schienen so willkürlich zu sein, machten aber Sinn wenn es schon zu spät war um den Ausgang noch auf zu halten.
 

Verdammt, verdammt, verdammt. Diese Gedanken. Diese Gedanken, die sie nicht haben sollte, sich aber je länger sie in der Nähe dieser Frau war immer weiter in ihren Kopf fraßen. Die Bilder, die sie die ganze Zeit vor ihrem innerem Auge sah und die alle paar Sekunden so zum greifen nah waren, dass sie es praktisch schmecken konnte, fühlen. Es war schon eine ganze Weile her gewesen seit sie ein derartiges... Bedürfnis nach jemandem gehabt hatte, dieses Verlangen eine ganze bestimmte Person einfach in Ketten zu legen und nie wieder los zu lassen. Das letzte Mal vor einigen Jahren. Das letzte Mal bei einem Auftritt, Lady Oscar. Das letzte Mal bei Saeko. Ab dem Punkt, an dem sie erfahren hatte, dass sie selbst und Saeko jeweils Oscar und André spielen würden, ab dem Punkt hatte sie gewusst, dass sie diese Frau haben musste. Und wenn sie sie einsperren musste dafür, dann war ihr das nur Recht. Aber warum gerade bei diesem Biest? Diese Bestie, die ihr ihren Liebling weggenommen hatte, mehrere Male erfolgreich. Dieses Miststück von einer Frau, die nur ein bisschen nackte Haut zeigen musste, einmal verführerisch lächelte und sie damit in den Wahnsinn trieb? Chika hatte nie verstanden was Kimu, Shio, Tsukigumi, Hanagumi oder Saeko an Sena gefunden hatten bis zu diesem Tag. Sie hasste die andere immer noch, aber langsam änderte sich der Grund und sie musste es zugeben, sich selbst eingestehen. Der Gedanke daran, dass Sena im Nebenraum womöglich gerade nackt vor der Gaderobe stand und den letzten ihrer herausgelegten Kostüme anprobierte brachte ihr Blut zum kochen. Sie wollte diese Frau so sehr wie sie zuletzt Saeko gewollt hatte. Die letzten gemachten Bilder hatten ihr dabei den Rest gegeben. Asako... Sena in diesem schwarzem, extrem kurzen Kleidchen, zu ihren Füßen sitzend, die schlanken, wundervoll an zu sehenden Hände an ihrem Ober- und Unterschenkel, die Nägel etwas in ihrer Haut vergraben. Sie hatte sich vorgestellt wie sie die andere Schauspielerin in den nächstbesten Raum zerrte, sie gegen die Wand drückte, in diese wundervoll duftende Haut biss und wie sich die Hände der anderen in ihren Haaren vergruben... Allein beim Gedanken daran biss sie sich so fest auf die Zunge, dass es schmerzte. Sie musste den Kopf frei bekommen. Nervös und inzwischen umgezogen lief sie in dem kleinen Raum auf und ab, krallte sich in ihre Handflächen und kniff die Augen zusammen. Lange würde sie das nicht aushalten. Das schlimmste daran war, dass sie keine Ahnung wie sie sich Sena aneigenen konnte. Es war immerhin nicht so einfach wie einem Hund ein Halsband um zu legen, denn dieser Hund biss und hatte Tollwut. Trotzdem musste Chika sie unbedingt haben und sei es nur für ein Mal.
 

Einen Raum weiter richtete Asako ihre Kravatte und besah sich im Spiegel. Glücklicherweise war sie dieses blöde Kleid endlich los. Nicht nur, dass sie darin furchtbar gefroren hatte, sie hatte auch gespürt, wie die Leute am Set sie mit den Blicken ausgezogen hatten. Und so etwas nannte sich professionell. Viel interessanter für sie waren jedoch die Blicke von Natsuki, die sie auf sich zog. Sie sah es in den Augen der anderen. Dieses gewisse Funkeln. Und mit ihrem Aussehen würde es für sie ein leichtes werden Natsuki aus zu knocken und ihr das Elisabeth-Stück zu sichern. Je nachdem wie der Yukigumi-Top-Star sich anstellte überlegte sie ihr vielleicht sogar einen Kuss zu gönnen, allerdings nur, wenn sich ihre Rivalin auf dem Boden rollte wie der Hund, der sie war. Nun sie hatte Mizu schon ziemlich über den Boden gescheucht während der Fotos, aber das war auch gut so gewesen. Jetzt noch ein paar letzte und sie würde endlich wieder nach Hause können. Auch wenn sie fand, dass Natsuki sich nicht nur gut anstellte, sondern auch noch verdammt heiß aussah wenn sie sich auf der Couch räkelte, gerade in den knappen Kleidern.
 

Irgendwie hatte Chika es trotzdem geschafft den Rest des Shootings zu überleben ohne gänzlich über Sena her zu fallen. Gerade das letzte Bild hatte ihr ziemliche Probleme gemacht. Sie hatte hinter Sena gestanden, welche das Hemd ein wenig geöffnet und die Kravatte gelockert hatte, den Arm über ihrer Schulter und die Fingerspitzen in den Ausschnitt geschoben. Ihre Finger waren dabei kurz unter dem Schlüsselbein des Tsukigumi-Stars zum stehen gekommen, weit genug um den Herzschlag der anderen zu fühlen. Nur mit viel Mühe hatte sie dem Drang wiederstanden herzhaft in das Ohrläppchen der anderen zu beisen. Dieser zweideutige Blick, den Sena ihr noch zugeworfen hatte, als sie in ihre Gaderobe verschwunden war, irritierte sie noch zusätzlich.

mehr oder minder frustriert warf sie den Hut auf den Tisch, zog die Kravatte vom Hals und warf diese ebenfalls weg. Am besten schminkte sie sich jetzt ab, zog sich um und ging einfach, aber sie wusste genau, dass sie das nur noch frustrierter machen würde. Chika wuschelte sich einmal selbst durch die Haare, lockerte damit die fast festbetonierten Strähnen etwas auf und legte den Kopf in den Nacken. Ob sie Saeko anrufen sollte? Etwas Ablenkung würde gut tun. Dann aber wieder ignorierte sie ihre ehemalige Mentorin seit neustem gekonnt, selbst wenn sie vor der Tür stand. Eine Frechheit wie sie fand, aber nicht zu ändern. Da sie ein Auge auf Sena geworfen hatte war es sowieso nicht mehr wichtig.

Kurzerhand ging sie aus der Gaderobe, sah sich für einen Moment um. Die ganzen Assistenten liefen noch durch die Gegend und keiner schien bemerkt zu haben, dass sie aus der Kabine gekommen war. Dann aber wieder wurden sie nie gestört wenn sie es nicht wollten und keiner klopfte an die Türen. Die Yukigumi-Darstellerin huschte schnell zu der Tür neben ihrer eigenen, öffnete sie ohne zu klopfen und schloss die Tür wieder hinter sich.
 

Der Tsukigumi-Star stand vor dem Spiegel, betrachtete sich noch etwas in dem Anzug. Ihr gefiel der ganze Schnitt davon. Vielleicht sollte sie etwas in der Richtung in ihren Kleiderschrank aufnehmen. Es wurde sowieso Zeit, dass sie das ganze alte Zeug mal rauswarf und sich etwas neues zulegte. Etwas schob sie den Kragen des Hemdes beiseite, schloss dabei die Augen ein wenig. Sie fühlte noch genau wo Mizu sie berührt hatte, schluckte dabei etwas. Die Finger der anderen waren so unglaublich warm gewesen, etwas, was sie gar nicht mehr gewohnt war. Der Yukigumi-Star hatte schon etwas anziehendes gehabt in den ganzen Posen, die sie mit ihr gehabt hatte, aber das sollte nicht in ihrem Kopf überhand nehmen. Sie hatte ein Ziel und war gewillt es zu erreichen, egal was es kostete.

Im Spiegel sah sie, wie die Tür aufging und der Yukigumi-Star eintrat. Asako schmunzelte etwas. Wenn man vom Teuel sprach. Die Frau vor dem Spiegel lächelte.

"Hallo Natsuki. Wie kann ich dir helfen?"

Sie drehte sich um und ging zu dem Tisch, der im Raum stand und nahm die Teetasse mit dem Tee, der darauf stand, wo sie den letzten Schluck zu sich nahm. Sie merkte, wie der noch immer warme Tee ihre Kehle hinunter rann und sie von innen her wärmte.

"Wusstest du, dass wir zwei für das Shooting ausgesucht worden sind?"

"Ich hab es auch heute morgen erst heraus gefunden. Spiel also nicht die Beleidigte."

"Egal wie, ich muss sagen, dass mir das ziemlich gefallen hat."

"So? Das aus deinem Mund zu hören ist geradezu schmeichelhaft."

Sie hörte, wie Mizu näher kam, direkt hinter ihr stehen blieb.

"Du machst das absichtlich."

"Ich weis nicht wovon du redest."

Asako drehte sich um, stellte die Teetasse ab und lächelte der anderen ins Gesicht. Sie war Mizu noch nie so sonderlich nahe gekommen, aber die andere war wirklich schön, das musste sie ihr lassen. Kein wunder, dass so viele auf sie abfuhren.

"Ich glaube das weist du genau. Diese Posen die du machen wolltest waren Absicht."

"Selbst wenn..." Asako trat an sie heran und legte Zeige- und Mittelfinger auf das Kinn der anderen direkt unter die Unterlippe. "...du kannst mir nicht erzählen, dass dir das nicht gefallen hat so wie du mich angesehen hast."

"Was bezweckst du damit? Du hasst mich und trotzdem machst du das."

"Vielleicht hasse ich dich nicht so sehr wie du glaubst."

Sie konnte nicht schnell genug reagieren, da presste Mizu sie schon gegen den Tisch, krallte sich mit einer Hand in ihre Hüfte und lehnte sich mit der zweiten neben ihr auf dem harten Holz auf. Asako hielt sich dabei am Tischrand fest.

"Ich warne dich, Sena. Leg dich nicht mit mir an."

"Das hab ich schon. Trotzdem bist du hier." Mizu schnaubte, war nur noch wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Sie konnte sehen, wie der Yukigumi-Star mit sich rang, krallte sich dabei weiter in ihre Hüfte. "Sprich dich aus, Chika", flüsterte Asako gegen die Lippen der anderen, lies eine Hand über den Arm hinaufgleiten und schob dabei etwas das Hemd nach oben, blieb auf der Schulter liegen und drückte sanft zu. Die andere schwieg, starrte sie eine ganze Weile nur an ehe sie etwas schmunzelte bevor sie sich zu ihrem Ohr beugte und heiß dagegen flüsterte.

"Wenn du nicht so verdammt scharf wärst."

"Ich nehme das als Kompliment."

Asako's Augenlieder schlossen sich fast automatisch als die Hand an ihrer Hüfte nach oben wanderte, tastete in aller Deutlichkeit ihre Seite und ihre Taille ab und in Kombination mit dem heißen Atem an ihrem Hals entlockte es der Tsukigumi-Schauspielerin ein sanftes Stöhnen.

"Lass dir das nicht zu Kopf steigen, Sena. Du kannst nur froh sein, dass ich mich den ganzen Tag schon zurückhalte."

Der Tsukigumi-Top-Star kicherte etwas, vergrub die Finger in den Haaren der anderen und zog ihren Kopf zurück, wobei Mizu einmal leise aufstöhnte.

"Dann erwarte ich mir von dem was kommt ziemlich viel. Enttäusch mich nicht."

Sie beugte sich vor und hauchte Mizu einen heißen Kuss auf die Lippen.
 

Zur selben Zeit saß Kiriyan in ihrer Wohnung, ausnahmsweise mal alleine, und starrte auf das Handy, dass vor ihr auf dem Tisch lag. Sie grübelte schon die ganze Zeit, was sie tun konnte um ihrer Vorgesetzten ein wenig die Meinung zu sagen, aber sie hatte keine Ahnung wie. Sie war noch nie gut darin gewesen etwas derartiges zu planen, das machte normalerweise Gaichi. Aber in letzter Zeit lief nichts so wie Gaichi es wohl gerne gehabt hätte und brachte nur Probleme mit sich. Sie und Yuuhi standen Asako eigentlich genauso nahe wie Osa, aber in letzter Zeit distanzierte sich ihr Top Star immer weiter. Wenn nur Natsuki nicht gewesen wäre... Insgeheim fragte sie sich ob auch Kimu mit an der Sache Schuld war? Immerhin war sie wieder aufgetaucht kurz nachdem Asako und Saeko den Streit hatten. Egal wie sie es drehte und wendete, sie musste es von Asako persönlich hören. Beim Training wäre es wohl ungünstig, aber wofür hatte sie ein Handy? Hoffendlich störte sie nicht, denn sie wusste, dass Asako ein Photoshooting hatte, wesshalb sie nicht beim Training aufgetaucht war. Sie griff nach dem Handy und wählte die Nummer der Tsukigumi-Darstellerin. Es klingelte, aber es dauerte bis die andere endlich abnahm.

"Asako?"

"Wehe es ist nicht wichtig, Kiriyan. Ich bin beschäftigt."

Die andere klang etwas ausser Atem und Kiriyan schluckte etwas.

"Hör mal Asa... Können wir mal miteinander reden? Ich..." Asako's aufstöhnen unterbrach sie. Was zum...

"Verdammt gib mir zumindest zwei Minuten!", hörte sie von Asako aufgebracht am anderen Ende. Wer zur Hölle war da bei ihr? Selbst wenn Kimu bei ihr war, die Yukigumi-Darstellerin tat für gewöhnlich war Asako ihr auftrug. Die Stimme im HIntergrund konnte sie zunächst nicht zuordnen, aber sie war zu tief für Kimu. Asako stammelte etwas.

"Ich...", begann Kiriyan. Nein dieses Mal würde sie nicht kuschen so wie das letzte Mal. "Asako bitte. Das ist wichtig."

"K-Kann ich dich heut Abend anrufen? Ich..." Ein erneutes Stöhnen. "...ich kann jetzt echt nicht."

"Jetzt leg verdammt nochmal auf!"

Aufgelegt. Kiriyan lies das Handy fallen, starrte ins Leere.

Das war... Natsuki's Stimme gewesen.

...even closer to your Enemies

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Act 3 Scene 4: The Lair of the Leviathan

Chika hatte sich inzwischen auf die Couch gesetzt als sie dabei zusah, wie Sena sich ihre Klamotten zusammen sammelte und den noch immer nackten Körper wieder bedeckte und sich dabei ausgiebig im Spiegel besah. Noch immer fühlten sich ihre Beine an wie Wackelpudding und ihr Hemd hing noch immer aufgerissen halb auf ihrer Schulter. Wie die andere es geschafft hatte sie derart fertig zu machen, dass sie sich zur Couch hatte schleppen müssen war ihr schleierhaft, aber das war es so wert gewesen. Sie besah sich die Spuren, die sie auf Sena's Körper hinterlassen hatte, die Kratzspuren auf ihrem Unterarm, ein kleiner Fleck an ihrem Bauch und nur ein zu überdeutlicher an ihrer Halsbeuge. Chika grinste. Den würde sie nicht so leicht verdecken können. Gerade als sie daran dachte hatte auch Sena den Fleck entdeckt, legte den Kopf auf die Seite um es im Spiegel besser sehen zu können.

"Der war unnötig."

"Finde ich nicht. Ich finde ihn sogar recht hübsch."

Sena drehte sich zu ihr, brummte leise.

"Und wenn jemand fragt? Ich hab hier nichts zum überschminken."

Chika sah sich um, stand dann doch auf und ging zu dem kleinen Wäschehaufen, in welchem das Handy gelandet war. Sie fischte nach dem Handy und auch nach einem dünnen Schal und einer Brosche. Nach einem kurzen Blick auf das Handy sah sie ein paar verpasste Anrufe, die die zwei wohl nicht gehört hatten. Ohne weiter darauf ein zu gehen ging sie zu dem Tsukigumi-Top-Star, welche sich etwas verwundert zu ihr drehte. Ohne weitere Worte wickelte sie den kurzen Schal um den Hals der anderen, band ihn zu, sodass die überstehenden Enden vorne übereinander lagen und verzierte den Knoten mit der Brosche bevor sie die Enden unter die Jacke steckte.

"Problem gelöst." Sena hob eine Augenbraue, drehte sich zum Spiegel und besah sich ihr Outfit, zupfte noch etwas an dem Schal, sodass dieser den Fleck komplett bedeckte. Wohl zufrieden grinste sie schief. Chika legte eine Hand auf die Hüfte der anderen, beugte sich zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. "Sieht gut aus."

"Du kannst ja nett sein, wenn du willst."

"Na hör mal. Immerhin muss ich mich doch um meinen Liebling kümmern."
 

Liebling? Hatte sie sich da gerade verhört? Asako war davon ausgegangen, dass es nur so dahingesagt war während Chika sie in die Couch gedrückt hatte, aber dass sie jetzt damit anfing war ihr doch etwas suspekt. Sie erinnerte sich dunkel an etwas, was diesen 'Titel' anging, kam aber nicht darauf was. Besser sie lies es gar nicht erst dazu kommen. Bei Kosenamen war sie etwas kritisch. Sie drehte sich zu der anderen.

"Ich bin nicht dein Liebling, Natsuki. Fang also gar nicht erst so an."

"Ich finde es ziemlich passend."

"Du hasst mich. Wieso also sollte ich dein Liebling sein? Ist dir Saeko denn nicht mehr gut genug?"

"Saeko ist ersetzt worden in dem Moment in dem du dieses wundervolle weiße Kleid an hattest."

Ersetzt? ERSETZT? Man ersetzte Saeko nicht einfach! Asako's Blut kochte auf und sie musste sich mehr als nur ein wenig zusammenreisen um Natsuki nicht an die Gurgel zu gehen. Stattdessen lächelte sie unterkühlt.

"Da wirst du aber Pech haben. Ich lasse mich nicht einfach beschlagnahmen. Ich entscheide immer noch selbst mit wem ich mich abgebe." Chika lächelte nur und strich ihr einmal über die Haare. Asako schlug sie weg. "Geh dich lieber anziehen."

"Warum wehrst du dich? Ich dachte du willst Elisabeth."

"Ich bekomme das Stück auch ohne deine Hilfe."

"Du weist wie ich, dass ich der einzige Faktor bin, der dir im Weg steht. Obendrein bin ich es leid, dass wir ständig aneinander geraten, wo der Sex doch so gut ist."

Asako lachte etwas, ging ein paar Schritte von Natsuki weg und verschränkte die Arme.

"Und was hab ich davon?" Sie sah über die Schulter zu der anderen. "Ich kann mir meine Befrieidung auch woanders holen."

Natsuki grinste und kratzte sich am Kopf, stemmte eine Hand in die Seite.

"Man du bist echt schwierig."

"Hast du erwartet, dass es leicht ist?"

"Nein. Natürlich nicht."

"Siehst du? Wir machen beide einfach unser Ding und damit schluss." Am liebsten hätte sie der Yukigumi-Darstellerin eine gepfeffert, aber auf Abstand konnte sie sich wenigstens etwas zurückhalten. "Dabei sind deine Leute so hübsche Häschen. Wieso also brauchst du jemanden wie mich dafür?"

"Weil meine Häschen mit dir Wolf im Schafspelz ins Bett hüpfen."

"Als ob du besser wärst,"

"Hab ich nie behauptet. Obwohl ich es wirklich erstaunlich finde dass du es schaffst sie alle voreinander geheim zu halten."

"Etwas, was du nicht kannst."

"Bild dir nichts darauf ein. Also was willst du?"

"Erstmal würd ich gerne wissen wieso du so versessen darauf bist mit mir in die Kiste zu gehen."
 

Chika lachte einmal auf, fuhr sich durch die Haare. Ja wieso eigentlich? Sena war hübsch, talentiert und hatte Stil, aber das hatten so viele andere in Takarazuka auch. Sie dachte nochmal darüber nach. Vielleicht war es die Art und weise wie sie auftrat. Aber nein das konnte es auch nicht sein. Sie hasste dieses arrogante Auftreten der Tsukigumi-Darstellerin, die Art, wie sie sich bewegte, ihre unglaublich schöne und starke Stimme, ihre Kleidung, die sich an diesen perfekten Körper schmiegte. Nein es war etwas anderes.

"Ich glaube weil du die erste Person seit Jahren bist, die ich als ebenwürdig ansehe."

"Das ist alles? Nur desshalb?"

"Sieh es als Auslöser. Immerhin stehen so viele auf dich. Ich will einfach nur den Vorzug."

"Das will Kimu auch."

"Kimu ist nur ein einfaches Mitglied. Ausserdem kann ich mir kaum vorstellen, dass sie auch nur Ansatzweise an mich ranreichen kann."

"Am Anfang war sie genauso gut wie du. Aber soll ich dir sagen was sie besser macht als dich? Sie tut was ich ihr sage."

"Wird das nicht langweilig?"

Chika ging zu ihr, strich ihr mit der Fingerspitze über die Wange und lächelte.

"Soll ich dir mal einen Vorschlag machen, Chika?"

"Hm?"

Asako trat an die andere heran, kam ihr dabei so nahe, dass sie fast die Lippen der anderen mit eigenen berührte. Sie legte dem Yukigumi-Star dabei eine Hand auf die Schulter und rutschte mit dem ganzen Körper an sie.

"Du hörst auf mir auf die Nerven zu gehen und mir im Weg zu stehen und ich komme dich besuchen und schenke dir eine Nacht, die du nicht vergisst."

Mizu sah ihr eine Weile in die Augen, verlor sich etwas darin. Sie hatte gerade den Grund gefunden wesshalb ihr so viele verfallen waren. Diese Augen. Diese wunderschönen Rehaugen, die so wundervoll funkelten und so viel versprachen. Die Yukigumi-Darstellerin schlang die Arme um den schmalen Körper des anderen Top-Stars, legte eine Hand an den perfekt geformten Hintern und die andere an den Rücken, lies die Lippen über die weiche Haut an ihrer Wange gleiten. Sie roch noch immer etwas nach Schweiß und Hormonen, aber das machte sie nur anziehender.

"Mach ein paar Nächte daraus und wir sind im Geschäft."

"Eine Sache ist da noch", sagte Sena noch und kurz darauf spürte Chika schon wieder einen schmerzhaften Zug an ihrem Hinterkopf. Schon wieder zog die Tsukigumi-Schauspielerin an ihren Haaren, wodurch sie einmal auffauchte. "Du kommst mir nicht in meine Wohnung. Das Privileg muss man sich verdienen."

"Tz. Von mir aus. Ich bin eh lieber bei mir."

"Dann verstehen wir uns ja."

Chika beugte sich vor um sich noch einen Kuss zu stehlen, aber Sena war schneller weg als sie hätte reagieren können.
 

Der Tsukigumi-Top-Star ging zu ihrer Jacke, warf sich diese über die Schulter. Wofür hielt sich Natsuki eigentlich? Saeko einfach so ab zu servieren und sie dafür einfach zu beschlagnahmen. Am liebsten hätte sie die andere wohl angeschrien, allerdings war sie ihrem Ziel so nahe wie nie vorher. Wenn der Yukigumi-Star aus dem Weg geräumt war, dann konnte sie endlich das Versprechen einlösen. Wo war eigentlich ihr Handy? Asako sah sich verwirrt um.

"Suchst du was, Liebling?"

Der Tsukigumi-Star schnaubte einmal, sah dann wieder zu Mizu um einmal auf zu fauchen, aber da sah sie das Handy in der Hand des Yukigumi-Stars. Schon auf die Entfernung sah sie die Anzeige auf dem Display. Schnell schritt sie zu der größeren Schauspielerin, wollte nach dem kleinen Gerät greifen, allerdings zog Natsuki es weg.

"Gib das her."

"Was bekomm ich dafür?"

"Für noch ne Runde hab ich es zu eilig."

"Schade. Ein Kuss tuts auch, mein Liebling."

"Du bist ein Aas, Natsuki."

"Willst du dein Handy oder nicht?"

Zuerst sah Asako die Frau ihr gegenüber nur stumm an, knirschte etwas mit den Zähnen. Dann beugte sie sich vor, kam ihr nahe, hauchte einmal heiß gegen deren Lippen und schnappte sich während dieser kurzen Ablenkung das Telefon aus deren Hand.

"Vielleicht ein andermal wenn du dich entsprechend anstellst."
 

Woanders streckte Saeko sich einmal ausgiebig, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schloss einmal die Augen. Sie hatte sich den ganzen Tag noch nicht von ihrem Platz weg bewegt, dementsprechend taub waren ihre Beine. Ein Blick auf die Uhr. Es war eigentlich schon wieder viel zu spät. Wo war der ganze Tag geblieben? Das Knurren ihres Magens erinnerte sie daran, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Vielleicht sollte sie das mal nachholen. Kurzerhand schob sie den Stuhl zurück und stand langsam auf, merkte dabei, dass ihre Muskeln unter der plötzlichen Arbeit einmal aufheulten und schmerzten.

"War ja auch so eine tolle Idee", murmelte sie zu sich und nahm sich ihre Kaffeetasse und die dazugehörige Kanne, die sie den Tag über geleert hatte, und ging langsam in Richtung Küche. Es war zwar nicht ihre eigene Wohnung, aber trotzdem fand sie sich inzwischen ganz gut hier zurecht. Immerhin verbrachte sie eine Menge Zeit in diesen Räumlichkeiten. In der Küche angekommen spülte sie ihre Tasse, warf dann einen Blick in den Kühlschrank. Leer. Typisch. Saeko schmunzelte etwas. Als ob man ihre Gedanken gehört hätte, hörte sie die Tür klicken und ging aus der Küche zum Eingangsbereich.

"Ich hoffe, du hast was zu Essen mitgebracht", sagte Saeko mit einem Grinsen auf den Lippen. Die junge Frau, die gerade ihre Schuhe auf die Seite stellte und dabei mit einer Tüte in der Hand balancierte. Sie grinste.

"Klar. Wusste doch, dass du nicht einkaufen gehst. Warst du den ganzen Tag am Schreibtisch?"

"Ja. Aber ich hab einiges fertig bekommen."

"Hast du auch wenigstens noch etwas geschlafen, so wie ich dir das gesagt hab?" Saeko rollte einmal mit den Augen, verschränkte die Arme und die andere seufzte etwas. "Manchmal frage mich echt wer hier die ältere von uns beiden ist."

"Hiromi ich weis ganz gut wie viel ich verkrafte."

"Scheint mir aber nicht so, Schwesterherz. Sonst hättest du Sena bei dir auf dem Schoß sitzen und würdest nicht bei mir wohnen."

Abermals seufzte der ehemalige Top-Star etwas, machte auf dem Absatz kehrt und ging durch den Eingangsbereich wieder in den Arbeitsraum, lies sich dort erneut in den Drehstuhl fallen. Den Kommentar ihrer kleinen Schwester ignorierte sie dabei gekonnt. Ayana Oto, Hiromi, war ein Mitglied in Yukigumi und obendrein ihre kleine Schwester. Sie war wohl der einzige Grund, wieso sie einigermaßen mitbekam was in Takarazuka momentan vor sich ging. Saeko hatte sich vor einigen Tagen bei ihr einquartiert, da sie es in ihrer eigenen Wohnung nicht aushielt und sie auch nicht Gaichi und Osa die ganze Zeit belagern wollte. Obendrein brauchte sie Abstand von Kiriyan und Yuuhi, da besonders Yuuhi immer wieder auf sie einredete, dass sie Asako mal ein Brett vor den Kopf schlagen sollte. Der Tsukigumi-Top-Star schien nicht so ganz nach den Regeln zu spielen. Doch keiner von ihnen, Gaichi vielleicht ausgenommen, konnte verstehen wieso sie die Otokoyaku nicht ansehen konnte.

"Sag mal wann erzählst du mir endlich mal was los ist?"

Hiromi's Stimme hinter ihr riss sie etwas aus den Gedanken und Saeko drehte sich einmal im Stuhl.

"Ich weis nicht was du meinst."

"Das weist du ganz gut. Du schläfst kaum, arbeitest die ganze Zeit wenn du wach bist, und wenn du mal schläfst dann wachst du schweißgebadet auf. Das letzte Mal war das so, als die Sache mit Gaichi so furchtbar schief gelaufen ist."

Saeko seufzte.

"Das ist nicht dasselbe."

"Überzeuge mich eines besseren. Denkst du wieder so viel nach?"

"...Ich habe Alpträume." Hiromi schwieg, aber Saeko spürte genau, wie ihr Blick sie aufforderte weiter zu sprechen. "Das verstehst du nicht."

"Sonst haben dich deine Träume doch auch nie wach gehalten."

"Der ist anders."

"In wiefern?"

"Er ist realistisch. Und ich verstehe ihn endlich. Desshalb bin ich doch noch hier. Er hat mir schon so lange vorher gezeigt, was sich direkt vor meinen Augen abgespielt hat, und ich war einfach zu naiv um es zu merken. Jetzt ist es zu spät."

Ein kurzes Schweigen. "Erzähl ihn mir."

"Hiromi nein."

"Du hast ihn Midori erzählt oder? Ich steh dir sehr viel näher als sie. Wieso also nicht?"

Leider hatte sie da einen Punkt. Sie und Hiromi erzählten sich sonst immer alles. Sie hatte ihr auch von Sena erzählt, als es gerade angefangen hatte, von ihrer damaligen Verwirrung was in Bezug auf Gaichi, die ganzen Manipulationen, die sie während ihrer Takarazuka-Karriere vorgenommen hatte, von Chika... einfach alles. Aber davor kniff sie.

"Es ist halt kompliziert."

"Versuchs. Du weist, dass ichs früher oder später selbst herausfinde. Und wenn ich Midori persönlich fragen muss."

Saeko verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Mit Gaichi hatte sich Hiromi noch nie sonderlich gut verstanden, aber es hatte sich zu einer ähnlichen Beziehung entwickelt wie die zwischen ihr und Osa. Sie akzeptierten sich gegenseitig, schätzten sich, hieß nicht, dass sie sich sonderlich mochten. Wenn Hiromi bereit war freiwillig mit Gaichi zu sprechen, dann war es ihr ernst. Saeko seufzte.

"Unterbrich mich aber nicht. Ich erzähle dir, was ich Gaichi erzählt habe."

"Damit kann ich leben."

"... Na gut..."
 

Mein Traum fängt damit an, dass ich auf einer Ebene sitze. Es ist alles hell und ich kann das Gras riechen, auf dem ich sitze und fühle die Sonne auf meiner Haut. Kurz darauf merke ich, dass jemand eine Hand auf meinen Oberarm legt. Ich sehe in die Richtung und sehe Asako bei mir sitzen. Sie trägt dieses wunderschöne, leichte Kleid, dass sie bei unserem Endtanz für Elisabeth getragen hat, ihre Haare sind etwas zurückgesteckt und sie rutscht näher an mich heran. Ich lege den Arm um sie und küsse sie sanft, woraufhin sie etwas lacht. Sie wirkt so glücklich und ich bin es auch. Asako legt den Kopf an meine Schulter und ich vergrabe mein Gesicht etwas in ihren Haaren, rieche an ihr und lege auch den zweiten Arm um sie ehe ich die Augen schließe.

Als ich meine Augen wieder aufmache bin ich alleine. Ich sitze in einem Stuhl, fühle mich aber eher wie angekettet an diesen. Vor mir erstreckt sich eine Bühne. Ich erkenne sie als die Bühne, auf der die Auftritte von Takarazuka immer stattfinden. Asako steht noch immer im Kleid in der Mitte, starrt abwesend ins Leere. Obwohl ich entfernt sitze kann ich sehen, dass sie weint. Kurz darauf sehe ich Kimu, wie sie auf die Bühne kommt. Sie trägt das gleiche Outfit wie die Todesengel in dem Elisabeth-Stück. Schon in dem Moment fühle ich, dass etwas nicht richtig ist. Ich fühle diese merkwürdige Dunkelheit, die um mich herum lauert und in meine Glieder kriecht. Ich sehe mich kurz um und als ich wieder auf die Bühne sehe, steht da eine Person in einem schwarzen Anzug auf den oberen Treppen, die hinter Asako nach oben gehen. Kimu steht noch immer bei Asako, hat sich aber noch immer nicht gerührt. Das Gesicht der Gestalt auf der Bühne kann ich nicht sehen, da sie eine tiefgrüne Kapuze trägt, die tief in ihr Gesicht hängt, aber ich gehe in dem Moment davon aus, dass es Chika ist. Da ist noch eine andere Person bei ihr, Shio, die langsam mit ihr die Treppe hinunter kommt. Ich höre die Gestalt singen, kann aber nicht wirklich verstehen was sie sagt, weil die Stimme recht merkwürdig verzerrt ist. Ich höre Chika's Stimme unterschwellig, aber da ist noch etwas anderes. Sie tritt hinter Asako, legt ihr die Hände auf die nackten Schultern und zieht sie langsam mit sich mit. Asako wehrt sich zuerst noch sichtlich, aber irgendwann tanzen die beiden dennoch, wobei Asako eher durch die Gegend gezogen wird, mal von der Gestalt, mal von Shio, mal von Kimu. Ich will schreien, will rufen, dass sie gefälligst aufhören sollten, weil Asako sich so sichtlich quält, aber ich bin wie stumm und angebunden und kann nur zusehen. Langsam erkenne ich auch den Tanz. Es ist der Mayerling-Walzer zwischen Rudolph und dem Tod. Zwar abgeändert, aber in den Grundschritten gleich. Ich merke dabei, wie die Angst in mir hochsteigt weil ich weis, wie der Walzer endet. Irgendwann fällt Asako in der Mitte der Bühne auf die Knie, bleibt sitzen und weint, Kimu und Shio links und rechts neben ihr. Kimu, links von Asako, tritt einen Schritt zurück und an dessen Stelle kommt die Gestalt. Ich fühle in dem Moment Panik in mir aufsteigen als sie in die Innentasche der Jacke greift und die Pistole herauszieht, mit der sich Rudolph im Stück erschießt. Und ich weis, dass es dieses Mal nicht gespielt ist. Statt Asako die Waffe jedoch zu reichen macht sie eine ausladende Bewegung, legt Asako den Lauf der Waffe an die Schläfe und hällt den Finger am Abzug. Noch immer ist mein ganzer Körper taub obwohl ich ihm befehle auf zu stehen und das unausweichliche zu verhindern. Ich schaffe es nur langsam mich aus dem Stuhl zu ziehen, stehe aber dann noch immer stumm da und starre auf die Bühne. Langsam hebt die Gestalt die freie Hand, zieht sich die Kapuze vom Kopf und ich starre abermals in Asako's Gesicht. Sie lächelt, aber es hat keinerlei Wärme. Es ist kalt und erbarmungslos und ich sehe es jetzt noch jedes Mal wenn ich die Augen schliese.

"Ich liebe dich", flüstert sie leise, lächelt dabei nur noch kälter. Kimu und Shio sind derweil auf die Knie gegangen und ich sehe noch weitere Personen in den Kostümen der Todesengel, aber bis auf Mirio und Masao kenne ich sie nicht. Ich sehe, wie Asako in dem schwarzen Anzug langsam den Auslöser betätigt. Ich sprinte nach vorne, aber die Bühne scheint mit einem Mal so fern. Ich rufe ihren Namen und höre kurz darauf nur den Schuss...
 

"...das ist der Moment in dem ich aufwache."

Hiromi schwieg, biss sich auf die Zunge. Dass Saeko so genau beschreiben konnte, so bildlich, was sie in ihrem Traum sah, konnte nichts gutes heißen. Kein Wunder, dass ihre große Schwester keine Ruhe fand.

"Bist du jetzt zufrieden?", fragte Saeko und Hiromi musste einmal schlucken.

"Das ist ja... grausam."

"Wie schön, dass du das auch feststellst."
 

Unterdessen saß Shio in Chigi's Wohnung, hatte sich ein wenig Reis mit Ei machen lassen und tratschte mit der Yukigumi-Darstellerin über dies und jenes. Eigentlich war sie nur zu ihr gegangen, da Asako irgendwie nicht vor zu finden war. Sie ging nicht ans Handy und bei sich zuhause war sie auch nicht. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen gehabt direkt nach dem Shooting nach Hause zu kommen. Asako hatte ihr eine Überraschung versprochen. Nunja so hatte sie wenigstens Chance etwas dem Gefallen nach zu gehen, um den der Tsukigumi-Top-Star sie gebeten hatte.

"Hast du denn schon erfahren, was Yuuhi so momentan treibt?", fragte Shio und lächelte etwas.

"Ach du meinst wegen der Sache mit der Nachfolge? Ich hab gehört, dass sie der heiße Favorit ist. Aber näheres wissen wir auch erst in zwei Wochen."

"Und wegen Kiriyan?"

"Die zwei treffen sich wohl immer noch regelmäßig. Also wenn da nichts läuft." Chigi lachte etwas und lehnte sich zurück. "Wieso willst du das alles eigentlich wissen? Du kennst die beiden doch gar nicht."

Shio lächelte, nahm noch einen letzten Schluck von ihrem Wasser.

"Ich bin halt neugierig."

Chigi schwieg ein paar Sekunden.

"Es ist für Sena, oder?"

Shio sah zu der anderen, grinste schief.

"Wie kommst du jetzt darauf?"

"Ach komm. Ich bin doch nicht blöd. Du verbringst deine ganze Freizeit mit ihr und rufst sie ständig an."

"Sie ist meine Freundin. Das werd ich doch wohl dürfen."

"...Aber sie verändert dich."

Die Blonde zog die Stirn kraus.

"Was soll das denn schon wieder heißen?"

"Du merkst es nicht oder? Du hast dich schon eine Ewigkeit nicht mehr bei den anderen gemeldet und ausser beim Training bekommt dich keiner zu Gesicht. Du machst für sie Botengänge..."

"Das reicht jetzt, Chigi", unterbrach Shio die andere streng, woraufhin Chigi etwas auf ihrem Platz zusammensank. "Das stimmt alles gar nicht. Hör also auf so einen Blödsinn zu reden."

"Aber..."

"Ich denke ich sollte gehen. Danke für das Essen."

Missgelaunt stand die Blonde auf und ging stumm in Richtung des Eingangsbereiches. Sie hörte noch, wie Chigi schnell zu ihr lief, sie am Arm festhielt.

"Shio..."

"Ich hab dir gesagt, dass du aufhören sollst mein Leben lenken zu wollen."

"Das will ich doch gar nicht!"

"Und wie nennst du das dann?"

"Ich will nur meine Freundin wieder!" Shio schluckte etwas, sah Chigi dann doch an. Diese schwieg ein paar Sekunden, trat dann an sie heran und umarmte sie sachte, legte die Stirn an ihre Schulter. "Ich kenne dich so nicht. Es ist, als ob du eine völlig andere Person wärst. Und ich will dich nicht desshalb verlieren."

"Das tust du doch gar nicht."

"Versprochen?"

"Versprochen. Gehen muss ich trotzdem."

Shio legte die Hände auf die Oberarme der anderen, brachte aber nur ein schwaches Lächeln zustande. Sie hauchte ihrer Freundin einen Kuss auf die Lippen. Hatte sie sich tatsächlich so verändert seit sie Asako kannte? Wenn ja, dann schien das nicht positiv gewesen zu sein. Darauf verzichten wollte sie trotzdem nicht. Dieses Gefühl endlich etwas erreicht zu haben...
 

Gerade als Asako die Tür reinkam klingelte auch schon ihr Telefon. Warum war sie eigentlich schon wieder so gefragt gewesen, wenn sie absolut keine Lust hatte mit jemandem zu sprechen? Ihre Anrufliste auf dem Handy quillte über, hauptsächlich von Osa und Kiriyan, wobei Yuuhi hier und da auch dabei war, von Shio, Kimu und Masao, von anderen Tsukigumi und Hanagumi-Mitgliedern. Es war nervig, aber irgendwann würde sie doch antworten müssen. Sie warf ihren Schlüssel auf die Seite, entledigte sich ihrer Schuhe. Wenn sie nur lange genug brauchte hörte das Klingeln vielleicht früher oder später von alleine auf. Doch wer auch immer am anderen Ende war, war ziemlich hartnäckig. Seufzend ging sie zum Telefon, warf einen Blick auf das Display. Eine Nummer aus dem Takarazuka-Dorm.

"Ja was gibts denn?", sagte sie als sie abnahm.

"Asako! Verdammt warum gehst du nicht ans Telefon??"

"Kiriyan jetzt komm erstmal runter. Ich hab gearbeitet."

"Gearbeitet? Natsuki hast du flachgelegt! Oder dich eher flachlegen lassen."

"Wie kommst du jetzt darauf?"

"Verkauf mich nicht für dumm! Ich hab ihre Stimme doch erkannt! Bist du jetzt eigentlich völlig wahnsinnig geworden?"

"Müssen wir das am Telefon bereden? Du schreist mir hier das Ohr ab."

Kiriyan am anderen Ende schwieg einen Moment.

"Ich bin gleich da."

Asako lächelte nur und legte auf, kniff kurz ein Auge zu. Sie wusste gar nicht, dass Kiriyan so laut sein konnte. Den Schal würde sie wohl noch eine Weile anbehalten müssen. Abermals klingelte ihr Telefon, aber dieses Mal wurde es ignoriert.
 

"Geht sie immer noch nicht ran?"

"Nein. Langsam mach ich mir wirklich Sorgen."

Osa seufzte etwas und warf das Telefon etwas frustriert zur Seite, legte den Kopf in den Nacken. Yuuhi setzte sich zu ihr, lehnte sich auf ihren Oberschenkeln auf und fuhr sich durch die Haare.

"Verdammt. Wo könnte sie sein?"

"Und du bist dir sicher, dass Kiriyan sich nicht täuscht?"

"Ich bin doch nicht blöd. Ich weis, wenn irgendwas passiert ist."

"Sie hat dir aber nicht gesagt was."

"Ich sag doch, dass ich nicht verstanden hab was sie geredet hat. Sie hat nur so vor sich hin gestammelt. Ich hab nur gehört, dass es was mit Asako zu tun hat."

"Soweit ich weis hat sie heute ein Photoshooting."

"Ist aber immer noch nicht zuhause. Selbst wenn sie erst heute Mittag angefangen hätten wäre sie schon längst zurück."

Osa schlug die Beine übereinander. Ob sie Gaichi einmal anrufen sollte? Immerhin hatte die Senka zumindest etwas den Überblick über das, was in Takarazuka so vor sich ging.

Das Klingeln ihres Handys riss sie aus den Gedanken. Sofort griff Osa danach, sah darauf. Eine Nachricht von Asako.

"Ist das Asa?", fragte Yuuhi und beugte sich neugierig rüber.

"Ja."

"Was schreibt sie?"

Osa überflog die Nachricht kurz.

"Sie war wohl die ganze Zeit beim Shooting und fragt, was es so wichtiges gibt. Sie ist gerade erst nach Hause gekommen."

Erleichtert sackte Yuuhi in sich zusammen.

"Gott sei dank dann ist nichts passiert."

"So ganz wohl bei der Sache ist mir aber nicht."

"Wieso?"

Osa stockte etwas. Ja wieso? Sie wusste nicht so genau was es war. Einfach dieses Gefühl in der Magengegend, dass ihr sagte, dass irgendetwas falsch lief. Vielleicht lag es an der Art und Weise wie Asako die Nachricht geschrieben hatte. Kurz, knapp und recht kalt formuliert. Entweder war sie sauer oder müde. Oder beides.

Osa sah erst wieder auf als sich die Tür öffnete und Gaichi eintrat. Irgendwie war die Senka etwas blass um die Nase.

"Gaichi? Alles okay?" Die ehemalige Hanagumi-Darstellerin stand auf und ging ein paar Schritte auf ihre Freundin zu.

"J-Ja. Ich glaube schon." Kurzes Schweigen. "Osa... Asako hatte das Photoshooting mit Natsuki."

"Was? Dann wird der Photograf ja seinen Spaß gehabt haben." Yuuhi und Osa lachten kurz, aber Gaichi's bedrücktes Gesicht lies beide verstummen.

"Gaichi?", fragte Yuuhi und stand dann ebenfalls auf. "Hey was ist denn?"

"Hat Kiriyan euch auch angerufen?"

"Ja, aber ich hab nicht verstanden, was sie gesagt hat."

"Ich dafür schon. Und ich glaube nicht, dass es bei den beiden beim Shooting geblieben ist."

"Was?", rief Osa einmal geschockt.

"Kiriyan hat die beiden wohl unterbrochen gehabt als... naja..." Gaichi begann zu stammeln. "Wenn.. wenn das stimmt, dann können wir das, was ich mir ausgedacht habe komplett vergessen."

Der ehemalige Top-Star winkte ab, atmete einmal durch.

"Gaichi jetzt red mal keinen Unsinn. Mizu hasst Asako. Und bissher läuft doch alles so wie wir wollten."

"Du verstehst das nicht, Osa." Gaichi ging zu Yuuhi, setzte sich zu ihr und schluckte einmal schwer. "Das ist genau wie mit Saeko damals."
 

Kiriyan hatte schnell den Weg zu Asako's Wohnung gefunden. Glücklicherweise kannte sie den Weg zu der Tsukigumi-Darstellerin so gut, dass sie diverse Schleichwege hatte und so sehr schnell durch den Verkehr kam. Sie saß noch recht nervös in ihrem Auto als sie vor der Wohnung ihres Top Stars geparkt hatte. Was sollte sie sagen? Immerhin war das ganze eine recht unüberlegte Aktion gewesen. Nachdem sie Natsuki gehört hatte und man sie abgewürgt hatte, hatte sie zunächst Yuuhi angerufen, wollte ihr eigentlich erzählen, was passier war, aber ausser wirren Halbsätzen hatte sie nichts herausbekommen. Der Anruf bei Gaichi war da etwas erfolgreicher verlaufen. Zumindest hatte sie der Senka ansatzweise erklären können was da passiert war. Irgendwann musste sie es sowieso hinter sich bringen. Wenn Saeko nicht bereit war den Tsukigumi-Star in ihre Schranken zu weisen, dann musste sie das halt machen. Sie klingelte an Asako's Tür und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf der Stelle. Hatte Asako schon immer so lange gebraucht um die Tür auf zu machen? Oder lies sie sich einfach extra viel Zeit? Verdammt eigentlich wollte sie gar nicht hier sein. Sie könnte jetzt mit Yuuhi auf der Couch liegen, kuscheln und einen Film sehen, so wie es eigentlich geplant war. Stattdessen stand sie vor der Tür der durchgeknallten Prinzessin und hoffte, dass der Prinz dazu, aka Natsuki, nicht dabei war. Irgendwann, nach schier unendlich langer Wartezeit, ging die Tür dann doch auf und Kiriyan stürmte einfach hinein ohne auf Asako zu achten, die sie dabei zur Seite schubste.

"Asako bist du eigentlich völlig wahnsinnig geworden??" Schrie Kiriyan sofort los, und stapfte in den Wohnbereich, sah sich um. Keine Natsuki, zum Glück.

"Hör auf zu schreien, Kiri", sagte Asako und Kiriyan drehte sich zu ihr.

"Ich glaub ich hab allen Grund dafür! Erst regst du dich auf, dass Saeko immer bei Natsuki war, du sagst ganz deutlich, dass du sie hast und jetzt springst du mir ihr in die Kiste?? Was zur Hölle ist los mit dir??"

"Das ist alles nicht so wie du denkst..."

"Wie ist es dann? Du ziehst dich zurück, keiner von uns weis was du so machst, deine komischen Freunde sind die einzigen, die wir so zu Gesicht bekommen, du manipulierst, lügst..."

"Das ist doch alles gar nicht wahr."

"Natürlich! Denkst du wir bekommen alle nicht mit was du so treibst? Wir haben nur nichts gesagt weil wir deine Freunde sind..."

"Kiriyan..."

"Und überhaupt: was soll das ganze mit Shio und Kimu? Du ziehst sie in deinen Streit mit Natsuki mit rein und..."

"Kiriyan es reicht!" Sie hatte gar nicht so schnell reagieren können da hatte Asako sie schon an der Schulter gepackt und gegen die Wand gedrückt. "Du hast doch keine Ahnung wovon du da redest!"

Für einen Augenblick war ihr die Luft weg geblieben.

"Dann erklärs mir!"

Die Frau ihr gegenüber schwieg kurz, lächelte dann aber und legte ihr eine Hand an die Wange. Erst dann merkte Kiriyan, dass sie kurz vorm weinen war. Die ganze Sache nahm sie unglaublich mit, sodass sie es selbst kaum merkte.

"Ein andermal, ja? Ich weis, dass es vielleicht schwer zu verstehen ist, aber es wird alles besser." Asako lehnte die Stirn an ihre und sah ihr in die Augen. "Gib mir noch ein wenig Zeit."

"Wie viel Zeit brauchst du denn noch?"

"Vertraust du mir etwa nicht?"

"Doch. Ich meine..."

"Wir sind Freunde, oder?"

Kiriyan seufzte. "Ja aber..."

"Dann gib mir die Zeit."

"Aber Asako..." Ihr Top-Star hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und Kiriyan verstummte, schlang die Arme um die andere und kuschelte sich etwas an sie. "Wir machen uns doch alle nur Sorgen."

"Das müsst ihr nicht. Es wird schon alles gut gehen."

Kiriyan drückte sich noch etwas enger an ihren Top Star, schloss die Augen und biss sich etwas auf die Unterlippe. Hatte sie überreagiert?

"Tut mir leid, dass ich geschrieen hab", murmelte sie nach einer Weile, sah dann abermals in Asako's Rehaugen. Das Lächeln der anderen beruhigte sie zumindest ein wenig.

"Schon gut. Du hattest wohl alles Recht dazu."

Ihr Top Star strich ihr zärtlich über die Wange und Kiriyan lehnte sich gegen die Berührung. Yuuhi war immer etwas grob was Nähe anging, aber die warmen Finger der anderen Otokoyaku fühlten sich dagegen gut an. Schon wieder merkte sie diese Ausstrahlung, die von Asako ausging, etwas, was sie einmal bei Saeko beobachtet hatte. Die zwei waren sich wirklich in vielerlei Hinsicht ähnlich. Sie war zu sehr in Gedanken, zu sehr versunken in den strahlenden dunklen Augen der anderen um zu merken wie Asako die Hände neben ihr an die Wand legte, die Nasenspitze über ihre Wange gleiten lies und ihr Hirn sich daraufhin einfach ausstellte. Sie glaubte mal wieder in eine ihrer Fantasien zu sein, die sie ab und an hatte, aber als Asako tatsächlich die Lippen auf ihre setzte schloss sie die Augen entgültig, gab sich der Wärme hin, die mit einem Mal in ihr aufstieg. Dass sie eigentlich wütend war, war in dem Moment einfach vergessen.
 

Zuerst hatte Shio sich noch am Takarazuka-Dorm auf eine der Bänke gesetzt, hatte in den Himmel gestarrt und über Chigi's Worte nachgedacht. War es wirklich so richtig, was sie tat? Betrog sie sich selbst indem sie Asako bei ihren Plänen half? Aber immerhin hatte sie auch etwas davon. Chigi verbrachte sehr viel mehr Zeit mit ihr, genau wie Asako es versprochen hatte. Darum ging es ihr doch, oder? Immerhin war es Asako, die dafür gesorgt hatte, dass Chigi nach Yukigumi versetzt worden war, dass sie dadurch mehr Zeit bekäme und nicht immer die Zweitbesetzung für diverse Schauspieler machen musste. Sie hatte dadurch mehr Zeit für sie. Aber sie realisiert auch, dass Asako's kleines Machtspielchen insbesondere mit Mizu nicht gut ausgehen konnte. Sie seufzte. Sie hatte versprochen, dass sie Asako helfen würde das Elisabeth-Stück zu bekommen, vorher konnte sie nicht aufhören. Nur noch eine Saison. Auch hatte sie in Erinnerung, dass Asako aufhören wollte sobald sie den Tod gespielt hatte. Wieso war ihr schleierhaft. Sie würde ihr Austreten sicher schon beschlossen haben, aber da Top-Stars ihren Rücktritt ein Jahr vorher ankündigen mussten würde sie noch warten bis sie das Stück in den Händen hielt. Ein Jahr... nur so lange musste sie noch durchhalten. Dann konnte sie einfach aufhören. Keiner würde es merken. Aber bis dahin musste sie nochmal mit Asako sprechen.

Act 3 Scene 5: Worlds Collide

Nur langsam glitt die Otokoyaku aus ihrem Tiefschlaf heraus, lies die Augen jedoch geschlossen. Sie spürte die Wärme unter sich, den sanften Geruch, der davon ausging. Kiriyan kuschelte sich weiter daran, krallte sich in den Stoff, den sie unter den Fingern spürte. Gott sie fühlte sich irgendwie... gut. Ungewohnt, aber gut. Ihr Körper war entspannt und die Wärme entspannte sie nur weiter. Hoffendlich ging dieses Gefühl nicht weg wenn sie die Augen öffnete, wesshalb sie diese noch immer geschlossen lies. Sie fühlte, wie sich etwas unter ihr hob und senkte. Lag da jemand unter ihr? Das würde zumindest die Wärme und den guten Geruch erklären. Genüsslich schmiegte Kiriyan den Kopf etwas weiter an die weiche Haut, die sie an der ihrer spürte. Es roch nicht wie Yuuhi... vielleicht wieder eine ihrer schrägen Fantasien und Einbildungen, die sie hier und da hatte, wenn müde war. In der Annahme, dass es doch Yuuhi war, die da unter ihr lag, begann sie sanft die Haut nahe ihrer Lippen zu küssen, schmiegte sich dabei etwas näher an den anderen Körper. Sie war zu verschlafen um wirklich zu merken, dass sich der weiche Körper so anders anfühlte als der von Yuuhi, aber das machte es nicht schlecht. Die andere unter ihr legte den Kopf etwas auf die Seite, bot Kiriyan dadurch mehr Platz. Wie es schien hatte sie den Hals erwischt. Erst dann spürte sie die schlanken Finger, die ihren Rücken nach unten wanderten, woraufhin Kiriyan etwas keuchte. Die Finger auf ihrem nackten Rücken zu spüren... moment... nackt? Hatte sie denn nichts an? Die Person unter ihr trug auf jeden Fall noch ein Hemd, zumindest irgendwie. Jetzt öffnete sie die Augen doch, stemmte sich etwas auf und rieb sich mit einer Hand die Augen. Sie fühlte sich fertig, noch immer gut, aber fertig. Auch die Frau unter ihr bewegte sich, nahm ihre Hand etwas auf die Seite, wobei Kiri die Augen wieder geschlossen lies. Die andere küsste sie geradezu zärtlich und Kiriyan, noch immer in der Annahme es handle sich um Yuuhi, erwiederte diesen. Nur langsam erinnerte sie sich an die vorrangegangene Nacht, erinnerte sich an die heißen Lippen auf ihrem Körper, wie diese schönen, schlanken Finger sich ihren Weg über ihre Haut gebahnt hatten, wie Asako... moment... Asako? Halluzinierte sie immer noch?

"Guten Morgen", raunte es gegen ihre Lippen und Kiriyan öffnete die Augen einen Spalt. Da lag Asako unter ihr, lächelte. Sie war wirklich schön, mit durchgewuschelten Haaren, einem halb angezogenem Hemd, an dem die obersten Knöpfe fehlten. Für einen Traum war das ganze ganz schön real. Gut. Musste ja keiner wissen, dass sie schon seit Jahren ab und an von Asako träumte. "Gut geschlafen?" Diese angenehme, morgenrauhe Stimme lies eine Gänsehaut über ihren Rücken rollen, und sie seufzte zufrieden, nickte etwas. "Sehr gut." Kiriyan drückte etwas den Rücken durch als Asako anfing die Fingerspitzen ihre Wirbelsäule nach oben zu ziehen, stöhnte etwas. Diese Frau hatte Götterhände, das merkte sie nicht das erste Mal. Dennoch war ihr irgendwie mulmig zumute. Sonst hielten ihre Tagträume nie so lange an oder waren so real. Für gewöhnlich riss sie irgendwer heraus indem man sie ansprach. Asako setzte sich etwas auf, hauchte ihr abermals einen Kuss auf die Lippen. War das... denn kein Traum? Spätestens in dem Moment sollte sie doch aufwachen. Aber sie fühlte die Lippen ihres Top Stars nur zu deutlich, genau wie die Finger auf ihrem Körper. Hatte sie sich das ganze nicht eingebildet? Die ganze vergangene Nacht...?

Mit einem Mal war das ganze wieder da und sie war hellwach. Erschrocken keuchte Kiriyan erstickt auf, wollte zurückspringen, was aber nur darin endete, dass sie mitsammt Bettdecke aus dem Bett fiel. Dann merkte sie, dass sie tatsächlich splitternackt war, nur bedeckt durch die dünne Satinbettdecke. Asako dagegen saß noch immer im Hemd und Slip bekleidet auf dem Bett, ohne Bettdecke, da Kiriyan die ja hatte mitgehen lassen. Oh verdammt was hatte sie gemacht?

"Kiriyan?", hörte sie Asako nur sagen als Kiri versuchte auf zu stehen, was aber wegen ihrer noch immer puddingähnlichen Beine und der Bettdecke, in der sie sich verkeilt hatte, unmöglich war. Sie fluchte leise. "Kiriyan jetzt komm mal runter!"

"Runterkommen? RUNTERKOMMEN?? Verflucht Asako! Hast du eine Ahnung, was wir da gemacht haben?"

Asako legte sich einmal quer aufs Bett, rollte sich dabei auf den Bauch und gab einen beeindruckenden Blick in ihren Ausschnitt frei. Das schien sie jedoch weniger zu stören, stützte nur den Kopf auf einer Hand ab und winkelte eines der verführerischen Beine an.

"'Wir'? Eher ich. Aber ja ich bin mir dessen durchaus bewusst. Immerhin haben weder du noch ich irgendwas getrunken."

Kiriyan schwieg kurz, versuchte noch immer sich aus der Decke zu befreien. Yuuhi würde sie umbringen, wenn sie davon erfuhr. Immerhin hatte sie Yuuhi immer zurückgewiesen, hatte gesagt, dass sie noch Zeit bräuchte, und dann stieg sie einfach mit Asako ins Bett. Wieso hatte sie es so weit kommen lassen?
 

Asako schmunzelte. Das war einfach zu gut. Eigentlich war sie schon davon ausgegangen, dass Kiriyan sie beim Kuss schlagen würde und aus ihrer Wohnung rannte, aber dann hatte ihre Freundin sie aus irgendeinem Grund doch ran gelassen. Der Top-Star war sich durchaus bewusst, dass sie einen sehr merkwürdigen Einfluss auf andere Leute hatte, aber sie hätte nie gedacht, dass das auch auf ihre Freunde wirkte, die sie ja besser kannten. Kiriyan schien ihr aber sehr durch den Wind. Ob sie es wohl schaffte sich nochmal einen Kuss von ihrer Freundin zu stehlen? Ohne dafür geschlagen zu werden verstand sich. Ihr Vice saß fluchend am Boden, hatte ein paar Tränen in den Augen und wich ihrem Blick sichtlich aus. Kurzerhand drehte sich Asako auf den Rücken, lies den Kopf über den Rand des Bettes hängen und schlug ein Bein über das andere.

"Kiriyan. Jetzt beruhig dich mal wieder. Es ist nur Sex."

In dem Moment stockte Kiriyan, sah Asako mit leichtem Entsetzen in den Augen an.

"Bitte?"

"Du hast mich verstanden."

Dann schaffte es Kiriyan doch sich aus der Decke zu befreien, zumindest die Beine so weit dass sie aufstehen konnte, wickelte die Decke so gut es ging um ihren Körper und flüchtete aus dem Schlafzimmer. Da musste sie wohl etwas weiter ausholen. Seufzend setzte sie sich mit etwas Schwung auf, streckte sich dabei einmal ausgiebig ehe sie gänzlich vom Bett aufstand. Kaum aus dem noch immer stickigem Schlafzimmer, Asako hatte vergessen am Abend die Fenster zu öffnen, sah sie, wie Kiriyan hastig ihre Kleidung vom Boden aufsammelte und danach suchte. Die Otokoyaku grinste etwas. Sie bezweifelte, dass Kiriyan alles finden würde, was sie am Vorabend in solch Eile abgelegt hatte und was noch immer in der Wohnung verteilt war. Geschweigedenn fähig es an zu ziehen, denn nicht nur die Knöpfe an Asako's Hemd waren abgerissen. Zuerst lies sie Kiriyan mal ihr Ding tun. Vielleicht kam sie dadurch ja etwas runter. Zwar konnte sie verstehen, dass sie wohl ein schlechtes Gewissen Yuuhi gegenüber haben musste, aber immerhin war es nichts ernstes gewesen. Der noch immer spärlich bekleidete Top Star schlenderte genüsslich in die Küche, rieb einmal mit dem Fuß über ihr Schienbein und fühlte dabei ihre eigene Wärme ehe sie sich etwas Kaffee nahm. Diese automatische Kaffeemaschiene war eine der besten Anschaffungen, die sie je gemacht hatte. Ein kurzer Blick auf die Uhr und Asako nahm noch eine zweite Tasse, füllte diese auf und ging mit beiden zurück in den Wohnbereich, stellte die volle Tasse auf den Tisch und platzierte sich selbst in ihrem Sessel. Kiriyan, inzwischen etwas verloren in der Wohnung stehend, hatte den kleinen Haufen an angesammelter Kleidung an ihren Oberkörper gepresst, hielt mit der beiden noch immer das Satinbettzeug fest und sah sich hastig um. Der Tsukigumi-Star konnte nur raten was sie suchte, beugte sich einmal auf die Seite und fischte nach einem weinrotem Slip.

"Suchst du den?"

In dem Moment drehte sich der Schlüssel im Schloss und die Tür öffnete sich. Shio trat ein, gähnte einmal ausgiebig.

"Guten Morgen", sagte die Blonde, hob erstaunt eine Augenbraue als sie Kiriyan mitten in der Wohnung stehen sah. "Komm ich ungelegen?"

"Guten Morgen. Die Action hast du verpasst", erwiederte Asako nur als wäre es das selbstverständlichste der Welt, wobei Kiri mehr als deutlich langsam die Fassung verlor. Shio schmunzelte nur, ging an Kiriyan vorbei und platzierte sich auf dem Sofa, nahm sich die Tasse Kaffee, und nippt einmal daran. Asako warf Kiriyan derweil ihren Slip zu, jedoch lies ihr Vice den Kleiderstapel fallen als sie versuchte das spärliche Stück Stoff auf zu fangen.

"Na das musst du noch üben", meinte Shio nur frech und grinste Kiriyan einmal an ehe sie sich zu Asako wandt. "Hast du deine Prioritäten jetzt doch verschoben? Ich dachte du wolltest Yuuhi?"

"Hat sich einfach so ergeben. Ist in die eine oder andere Richtung okay."
 

Fast hätte Kiriyan noch die Bettdecke fallen gelassen. Hatte sie sich da gerade verhört? Prioritäten? Yuuhi? Wollte Asako eher mit Yuuhi ins Bett als mit ihr?

"Was soll das bitte heißen??", rief die Otokoyaku hysterisch und stampfte mit dem Fuß auf. Asako rieb sich die Schläfe.

"Kiriyan hör auf zu schreien. Du machst mir Kopfschmerzen."

"Du... du bist doch krank! Dann war es geplant, dass du mich abschleppst?"

"Jetzt hör mal genau zu." Asako drehte sich in ihrem Sessel so, dass sie Kiriyan direkt ansehen konnte. "Erstmal war es nicht 'geplant' dass ich dich abschleppe, sondern ich wollte es erstmal mit Yuuhi probieren. Zweitens bist du zu mir gekommen, nicht umgekehrt. Und drittens..." Sie lächelte dieses unglaublich kalte Lächeln, dass sie nur aus Erzählungen kannte. "...es ist nicht so, dass du dich sonderlich gewehrt hättest. Ich bin davon ausgegangen, dass du nicht einmal eine zweite Runde schaffst."

Kiriyan fühlte ihre Beine weich werden und wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. Zuerst brachte sie keinen Ton heraus. War das überhaupt noch Asako? Diese Frau war so anders von dem, was sie kannte. Das war nicht die Frau, die sie nächtelang im Arm gehalten hatte, weil diese getrauert hatte, mit der sie rumgealbert hatte und mit der sie so gern zusammen gearbeitet hatte.

"...Wer zur Hölle bist du?", brachte sie dann doch heißer heraus.
 

Asako seufzte einmal schwer. Da war schon wieder diese Frage, die sie jetzt schon das dritte Mal hörte. Mit einem Schwung hiefte sie sich auf die Beine, ging auf Kiriyan zu, die vor ihr zurückwich, bis sie mit dem Rücken an der Tür stand. Dieser Blick tat ihr schon fast leid, verängstigt und verwirrt zugleich, aber vielleicht war sie so etwas kooperativer.

"Hör mir mal zu, meine Liebe. Ich erzähle dir ein Geheimnis." Sie trat noch einen Schritt an die andere heran, legte die Unterarme neben ihr neben die Tür und beugte sich zu der Otokoyaku, die etwas in sich zusammensackte und einmal sichtbar schluckte. "Ich will dieses Stück. Ich will diese Rolle spielen, egal was es mich kostet. Das geht nicht ohne Unterstützung. Alles, was ich mache, ist nur dafür." Sie lächelte. "Danach wird alles wieder gut versprochen." Asako legte eine Hand an Kiriyan's Hals, zog sie wieder nach oben. Ihr Vice würgte dabei etwas, hielt sie am Handgelenk fest. "Noch etwas: Verrätst du mein kleines Geheimnis an irgendwen, egal wen, solltest du es wagen auch nur irgendein Wort über diese Nacht zu verlieren werde ich dir das Wort im Mund umdrehen. Vielleicht sogar vor Yuuhi. Das wollen wir doch beide nicht, oder?"

Kiriyan liefen die Tränen über die Wangen und sie schlug Asako's Hand weg. Der Top Star lies sie gehen, sah dabei zu, wie sie schnell ihre Sachen vom Boden aufsammelte und sammt Bettdecke ins Bad verschwand. Sie nahm das als Zustimmung. Sie schlenderte wieder zurück zu ihrem Sessel, nahm darin Platz und trank einen weiteren Schluck von ihrem Kaffee, hörte Shio etwas lachen.

"Du bist ein sehr, sehr grausamer Mensch Asako."

"Das bin ich nicht. Das weist du."

"So? Du springst mit einer deiner besten Freunde in die Kiste und bedrohst sie dann auch noch?"

"Hey ich hab nichts getan, was sie nicht auch wollte. Du hättest mal sehen sollen, wie sie gebettelt hat. Fast schon niedlich. Ich stelle nur fest, dass sie meinem Vorhaben nicht in die Quere kommt."

"Unserem Vorhaben."

Asako seufzte. "Unserem Vorhaben."

Nur im Augenwinkel sah der Top Star, wie Kiriyan geradezu aus der Wohnung flüchtete.
 

Jetzt sah Shio auch, was Chigi wohl gemeint hatte. Vor noch nicht allzulanger Zeit hätte sie wohl nie etwas in dieser Richtung getan, hätte Asako wohl eher angeschrien, dass es nicht richtig wäre, doch jetzt... es war ihr geradezu gleich. Es interessierte sie nicht, dass Asako's Freundin gerade tränenüberströmt aus der Wohnung gerannt war, dabei noch nicht einmal richtig angezogen, und mit zugehaltenem Hemd. Der Top Star tat ihr wirklich nicht gut, aber sie war nicht in der Position um einfach auf zu hören, allerdings konnte es auch nicht gut sein, was Asako da tat. Sie hatte ihre Partnerin noch nie so gefühlskalt erlebt, nie so offensichtlich grausam. Schön, sie hatte veranlasst, dass jemand aus Soragumi Yuuhi ausspionierte, ebenso wie Gaichi, die ja recht weit oben saß, und hatte ein Liebchen in so ziemlich jeder Troupe, aber das hatte noch nie jemandem weh getan. Asako wusste es schlieslich das alles zu vertuschen.

"Sieh mich nicht so herablassend an", meinte Asako mit einem Mal und schielte zu ihr herüber.

"Ich frage mich nur gerade, ob das wirklich nötig war."

"Sie wird drüber hinweg kommen. Was geht es dich also an?"

"Ich dachte sie wäre in einer Beziehung mit Yuuhi."

"Ist sie doch auch."

"Warum hast du dann mit ihr geschlafen?"

"Neugier."

Shio schwieg kurz. "...Neugier?"

"Ja. Nichts weiter. Ich wollte wissen, ob das ganze auch bei meinen Freunden wirkt."

"Hättest du das auch bei Osa gemacht?"

"Mach dich nicht lächerlich, Shio. Du weist genau, dass ich Osa nie anrühren würde."

Asako stand auf, nahm ihre Tasse und verschwand in die Küche. Shio sah ihr nach, beäugte sie einmal. Natürlich verstand sie, wieso so viele auf Asako flogen, gerade wenn sie so rumlief, aber gab ihr das die Freiheit einfach zu tun und zu lassen was sie wollte? Und wenn sie bei ihren Freunden schon so weit ging, von denen sie wusste, dass sie sich offensichtlich liebten und ihnen dadurch die Beziehung zerstörte, was sagte ihr, dass Asako ihr nicht auch Chigi wegnehmen würde? Die Blonde biss sich auf die Unterlippe. Sie wollte Chigi nicht an Asako verlieren. Sie wollte nicht, dass ihre Freundin so endete wie beispielsweise Kimu, die momentan wohl nicht mehr als eine Puppe für den Tsukigumi-Star war, so wie alle anderen auch. Die Blonde stand auf, folgte dem Top-Star in die Küche und besah sie sich eine Weile. Was war es, dass diese Frau so offensichtlich besonders machte? Sie wusste, dass Asako mehr als gut im Bett war, aber da musste sie ihre Opfer ja auch erst einmal hin bekommen. Sie wusste es genau, konnte es aber doch nicht benennen, aber irgendwer musste sie irgendwie in die Schranken weisen, aber mit Worten würde sie wohl nichts erreichen. Sie würde Chigi nicht an sie verlieren. Kurzerhand ging sie zu der Otokoyaku, packte sie an der Schulter und drückte sie mit dem Vorderkörper vorran einmal gegen die Wand. Asako, überrumpelt von der plötzlichen Tat, fiebte einmal auf und versuchte sich von der Wand wieder weg zu drücken. Shio drückte ihren Körper einmal von hinten gegen den der anderen, packte sie am Hinterkopf an den Haaren und hielt eines ihrer Handgelenke fest.

"Shio lass mich los!"

"Was du machst ist nicht richtig", murmelte sie gegen das Ohr der anderen, zog dabei ihren Kopf etwas zurück und legte die Lippen an den weichen Hals. Dort entdeckte sie einen recht hübschen, dunkel angelaufenen Fleck, von dem sie ausging, dass er wohl von Kiriyan stammte. "Du solltest das, was du kannst nicht so ausnutzen."

"Was geht es dich an?", zischte die an die Wand gepresste Frau zwischen den Zähnen. "Du halt dich nur an deinen Teil!"

"Ich tue meinen Teil. Aber ich bin dein Partner, nicht dein Laufbursche."

"Selbst wenn, was willst gerade du dagegen tun?" Die Stimme der Otokoyaku war mit einem Mal auf eiseskälte heruntergekühlt. "Wenn ich nicht da gewesen wäre, dann wäre Chigi dir schon vor einer Ewigkeit weg gelaufen. Sei wenigstens ein bisschen Dankbar!"

Shio stockte, lockerte ihren Griff etwas, was Asako nutzte um sich los zu reisen und sich zu der anderen um zu drehen. Mit zusammengebissenen Zähnen sah sie die in die wütend funkelnden Augen der anderen. Wie eine Person so schnell umschlagen konnte war ihr rätselhaft. Für einen Moment überlegte Shio, ob sie wohl immer so gewesen war, Kiriyan's Reaktion zu urteilen allerdings nicht.

"Asako..."

"Pass gefälligst auf mit dem du dich hier anlegst, Shio. Was ich mache geht dich einen scheißdreck an. Ich allein entscheide was ich tu und lass."

"Du klingst wie Elisabeth..."

Die Worte bereute sie sofort. Sie hatte es vor einer Ewigkeit schon einmal gewagt sie mit der Elisabeth-Rolle in Verbindung zu bringen und schon in der Zeit hatte es bei bei Asako einen Schalter umgelegt.

"Wag es nicht mich als Elisabeth zu bezeichnen! Die Rolle ist lange vorbei! Ich werde den Tod spielen nicht diese verdammte Elisabeth!"

"Hör mal ich..."

"Was glaubst du eigentlich mit wem du sprichst??" Shio wich etwas zurück. "Du bist nur eine Nummer weil ich es so wollte! Fall mir blos nicht in den Rücken, Shio, du würdest es bereuen."

"Es tut mir leid okay?!"

Asako stand noch immer schnaubend an der Wand, fuhr sich durch die Haare und ging an Shio vorbei, Sie war sichtlich sauer, mehr als sauer, aber das würde sie jetzt wohl aushalten müssen. Asako konnte noch so wie eine kalte Schönheit wirken, noch so sehr den Sonnenschein spielen und noch so sehr versuchen sich zu verschliesen, aber wenn man die falschen Knöpfe drückte, dann kam eine Furie zum Vorschein, wie Shio noch keine Ebenbürtige gesehen hatte. Sie hatte keine Ahnung wieso Asako so war, aber jeder andere wäre wohl vor ihr geflüchtet. Es war Shio's Geheimnis. Sie allein kannte diese kranke Seite an dem so geliebten Tsukigumi-Star, diese einsame Frau, die nach Aufmerksamkeit schrie, diese aber nicht zu bekommen schien. Was die Tod-Rolle damit zu tun hatte wusste sie allerdings nicht. Asako sprach nie über sich.
 

Kaum in ihrem Schlafzimmer schlug Asako die Tür hinter sich zu, ging schnaubend auf und ab während sie sich durch die Haare fuhr. Elisabeth war für sie Geschichte. Der Tod war die einzige Rolle, die sie noch spielen würde, dann konnte sie endlich, endlich aufhören. Sie wollte nur Saeko, ganz für sich, das würde sie aber nur können wenn sie dieses verdammte Stück endlich ihrer Rolle spielen konnte. Saeko würde endlich sehen, dass sie ihr ebenwürdig war, würde vielleicht endlich verstehen, wie sehr sie sich nach ihr verzehrte und endlich wieder an ihrer Seite sein wollte. Frustriert trat sie gegen das Bett, bereute es aber sofort und wurde mit einem Schmerz im Fuß bestraft. Sie fauchte sauer auf, humpelte auf die Seite des Bettes und setzte sich darauf. Sie sah nur im Augenwinkel, wie Shio durch die Tür eintrat und diese leise hinter sich Schloss.

"Hast du dir weh getan?"

"Nein", fauchte Asako und besah sich den Fuß. Er tat noch immer weh, aber sie schien sich nichts ernsthaftes getan zu haben. Shio setzte sich vor sie, besah sich den Fuß dennoch, woraufhin sie von Asako nur ein wütendes Brummen erntete.

"Fauch mich nicht an. Ich tu dir nichts. Benimm dich also nicht wie ein Raubtier." Sie sah auf den etwas rot gewordenen Fuß, wehrte sich aber nicht weiter als Shio sich diesen besah. Dann setzte sich die Blonde neben sie, wobei Asako sie immer noch nicht ansah. "Gehts wieder?"

Asako nickte nur etwas. "Ja. Ich glaub den Tritt hab ich gebraucht."

"Glaub ich auch. Das Bett wirds nicht stören."

Shio's Hand fuhr ihr über die Schläfe und strich ihr einige der Haare zurück, wobei der Top Star selbst immer noch stur auf den Boden starrte und sie sich eine ganze Weile anschwiegen bis Asako erneut das Wort ergriff.

"Weist du was neues über das Stück?"

"Du weist, dass dir da nur noch Mizu im Weg steht."

"Die wird kein Problem sein. Sonst wer?"

"Nein. Auser Mizu keiner."

"Ich sagte doch, dass Mizu kein Problem ist."

"Werd nicht gleich wieder aggressiv. Aber woher weist du das?"

"Glaubst du ich war untätig während dem Shooting?"

Shio runzelte die Stirn und Asako sah zu der Blonden, grinste leicht.

"Wow. Du hast es echt durchgezogen?"

"Und sie hat angebissen wie ein Fisch."

"Und was hast du ihr versprochen?"

"Glaubst du im ernst, dass ich das einhalte, was ich verspreche?"

"Nein. Aber pass auf, dass dich das nicht wieder einholt."

"Wenn ich das Stück in den Fingern habe kann ich ihr den Laufpass geben."
 

Kiriyan stolperte mehr oder minder in ihre Wohnung, zog noch immer ihr Hemd notdürftig zu, da sie keine Knöpfe mehr daran hatte, und torkelte ins Bad und riss sich dort erst einmal die Klamotten vom Leib. Sie fühlte sich furchtbar, benutzt. Sie drehte das Wasser voll auf, achtete dabei gar nicht auf die Temperatur und kniff die Augen zusammen, lehnte sich an die kalten Kacheln. Was hatte sie sich dabei nur gedacht? Wie hatte das passieren können? Sie hatte Yuuhi nie betrügen wollen, denn immerhin liebte sie die Otokoyaku wie keine andere. Kiriyan sackte auf die Knie. Sie hatte schon immer irgendwie Fantasien gehabt, wer hatte die auch nicht, in der sie sich Asako hingegeben hatte, mehrmals, aber sie hatte nie vorgehabt sich dem tatsächlich hin zu geben. Das Schlimmste daran war, dass es sich so verdammt gut angefühlt hatte, was es eigentlich nicht tun dürfte, dass sie Yuuhi immer zurückgewiesen hatte mit verschiedenen Ausreden und Asako hatte sie nur einmal anlächeln müssen und sie war schwach geworden. Wieso hatte diese verteufelte Frau nur so eine Macht über andere? Nicht nur, dass sie immer noch die aufgehitzten Finger ihres Top Stars überall auf dem Körper spürte, diese verflucht süßen Lippen schmeckte, jetzt wurde sie mit ihrem Fehler auch noch erpresst. Sie hätte sowieso nichts gesagt, aber jetzt konnte sie es auch nicht mehr. Vielleicht wenn sie Yuuhi alles erklärt hätte, vielleicht hätte sie es verstanden und vielleicht hätte sie ihr verziehen, aber jetzt konnte sie das vergessen. Es war, als ob Asako von einer völlig anderen Person besessen wäre, die alles, was Asako ausmachte einfach ausnutzte für ihre Zwecke. Doch egal was sich da in dem Kopf der anderen festgefressen hatte, es war furchterregend und bedenkenswert. Aber sie konnte mit keinem darüber reden. Asako würde sie in Stücke reisen. Doch mit irgendwem musste sie reden. Sie konnte es doch nicht einfach in sich reinfressen und stumm dabei zusehen wie Asako sich zerstörte. Kiriyan krallte sich in ihre Schultern, lies die Finger anschließend über ihre Oberarme hinuntergleiten. Sie versuchte sich vor zu stellen wie Yuuhi sie wohl berühren würde, versuchte sich ab zu lenken, aber schon wieder sprangen ihre Gedanken zu der vergangenen Nacht zurück. Nur langsam realisierte was sie sich selbst da eingebrockt hatte als sie beschlossen hatte zu Asako zu fahren. Erst dann bemerkte sie die ganzen Flecken und Bissspuren auf ihrem Körper, beugte sich vornüber und schluchzte einmal. Die Erinnerung daran, wie sie verursacht worden waren trieben erneut die Gänsehaut auf ihren Rücken und Kiriyan biss sich auf die Unterlippe, schloss dabei die Augen. Ihr Hirn versuchte von ganz alleine die Berührungen Asako's erneut zu durchleben. Diese Frau hatte Götterhände, und ihre eigenen Hände, die über ihre Taille strich, war fast nichs dagegen.
 

Asako hatte sich inzwischen etwas anderes angezogen, war frisch geduscht und hing mal wieder über ihrem Script. Sie hatte noch etwas Zeit, denn ihre Probe war erst für die Mittagszeit angesetzt. Eigentlich kannte sie das ganze Script auswendig, hoch und runter, jede einzelne Szene, aber es lenkte sie ab den so vertrauten Text immer und immer wieder zu lesen. Shio stand währenddessen bei ihr im Badezimmer, duschte sich ausgiebig. Hoshigumi hatte erst am Abend den nächsten Auftritt, wesshalb die Blonde ihr Gesellschaft leistete. Hier und da erledigte Asako ein paar Anrufe, die sie ja am Vorabend vernachlässigt hatte. Blieb nur noch Yuuhi auf ihrer Anrufliste. Osa hatte sie schon bescheid gesagt, etwas mit ihrer Freundin getratscht und ihr das übliche erzählt, wenn sie telefonierten. Sie hatte der Hanagumidarstellerin kein Wort davon gesagt was sie vorhatte, geschweigedenn, dass sie Natsuki gelinkt hatte. Osa hasste den Yukigumi-Top-Star inzwischen wohl genauso sehr wie Yuuhi. Seufzend lies sie sich in den Sessel sinken. Wollte sie Yuuhi wirklich schon anrufen? So wie sie momentan drauf war würde sie wohl unterschwellig andeuten, dass Kiriyan bei ihr gewesen war, aber klüg würde es nicht sein. Naja vielleicht sprach sie es auch erst gar nicht an. Es dauerte eine Weile bis Yuuhi schließlich ans Telefon ging.

"Guten Morgen Yuuhi", sagte Asako freundlich, hörte da schon ein tiefes Seufzen am anderen Ende.

"Was soll daran gut sein?"

"Du klingst als hättest du mies geschlafen."

"Mein Abend war scheiße und ich hab gar nicht geschlafen falls du es wissen willst."

"Du musst desshalb nicht so aggressiv werden. Ist es wegen Kiriyan?"

Stille am anderen Ende.

"Woher..."

"Geraten. Du bist immer so ein Kotzbrocken wenn es um sie geht."

Abermals seufzte die andere Otokoyaku.

"Ich hab gestern Abend versucht sie zu erreichen. Es ging ihr glaube ich nicht gut. Aber sie geht nicht ran."

"Sie taucht schon wieder auf. Hast du mich gestern desshalb angerufen?"

"Ja. Nein... Ich meine..."

"Ja oder nein? Entscheide dich."

"Asako ich muss mal unter vier Augen mit dir reden."

Asako rollte einmal mit den Augen. War denn jetzt jeder darauf erpicht ihr etwas vor zu werfen?

"Kann das noch warten?", fragte sie mit ruhiger Stimme. "Ich muss gleich noch zur Probe und generell bin ich gerade ziemlich im Stress. Ich kann ja auch Kiriyan mal ansprechen wo sie gestern war."

"...Na schön. Sag ihr, dass sie mich bitte anrufen soll. Es ist wichtig."

"Mach ich."
 

Kiriyan stand mit zitternden Beinen im Probenraum. Eigentlich es ihr noch viel zu früh um wieder auf Asako zu treffen, aber es lies sich wohl nicht vermeiden. Früher oder später würden sie sich wieder über den Weg laufen. Eigentlich hatte sie gar keinen Grund so ängstlich zu sein. Solange sie nicht plapperte war doch alles in Ordnung, dennoch fürchtete sie sich irgendwie vor der Person, die mal ihre Freundin gewesen war. Nur im Augenwinkel sah sie den Tsukigumi-Star eintreten, Mirio und Masao im Schlepptau. Sie wirkte wie immer, lächelnd, ausgelassen und mit dem Script unterm Arm. Sie begrüßte die anderen Mitglieder und setzte sich dann mit einer kleinen Gruppe zusammen um mit ihnen ein wenig zu plaudern. Erst jetzt wo sie darau achtete fiel Kiriyan auf, wie schnell sich ein kleines Getummel um den Top Star bildete, wie sie Asako alle mit dem Blick an den Lippen hingen als sie etwas erzählte, was sie auf die Entfernung nicht hören konnte. 'Wie die Motten zum Licht' war wohl der richtige Spruch dafür.

"Morgen Kiri."

Kiryan zuckte einmal zusammen, krallte sich dabei in die dünnen Blätter ihres Scripts und wirbelte geschockt herum. Masao stand vor ihr, lachte etwas und setzte sich zu ihr. "Warum so schreckhaft?"

"Morgen Masao", murmelte die Angesprochene, versuchte die nun zerknitterten Seiten hecktisch zu glätten. "Nichts. Nichts... Ich hatte nur ne sehr anstrengende Nacht."

"Dreh jetzt so kurz vor dem Auftritt nicht durch", lachte die jüngere Otokoyaku und schubste Kiriyan leicht an der Schulter an.

"Nein keine Sorge. Ich brauch nur Schlaf. Und ein bisschen Ruhe."

"Na hoffen wirs. Sonst alles klar bei dir? Wie gehts denn Yuuhi? Sie lässt sich hier gar nicht mehr blicken."

Yuuhi...

"Sie ist gerade selbst sehr beschäftigt. Ich hab sie seit Vorgestern nicht gesehen. Ich denke mal, dass sie Texte lernt?"

Nur mühsam bekam die Otokoyaku ein Lächeln zustande, knetete etwas nervös ihre Finger und starrte darauf. Yuuhi hatte sie für einen Moment gänzlich verdrängt. Was sollte sie der anderen sagen? Immerhin hatte ihre Freundin sie am Vorabend bestimmt erwartet, insbesondere nach ihrem Anruf, bei dem sie völlig aufgelöst gewesen war.

"Frage oder Feststellung?"

"...Feststellung. Sie brauch immer länger für sowas."

Masao grinste und hockte sich auf den Boden. wippte etwas vor und zurück.

"Guten Morgen Kiri." Ein zweites Mal wäre Kiriyan fast aufgesprungen, sah zu Asako, die sich zu ihnen gestellt hatte. "Gut geschlafen? Ich hoffe mal, dass du fit bist. Wir wollen gleich anfangen."

"J-Ja", stammelte sie, starrte auf den Boden. Sie schaffte es nicht dem Tsukigumi-Star in die Augen zu sehen. Wenn sie daran dachte, dass sie noch mit Asako tanzen musste, dann wurde ihr Mund trocken und sie hatte wieder dieses merkwürdig beklemmende Gefühl in der Magengegend.

"Guten Morgen alle miteinander", rief der Assistent, der gerade die Tür rein kam. Jetzt konnte sie auch nicht mehr fliehen.
 

Woanders im Takarazuka-Gebäude saß Chika beim Kaffee mit einigen der Vorstandsmitglieder, tratschte und unterhielt sich mit ihnen. Was sie sich vorgenommen hatte war einfach, sie wollte ihr Versprechen einlösen. Immerhin wollte ihr Liebling es ja so und sie hatte ja auch etwas davon. Wenn es ihren Liebling glücklich machte, dann sei es so. Von Saeko hatte sie schon eine halbe Ewigkeit nichts mehr gehört, aber sie hatte nebenbei erfahren, dass sie bei Ayana war. Mit Saeko's Schwester kam sie so gar nicht klar. Die Otokoyaku war von Anfang an dagegen gewesen, dass Natsuki ihre Schwester ihr Eigen genannt hatte, war da ganz und gar auf Midori's Seite gewesen. Apropos Gaichi. Die Senka war ebenfalls anwesend, allerdings wirkte sie etwas müde. Vielleicht hatte sie die Nacht nicht geschlafen. Chika schmunzelte. Vielleicht zu viel Aktion mit Haruno.

"Ich finde Sena sollte eine Chance bekommen als Tod", meinte Chika und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee, lehnte sich zurück."

Sie diskutierte schon eine ganze weile mit Midori ob Tsukigumi das Elisabeth-Stück bekommen sollte oder nicht. Die Meinungen waren ziemlich deutlich geteilt.

"Ich glaube vor zwei Jahren warst du es doch, die dagegen war", meinte Gaichi nur kalt und lehnte sich auf dem Tisch auf.

"Das war vor zwei Jahren. Ich habe letztens die Aufnahme gesehen und ich glaube, dass sie wirklich gut wäre. Warum bist gerade du dagegen?"

"Lucheni und Elisabeth sind eine Sache, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie als Tod ebenso überzeugt."

"Sie ist weder Ayaki, noch Haruno, noch ich. Sie wird ihren eigenen Stil haben, aber das ist gut so."

Gerade als Gaichi sich erneut vorbeugte und Luft holte um etwas zu sagen mischte sich doch ihr Chef ein, hob einmal die Arme und lächelte.

"Aber aber meine Damen. Ich weis, dass das Stück sehr umstritten und umkämpft ist, aber ich glaube, wir werden uns morgen nochmals zusammensetzen müssen. Nächste Woche werden die Stücke vergeben und bis dahin wird die Entscheidung gefallen sein."

Chika grinste etwas. Das würde sicherlich noch interessant werden.

Act 3 Scene 6: Stab in the Back

"Aber ich brauch mindestens 15 Minuten bis zu dir um die Uhrzeit."

"Mir egal. Komm."

"Aber meine Probe..."

"Jetzt!"

Aufgelegt. Was zur Hölle war das denn? Asako hatte geklungen als wäre jemand gestorben. Sie rief Shio sonst nie von ihrer Probe weg, ganz davon abgesehen, dass sie dafür ziemlichen Ärger bekommen konnte. Jetzt musste sie sich auch noch eine Ausrede ausdenken, sonst würde ihr Top-Star sie sicherlich nicht einfach so gehen lassen. Schnellen Schrittes ging Shio nach vorne zu den Direktoren, beugte sich zu dem Verantwortlichen und fing an ihm leise irgendetwas zu erklären, dass bei einer ihr nahestehenden Person etwas passiert sei. Nicht gelogen, nur nicht ganz die Wahrheit. Dass es sich um Asako handelte musste ja keiner wissen. Sie packte schnell alles was ihr gehörte in ihre Tasche, entschuldigte sich noch kurz bei ihrem Top-Star, mit dem sie eigentlich proben sollte und verschwand aus dem Hoshigumi-Proberaum. Sie konnte nur grob raten, was passiert sein konnte, aber nichts davon gab Sinn. Wenn es wirklich ernsthaft gewesen wäre, dann wäre Asako wohl nicht in der Lage gewesen noch irgendwo an zu rufen.

Seit dem Zwischenfall mit Kiriyan waren ein paar Tage vergangen und seither hatte sie die Spielpartnerin von Asako auch nicht mehr zu Gesicht bekommen. Kimu war hier und da noch da, aber lange nicht mehr so oft wie es noch vor ein paar Wochen der Fall gewesen war. Shio vermutete, dass es wohl an Mattsu lag, denn sie wusste von Chigi, dass die zwei Yukigumi-Mitglieder sehr viel Zeit miteinander verbrachten und das nicht nur beim Training. Kimu sprang noch immer wenn Asako pfiff, inzwischen, so glaubte sie, sogar noch schneller, aber sie war nicht mehr körperlich so oft anwesend. Ganz gut, denn so konnte sie sich mehr in Ruhe mit dem Tsukigumi-Star unterhalten. Sie waren ungezwungener, wenn sie nur zu zweit waren. Trotzdem hatte sie immer noch nichts aus der Otokoyaku heraus bekommen, was deren Zeit anging bevor sie sich kannten. Asako verstand es geschickt darum herum zu reden ohne, dass sie es merkte. Sie bekam Antworten, aber nicht die Art, die ihr weiter halfen.

Der Verkehr auf den Straßen machte ihr ihr Vorhaben nicht gerade leichter. Sie hatte auf dem Weg einen Unfall, eine Baustelle und obendrein noch extra langen Stau, sodass sie extra lange brauchte. Etwas zögerlich ging sie zu Asako's Wohnung hinauf, kramte nach dem Schlüssel und trat ein. Der Tsukigumi-Star saß an dem Tisch, hatte ihr jedoch den Rücken zugewandt, sodass sie nicht sehen konnte wie sie reagierte.

"Asako?", fragte sie zögerlich und trat etwas näher. "Was ist? Ich dachte es sei wichtig."

"Wer hat Kiriyan aus meinem Stück genommen?"

"Was? Ich weis nicht wovon du sprichst."

"So? Sie steht nicht in meiner Charakterverteilung. Obendrein ist sie für ein anderes Stück eingeplant wie ich gehört habe. Rate mal welches."

"Woher soll ich..."

Asako fiel ihr ins Wort, schlug dabei einmal auf den Tisch und stand abrupt auf, blieb aber mit dem Rücken zu ihr stehen.

"Jemand ist ausgestiegen Soragumi's nächstes Stück. Und heute Morgen bekomme ich einen Anruf, dass Kiriyan diese Saison nicht dabei sein wird."

Shio blieb wie angewurzelt stehen. Sie verstand noch immer nicht was der Top-Star von ihr wollte. Sonst regte sie sich doch auch nicht so auf. So übellaunig hatte sie Asako schon lange nicht mehr gesehen. Soweit sie wusste wurden die Scripte in den vorherigen Tagen ausgegeben. Ob Asako Elisabeth schon wieder nicht bekommen hatte? Das würde ihre Laune erklären. Sie traute sich aber auch nicht zu fragen. Sie sah nur dabei zu, wie Asako sich langsam erneut hinsetzte und die Finger auf dem Tisch verschränkte. Dann doch von Neugier getrieben ging die Hoshigumi-Darstellerin ein paar Schritte näher, blieb aber auf Sicherheitsabstand und sah auf den Tisch vor Asako. Fein säuberlich ausgepackt, mit dem unteren Rand parallel zur Tischkante lag das zartgelbe Script für Elisabeth, darunter die Rolle 'Der Tod' geschnörkelt darunter geschrieben. Das Script sah noch sehr unangetastet aus, aber ihr fiel der kleine Zettel auf, der oben heraussah und auf dem sie eine fein geschwungene Schrift erkennen konnte. Asako's war es nicht, dazu war sie zu groß geschrieben.

"Du hast doch das Stück. Was hat Kiriyan damit zu tun?"

Sie erntete einen vernichtenden Blick von der anderen. Noch immer verstand sie das ganze Problem nicht, ebenso, wieso sie mitten aus ihrer Probe hatte verschwinden müssen nur um sich das an zu hören.

"Weist du, wer darum gebeten hat, dass Kiri versetzt wird?"

"Uhm...Nein?" Manchmal sollte sie echt lernen besser zu lügen. Erneut schlug der in Rage geratene Top-Star auf den Tisch, sodass das Wasserglas, dass am anderen Ende stand umkippte und sich die Flüssigkeit auf dem Boden verteilte.

"Yuuhi! Yuuhi fällt mir verdammt nochmal in den Rücken! Du solltest mich darüber informieren falls etwas in der Richtung geplant ist!"

Shio sprang einmal zurück, aber jetzt verstand sie auch das Problem. Yuuhi war offiziell als nächster Top Star bestätigt worden, würde den Titel in kurzer Zeit entgültig ihr Eigen nennen können, aber schon jetzt konnte sie Wünsche zu Kombinationen in ihrem Debut-Stück abgeben und da noch keine Nachfolge für den Musumeyaku-Top-Star von Soragumi feststand konnte Yuuhi mehr oder minder frei wählen. Das alles schien wohl hinter Asako's Rücken geschehen zu sein. Sie hatte sich erzählen lassen, dass Kiriyan nicht wirklich sie selbst war seit dem Zwischenfall und so wie sie Yuuhi einschätzte hatte sie mehr oder minder Wind davon bekommen gehabt, dass es etwas mit dem Tsukigumi-Top-Star zu tun hatte. Die Kontakte zu Gaichi schienen ihr das nur erleichtert zu haben.

"Ich wusste doch auch nichts davon..."

"Ich habe dir gesagt, dass du jemanden da haben sollst, der ein Auge auf Yuuhi hat! Glaubst du ich sage dir das, weil ich nichts bessere zu tun habe?? Mach verdammt nochmal deine Arbeit!"

"Jetzt komm mal wieder runter! Ich hab alles getan worum du mich gebeten hast! Du hast das verdammte Elisabeth-Stück doch!"

Asako schnaubte einmal, sah auf das Script vor sich und strich einmal mit den Fingerspitzen darüber, dachte wohl eine Weile nach.

"Ich will Kiriyan in dem Stück. Egal als was. Ich will sie nicht bei Yuuhi sehen."

Den Kommentar darauf schluckte Shio runter. Dafür war sie extra früher abgehauen? Asako klang fast eifersüchtig.

"Ich dachte es macht dir nichts, dass die beiden zusammen sind."

"Darum gehts nicht."

"Sondern?"

"Was glaubst du? Welche Wahrscheinlichkeit ist höher, dass sie Yuuhi von dem erzählt was ich tue? Wenn sie ständig aufeinander sitzen, oder wenn ich sie bei mir habe und kontrollieren kann?"

Für ein paar Momente musste Shio ausgiebig nachdenken. Kiriyan hatte Angst vor Asako, das war ihr die letzten Tage nur zu deutlich aufgefallen. Sie würde also nicht plappern, wenn sie jemand danach fragte, allerdings wusste sie nicht wie stabil der Vice von Asako tatsächlich war wenn sie um ihre Freundin, die sie ja so offensichtlich liebte, war. Sie erinnerte sich, dass jemand ihr mal sagte, dass man Yuuhi's Hundeblick nur schwer wiederstehen konnte.

"Glaubst du nicht, dass sie sich auch querstellen wird?"

"Desshalb bist du hier."

"...So?"

Asako stand auf, sah zu der Blonden und nahm das Script in die schlanken Hände, sah kurz darauf und schlang schlieslich die Arme darum, drückte es an sich.

"Überzeug den Soragumi-Top davon, dass Kiriyan ungeeignet dafür ist das Debut mit Yuuhi zu haben. Sie wird wohl die meiste Gewalt da noch haben."

"Und wie zur Hölle soll ich das machen?"

"Schick Chigi vor. Ist mir doch egal wie dus anstellst."

"Sie ist kein Hund!"

"Fällst du mir etwa in den Rücken?"

Abermals Schweigen, dann seufzte die Hoshigumi-Darstellerin.

"Nein."

"Gut."
 

Leicht angespannt saß Gaichi bei Saeko, genauer gesagt bei deren Schwester in der Wohnung auf der Couch und fuhr sich etwas gestresst durch die Haare. Saeko wohnte noch immer bei ihrer Schwester, hatte es noch immer nicht geschafft wieder in ihrer eigenen Wohnung zu bleiben ohne mit einem Alptraum auf zu wachen. Sie hatte dem ehemaligem Top Star erzählt, dass Sena das Elisabeth-Stück doch bekommen hatte, auch wenn, Gaichi mit allen Mitteln versucht hatte jenes zu verhindern. Sie wusste nicht, ob Natsuki den Ausschlag gegeben hatte oder Sena selbst, aber sie hatte es nicht verhindern können. Den herabwertenden Blick des Yukigumi-Top-Stars hatte sie sich schon abgeholt.

"Warum ist sie so scharf auf das Stück, Saeko? Ich weis, dass du näheres weist."

"Und ich sage dir das ist Blödsinn. Ich bin genauso schlau wie du in der Sache."

"Wieso lügst du mich an?" Saeko sah auf die Seite, schnaubte einmal verächtlich. Gaichi wurde aus ihrer Freundin nicht schlau. In einem Moment schüttete der ehemalige Top Star ihr ihr Herz aus, im anderen Moment verschloss sie die Augen vor allem, was sich um Sena drehte. "Saeko. Du siehst genau wie ich, wie sehr sie sich verändert und in die ganze Sache reinsteigert. Warum hällst du dich immer noch raus?"

"Was soll ich deiner Meinung nach tun? Sie würde mir doch sowieso nicht zuhören."

"Natürlich würde sie. Jetzt sei doch nicht so störrisch. Nur wegen deinem verfluchtem Alptraum willst du sie einfach weiter ihre Fäden ziehen lassen?"

"Ich kann nicht..." Saeko's Stimme war leiser geworden und sie starrte auf die Seite. In dem Moment wusste Gaichi auch genau, worauf sie hinaus wollte. "Ich kann es einfach nicht."

"Weil sie dich so sehr an sich selbst erinnert? Desshalb?" Schweigen. "Saeko..."

Gaichi seufzte schwer, stand auf und ging um den Tisch herum, setzte sich zu ihrer Freundin aufs Sofa.

"Ich kann mir das nicht ansehen", begann der ehemalige Top-Star dann doch. "Ich kann mir nicht ansehen wie sie immer weiter fällt."

"Dann halt es auf."

"Und wie? Du weist genau, dass sie nicht auf mich hören wird."

Abermals seufzte die Senka schwer, lehte sich zurück und sah an die Decke.

„... Dann sprich zumindest mit Shio.“

„Was? Wieso?“

„Weil Shio momentan am meisten mit ihr zu tun hat. Wenn jemand weis, das genau Sena plant, dann wohl sie. Mich würde es auch nicht wundern, wenn sie mit ihr zusamme unter einer Decke steckt.“

Saeko schwieg ein paar Momente, starrte erneut zu Boden.
 

Ob sie es einfach wagen konnte sich da ein zu mischen? Die ehemalige Tod-Darstellerin fürchtete sich davor ihre Freundin, die Frau, die sie so sehr liebte, eines Tages gebrochen vor zu finden, doch gerade weil sie wusste, dass Asako nicht auf sie hören würde, konnte sie sich nicht einmischen.

„Saeko“, sagte Gaichi und Saeko fuhr einmal auf. „Du kannst das, was bei dir passiert ist, nicht eins zu eins auf dich übertragen. Ihr seid immer noch zwei unterschiedliche Personen. Versuchen wir zumindest sie irgendwie zu retten. Sonst könnten wir sie gleich die nächstbeste Klippe runterwerfen.“

„Wie kommst du jetzt darauf?“

„Dass gerade du fragst verwundert mich. Du kennst sie so viel besser als ich. Wenn es doch den Selben Verlauf haben sollte wie bei dir, dann wird sie das nicht verkraften. Vor vier Jahren hat Sena dich da raus geholt. Sie wird keinen haben.“

Saeko seufzte schwer, rieb sich mit zwei Fingern die Schläfe ehe sie aufstand.

„Ein kleines Gespräch mit Shio wird wohl nicht schaden...“
 

Kimu, wieder Zuhause nach dem Training, hatte sich dazu entschieden mal wieder bei Asako vorbei zu sehen. Noch immer hatte sie die Hoffnung, dass ihre Göttin sie irgendwann erhören würde, sie beachten würde und ihr wieder die Aufmerksamkeit schenkte, die sie vor zwei Jahren bekommen hatte. Mattsu hatte sie noch zurückgebracht und ihr ein Shirt geliehen, um welches sie gebeten hatte. Inzwischen war ihre Yukigumi-Partnerin auf dem Weg zu ihrer eigenen Wohnung während Kimu in Unterwäsche, die nur aus dem Slip ud der Abbinde bestand, vor ihrem Schrank, beide Türen weit geöffnet. Sie konnte sich nicht entscheiden, was sie anziehen sollte um ihre Göttin zu beeidrucken. Natürlich konnte sie einfach ihre gewöhnliche Otokoyaku-Kleidung anziehen, aber sie hatte schon gemerkt, dass sie damit nicht weit kam. Vielleicht ein kurzer Rock? Aber nein. Die, die sie hatte, hatte Asako schon alle gesehen und sie hatte ihr deutlich gemacht, dass sie davon gelangweilt wurde. Sie hatte noch die Hotpants, aber auch die mochte Asako nicht. Kimu seufzte schwer. Sie konnte es dem Tsukigumi-Top-Star einfach nicht recht machen. Besonders in den letzten paar Wochen kam sie sich in Asako's Nähe immer vor wie ein hässliches Entlein. Dabei hatte sie ihren Stil schon sehr für die andere Frau verändert, trotzdem kam sie sich einfach furchtbar vor in ihrer Haut.

„Du bist wunderschön.“

Kimu fiebte einmal erschrocken auf, warf das Hemd, dass sie gerade in der Hand gehalten hatte, in die Luft und wirbelte herum, lies die Schultern sacken als sie Mattsu im Türrahmen angelehnt stehen sah. Mit einem Mal wurde Kimu knallrot und griff nach dem Hemd, dass auf dem Boden gelandet war, um sich damit zumindest den Oberkörper zu verdecken. Ohne weiter darüber nach zu denken zog sie es über.

„Wie lange stehst du schon da?“

Mattsu lächelte nur, sties sich vom Türrahmen ab und trat ein paar Schritte ins Schlafzimmer, lies die Arme dabei vor dem Körper verschränkt.

„Lange genug um zu sehen, wie du bei deiner Kleiderwahl verzweifelst. Warum denkst du so angestrengt nach? Ich dachte, du wolltest nur mal bei Sena vorbei schauen.“

„Das ist es ja...“

„Wie meinen?“

„Asako ist mit nichts zufrieden. Ich weis nicht, wie ich sie zufriedenstellen kann.“

„Und warum solltest du das tun?“

„Ich hab einen Deal mit ihr. Ich muss also tun was sie sagt.“

„Und was hast du davon?“

Kimu stockte. Sie hatte das noch nie so wirklich hinterfragt. Sie hatte einfach nur in Asako's Nähe sein wollen, aber inzwischen glaubte sie all dem nicht gerecht werden zu können.

„Du verstehst das nicht.“

„Dann erzähl es mir.“

„Es ist einfach dieses Gefühl, dass sie einem geben kann, dass sie ganz alleine für dich lebt. Und dieser Blick...“

„Welcher Blick?“

„Ich weis nicht, was daran so besonders ist, aber es hypnotisiert einen.“

„Ich habe noch nichts in der Richtung gemerkt.“

„Weil sie dich noch nie mit diesem speziellem Blick angesehen hat.“

„Den, den sie immer auflegt, wenn sie jemanden rumkriegen will? Mach dich nicht lächerlich. Du bist nicht die einzige, die sie so ansieht.“

„Das weis ich.“ Kimu merkte, dass sie ein wenig aggressiver wurde, aber sie hielt sich doch noch etwas zurück.

„Liebst du sie?“

„Nein...“

„Warum glaubst du dann, dass dir kein anderer dieses Gefühl geben kann? Jemand, der dich auch wert schätzt?“
 

Eine Zeit lang sah Mattsu die junge, halbnackte Frau an, die still geworden war und auf den Boden starrte. Hatte sie es übertrieben? Immerhin schien Kimu viel an Sena zu liegen. Nur langsam ging sie zu Kimu, legte die Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf etwas an damit sie sie ansehen konnte. Zwar kannten sie sich nur sehr kurz, aber dennoch hatte sie Kimu sehr lieb gewonnen.

„Lass dich doch nicht so ausnutzen.“

„Tu ich nicht.“

„Doch. Das siehst du genauso wie ich.“

„Aber..:“

„Kimu. Sei vernünftig. Sena wird dir nur wehtun. Vergiss doch mal diesen blöden Deal und dreh dich anderen zu.“

„Mattsu...“

„Hm?“

Ein wenig verwirrt sah Mattsu ihre Freundin an, lies ihre Hand über deren Wange gleiten. Kimu schluckte einmal sichtbar und trat einen Schritt an sie heran.

„Küss mich...“
 

Shio seufzte etwas und tippte mit der Fußspitze auf dem Boden. Sie wollte sich eigentlich mit Kimu vor dem Dorm getroffen haben um gemeinsam zu Asako zu fahren, aber die Yukigumi-Darstellerin lies lange auf sich warten. Waren eigentlich alle aus Yukigumi so? Seit Chigi dort eingetreten war musste sie auch ständig auf diese warten. Irgendwann entschied sich Shio doch die Yukigumi-Darstellerin ab zu holen und ging die Treppen hinauf zu gehen

Zuerst hatte sie geglaubt klingeln oder zumindest klopfen zu müsse, allerdings stand Kimu's Tür einen Spalt auf. Shio wusste zwar, dass Mattsu hier und da mal zum Mittagessen bei ihrer Partnerin reinschneite, aber selbst wenn sie es eilig gehabt hätte, hätte sie zumindest die Tür zu gemacht. Leisen Schrittes trat die Blonde ein, entledigte sich sofort der lauten Schuhe und schloss leise die Tür hinter sich. Sie klickte leicht und Shio wünschte sich, dass es so einfach wäre wie bei Asako, bei der man einfach die Tür an sich heranziehen musste und man konnte lautlos in die Wohnung der anderen eintreten. Sie hatte das schon oft genutzt um Asako einen gehörigen Schrecken ein zu jagen, denn selbst mit den Absatzschuhen war sie auf dem Teppichboden desTsukigumi-Stars nicht zu hören. Eigentlich sah sie aus wie immer, aber Kimu war nicht auf zu finden. Vielleicht im Schlafzimmer? Die jüngere verbrachte immerhin eine ganze Weile damit sich zurecht zu machen. Kaum in der Tür sah sie etwas, was sie nicht erwartet hatte. Kimu war gegen die Schranktür gedrückt, Mattsu hing an den Lippen der anderen, wörtlich, und Asako's kleines Haustier trug nicht mehr als die Unterwäsche und ein geöffnetes Hemd. Die Blonde runzelte die Stirn.

„Asako wird das aber nicht gefallen.“

Erschrocken sprang Mattsu von Kimu weg und die kleinere sah geschockt zu ihr.

„S-Shio... Wie kommst du hier rein?“

„Deine Tür stand auf und da du so lange brauchst dachte ich mir ich seh mal nach. Asako wird nicht mögen, was du da tust.“

Die bleich gewordene Yukigumi-Schauspielerin warf einen flüchtigen Blick zu Mattsu.

„Sag ihr nichts...“

„Kimu!“, rief Mattsu leicht sauer und sah zu der anderen. „Du wolltest doch...“

„Nenn mir einen Grund wieso ich ihr nichts sagen sollte. Du verletzt euren Deal.“

„Aber...“

„Bist du jetzt auch noch der Aufpasser Shio?“ Abermal platzte Mattsu rein und schob sich zwischen sie und Kimu. „Du kannst Sena sagen, dass sie sich ein neues Hausmädchen suchen muss.“

„...Also bist du verandwortlich?“

„Wie auch immer du es nennen willst. Ich werde nicht weiter zusehen, wie sie Kimu herumkommandiert.“

„Du weist, dass du das bereuen wirst?“

„Und wenn schon. Wie würdest du reagieren, wenn sie Chigi so rumscheuchen würde?“

Shio machte einen Schritt auf Mattsu zu. Die Blonde war ein wenig größer als die Frau ihr gegenüber, aber das hinderte Mattsu nicht daran sich vor ihr auf zu bauen.

„Wag es nicht Chigi da rein zu ziehen!“

„Es ist doch das selbe! Ich wette mit dir, dass sie sich Chigi krallen wird wen du mal nicht hinsiehst!“

Für einen Moment wusste Shio nicht, was sie sagen sollte. Asako würde es nicht wagen ihr Chigi weg zu nehmen.

„Das wirst du bereuen Mizusu. Denk an mich.“

Damit ging sie aus der Wohnung, lies eine in sich zusammengesunkene Kimu und deren neue Freundin einfach zurück.
 

Asako kam gerade von ihrer Probe zurück, fand aber ihre Wohnung leer vor. Dunkel und leer. Wo waren Shio und Kimu? Die zwei sollten längst da sein. Was sollte das? Noch halb in den Schuhen zog sie ihr das Handy aus der Tasche und wählte Shio's Nummer. Sie musste zwei Mal wählen, aber dann ging Shio doch dran.

„Shio? Wo seid ihr.“

„Kimu kommt nicht.“

Asako hob eine Augenbraue, blieb in der Wohnung stehen und starrte zum Fenster.

„Bitte?“

„Mattsu hat sie beschlagnahmt.“

„...Bitte? Sprechen wir hier von Mizusu Aki?“

„Ja. Sie ist der Meinung, dass sie nicht mehr das Haustierchen sein soll. Und jetzt spielt sie den Aufpasser für Kimu.“

„Sie legt sich also mit mir an?“

„So hab ichs verstanden.“

So dann war das also eine Kriegserklärung gewesen.

„Verstehe...“

„Was machen wir jetzt?“

„Ich mach das selbst. Überlass das einfach mir.“

„Ich bin in einer halben Stunde da.“

„Nein. Du musst was anderes für mich tun. Ich will, dass du Natsuki zukommen lässt, dass ich morgen im Verlauf ihres Trainings mal vorbei komme.“

„Was? Was hast du vor?“

„Wirst du schon sehen. Man legt sich nicht mit mir an. Das werden die beiden lernen müssen.“

Sie legte auf und würgte Shio damit ab. Was bildeten die beiden sich eigentlich ein? Keiner legte sich mit ihr an. Und wenn sie Natsuki schöne Augen machen musste um ihre Rache zu bekommen, dann sei es so.
 

Chika verbrachte ihren Abend damit ihr neues Script durch zu gehen, welches sie erst vor kurzem bekommen hatte, las damit zwei parallel. Ihre Saison beugte sich dem Ende zu und damit war der Stress besonders hoch. Sie hatte versucht ihren Liebling zu erreichen um etwas Dampf ab zu lassen, aber das stellte sich als schwierig heraus, da sie noch nicht einmal im Besitz von Sena's Handynummer war, geschweigedenn wusste, wo der Top Star wohnte. Sie musste also warten, bis Sena selbst mit ihr Kontakt aufnahm. Sie hatte Shio über Chigi ihre Nummer zukommen lassen, denn sie wusste, dass Shio praktisch die Sekretärin des Tsukigumi-Top-Stars war und ihr alles berichtete. Vielleicht half es ja. Seufzend schlug die Yukigumi-Darstellerin ihr Script zu, legte es auf den kleinen Stuhl und erhob sich selbst langsam aus der Badewanne. Sie hatte es nach langer Zeit mal wieder geschafft sich ein Schaumbad ein zu lassen und sich zu entspannen. Wie gern hätte sie ihren Liebling mit in der Wanne gehabt...

Aus dem Wohnzimmer ertönte eine Melodie, ihr Handy um genau zu sein. Chika brummte leicht, ging noch immer tropfend nass und nackt ins Wohnzimmer. In der Wohnung störte es sowieso keinen. Sie fischte das Handy vom Tisch und sah darauf, hob ab als sie sah, dass die Nummer unbekannt war. Vielleicht war das ja ihr Liebling.

„Ja?“

„Guten Abend Natsuki.“

„...Guten Abend Shio. Was willst du?“

„Du hast wahrscheinlich Asako erwartet.“

„Ja hab ich. Wenns nicht wichtig ist, dann leg besser wieder auf.“

„Immer mit der Ruhe. Dazu komme ich. Asako lässt ausrichten, dass sie dich morgen mal 'besuchen' kommen wird.“

„Was? Wann?“

„Während dem Training.“

Chika schnaubte etwas. Sie hatte eigentlich auf den Abend gehofft.

„Geht es nicht später?“

„Es scheint wichtig zu sein. Ausserdem hat sie ja selbst zu tun. Sie hatte gehofft, dass du sie dennoch empfängst.“

Der Yukigumi-Star ging durch die Wohnung und lies sich auf ihrem Sessel nieder. Sie war noch immer klitschnass, aber dem Ledersessel tat das nicht weh.

„Na gut. Sie soll mir eine Nachricht schreiben wenn sie da ist.“

„Ich richte es aus. Guten Abend.“

Aufgelegt. Shio verhielt sich tatsächlich wie eine Sekretärin. Oder ein Laufbursche. Mal sehen wie sich das ganze entwickelte.
 

Ein wenig mit den Nerven am Ende saß Kimu auf dem Bett, hatte sich inzwischen eine Hose angezogen und das Hemd zugeknöpft. Mattsu saß bei ihr, aber die beiden hatten die ganze Zeit kein Wort miteinander gesprochen. Mattsu tat es leid, dass Kimu wegen ihr wohl in Schwierigkeiten kommen würde, aber sie hatte sich das ganze einfach nicht mehr mit ansehen können. Sie würde wohl auch nochmals ein Wörtchen mit Chigi reden müssen, denn so offensichtlich eifersüchtig wie Shio war konnte es nicht gut für ihre Freundin sein. Zögerlich hob Mattsu die Hand, legte diese ihrer Partnerin auf die Schulter.

„Kimu... Hör mal ich... es tut mir leid.“

„Ist nicht deine Schuld. Ich... ich bin ganz froh, dass du mal etwas gesagt hast. Ich hätte das alleine nicht geschafft.“

Schüchtern lächelte Kimu, lehnte sich nach hinten an Mattsu, welche die Arme um den schlanken Körper legte und sie etwas an sich drückte. Der warme Körper der Otokoyaku entspannte sie dann doch und sie seufzte leicht.

„Ich hatte Angst du bist sauer.“

„Nein. Aber warum hast du das gemacht?“

Mattsu schwieg ein paar Sekunden, legte das Kinn auf den Kopf der anderen.

„Ich mag dich. Wieso sollte ich nicht?“

„Trotzdem danke.“

„Danke wofür?“

„Ich glaube nicht, dass ich alleine von Asako loskomme.“

„Sie hat etwas von einer Droge, findest du nicht?“

Kimu lachte leicht und die andere drehte sich etwas in ihrem Arm, kuschelte sich an sie.

„Guter Vergleich, aber ja. Asako ist eine Droge. Sie ist vielleicht sogar noch schlimmer weil sie dich aufsucht.“

„War sie schon immer so?“

„Keine Ahnung. Ich kenne sie erst zwei Jahre. Ich glaube aber nicht, dass sie vorher so war. So schlimm ist es erst seid Yukigumi das Elisabeth-Stück gespielt hat.“

„Warum?“

„Du warst da noch nicht dabei, aber vor zwei Jahren wollte Asako dieses Stück unbedingt. Der Chef hat es dann aber Natsuki zugesprochen. Ich war dabei als sie es Asako geradezu ins Gesicht geklatscht hat und es hat sie ziemlich getroffen. Ich glaube es hatte irgendwas mit einer alten Liebe zu tun oder so. Seither ist sie besessen davon so viele Leute wie möglich zu beeinflussen. Shio hilft ihr dabei.“

Mattsu hörte sich das alles an, zog dabei Kimu etwas näher an sich. Dass Kimu ihr das erzählte sagte ihr, dass sie ihr wohl vertraute, aber gleichzeitig gab es ihr zu denken. So viel Einfluss wie möglich. Das deckte sich mehr oder minder mit dem, was sie aus Chigi rausgequetscht hatte. Shio schien sich seit sie Sena kannte nämlich auch sehr verändert zu haben. Sie selbst kannte die Blonde nicht so gut, vertrug sich auch nicht sonderlich mit ihr, aber sie konnten sich normal unterhalten.

„Was für eine Beziehung ist das da eigentlich, die Shio und Sena da führen? Ich versteh es nicht so ganz.“

„Ich versteh das auch nicht. Sena geht aber auch ziemlich auf Distanz, wenn es ihr keinen Vorteil bringt.

„Pardon?“

„Sie erzählt nicht einmal Shio alles was sie tut. Ich denke sie hat noch sehr viel mehr Leichen im Keller als sie uns glauben lässt. Ich glaube nicht, dass Shio das gut tut...“

„Vielleicht sollten wir mal mit Shio reden. Ich weis von Masao, dass Chigi es nicht gut findet, dass Shio ständig bei Sena ist. Meistens ist Shio umgänglicher, wenn es um Chigi geht.“

„Ich wollte auch mal nach Kiriyan schauen...“

Mattsu runzelte die Stirn und musste darüber nachdenken, von wem Kimu sprach. Da klingelte dunkel etwas in ihrem Hinterkopf.

„Ist das nicht Oozora Yuuhi's Freundin?“

„Ja. Da scheint aber letztens etwas passiert zu sein. Ich hab es nur nebenbei mitbekommen dass Shio und Asako sich darüber unterhalten haben.“
 

Am nächsten Tag war Chika mehr als neugierig, wann genau Sena sich dazu bequemte von ihrem Ross herab zu steigen und sie zu sehen. Dennoch lies der Tsukigumi-Star sehr auf sich warten und gegen Abend hatte der Yukigumi-Star schon aufgegebe auf ihr Handy zu sehen. Stattdessen hatte sie angefangen ihre Mitschauspielerinnen ein wenig zu beobachten. Besonders waren ihr Kimu, Chigi und Mattsu aufgefallen, die mehr als einmal die Köpfe zusammensteckten. Irgendwas an den dreien war anders als sonst. Vielleicht sollte sie diese im Auge behalten.

Alles in allem verlief das Training ruhiger als es um diese Zeit üblich war, wahrscheinlich, weil alle Rollen einstudiert waren und der Gesang saß, ebenso wie die Choreografien. Gerade hatten sie den letzten Akt gespielt, das Finale durchgesprochen und auch dieses nochmals gespielt als Chika im Augenwinkel jemanden in der Tür stehen sah. Nachdem sie noch ein Wort mit ihren Mitspielerinnen gewechselt hatte sah sie nochmals zu der Person in der Tür, sah dann, dass es sich um Sena handelte. Keine der anderen schien sie bemerkt zu haben, denn kaum hatte Chika die junge Frau erblickt nickte diese nach drausen und verschwand aus dem Türrahmen. Der Yukigumi-Star entschuldigte sich höflich für einen Moment, folgte dann der anderen Otokoyaku, die sie in einen Seitenraum führte, der eigentlich für kleinere Konferenzen bereitgestellt wurde, momentan aber leer stand. Sie schloss die Tür hinter sich nicht gänzlich, lehnte sie aber so weit an, dass keiner mithören konnte. Diese verfluchte Tür klemmte schon seit einigen Wochen und wenn man sie einmal komplett schloss bekam man sie ohne rohe Gewalt nicht wieder auf. Sie beäugte sich die Otokoyaku einmal. Sie trug einen schwarzen Anzug, war wohl beim Friseur gewesen, denn ihre Haare waren kürzer als bei ihrem letzten Treffen, sah aber desshalb nicht gerade schlechter aus, sondern eigentlich nur noch mehr zum anbeisen.

„Du hast mich lange warten lassen“, sagte Chika gespielt verletzt, woraufhin Sena nur eimal kurz auflachte.

„Ich hatte halt zu tun.“ Sena drehte sich um, lächelte dieses unglaublich anziehende Lächeln. „Ich konnte einfach nicht früher. Sonst wäre ich sicherlich schon bei dir zuhause gewesen.“

„Wie auch immer. Ich hab gehört, dass du das Elisabeth-Stück hast?“

Langsam kam Chika auf die andere zu, die sich gegen den Tisch lehnte.

„Ja. Und irgendwie hab ich das Gefühl, dass du deine Finger da im Spiel hast.“

„Nur ein bisschen. Aber du scheinst ja Vorarbeit geleistet zu haben.“

Sena grinste. „Nur ein bisschen.“ Vor dem Top Star blieb Chika schlieslich stehen und Sena strich ihr mit einer Hand über die Schulter. „Ich muss dich aber nochmal um einen Gefallen bitten, Darling.“

Darling? Bekam sie jetzt schon Kosenamen? Na gut, ihr sollte es recht sein.

„Der da wäre?“

„Misuzu Aki. Ich will, dass du sie aus dem Stück wirfst.“

Chika hob eine Augenbraue, setzte kurz zum Sprechen an, lächelte dann aber.

„Und wieso, mein Liebling, sollte ich das tun?“

„Sie hat mir mein Spielzeug weg genommen und das macht mich sehr traurig.“

„Kimu?“

„Genau.“

„Du willst also, dass ich Kimu und Mattsu aus ihren Rolle werfe?“

„Ja. Du hast doch bestimmt Ersatz für die beiden.“

„Schon. Chigi könnte Mizusu's Rolle übernehmen, aber das bedeutet Stress für mich und ganz Yukigumi. Sag mir einen guten Grund wieso ich das tun sollte.“

Sena packte sie am Kragen, zog sie näher an sich sodass sie die Hitze der anderen fühlte und sich neben ihr abstützten, fühlte den Atem der anderen auf ihren Lippen. Verdammt. Schon wieder spürte sie diese Anziehungskraft, die von dem Tsukigumi-Star ausging.

„Wenn du das für mich machst, dann zieh ich dieses schöne Kleid nochmal an auf das du so stehst.“

Chika schielte an Asako herunter, stellte sie sich nochmals in diesem fabelhaftem Kleid vor, dass sie beim Shooting getragen hatte.

„Das weiße oder das Rote?“

„Wasimmer du willst.“

„Hm~“ Chika tat einen Moment so als müsste sie ernsthaft nachdenken. „Ich weis ja nicht. Das Rote war schon wirklich schön.“

„Ich lass es für dich sogar noch kürzen.“

„Leg schöne Unterwäsche dauf und ich seh mal was ich tun kann.“
 

Das war wirklich viel viel zu leicht gewesen. Natsuki glaubte tatsächlich, dass sie irgendwann in dem Kleidchen vor ihrer Tür stehen würde. Nunja für den Moment würde sie sie in dem Glauben lassen, schnurrte sie etwas lasziv an und legte die Hände in ihren Nacken.

„Damit kann ich leben“, hauchte Asako gegen die Lippen der anderen, strich einmal mit ihren eigenen darüber und küsste ihre verhasste Nixe einmal gänzlich. Sie öffnete dabei die Augen einen Spalt, sah noch, wie sich die Tür wieder anlehnte. Ihr war nicht entgangen, dass Kimu an der Tür gestanden hatte, wohl das ganze Gespräch mit angehört hatte, aber sie konnte dem nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Kimu war sich sicher im klaren gewesen, dass sie sich so einen Schlag unter die Gürtellinie nicht bieten lassen würde. Ihre Aufmerksamkeit wurde erst wieder auf Natsuki gerichtet als diese sie auf den Tisch drückte und die Hände dabei unter ihren Hintern schob. Asako löste sich dabei von der anderen und schob sie von sich.

„Na na. Wer wird denn. Willst du dir die Vorfreude denn verderben?“

„Ich glaube damit komm ich klar.“

Sie schob die andere nur weiter von sich als diese kurz in ihr Ohrläppchen biss.

„Chika nein. Ausserdem hab ich grade echt keine Lust. Wenn du mir meinen Wunsch erfüllst, dann denk ich nochmal drüber nach.“

Act 3 Scene 7: Quick and Painful

Ein wenig bleich kam Kimu wieder zurück in den Probenraum. Sie konnte nicht so ganz glauben, was sie da gerade beobachtet hatte. Eigentlich hatte sie sich nur Kurz verziehen wollen um in der Pause etwas zu essen, aber der Appetit war ihr gehörig vergangen. Sie hatte sich schon gedacht, dass Sena sich gehörig dafür rächen würde, dass Mattsu ihre Verbindung zu ihr gekappt hatte, aber dass sie zu so rabiaten Methoden griff hatte ausserhalb ihrer Vorstellungskraft gelegen. Sie hatte noch nie mit angesehen, wie Sena ihren Willen durchsetzte. Ob sie es jedes Mal so getan hatte? Wenn ja, dann war es auf jeden Fall besser gewesen, dass Mattsu sich endlich eingemischt hatte. Jetzt aber fürchtete sie um ihre Position in Yukigumi. Sie wusste nicht, ob Sena es nur auf ihre Freundin abgesehen hatte oder ob sie selbst auch in der Schussbahn stand.

„Kimu? Alles okay?“

Chigi war zu ihr gekommen, legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah besorgt drein.

„Uhm...“ Kimu konnte ihr nicht verraten, was sich da gerade in dem Konferenzraum abgespielt hatte. Wenn das rauskam, dann war nicht nur Tsukigumi, sondern auch ganz Yukigumi in einen riesen Skandal verwickelt. Das konnte sie nicht verantworten. „Nichts nein. Mir ist nur nicht ganz wohl.“

Die Otokoyaku sah zu Tür, durch die gerade Mizu wieder eintrat und sich den Kragen richtete, ehe diese Schnurstracks zu den Tischen ging, an denen die Direktoren saßen. Hatte sie vor das ganz auf der Stelle um zu setzen? Hoffendlich waren die Direktoren vernünftiger. Jetzt noch eine Rollenumbesetzung vor zu nehmen war zu viel Stress, allerdings wusste sie wie überzeugend ihr Top Star werden konnte wenn sie wollte. Eine Argumentation mit ihr war meistens sinnlos. Mizu konnte so stark um den heißen Brei herum reden, dass jedes Gegenargument in der Versenkung verschwand. Diese Frau war ein bisschen wie Treibsand. Steckte man einmal fest, kam man nicht wieder heraus.
 

Unterdessen verlies Asako den Gang mit dem Yukigumi-Probengang, stieg in den Fahrstuhl und fuhr damit nach unten. Es waren so einige Stockwerke, denn der Probenraum Yukigumis lag ganz oben. Während sie im Fahrstuhl stand griff sie in ihre Tasche, zog eine silberne, völlig verkratzte und kaputte Taschenuhr heraus, sah darauf. Es war die Uhr, die Saeko ihr einst geschenkt hatte, die, die sie vom Balkon hatte fallen lassen. Lange war sie dort nicht geblieben, denn schon am nächsten Tag war Asako unter ihrem Balkon auf Knien herumgerutscht auf der Suche nach dem geliebten Schmuckstück. Allerdings war die Uhr unreparierbar gewesen, stand desshalb noch immer auf der selben Uhrzeit. Obendrein hatte das Glas einen irreparablen Sprung, das Uhrenhaus war zerkratzt und inzwischen angelaufen, aber die Gravur war noch sichtbar. Schwach, aber immerhin. Wieso sie sich immer noch nicht von dem dummen Ding trennen konnte war ihr schleierhaft. Sie schleppte es überall hin mit. Seufzend lies sie das angelaufene Silberschmuckstück zurück in die Jackentasche gleiten, wartete, bis die Türen sich öffneten und verlies den Fahrstuhl, bog aber sogleich ab in ein paar andere Büros. Sie war gerufen worden um das Design ihrer zukünftigen Rolle ab zu segnen. Das individuelle Tod-Design bei jedem Auftritt war inzwischen Tradition, ebenso wie die verschiedenen Kleider bei Elisabeth. Asako hatte eine ziemlich konkrete Vorstellung von dem, was sie wollte, besonders eine Sache hatte es ihr angetan. Die Idee war ihr beim Fotoshooting mit Natsuki gekommen, an dem eine der Maskenbildner ihre Hände gelobt hatte. Ihre Finger, die schon so vielen Menschen Leidenschaft verschafft hatten, waren immer ziemlich leer gewesen, so schön sie auch waren. Der Maskenbildner hatte ihr einen Ring gegeben, schlicht, doch prunkvoll und Asako hatte geradezu einen Narren an dieser Idee gefressen. Sie wollte einen ganz speziellen Ring für ihren Tod und wenn sie sich diesen extra schmieden lassen müsste, dann würde sie sich dennoch durchsetzen.
 

„Du wolltest mit mir sprechen? Dann mach es bitte schnell ich hab noch zu tun.“

Saeko seufzte etwas. An die blonde Otokoyaku ran zu kommen hatte sich als schwieriger heraus gestellt, als sie zunächst angenommen hatte, hatte es dann aber doch geschafft ihr über Chigi eine Nachricht zukommen zu lassen. Glücklicherweise kannte sie Masao gut genug, denn immerhin stand sie Chigi ziemlich nahe. Zusammen mit Shio saß der ehemalige Top Star in der typischen Takarazuka-Bar, hatte sich einen Kaffee bestellt und sich mit der Hoshigumi-Darstellerin etwas abseits hingesetzt.

„Ich mach es so schnell wie es muss.“

„Erklär mir erstmal worum es geht.“

„Ich will nur wissen, was Asako momentan treibt. Wir bekommen sie kaum noch zu Gesicht und...“

„'Wir'? Und 'wir' wären?“

„Ihre Freunde.“

„Beinhaltet das auch Kiriyan?“

Saeko hob eine Augenbraue. Warum sprach Shio gerade auf Kiri an?

„Und selbst wenn, das hat nichts mit der Sache zu tun. Da du den meisten Kontakt zu ihr hast musst du irgendwas wissen.“

„Leider bin ich da genauso schlau wie du, Ayaki.“

„Das glaube ich dir nicht.“

Shio seufzte einmal und nippte an dem Kaffee, den sie sich bestellt hatte.

„Es ist aber wahr. Ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es nur um das Elisabeth-Stück geht, aber so wie das momentan läuft geht ihr ganzer Groll noch sehr viel tiefer.“

„Wie meinen?“

Die Blonde grinste sie einmal an.

„Denkst du, du könntest mich einfach herpfeifen und mich aushorchen? Du hast immerhin noch nichts für mich getan. Sag mir also einen guten Grund wieso ich dir also auch nur ein Wort mehr erzählen sollte.“

Verächtlich schnaubte die ehemalige Tod-Darstellerin. Wäre ja auch zu einfach gewesen.

„Ich kenne Asako besser als du.“

„Das sehe ich“, warf Shio nur ein, Saeko sprach aber einfach weiter.

„Du weist wie ich, dass das ganze kein gutes Ende nehmen kann wenn nicht jemand eingreift.“

„Und was lässt dich glauben, dass du es kannst? Immerhin bist du nichtmal mehr in Takarazuka. Als Aussenstehende hast du doch keine Ahnung wie das alles momentan läuft.“

„Ich weis mehr als du mir vielleicht glauben magst.“ Saeko seufzte erneut, verschränkte die Finger auf dem Tisch. „Gut. Wir wissen beide wie sowas läuft. Was willst du?“

Shio tippte sich ans Kinn, schlug die Beine unterm Tisch übereinander und dachte ein paar Momente scharf nach.

„Na gut. Ich mache dir einen Vorschlag. Du erzählst mir wieso du so versessen von Asako bist und ich erzählte dir wo sie momentan ihre Finger im Spiel hat.“

„Das scheint mir doch ziemlich persönlich zu werden.“

„Nenn es wie du willst.“

Die Otokoyaku strich sich einmal über die Augenbraue, lehnte sich zurück und sah die Blonde intensiv an. Sie würde wohl sofort merken, wenn sie Märchen erzählte, aber sie musste ja nicht die volle Wahrheit erzählen.

„Asako und ich stehen uns nahe. Es würde mir das Herz brechen wenn ihr etwas passieren würde.“

Es schien der Blonden zu reichen, denn sie lächelte nur. Sie kannte dieses Lächeln nur zu gut. Es sagte einem, dass nicht mehr Informationen gebraucht wurden.

„Verstehe. Dann wird es dich aber nicht freuen, dass Asako vor nicht allzu langer Zeit Natsuki flachgelegt hat und sie wie einen Puppenspieler an den Fäden hällt.“

„...Natsuki? Reden wir hier von Mizu Natsuki?“

„Erraten.“

Saeko wurde still, biss sich auf die Zunge und starrte auf den Tisch. War das der Grund, wesshalb Chika nicht mehr tagtäglich versuchte sie zu erreichen? Gut war das nicht, ganz und gar nicht. Mizu lies sich nicht an den Fäden halten, nicht ohne Gegenleistung. Ihr schwarnte übles.
 

Amüsiert sah Shio zu, wie sich die Miene der ehemaligen Otokoyaku verhärtete und sie auf ihre Hände starrte. Dann war ihre Vermutung doch richtig gewesen. Sie hatte es irgendwie schon geahnt als sie Asako mal auf die Feder angesprochen hatte, die an einem Bild in deren Schlafzimmer hing, aber sie hätte nie gedacht, dass die Beziehung der beiden so tief ging. Allerdings beunruhigte sie das, was Ayaki gesagt hatte dann doch. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Asako in ihrem momentanen Zustand noch kontrollierbar war und nur der Teufel wusste, was das für ihre Pläne bedeuten würde. Am meisten fürchtete sie sich davor, dass die Tsukigumi-Darstellerin Chigi mit in die Sache reinziehen würde, jetzt da sie Kimu nicht mehr als Laufburschen hatte. Und da der Top Star sich mehr oder minder mit Natsuki verbündet war, sie wohl eher ausnutzte, kräftigte ihre Meinung nur noch weiter.

„Shio...“, begann Ayaki mit einem Mal wieder und die Blonde sah von ihrem Kaffee auf. „Du solltest aussteigen bevor du es nicht mehr kannst.“

„Bitte? Was soll das heißen?“

„Ich kannte mal jemanden, der etwas ähnliches durchgemacht hatte. Sie war dir sehr ähnlich. Sie ist daran kaputt gegangen. Du solltest Chigi nehmen und mit der ganzen Sache einfach aufhören.“

„Und wieso zur Hölle sollte ich das tun?“

„...Gefällt es dir? Die ganze Macht zu haben meine ich.“

„Was soll die Frage?“

Ayaki schien ihr nicht zu zu hören.

„Egal wie gut es sich anfühlt wenn alles so funktioniert wie man will, du rast auf einen Abgrund zu. Asako wird dich, wenn sie weiter so handelt, über die Klippe schubsen. Wenn sie es nicht tut, dann spätestens Natsuki.“

„Soll das eine Drohung sein?“

„Nein. Ein Ratschlag. Du weist nicht, worauf du dich eingelassen hast.“

„Das weis ich sehr wohl.“

„Und wenn du Chigi doch verlierst? Was machst du dann?“

„Chigi würde nie...“

„Es geht nicht darum, was sie, sondern was Asako tut. Jetzt, wo sie das Elisabeth-Stück in den Fingern hat, hat sie keinen Grund mehr sich zurück zu halten. Auch nicht mehr vor dir.“ Ayaki stand auf, verbeugte sich einmal ansatzweise. „Es liegt an dir, was du tust, aber denk bitte daran. Eine Bestie lässt sich nicht so einfach zämen. Nimm die, die du liebst, und leb dein eigenes Leben.“
 

„Kiriyan was zum Teufel ist nur los mit dir?“

Abermals versuchte Yuuhi etwas aus ihrer Freundin heraus zu quetschen. Die Tsukigumi-Vice hatte seit einer halben Ewigkeit kein Wort mehr gesprochen, stammelte höchstens etwas vor sich hin und redete nur flüssig wenn sie ihren Text runterratterte. Yuuhi hatte es geschafft Kiriyan für eine Rolle in Soragumi zu gewinnen. Nur ein kurzes Stück, eine kleine Rolle, aber es würde reichen um zu verhindern, dass Kiriyan in Tsukigumi's Produktion von Elisabeth mitspielen musste. Sie wusste nicht wieso, aber immer wenn ihr Gespräch in Richtung Asako ging wurde Kiriyan furchtbar still, bedrückt und wich aus. Sie hatte sich ihre Freundin beiseite genommen in der Trainingspause, hatte sie in einen Raum gezerrt und die Tür hinter sich abgesperrt damit die andere Schauspielerin nicht wieder vor ihr abhaute.

„Es ist alles okay, Yuuhi. Du musst mich nicht anschreien desshalb.“

„Ich schreie nicht, ich...“ Die Soragumi-Vice rieb sich einmal die Schläfen und atmete durch. „Ich mach mir doch nur Sorgen um dich. Du meldest dich schon seit Tagen bei keinem.“

„Ich brauche halt Zeit für mich.“

„Das glaube ich dir nicht.“ Yuuhi trat an ihre Freundin heran, legte ihr die Hand an den Oberarm und strich diesen hinunter. „Du bist so seid du bei Asako warst...“

„Asako, Asako, Asako! Können wir mal über was anderes sprechen?!“

Yuuhi zuckte zurück, blinzelte etwas verwirrt. Warum war sie auf einmal so aggressiv? Das war doch sost nicht ihre Art. Generell benahm sich Kiriyan, als ob ihr etwas auf der Seele läge.

„Kiriyan... Sprich doch endlich mal mit mir.“

„Ich... Ich will einfach nicht“, stammelte Kiri, wich Yuuhi's Blick weiterhin aus. „Versteh mich doch einfach.“

„Das kann ich nicht wenn du mir nicht sagst was ich verstehen soll. Du bist ohne Grund aggressiv, du weichst mir aus und...“

Mit einem Mal platzte ihr Kiriyan ins Wort, wobei ihre Stimme nur noch mehr zitterte, ebenso wie deren Hände.

„Ich hab mit Asako geschlafen.“

Für einen Moment glaubte sie, sie hätte sich verhört. War das ein schlechter Scherz? Vielleicht ein Ablenkungsversuch, aber dazu war Kiriyan's Gesichtsausdruck viel zu betrübt. Yuuhi merkte, wie ihr die Gesichtszüge entglitten und sie Kiriyan ein paar Sekunden nur anstarrte. Diese setzte sich aufgelöst auf den nächstbesten Stuhl, vergrub die Hände in ihren Haaren und beugte sich dabei vornüber und die Soragumi-Darstellerin stand da wie ein Schluck Wasser.

„W-Was soll das heißen?“, fragte Yuuhi dann doch verwirrt. Sie wusste genau, was sie gehört hatte, aber irgendwie schaffte ihr Verstand es nicht das ganze so richtig zu deuten. Kiriyan schlug sich einmal auf die Unterschenkel, sah auf und Yuuhi sah, wie ihr die Tränen in den Augen standen.

„Wie 'was soll das heißen'? Du hast mich schon richtig verstanden. Ich bin mit Asako in der Kiste gelandet!“ Ihre Stimme brach hier und da.

„Aber...“

„Wie? Ich weis es auch nicht.“ Kiriyan fuhr sich durch die Haare, schluckte einmal hart. „Ich wollte sie aufhalten. Ich wollte ihr sagen, dass das, was sie tut nicht richtig ist und einen Moment später...“ Sie kam nicht weiter, brach in ein tiefes Schluchzen aus und vergrub das Gesicht zwischen den Fingern. „Verdammt ich wollte nie... Ich hatte nie vor...“

„Wieso hast du es zugelassen?“ Die Soragumi-Vice wusste nicht, wie sie es schaffte ihre Stimme so ruhig zu halten, obwohl alles in ihr brodelte. Kiriyan hatte ihr immerhin versprochen... Und dann mischte sich Asako einfach ein? Wie konnte der Tsukigumi-Top-Star das nur tun? Sie wusste doch genau wie viel Kiriyan ihr bedeutete, hatte ihr immer Vorträge gehalten, dass sie doch endlich den Mut aufweisen sollte Kiriyan ihre Gefühle zu gestehen.

„Ich weis es nicht.“ Abermals schluchzte Kiriyan lautstark. Yuuhi wollte zu ihr, wollte sie trösten, aber ihr Körper war wie gelähmt. „Ich weis nicht was es ist, aber ehe ich mich versehen hab war sie überall.“
 

Sie konnte ihr das alles nicht sagen, alles, was ihr gerade im Kopf schwebte. Kiriyan machte sich furchtbare Vorwürfe immer noch diese Gedanken zu haben, aber Yuuhi würde das nicht verstehen. Sich von Asako in der Richtung berühren zu lassen war, wie von einer verbotenen Frucht zu naschen. Sie konnte ihrer Freundin nicht von den süßen Lippen erzählen, von den heißen Fingern und der duftenden Haut ihres Top Stars, von den Berührungen, die sie hatten Sterne sehen lassen und sie willenlos gemacht hatte. Sie liebte Yuuhi, mehr als alles andere, aber das mit Asako war etwas, was sich wohl für immer in ihr Gedächnis gebrannt hatte. Der Morgen danach war aber so viel schlimmer gewesen.

„Asako würde aber nicht...“

Kiriyan starrte zu Boden und krallte sich in ihre Hose.

„Das ist nicht mehr Asako. Zumindest nicht so, wie wir sie kennen.“

Sie sah auf und sah zu Yuuhi, die mit glanzlosen Augen zu ihr sah.

„Was meinst du?“

„Erinnerst du dich an das, was Gaichi uns erzählt hat? Von Saeko's Traum? Ich weis jetzt genau, was sie damit gemeint hat. Dieses Lächeln...“

Kiriyan fühlte wie sie bei dem Gedanken daran wieder bleich wurde und ihr Körper erzitterte, wie sie bei diesem Bild vor ihrem inneren Auge wieder zusammensackte. „Sie ist so grausam, Yuuhi. Da ist irgendwas in ihr und ich habe Angst davor...“

„...Etwas?“ Sie nickte.

„Ich weis auch nicht, was es ist, aber es frisst sie auf und macht sie zu einem Monster. Sie hat mir gedroht, dass sie dich mir wegnehmen wird wenn ich was verraten aber... aber...“

Erneut brach Kiriyan in Tränen aus, spürte ein paar Sekunden später aber schon die warmen Hände ihrer Freundin an den überhitzten Wangen, die ihr Gesicht anhoben und zwangen ihr in die wunderschön dunklen Augen zu sehen. Sie waren so anders als die von Asako, ehrlich und treu.

„Kiriyan. Du weist, dass ich dich nicht verlassen würde...“

„Ich hab dich betrogen.“

„Und ich sehe, wie Asako durchdreht. Und ich weis, dass du auf ihren Typ stehst.“

„Yuuhi...“

„Aber ich weis auch, dass du mich liebst, sonst hättest du mir das nicht gesagt.“ Yuuhi's Blick änderte sich auf einmal etwas, was Kiriyan nur als Wut interpretieren konnte. Sie küsste ihre Freundin kurz auf die Lippen. „Ich knöpf mir sie mal vor. Sie wird dich nicht nochmal anfassen.“

Kiriyan konnte gar nicht schnell genug reagieren, da war Yuuhi schon aus dem Raum verschwunden und Kiriyan saß verloren auf dem Stuhl. Sie wollte nicht, dass ihre Freundschaft derartig auseinanderbrach, aber aufhalten konnte sie das unvermeidliche nicht mehr.
 

Gerade kam Asako aus dem Büro, zufrieden mit sich und mit der Art, wie das Gespräch verlaufen war. Sie hatte alles, was sie wollte genau so umgesetzt bekommen, zusätzlich hatte sie es noch geschafft, dass sie den Ring sogar behalten durfte. Sie liebte diese kleinen Momentos, die sie aus den verschiedenen Stücken sammelte. Schmuck, Kleidung, Accesoirs... Als Top Star durfte man sich meistens etwas aussuchen. Es war göttlich wie alle nach ihrer Pfeife tanzten und sie umschwärmten, auch, wenn es ihr aus irgendeinem Grund doch keine Genugtuung verschaffte. Irgendetwas fehlte. Vielleicht würde sich das geben. Ihr Telefon klingelte auf einmal und der Top Star kramte etwas verwirrt in ihrer Tasche. Wer rief um diese Uhrzeit denn noch an? Ein Blick auf das Display und sie sah Yuuhi's Nummer.

„Was gibt’s denn Yuuhi?“, fragte sie als sie dranging und blieb vor dem Eingangsbereich stehen.

„Wo bist du?“

Sie runzelte die Stirn. Die Soragumi-Darstellerin hörte sich wütend an.

„Noch vor dem Trainingsgebäude...“

„Schwimmhalle. Jetzt.“

„Wieso? Was ist los?“

„Da ist jetzt grade keiner. Ich hab mit dir ein Hühnchen zu rupfen.“

„Gehts um Kiriyan?“

Dann hatte sie ihr Vice also doch verpetzt. Na schön. Damit konnte sie leben, immerhin konnte das durchaus interessant werden.

„Gut. Wann?“

„Sofort!!“

Dann legte Yuuhi einfach auf und Asako sah auf ihr Handy, grinste. So noch eine, die ihr in den Rücken gefallen war. Sollte ihr recht sein, aber hetzen würde sie sich nicht. Stattdessen schlenderte der Tsukigumi-Star durch das Gebäude, tippte eine Nummer in ihr Telefon. Sie musste ja zumindest bescheid sagen, dass sie es wohl nicht zum Abendessen schaffte. Sie hatte Masao und Mirio eingeladen, ebenso wie Shio, die ja eigentlich schon zum Inventar gehörte.

„Guten Abend, Asako“, kam es fröhlich vom anderen Ende.

„Guten Abend Mirio. Hör mal ich bin heute Abend etwas später dran. Könntest du Masao und Shio bescheid sagen?“

„Klar. Hast du noch zu tun?“

„Ja. Das ganze hier zieht sich wohl noch ein wenig in die Länge.“

„Na gut. Aber mach nicht ganz so spät, ja?“

„Ich beeil mich. Du musst nicht lange ohne mich sein, Mydarling.“ Sie konnte geradezu hören wie Rio am anderen Ende errötete. „Bis später dann.“

„Bis später.“

Kaum aufgelegt fand sich die Tsukigumi-Darstellerin auch schon vor der Schwimmhalle wieder. Es war ganz in der Nähe des Takarazuka-Dorms und eigentlich kaum in Benutzung, schon gar nicht um diese Uhrzeit. Die meisten der jungen Schauspielerinnen zogen es vor ihre Freizeit irgendwo im Freien zu verbringen, da sie ja den ganzen Tag von vier Wänden eingesperrt waren und das Schwimmbad an sich war nicht gerade das größte. Es bestand aus einer 10 Meter Bahn, kaum vier Meter breit und einem Vorraum zum Umziehen. Die Halle war an eine Turnhalle angeknüpft, was die winzigen Ausmaße erklärte. Zwar wurde die Turnhalle schon eher genutzt, denn sie war geradezu gigantisch, aber um diese Uhrzeit war sie eigentlich geschlossen. Im Vorraum entledigte sich Asako ihrer Schuhe und der Jacke, ebenso ihrer Socken. Immerhin wollte sie nicht in kompletter Montur dort antanzen. Die kühlen Kacheln an den Füßen fühlten sich auch recht angenehm an. Entspannt ging sie in die Halle, sah sich dort erst einmal um. Sie war bissher nur einmal dort gewesen und das auch nur weil Osa sie mitgeschleppt hatte. Sie konnte schwimmen, aber sie tat es nicht gerne. An der Längsseite der Bahn sah sie Yuuhi schon stehen. Der Soragumi-Vice trug noch ihre Schuhe, hatte die Jacke über ihre Schulter geworfen und sah zu dem zweiten Eingang zur Schwimmhalle. Was glaubte sie woher sie denn kam? So schlecht war ihr Orientierungssinn nun auch wieder nicht.

„Guten Abend, Yuuhi“, rief sie als sie an ihre Freundin heran trat, lächelte und sah die andere an während diese herumwirbelte. Sie sah mehr als wütend aus, aber davon lies sie sich ihr Lächeln nicht abschweifen. „Warum denn das wütende Gesicht? Das passt gar nicht zu dir.“

„Ich glaube das weist du ganz genau!“

„Bist du etwa böse weil ich dir zuvor gekommen bin bei Kiriyan? Sei doch nicht so besitzergreifend.“

„Besitzergreifend?? Kiriyan ist meine Freundin! Was würdest du denn tun, wenn ich mit Saeko ins Bett gegangen wäre?“

„Yuuhi.“ Asako lächelte und trat ans Wasser heran, hielt einmal den Fuß ins kühle Nass. „Saeko ist über ein Jahr mit Natsuki ins Bett gesprungen und ich hab das ausgehalten. Glaubst du mich würde es stören, wenn du da noch mit ihr ins Bett gehst?“

Sie sah im Augenwinkel, wie Yuuhi die Kinnlade runterklappte, aber sie schien sich genauso schnell wieder zu fangen.

„Nur weil es DIR nichts ausmacht heißt es nicht, dass es mir auch egal ist! Kiri ist meine Freundin und DU allen vorran hast deine Finger von ihr zu lassen!“

„Ich allen vorran?“ Asako sah zu Yuuhi. „Was soll das denn heißen? Ich kann nichts dafür, dass sie von mir träumt anstatt von dir.“

„Das hat damit nichts zu tun!“

„So hat es nicht? Soweit ich das weist hat sie dich doch immer verschmäht wenn du sie ins Bett zerren wolltest.“

„Weil sie Zeit gebraucht hat!“

„Also ich weis nicht wie es dir geht, aber ich halte 30 Sekunden nicht für eine sonderlich lange Zeit. Sie war mehr als willig.“
 

Inzwischen sichtlich in Rage trat Yuuhi einen Schritt auf Asako zu, krallte sich in ihre Handflächen und knirschte leicht mit den Zähnen.

„Du redest von Kiriyan wie von einem Fieh! Sonst geht’s dir aber noch gut ja??“

„Als ob es hier um was anderes ginge. Dass sie sich von mir hat flachlegen lassen, mehrmals wenn ich das so nebenbei mal einwerfen darf, zeigt doch nur, dass ihre Gefühle für dich nicht so stark sind wie du glaubst.“

Nicht so stark... Für einen Augenblick zweifelte Yuuhi tatsächlich. Kiriyan hätte sich doch nie Asako hingegeben wenn...

Nein so durfte sie nicht denken. Kiriyan hätte es ihr nie verraten, hätte wohl eher mit ihr schluss gemacht wenn es ihr nicht ernst gewesen wäre. Sie hatte ihre Freundin immerhin weinen sehen. Asako wollte sie gegeneinander aufbringen, aber wieso.

„Was zur Hölle hast du vor, Asako? So kenn ich dich gar nicht. Du hättest nie...“

„Nie versucht euch auseinander zu bringen? Mach dich nicht lächerlich.“

Der Tsukigumi-Star lächelte und trat vor sie, sah zu ihr auf. Da Yuuhi noch immer die Stiefel trug war sie markant größer als ihre alte Vorgesetzte.

„Du bist die einzige, die sich hier lächerlich macht. Du erreichst damit gar nichts.“

„Denke ich kaum. Ich habe alles was ich haben wollte.“

„...Saeko kommt so nicht zu dir zurück.“ Asako schwieg, ihr Lächeln verflog und Yuuhi sah sie ernst an. „Darum geht es dir doch eigentlich oder? Um Saeko. Mehr nicht. Desshalb das ganze Theater. Du wolltest den Tod spielen damit du ihr näher sein kannst. Was ist denn daraus geworden? Wo ist die Frau hin, die mir unter Tränen eine Affaire gebeichtet hat? Verflixt Asako du zerstörst dich hier selbst, frisst das alles in dich herein!“

„Hör auf...“

„Ich sag dir mal was.“ Yuuhi war laut geworden, sah Asako an, die inzwischen auf den Kachelboden starrte. „Wir waren letztens bei Gaichi. Zusammen mit Saeko. Sie hat Alpträume von dir, Asako! Sie hat Angst vor dir, Kiriyan hat Angst vor dir, Gaichi und ich auch. Ich hab Angst vor dem, in das du dich entwickelst! Ich...“

„Ich sagte hör auf!“ Ehe sie reagieren konnte hatte Asako sie am Kragen gepackt, wobei sie aus Reflex an den Ärmel der anderen packte. „Du weist gar nichts! Hör auf so zu tun als ob du Allwissend wärst! Es ist mir scheißegal, was ihr von mir denkt! Ich brauche weder dich, noch Kiriyan, noch Gaichi!“ Sie wusste nicht, dass der Tsukigumi-Star eine derartige Kraft besaß, aber bevor sie es sich versah verlor sie den Boden unter den Füßen, fand sich kurz darauf schon im chlorhaltigem Wasser wieder, noch immer mit Asako's Arm zwischen den Fingern. Fast hätte sie sich an dem Wasser verschluckt, doch nachdem sie es schaffte die Augen unter Wasser etwas zu öffnen und sich orientierte, zerrte sie die Tsukigumi-Darstellerin mit sich an die Oberfläche. Sie wusste nicht, wie überrumpelt Asako von ihrer Reflexhandlung gewesen war, aber es war besser als die andere ertrinken zu lassen, denn sie hatte keine Ahnung ob Asako schwimmen konnte. Jetzt doch besorgt sah sie ihre Freundin an.

„Asako...“

„Lass mich verdammt nochmal los!“

Die andere riss ihre Arme von Yuuhi los, schwamm ein wenig zurück und schlieslich an den Rand. Gut dann konnte sie also schwimmen. Yuuhi, inzwischen etwas von Asako entfernt, schwamm an den Rand und zog sich heraus. Es stellte sich als schwerer heraus, als es normalerweise war, denn die inzwischen klatschnassen Klamotten waren unglaublich schwer, klebten obendrein am Körper. Am schlimmsten fand sie jedoch die tropfenden Haare, die an ihrer Stirn, den Wangen, dem Nacken und den Hals klebten. Wenigstens war nur ihr Hemd weiß und wegen der Abbinde sah man nichts. Asako hatte sich nur auf den Rand gesetzt, hing mit den Beinen noch im Wasser und starrte auf die nun in Unruhe geratene Oberfläche. Im Nachhinein tat es ihr Leid, dass sie die Gefühle der anderen so ignorierte hatte, aber wer hätte schon ahnen können, dass sie in dieser Weise reagierte? Sie hatte sie nur zurück auf die richtige Bahn lenken wollen.

„Jetzt hör mal...“

„Verschwinde Yuuhi. Wir sind fertig.“

„Hör doch mal zu.“

„Nein! Jetzt hörst du mal zu!“ Asako stand auf, strich sich die triefnassen Haare beiseite. Yuuhi dabei nicht verleugnen, dass sie verstand, wieso so viele auf sie abfuhren. „Ich bin fertig. Mit dir, mit Kiriyan, mit euch allen! Aber eins sag ich dir: Kiriyan wird in meinem Stück mitspielen! Ob es dir passt oder nicht! Wag es nicht dich in meine Angelegenheiten ein zu mischen! ICH sitze jetzt am Drücker! ICH bestimme was passiert!“

Yuuhi trat auf Asako zu, packte sie an den Schultern.

„Asako lass das! Hör dich doch mal selbst reden! Ich will dir doch nur helfen!“

Erneut schlug die Tsukigumi-Darstellerin ihre Hände weg.

„Lass mich einfach in Ruhe...“

Die Soragumi-Vice konnte nur dabei zusehen, wie Asako, mit leicht gesenktem Kopf, richtung Ausgang ging, dabei eine Wasserspur hinterlies.
 

Eine andere junge Schauspielerin betrat die Vorhalle zum Schwimmbad, sah etwas verwirrt drien, als sie ein paar Schuhe und eine Jacke dort hängen sah. War da jemand etwa in Klamotten schwimmen? Sie schmunzelte. Das wäre sowieso mal die Idee, aber alleine machte das keinen Spaß. Sie wollte sich ja nur etwas entspannen, desshalb hoffte sie, dass da drin nicht mehr Action los war oder dass die Sachen zumindest einfach nur vergessen worden waren. Schnell hatte die junge Frau sich bis auf ihren Bikini entkleidet, als mit einem Mal die Tür aufflog und eine triefend nasse, aber offensichtlich sehr wütende Frau eintrat. Das schwarze Hemd klebte an dem offensichtlich wohlgeformten Körper, genauso wie die Hose. Aber war das nicht... Kein zweifel. Sena Jun. Shio verbrachte eine Menge Zeit mit dem Tsukigumi-Top-Star, aber was machte sie hier?

„Uhm...guten Abend?“

„Geh mir aus dem Weg“, schnauzte der Top Star und sties sie auf die Seite, hatte sich ihre Jacke und die Schuhe geschnappt, wobei sie in letzteres notdürftig hineingestiegen war, und ging wutentbrannt aus der Halle.

„Charmant...“, sagte die jüngere und lächelte schief. Na gut, wenn sie nicht wollte, dann halt nicht. Von Sena hatte sie bissher nur Erzählungen gehört, aber wow. Sie war wirklich schön. Kein Wunder, dass Shio so auf sie stand. Wieso sie wohl so sauer war? Neugirig ging die Otokoyaku in die Schwimmhalle, im Bikini versteht sich, und sah sich dort um, hob erstaunt die Augenbrauen, als sie eine ihr unbekannte Frau am Rand des Pools stand, das Hemd ausgezogen, welches sie über dem Pool auswrang und nur in Hose und Abbinde am Rand stand.

„Guten Abend?“, fragte sie und die abgebundene Frau sprang geradezu einmal auf und wirbelte zu ihr herum. Sie kicherte. „Tut mir leid. Hab ich dich erschreckt?“

„Nur etwas.“

Erneut kicherte die größere.

„Tut mir echt leid. Ich dachte ich bin heute alleine hier.“ Sie sah über die Schulter zu der Tür. „Gehörte die zu dir?“

„Uhm... mehr oder minder.“

„Das war Sena Jun oder?“

„Ja.“

Sonderlich gesprächig war sie ja nicht. Sie ging auf die andere zu, lächelte etwas.

„Wie auch immer. Kaname Ouki oder einfach Teru. Hoshigumi.“

„Oozora Yuuhi. Soragumi.“

Oozora? Da klingelte was.

„Ah du wirst der neue Top-Star oder?“

„Ja. Wie auch immer. Ich denke mal ich gehe. Ich bin immerhin klitschnass.“

Teru grinste schief.

„Ärger im Paradies?“

„Mit Asako? Nein.“ Eine klare Lüge. „Ich bin einfach nur schlecht drauf.“

„Beim Schwimmen kann man sich gut abregen. Die Hose wär zwar etwas ungünstig, aber die kannst du einfach ausziehen.“

„Ich denke nicht...“

„Ach komm schon. Ich beise nicht. Ausserdem bin ich froh, wenn ich mal nicht alleine meine Bahnen ziehen muss.“

Noch immer sah Yuuhi sie nicht wirklich an, starrte auf ihr noch immer nasses Hemd und schien einen Augenblick nachdenken zu müssen. Schließlich seufzte sie doch.

„Na gut. Ein paar Bahnen können ja nicht schaden.“

Act 3 Scene 8: All that is left

Shio saß zusammen mit Mirio und Masao in Asako's Wohnung. Noch immer warteten sie auf den Tsukigumi-Top-Star, aber die junge Frau kam und kam nicht bei. Ob was passiert war? Mirio hatte ihr gesagt, dass Asako sich verspäten würde, aber um so viel? Sonst beeilte sie sich auch immer. Die drei Frauen saßen am Esstisch, das Abendessen darauf und sie unterhielten sich etwas.

„Und? Habt ihr eure Rollen schon?", fragte Shio und lehnte sich auf den Unterarmen auf, lächelte etwas. „Ich hörte, dass es noch aussteht wer Lucheni spielt."

Masao kicherte etwas.

„Ja die Direktoren können sich irgendwie nicht entscheiden. Ich glaube ja, dass Mirio ein viel besserer Lucheni wäre.“

„Wie das?“

„Na sie kann den Durchgeknallten bestimmt viel besser spielen.“

„Masao!“, rief Mirio gespielt entsetzt und schubste ihre Freundin an der Schulter an. „Sei nicht immer so gemein zu mir!“

„Bin ich doch gar nicht. Ich...“

Ein Türknallen lies die drei lachenden Frauen verstummen. Als nächstes sah sie, wie Asako die Tür reinstapfte, dabei leise fluchte. Die junge Frau war triefend nass, die Kleidung klebte an ihrem Körper, ebenso wie ihre Haare. Kurzerhand schmiss sie die Schuhe auf die Seite, ging in die Wohnung.

„Asako? Alles okay?“

„Okay?? Seh ich so aus?!“

„Uhm...“

Bevor sie weiter antworten konnte rauschte der Top Star an ihr vorbei, warf dabei ihre Jacke auf die Seite und öffnete ihr Hemd. Shio blinzelte nur verwirrt. Was war ihr denn über die Leber gelaufen? Sie sah zu Mirio und Masao, die beide aber nur mit den Schultern zuckten. Im Schlafzimmer fluchte Asako nur lautstark und der Geräuschkulisse nach zu urteilen warf sie gerade ihr halbes Inventar durch den Raum. Ein besonders lautes Klirren lies sie zusammenfahren.

„Sehn wir besser mal nach ihr.“

Nur langsam traten die drei jungen Frauen in das Schlafzimmer ein, fanden es halb verwüstet vor. Die Kristallornamente, die Asako sammelte und die überall in der Wohnung hingen, lagen in Scherben auf dem Boden, ebenso wie eine kleine Holzdose, in der diverser Schmuck war.

„Asako was zur Hölle ist passiert?“, fragte Masao ruhig und sie sahen dabei zu, wie Asako sich das nasse Hemd von den Schultern riss und es ihnen entgegen warf. Das noch immer nasse Stück Stoff flog haarscharf an ihnen vorbei.

„Was passiert ist?? Ist doch scheißegal!“ Der Top Star rannte hysterisch auf und ab. „Sie werden mir das büsen. Alle miteinander.“

Shio ging zu der Otokoyaku, hielt sie auf der Stelle indem sie die andere an den Schultern packte. Irgendwas an an ihrem Gesichtsausdruck war merkwürdig. Sie war wütend, keine Frage, aber es schwang unterschwellig etwas anderes mit.

„Jetzt beruhig dich doch erst einmal.“

„Ich beruhige mich ein andermal! Hol gefälligst Chigi her. Ich hab ein paar Sachen zu sagen.“

Shio stockte etwas, wobei sie im Augenwinkel sah, wie Masao und Mirio sich verwirrt ansahen.

„Was... was hat Chigi jetzt damit zu tun?“

„Sie ist in Yukigumi.“

„Bitte?“

„Du hast mich gehört. Jetzt raus. Ich will euch nichtmehr sehen.“
 

Mirio und Masao sahen sich erneut an, sahen dann zu Shio um sich einen Rat ein zu holen. Shio nickte nur mit dem Kopf zur Tür und die zwei jungen Frauen folgten ihr. Was war nur mit Asako los? Sie war ganz ausser sich, so, wie Mirio sie noch nie vorher erlebt hatte. Sie kannte ihren Top Star nur lächelnd, fröhlich, manchmal etwas gruselig, wenn sie ihren Willen durchsetzte, aber alles in allem immer freundlich. Was konnte nur in sie gefahren sein?

„Ich glaube ihr sollte nach Hause gehen“, sagte Shio, als die Tür hinter ihr geschlossen wurde und sie sich im Wohnzimmer wieder fanden.

„Aber Asako...“, begann Mirio, aber Masao stoppte sie, indem sie ihr eine Hand auf den Arm legte und den Kopf schüttelte. Dennoch wandt Mirio sich wieder an Shio. „Kann ich noch was machen?“

„Ich denke nicht.“ Ein weiteres Klirren aus dem Schlafzimmer. „Ich glaube sie wird zu euch kommen wenn sie sich beruhigt.“

Mirio seufzte etwas. In letzter Zeit war ihr Top Star wirklich merkwürdig gewesen, doch das sprengte den Rahmen. Besser nicht weiter nachfragen.

„Na gut...“

Masao nahm sie an der Hand und die junge Otokoyaku lächelte etwas. Wenigstens schaffte es Masao ihre Laune etwas zu heben. Zusammen verliesen sie die Wohnung des Tsukigumi-Stars, woraufhin Masao neben ihr leise seufzte.

„Ich frag mich, was da passiert ist. Ich hab Asako nie so in Rage erlebt.“

Langsam gingen die zwei jungen Frauen die Treppe hinunter, wo Mirio's Wagen stand. Sie rieb sich etwas den Nacken, runzelte die Stirn.

„Keine Ahnung.“ Masao verschränkte neben ihr die Arme. „Aber scheint was ziemlich ernstes zu sein wenn sie so drauf ist. Dann kann es nichts gutes sein. Hoffen wir mal, dass sich das nicht aufs Training auswirkt, das fängt morgen an.“

Die zwei Frauen stiegen ins Auto, wobei Mirio den Kopf in den Nacken legte und an die Decke starrte.

„Hey Masao?“ Die Frau auf dem Beifahrersitz sah zu ihr. „Wie wärs, wenn wir noch was essen gehen, jetzt da das hier ausgefallen ist? Ich hab mächtigen Kohldampf.“

Masao grinste.

„So was wie ein Date? Klar.“

Mirio errötete stark. Ihr war klar, dass Masao das nur als Scherz meinte, wie jedes Mal, aber dennoch war ihr das Verhalten ihrer Freundin jedes Mal furchtbar peinlich. Sie schlug die andere etwas auf den Oberarm.

„Jetzt ärger mich nicht immer so...“
 

Shio blieb in der Wohnung nachdem sie die zwei anderen jungen Frauen herausgeführt hatte. Sie wartete auf der Couch, lehnte sich auf den Oberschenkeln auf und starrte auf den Glastisch. Sie hatte Asako noch nie so... wütend erlebt. Gut, manchmal war sie sauer, besonders, wenn etwas nicht nach ihrem Willen ging. Dennoch, Asako waren ihre Kristallornamente heilig. Sie war immer sehr pingelig was diese anging. Dass sie gerade ihre geliebte Sammlung zerdepperte konnte nichts gutes heißen.

Es schien ihr eine Ewigkeit zu dauern bis Asako endlich ihr Zimmer wieder verlies, noch immer mit nassen Haaren, Shio glaubte etwas Chlor zu riechen, aber zumindest in frischen Klamotten. Sie stand auf und sah stumm zu der anderen Otokoyaku. Noch immer wirkte Asako gereizt und als sie Shio erblickte biss sie sichtlich die Zähne aufeinander.

„Was willst du noch hier?“

„Was ist passiert, Asako? Du rastest sonst nie so aus.“

„Das geht dich nichts an.“

„Natürlich geht es mich etwas an.“

„Sag mir einen guten Grund wieso ich dir auch nur ein Wort erzählen sollte.“

„Wir sind Partner. Und Freunde.“

Asako sties nur einen dumpfen 'Hmpf'-Laut aus.

„Bring mich nicht zum lachen. Wir sind keine Freunde.“

Shio runzelte etwas die Stirn. Gut ihre Beziehung war nie sonderlich tief gegangen, aber nach dem was sie durchgemacht hatten sollten sie doch zumindest auf der Freundschaftsbasis sein.

„Natürlich sind wir...“

„Lüg doch nicht Shio. Du bist nur bei mir, weil ich dir geholfen habe Chigi näher zu sein. Ich hab dafür gesorgt, dass sie nach Yukigumi versetzt wird damit du mehr Zeit mit ihr hast. Das wirst du aber wohl in nächster Zeit knicken müssen.“

Für ein paar Sekunden wusste Shio nicht so ganz, was sie dazu sagen sollte. Chigi würde weniger Zeit haben? Sie sah dabei zu, wie Asako zum Tisch ging und sich ein Glas schnappte, mit selbigem zu einem der Schränken ging und diesen öffnete. Sie hatte noch nie gesehen, was sich in eben jenem befand, aber Asako holte eine halbvolle Flasche mit hellgelber Flüssigkeit heraus, dessen Inhalt sie nicht erkennen konnte.

„Wieso?“

„Sie wird Mizusu's Rolle übernehmen. Da die Yukigumis kurz vor der Premiere stehen wird sie Extraschichten einplanen müssen.“

Erneut verstand Shio nicht so ganz, was Asako meinte. Extraschichten? Sie wusste, dass Asako wollte, dass Mizusu's Rolle ersetzt werden sollte, aber warum gerade durch Chigi? Immerhin bestand Yukigumi aus so vielen Schauspielerinnen.

„Aber du hast versprochen...“

„Jaja. Ich weis. Ich hab versprochen, dass Chigi weniger Arbeit haben wird, aber weist du was? Es ist mir egal. Was willst du dagegen tun?“

„Aber...“

„Ich hab meinen Teil der Abmachung schon lang erfüllt. Ich brauch dich nicht Shio.“

Shio stand etwas verloren in der Wohnung der anderen, starrte den Top Star nur an, wie sie den Inhalt des Glases kippte und sich in den Sessel fallen lies. Sie wurde nichtmehr benötigt? Dann hatte Asako sie tatsächlich nur ausgenutzt. Die ganze Zeit war sie in dem Glauben gewesen, dass sie Sena verstand, aber da lag sie wohl falsch. Die Tsukigumi-Darstellerin hatte von Anfang an nicht vor gehabt Shio an sich heran zu lassen und hatte es mit Glanz und Gloria vermieden, dass sie sich ihr näherte.

„Dann ist es also vorbei, ja?“

„Oh bitte. Tu nicht so als ob ich mit dir Schluss machen würde. Ich sage lediglich, dass ich dich nicht als Seelensorger brauche.“

Shio schluckte hart, krallte sich in ihre Handflächen. Dann würde sie Saeko's Ratschlag doch nachgehen.

„Fein. Aber es ist schluss für mich. Ich bin raus, Sena.“

„Raus?“ Sena sah herablassend zu ihr, die Flasche noch immer in der Hand. Warum hatte sie das Gefühl, dass entweder die Flasche oder das Glas gleich nach ihr geworfen werden würde? „Du kannst nicht einfach aussteigen, Shio. Dazu sitzt du zu tief drin. Du bist abhängig von mir.“

„Nein Asako. Ich bin nicht abhängig.“ Sie trat einen Schritt zurück. „Ich weis nicht, was da mit dir passiert ist, aber so kann das nicht weitergehen. Du benimmst dich mehr und mehr wie ein Tyrann. Was sollen deine Freunde dazu sagen?!“

„Meine Freunde haben mich hintergangen. Wenn du es wagst mir jetzt auch noch ein Messer in den Rücken zu rammen dann schwöre ich, dass du so bald keinen festen Boden mehr unter den Füßen haben wirst.“

„Es ist immer noch besser als versklavt zu sein von dir.“

Shio drehte sich um, ging in Richtung Tür, wobei es neben ihr an der Wand gehörig schepperte und sie einen Schmerz an ihrem Unterarm spürte. Sie zischte zwischen den Zähnen und besah sich den Schnitt an ihrem Arm, drehte sich erneut zu Sena. Die Otokoyaku hatte mit dem Glas nach ihr geworfen, dass jedoch an der Wand gelandet war und dort einen Fleck mit der restlichen Flüssigkeit hinterlassen hatte.

„Wag es nicht mich zu verraten Shio!“

Erneut schluckte die Blonde während die Angst in ihr hochkroch. Sie drehte sich etwas zu dem Top Star, die inzwischen wieder aufgestanden war und sie mit wütend funkelnden Augen ansah. Warum hatte sie das Monster, mit dem sie sich eingelassen hatte, nicht schon vorher gesehen?

„Sena...“

„Wage es nicht, mir Steine in den Weg zu legen. Eine Kleinigkeit und ich werde dich vernichten. Du hattest nur Glück, dass du mir so lange so nützlich warst. Wenn du jetzt gehst, wenn du mich jetzt betrügst, dann brauchst du gar nicht wieder zu kommen!“

Unschlüssig stand Shio ein wenig auf der Stelle, sah dann betreten auf den Boden. Benutzt werden und dafür den Einfluss zu behalten, die Chance auf zu steigen gegen die Zeit, die sie mit Chigi verbringen konnte. Macht und Ruhm gegen die Person, die sie liebte. Die Entscheidung fiel ihr leicht. Shio schloss die Augen für einen Augenblick, sah dann Sena mit etwas traurigen Augen an.

„Ich hoffe, dass du bald siehst, dass du einen Fehler machst.“

Fast fluchtartig verlies sie die Wohnung, hörte durch die hastig geschlossene Tür nur einen erstickten, frustrierten Schrei und das erneute Klirren von Glas.
 

Wie konnte sie nur? Wie konnte sie es wagen? Sie hatte Shio alles gegeben. Alles. Und dann fiel dieses kleine Miststück ihr einfach so in den Rücken und lies sie sitzen. Nicht so, dass sie unbedingt von ihr abhängig wäre, aber es ging ums Prinzip. Man verlies sie nicht einfach. Sie war zu wichtig, als das man sie einfach hintergehen konnte. Die Tsukigumi-Darstellerin schluckte einmal hart, lief weis Gott wie lange in ihrer Wohnung auf und ab bis sie sich zumindest soweit beruhigt hatte, dass sie normal sprechen konnte ohne, dass ihr Wutanfall zu hören war. Noch immer kochte alles in ihr, aber das musste ja keiner wissen. Sie krallte sich ihr Handy, dass sie auf dem Tisch hatte liegen lassen, durchforstete ihre Anrufliste. An irgendwem musste sie ihren Dampf ablassen und sie überlegte, wer dafür wohl am besten geeignet war. Eigentlich hatte sie die volle Auswahl. In ihrer Liste, wohl eher in ihren Ordnern, befand sich eine ganze Palette aus Tsukigumi, Hanagumi, Hoshigumi, dort allen vorran Shio, die sie sofort aus der Liste löschte, und Soragumi. Von den Senka's hatte sie bissher die Finger gelassen, denn immerhin war das nicht nötig gewesen. Dann allerdings blieb sie bei Osa's Namen hängen. Die einzige Frau, die sie wohl nie verlieren würde, egal wie alleingelassen sie sich fühlte. Sie wusste, dass sie der ehemaligen Hanagumi-Darstellerin immer vertrauen konnte, doch wusste sie nicht, wie stark die Beziehung zwischen ihr und Gaichi war. Gaichi hatte sie schon vor einer ganzen Weile in ihre Schranken gewiesen. Natürlich hätte sie sich einfach Natsuki krallen können, immerhin wartete der Yukigumi-Star geradezu auf sie, aber vielleicht war es an der Zeit mal heraus zu finden wie stark die Gefühle der ehemaligen Hanagumi zu ihrer Freundin wirklich waren. Kurzerhand wählte sie anrufen. Wie sie Osa ansprechen musste damit diese vorbei kam wusste sie genau.

„Asako? Was rufst du um diese Zeit noch an?“

Die Tsukigumi-Darstellerin warf einen Blick auf die Uhr. Es war mitten in der Nacht.

„Tut mir leid Osa.“ Sie lies ihre Stimme etwas gedämpft, ging noch immer zügigen Schrittes durch die Wohnung. Das würde sie aber nicht hören. „Hör mal könntest du... vielleicht... vorbei kommen?“

„Ist was passiert?“ Sie schwieg. Irgendwann sprach Osa dann doch wieder. „Asako?“

„Ich brauch dich gerade. Bitte...“

Asako hörte eine Stimme im Hintergrund. Vielleicht Gaichi, aber dafür war die Stimme wieder zu tief. Hörte sich eher nach Kiriyan an. War klar, dass die Tsukigumi-Vice wieder zu Gaichi rannte wenn sie Probleme hatte. Dann war Yuuhi sicherlich auch nicht weit. Ihr Blick verfinsterte sich etwas.

„Na gut“, sagte Osa dann doch. „Ich fahre gleich los.“

Der Tsukigumi-Star legte auf, lächelte etwas für sich. Sicherlich kam Osa nur um ihr einen Vortrag zu halten. Davon hatte sie aber schon genug gehabt. Um sich ab zu regen bedurfte es für sie keiner Worte. Eigentlich müsste sie noch das kaputte Glas aufheben und den verschütteten Alkohol aufwischen, aber das konnte auch warten. Wenn sie Osa's Beziehung wirklich auf die Probe stellen wollte, dann musste sie sich entsprechend herrichten, wesshalb sie kurzerhand ins Bad verschwand um sich das Chlor aus den Haaren zu waschen. Sie hasste diesen Geruch auf einmal unheimlich. Was musste Yuuhi sie auch einfach in den Pool zerren? Schön sie hatte die Fassung verloren, aber das war kein Grund sie gleich mit zu zerren. Immerhin hatte sie nichts falsch gemacht. Yuuhi war selbst Schuld wenn sie ihr derartiges an den Kopf warf. Von wegen Saeko kam nicht wieder zurück. Sie kam immer. Sie würde sie nie allein lassen, das hatte sie versprochen.

„Und was wenn sie Recht hat?“, fragte Asako leise zu sich als sie unter der Dusche stand und sich an dem duftendem Shampoo erfreute. Nein sie konnte einfach nicht Recht haben. Es war alles so ausführlich durchgeplant. Es konnte einfach nicht schief laufen. Kiriyan hatte einen engen Draht zu Asako und wenn Kiriyan sah, wie wundervoll sie als Tod sein würde, dann würde sie sicher zu ihr zurückkommen. Sie wollte doch nur ein Lob von ihrer Freundin, Aufmerksamkeit. Der Gedanke daran, dass Saeko sicher im Publikum sitzen würde nur um sie in dieser Rolle zu sehen lies sie etwas lächeln. Aber egal. Es war noch hin bis zu diesem Tag. Jetzt musste sie sich erst einmal ablenken.

Die Tsukigumi-Darstellerin schritt abgetrocknet in ihr Schlafzimmer, in dem noch immer die kaputten Kristallornamente lagen, kickte die Splitter auf die Seite um zu ihrem Schrank zu kommen. Dort kramte sie zwischen ihren Klamotten herum. Sie zog eine enge Hose und ein Hemd heraus, beides weiß. Sie wusste genau, wie sehr Osa auf weiße Kleidung stand, wusste, dass Osa immer jede Gelegenheit genutzt hatte um ihre Hüftknochen ein wenig zu betasten, was bei der vergleichsweise tiefsitzenden Hose einfach werden würde, ebenso wie die Knochen ihres Schlüsselbeins. Asako selbst war nie so begeistert von ihrer Figur gewesen, aber andere schienen sich geradezu danach zu verzehren. Gerade ihre Taille und ihre Beine schienen bei ihren Lieblingen immer besonders beliebt zu sein.
 

Kaum hatte Osa aufgelegt seufzte sie einmal schwer, rieb sich mit den Fingerspitzen ihre Stirn. Asako hatte sie nicht erwartet. Yuuhi war zu ihnen gekommen, triefend nass und mehr oder minder niedergeschlagen, genau wie Kiriyan, die vorher aufgelöst bei ihnen vor der Tür gestanden hatte. Gaichi war noch arbeiten, wesshalb Osa die beiden alleine hatten betreuen müssen. Es war an sich nichts schlimmes gewesen, doch als sie herausgefunden hatte, dass der Zustand ihrer Freunde ganz alleinig Asako's Schuld gewesen war, hatte sie ein wenig die Fassung verloren.

„Und? Was hat sie gesagt?“

Yuuhi legte sich das Handtuch, mit dem sie sich die Haare trocken gerubbelt hatte, um die Schultern, sah zu Osa.

„Ich fahre hin. Sie wollte mit mir sprechen.“

„Was? Wieso?“

„Keine Ahnung. Aber vielleicht hört sie mir ja zu, wenn sie schon nicht auf dich hört.“

Kiriyan, auf dem Sofa sitzend mit einer Tasse Tee in der Hand, sah auf.

„Hätte sie denn auf Yuuhi hören sollen?“

Osa lächelte etwas. Sie sah von Kiriyan zu Yuuhi, die sich neben ihre Freundin setzte. Sie hatte der Soragumi-Vice etwas von sich geliehen, was aus einer weiten Jogginghose und einem Shirt bestand.

„Ich weis es wirkt nicht so, aber Asako hat sich deinen Rat immer zu Herzen genommen.“ Sie sprach eher an Yuuhi gewandt. „Ich hoffe nur, dass sie nochmal drüber nachdekt.“

„Das hoff ich auch. Ich mach mir Sorgen, dass das ganze ein übles Ende nimmt.“

„Ich leider auch. Sagt Gaichi bitte, dass ich später komme wenn sie nach Hause kommt.“

„Wo ist sie eigentlich um die Uhrzeit?“

„Sie ist noch bei einem Meeting mit einigen Produzenten. Irgendwas ist wohl ziemlich schief gelaufen.“
 

Besagte Senka saß tatsächlich noch in ihrem Stuhl im Meetingraum. Schon seit Stunden diskutierte sie über einzelne Rollen, speziel zwei. Eine in Tsukigumi, Franz in der neuen Elisabeth-Produktion, und eine Rolle in der Lady-Oscar-Produktion von Yukigumi. Beide Stücke würden parallel laufen, wesshalb der Stress doppelt war. Die Rolle des Franz war inzwischen unumstößlich. Kiriyan würde, trotz vieler Einwände seitens Gaichi, zu Tsukigumi zurückkehren müssen um Franz zu spielen. Asako hatte da wirklich ganze Arbeit geleistet. Natsuki schien jedoch auch nicht ganz untätig gewesen zu sein, denn nicht nur hatte sie Mizusu in der aktuellen Produktion von Sagiri Saina ersetzen lassen, sie wollte auch die zukünftigen, größeren Rollen von ihr ersetzen lassen. Eigentlich war das undenkbar. Mizusu hatte es schon lange verdient größere Rollen zu bekommen und jetzt wollten sie ihr das streichen?

„Gut. Es ist schon sehr spät. Verschieben wir diese Diskussion auf morgen.“

Erleichterung machte sich in der Senka breit. Dass der Job so stressig werden würde hatte ihr damals niemand gesagt. Nur noch Saeko anrufen und dann endlich nach Hause, wo hoffendlich Osa schon auf sie wartete. Schnell packte die ehemalige Otokoyaku ihre Sachen, verlies den Raum und zog ihr Handy aus der Tasche. Inzwischen hatte sie Saeko's Nummer so oft gewählt, dass es länger dauerte sie im Verzeichnis nach zu sehen anstatt sie einfach so ein zu tippen.

„Guten Abend, Saeko“, sagte sie als ihre Freundin endlich ans Telefon ging.

„Hallo Gaichi. Und? Was ist rausgekommen?“

„Ich konnte nicht verhindern, dass Kiriyan doch Franz spielen muss. Leider. Die Rolle, die Natsuki kritisiert hat, steht noch aus. Wo bist du?“

„Noch bei Hiromi...“

Gaichi fiel ihr ins Wort.

„Immer noch? Saeko. Willst du nicht mal wieder in deine eigene Wohnung?“ Schweigen am anderen Ende und Gaichi seufzte. „Wie auch immer. Hast du noch was von Yuuhi gehört?“

„Nein ich hab sie noch nicht erreicht. Ihr Handy ist aus.“

Gaichi hatte einen sehr herzzerreisenden Anruf von Kiriyan bekommen, dass Yuuhi sich Sena endlich mal vorknöpfen wollte, jedoch kam niemand zu ihr durch um zu kontrollieren, dass alles in Ordnung war. Die Senka hoffte inständig, dass eine von Sena's besten freunden endlich mal etwas bei ihr erreichte. Inzwischen hatte sie Osa auch immer zurückgehalten zu dem Tsukigumi-Star zu fahren, denn sie hatte das Gefühl, dass Sena etwas Dummes anstellen würde. Keiner wusste so genau, was im Kopf der Tsukigumi-Darstellerin vor sich ging und sie hatte Angst dadurch auch Osa zu verlieren.

„Hoffen wir, dass da nichts passiert ist. Hast du schon mit Shio geredet?“

„Schon vor einer Weile, aber sie wollte nicht zuhören. Ich...“

„...Saeko? Was ist?“

„Hör mal. Da ruft noch jemand an. Können wir uns später nochmal sprechen?“

Gaichi runzelte etwas die Stirn.

„Natürlich. Ruf aber nicht allzu spät an.“

„Ja schon klar. Bis dann.“

„Bis dann.“

Wer da wohl angerufen hatte?
 

Osa brauchte eine Weile bis sie schließlich bei Asako angekommen war, fand die Tür einen Spalt geöffnet vor. Asako hatte sie ganz offensichtlich erwartet, denn sonst hätte sie die Tür nie auf gelassen. Kaum drinnen knirschten ihre Absätze und nach einem Blick unter ihre Schuhe stellte sie fest, dass es Glas war. Da die Wohnung verdammt dunkel war mussten sich ihre Augen erst einmal daran gewöhnen, stellte dann aber fest, dass in der ganzen Wohnung, zumindest das, was sie davon sah, zersplittertes Glas war. Was zur Hölle war hier passiert?

„Asako?“, rief sie in die Stille, sah dann erst, dass ihre Freundin in ihrem Sessel saß, gänzlich in weiß gekleidet und das Hemd ein Stück weit geöffnet. „Was ist hier los? Was ist mit dem ganzen Glas?“

„Ist doch egal, oder?“ Die Tsukigumi-Darstellerin sah zu ihr und lächelte bevor sie aufstand. „Ich mach das morgen weg. Danke, dass du da bist.“

„Konnte ja schlecht nein sagen. Also was ist los?“

Asako kam durch die Glassplitter zu ihr, wobei Osa inständig hoffte, dass Asako nicht in die Scherben trat, und blieb vor ihr stehen, legte ihr die Hände auf die Schultern.

„Mein Tag war echt scheiße und ich... ich brauchte einfach jemanden.“

Sanft legte Osa die Arme um ihre Freundin. Sie schien anders als Yuuhi sie vor ein paar Stunden beschrieben hatte, nicht aufgebracht oder wütend, eher lieblich.

„Was ist denn los?“

„Sei einfach da okay?“

Osa schwieg daraufhin, drückte Asako etwas näher an sich als diese sich an sie kuschelte und die Arme um ihren Nacken legte. Sie hatte diese Momente vermisst, die Momente, in denen sie ihrer Freundin einfach nahe sein konnte. Irgendwann löste sich die jüngere doch von ihr und sie gingen zum Sofa, wobei Osa mehr als Asako darauf achtete nicht in die Scherben zu treten. Es roch leicht nach Alkohol. Hatte Asako getrunken? Sie wirkte gar nicht so.

„Wie läuft es denn mit dir und Gaichi?“, fragte sie bevor sie an der Couch angekommen waren und drehte sich erneut zu Osa. „Ihr wohnt zusammen oder?“

„Uhm ja. Es läuft echt gut. Wieso fragst du?“

„...Ich bin manchmal etwas neidisch.“

Osa seufzte etwas.

„Du weist dass du Saeko...“ Asako fiel ihr ins Wort.

„Ich bin neidisch darauf, dass Gaichi dich hat. Dabei hättest du mein sein sollen.“

„...Was? Was meinst du?“

Asako lächelte etwas, trat an Osa heran und zupfte etwas an ihrem Oberteil, sah von unten her in ihre Augen.

„Ich glaube du verstehst mich genau.“

„...Asako was erzählst du für einen Mist? Du liebst Saeko.“

„Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun oder?“ Der Tsukigumi-Star lies eine Hand über ihre Haare gleiten und Osa erwischte sich dabei, wie sie diese kurze Berührung genoss. Es war eine ganze Weile her, seit sie Asako so nahe gekommen war. Ihre Freundin war besonders in den letzten zwei Jahren fast unerreichbar für sie gewesen. „Ich vermisse es manchmal. Die Art und Weise wie du mich ansiehst und anfasst. Ich bin eifersüchtig, dass Midori das alles jetzt hat.“

Osa hob eine Hand, lies diese über die Hüfte der anderen gleiten und schluckte leicht. Eigentlich hatte sie geglaubt über Asako hinweg zu sein, aber diese Frau hatte eine unglaubliche Anziehungskraft. Obendrein war ihre ehemalige Vice ja ihre erste große Liebe gewesen und sowas vergaß man nicht. Osa schloss die Augen als Asako ihre Hand über ihre Wange gleiten lies und ehe sie es sich versah lagen die Lippen der Otokoyaku auf den ihren. Wie hatte sie dieses Gefühl vermisst und dass Asako dieses Mal auf sie zukam machte es nur so viel besser. Auch wenn es nur für den Moment war, es fühlte sich gut an mal wieder etwas näher bei ihrer Freundin zu sein. Osa's Gedanken schweiften ab zu den Zeiten, in denen sie sich ihren Kuss noch von Asako hatte stehlen müssen wenn diese zu viel Alkohol intus hatte. Etwas, was sie in ihrer jetzigen Beziehung mit Gaichi...

Osa's Gedanken klappten um und sie drückte Asako von sich, die sie etwas verwirrt ansah.

„Asako lass das. Du weist, dass ich mit Gaichi...“

Die Tsukigumi-Darstellerin stöhnte einmal genervt auf, warf die Arme in die Luft und drehte sich von Osa weg.

„Gaichi hier, Gaichi da. Von dir höre ich nichts anderes mehr.“ Sie drehte sich wieder zu ihr. „Ich bin jetzt da, Osa!“

Osa runzelte die Stirn. Warum fuhr die andere mit einem mal so aus der Haut? Vielleicht hatte Yuuhi doch Recht behalten und sie spielte ihre Rolle nur. Asako seufzte einmal und fuhr sich durch die Haare, sah auf den Boden.

„Tut mir leid. Ich... ich will einfach nichts von den anderen hören.“

„... Weil sie dir wehgetan haben?“

„Nein. Das ist es nicht.“

„Sondern? Was ist es dann? Was ist los mit dir Asako?“

„Gar nichts ist los mit mir. Mir geht es gut. Aber die anderen... sie verstehen einfach nichts.“

„Warum erklärst dus ihnen dan nicht?“

„Weil es sie nichts angeht, desshalb. Ich schaff das schon ganz gut alleine.“

Osa lächelte nur schief.

„Ja... das sehe ich.“

„Pardon?“

„Sieh dich doch um.“ Osa warf einen Blick auf die Seite auf eines der zerdepperten Gläser. „Du räumst nicht mal die Scherben weg obwohl du reintreten könntest. Glaubst du es würde irgendwem etwas bringen, wenn du dich verletzt?“

„Ich pass schon auf.“

„Aber wohl nicht genug.“ Osa wurde ernst und sah ihre Freundin erneut an. „Ich bin zwar nicht mehr in Takarazuka, aber ich sehe trotzdem, wie du mit dem Feuer spielst. Warum hast du dich auf Natsuki eingelassen? Du weist, dass sie ein hinterhältiges Miststück ist.“

„Ich hatte einen Vorteil daraus.“

„Nur desshalb?“

„Desshalb und nicht mehr.“ Die ehemalige Hanagumi-Schauspielerin schüttelte nur den Kopf. „Was? Was ist?“

„Du bist so anders geworden...“

„Und? Hab ich mich halt verändert. Was solls. Ich bin unabhängiger geworden.“

„Unabhängig würde ich das nicht nennen.“

Asako knurrte. „So? Wie nennst du es dann?“

„...Manipulativ. Und ich kenne da noch jemanden, der so ist.“

„Und diese Person wäre?“, schnaubte die junge Frau, deren ganze Mimik mit einem mal umgekippt war.

„Die Person, von denen du deine 'Vorteile' ziehst.“

Der Tsukigumi-Star knirschte einmal sichtlich mit den Zähnen, verschränkte die Arme und schwieg ein paar Sekunden.

„Natsuki? Und wie kommst du auf die absurde Idee?“

„Ich habe mit ihr gesprochen. Ich wollte, dass sie aufhört sich mit Saeko zu treffen. Um deinetwillen. Weist du was sie mir sagte? 'Für mich hat es nur Vorteile'...“

„Lass es Osa.“

Osa schwieg ein paar Sekunden, sah Asako nur an. Sie konnte nur raten, was gerade im Kopf der anderen vorging. Sie wurde noch nie gerne mit anderen Leuten verglichen, aber gerade weil sie so eine heftige Reaktion auf Natsuki hatte, gerade weil sie die Yukigumi-Darstellerin so offensichtlich hasste, vielleicht würde sie dann endlich reagieren. Sie nahm die Hand ihrer Freundin, drückte sie leicht.

„Asako bitte. Du wirst immer mehr wie sie.“

Ihre Freundin entriss ihr die Hand.

„Stell mich nicht auf eine Stufe mit diesem Miststück! Ich bin besser als sie!“

„Indem du dir alles krallst was nicht bei drei auf den Bäumen ist? Indem du den Einfluss, den du bei den Leuten hast, schamlos ausnutzt? Sieh doch zu was du geworden bist! Du bist wie eine Kopie von ihr.“

Osa konnte gar nicht auf Asako's plötzlichen Schlag reagieren, taumelte nur mit schmerzender Wange ein wenig zurück. Sie hob die Hand an ihr Gesicht, fühlte das Brennen, dass Asako's Handfläche darauf hinterlassen hatte.

„Osa...“, stammelte Asako, sah sie mit leicht aufgerissenen Augen an. Nur langsam hob Osa den Blick, sah in die Rehaugen der anderen. „Ich... es tut mir leid...“

Der ehemalige Hanagumi-Star konnte nicht anders als sich zwei mal zu überlegen, ob diese Reaktion nicht auch wieder gespielt war, genau wie die zuvor. Sie schüttelte den Kopf. Das war nichtmehr Asako.

„Wer zur Hölle bist du?“ Osa schluckte etwas als sie sah, wie der Frau ihr gegenüber die Tränen runterliefen.

„Ich... ich...“

„Ich verstehe nicht, was du aus meiner Freundin gemacht hast. Wo ist die Frau hin, die ich damals so geliebt habe?“ Erneut schüttelte sie den Kopf, ging langsam an der anderen vorbei richtung Tür. Die Jüngere hielt sie am Arm fest.

„Osa nein geh nicht. Bitte...“

„Nein. Diesmal hast du es zu weit getrieben.“ Sie sah zu der jüngeren, merkte dabei, wie deren Finger kraftlos ihren Arm verliesen und sie loskam. „Du wolltest das alleine hinkriegen ja? Früher wolltest du nie einsam sein. Es tut mir weh zu sehen, dass du die Einsamkeit jetzt vor zu ziehen scheinst.“

Osa kostete es einiges an Überwindungskraft der anderen den Rücken zu kehren, hörte, wie sie zwischen den Scherben auf die Knie fiel und anfing zu Schluchzen. Ohne sich weiter um zu drehen ging sie aus der Wohnung, doch kaum fiel die Tür hinter ihr ins Schloss rannen auch ihr die Tränen über die Wangen.
 

Sie hatte ihr nachrufen wollen, sie festhalten, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie saß nur zwischen den zerstörten Glasscherben, hatte den Alkoholgeruch in der Nase und fühlte, wie die Tränen ihr übers Gesicht liefen. Sie hatte die einzige Person, die sie nie geglaubt hatte zu verlieren, geschlagen und damit vergrault. Wie hatte das passieren können? Sie hatte nie die Hand gegen ihre Freundin erheben wollen. Osa hatte ihr klar gemacht, dass sie nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, sie hatte Kiriyan verjagt, Yuuhi und Shio. Man hatte ihr Kimu weggenommen, Gaichi wollte sowieso nichts mit ihr zu tun habe wenn sie nicht musste und bei Natsuki war sie nur für den Sex gut. Sie hatte nur noch ihren Plan, alles das, was schon vorbereitet war, die Rolle als Tod...

...

Diese Rolle hatte sie noch... Nur der Tod war ihr noch geblieben. Das einzige, was sie sich selbst erarbeitet hatte.

Sie lachte.

Act 3 Scene 9: Never forget

Vor schmerzen leise stöhnend lies Kiriyan sich auf einen Stuhl fallen, rieb sich die geschwollenen Waden und den Knöchel durch die Stiefel hindurch. Das Training war momentan einfach nur die Hölle, doch konnte sie nicht wirklich sagen, wieso es so viel schwerer war als sonst. Momentan freute sich die Otokoyaku, wenn sie mal fünf Minuten sitzen konnte, woraufhin sie ihre schmerzenden Beine nur noch mehr spürte. Asako war seit neustem ein ziemlicher Sklaventreiber, wenn nicht noch schlimmer, wesshalb sie froh war, dass dies vorerst der letzte Trainingstag vor der Premiere von Elisabeth war. Noch immer konnte sie ihren Finger nicht so ganz auf das legen, was da mit ihrer Freundin passiert war an jenem Abend. Osa war nur ziemlich niedergeschlagen, mit geschwollenen Augen und einer leicht roten Wange zurückgekommen, wobei sie kein Wort darüber verloren hatte, was sich da in Asako's Wohnung abgespielt hatte, selbst nach intensiver Befragung durch Gaichi. Es war aber offensichtlich, dass es für beide Frauen fatal gewesen sein muss. Asako hatte tagelang kein Wort gesprochen, nicht einmal beim Training, und ging allem aus den Weg wenn sie nicht gezwungen war mit den entsprechenden Personen zu interagieren. Das hieß bis zu dem Tag, an dem der Direktor mit einem kleinen Paket zu ihr kam. Kiriyan hatte nur im Augenwinkel zugesehen, denn noch immer traute sie sich nicht an ihren Top Star heran, aber sie sah nur zu deutlich den Ring, den Asako aus einer kleinen Box zog. Ein bildschöner obendrein. Die Otokoyaku hatte eine halbe Ewigkeit damit verbracht den Ring an zu starren und seither hatte der Tsukigumi-Vice sie nie mehr ohne gesehen. Allerdings war sie seither strenger denn je, besonders wenn es um ihre Rolle ging. Sie lebte die Rolle des Todes aus in einer Art und Weise, die seinesgleichen suchte. Auch, wenn sie Asako einmal ausserhalb des Trainings sah, was sich zu einer Rarität entwickelt hatte, waren die Bewegungen, die sie in ihrer Rolle hatte zu deutlich sichtbar. Sie wirkte, als würde sie den ganzen Tag auf der Bühne stehen, verhielt sich auch so. Für ihre Mitschauspielerinnen war es vielleicht nicht sichtbar, aber Kiriyan sah genau, wie sehr Asako sich mit ihrem Lächeln ab zu quälen schien und obwohl sie sich bemühte lag immer eine gewisse Kälte darin. Zu gerne wäre die Otokoyaku zu ihrer Freundin gegangen, hätte sie aufgemuntert, wenn sie mal wieder alleine mit ihrem Script in der Hand in der Ecke saß, den roten Trainingsmantel, den sie als Tod in einer Szene trug, über die Schultern geworfen. Dann aber hatte sie in dieser Saison nicht umsonst intern den Titel 'Eiskönig' eingehandelt. Sie handelte oftmals ungerecht, zog ihre Ziele, die sie für die Tage gesetzt hatte, gnadenlos durch, selbst wenn es hieß, dass die jungen Schauspielerinnen, die noch völlig neu in Tsukigumi waren, bis tief in die Nacht bleiben mussten, was eigentlich unüblich war, und stellte sich gegen so viele der Entscheidungen der Direktoren und Produzenten. Elisabeth in den Grundstrukturen war fest in Stein gemeißelt, jedoch waren es die Details, die jede Aufführung einzigartig machten. Da Ayami, die vorherige Top-Star Musumeyaku, nach dem vorragegangenem Stück ausgestiegen war, Kiriyan war sich sicher, dass Asako auch da ihre Finger mit im Spiel gehabt hatte, hatte der Tsukigumi-Top-Star eine ganze Woche lang damit verbracht sich jede der Musumeyaku einzeln an zu sehen und hatte sich die passendste ausgesucht. Zwar fand Kiriyan, dass Asako eine durchaus bessere Wahl hätte treffen können, aber was wohl den Ausschlag gegeben hatte war, dass diese Musumeyaku bereit war auch auf der Bühne in der letzten Szene vor Asako auf die Knie zu gehen. Eigentlich ungewöhnlich, denn die Beziehung zwischen dem Tod und Elisabeth sollte ursprünglich nicht als die von Herr und Dienerin dargestellt werden. Gerade wegen Asako's harter Hand kamen sie dann aber doch sehr viel scheller als gedacht vorran, wesshalb die Direktoren ein Auge zudrückten und die Otokoyaku einfach ihr Ding hatten tun lassen. Ihr Ego verschlimmerte es nur, aber Kiriyan befand sich nicht in der Position um zu widersprechen.

„Na schon aufgeregt?“

Mirio hatte sich zu ihr gesetzt, sah sie mit müden Augen an. Die junge Otokoyaku hatte es mitunter am schlimmsten erwischt, denn Asako lies meist einen Teil ihrer schlechten Laune an ihr aus. Sie hatte Augenringe und lächelte etwas gequält.

„Aufgeregt weniger. Eher müde. Was ist mit dir? Freust du dich schon auf deinen großen Auftritt?"

Mirio lachte etwas.

„So groß, wie er halt ist, nicht?"

Masao hatte mit noch zwei anderen Otokoyaku die Rolle des Rudolph bekommen, ebenso die einer der Ungaren. Normalerweise wurden die Rotationsrollen von nicht mehr als zwei Personen besetzt, sodass sie sich abwechselten, aber Asako hatte sich schließlich zu einer dreifachen Rotationsrolle durchgesetzt. Ein in ihren Augen ziemlich unsinniges Unterfangen, denn das bedeutete nur noch mehr Arbeit für sie und ganz Tsukigumi als sie sowieso schon mit einem so berühmten Stück hatten. Obendrein hatte Mirio die Hauptrolle in der Shinji Kouen-Produktion bekommen, was für sie nur noch mehr Arbeit bedeutet hatte.

„Ach mach dir mal keinen Kopf. Du wirst toll." Kiriyan wurde ein wenig leiser, sodass die anderen nicht mithören konnten. „Wie läufts mit Mirio?"

„Wenn ich sie mal zu Gesicht bekomme, gut." Masao seufzte ein wenig, kratzte sich an der Wange.

„Wieso?"

„Asako trainiert mit ihr bis zum Umfallen. Ihr Tag besteht momentan nur aus Training, Abendessen und Schlafen."

„Ich glaub so geht's uns alles momentan."

Kiriyan sah hinüber zu ihrem Top Star, die gedankenverloren zu der Gruppe von Musumeyaku sah, die gerade um Masao herumtänzelten und noch ein letztes Mal für Masao's Lied probten, strich dabei geistesabwesend über den schwarzen Stein, der in ihren Ring, den sie am rechten Zeigefinger trug, eingelassen war. Näher hatte Kiriyan jenen Ring nur auf den Fotos gesehen, die für die Poster gemacht worden waren. Asako hatte es verstanden dieses winzige Detail aufs äußerste in Szene zu setzen, denn das Design ihres Todes war mehr als ausserordendlich schön. Es unterstrich so ziemlich alles, was Asako ausmachte.
 

Während der vergangenen Wochen hatte es Saeko dann doch tatsächlich geschafft mal wieder die Nächte in ihren eigenen vier Wänden zu verbringen, auch wenn sie es noch nicht so ganz ins Bett an sich geschafft hatte. Zwischenzeitlich hatte sie die Bettdecken gehörig ausschütteln müssen, da sich aufgrund ihrer Abwesenheit schon Staub darin gesammelt hatte. Gerade rollte sich die ehemalige Otokoyaku auf die Seite, stöhnte dabei einmal leicht. Zwar schlief sie auf der Couch und sie war so breit, dass es locker ein Bett hätte sein können, hieß aber nicht, dass sie sonderlich bequem war, im Gegenteil. Sie hatte oftmals Rückenschmerzen, wenn sie mal wieder in dieser verdammten Lücke gelegen hatte und ihr Nacken fühlte sich an wie Stein. Nur langsam zog sie sich unter der Bettdecke vor, streckte sich einmal, woraufhin ihre Muskeln unter der plötzlichen Last schmerzten. Sie musste einfach irgendwann mal wieder versuchen in ihrem Bett zu schlafen, aber jedes Mal, wenn sie es versuchte fühlte es sich so falsch an. Nicht nur, dass etwas fehlte auf der für sie viel zu großen Matratze, ihre Träume verzerrten sich. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass sie immer noch denselben Alptraum hatte, sie sah auch im Wachzustand, wie sich das ganze entwickelte. Saeko konnte ohne Probleme von Zuhause aus arbeiten, wesshalb sie die Wohnung nur verlies, wenn sie ihre Schwester oder Gaichi besuchte oder wenn sie einen wirklich wichtigen Termin hatte, was eigentlich nur aus Interviews und eventuellen Gastauftritten zusammensetzte. Obwohl Saeko nicht mehr offiziell in Takarazuka war, war sie noch recht gefragt als Markensymbol. Was in Takarazuka ablief wusste sie nur aus Telefonaten mit Kiriyan und/oder Yuuhi.

Sie warf einen Blick auf die Uhr. Sie hatte schon wieder den ganzen Mittag verschlafen. Schöner Mist. Da sie es vorzog Nachts zu arbeiten ging sie meist um die Vormittagszeit ins Bett und schlief bis Abends, obwohl sie sich vorgenommen hatte ihre Schlafangewohnheiten zu ändern, insbesondere, da die Elisabeth-Premiere anstand und sie diese unbedingt sehen wollte anstatt sie zu verschlafen. Es war vielleicht ihre einzige Möglichkeit Asako nochmal zu sehen, da sie den Top Star seit Monaten nicht zu Gesicht bekommen hatte. Von Chika hatte sie auch schon lange nichts mehr gehört, aber sie hoffte, dass der Yukigumi-Star ihre Freundin in Frieden lies. Wenn diese sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann nahm das meist ein unschönes Ende.

Ihr Telefon klingelte und Saeko fuhr auf. Wer konnte das denn schon wieder sein? Stöhnend erhob sich der Top Star und fischte nach dem Telefon, nahm ab.

„Ja?"

„Guten Abend, Schlafmütze."

„Guten Abend, Osa."

Saeko grinste schief. Sie wusste nicht wieso, aber seit neustem verstand sie sich wunderbar mit dem ehemaligen Top-Star, besonders nachdem sie so viele Fehlstarts hatten. Nicht zuletzt hatte wohl Gaichi den Auslöser dazu gegeben, dass sie ziemlich viel Zeit mit der ehemaligen Hanagumi-Darstellerin verbrachte. Gaichi, oftmals behindert durch Asako, schob einiges an Überstunden und war kaum zuhause, also vertrieben sich die zwei Frauen meist die Zeit miteinander. Ausserdem hielt Saeko Osa über Asako am laufen, da Osa durch ihre Rolle am Theater nicht wirklich die Zeit fand um lang und breit mit Yuuhi und Kiriyan zu telefonieren so wie Saeko es zu tun pflegte. Ausserdem mussten die zwei Vice nicht immer alles zwei Mal erzählen, besonders, da die gemeinsamen Abende der Gruppe recht selten geworden waren seit Asako Kiriyan so intensiv beanspruchte.

„Endlich ausgeschlafen? Ich hab heute Mittag schon versucht dich an zu rufen."

„Tut mir leid. Ich habs wohl einfach nicht gehört."

„Hab ich gemerkt." Ein kurzes Lachen. „Hör mal ich habe die Karten heute bekommen."

„Und?"

„Nicht ganz der Platz, den ich haben wollte, aber immerhin oben auf einem der Balkone."

„Na das ist doch gut. Und dafür musstest du mich unbedingt anrufen?"

„Eigentlich wollte ich fragen ob du dir sicher bist."

„Ich hab es versprochen. Natürlich geh ich hin. Erwarte aber nicht, dass ich mit zur Aftershowparty gehe."

„Ich glaube nicht, dass da irgendeiner hingeht. Kiriyan wird froh sein, wen sie ihr Bett sieht und so wie ich gehört habe geht es ganz Tsukigumi nicht anders."

Saeko seufzte etwas. Seine Leute so dermaßen aus zu beuten war eigentlich nicht richtig aber was sollte sie schon großartig sagen? Sie warf erneut einen Blick auf die Uhr.

„Ich bräuchte noch was zum Anziehen. Kommst du mit?“

„Wenn du gewillt bist mich ab zu holen ja."

„Ist dein Auto noch immer kaputt?"

„Ja. Diese Volltrottel bekommen es einfach nicht auf die Reihe und Gaichi hat das zweite."

„Ist sie denn immer noch arbeiten?"

„So kurz vor der Premiere? Natürlich. Du kennst sie doch."

„Ja aber das muss ja nichts heißen. Wann schläft die Frau eigentlich?"

„Frag ich mich auch. Vielleicht ist sie ja mutiert."

Kurze Stille an beiden Enden ehe sie anfingen zu lachen.
 

Kaum, dass das Training zuende war packte der Tsukigumi-Star ihre Sachen, warf nochmal einen Blick in den Raum. Sie war mit Ausnahme der Produzenten die letzte im Raum gewesen, wobei sie noch Kiriyan und Mirio in einer Ecke stehen sah, Wortfetzen von Glückwünschen mitbekam und kurze Abschiedsgrüße. Es machte sie krank alle so künstlich gut gelaunt zu sehen, aber es konnte ihr eigentlich völlig egal sein. Inzwischen hatte Asako gelernt für sich zu bleiben.

„Sena?", rief der Choreograph und Asako sah zu diesem, sagte aber nichts. „Denk bitte daran morgen ein wenig früher da zu sein wegen..."

Asako schnitt ihm das Wort ab indem sie die Hand hob.

„Ich weis. Ich werde nicht zu spät sein. Guten Abend."

Ohne eine großartige Verbeugung verlies sie den Raum, schulterte dabei ihre Tasche und zupfte ihre Jacke etwas zurecht. Wie war sie froh, wenn das ganze Theater endlich vorbei war. Die Proben hatten sich in ihren Augen unnötig in die Länge gezogen, denn sie hatten schon sehr viel früher als geplant alles einstudiert und geprobt gehabt.

„Würdest du endlich aufhören mir auf die Beine zu starren?", fragte Asako laut und drehte sich einmal auf dem Absatz, sah zu Natsuki, die ihr noch immer gefolgt war. Dachte der Yukigumi-Star tatsächlich, dass sie nicht gemerkt hatte, dass sie schon den ganzen Tag von ihr verfolgt wurde? Irgendwann im Lauf des Tages war Natsuki in den Probenraum der Tsukigumis gekommen, was für eine Menge Aufruhr gesorgt hatte, aber der Top Star hatte ihre Rivalin gekonnt ignoriert.

„Verzeihung. Aber sie sind einfach zu verführerisch."

„Charmant. Was willst du? Du rennst mir schon seit Tagen wie ein Stalker hinterher."

„So? Nun wenn du nicht zu mir kommst, dann muss ich halt wieder zu dir." Asako sah zu, wie der Yukigumi-Star sich vor sie stellte und sie einmal anlächelte. „Du fehlst mir, mein Liebling."

„Ich komme, wann es mir passt."

„Du hast noch ein Versprechen ein zu lösen."

„Ich sagte doch, dass ich komme, wann mir es passt. Du bekommst deine Nacht noch, keine Sorge. Aber ich bezweifle, dass du desswegen hier bist."

„Richtig." Natsuki lächelte etwas und strich ihr über den Oberarm. „Ich habe die Bilder von dir als Tod gesehen und ich muss sagen... wahnsinn. Es gefällt mir sogar noch besser als das Kleid."

Am liebsten hätte Asako sie wohl geschlagen.

„Soll heißen?"

„Wie wäre es, wenn du im Kostüm zu mir kommst? Ich kann mir gut vorstellen, dass dich das nicht stören würde."

Asako knurrte etwas, als Natsuki sie ohne Erlaubis anfasste, aber hielt sich zurück, sah der Nixe stattdessen in die Augen, da sie ihr inzwischen auf wenige Zentimeter nahe gekommen war. Ausserdem konnte sie ihr nicht wirklich widersprechen, denn sie hatte ja noch ihr Versprechen gut zu machen. Glücklicherweise war 'eine unvergessliche Nacht' ein recht weit gefasster Begriff und der Tsukigumi-Star bezweifelte, dass sie und der Yukigumi-Star die selbe Vorstellung davon hatten. Unvergesslich würde sie Chika diese Nacht sicherlich machen. Den Top Stars war es erlaubt nach der Premiere oder dem letzten Auftritt einige der Kostüme für ihr eigenes Vergnügen zu behalten, wobei Asako sich nicht so sicher war, ob selbiges auch für die Perücken galt. Aber etwas Überzeugungskraft würde das ganze schon richte.

„Ich seh mal, was sich machen lässt."

„Schön. Wir sehen uns dann."

Natsuki ging an ihr vorbei und kaum hatte sie die Nixe im Rücken lächelte Asako kalt.

„Ich kann es kaum erwarten."
 

Die Elisabeth-Premiere kam dann doch schneller als sie alle gedacht hatten. Saeko hatte sich für die Nacht bei Osa und Gaichi einquartiert und die drei Frauen machten sich für den großen Auftritt Tsukigumis fertig, auch wenn Yuuhi noch immer nicht aufgetaucht war. Osa hatte sich seit langem mal wieder in einen Anzug gezwängt, dank verlorener Wette, bei der es um ein Glas Milkshake gegangen war, und Gaichi, die die Wette ebenfalls verloren hatte, war in einem passendem Kleid.

„Ich versteh immer noch nicht, wieso er gerade lila sein muss", jammerte Osa, die sich einmal ausgiebig im Spiegel betrachtete. Sie hatte die Haare zurückgebunden und teils hochgesteckt, sodass sie vergleichsweise kurz wirkten. Zu dem tieflila Anzug trug sie ein weißes Hemd und eine schwarze Kravatte, wobei ihr das ganze Outfit nicht einmal schlecht stand. Gaichi schien da sehr viel mehr Probleme zu haben. Die Ältere war ihre Hosenanzüge gewohnt, hatte vergleichsweise wenig Erfahrung mit den dünneren Absätzen und torkelte einmal durch die Wohnung. Das Kleid, dass Saeko ihr aufgezwungen hatte, war asymetrisch geschnitten, aber ebenso lila wie Osa's Anzug und mit Pajetten besetzt. Es war einfach zu ersehen, dass Osa lieber das Kleid getragen hätte. Seit die ehemalige Otokoyaku aus Takarazuka ausgestiegen war, war sie furchtbar weiblich geworden.

„Frag mich mal. Ich kann in den Dingern kaum laufen", fluchte Saeko's beste Freundin und Saeko lachte einmal.

„Selbst schuld. Ist nicht so, dass ich euch nicht gewarnt hätte."

„Hab doch nicht wissen können, dass du das wirklich schaffst."

„Ich habs halt immer noch drauf." Auch Saeko trat vor den Spiegel, steckte sich die restlichen Haarsträhnen aus dem Gesicht und betrachtete sich ausgiebig. Sie hatte ein weinrotes, am Rücken tief ausgeschnittenes Kleid, dass an der Hüfte etwas hochgerüscht war und einen angenehmen Blick auf ihre Beine freigab, ohne jedoch zu viel Haut zu zeigen. Dazu hatte sie ihr altes Collier herausgekramt, in dem einige Rubine eingesetzt waren.

„Du hast gut reden. Immerhin siehst du fantastisch aus."

„Danke."

Saeko lächelte Gaichi im Spiegel an, kontrollierte nochmals ihr Make-Up. Sie konnte kaum glauben, dass sie sich da selbst im Spiegel sah. Sie wirkte mit diesem Make-up, insbesondere aber wegen diesem Kleid so furchtbar anders. Nichtmal Asako würde sie so erkennen können. Saeko sah auf den Boden. Asako würde sie sowieso nicht sehe können, das liesen ihre Plätze einfach nicht zu. Sie kannte diesen Platz genau, denn sie hatte schon einige von Tsukigumi's Auftritten dort verbracht. Sie waren eigentlich für die Mitglieder des Fanclubs reserviert, denn die höherrangigen Mitglieder hatten gewisse Vorrechte, doch dieser eine, fast winzige Balkon direkt an der Bühne wurde immer frei gemacht, wenn Top Stars, ehemalige Top Stars oder Vice eine Vorstellung sehen wollten. Für die Top Stars wurden alternativ auch gerne mal Plätze ganz vorne geräumt, aber diesen Luxus hatten sie schon lange nicht mehr. Sie war jedoch zufrieden überhaupt bei dem Auftritt dabei sein zu können.

„Heyg, sagte Osa mit einem Mal und legte ihr eine Hand auf die nackte Schulter. „Das wird schon. Mach dir mal keinen Kopf."

Saeko lächelte nur etwas, doch sie sah zur Tür als jemand hineinstolperte und auf dem Boden landete.

„Dir auch guten Abend, Yuuhi", sagte Gaichi scherzhaft und warf einen Blick auf die Uhr, die sie an einer kleinen Silberkette um ihr Handgelenk trug. „Du bist ziemlich spät."

„Probe lief ziemlich blöd. Hast du..."

„Schlafzimmer."

„Danke."

Saeko sah zu, wie der Soragumi-Vice ins Schlafzimmer stolperte und kicherte etwas.

„Gut, dass du den Anzug abgeholt hastg, sagte Saeko und Gaichi grinste etwas bösartig, wesshalb der ehemalige Tsukigumi-Star etwas die Augenbraue hob. „Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?"

„Ich hab nicht vor die einzige zu sein, die hier im Partnerlook geht."

„...Du bist ein Biest."
 

Hinter der Bühne war alles schon im vollen Gang. Kiriyan wurde jetzt schon zum bestimmt fünften oder sechsten Mal von A nach B gescheucht. Sei es wegen ihrem Kostüm, ihren Haaren, die Schuhe, die merkwürdigerweise so viel enger schienen als sonst, den Requisiten oder sonst etwas. Sie konnte sich nicht erinnern jemals vor einer Premiere so viel Stress gehabt zu haben.

„ Kiriyan?" Der Tsukigumi-Vice drehte sich um, blinzelte etwas als Masao vor ihr stand. „Du hast glaub ich meine Schuhe."

„Was?" Kiri sah auf ihre Stiefel, zog einen davon aus und sah unter die Sohle, während sie auf einem Fuß balancierte. Unter der Schuhsole war immer direkt am Übergang von Sohle und Absatz eine kleine Nummer, die den Schauspielerinnen verriet, wem welcher Schuh gehörte, denn sie alle waren Maßgeschneidert. Jede Schauspielerin hatte ihre feste Nummer, sodass selbst wenn sie in einer anderen Troupe spielten keine Verwechslung aufkommen konnte.

„Oh tatsächlich."

Schnell entfernte Kiri auch den zweiten, wobei sie dann erst merkte wie eng diese Dinger eigentlich waren. Wie war sie da vorhin nur reingekommen in der Eile?

„Danke", murmelte die Rudolph-Schauspielerin. Sie sah wirklich süß aus in der blauen Uniform, aber sie wirkte etwas niedergeschlagen.

„Ist was, Masao?"

„N-nein. Ich..." Die junge Frau seufzte etwas. „Asako hat mich vorhin angeschrien, dass ich zu spät war. Sie ist echt gruselig als Tod."

„Ich finde sie sieht eher zum knuddeln aus."

„Das hab ich gehört."

Fast wäre Kiriyan auf der Stelle aufgesprungen und hätte geschrieen vor Schreck, aber sie fuhr nur einmal kurz zusammen. Das hatte ihr noch gefehlt. Wie schaffte es Asako eigentlich überall gleichzeitig zu sein? Da dachte man mal, man stände nicht im wachsamen Blickfeld des Top Stars und im nächsten Moment stand sie hinter einem. Sie hatte eindeutig zu viel von Saeko. Nur langsam drehte sie sich um, sah Asako einmal nervös lächelnd an. Sie sah tatsächlich mehr als fantastisch aus. Noch hatte sie die Federn nicht auf dem Rücken, aber das nahm ihr nicht diese fast übermenschliche Schönheit, die sie gerade in diesem Outfit hatte. Die silberfarbenen, langen Locken waren durchzogen von roten Strähnchen, wobei die Haare an einer Seite des Kopfes nach hinten geflochten war. Ihre Maskenbildner überraschten sie immer wieder aufs neue, denn sie könnte schwören, dass es Asako's echten Haare waren. Ihre Haarpracht und das damit verbundene, durch das Make-up unterstützte bleiche Aussehen der Tsukigumi-Darstellerin stand im völligem Kontrast zu dem schwarzen Mantel, dessen aufgesticktes Muster schwarz glänzte und wie kleine Wassertropfen wirkte. Sie sah alles andere als amüsiert aus, aber das war in den letzten Tagen zum Dauerzustand geworden.

„Dir auch guten Abend..." Kiriyan beäugte ihre Freundin einmal ausgiebig. „Wow. Der Mantel ist echt schön."

„Ich bin nicht hier um mich anstarren zu lassen. Mikrophonprobe. Jetzt. Genug Beleidigung, dass ich mich darum kümmern muss. Und Masao. Wenn du zu spät kommst, dann rechne mit den Konsequenzen und leb damit anstatt rum zu heulen."

„Ja Sena", murmelte die jüngere und lief an Asako vorbei in Richtung Technik. Kiriyan seufzte.

„Musst du sie so hart rannehmen?“

„Sie ist kein Kind mehr. Konzentrier du dich lieber auf deine eigene Rolle. Vermassel es mir nicht.“

Damit zog die Tod-Darstellerin auch schon wieder von dannen und Kiriyan sah ihr, noch immer nur in Socken, nach. Hoffendlich stieg ihr diese Rolle nicht allzusehr zu Kopf. Schon jetzt handelte sie, als hätte sie alles in jeden unter Kontrolle. Alles hatte zu laufen wie sie es wollte, egal wie. Das konnte einfach nicht gut sein.
 

„War das echt nötig?" Yuuhi zupfte an dem weinroten Anzug herum, hatte einen leichten Rotstich auf den Wangen. Gaichi hatte ihr passend zu Saeko's Kleid einen Anzug geholt, sodass sie fast so aussahen als hätten sie einen Päärchenabend. „Kiriyan wird das gar nicht gefallen."

„Kiri ist eingeweiht. Sie fand die Idee lustig", sagte Gaichi nur und lachte, ebenso wie Osa. Yuuhi schnaubte etwas. War ja klar, dass ihre Freundin da mit drin steckte. Ihr war klar, dass Kiriyan nicht bei ihnen sein konnte bis spät nach der Show, denn Asako als Top Star und Kiriyan als deren Vice waren noch an einem Aftershowdinner beteiligt. Eine formell aufgezwungene Zurschaustellung der wichtigsten Leute in Tsukigumi. Yuuhi konnte da ein Lied von singen. Sie waren alle nur immer froh, wenn sie von dort flüchten konnten.

„Das wird sie mir noch büßen."

„Na das hoffe ich doch."

Der Rotton auf Yuuhi's Wangen wurde nur stärker. Sie wusste genau, was Gaichi damit unterschwellig meinte, sprach es aber nicht weiter aus. Saeko stand mit einem Mal bei ihr, hatte sich ihren Arm gepackt und lächelte verführerisch. Der ehemalige Tsukigumi-Star sah wirklich fantastisch aus in dem Kleid.

„Machen wir das beste draus. Und wenn die zwei mal nicht hinsehen, dann hauen wir einfach ab, okay?“

„Hm. Glaubst du wir sollten ihnen nicht wenigstens noch den Autoschlüssel wegnehmen, damit sie einmal durch die Stadt müssen?"

Die beiden Frauen sprachen extra laut und grinsten, als sie Osa's entsetztes Gesicht sahen.

„Das würdet ihr nicht..:"

„Mal sehn. Gehen wir besser. Sonst kommen wir zu spät."
 

Da sie mal ausnahmsweise im Kleid war hatte Saeko Gaichi dazu überreden können dieses Mal Osa ans Steuer zu lassen anstatt selbst zu fahren. Zwar war die ehemalige Senka immer etwas pingelig, wenn es um ihr Auto ging, aber sah es dann doch ein, dass sie in den ungewohnten Stoffstücken und den Absatzschuhen nicht wirklich fahrtüchtig war. Glücklicherweise waren sie genau so losgefahren, dass sie der Rush-Hour gerade so entkamen, sonst hätten sie es wohl nie rechtzeitig zum Theater geschafft. Die Türen waren noch nicht geöffnet, aber es war unhöflich erst kurz vor knapp ein zu trudeln, insbesondere, da sie ein Grüppchen vergleichsweise berühmter Personen waren. Gerade Yuuhi war sehr gefragt nach der Ankündigung, dass sie in ein paar Wochen der nächste Soragumi-Top-Star sein würde. Als sie vor dem Gebäude standen hielten sich die Fans, die sie dann doch notgedrungen erkannten, sehr zurück als sie merkten, dass die Gruppe lieber für sich bleiben würde.

„Hätte nicht gedacht, dass das so einfach ist", sagte Saeko und sah sich einmal in der Masse um. Gaichi hatte sich bei Osa eingehakt, warf ebenfalls einen Blick in die Runde. „Ich bin schon davon ausgegangen, dass wir den Hintereingang verwenden müssen."

„Es ist unhöflich einfach so auf einen zu zu gehen, nur weil man ihn erkennt. Ausserdem wissen selbst die Fans, dass wir unsere Ruhe wollen."

„Na wen haben wir denn da? Hätte nicht gedacht euch hier an zu treffen."

Oh nein bitte nicht. Saeko wiederstand dem Zwang, sich die Handfläche vor die Stirn zu schlagen. Das hatte noch gefehlt, doch der ehemalige Top Star lächelte höflich. Im Augenwinkel sah sie nur, wie Gaichi sich genervt wegdrehte. Und Saeko hatte schon gedacht, dass Gaichi den Yukigumi-Star nicht noch mehr hassen konnte. Sie bewies anderes.

„Guten Abend Chika. Was führt dich her?“

„Das Selbe wie euch nehme ich an. Ich will mir das Stück ansehen. Ich habe gehört Sena sieht fabelhaft aus."

„Ich kenne nur die Poster, aber ja. Es steht ihr sehr gut."

„Apropos. Schönes Kleid. Und obendrein im Partnerlook." Saeko entschied sich die zweite, mehr als deutlich provokant gemeinte Aussage zu ignorieren.

„Danke. Es ist mir aber neu, dass du auch ausserhalb deiner Troupe grün trägst."

Chika trug einen tiefgrünen Anzug, auf dem einige kleine Steine auf dem Kragen aufgestickt waren, ganz eines Top Stars würdig.

„Ich dachte ich putze mich etwas heraus. Und da ich als Vertretung für Yukigumi hier bin dachte ich mir, wieso nicht?“

„Du hattest den Anzug beim Abschlusstanz in Elisabeth an.“

„Du hast das Stück gesehen?“

„Nein. Aber du hast mir den Anzug schon vor Monaten unter die Nase gehalten und mir gesagt, dass er aus dem Stück ist.“

Chika tat für einen Moment, als müsste sie nachdenken, lächelte dann aber wieder.

„Ich hoffe dann, wir sehen uns drinnen. Wo sitzt ihr?“

„Loge."

„Wieso nicht vorne?"

„Von oben hat man einen besseren Blick."

„Na du musst es ja wissen." Sie verbeugte sich in aller Otokoyaku-Manier. „Angenehmen Abend und eine ebenso wundervolle Nacht wünsche ich euch. Saeko, Yuuhi, Haruno..."Kurze Pause als sie Gaichi ansah, die ihr immer noch demonstrativ den Rücken kehrte. „...dir ebenso, Midori."
 

Chika grinste, als sie das Vierergespann wieder verlies und sich auf den Weg nach drinnen machte. Dass die Vier auftauchten hatte sie nicht erwartet, aber sie war gespannt, ob Sena wusste, dass ihr ehemaliger Freundeskreis ihr zusah. Den Krach, den Asako gehabt hatte, war ihr nur über einige Ecken zu Ohren gekommen, aber dem Benehmen der Otokoyaku zu urteilen stimmten die Gerüchte. Sie hatte sich persönlich davon überzeugen wollen wie gut Sena als Tod war, sie vielleicht sogar nach dem Auftritt und dem Galaabend, zu dem sie auch eine Einladung erhalten hatte, mit zu sich nach Hause zu nehmen. Inzwischen hatte sie keine Lust noch länger auf ihren Liebling zu verzichten. Als Top Star hatte sie sich ein paar Karten ganz vorne reservieren lassen, nahm ihren Musumeyaku-Top-Star mit, denn man brauchte ja etwas Publicity, ebenso wie ein paar ihrer engeren Bekannten, von denen sie zwar weiß Gott nicht viele besaß, aber sie wollte ihnen dennoch einen schönen Abend spendieren. Wohl hauptsächlich um ihren neuen Liebling vor zu zeigen.
 

Kaum war der Yukigumi-Star weg schnaubte Gaichi einmal verächtlich.

„Was macht die bitte hier?", fragte sie und drehte sich wieder zu ihren Freunden um.

„Da bin ich genauso schlau wie du", meinte Osa nur und verschränkte die Arme. „Ich dachte die Yukigumis haben wieder Proben?"

„Nein erst nächste Woche", brummte die Senka. „Trotzdem. Sie hat hier nichts zu suchen."

„Gaichi..." Saeko seufzte einmal schwer. „Komm runter. Egal wieso sie da ist, sie kann schlecht auf die Bühne springen. Geniesen wir doch einfach den Abend." Der ehemalige Tsukigumi-Star lächelte etwas und schnappte sich erneut Yuuhi's Arm. „Gehen wir rein. Es fängt ziemlich an zu ziehen."

Zwar war es für diese Jahreszeit mehr als verdammt warm, aber dennoch war der Wind vergleichsweise frisch und sie fröstelten etwas.
 

Das Stück an sich war atemberaubend. Asako bewies sich ihrer Rolle mehr als würdig und sogar Kiriyan in ihrer verhassten Rolle als Franz machte eine gute Frigur, auch, wenn man ihr deutlich ansah, dass sie sich dort nicht wirklich wohl fühlte. Im Herzen war sie nunmal immer noch Lucheni. Saeko hätte schwören können, dass sie hinter der Bühne Masao das ein oder andere Mal die Kamera abgeluchst hatte und mit dieser hinter dem Vorhang rumlief. Da sie selbst schon in dieser Rolle gewesen war fielen Saeko auch die ganzen Eigenarten auf, die Asako in ihr Stück mit einbaute und von denen sie sich sicher war, dass der Direktor Protest erhoben hatte. Obendrein schlich sich, je weiter das Stück fortschritt, ein merkwürdig beklemmendes Gefühl in ihre Glieder. Asako war schon fast wieder zu überzeugend als Tod, was ihr an einer Stelle besonders auffiel: die Szene, in der der Tod Rudolph zum Suizid 'überredet', der Mayerling Walzer. Masao war in dieser Szene hervorragend. Selbst Saeko, die ja schon einiges mehr an Erfahrung hatte, kaufte ihr die Verzweiflung ab, mit der sie mit den Todesengeln tanzte, doch ihr Blick klebte die ganze Zeit an der Tod-Darstellerin. Dieser Blick und dieses Funkeln in den Augen war ihr unheimlich, ihre Bewegungen und ihr bleiches Aussehen machten es auch nicht besser. Sie war mehr als wunderschön in dieser Rolle, wirkte übernatürlich, so, wie es auch gedacht war, doch sie kannte ihre Freundin inzwischen gut genug um zu wissen, wann sie wirklich glaubte etwas zu sein und wann sie nur so tat. Und speziell in diesem Moment konnte die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin sehen, dass Asako mit jeder Faser ihres Herzens glaubte der Tod zu sein. Nur einmal vorher hatte sie etwas ähnliches bei ihr gesehen, doch in dieser Zeit hatte sie keinen Meter von der Dame ihres Herzens weg gestanden, selbst in der übernatürlichen Gestalt des Todes. Saeko biss sich etwas auf die Zunge, rutschte etwas in ihrem Sitz nach unten als sie dabei zusah, wie Asako mit Masao die Bühne hinuntergefahren wurden.
 

Nach dem Auftritt standen die Tsukigumi-Darsteller, noch immer in ihren Abschlusskostümen, hinter der Bühne und öffneten eine Flasche Sekt, stießen auf den gelungenen Auftritt an und lachten alle gemeinsam. Sogar Asako, noch immer das schwarz-lilafarbene Federrad auf dem Rücken, hatte sich zu ihnen gesellt, auch wenn sie weniger viel an den Gesprächen teilnahm und gekonnt besonders bei Kiriyan auf Abstand ging. Sie nippte kurz an ihrem Sekt, lächelte etwas zu sich. Ja der Auftritt war mehr als gelungen gewesen, genau wie geplant. Noch immer spürte sie das Kribbeln in ihren Fingern, dass sie so noch nicht kannte. Sie hatte während des Auftritts Natsuki im Publikum sitzen sehen. Spätestens jetzt musste sie zugeben, dass sie der bessere Tod von ihnen war, die bessere Schauspielerin. Das alles gehörte ihr.

„Sena!", rief eine ihr bekannte Stimme und kam zu ihr. Der kleine Sonnenschein lächelte sie an. Es war ihre Elisabeth-Darstellerin, den Namen hatte sie schon wieder vergessen. „Herzlichen Glückwunsch. Das lief alles wirklich gut."

„Dir ebenso", sagte Asako mit süfisanfter Stimme und lächelte. „Ich bin froh, dass du es geschafft hast beim Endtanz nicht zu stolpern."

Die junge Frau lief etwas rot an. Beim Training hatte sie es hier und da geschafft ziemlich böse zu stolpern und das immer wieder.

„Ich hab mich besonders angestrengt."

„Das weis ich doch, mein Engel."

Eine der Produzenten kam zu ihr. Die Frau war mehr als einen Kopf kleiner als Asako selbst, insbesondere, da die Tod-Darstellerin ja Absätze trug. Die Produzentin verbeugte sich etwas und Asako nickte ihr einmal zu.

„Die Direktoren verlangen nach euch. Sie wollen auf den Galaabend."

„Ah wundervoll." Asako gab ihren noch immer dreiviertelvollen Sekt an die nächstbeste Schauspielerin ab. „Ich ziehe mich gleich wieder um. Es ist doch in Ordnung, wenn ich das Kostüm verwende."

„Natürlich, natürlich. Tu was dir beliebt. Es ist ja nicht so, dass wir nicht vier Stück davon hätten."

Asako lächelte nur flach und zog sich zurück um ihre Sachen zu wechseln.
 

„Du siehst aus wie sieben Tage Regenwetter."

Saeko biss die Zähne aufeinander, starrte noch immer ein paar Sekunden auf den Boden, blickte aber schlussendlich doch zu Osa auf.

„Wie könnte ich nicht?"

„Was ist los? Asako war wundervoll und überhaupt finde ich, dass sie das Stück wirklich gut umgesetzt hatten."

„Das schon..."

„Aber?"

Saeko sah zu Gaichi und Yuuhi, die gerade Kiriyan abgeholt hatten und sich mit ihr unterhielten, sie lobten und ein wenig tratschten ehe Kiriyan wieder zu der Aftershowgala musste. Sie wusste nicht, wie lange sie ungehört mit Osa sprechen konnte, desshalb entschied sie sich etwa leiser zu sprechen. Kurzerhand zog sie Osa am Ärmel etwas näher und drehte sich so, dass sie den anderen den Rücken zuwandt.

„Findest du nicht, sie war etwas zu gut?"

„Wie meinen?"

„Ich weis auch nicht. Nur so ein Gefühl..."

„Denkst du etwa, dass sie wirklich glaubt der Tod zu sein?"

„...Sowas in der Art."

„Asako kann ganz gut zwischen Rolle und realem Leben unterscheiden. Wenn die Türen hinter ihr wieder zu gehen, dann wird sie die Rolle auch wieder los lassen."

„Hoffen wirs. Ihr Blick war..." Sie suchte nach dem richtigem Wort. „...bedenkenswert."

„Sie ist halt eine ausserordendlich gute Schauspielerin. Wenn selbst du ihr das abkaufst, dann sollte sie das als Kompliment sehen."

„Wenn du das sagst."

„Ja sage ich. Jetzt komm schon. Ich weis zwar nicht, ob Asako da auftauchen wird, aber zumindest mit Kiriyan können wir ja später auf die Aftershowparty."
 

Sehr viel später auf der Gala hatte Chika ihre meiste Zeit damit verbracht irgendwie an den umschwärmten Top Star in dem Tod-Kostüm heran zu kommen, was sich aber als durchaus komplizierter herausstellte als es zunächst klingen mochte. Asako hatte ein Talent dafür ihr gezielt aus dem Weg zu gehen und selbst wenn Sena mal etwas Luft hatte belagerten sie die Reporter und Fotografen. Nicht, dass sie sich nicht gerne zur Schau stellte, wobei die Aufmerksamkeit der Reporter merklich auf dem Tsukigumi-Star lag, aber sie wurde schon nach kurzer Zeit ziemlich ungeduldig. Immerhin wollte sie Sena endlich mal in diesem wundervollen Kostüm etwas näher kommen. Es hatte den typischen Otokoyaku-Schnitt. Ein hoch angesetzter Hosenbund um die Beine länger wirken zu lassen, etwas breiter geschnittene Schultern um die Körperform etwas zu kaschieren, Absatzstiefel um größer zu sein. Dennoch hatte es etwas einzigartiges. Trotz des wuchtigen Schnittes wirkte Sena ziemlich fragil, fast zerbrechlich, und doch stand sie da wie ein Fels, hatte eine ungeheure Ausstrahlung. Irgendwann hatte sie einen der Reporter dazu überredet, dass sie zusammen ein Bild machten, zwei der letzten Tod-Darstellerinnen gemeinsam sozusagen. Komischerweise stimmte Sena sofort zu und nachdem die zwei Schauspielerinnen gefühlte 20 Minuten im Blitzlichtgewitter verbracht hatten nahm die Tod-Darstellerin sie zur Seite, hatte dieses freche, verschmitzte Lächeln auf den Lippen.
 

Kiriyan, die sich noch immer mehr gegen ihren Willen als freiwillig, noch immer in der Gala stand, in ihrem weißen Anzug, den sie als Franz hatte wohlgemerkt, stand etwas fertig mit den Nerven etwas abseits an einem der Stehtische. Sie musste nur warten, bis Asako ging, denn das war quasi das Zeichen, dass es auch für die anderen Schauspieler in Ordnung war zu gehen. Dem Top Star folgten meist alle anderen und dann konnten sie für gewöhnlich auf die richtige Aftershowparty gehen anstelle dieses merkwürdigen Humbugs. Meist beeilten sich die Top Stars die Gala so schnell wie möglich zu verlassen, aber Asako schien sich besonders viel Zeit zu lassen. Wahrscheinlich nur um die anwesenden Schauspielerinnen weiter zu quälen. Apropos, wo war ihr Top Star eigentlich? Kiriyan begann sich in der großen Halle um zu sehen, aber aufgrund der großen Masse an Personen, die meisten Reporter und hohe Tiere, war es schwer eine bestimmte Person aus zu machen. Dann aber sollte man Asako aufgrund ihres Outfits ziemlich leicht finden können. Ihr Blick blieb an der silbernen Lockenpracht hängen, die etwas abseits der Menschenmasse zu sehen war. Die Vice ging auf die Zehenspitzen um zu sehen, was Asako da hinten trieb, denn sie hatte den ganzen Abend lieber in Beisein der Medien verbracht anstatt sich zurück zu ziehen. Da war noch jemand bei ihr.

„Ist das nicht Mizu Natsuki?", fragte Mirio, die sich zu ihr gesellt hatte. Sie war in ihrer Abschlussuniform, aber man sah ihr an, dass sie noch immer für Lucheni geschminkt war.

„Was?" Kiri sah verwirrt zu ihr. „Wo?"

„Na da hinten bei Sena. Oder vertu ich mich da nur?"

Nochmals sah die Franz-Darstellerin zu Asako. Diese hatte sich inzwischen an eine Säule gelehnt, sah die Person, die nahe bei ihr stand, mit einem für sie eher ungewöhnlichem Lächeln an. Asako war bekannt dafür, dass ihr Lächeln immer sehr fröhlich und ungezwungen aussah, aber das, was sie auf die Entfernung erblicken konnte war eher fahl und kalt. Vielleicht gerade desshalb so sexy, denn zu der Rolle passte es. Wenn sie es nicht besser wüsste, dann hätte sie fast gesagt, dass Asako flirtete. Sie sah dabei zu, wie sich die schlanken Finger mit den elegant lakierten Nägeln über den Kragen von Natsuki's Anzugjacke stahlen, hier und da einige der Steine abtasteten.

„Ich glaub das ist sie tatsächlich."

„Was macht sie hier?"

„Keine Ahnung."

Dann sah sie aber auch schon, wie Asako sich von der Säule abstieß, mit gezielten, fast schwebenden Schritten in Richtung Ausgang ging und einen kurzen Schulterblick zu Natsuki warf, die ihr wie ein läufiger Hund folgte. Dabei ernteten die zwei noch ein paar Bilder, aber die anderen Schauspieler fassten es als Startschuss auf auch endlich nach und nach die Gala zu verlassen, Kiriyan wohl allen vorran. Der Gedanke, dass sie endlich wieder zu ihren Freunden konnte erleichterte sie dann doch ungemein. Doch zuerst würde sie einen Abstecher ins Takarazuka-Dorm machen um diese verhasste Uniform los zu werden. Wen sie daran dachte, dass sie sich am nächsten Abend wieder hineinzwängen musste wurde ihr schlecht.
 

Es war viel zu leicht gewesen Natsuki zum Gehen zu überreden, obendrein hatte sie sich als Fahrer bereiterklärt. Praktisch, wenn man bedachte, dass Asako keine Ahnung hatte wo die Yukigumi-Darstellerin wohnte, doch war es nahe genug am Dorm, dass sie sich den Weg gut einprägen konnte. In diesem Moment wusste sie auch, wieso Kimu immer diesen Umweg zu ihr gefahren war.

„Tritt ein", sagte Mizu, hielt dem Tsukigumi-Star die Tür auf und Asako trat ein, sah sich einmal ausgiebig um. Ohne die Schuhe aus zu ziehen betrat sie das Wohnzimmer, sah dort eine Ledercouch mit passendem Sessel, einen Glastisch und eine Vitrine, in der eine nicht unbedenkliche Menge an wertvollen Weinen und Weinbränden stand, ebenso wie diverser anderer Alkohol von dessen Namen sie noch nie etwas gehört hatte. „Willst du die Schuhe nicht ausziehen?"

„Stört es dich etwa? Ich finde sie gehören zu diesem Outfit."

„Schon..."

„Ich nehme an das Schlafzimmer ist auf der anderen Seite?"

Mizu lächelte daraufhin nur verschmitzt, drehte sich im Türrahmen um und winkte sie einmal mit sich mit. Als Natsuki ausser Sichtweite war und Asako auf den Weg zum Türrahmen, griff sie einmal unter den Mantel in ihre Innentasche, in der sich vorher die Attrape für Rudolph's Tod befunden hatte. Jetzt kam dieses Ding endlich mal zum Einsatz. Sie hatte lange auf diese Nacht hingeplant, mehrere Monate sogar, auch wenn es zu Beginn nur eine dumme Idee gewesen war, ein willkürliches Hirngespinst, dennoch war es in ihrem Kopf geblieben und hatte sich weiter ausgeformt. Doch sie nahm die Hand wieder heraus als sie im Gang zu Natsuki sties und ihr in den fast ebenso großen Raum folgte, in dem ein fast königliches Bett stand, in tiefschwarzem Satin bezogen. So dann war sie also nicht die Einzige, die diese Art Bettwäsche mochte.

„Gefällt es dir?"

„Interessiert dich doch sowieso nicht."

Die Nixe grinste breiter, trat an Asako heran und schob die Hände über ihre Schultern. Da der Tod noch die Absätze trug war sie dann doch ein Stück größer als Natsuki.

„Auch wieder wahr."
 

Asako schien ihren kleinen Hinweis zu verstehen, schob die Hände auf ihre Hüfte und beugte sich zu ihr hinunter. Der Kuss ihres Lieblings war selten so süß, auch wenn sie das Make-up noch auf den Lippen fühlte. Es war ihr aber recht egal, denn sie bekam ja endlich, was sie schon so lange haben wollte. Bestimmt schob Sena sie Richtung Bett, was Chika ausnahmsweise mal zu lies. Lange würde sie sich nicht dominieren lassen, so viel stand fest. Das lies ihr Stolz einfach nicht zu. Kurz darauf spürte sie schon die weiche Matratze und die seidige Bettwäsche im Rücken, denn ihre Jacke hatte sie schon ausgezogen und das dünne, weiße Hemd hielt nicht wirklich viel auf sich. Asako's Hand schob sich ihre Hüfte hinauf, wobei die andere sich von ihrem Körper gelöst hatte, wahrscheinlich um ihre Jacke endlich aus zu ziehen. Chika war viel zu vertieft in das Zungenspiel um wirklich zu registrieren, was die andere da über ihr tat. Sie spürte aber, dass sich die Hände der anderen kurz darauf über die Unterseite ihrer Arme schoben, wobei der Yukigumi-Star automatisch die Arme über den Kopf legte um der anderen etwas mehr Freiheit zu gönnen. Als es mit einem Mal über ihr klickte stockte sie. Auch Sena löste sich von ihr und sah nur mit einem Blick an, der einem das Blut in den Adern gefrieren lies. Sie versuchte die Arme hinunter zu nehmen, sties aber auf Widerstand und sah nach oben.
 

„Dachtest du ernsthaft, dass ich mit dir schlafe? Nochmal?", fragte Asako spöttisch und hockte sich über der anderen auf die Knie, sah herablassend auf sie hinunter. Stumm sah sie dabei zu, wie Chika kurz verwirrt an ihren Händen und damit an den Handschellen rüttelte, mit denen sie die andere am Bettgestell festgemacht hatte.

„Mach mich gefälligst los."

Asako lächelte nur kalt, wobei dieses genauso schnell wieder verschwand.

„Wieso sollte ich?"

„Was soll das? Was bringt dir das?"

„Hast du geglaubt, dass ich es dir einfach durchgehen lasse, dass du mein Leben kaputt gemacht hast?"

Chika schluckte nur etwas, sah mit einer Mischung aus Wut und Angst zu ihr hinauf.

„Was..."

„Wegen dir habe ich alles verloren, meine süße Nixe. Meine Freunde, meinen Stand, meinen Einfluss... Und alles weil du mir aus deinen egoistischen Gründen damals das Stück gestohlen hast. Damit auch meine Freundin."

„Ich habe gar nichts..."

Sie machte bekanntschaft mit der linken Rückhand des Todes, wobei jene sich wieder über sie beugte.

„Weist du, was ich dir im Gegenzug nehmen werde? Deinen Stolz, Chika, das was dir am meisten bedeutet. Und du wirst es mögen."

Sena's Rechte mit dem Ring am Zeigefinger strich über ihren Hals und das Schlüsselbein hinunter, öffneten dort einen nach dem anderen die Hemdknöpfe. Noch immer saß der Schock über den plötzlichen Schlag ihr in den Knochen und verhinderten, dass sie weiter widersprach. Nur die Angst vor der Person, die sich über sie beugte, war präsent.

„Du hast keine Ahnung, was es heißt, der Tod zu sein", hauchte sie lächelnd gegen Chika's gerötete und noch immer schmerzende Wange, platzierte einen sanften Kuss darauf. Anschliesend packte sie den Kiefer der anderen mit der beringten Hand und zwang Chika sie an zu sehen.

„Asako bitte...“

„Bitte? Bitte was? Hat man auf mich gehört, als ich gebettelt habe? Hast du mir irgendeine Beachtung geschenkt, als ich zu dir kam und dich angefleht habe Saeko endlich in Ruhe zu lassen?“ Der Tod lachte einmal auf, warf dabei den Kopf in den Nacken. „Oh Chika. Du bist eine so herzlose Person. Osa sagte zu mir, dass ich dir ähnlich wäre. Soll ich dir aber etwas verraten? Ich kann noch sehr viel herzloser sein als du. In dem Moment, in dem du mich durch deine Tür gelassen hast, hast du deinen Untergang besiegelt, meine Nixe.“ Chika fühlte, wie sie bleich wurde und einmal hart schluckte.

„Du bist doch wahnsinnig...“, kam er nur atemlos von ihr.

„Ich sagte dir, ich mache dir diese Nacht unvergesslich...“

Act 3 Scene 10: Never turn your back

Am frühen Morgen wurde Hiromi von einem schrillen Klingeln geweckt. Stöhnend drehte sich die junge Frau auf den Rücken, schlug einmal mit der Hand auf den Wecker, während sie ein qualvolles 'noch fünf Minuten' jammerte. Das Klingeln verstummte aber nicht, sodass Hiromi doch die Augen aufschlug und erst einmal für einen Moment blind war von der plötzlichen Sonne, die direkt in ihr Zimmer und in ihr Gesicht schien. Wo kam dieses Klingel verdammt nochmal her? Die Otokoyaku sah sich um, tastete schlieslich nach dem Handy. Wenn es gerade dieser ohrenbetäubende Klingelton war, dann konnten es eigentlich nur zwei Personen sein. Ihr Vater oder ihre Vorgesetzte. Sie hoffte auf ersteres, denn ihr Vater war leicht ab zu wimmeln, doch ihre Hoffnung wurde herbe enttäuscht. Was wollte denn Natsuki um diese Uhrzeit nur von ihr? Sie hatten kein Training und wenigstens einmal hatte Hiromi ausschlafen wollen. Zuerst spielte sie mit dem Gedanken es einfach klingeln zu lassen, so zu tun, als hätte sie dieses ohrebetäubende Klingeln nie gehört, aber dann wiederum könnte es ja wichtig sein, denn sonst klingelte Natsuki nie so lange.. Sie ging dran.

„Morgen, Mizu“, gähnte sie in den Höhrer. Vielleicht verstand die Frau am anderen Ende ihr Problem. „Was ist denn so dringendes?“ Schweigen am anderen Ende. „...Mizu?“

„Ist deine Schwester bei dir?“

Merkwürdig. Natsuki's Stimme war mehr als gedämpft und zitterte hörbar, obwohl Natsuki wohl versuchte es zu unterdrücken.

„Uhm nein. Keine Ahnung wo sie gerade ist. Hast du sie mal auf dem Handy angerufen?“

Erneut eine Pause und Hiromi hörte die Frau am anderen Ende schlucken.

„Da geht sie nicht dran.“

„Soll ich was ausrichten?“

Der Top Star am anderen Ende schien zu überlegen, setzte zwei Mal zum sprechen an bevor sie etwas brauchbares raus bekam.

„Ja... Nein... Nein ist schon gut. Vergiss, dass ich angerufen habe.“

„Ist was passiert? Du klingst so merkwürdig.“

Zwar mochte Hiromi die andere nicht wirklich, im Gegenteil sogar, aber das hieß nicht, dass sie sich nicht um ihren Top Star sorgen konnte. Sie wusste von Saeko, dass Natsuki nicht gerade viele Freunde besaß, auch wenn sie allgemein sehr beliebt war.

„...Nein.“

Am besten sollte sie einfach auflegen. So tun als hätte sie nichts gehört, aber dann seufzte die junge Otokoyaku doch.

„Lüg mich doch nicht an. Was ist los?“ Abermals erntete sie nur ein Schweigen von der älteren am anderen Ende. „Mizu? Bist du noch da?“

„Könntest du vorbeikommen?“

Hiromi runzelte die Stirn. Natsuki bat sie um etwas? Irgendwas war gehörig schief gelaufen so wie sich die Yukigumi-Darstellerin anhörte.

„Das kann ich machen. Ich muss mich aber noch schnell fertig machen. Ich liege noch im Bett.“

„Ich warte...“

Sie legte auf, starrte noch etwas perplex auf ihr Handy. Hatte das Gespräch tatsächlich statt gefunden? Nur um sicher zu gehen durchstöberte sie ihre Anrufliste nach dem letzten eingegangenen Anruf. Tatsächlich Natsuki's Name und Nummer. Hiromi hatte ihrem Top Star ihre Nummer einmal vor Ewigkeiten gegeben, für Notfälle, aber Natsuki hatte sonst immer nur angerufen wenn sie etwas konkretes wollte. Dabei hatte sie aber nie... naja... so geklungen. Ihrer Stimme nach stand sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Glücklicherweise wusste sie, wo der Yukigumi-Star wohnte, denn sie hatte Saeko oft von dort abgeholt.
 

Asako, inzwischen aus ihrem Kostüm geschält und in einen gelben, schwarz bestickten Morgenmantel gehüllt, saß in ihrem Sessel und hing ihren Gedanken nach, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen. Natsuki zu brechen hatte wirklich länger gedauert als gedacht, aber das kleine Liebchen würde es nicht noch einmal wagen ihr in die Quere zu kommen. Wenn man jemanden nicht mit Vernunft von sich überzeugte, dann halt mit Gewalt. Spaß hatte sie an der ganzen Sache ganz und gar nicht gehabt. Natsuki's Körper ekelte sie noch immer furchtbar an und Asako hatte eine halbe Ewigkeit unter dem heißen Wasser gestanden bevor sie einigermaßen wieder in den Spiegel hatte sehen können. Gedankenverloren strich sie mit den Zeigefingern über den Ring an ihrer Rechten. Das alles hätte wirklich nicht sein müssen, dann aber heilige der Zweck die Mittel, so hart es auch klingen mochte. Niemals vergessen, niemals verzeihen. Ein Spruch, der sich in ihr Gedächnis gebrannt hatte.

Langsam erhob sich die Tod-Darstellerin von ihrem Platz, lief langsam, gemächlich einmal durch ihre Wohnung in ihr Schlafzimmer, wo der Mantel fein säuberlich ausgebreitet auf dem Bett lag. Sie hatte alle Zeit der Welt. Keiner würde ihr mehr in die Quere kommen. Eigentlich hatte sie alles, was sie wollte. Den Einfluss, den Ruhm, das Geld, die Leute, die Rolle.. Oh wie sehr sie diese Rolle doch liebte. Vorsichtig setzte sie sich neben den Mantel auf die weichen Kissen, strich mit der Hand über den sorgfältig verarbeiteten Samt und seufzte einmal bei dem Gefühl unter den Fingern. Niemand würde ihr das nehmen können. Niemand. Nicht einmal Saeko...

Saeko... Asako stockte. Die Ältere hatte sie vollkommen verdrängt gehabt. Sie hatte nur Natsuki gesehen, hatte ihre Rache im Kopf gehabt und ihren Plan. Den Faktor wieso sie das alles tat hatte sie völlig vergessen. Dann aber, wie hätte sie sich auch an sie erinnern können? Sie hatte so viele Gedanken gehabt in alle möglichen Richtungen und Saeko's letzte Nachricht war schon Wochen, wenn nicht gar Monate her gewesen. Wenn es stimmte, was Yuuhi gesagt hatte, wenn Saeko obendrein Alpträume von ihr hatte, dann würde sie wohl auch nicht mehr zurückkommen. Dann war der Tod, diese Rolle und diese Präsenz, die diese geliebte Person für sie hatte, tatsächlich das letzte, was ihr geblieben war. Asako klappte eine Seite des Mantels auf, griff dort in die Innentasche, wo sie die Handschellen, die sie von Natsuki wieder mitgenommen hatte, beiseite und zog stattdessen die silberne Taschenuhr heraus, hielt sie zwischen den Fingern auf ihrem Schoß. Im Kontrast zu dem goldenen Ring mit dem schwarzen Onyx an ihrem Finger wirkte das kaputte Schmuckstück geradezu jämmerlich.

„Du hast es versprochen“, flüsterte die junge Frau leise zu sich. „Oder hast du mich vergessen?“
 

Als Hiromi bei Natsuki ankam fand sie die junge Frau in einem fast kümmerlichem Zustand vor. Sie war leichenblass, hatte selbst für diese warme Jahreszeit einen dicken Rollkragenpullover an, dessen Kragen sie ganz hoch gezogen hatte, und eine lockere Jeans. Obendrein schaffte sie es kaum geradeaus zu laufen als Hiromi sie auf dem kurzen Weg von Eingangsbereich ins Wohnzimmer begleitete. Dort angekommen lies Natsuki sich auf die Couch fallen, zog die Beine an den Körper und starrte auf den Boden, Hiromi sich ihr gegenüber. Eine Weile beäugte sie ihren Top Star einfach nur, sah dabei zu, wie sie die Ärmel des sowieso schon zu großen und zu langen Pullis runterzog. Die sonst so stolze Frau saß ihr wie ein Häufchen Elend gegenüber. Ganz offensichtlich hatte sie auch geweint, wenn man den geschwollenen Augen nach ging.

„Also was ist passiert?“, fragte Hiromit mit einem wohl kühlerem Ton, als sie es gewollt hatte. „Du bist doch sonst nicht so.“ Natsuki schwieg, knetete nur nervös ihre Finger. Hiromi seufzte, stand wieder auf und setzte sich neben den Yukigumi-Star, beäugte sie etwas. Natsuki rutschte von ihr weg, aber da sie in diesem Moment einigermaßen nahe an Mizu dran saß fiel ihr der zartblau angelaufene Wangenknochen der anderen auf. Nicht ganz ein Feilchen, aber sie sah dennoch aus, als wäre sie irgendwo dagegen gelaufen.

„Was ist das?“ Hiromi streckte die Hand aus um fest zu stellen, dass es sich bei der zartlilanen Haut nicht etwa um Farbe handelte, doch als Mizu zurückzuckte war sie sich sicher, dass sie sich nicht täuschte. „Jetzt sprich endlich mit mir. Du wolltest, dass ich komme.“

„Ich... hatte einen Unfall, okay? Ich bin gegen eine Wand gelaufen.“

Hiromi grinste schief, legte den Kopf auf die Seite. Der Gedanke daran, wie der sonst so gefasste Yukigumi-Star gegen eine Wand lief, war doch schon recht amüsant.Doch als sie sah, wie Mizu mit zusammengebissenen Zähnen auf den Boden starrte war der Gedanke sofort wieder weg. Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, schluckte hart. In diesem kurzen Moment glaubte Hiromi sich eingebildet zu haben, dass sie auf Mizu's Handgelenk einen nicht unbedenklichen Rotstich gesehen hatte, doch Chika zog sich sofort wieder den Ärmel über die Stelle. Die junge Otokoyaku zog die Stirn kraus. Hatte sie sich das schon wieder eingebildet? Dann aber war die lilane Haut an ihrer Wange ja auch keine Einbildung gewesen. Kurzerhand nahm sie die Hand der älteren, wobei diese sie verwirrt ansah, drehte sie einmal in ihrer eigenen und zog den Pulloverärmel hoch, sah auf die wundgescheuerten Handgelenke der anderen. Obendrein hätte sie schwören können, dass da eine nicht zu verachtende Bissstelle an der Seite ihres Handgelenks war, die ebenfalls lila angelaufen war. Kaum hatte sie den Ärmel jedoch angehoben entriss Chika ihr den Arm, zog den Pulloverärmel bis fast über den Daumen und verschränkte die Arme, sodass Hiromi ihre Hände nicht mehr sehen konnte. Die Otokoyaku schwieg ein paar Sekunden.

„Mizu... was ist da passiert?“ Sie sprach ruhig, denn der verstörte Gesichtsausdruck ihres Top Stars wurde nur von deren offensichtlicher Panik unterstrichen. Egal, was da passiert war, es konnte nichts gutes bedeuten. Wieso hatte die andere sie überhaupt hergebeten, wenn sie eh nicht reden wollte? Mizu hatte sich etwas weiter von ihr weggedreht und obwohl ihre Haare so kurz waren verdeckten sie einen Großteil ihres Gesichts. Hiromi entschied sich besser nicht locker zu lassen, rutschte nochmals etwas näher zu ihr und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, sah dann, dass der anderen die Tränen in den Augenwinkeln standen. Sie bezweifelte, dass irgendjemand Chika je hatte weinen sehen. „Hey...“

„Bleib einfach da, okay?“, sagte Mizu mit zitternder Stimme, obwohl sie sich hörbar alle Mühe gab um hart zu klingen.

„Ich werde bleiben, aber dazu musst du anfangen mir ein wenig zu vertrauen.“ Mizu schnappte nach Luft um etwas zu sagen, aber nochmals würgte Hiromi sie ab. „Zeig mir deine Handgelenke.“ Ihr Top Star zog die Arme nur enger um sich, sah an die gegenüberliegende Wand. „Ich will dir doch nicht wehtun.“

Vorsichtig strich sie über die Haare der anderen. Erst dann merkte sie, dass diese ziemlich zerzaust waren und etwas rauh an zu fassen, als ob sie vorher schweißnass gewesen wären. Inzwischen hatte Hiromi einen sehr unguten Gedanken, hoffte einfach, dass sich das nicht bewahrheitete. Sie war sich nicht sicher, ob es die Geste an sich war, aber Mizu's Arme lockerten sich dann doch und sie legte sich die Hände in den Schoß ohne weiter zu reagieren. Erst als Hiromi erneut nach ihrer Hand griff sah sie zu eben jener, vermied sichtlich den Augenkontakt. Nochmals schob die jüngere Otokoyaku den Ärmel nach oben, besah sich die rot gescheuerte Haut und die Bisswunde genau an. Ob sie das an beiden Seiten hatte? Die Geste widerholte sie mit dem anderem Arm, dessen Handgelenk genauso wundgescheuert war, aber keine Bisswunde an dieser Seite. Die rötliche Haut sah mehr oder minder unbedenklich aus, auch wenn noch einige Hautfetzen daran hingen, doch die Bisswunde machte ihr etwas mehr Sorgen. Vielleicht war es besser, wenn man diese provisorisch behandelte.

„Hast du einen Erste Hilfe Kasten?“

„...Badezimmer.“

Die Otokoyaku erhob sich, verlies das Wohnzimmer und sah sich nach dem Bad um. Warum waren die Wohnungen der Top Stars eigentlich immer so gigantisch? Sie hatte schon immer gedacht, dass Saeko's gigantische Ausmaße gehabt hatte, aber das übertraf alles. Zwar waren die Räume untereinander abgeschlossen, dennoch wirkte die Wohnung hell und modern. Das Badezimmer hatte sie erst nach der gigantischen Küche gefunden, die größteteils aus Marmor bestand, die jeden Millionär hatte staunen lassen und das Badezimmer war nicht weniger imposant. Die schwarzen Fliesen wirkten edel und unterstrichen das Ambiente. Überall sah sie Kerzen stehen, die inzwischen bis zum Docht runtergebrannt waren und sah in der Ecke neben der Badewanne, Hiromi hätte schwören können, dass es ein Whirlpool war, einige Zeitschriften und Bücher liegen. Den Verbandskasten fand sie auf einem der kleinen Schränke, ging mit diesem zurück zum Yukigumi-Star ins Wohnzimmer, lächelte etwas.

„In deiner Wohnung verläuft man sich ja.“

Selbst Mizu's Mundwinkel zuckten kurz zu einem Lächeln, jedoch hatte sie sich sonst keinen Zentimeter bewegt. Nachdem sie sich hingesetzt hatte öffnete sie den Kasten, begann die Handgelenke der anderen zu behandeln und zu verbinden. Es war zwar nur Sicherheitsmaßnahme, aber so eine Entzündung war mehr als schmerzhaft. Davon konnte sie ein Lied singen. Da sie Übung im Verbinden hatte war es auch in Windeseile erledigt und erneut lächelte Hiromi.

„So. War doch gar nicht so schlimm, oder?“

Mizu schluckte einmal, schüttelte etwas den Kopf. Es war schon irgendwie merkwürdig ihren Top Star so gebrochen zu sehen. Was das wohl in ihr ausgelöst haben könnte? Dann aber interessierte sie vielmehr die Frage, ob Chika noch an anderen Stellen so Bisswunden hatte.

„Zieh den Pulli aus“, sagte Hiromi im leicht bestimmenden Ton und Chika zuckte zusammen. „Ich will mir nur was ansehen.“

„Nein“, sagte Mizu mit einem Mal, zog erneut die Ärmel bis nach unten und krallte sich in den Stoff an ihren Seiten.

„Chika ich will dir doch nicht wehtun. Du hast noch woanders so Wunden oder? Wenn sich das entzündet, dann wird’s richtig schmerzhaft.“

„Woher willst du wissen, dass ich noch mehr habe?“

„Du trägst nicht umsonst bei diesen Graden einen Pulli.“ Hiromi seufzte. „Schieb ihn wenigstens ein wenig hoch.“

Mizu drehte ihr den Rücken zu, krallte sich aber weiterhin in ihre Seite. Sie wirkte wie ein trotziges Kind, aber sie würde wohl ihre Gründe haben. Von sich aus würde sie wohl nichts tun. Vorsichtig legte sie der anderen Frau die Hände auf den Teil, der von ihren Finger noch zu sehen war, strich über ihre Seite hinab zum Saum des Pullovers. Es war wohl besser wenn Chika merkte, wo sie ihre Hände genau hatte anstatt den Pullover einfach rabiat hoch zu ziehen. Scheinbar wirkte es, denn der Yukigumi-Star entspannte sich etwas, löste die Krallen aus der Seite ihres Stoffes, wobei Hiromi genau sah, wie ihr Kopf weiter runtersackte. Langsam schob sie den Pullover etwas hoch bis auf etwa Brustkorbhöhe.
 

„Komm schon Schlafmütze. Aufstehen.“

Saeko rüttelte den Soragumi-Vice einmal ausgiebig, allerdings drehte Yuuhi sich nur stöhnend weg.

„Will nicht.“

„Willst du etwa den ganzen Tag verschlafen? Du musst heute Nachmittag noch zur Probe, schon vergessen?“

„Aber...“

„Nichts aber. Steh auf.“

Yuuhi zog eine Schmolllippe, versuchte sich irgendwie aus der Bettdecke zu schälen, in die sie sich über nacht wie eine Raupe eingewickelt hatte, was allerdings nur darin endete, dass sie mit einem erschrockenem Schrei von der Couch fiel und vor Saeko's Füßen landete. Die ehemalige Tsukigumi-Darstellerin lachte.

„Nicht lustig...“, wimmerte Yuuhi und sah zu der Älteren nach oben.

„Doch und wie. Komm geh duschen. Dann wirst du wenigstens wach. Sogar Osa ist schon auf der Arbeit.“

„Osa fährt ja auch länger. Ich muss nur einmal über die Straße.“

„Was bei deinem Tempo mindestens ebenso lange dauert. Los jetzt. Gaichi macht gerade Kaffee.“

Grinsend half die ehemalige Tod-Darstellerin ihrer Freundin auf die Beine, legte dann die Decke zusammen, nachdem sie diese einigermaßen entwirrt hatte, und legte sie ans Fußende der Couch. Sie hatte die Nacht auf der Matratze verbracht, die sie auf den Boden gelegt hatten, wobei Yuuhi auf der Couch geschlafen hatte. Kiriyan hatte sie am Vorabend noch spätabends angerufen, dass sie sofort nach Hause fahren würde, denn sie hatte einfach nicht mehr die Kraft gehabt nochmals aus dem Dorm zu gehen nachdem sie eine halbe Ewigkeit auf der Gala verbracht hatte. Saeko selbst hatte sich breitschlagen lassen zumindest ein paar Stunden mit auf die Aftershowparty zu gehen, wobei sie einen gehörigen Bogen um den Alkohol gemacht hatte. Sie hatte seit Jahren keinen Alkohol mehr schief angesehen. Eigentlich war sie in der Hoffnung hingegangen, dass Asako sich zeigen würde, aber vergeblich. Dabei wusste sie, dass ihre Freundin die Galaabende verabscheute wie nichts anderes. Irgendwann hatte sie ihre Freunde, wobei Osa und Gaichi die einzigen waren, die zumindest etwas angeheitert waren, nach Hause gefahren, da ihre drei Freunde am nächsten Tag alle arbeiten mussten.

Seufzend ging die ehemalige Otokoyaku in die Küche, wo sie schon Gaichi stehen sah. Dass sie Asako nicht zumindest gesehen hatte war dann doch eine ziemliche Enttäuschung für sie gewesen und es nagte noch immer an ihr. Sie lies sich in einen Stuhl fallen, fuhr sich durch die noch immer ungemachten Haare und schlug die Beine übereinander, die in einer grauen Jogginghose steckten.

„Immer noch so niedergeschlagen?“, fragte Gaichi, die gerade den fertigen Kaffee in ein paar Tassen goss und in eine eine gehörige Ladung Milch kippte.

„Was? Nein. Red doch keinen Unsinn.“

Im Augenwinkel sah sie Gaichi grinsen und ein paar Sekunden später hatte sie die ehemalige Senka auf ihrem Schoß sitzen. Auch wenn ihre beste Freundin es nicht gerne zugab, manchmal war sie ein totales Weib.

„Lüg mich nicht an, Saeko. Ich weis, dass das mit Sena dich immer noch mitnimmt.“

„Ich frage mich halt einfach, was mit ihr los ist. Sie war sonst auf jeder Afterparty, besonders auf ihren eigenen. Wieso diesmal nicht?“

„Zerbrich dir darum doch nicht den Kopf. Sie wahrscheinlich nur viel beschäftigt. Die Woche wird für sie nicht leicht.“

„Ja ich weis. Du hast mir den Plan gezeigt.“

Da Asako nach Elisabeth nur noch eine Saison dabei sein würde rissen sich die Medien um Interviews mit ihr. Hinzu kamen die Fotobücher, Shootings, das Training, das Special, dass angesetzt war, und und und. Saeko hatte das letzte Mal einen so umschwärmten Top Star gesehen als es an Wao und Mari ging. Die alte Top Star Kombi war noch heute eine der Lieblinge der Fans, wobei Asako es wohl irgendwie schaffte auch ohne einen Musumeyaku mehr als gut da zu stehen.

„Ich bin blos froh, dass diese kleine Schlampe gestern nicht mehr aufgetaucht ist.“

Saeko lachte etwas. Wenn es um Natsuki ging wurde Gaichi immer überaus vulgär.

„Na na. Ich versteh gar nicht, wieso du immer noch so einen Hass auf sie schiebst.“

„So Menschen ändern sich nicht. Das weist du.“

„Ich habe mich auch geändert.“

„Erst nachdem du Sena kennen gelernt hast. Und herrgott ich bin froh darum.“

Der ehemalige Top Star sah auf den Boden, sah aber auf, als Yuuhi in die Küche getappst kam. Gaichi stand dabei wieder auf, schnappte sich die Tasse mit dem Milchkaffee und drückte sie der Soragumi-Darstellerin in die Hand.

„Guten Morgen, Waschbär.“

„Waschbär?“, fragte Yuuhi höchst verwirrt und warf einen Blick ins nächstbeste Glas, wohl um zu überprüfen, ob sie irgendetwas von einem Waschbär hatte.

„Keine Sorge, da ist nichts. Ich hatte letztens aber eine Diskussion mit Kiriyan, dass du manchmal ein wenig wie einer bist.“

„Ich mag den Spitznamen“, sagte Saeko und Yuuhi zog eine Schmolllippe.

„Ihr seid gemein.“
 

Kaum hatte Hiromi den Pullover ein Stück nah oben gezogen zog sie einmal scharf die Luft ein. Der Rücken der anderen war völlig verkratzt und ein paar der Kratzspuren zogen sich einmal über ihren kompletten unteren Rücken bis über ihre Seiten. Auch merkte sie beim hochschieben, dass Mizu wohl die Abbinde nicht trug, geschweigedenn eine andere Art Unterwäsche um den Oberkörper. Es bestätigte nur ihre Vermutung, dass sie den Pullover nur flüchtig drüber gezogen hatte. Etwas zögerlich stand sie auf, ging an der Chika vorbei und setzte sich vor sie wieder hin, versuchte der anderen ins Gesicht zu sehen, wobei ihr Top Star ihr auswich.

„Mizu. Zieh den Pulli bitte aus. Sonst kann ich dir nicht helfen.“

Dieses Mal bekam sie keine abweisende Reaktion, aber eine wirkliche Zustimmung bekam sie auch nicht. Das hieß dann für sie wohl auf gut Glück. Sie rutschte etwas an Chika heran, zupfte einmal am Saum des Pullovers und schob ihn etwas hoch. Als die Yukigumi-Darstellerin noch immer nicht abwehrte schob sie das Stück Stoff hoch und zwang Mizu so mehr oder minder die Arme über den Kopf zu nehmen um den Rollkragen entgültig zu entfernen. Lange Zeit um sich den schönen Körper der anderen an zu sehen hatte sie nicht. Die Kratzspuren auf dem Rücken der anderen waren nur ein Vorspiel zu dem, was sich auf dem Rest ihres Körpers befand. Sie hatte überall Kratzspuren, mal mehr mal weniger tief, wobei einige eingetrocknetes Blut hatten, Bisspuren besonders am Schlüsselbein, dem Hals, den Schultern und den Unterarmen, und kleine, blau-lilafarbene Flecken überall, besonders am Hals bei den Bissen. Die Flecken sahen jedoch eher aus wie Knutschflecken, also war die nicht ganz so schöne lilane Farbe auf der Wange der anderen wohl eine Ausnahme gewesen. Wenn Chika nicht so niedergeschlagen wäre hätte Hiromi felsenfest auf eine verdammt heiße Nacht getippt. Vorsichtig strich sie mit den Fingerspitzen an eine der Bisswunden vorbei, wobei Chika scharf die Luft einzog und zurückwich.

„Hey keine Angst. Ich behandel dir das, ja? Könnte kurz wehtun, aber es wird schnell besser.“
 

Wieso Chika gerade Hiromi in diesem Moment an sich heran lies war dem Yukigumi-Star absolut schleierhaft. Es kümmerte sie doch sonst nie, was andere von ihr dachten, doch sie wollte nicht von Saeko's kleiner Schwester gerade so gesehen werden. Noch immer hingen ihr die Bilder der vergangenen Nacht nach und sie ging auch gar nicht davon aus, diese so bald zu vergessen zu können. Sena hatte ihre Drohung war gemacht. So schön sie auch war, so grausam war sie auch. Sie hatte es nicht gewagt weiter zu betteln oder sich zu wehren, aus Angst, sich einen erneuten Schlag ein zu fangen, doch obwohl sie alles, was Sena verlangt hatte, getan hatte war der Tsukigumi-Star erbarmungslos gewesen. Sie lange sie ans Bett gefesselt gewesen war wusste sie nicht, ebensowenig, wie lange sie auf den Knien auf dem Boden gesessen hatte und um Verzeihung gebeten hatte. Noch immer schmerzten ihre Knie von dem Teppich, über den Sena sie gezerrt hatte. Immer wieder hatte Sena ihr vor Augen gehalten, dass ihre Taten nur die Schuld des Yukigumi-Stars gewesen waren und ab irgendeinem Punkt, irgendwo zwischen Angst und Verzweiflung, hatte sie angefangen ihr zu glauben. Sie hatte ihr jedes Wort abgekauft.

Chika spürte das Brennen des Desinfektionsmittel kaum, hing weiterhin ihren Gedanken nach.

„Wer hat das getan, Chika?“, fragte Hiromi, die inzwischen wieder hinter ihr saß und ihr die Kratzer auf dem Rücken versorgte. Ja was war das eigentlich gewesen? Das war auf keinen Fall die Frau gewesen, die sie vor so vielen Jahren kennen gelernt hatte, die ihr betrunken von ihrer Sehnsucht nach Saeko erzählt hatte und damit Eifersucht in ihr geweckt hatte.

„Ein Dämon“, sagte der Top Star leicht monoton, starrte auf ihre verbundenen Handgelenke und biss sich auf die Zunge. Ein Dämon, den sie selbst erschaffen hatte, dabei hatte Saeko so oft gesagt, ihr gezeigt, dass sie nur zurück zu Sena wollte. Und sie hatte sie taktisch davon abgehalten, nicht zuletzt durch das Elisabeth-Stück zwei Jahre zuvor. Sie hatte gewusst, dass der alte Tsukigumi-Star nur wegen des Stücks nochmals nach Takarazuka zurückgekehrt war, hatte ihrem Vice aufgetragen, der sie zuvor wie eine Göttin verehrt hatte, Sena von der anderen fern zu halten. Sie hatte nicht mit einberechnet, dass Kimu sie hintergehen würde und hatte so den Einfluss, den der Tsukigumi-Star in Takarazuka gewann, nicht mehr aufhalten.

„Dämon? Scheint mir etwas unsinnig oder?“

„Nein. Das trifft es eigentlich ganz gut. Das ist kein Mensch mehr.“

Hiromi setzte sich wieder vor sie und Chika sah etwas zögerlich auf. Den Blick kannte sie. Zwar war es schon einige Jahre her, seit sie diesen Ausdruck gesehen hatte, aber ihre Schwester hatte sie einst genauso angesehen als sie ihr persönliches Tief hatte.

„Sprich doch endlich Klartext mit mir. Ich will dir doch nur helfen.“

„Mir ist nicht zu helfen.“

„Unsinn. Komm schon. Ich kenn dich so gar nicht...“

Ein Klingeln durchbrach die Stille. Hiromi griff daraufhin in ihre Jackentasche und zog das Handy heraus.
 

Am liebsten hätte Hiromi laut geflucht. Ein Anruf war das letzte, dass sie jetzt gebrauchen konnte. Sie seufzte etwas und sah Mizu entschuldigend an. Diese nickte nur und griff wieder nach dem Pullover, den sie sich überzog.

„Morgen“, sagte die Yukigumi-Schauspielerin.

„Morgen Hiromi. Hab ich dich geweckt?“ Die Stimme am anderen Ende klang frech.

„Wirklich witzig Mirio. Nein ich bin wach. Was gibt’s denn?“

„Klatsch und Tratsch. Du wirst mir nicht glauben.“

„Ich kann nicht glauben, dass du mich um die Uhrzeit anrufst um mir was zu erzählen. Mir ist grade nicht nach tratschen.“

„Du weist ich kann nachher nicht. Ich hab heute noch einen Auftritt.“

Hiromi schnaubte einmal genervt. Mirio war manchmal echt schwierig und sie fragte sich wie so oft, wie Masao es mit ihr aushielt. So gern sie die Tsukigumi-Darstellerin auch hatte, sie konnte einfach nichts für sich behalten.

„Schieß los.“

„Na also. Dann pass auf. Du wirst nicht glauben, wer gestern Abend zusammen von der Gala weggefahren ist. Und man hat die beiden auch nicht auf der Aftershowparty gesehen. Ich hoffe sie vertragen sich endlich mal. Wird auch langsam mal...“

Der Yukigumi-Schauspielerin schwarnte übles.

„Woh, woh. Langsam. Wer ist mit wem weg gefahren?“

„Na hast du mir nicht zugehört? Natsuki ist mit Asako weg gefahren. Und Asako war immer noch im Kostüm. Dabei dachte ich immer die zwei hassen sich. Und ich hatte dann doch recht als ich gesagt hab, dass ich die beiden auf dem Gang gesehen hab.“

Hiromi schwieg, warf einen Blick auf Mizu, die auf ihrem Platz weiter zusammensackte. Anscheinend ahnte sie, was die andere Frau am Telefon sagte.

„Uhm... Mirio? Kann ich dich morgen anrufen? Ist grade wirklich schlecht.“

„Wieso? Was ist los?“

„Erzähl ich dir ein andermal.“

Bevor Rio am anderen ende noch protestieren konnte legte die Otokoyaku einfach auf, sah noch immer Chika an, die den Kopf abermals so weit gesenkt hatte, dass die Haare ihr Gesicht verdeckten.

„Wieso hast du nichts gesagt?“, fragte Hiromi und rutschte etwas an die andere heran. „Du hättest doch einfach...“

„Weil es meine Schuld war. Desshalb.“ Die Stimme des Top Stars sackte ab und sie zog die Beine an den Körper, rutschte weiter in dem Sofa nach unten.

„Was soll das denn schon wieder heißen? Du bist an gar nichts schuld, wenn Sena dich misshandelt.“

„Sie hat mich nicht misshandelt.“

„Bitte?“

„Gut am Anfang hab ich mich gewehrt, aber irgendwie.. ich weis auch nicht wieso.“ Chika schluckte einmal. „Es tat so furchtbar weh, heißt nicht, dass es nicht gut war. Das was sie danach getan hat war viel schlimmer.“ Hiromi schwieg, hörte ihrem Top Star nur zu während sie erzählte. „Ich weis nicht wie sie es gemacht hat. Mein Kopf war noch komplett neblig und ich hatte solche Angst. Sie hat mich dazu gebracht sie an zu betteln und... noch so viel anderes. Ich weis schon gar nicht mehr was ich alles gemacht habe.“
 

Chika traute sich gar nicht von dem zu erzählen, zu dem Sena sie gebracht hatte. Es war nichts sonderlich peinliches gewesen, zumindest nicht, wenn man bedachte, dass es den Raum wohl nie verlassen würde, aber es hatte ihren Stolz zerstört. Insbesondere, dass Sena sie dazu gebracht hatte nackt vor ihr auf die Knie zu gehen, sie eine halbe Ewigkeit lang um einen einzelnen Kuss angebettelt hatte, den der Tod ihr eine so lange Zeit verwehrt hatte, dass sie geglaubt hatte wahnsinnig zu werden. Was genau sie in jener Nacht alles getan hatte, aber der Tsukigumi-Star hatte es geschafft alles, woran sie bissher festgehalten hatte, zunichte gemacht. Sie hatte sich noch nie derart jemandem unterworfen, hatte es auch nie vor gehabt, denn ihr Stolz hatte seinesgleichen gesucht, und alles was davon noch übrig geblieben war, war eine gebrochene Frau.

Chika riss ein wenig die Augen auf, als sie ein paar Arme um sich fühlte, ebenso wie kurz darauf den Zug an ihrem Körper. Sie fand sich auf Hiromi's Oberkörper wieder.

„Ich werde mal mit Saeko reden. Ich hab schon so einiges gehört von Asako und so kann es nicht weitergehen. Ich habe schon gehört, dass Sena grausam geworden ist, aber das geht zu weit.“

Die ältere Frau fühlte nur wie sich der Klos in ihrem Hals bildete und sie anfing zu schluchzen.
 

Die ehemalige Tod-Darstellerin war inzwischen von Gaichi wieder nach Hause gefahren, wo sie erst einmal ihr Kleid im Kleiderschrank und duschte erst einmal ausgiebig, da sie am Vorabend nicht dazu gekommen war. Seufzend ging sie an ihren Anrufbeantworter. Woher kamen die ganzen Nachrichten? Kurzerhand drückte sie auf den Knopf, aber ettliche Nachrichten lang legte der Anrufer einfach auf.

„Was zur Hölle?“

Dann klingelte das Telefon auf einmal. Saeko stoppte den Anrufbeantworter und sah auf das Display. Hiromi? Was wollte die denn? Sie hob ab.

„Saeko?“

„Hallo Hiromi.“

„Bist du allein?“

„Ja wieso?“

„Kannst du herkommen?“

Saeko seufzte einmal schwer.

„Hättest du das nicht früher sagen können? Ich war gerade in der Nähe des Dorms...“

„Nicht ins Dorm.“

...Nicht ins Dorm? Was sollte das schon wieder heißen? Hiromi wohnte doch dort.

„Und wo ist dann bitte 'hier'?“

„Mizu's Wohnung.“

„Bitte??“ Saeko wurde lauter, stand mit einem Mal stocksteif da. „Was machst du bei Natsuki??“

„Komm runter. Sie... Komm einfach her okay? Es ist wichtig.“

„Nichts könnte so wichtig sein, dass ich diese Wohnung nochmal betrete!“

„Es geht um Sena.“

Die ehemalige Tod-Darstellerin schluckte und biss die Zähne aufeinander. Was hatte Asako jetzt schon wieder mit der Sache zu tun?

„Hiromi. Was ist los?“

„Deine tolle Freundin“ Der Tonfall ihrer Schwester wurde mehr als sarkastisch. „fängt an richtig übel Scheiße zu bauen.“

„Das glaube ich dir nicht.“

„Desshalb sollst du herkommen und es dir selbst ansehen. Ich verzeih es dir nicht, wenn du nicht herkommst. Spring verdammt nochmal über deinen Schatten.“

Aufgelegt.

Saeko brauchte keine 15 Minuten bis sie sich umgezogen hatte und wieder in ihrem Auto saß. Dass Asako etwas mit Mizu zu tun hatte konnte nichts gutes bedeuten. Sie hatte von Kiriyan erfahren wie sich ihre Freundin verhielt, aber zu welchen Mitteln konnte sie greifen, wenn ihre kleine Schwester so ausser sich war?

Act 3 Scene 11: Finale Act 3

Noch immer fertig mit der Welt saß Saeko im Ledersessel, starrte ihre kleine Schwester, die die inzwischen schlafende Natsuki auf dem Schoß liegen hatte, fassungslos an. Sie konnte nicht so ganz glauben, was Hiromi ihr da erzählt hatte, aber als sie die Verbände an den Handgelenken des Yukigumi-Stars gesehen hatte, ebenso wie die Schürfwunden an deren Schienbeine, Hiromi hatte eines der Hosenbeine hochgekrempelt, bestand für sie kein Zweifel mehr. Asako drehte völlig durch, aber wieso ging sie so auf Natsuki los? Dann aber war die Frage selbsterklärend. Der Tsukigumi-Star hatte ihr Versprechen einfach nur eingelöst, auch wenn Saeko dabei nicht geglaubt hatte, dass Asako dabei mit solcher Brutalität vorging. Das klang so ganz und gar nicht nach der Frau mit den Rehaugen, in die sie sich damals verliebt hatte und noch immer verliebt war.

„Du kannst sie so nicht weitermachen lassen“, sagte Hiromi mit einem leicht gedämpften Ton. Sie wollte Natsuki wohl nicht wecken.

„Ich weis, aber was soll ich tun?“

Saeko wusste nicht weiter. Asako würde sie nicht anhören wenn sie schon nicht auf Yuuhi gehört hatte. Ihre Schwester wusste das.

„Das weis ich doch auch nicht, aber du kannst doch nicht zulassen, dass sie andere so terrorisiert.“

„Denkst du, das weis ich nicht? Ich arbeite da schon zwei Jahre dran.“

Seufzend warf Saeko den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und lies, wie sie es so oft tat, die letzten Jahre Revue passieren. Auch wenn sie nie wirklich da gewesen war, sie hatte versucht Asako zu unterstützen, indirekt, aber dabei hatte sie nur zugesehen wie ihre geliebte Freundin wie ein Lemming dem Abgrund entgegen lief. Sie hatte gehofft, dass spätestens Osa es schaffte sie am Kragen zu packen und sie zurück zu zerren, vergeblich. Saeko war eine von zwei Personen, die von dem Streit der zwei besten Freunde wusste, wenn auch nur von Gaichi. Zu gern wäre sie zu Asako gefahren, aber seit sie sich vor so vielen Jahren völlig betrunken gestritten hatten war der Tsukigumi-Star für sie unzugänglich. Und gerade jetzt könnte sie wohl eher gegen eine Wand reden und würde damit mehr erreichen.

„Und du hast nichts erreichen können?“

Die ehemalige Tod-Darstellerin schüttelte den Kopf.

„Ich glaube, ich habe es eher noch schlimmer gemacht. Du siehst ja, was passiert ist.“

Saeko stand auf, ging zu Hiromi und kniete sich vor sie, strich Natsuki eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war traurig, dass es so weit hatte kommen müssen. Dieser Frau verdankte sie viel, hasste sie für so viel mehr, aber das hatte sie nicht verdient. Keiner hatte das. Alleine würde sie das nicht wieder gut machen können.

„Und wenn du dich mal mit den anderen zusammensetzt? Wenn du alleine nichts erreichen kannst, dann vielleicht zusammen.“

Die ehemalige Tsukigumi-Schauspielerin stockte kurz. Mit den anderen... Sie hatte immer mit dem ein oder anderen geredet, kleine Gefallen, so wie sie es halt immer getan hatte, aber war es so klug sich mit allen ab zu sprechen? Dann aber verlangten Kriesenzeiten harte Maßnahmen. Saeko stand auf.

„Wahrscheinlich hast du Recht. Ich werde mal mit Osa, Gaichi, Kiri und Yuuhi reden.“

„Du solltest Kimu und Shio noch dazuholen.“

„Wieso?“, fragte sie verwirrt.

„Die zwei standen Sena so nahe wie niemand anderes sonst in den letzten zwei Jahren. Zumindest nach dem, was man sich erzählt. Die zwei könnten vielleicht ein paar gute Ideen haben.“

Und da sah man mal wieder, dass sie zu einer Familie gehörten. Manchmal hatte Hiromi weitaus mehr Grips als man ihr auf den ersten Blick zutraute. Saeko hatte etwas gegen Shio und insbesondere gegen Kimu, doch sie würde sich wohl zusammenreisen müssen.

„Ich seh mal, was ich tun kann. Ach und Hiromi...“

„Hm?“

„Danke. Aber ich muss dich noch um einen Gefallen bitten.“

„Der da wäre?“

Saeko nickte zu Natsuki.

„Kümmer dich um sie. Sie sieht zwar nicht so aus, aber sie braucht jemanden, der bei ihr bleibt. Zumindest solange bis es ihr besser geht.“

Hiromi sah sie ein paar Sekunden an, nickte dann nur.
 

„Dass Asako durchdreht wissen wir doch schon lange. Die Frage ist eher, was tun wir dagegen?“ Gaichi lies sich neben Osa auf die Couch fallen, schwenkte etwas das Wasserglas mit der aufgelösten Tablette in der Hand und rieb sich die Schläfen. Es war wenige Tage nach der Elisabeth-Premiere und Saeko hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt um die ganze Truppe für einige Stunden in einen Raum zu bekommen. Sie waren in Saeko's Wohnung, das hieß Saeko selbst, Gaichi, Osa, Kiriyan und Kimu. Yuuhi verspätete sich etwas und der ehemalige Tsukigumi-Star war sich nicht einmal sicher, ob Shio überhaupt vor hatte zu kommen. Sie hatte einige Male versucht die Hoshigumi-Schauspielerin an zu rufen, musste sich dann aber damit begnügen über Hiromi und Chigi eine Nachricht zu schicken. Eine Rückmeldung hatte sie nicht bekommen. Kimu stand auf genügend Sicherheitsabstand zu Saeko und Gaichi neben dem Sessel, auf dem sich Kiriyan niedergelassen hatte, Osa und Gaichi saßen auf der Couch und Saeko hatte sich auf dem weichen Hocker, der eigentlich als Fußstütze diente, gesetzt.

„Das weis ich ja nicht“, meinte Saeko und sah zu Gaichi. „Desshalb hab ich euch ja hergerufen. Ich bin absolut ratlos. Aber sie kann so einfach nicht weitermachen.“

„Warum reden wir nicht einfach alle zusammen mal mit ihr?“, fragte Kiriyan und sah in die Runde. Kimu warf sich kurz darauf ein.

„Selbst wenn alle zusammen auf sie einreden wird das nichts bringen.“ Die Yukigumi-Darstellerin fuhr sich durch die Haare. „Wenn sie nicht selbst denkt, dass es richtig ist, wird sie es nicht tun. Dazu ist sie zu stur.“

Es klingelte an der Tür und Saeko stand auf. Das würde dann wohl Yuuhi sein, doch an der Tür fand sie nicht nur Yuuhi vor.

„Ich hab unterwegs mal noch jemanden eingesammelt“, sagte die Soragumi-Vice und sah über die Schulter zu Shio, die sich höflich verbeugte.

„Chigi sagte mir, dass es wichtig ist. Ich konnte nur leider nicht früher.“

„Schon gut. Kommt rein. Die anderen sind schon da.“
 

Zuerst war Shio sich nicht so sicher gewesen, ob es eine gute Idee war dem 'Meeting', wie Chigi es so schön ausgedrückt hatte, bei zu wohnen. Die letzten Wochen waren für sie die absolute Hölle gewesen, denn der Tsukigumi-Top-Star hatte ihre Drohung mit Bravour wahr gemacht. Es lief nichts so wie es sollte, sie musste ständig Überstunden machen, schlief dementsprechend wenig und konnte kaum Zeit mit ihrer Freundin verbringen. Und egal was schief lief, das ganze trug jedes Mal aufs neue Sena's Handschrift. Als sie einen ziemlich bedrückenden Anruf von Chigi bekommen hatte, in dem sie meinte, dass sich Sena's Freunde trafen um weitere Schritte zu planen und dass sie daran teilnehmen sollte, hatte sie zunächst gezögert. Sie hatte mit der Tsukigumi-Schaustellerin abschliesen wollen, hätte sie am liebsten aus ihrem Leben gestrichen, aber sie merkte nur zu deutlich, dass es ein Ding der Unmöglichkeit war. Dazu hatte sie die andere zu tief in ihr Leben gelassen, also hatte sie Yuuhi eine Nachricht geschickt, ob sie nicht zusammen zu Ayaki fahren konnten. Zwar war es dem Soragumi-Vice sichtlich unangenehm, aber sie hatte zugestimmt.

Die blonde Schauspielerin trat in die Wohnung ein und hob erst einmal eine Augenbraue. Die Wohnung hatte fast erschreckende Ähnlichkeit mit der von Sena, hatte dann aber wieder einen völlig eigenen Touch. Der Tsukigumi-Star führte sie ins Wohnzimmer und neben den Glaswindspielen fielen der Hoshigumi zuerst die vielen Bilder auf, die überall standen. Sie sah dabei zu, wie Yuuhi zu Kiriya ging und Saeko sich auf den kleinen Hocker fallen lies und ging selbst zu den Bildern, sah sich eins nach dem anderen an. Die meisten davon zeigten Sena, Kiriyan, Osa, Yuuhi und viele mit Gaichi und Saeko waren dabei. Ihr fiel ein Bild ins Auge, auf dem alle Sechs gemeinsam zu sehen waren, wohl irgendwann im Herbst geschossen, denn sie saßen in buntem Laub und lachten. Saeko stand neben Kiriyan, hatte einen Arm um Sena gelegt, daneben Gaichi und schließlich Osa und Yuuhi, wobei Osa der Soragumi-Vice in die Wange kniff. Merkwürdig. Sena wirkte so anders auf diesem Foto als sie sie kennen gelernt hatte. Ihre Kleidung war eher üppig, bunt und willkürlich zusammengemischt, dennoch wirkte sie so unbeschwert und unschuldig. Anders als die sehr durchdachte und immer verführerisch wirkende Frau, die momentan auf der Bühne zu sehen war. Apropos Unschuld, da war noch ein weiteres Bild, dass Shio sofort ins Auge fiel, wohl, weil es fast gänzlich weis war. Es zeigte Sena. Die junge Frau lag auf einem Bett, nackt auf der Seite, das Bettlaken nur bis knapp über die Hüfte gezogen und den Kopf im Kissen vergraben, wobei die Arme locker vor ihr lagen. Sie schien zu schlafen, wirkte aber beinahe hindrapiert. Wenn sie nicht wüsste, dass Asako sich nie freiwillig so hätte fotografieren lassen, dann hätte sie geglaubt, dass es zu einem Shooting gehört hätte, denn auch wenn die junge Frau dort sichtlich nichts an hatte war ausser ein bisschen nackter Haut nichts zu sehen. Die Blonde sah zu Saeko. Ob sie diesen Schnappschuss wohl gemacht hatte? Sie warf einen weiteren Blick über die Bilder. Es waren viele Einzelfotos von Sena dabei. Saeko schien ein Gefühl dafür zu haben die schönsten Seiten des Tsukigumi-Stars ein zu fangen. Schon merkwürdig und beinahe traurig, dass Saeko nicht bei Sena war, denn sie war sich sicher, dass der ehemalige Top Star und Sena wunderbar zusammen waren.
 

„Ich hab ja versucht es ihr aus zu reden, aber sie hört einfach nicht“, sagte Yuuhi und kratzte sich an der Wange. „Momentan ist es leichter mit einem Eisblock zu reden als mit ihr.“

„Ja und dann wirft sie einen in den nächstbesten Pool, nicht wahr?“ Kiriyan schubste ihre Freundin leicht in die Seite, welche daraufhin nur missgelaunt brummte.

„Wie lange willst du mir das noch vorhalten? Sie ist nunmal verdammt stark, auch wenn sie nicht so aussieht.“

„Ich find es trotzdem wichtig.“

„Eine Sache versteh ich trotzdem nicht“, warf Osa zwischen die beiden streitenden/flirtenden jungen Frauen und lehnte sich zurück. „Worum geht es ihr? Ich dachte immer, dass es nur um das Elisabeth-Stück ging, aber das hat sie doch jetzt. Wieso ist sie immer noch so?“

Kimu sah zu Osa, fuhr sich einmal durch die Haare und seufzte.

„Es ist nicht das Stück an sich, sondern die Rolle. Die Rolle vom Tod hat sich tief in ihren Kopf gefressen. Sie hat kaum von was anderem geredet.“

„Aber selbst dann sollte sie doch endlich zufrieden sein.“

Saeko seufzte einmal schwer, rieb sich mit den Fingerspitzen den Nacken während sie einen Blick in die Runde diskutierender Frauen warf. Ihr Blick blieb jedoch an der blonden Otokoyaku hängen, die eines ihrer Bilder in den Fingern hielt. Sie hatte diese Bilder überall, denn besonders wenn es um Asako ging hatte sie immer eine Kamera dabei gehabt. Hier und da hatte sie sich einige Schnappschüsse ausgedrückt, wobei dort einige besonders schöne dabei waren für die die Fans wohl töten würden, geschweigedenn die ganzen Liebchen, die so auf Asako standen. Das, was Shio in dem Augenblick in den Händen hatte war eines ihrer Lieblingsbilder von sich mit ihrer süßen Freudin. Es war aufgenommen wurden kurz nach der Premiere hinter der Bühne, genauer gesagt von Kiriyan, die sich einen Spaß daraus gemacht hatte eine Digitalkamera auf das alte Stativ der Attrape zu stellen und damit in der Gegend zu fotografieren. Dabei waren einige Bilder von Yuuhi im Rudolph-Kostüm, einige von einer ziemlich hinüber aussehenden, halb geschminkten Gaichi, aber auch ein besonderes dabei herausgekommen in den Abschlusskostümen der Tod-Darstellerin und ihrer Elisabeth. Sie hatten sich in dem Moment sehr unbeobachtet gefühlt, besonders, da alle anderen Schauspielerinnen schon am feiern gewesen waren, und hatten sich in eine Ecke verzogen, dabei noch immer in den Kostümen des Abschlusstanzes, die sie für die Gala hatten tragen wollen anstelle der Standartkostüme. Asako hatte ihre Hände auf die Schultern der Tod-Darstellerin gelegt, Saeko selbst hatte die Arme um die Taille der anderen geschlungen und die zwei waren nur einige Milimeter voneinander entfernt voneinander gewesen. Es war der Moment gewesen, in dem sie Asako angesehen hatte, dass sie tatsächlich glaubte Elisabeth zu sein, dass sie daran glaubte, dass sie selbst wahrlich der Tod war, die sie so lange begehrt hatte und sie für immer lieben würde. Es spiegelte sich im Gesichtsausdruck der Jüngeren auf eben diesem Foto wieder.

„Ich hab mal eine Frage.“ Shio riss sie aus den Erinnerungen und Saeko sah wieder auf. „Wisst ihr überhaupt, wieso Asako diese Rolle unbedingt wollte?“

Osa hob nur verwirrt eine Augenbraue. „Damit sie Natsuki eins auswischen kann. Die zwei haben sich noch nie gemocht und immerhin hat sie ihr vor zwei Jahren schon das Stück geklaut.“

Shio schüttelte den Kopf.

„Das war nur ein Teil.“

Dann schaltete sich auch Yuuhi ein.

„Sie wollte Saeko näher sein.“ Sie sah zu der ehemaligen Tod-Darstellerin. „Sie hat fest daran geglaubt, dass du zurückkommst, wenn sie es schafft diese Rolle ebenso gut zu spielen wie du.“

„Richtig. Und da wären wir schon beim Problem des ganzen.“

„Dass da wäre?“

Saeko schluckte einmal und übernahm die Antwort für Shio.

„Sie glaubt tatsächlich der Tod zu sein. Und ich glaube wir sind schuld.“

„Was?“ Kiriyan sah etwas erschrocken auf. „Wieso? Wir haben nichts falsches gemacht.“

„Haben wir auch nicht. Wir wollten ihr ja helfen“, sagte Osa und fuhr sich einmal durch die Haare. „Aber in ihren Augen haben wir sie verraten. Asako war noch nie der Typ, der gut mit Streit umgehen konnte. Sie glaubt, dass wir sie allein gelassen haben.“

„Und was hat das mit dem Tod zu tun?“

„Denk doch mal nach Kiriya“, sagte Gaichi und Shio trat zu der kleinen Truppe, hatte das Bild noch immer in der Hand. „Asako hat mir immer vorgehalten, dass der Tod ihr ganzes Ziel wäre und dass sie gewillt war dafür zu töten wenn sie müsste. Sie will diese Rolle mit allen Mitteln festhalten und wenn das hieß, dass sie diese Rolle auch in ihrer Freizeit umsetzen müsste, dann ist es nur logisch, dass sie so handelt.“

Selbst Kiriyan hatte es in dem Moment wohl verstanden.

„Und... was machen wir jetzt?“

Bei Saeko brannte auf einmal etwas durch und sie trat gegen den Tisch, woraufhin die anderen Frauen erschrocken einen Satz machten. Wie konnte sie nur? Der Tod war nicht Asako's Rolle. Nicht, dass sie nicht gut genug dafür war, sie war sogar weitaus besser, aber ihre Rolle würde immer Elisabeth bleiben.

„Saeko?“

„Ich versteh sie nicht. War ihr Elisabeth nicht gut genug? Ich dachte, dass sie diese Rolle so sehr geliebt hatte. Immerhin war sie meine Elisabeth.“

Verzweiflung schlug in ihrer Stimme durch, wobei die Tod-Darstellerin für einen Moment sogar vergaß, dass nicht nur ihre engsten Freunde anwesend waren.

„Und... warum geben wir ihr ihren Tod nicht einfach wieder?“, fragte Yuuhi mit einem Mal und die Truppe sah kollektiv zu ihr.

„Was?“ Osa blinzelte etwas verwirrt. „Was soll das heißen?“

„Nun...“ Yuuhi schien nach den richtigen Worten zu suchen und sah dabei zu Saeko. „Ich versuchs mal so. Asako wollte den Tod spielen um wieder Saeko näher zu sein, richtig? Sie glaubt, dass Natsuki ihr Saeko damals weggestohlen hat indem sie den Tod, also deine Rolle, übernommen hat. Da sie selbst entschieden hat wer Elisabeth spielt hat sie die Rolle noch immer im Hinterkopf. Indem sie also den Tod spielt denkt sie, dass du wieder zu ihr zurückkommst, also zu ihr als Elisabeth.“

„Und was genau willst du mir damit sagen?“

„...Hast du das Kostüm noch?“
 

Die Auftritte waren viel, viel zu schnell vorbei gegangen, wenn es nach ihrem Geschmack ging. Das Gefühl, als Tod auf der Bühne zu stehen, war einfach unvergleichlich gewesen, so erfüllend, wie sie es seit Jahren nichtmehr erlebt hatte. Und jetzt war es vorbei.

Einfach so.

Ganz so hinnehmen würde sie es dann doch nicht. Keinem war es erlaubt den Tod nach ihr zu spielen, und wenn es hieß, dass sie die Elisabeth-Geschichte Takarazuka's gänzlich beenden müsste, dann würde sie es so hinnehmen und einrichten. Noch hatte sie genug Zeit. Noch ein Special und eine weitere Saison und sie würde es beenden können. Takarazuka, ihre Kontakte, einfach alles zu ihrem alten Leben. Sie würde endlich gänzlich neu anfangen können, ein neues Theater, dem sie schon zugesagt hatte, neue Bekanntschaften. Doch tief im inneren wusste sie, dass es nicht ganz so einfach war. Takarazuka war ihr Leben und sie liebte dieses Theater wie nichts anderes. Ebensowenig wollte sie ihre Kontakte einfach so vergessen und beenden, doch was war davon überhaupt noch übrig? Sie war berüchtigt und gefürchtet, nicht geliebt, so wie es eigentlich sein sollte. Keiner von ihnen konnte es verstehen.

Asako saß noch eine ganze Weile in ihrem Wagen vor ihrer Wohnung, starrte durch die Frontscheibe nach drausen und sah zu, wie der Regen aus der dichten Wolkendecke herabrasselte und wie ab und an ein Blitz die stockfinstere Nacht durchschlug. Die Elisabeth-Saison Tsukigumis war beendet und auch der letzte Auftritt war mehr als grandios verlaufen. Die Schauspielerinnen hatten geglänzt wie selten zuvor und auch wenn hinter der Bühne alles drunter und drüber gegangen war, war es mit Abstand der beste Auftritt gewesen. Nachdem der Vorhang gefallen war und sich die Schauspielerinnen einigermaßen hergerichtet hatten um an einer Aftershowgala teil zu nehmen hatte die Tod-Darstellerin in ihren schwarzen Anzug umgezogen, ihre Haare an einer Seite nach hinten geflochten, wie es bei ihrer Tod-Perücke war, und war einfach nach Hause gefahren. Sie wollte an dieser Gala nicht teilnehmen, um nichts in der Welt, auch wenn es den Regeln widersprach. Sie wollte nicht hören, dass sie den Tod nichtmehr spielen würde, wollte nicht, dass man sie danach fragte, wie sie sich denn fühlte, jetzt, da das Stück beendet war. Doch noch immer fürchtete sie sich in ihre Wohnung zurück zu kehren. Asako wusste genau, dass dort keiner auf sie warten würde. Wieso auch? Sie hatte ja niemanden. Sonst hatte sie immer Shio als Trostpflaster gehabt, aber anders als von ihr erwartet war die Blonde nicht wieder gekommen, egal wie viele Steine sie der anderen in den Weg gelegt hatte um sie zur Rückkehr zu zwingen. Auch Kimu war nicht wieder aufgetaucht und aus sicherer Quelle wusste sie, dass Mizusu ihr unter die Arme griff, sodass die Yukigumi-Vice nicht die volle Breitseite abbekam und es somit bei weitem leichter hatte als Shio. Von ihrem alten Freundeskreis hatte sie auch seit Monaten kein Wort mehr gehört und selbst Kiriyan, die sie immerhin regelmäßig sah, hatte kein freundliches Wort mehr mit ihr gewechselt.

Langsam lies Asako ihre Finger übers Lenkrad gleiten, wobei ihr Blick an ihrem Ring hängen blieb. Keiner würde ihr das nehmen. Dieses Kribbeln, dass sie immer bekam, wenn sie sich ihrer Rolle hingab wenn sie nicht auf der Bühne stand. Sie brauchte dieses Gefühl wenn sie schon sonst nichts hatte. Erneut sah sie nach drausen. So bald würde es woh nicht aufhören zu regnen, wesshalb sie sich entschied einfach aus zu steigen und in die Wohnung zu gehen. Es war schrecklich warm, dennoch behielt sie die lange Jacke an, als sie leicht durchnässt durch die Tür trat. Die Mühe das Licht an zu machen machte sie sich gar nicht, denn obwohl es stockduster war fand sie sich zurecht. Sie kannte sich immerhin besser in ihrer eigenen Wohnung aus als jeder andere, wesshalb es für sie auch kein Problem war das nächstbeste Glas zu finden und es mit einem Schluck Wasser zu füllen. Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer zog sie die silberne Taschenuhr unter ihrem Hemd heraus, die sie dicht an ihrem Herzen getragen hatte, blickte stumm auf das leicht reflektierende, angelaufene Silber als sie am Fenster stand. Lautstark prasselte der Regen gegen die Scheibe, durchbrach damit die Stille und hallte in ihren Ohren wieder. Saeko hatte sie nicht gesehen. Sie war nicht zum Auftritt gekommen, zu keinem. Sie hatte nicht sehen können, wie wundervoll sie als Tod gewesen war und wie viel Gefühl sie in diese Rolle gesteckt hatte. Asako nahm einen Schluck aus dem Glas und lies dabei die Uhr fallen, die um ihren Hals hängen blieb und sie anschließend auf die Flüssigkeit starrte. Ihr war nach etwas sehr viel stärkerem, aber sie hatte sich geschworen sich nicht mehr zu betrinken, egal wie verführerisch die Situation war. Stattdessen fühlte sie, wie die Einsamkeit, die Dunkelheit abermals in ihre Glieder kroch und sie trotz der Hitze frösteln lies. Sie kannte dieses Gefühl nur zu gut, hatte es in den vergangenen Wochen schon viel zu oft gehabt. Sie konnte sich entsinnen noch sehr jung gewesen zu sein als sie das Gefühl kennen gelernt hatte, damals in der Schule. Sie war immer sehr zurückhaltend gewesen in der Zeit, einsam und hatte immerzu alles in sich hinein gefressen, hatte viel geweint und sich ihrer Verzweiflung hingegeben. Die ganzen Schickanierungen und das Gelächter, dass sie sich immer eher männlich verhalten hatte. Damals hatte sie irgendwann Osa kennen gelernt und ihre Einsamkeit war Geschichte gewesen. Zumindest für eine Weile. Seit Saeko weg war hatte sie eine neue Art dieser Leere erkannt. Dieses klaffende Loch, dass ihr Tod in ihrem Herzen hinterlassen hatte, war einfach mit nichts zu füllen gewesen. Weder mit den Liebhabern, noch mit Arbeit, noch die Rolle, auf die sie so lange hingearbeitet hatte. Sie hasste ihr ganzes Leben. Das alles wollte sie nie sein. Sie hatte damals nie das Bedürfnis gehabt Top Star zu werden, wollte einfach nur an der Seite ihrer Freunde sein, wollte mit ihnen lachen und sich irgendwann verlieben, aus Takarazuka aussteigen und sich ein eigenes Leben aufbauen. Jetzt trat sie einfach nur auf der Stelle. Sie war unfähig sich neuen Personen zu zu wenden, irgendwelche Gnade zu zeigen oder los zu lassen. In ihrer Einsamkeit merkte sie immer wieder, dass sie sich in ein Netz verfangen hatte, dass sie sich selbst gestrickt hatte, hatte damit die Menschen eingebüst, die ihr am meisten bedeuteten. Irgendwann würde sie sich wohl daran aufhängen. Asako lächelte etwas. Ob es wohl so einfach war? Man starb und man befand sich in den Armen der Person, die man liebte? Sie schüttelte den Kopf. Wunschdenken, schon wieder.

Sie schreckte auf, als das Gewitter mit lautem Krachen über sie hinwegzog. Sie hoffte nur, dass es bald vorbei war, denn zwar liebte sie den Regen, aber den Donner konnte sie gar nicht vertragen. Sie sah hinaus in die stockdunkle Nacht, sah dabei zu, wie der Regen hinunter fiel. Damals hatte sie sich bei diesen Temperaturen gerne nach drausen gestellt und sich am warmen Wasser erfreut, aber das war schon eine Ewigkeit her. Der Top Star umklammerte ihr Glas etwas fester, biss die Zähne aufeinander. Irgendwas war anders als sonst. Es zog sich kalt ihren Rücken nach oben und sie hatte dieses bedrückende Gefühl schon wieder als ob ihr etwas im Nacken sitzen würde. Sie besah ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe, besah sich die Frisur, die sich sich gemacht hatte und die etwas an die Frisur ihrer Tod-Figur erinnerte und das noch immer vorhandene Make-Up. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht es zu entfernen. Wieso auch? Etwas anderes zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Eine dunkle Umrandung, die in ihrer Wohnung zu sein schien. Wegen der Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, was es war. Ein Blitz erhellte für einen Augenblick die Umgebung und was sie dann sah lies ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie erkannte eindeutig den Tod da in der Fensterscheibe, sanfte, silber-schwarze Haare, ein tiefschwarzer Mantel... es bestand einfach kein zweifel, dass das ihr Tod war. Erschrocken lies die Otokoyaku ihr Glas fallen, dass klirrend auf dem Boden aufschlug, und drehte sich herum um sicher zu gehen, dass es nicht nur ein Hirngespinst ihrer Fantasie war. Doch da stand sie. Der Tod in seiner vollen Schönheit, wie er stumm zu ihr hinüber sah und ihr Herz höher schlagen lies. Das konnte doch einfach nicht sein, oder? Es war unmöglich, dass diese ünmenschlich schöne Gestalt einfach hier in ihrer Wohnung stand. Asako fuhr sich durch die Haare, zumindest die, die nicht zurückgeflochten waren. Verlies sie langsam der Verstand? Klar, sie hatte sich oft in ihren Tagträumen verloren, hatte sich eingebildet darin zu sein, aber es war noch nie so real gewesen.

„Jetzt haluziniere ich schon.“

Verwirrt sah Asako auf die Scherben am Boden. Sie hatte doch gar nichts getrunken. Was zur Hölle war da in dem Wasser drin gewesen. Sie fasste sich an die Stirn, entschied sich zumindest die Scherben weg zu machen und das was auch immer da in dem Glas drin gewesen war auf zu wischen. Dass die Figur da immer noch auf der selben Stelle stand zeigte ihr nur, dass sie eindeutig durchdrehte. Zügigen Schrittes wollte sie an ihrer Haluzination vorbei, doch diese Packte sie am Oberarm und zog sie zurück. Abermals sackte Asako das Herz ein Stück in die Hose.

„Du haluzinierst nicht“, kam es fast hauchend, leise, doch bestimmt von der Person, dessen Krallen sich da in ihren Oberarm gebohrt hatten. Die Tsukigumi-Darstellerin fühlte, wie ihre Beine anfingen zu zittern und wie sich ihr Hals zuschnürte. Erst nachdem sie realisierte, dass sie den ungefähr einen halben Kopf größeren Tod anstarrte fand sie zumindest einigermaßen ihre Stimme wieder.

„Du kannst nicht da sein“, wimmerte sie fast, stolperte ein Stück zurück, wobei der Tod sie loslies und sich gänzlich zu ihr drehte. Asako fiel mehr oder minder gegen den Schrank, den sie mit einem Mal im Rücken hatte. Schwebenden Schrittes trat der Tod vor sie, legte ihr die bleiche Hand auf die Wange und strich mit den tiefschwarzen Fingernägeln über ihre Haut.

„Ich bin nur wegen dir gekommen, mein Engel“, hauchte die Person vor ihr und die Tsukigumi-Darstellerin rutschte wimmernd an der Schranktür ein paar Zentimeter hinab.

„Du kannst nicht da sein“, flüsterte sie unter der Berührung des Todes. „Was willst du?“

„Sch~“, hauchte die Schönheit vor ihr und legte die Hände an ihre Taille, zog sie ein wenig nach oben damit sie nicht gänzlich auf den Boden fiel. „Du musst vor mir keine Angst haben, Engel. Ich werde dir nicht wehtun.“ Asako fühlte, wie sich die Tränen in ihren Augenwinkeln bildeten. Sie konnte nicht sagen, was es war, dass sie da gerade empfand. Wut? Angst? Trauer? Freude? Das alles schien ihr so unwirklich. Doch als sie den heißen Atem des Todes auf ihrer Wange spürte, die Lippen, die ein Kribbeln auf ihrer Haut hinterliesen, wo der Herr des Hades ihre Träne weggeküsst hatte, hatte sie keinen Zweifel mehr daran, dass diese Gestalt tatsächlich da war.

„Mein süßer Engel“, hauchte die Gestalt auf ihre Lippen und lächelte dieses übersinnliche Lächeln, nach dem sie sich so sehr gesehnt hatte und spürte dabei, wie ihre Beine nachgaben. „Meine wunderschöne Elisabeth. Ich hab mich so nach dir gesehnt.“

Elisabeth? Wieso Elisabeth? Ihre Gedanken gingen mit einem Mal in so viele Richtungen, dass sie für einen Moment vergessen hatte zu atmen. War es nicht das, was sie immer haben wollte? Ihren Tod und sie als Elisabeth? Wieso aber störte es sie auf einmal so? Erst als der Tod die Hände unter ihre Jacke schob wurde ihre Aufmerksamkeit auf den Schattenprinzen gelenkt. Asako fühlte, wie sie zitterte, ebenso wie die Hände, die sich unter ihrer Jacke über ihre Schultern stahlen und die tiefschwarze Jacke hinunterstrichen, die achtlos auf dem Boden liegen blieb. Darunter trug sie nur das weiße Hemd, die Abbinde mal ausgenommen, und die silberne Uhr, die noch immer um ihren Hals hing. Die bleiche Gestalt vor ihr nahm ihre Hand, hob sie zu sich hinauf und betrachtete den Ring, der noch immer an ihrem Zeigefinger war.

„Den brauchst du nicht mehr, mein Engel. Das ist nicht deine Rolle.“

Asako sprach nicht, sah nur dabei zu, wie der Tod die Finger um den Ring legte und sanft daran zog. Dieser Ring war ihr alles. Ihre Rolle, alles was sie noch hatte hig daran. Sie wurde panisch, riss die Hand weg und stürzte am Tod vorbei Richtung Tür, drehte sich auf halbem Weg nochmals um.

„Niemand nimmt mir meine Rolle weg! Sie gehört mir! Ich lasse mir das nicht nehmen! Es ist alles was ich noch habe!“, rief sie hysterisch und stürzte aus der Tür.
 

„Asako“, rief Saeko ihr noch nach, stand für ein paar Sekunden stumm auf der Stelle als die Tür ins Schloss fiel. Verdammt sie war so nahe dran gewesen. War sie schon wieder zu schnell gewesen? Immerhin hatte sie Asako nicht verschrecken wollen. Wer war überhaupt auf diese hirnrissige Idee gekommen? Sie selbst hatte vergleichsweise wenig Mitspracherecht gehabt als es um die Abstimmung des Plans ging, aber sie hatte zugeben müssen, dass es alles war, was sie noch im Repertoir hatte. Sie hatte sich erneut in das Kostüm des Todes stecken lassen, wollte Asako damit konfrontieren und ihr zeigen, dass ihr Platz immer noch bei ihr war. Sie hatte sich von Shio ihren Ersatzschlüssel geben lassen, wobei die kleine Truppe unten in den Wagen wartete, denn der ehemalige Tsukigumi-Star hatte sich schon gedacht, dass Asako sicherlich versuchen würde ab zu hauen. Irgendwann hatte Saeko es doch geschafft sich aus ihrer Starre zu lösen und lief dem Top Star hinterher nach unten. Wenn es blos nicht so furchtbar regnen würde. Schnell war sie die Treppe hinuntergelaufen, rannte nach drausen um die Schauspielerin noch auf zu halten, aber weit und breit keine Spur. Sie lief zu dem Auto, dass vor der Haustür stand und klopfte dagegen. Gaichi stieg aus.

„Was ist passiert?“, fragte die Senka, hielt dabei den Regenschirm fest.

„Ist sie nicht hier vorbeigelaufen?“

„...Nein. Saeko was ist passiert?“

„Verflixt“, fluchte der ehemalige Top Star und sah bedrückt auf den Boden. Wo konnte sie hin sein? Wenn nicht runter dann vielleicht...

„Saeko?“

Die Tod Darstellerin fluchte abermals leise, griff in die silbernen Locken der Perücke und riss sie sich geradezu vom Kopf, lockerte die Haare darunter etwas auf ehe sie den Haarschopf der Senka in die Hand drückte, gefolgt von ihrem Mantel.

„Ich hab gleich gesagt, dass das eine dumme Idee ist“, sagte Saeko und lief erneut in Richtung des Hauses, stürzte dort die Treppen nach oben und sah sich dabei genau um. Es gab nur die zwei Wege. Entweder durch den Vorderausgang oder den Weg aufs Dach.
 

Asako hockte auf ihren Knien mitten im Regen, zitterte am ganzen Körper trotz des warmen Wassers und krallte sich in die Tascheuhr, die sie von ihrem Hals genommen hatte und fest zwischen ihren Fingern hielt. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Jetzt wollte man ihr auch noch dieses letzte Stück, an das sie sich klammerte, einfach wegnehmen. Doch was sollte sie tun? Flüchten? Das konnte sie nicht. Sie konnte nicht einfach aufhören. Asako legte den Kopf in den Nacken, starrte hinauf in den dunklen Himmel. Dass sie inzwischen klatschnass war störte sie nicht. Die Verzweiflung in ihr nahm überhand. Alles, was sie wollte, war doch nur ihre Freundin gewesen, ihr altes Leben, doch das alles konnte sie nicht ungeschehen machen. Ihr fehlte das ganze Rumgealbere mit Kiriyan, die Eifersuchtsanfälle, die Osa manchmal hatte. Sie vermisste es Yuuhi zu sagen, dass sie sich doch endlich Kiriyan nähern sollte, dass Gaichi sie immer wieder zurechtwies und verbesserte. Ihr sehnte sich danach, dass Kimu ständig um sie herum war und dass Shio jeden Morgen zum Kaffee vorbei kam und ständig in Kontakt mit ihr war. Asako schluchzte, lies den Kopf hängen und beugte sich vornüber. Am meisten fehlte ihr Saeko. Sie gierte nach der warme Haut der anderen, den sanften Berührungen, ihre Stimme, die Art, wie sie sich bewegte, wie sie sie aufheiterte. Sie verzehrte sich danach wie Saeko manchmal in schlechter Laune einfach nur dasaß und vor sich hin starrte, manchmal laut wurde und sie anschnauzte. Sie sehnte sich so sehr nach diesen seltenen Momenten, die sie miteinander geteilt hatten in denen sie sich einfach nur tief in die Augen sahen und sich ineinander verloren.
 

„Du hattest Recht. Der Sommerregen fühlt sich wirklich gut an.“
 

Nur langsam realisierte sie die Stimme neben sich, blickte auf die Seite und sah ein paar Stiefel, sah zögerlich nach oben und blieb schlussendlich beim Gesicht der Frau stehen, die sich neben sie gestellt hatte. Die Hände hielt sie vor sich, fing damit einige Regentropfen auf und sah mit in den Nacken gelegten Kopf in den Himmel. Fantasierte sie schon wieder? Fassungslos sah sie dabei zu, wie die Frau noch etwas den Regen zu genießen schien, anschliesend zu ihr sah und lächelte. Etwas in Asako brach in diesem Moment und sie sackte erneut etwas in sich zusammen, schluchzte und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie merkte noch, wie die andere einen Schritt näher kam.

„Asako...“

„Es tut mir so leid“, wimmerte Asako leise und raffte sich auf, drückte den Kopf gegen den Bauch der anderen, krallte sich in den Hosenbund der anderen. „Es tut mir alles so leid. Bitte bitte verzeih mir.“

Kurz darauf fühlte sie die Hände der anderen auf ihrem Kopf und ihrem Nacken, hielt sich nur noch an der Kleidung der anderen fest, da sie sonst wohl zusammengebrochen wäre.

„Beruhige dich mein Engel“, sagte die Ältere und kniete sich vor sie und hielt sie glücklicherweise an den Schultern fest. Ihre Muskeln schienen sie mit einem Mal nicht mehr tragen zu wollen. Stattdessen krallte sie sich erneut in das kaputte Schmuckstück.

„Verzeih mir...“, schluchzte sie erneut, schaffte es nicht den Kopf zu heben. Stattdessen spürte sie, wie Saeko ihr durch die Haare fuhr und sah mit tränenverschwommenen Blick, wie sich eine ihrer Hände auf die ihre legte. Sie öffnete ihre Hände etwas, gab damit die Taschenuhr preis. Erneut brach sie in Tränen aus. „Ich hab sie kaputt gemacht. Dabei hab ich versprochen... ich...“ Saeko hielt ihr die geöffnete Hand hin und Asako stockte. Dann wollte sie die Uhr wohl zurück. Verständlich, wenn man bedachte, wie sie dieses eigentlich so wertvolle Schmuckstück behandelt hatte. Es stand für so viel und sie hatte es mit Füßen getreten. Gerade als sie der anderen die kaputte Uhr in die Hand legen wollte sprach Saeko erneut, wodurch sie zurückzuckte.

„Egal, was du mir jetzt gibst, ich werde es wegwerfen.“

Ein wenig verwirrt sah Asako auf, schaffte es wohl das erste Mal, Saeko mehr oder minder ins Gesicht zu sehen. Aufgrund des Regens klebten die Haare an ihrem Gesicht, ihre Schminke war entgültig verlaufen und ihre Kleidung durchnässt an ihrem Körper klebend. Sie sah sie ernst und doch mit einer so unbeschreiblichen Sanftheit an. Egal was sie ihr geben würde? Was sollte das heißen? Ihr Blick fiel auf die Uhr, doch damit verbunden auch auf den Ring an ihrem Finger. Wie in Trance drehte sie die Hand ein Stück, besah sich das von ihr so geliebte Schmuckstück ein wenig genauer. Das letzte bisschen Stolz, dass sie hatte, hing daran. Alles, was sie sich erarbeitet hatte, hing daran. Einfach alles. Sie hatte nur dadurch den Mut gefunden alles, was sie getan hatte durch zu ziehen. Gab sie ihn weg, dann würde sie die Arbeit von Jahren einfach wegwerfen. Aber Saeko würde ihr nicht vergeben wenn sie ihn weiter behielt. Es war wie die Kette, die sie auf der Stelle hielt.

Langsam, zögerlich zog sie den Ring von ihrem Finger, lies ihn in der Handfläche liegen und strich nochmals mit den Fingerspitzen darüber ehe sie den schwarz glitzernden Ring in der von Saeko platzierte. Erneut krallte sie sich in die Taschenuhr in ihrem Schoß. Sie hörte nur, wie Saeko wohl ausholte und den Ring über die nächsten Dächer warf, sich anschliesend wieder vor sie hockte.

„Saeko“, flüsterte Asako leise, woraufhin sie die Hand auf ihrer Wange hatte, die ihr zärtlich die herabfallenden Tränen wegwischten.

„Wein nicht, mein Engel.“

„Aber...“

„Wir haben alle unsere Fehler gemacht. Mein größter war einfach nicht zu sehen, wie sehr du leidest.“

Asako fühlte mit einem Mal die Arme der anderen um sich, wie sie auf den Körper der anderen gezogen wurde. Die Uhr fiel klirrend auf den harten Stein als Asako die Arme um den Hals ihrer Freundin warf, das Gesicht an ihrer Schulter vergrub.

„Du musst nicht mehr allein sein. Ich bin immer bei dir. Ich war es die ganze Zeit. Wir waren es alle.“
 

Saeko drückte die jüngere Otokoyaku fester an sich, hatte sie dadurch halb auf sich liegen, was sie aber weniger störte. Sie hatte furchtbare Angst gehabt in dem Moment, Angst, dass Asako sich für ihre Rolle und gegen alle entschied, denen sie so viel bedeutete.

„Ich liebe dich“, schluchte die jüngere, was Saeko für einen Augenblick kaum verstehen konnte. Dennoch lächelte sie und biss sich auf die Unterlippe. Die Worte waren nie vorher so befriedigend gewesen, so süßlich.

„Ich liebe dich mehr als alles andere“, flüsterte die Ältere ihr ins Ohr, schmiegte den Kopf an den ihren. Mit einem Mal war der ganze Stress der letzten Jahre von ihr abgefallen und obgleich völlig durchnässt fühlte sie sich so gut wie selten zuvor. Der Augenblick war nur für sie beide.
 

Nur langsam schaffte Asako es ihre Tränen versiegen zu lassen, lag schließlich nur noch in den Armen der anderen und genoss die Wärme der älteren Frau. Der Tod, Elisabeth, Engel, Liebling, Teufel, Göttin, Monster, Dämon, was auch immer, einfach alles weg. Die Nähe der anderen Frau war alles, was sie wollte und begehrte, alles was sie sein wollte.

„Geht besser?“, fragte Saeko mit sanfter Stimme, und Asako nickte etwas. Sie fühlte die andere gegen ihre Haut lächeln. „Dann sollten wir wohl wieder runter. Die anderen warten auf uns.“

Asako blinzelte etwas. Die... anderen? Wer sollt das bitte sein? Die junge Frau setzte sich noch etwas mühseelig und zitternd auf, sah in das noch immer lächelnde Gesicht der anderen.

Auf ihren verwirrten Gesichtsausdruck lächelte diese nur etwas breiter, strich Asako eine der nassen Haarsträhnen zurück. Die Jüngere lehnte sich gegen die Berührung, schloss dabei ein wenig die Augen.

„Saeko?“

„Hm?“

„... Wenn ich das nächste mal so etwas dummes machen sollte schlag mich“, flüsterte sie, vergrub die Finger im Kragen der anderen.

„Es wird kein nächstes Mal geben.“

Asako lächelte sachte, strich der Älteren über die Wange und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen.

The Curtain falls

So stark hatte ihr Herz lange nicht geschlagen. Sie war so überglücklich, so erleichtert und so traurig obendrein. Der Gedanke, dass sie wohl nie wieder auf dieser Bühne stehen würde war so surreal und doch wusste sie, dass es wahr war. Den Strauß weißer Blumen in der Hand schritt Asako von der Bühne, zitterte noch immer am ganzen Körper und sie spürte, wie ihr die Tränen in den Augenwinkeln hingen. Dennoch lag ein Lächeln auf ihren Lippen. Ihre Mitschauspielerinnen drängten sich um sie, beglückwünschte sie und sprachen ihre Gefühle aus.

„Asako!“, rief Kiriyan, drückte sich durch die Schar an Frauen. Asako wandt sich von ihrer Gesprächspartnerin ab, zu ihrer Freundin, die schluchzend vor ihr stehen blieb.

„Hey Kiriyan. Wenn hier jemand Grund zum weinen hat, dann bin ich das ja wohl. Siehst du mich weinen?“

Kiriyan lachte leicht, rieb sich mit dem Ärmel über die Augen ohne dabei wirklich auf das noch immer vorhandene Make-Up zu kümmern.

„Nein. Ich kann es trotzdem kaum fassen, dass du gehst.“

„Ich bin doch nicht einfach weg. Wir sehen uns doch trotzdem noch.“

Kiriyan biss sich auf die Unterlippe, warf sich ihr an den Hals und drückte sich an sie. Der Top Star, mehr ehemaliger Top Star, drückte ihre Freundin noch etwas fester, hörte sie an ihrer Schulter schluchzen. Kiriyan war immer so furchtbar emotional, wenn es um Abschiede ging.

„Du wirst mir trotzdem fehlen“, kam es stockend von ihr und vorsichtig schob sie die andere von sich, sah ihr in die Augen.

„Ihr mir doch auch.“ Asako warf einen Blick in die Runde. „Ihr alle werdet mir fehlen.“ Sie schluckte den Klos im Hals hinunter und wandt sich einmal gänzlich an die Tsukigumi-Troupe, die sich um sie versammelt hatte. „Ich weis, ich habe es schon einmal gesagt, aber ich danke euch. Ich weis, ich war nicht immer ganz einfach, aber ich danke euch trotzdem, dass ihr hinter mir gestanden habt all die Jahre. Ich danke euch, dass ich mit euch lachen konnte. Und ich entschuldige mich für allen Ärger, den ich vielleicht nicht nur während des Trainings, sondern auch privat bei euch gemacht habe.“ Asako verbeugte sich einmal tief vor den anderen. „Ich hoffe, dass ihr mir verzeiht. Ich hätte mir keine bessere Troupe wünschen können. Vielen Dank.“

Sie erntete Applaus von den jungen Frauen und Masao kam zu ihr.

„Ich denk mal, dass Kiriyan nicht besser wird“, sagte die junge Otokoyaku frech und erntete einen trotzigen Blick vom zukünftigen Top Star. Asako lachte.

„Vielleicht. Wenn sie Ärger macht, dann stell ihr einfach ein Bein. Dann fängt sie sich wieder.“

„Hey!“, wimmerte Kiriyan und zog eine Schmolllippe. Mirio kam zu ihnen und lachte ebenso, legte Asako dann aber die Hand auf den Oberarm.

„Wir passen schon auf Kiri auf. Jetzt sieh aber mal zu, dass du den Abend noch geniest. Immerhin gehört er dir.“

Ihr Abend. Ihr Abschluss mit Takarazuka. Die Zeit in diesem Theater war so schnell vorrüber gezogen, dass sie sich manchmal wunderte, ob sie nicht erst vor ein paar Wochen in Hanagumi eingeteilt worden war. Es war zwar nicht das Ende, aber ein neuer Anfang. Immerhin würde Takarazuka immer ein wichtiger Teil in ihrem Leben bleiben, der größte Teil und ihr Herz würde wohl immer hier bleiben. Sie nickte und sah nochmal zu Kiriyan.

„Ich bin mir sicher, dass du wundervoll bist, Kiriyan. Genieß es.“

„Das sagt die richtige. Jetzt raus mit dir. Sonst gehst du nie.“

Nochmals lächelte Asako glücklich, nickte nochmals Mirio und Masao zu ehe sie erneut den weißen Strauß nahm und sich diesen genauer besah. Sie hatte sich schon oftmals vorgestellt dieser Tradition endlich nach zu kommen, aber dass der Tag gekommen war, war dann doch wieder unglaublich. Nicht nur, dass sie diesen Stauß bekam, sie bekam ihn als Top Star. Gemächlich ging die Otokoyaku durch den Gang richtung Ausgang, verabschiedete sich dabei noch von all den Leuten, die im Gang standen und die sie so lieben gelernt hatte. Ihr Herz pochte bis zum Hals als sie durch die großen Glastüren schritt und die Menschenmasse erblickte, die dort auf sie wartete, gefolgt von Blitzlichtgewitter und Musik. Für einen Augenblick stand sie nur auf der Stelle, sah sich einmal um. Dass so viele Leute nur wegen ihr da waren hatte sie nicht erwartet. Sie trat aus den Türen heraus, sah sich erneut um, lächelte anschliesend glücklich und drängte die Tränen etwas zurück. Sie hob die Hand und winkte den ihr völlig fremden Menschen zu, bekam dafür Applaus und einige von ihnen riefen ihr Glückwünsche zu. Es war ein so unvergesslicher Moment, dass Asako sich sehr zurückhalten musste. Wie lange sie in dem Blitzlichtgewitter stand wusste sie nicht, aber sie kostete jede Sekunde davon vollends aus.
 

Ein paar Meter entfernt stand ein tiefschwarzer Wagen, bereit um die ehemalige Otokoyaku auf zu sammeln und nach Hause zu fahren. Daran gelehnt wartete Saeko, in einen Anzug gehüllt, die Haare hochgesteckt, mit einem Hut und Sonnenbrille, denn erkannt werden wollte sie in diesem Moment im besten Willen nicht. Dieser Abend gehörte ganz allein Asako. Sie wusste wie aufreibend und doch so befriedigend es war dort inmitten der ganzen Menschen zu stehen die einen verehrte und um den Abschied aus Takarazuka trauerten. Sie wusste, dass ihre Freundin diesen Augenblick im Herzen behalten würde, auch, wenn Saeko für den Abend noch so viel mehr geplant hatte. Sie hatte sich entschlossen der Frau ihres Herzens endlich die ganze Wahrheit zu erzählen.

Seit der verregneten Nacht in der Asako endlich wieder zur Besinnung gekommen war, waren einige Monate vergangen. Der Abend selbst war für Asako mehr als nervenaufreibend gewesen, war mehr als einmal in Tränen ausgebrochen als ihre Freunde in Asako's Wohnung auf sie gewartet hatten. Bei Osa hatte sie besonders lange im Arm gelegen, was Saeko merkwürdigerweise nichts mehr ausmachte, anders als vor wenigen Jahren noch wo sie vor Eifersucht fast zerflossen wäre. Sie hatten sich die ganze Nacht ausgesprochen, Asako hatte zugehört und sie hatten sich Asakos Seite der Geschichte angehört. Das schlechte Gewissen nagte noch immer an der ehemaligen Tsukigumi-Darstellerin, denn sie machte sich Vorwürfe nicht früher eingegriffen zu haben, doch sie hatte versprochen, das alles hinter sich zu lassen. Asako war inzwischen zu ihr gezogen, denn sie hatte es in ihrer alten Wohnung nicht mehr ausgehalten und hatte fast ihr komplettes Inventar entsorgt. Nur der Sessel, den sie schon so lange hatte, stand, etwas aus der Reihe fallend, im Wohnzimmer und war regelmäßig in Benutzung. Auch zwischen ihnen hatte es sich inzwischen eingerenkt. Sie schliefen in einem Bett und auch wenn sie sich meist nur ein paar Stunden gesehen hatten wenn Asako vom Training nach Hause gekommen war, reichte es völlig. Es war keine Eifersucht mehr nötig, keine Bedenken über die Gefühle des jeweils anderen.
 

Nachdem Asako an ihrem Fanclub vorbeigegangen war, der fein säuberlich aufgereiht vor der Menschenmasse hockte und sie verabschiedete, ebenso an den ganzen anderen Menschen, die sie bewundernd angesehen hatte, und an der Gruppe Takarazuka-Darstellerinnen, unter denen sie auch ihre Freunde entdeckte, warf sie nochmals einen Blick in Richtung des Takarazuka-Gebäudes. Sie spürte, dass es Zeit war das ganze ab zu schließen und sie hätte sich kein schöneres Ende ihrer Ära wünschen können. Ihr Blick fiel die Straße hinunter zu dem Wagen, der schon für sie bereit stand und sie musste abermals lächeln. Trotz der vermumten Gestalt erkannte sie die Dame ihres Herzens genau. Der Abend fing also erst an. Gemächlich ging sie zu der Frau, die ihr lächelnd die Tür zu dem Wagen öffnete und Asako drehte sich nochmals um, winkte den Menschen, die die ganze Zeit mit ihr durchgehalten hatten ehe sie schlussendlich auf den Beifahrersitz stieg und die Tür geschlossen wurde. Noch immer sah sie durch die Scheibe das Blitzlichtgewitter und sie sah sich das Szenario an bis sich der Wagen in Bewegung setzte und sie das Theater hinter sich liesen. Erst dann nahm Saeko den Hut und die Sonnenbrille ab,

„Und?“, fragte die andere als sie an einer Ampel zum stehen kamen. „Wie fühlt es sich an?“

„Unglaublich. Unwirklich.“

Asako sah nur, wie Saeko am Steuer grinste und sich etwas mehr in ihrem Sitz zurücklehnte.
 

Zuhause angekommen hängte Asako den Strauß Blumen, immerhin waren es Kunstblumen, wenn auch sehr fein verarbeitete, zu Saeko's Strauß, den sie vor Jahren erhalten hatte und betrachtete sich beide. Sie hatte auch eine der Federn von ihrem Federrad zu der des ehemaligen Tsukigumi-Stars gehängt, ganz wie es Brauch war. Danach ging Asako zurück ins Wohnzimmer, wo Saeko schon mit einem Glas Sekt in der Hand auf sie wartete. Sie grinste schief.

„Ich dachte es gibt keinen Alkohol im Haus?“, fragte Asako frech, nahm eines der Gläser dennoch in der Hand.

„Zur Feier des Tages. Wir wollen uns ja nicht betrinken. Es passiert immerhin nicht jeden Tag, dass eine Takarazuka-Geschichte zuende geht.“

Asako trat an die andere heran, nahm deren freie Hand und drückte sie vorsichtig.

„Unsere fängt aber erst an. Auch wenn Takarazuka immer ein Teil von uns sein wird.“ Als Saeko etwas bedrückt zu Boden sah stockte Asako jedoch. „Was? Was ist los?“

„Du kennst meine Geschichte nicht.“

„Hm?“

Saeko sah auf, stellte das Glas beiseite und sah ihr in die Augen.

„Ich kenne deine Geschichte bei Takarazuka. Ich habe dir aber nie meine erzählt, aber ich würde es gerne nacholen. Das heißt... wenn du gewillt bist mir zu zu hören.“

Die jüngere nickte leicht und setzte sich zu Saeko auf die Couch, stellte ihr Glas beiseite ehe sie die Beine hochlegte und sich an ihre Freundin lehnte. Die ältere legte den Arm um sie, schwieg aber für einige Sekunden.

„Du musst das nicht machen, wenn du nicht willst“, sagte die Jüngere und schmiegte den Kopf an Saeko's Schulter.

„Ich will es ja. Es ist nur so schwer an zu fangen.“

„Erzähl mir doch einfach, wie du nach Takarazuka gekommen bist.“

„Gut. Aber Asako? Unterbrich mich bitte nicht.“

Asako nickte nur etwas, nahm die Hand der anderen und strich zärtlich mit den Fingerspitzen über die zarte Haut.
 

„Ich bin nach Takarazuka gekommen durch eine Empfehlung meines alten Lehrers. Er sagte, dass ich ein ausserordendliches Talent hätte und dass ich es weit bringen könnte. Ich hatte schon vorher von Takarazuka gehört, aber so wirklich in Betracht gezogen hatte ich es nie. Dennoch hielt man mir immer mein Talent vor und irgendwann habe ich angefangen daran zu glauben, dass ich es mit Leichtigkeit zum Top Star bringen konnte. Die Takarazuka-Schule fiel mir vergleichsweise schwer, aber dennoch hatte ich es irgendwann zu meinem Abschluss und in eine der Troupes geschafft, Tsukigumi. Zu meinem Eintritt dort hatte ich mir diese Taschenuhr gekauft. Ich fand sie wunderschön und sie stand damals für die ganzen Träume, die ich hatte. In Tsukigumi hatte ich einige Jahre nur sehr kleine Rollen gespielt, was mich damals sehr frustriert hat. Ich dachte mir, wenn ich wirklich so talentiert bin, wieso schaffe ich es nicht wie so viele andere zumindest in den Shinji Kouen Produktionen eine einigermaßen große Rolle zu bekommen? Damals war ich noch ziemlich naiv, denn keiner der neuen Schauspieler erhielt sofort eine große Rolle. Nach drei Jahren habe ich Natsuki kennen gelernt. Damals hatten wir nie wirklich viel miteinander zu tun und auch als ich die nach Hoshigumi gewechselt hatte waren wir nicht mehr als Bekannte. In Hoshigumi habe ich auch das erste Mal eine Hauptrolle bekommen, wenn auch nur im Shinko-Cast, aber ich fühlte mich so wundervoll dabei. Die ganze Aufmerksamkeit hatte mir das Adrenalin in die Adern geschossen und ich wollte mehr davon. Ich hatte Natsuki wieder getroffen. Sie war bei meinem Auftritt gewesen und fand mich wundervoll. Ich war damals sehr geschmeichelt und wir fingen an uns öfter zu treffen. Es ging eine ganze Weile und es lief sogar immer besser. Ich war beliebt, hatte immer größere Rollen und hatte sogar Fans. Irgendwann fand ich heraus, dass Natsuki hinter meinem Rücken die Fäden zog und ich wollte mich von ihr lossagen. Damals hab ich sehr schmerzhaft zu spüren bekommen, dass Natsuki geradezu besessen von mir war und mich auf keinen Fall loslassen wollte. Wenn ich wirklich Top Star werden wollte, dann hatte ich gefälligst bei ihr zu bleiben. Zuerst spielte ich mit, fing aber an mein eigenes Netz zu spinnen. In der Zeit habe ich auch Gaichi kennen gelernt. Sie war damals für mich nicht mehr als ein Laufbursche und ein Spielzeug, aber immerhin war sie da. Sie war eine Ablenkung für den Terror, den Natsuki auf mich ausgeübt hatte, genau wie viele andere auch. Irgendwann hatte Natsuki davon Wind bekommen und hat mich zur Rede gestellt. Ich habe ihr gesagt, dass ich keine Lust mehr auf sie habe und dass ich es ganz alleine zum Top Star bringen würde. Die Rechnung bekam ich postwendend einige Monate später. Ich wurde in die Senka-Troupe versetzt. Ich wusste genau, dass es Natsuki's Schuld war ud da war es mit meinem Traum vom Top Star vorbei. Natsuki hatte es geschafft mir sämtliche Kontakte zu unterbinden und auch Gaichi, die mit mir nach Senka versetzt worden ist, hatte mich sitzen gelassen, da sie es für meine Schuld hielt, dass sie in Senka sein musste. In dem Moment hatte ich gemerkt, dass ich alles verloren hatte, was mir etwas bedeutete und selbst Hiromi lies mich hängen nachdem ich sie angeschrien hatte. Ich weis nicht wie lange ich in Selbstmitleid versunken bin, aber es war viel zu lange. Trotzdem spielte ich meine Rolle weiter, lächelte auf der Bühne und tat, als ginge es mir gut, obwohl es mir mieserabel ging. Irgendwann erhielt ich die Nachricht, dass ich mit einer der Troupes auf Tour gehen würde, obendrein mit mir in der Hauptrolle als Oscar und als André. Eine Doppelbesetzung also. Ich war damals so überglücklich, dass ich geweint hatte, das heißt, bis ich gesehen hatte, wer mit mir den Lead übernehmen würde.“

„Natsuki“, warf Asako dann doch ein und Saeko nickte etwas, lehnte den Kopf an den ihrer Freundin.

„Natsuki. Merkwürdigerweise behandelte sie mich wie jeden anderen und ich schaffte es irgendwie mit ihr zusammen zu arbeiten obwohl sie mein Leben und meinen Traum zerstört hatte. Kaum waren wir von der Tour zurück stand sie bei mir vor der Tür. 'Hat dir der Ruhm gefallen, der Applaus?' hatte sie mich gefragt und ich wusste, dass ich wahrheitsgemäß antworten musste. Sie hätte sofort gemerkt wenn ich sie anlüge und hätte mir das Leben nur noch weiter zur Hölle gemacht. Und das Gefühl so im Rampenlicht zu stehen und umjubelt zu werden war einfach unvergleichlich gewesen. Sie sagte mir, dass sie mir helfen könnte. Ich könnte immer noch Top Star werden, ich müsste nur tun, was sie wollte. Ich lies mich zu ihrem Liebling degradieren, hörte aufs Wort und wie sie versprochen hatte wurde ich aus Senka wieder nach Tsukigumi transferiert, dort wo ich angefangen hatte. Ich hatte mich gefragt wie Natsuki das gemacht hatte, aber ich weis es bis heute nicht. Dort habe ich Kurara kennen gelernt ebenso wie Yuuhi und Kiriyan. Ich habe mich super mit allen dreien verstanden, ebenso wie mit dem Rest der Troupe, wobei ich schnell gemerkt hatte, dass Kurara es nicht bei Freundschaft belassen wollte. Ich traf mich mit ihr, heimlich, weg von Natsuki's Blicken, auch wenn es zwischen uns nie mehr geworden ist. Nicht mal ein Jahr darauf feierten wir den Abschied meines Top Stars und mein Debut als Tsukigumi-Star. Als Kurara mit mir die Kombi gebildet hatte wurde dann Natsuki doch aufmerksam. Damals hatte ich auch flüchtig mit Gaichi zu tun, doch als Natsuki mich gezwungen hatte Kurara den Laufpass zu geben hatte ich einen Zusammenbruch. Gaichi war damals die einzige gewesen, die mir zugehört hatte. Ich erzählte ihr davon, wie Natsuki mich kontrollierte, dass sie mir den Kontakt zu anderen ausserhalb der Proben gänzlich untersagte, damit auch den Kontakt zu Yuuhi und Kiriyan, die ich in der Zeit sehr lieb gewonnen hatte, und davon, dass ich Kurara das Herz gebrochen hatte, ebenso von den ganzen kleinen Affairen, die ich über die Jahre gehabt hatte. Ich kann mich noch gut erinnern, dass das der wohl erste Moment seit Jahren war, dass ich wieder ehrliche Gefühle gezeigt hatte, denn davor hatte ich mich irgendwie stumpf gefühlt, leer. Gaichi sagte mir, dass ich aufhören sollte, dass ich einfach nicht auf Natsuki hören sollte, doch sie verstand nicht, dass mir damals die Kraft dafür fehlte. Ich hatte keinen Grund sie vor die Tür zu setzen, denn sie hatte mir immerhin alles gegeben, was ich wollte. Ich hatte kein Ziel mehr vor Augen, war nicht mehr als ein Hund an der Leine. Das heißt...“

Saeko stockte, zog den Arm etwas enger um ihre Freundin, schloss die Augen und vergrub die Nase in den Haaren der anderen. Asako stockte etwas in den Armen der Älteren, hob etwas den Kopf und sah die Ältere an.

„...bis du auf den Plan getreten bist.“

„Was hab ich damit zu tun? Ich hab doch nichts getan.“

Saeko lachte.

„Du bist dir dessen nur nicht bewusst. Aber dazu komme ich gleich. Es ging weiter dass ich Natsuki angefleht habe, dass ich mich zumindest mit Gaichi treffen konnte um nicht entgültig den Verstand zu verlieren. Zwar hatte Gaichi sich regelmäßig darüber aufgeregt, dass ich immer noch nach Natsuki's Pfeife tanze, aber sie konnte nichts dagegen tun, auch wenn sie es noch so sehr versuchte. Irgendwann teilte man mir mit, dass es ein paar Änderungen in der Aufstellung geben würde. Wir hätten einen Gast aus Hanagumi, die uns die Saison begleiten würde. Ich dachte mir nichts dabei, aber als es dann hieß, dass sie entgültig nach Tsukigumi wechseln würde, wurde ich doch neugierig. Das warst dann du.“ Lächelnd sah Saeko an die gegenüberliegende Wand. „Ich dachte mir 'Wow. Was für eine Schönheit', aber ich hab mir gleich vor Augen gehalten, dass Natsuki mir einen Seitensprung nicht noch einmal durchgehen lassen würde, sei die Situation noch so verführerisch. Trotzdem habe ich dir oft beim Training zugesehen. Ich hab gemerkt, wie du auf Abstand gegangen bist und dich nicht wirklich wohl gefühlt hast. Ich hab dem Drang wiederstanden mich mit dir zu unterhalten, denn als ich angefangen habe auch ausserhalb des Trainings über dich nach zu denken war es vorbei für mich gewesen. Ich hab Gaichi oft von dir erzählt, die Kleinigkeiten, die mir immerzu aufgefallen sind.“

„Zum Beispiel?“

„Die Art wie du aus dem Fenster gestarrt hast beim Texte lernen. Dass du manchmal mit dem Kopf in den Wolken hängst. Wie du dich über die kleinen Dinge freust, zum Beispiel, wenn du einen Schritt richtig hinbekommst oder ein Lob bekommst. Ich glaube Gaichi hat schon damals mitbekommen, dass ich dir in der Zeit schon hoffnungslos verfallen war, aber obwohl sie mich immer animiert hatte dich zumindest einmal an zu sprechen habe ich mich immer zurückgehalten. Das heißt, bis Natsuki davon Wind bekommen hatte. Wir hatten einen Riesenkrach, es sind diverse Einrichtungsgegenstände geflogen und wir haben uns angeschrieen. Ich sagte ihr, dass ich keine Lust mehr auf ihr Spiel hätte, dass ich es satt hätte ständig zu springen wenn sie rief und dass ich kein Haustier bin, dem man ein Halsband umlegte. Ich wollte einfach nicht mehr. Sie drohte mir mich zu vernichten und ich sagte ihr, dass sie mich mal kann. Keine zwei Tage später hatte ich meinen Rücktritt angekündigt. Dagegen konnte selbst Natsuki nichts machen. Als ich dann erfahren hatte, was mein letztes Stück sein würde, hat irgendetwas in mir Klick gemacht. Ich hatte keine Elisabeth für meinen Abschlussauftritt. Kurara würde eine Saison vorher aussteigen und als Top Star konnte ich entscheiden, welche Musumeyaku ich als Elisabeth haben wollte. Dann aber wollte ich gar keine. Keine der Musumeyaku schien mir passend für die Rolle. Gaichi sagte mir damals, dass ich dich fragen sollte, denn immerhin kann es ausnahmsweise vorkommen, dass ein Otokoyaku die Rolle einer Musumeyaku übernimmt, wenn sich keine passende findet. Aber ich konnte damals nicht. Immerhin hatten wir noch nicht wirklich ein Wort miteinander gewechselt, auch wenn ich schon wusste, dass du meine Nachfolge übernehmen würdest. Dennoch ging es mir nicht aus dem Kopf. Ich dachte mir, dass es vielleicht die einzige Möglichkeit wäre dir zumindest ein Mal nahe zu sein, auch wenn ich nicht davon ausgegangen bist, dass du etwas mit mir emotionalem Krüppel, wie mich Gaichi immer genannt hat, zu tun haben willst. Ich hatte Angst, dass Natsuki verstehen würde, dass ich wegen dir auf sie verzichtet hatte. Immerhin wollte ich nicht, dass sie dir ebenfalls die Karriere versaut und du hattest immerhin noch Osa. Ich wusste, wie sehr du an ihr hängst und ich wollte mich da nicht einmischen. Irgendwann kurz vor deiner ersten Premiere in Tsukigumi konnte ich einfach nicht anders. Ich habe dich gesehen, wie nervös du warst und es war niemand sonst da gewesen. Ich hatte fürchterlich Schiss, aber ich wollte unbedingt zumindest ein Mal mit dir allein sprechen, dich ohne den ganzen Stress, der beim Training immer da war, bewundern und dich besser kennen lernen. Ich weis nicht wie ich es geschafft habe so ruhig zu bleiben als ich dich angesprochen hatte, aber meine Beine waren weich und als ich mich zuhause umgezogen hatte habe ich glaub ich mehr Sachen zu Boden geworfen als jemals zuvor.“ Saeko lachte erneut etwas. „Den Rest der Geschichte kennst du ja. Ich wüsste aber nicht, wie das ganze ausgegangen wäre, wenn du nicht da gewesen wärst.“
 

Geistesabwesend strich Asako über die Finger der anderen, schmiegte sich dabei enger an den warmen Körper. Dann hatte Natsuki sie also erpresst? Oder vielmehr ihr das gegeben, was sie wollte. Sie erkannte parallelen zu dem, was sie erlebt hatte, einige davon zu dem, was sie getan hatte, auch wenn es eine völlig eigenständige Geschichte war. Asako hob den Kopf und sah ihre Freundin eine Zeit lang an, strich ihr dann mit dem Handrücken über die Wange. Der leicht fragende Blick der Älteren lies sie etwas lächeln.

„Das ganze ist jetzt vorbei, okay? Natsuki wird sich nicht nochmal einmischen.“

„Ich weis.“ Saeko nahm sie am Handgelenk, zog sie auf den Schoß, was sich mit der traditionellen Kleidung als nicht ganz so leicht herausstellte. „Nur wir sind jetzt noch wichtig. Und ich gebe dich nicht nochmal her.“

„Musst du auch nicht.“ Asako lächelte und küsste ihre Freundin auf die Schläfe, anschliesend auf die Wange und auf die Lippen. „Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich. Schon immer“, flüsterte Saeko leise und lies ihre Finger über den Rücken der anderen gleiten. „Kann ich dich noch um einen Gefallen bitten?“

„Hm?“

„Zieh nochmal diesen schönen Anzug für dich an. Dann hab ich auch eine Überraschung für dich.“

Anzug? Von welchem sprach sie. Asako's Schrank war vollgestopft mit Anzügen, auch wenn sie vor hatte, diese nach und nach zu entsorgen. Sie war keine Otokoyaku mehr, also hatte es auch keine Notwendigkeit mehr nur Männerkleidung zu besitzen. Es sprach nichts mehr gegen ein Kleid oder einen Rock. Dann erinnerte sich Asako aber an einen Anzug, den Saeko immer besonders gern gehabt hatte.

„Den weißen? Warum den?“

Saeko grinste verschmitzt.

„Lass dich überraschen, Engel. Aber du weist, wie gern ich dich in weiß sehe.“

Asako merkte, wie sie etwas rot anlief. Wieso ihr solche Komplimente immer noch so peinlich waren wusste sie nicht, aber Saeko schafft es immer wieder.

„Wenn ich ihn noch wiederfinde. Aber wieso?“

„Sieh es als Abschluss als Otokoyaku. Ich will nochmal mit dir tanzen.“

Die Jüngere grinste nur, stand auf und sah zu der anderen hinunter, nickte nur einmal bevor sie ins Schlafzimmer ging. Fragte sich nur, wo der Anzug hing. Beim Umzug hatte Asako so einiges weg geworfen, kramte im Kleiderschrank herum und schob einige andere Anzüge und Kostüme beiseite. Sie blieb am Mantel vom Tod hängen, holte ihn aus dem Schrank und besah sich den Samt genau. Beinahe zärtlich strich sie über den Kragen und die glitzernden Steine, lächelte schlieslich. Sie brauchte diesen Mantel nicht mehr, die Rolle oder das, was damit zusammenhing.

„Schlaf gut. Und danke“, sagte sie leise und hing den Mantel zurück, zog daraufhin den weißen Anzug heraus, der direkt daneben hing. Sie brauchte etwas um das traditionelle Outfit aus zu ziehen, dass sie zu ihrem Abschluss bekommen hatte, denn es bestand aus mehreren Schichten und war einfach ausgedrückt sauschwer, wesshalb sie auch länger als sonst brauchte um in den Anzug rein zu kommen. Sie fischte nach den weißen Schuhen, die ebenfalls im Schrank standen und zog diese an die Füße bevor sie sich noch zum Abschluss den weißen Hut auf den Kopf setzte. Wieso Saeko so auf dieses Outfit stand wusste sie nicht, aber wenn es die andere glücklich machte, dann würde sie es immer wieder anziehen. Nochmals kontrollierte sie ihren Kragen als hinter ihr die Tür auf ging.

„Ich wollte gerade...“

Asako blieb das Wort im Halse stecken und ihr klappte die Kinnlade hinunter als sie sich umdrehte und Saeko im Türrahmen stehen sah. Die Ältere war nicht untätig gewesen, hatte sich ebenfalls umgezogen. Sie hatte ein leichtes, langes, verführerisch rotes Kleid an, vorne in Falten gelegt, aber tief genug um einen beeindruckenden Blick in ihren Ausschnitt frei zu geben. Die Träger waren dünn, sodass ihr Schlüsselbein und ihre Schultern dadurch nur besser zur Geltung kamen. Durch ihre hochgesteckten Haare stellte sie auch ihren Hals sehr gut zur Show, ihr frisch aufgelegtes Make-Up mit einem ebenso rotem Lippenstift unterstrich ihre ganze Gesichtsform und machte sie nur noch schöner.

„Gefällt es dir?“ Saeko trat ins Schlafzimmer, zog dabei die Schleppe des Kleides nach und drehte sich einmal vor ihr. Hinten war das Kleid ebenfalls in Falten gelegt, aber bis fast zum Ende des unteren Rückens ausgeschnitten, gab somit den so wohlgeformten Rücken preis. „Ich dachte mir für den besonderen Anlass lasse ich mir auch etwas einfallen.“ Asako versuchte etwas zu sagen, bekam aber keinen Ton heraus und sah dabei zu, wie Asako auf sie zugeschritten kam, wobei das Kleid wundervoll mitschwang als sie die Hüfte etwas mehr als sonst bewegte und schlieslich vor ihr stehen blieb. „Sag etwas, mein Engel.“

„Wow“, war alles, was Asako heraus bekam, beäugte die ältere dann nochmals etwas genauer. Sie hatte Saeko noch nie in einem Kleid gesehen, schon gar nicht in so einem. Die Ältere schob ihre Hände auf ihre Schultern, trat noch etwas näher an sie heran, wodurch Asako das sanfte Parfüm auf der Haut der anderen riechen konnte. Es raubte ihr noch mehr den Verstand als sowieso schon.

„Tanz mit mir“, flüsterte Saeko zärtlich in ihr Ohr und eine Gänsehaut stahl sich über den Rücken der Otokoyaku. Vorsichtig fuhr sie mit den Händen über die verhüllte Hüfte der anderen, fühlte ausser dem Hüftknochen nicht wirklich etwas darunter. Asako schmunzelte.

„Das hast du also geplant?“

„Geplant ist gar nichts.“ Saeko strich ihr mit den Fingerspitzen über die Wange. „Sing etwas für mich.“

„Was willst du hören?“

„Etwas schönes.“

Asako musste nachdenken, fing dann an leise eine Melodie zu summen in der sich die beiden wogen ehe sie anfing zu singen.

„Tsurete itte yami no kanata tooku (Führ mich weg von der Dunkelheit)

Jiyuuna tamashii yasurageru basho e (An einen Ort, wo meine Seele in Frieden sein kann)

Futarikiri de oyoide watarou yo (Lass uns beide schwimmen)

Ai to yuu namae no fukai mizuumi o (durch den tiefen See, den man Liebe nennt)

Namida Warai Kanashimi Kurushimi (Tränen, Freude, Sorgen, Schmerz)

Nagai tabiji no hate ni tsukanda (Ich hielt daran fest bis zum Ende meiner langen Reise)

Kesshite owaru toki nado konai (Jetzt kommt die Zeit, die nie mehr Endet)

Anata no ai (Meine Liebe für dich)“



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Kommentare zu dieser Fanfic (12)
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Von: abgemeldet
2021-06-07T22:29:07+00:00 08.06.2021 00:29
Ich bin echt begeistert von Saekos Niederlage und Osas Kaltschnäuzigkeit :D Dein Schreibstil gefällt mir sehr!
Antwort von:  Asako
30.10.2021 18:24
Heho :D
Da sieht man nach Ewigkeiten mal wieder rein und sieht sofort so liebe Kommentare!
Ich hoffe, die Story gefällt dir weiterhin (wenn du sie nicht schon zuende gelesen hast) :D
Von: abgemeldet
2021-06-07T19:21:58+00:00 07.06.2021 21:21
Deine Saeko ist phantastisch! Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht :D
Von: abgemeldet
2021-06-07T12:46:05+00:00 07.06.2021 14:46
Oh Lord!! Ich bin verliebt!
Gerade entdecke ich meine Liebe zu Takarazuka wieder und deine Geschichte kommt wie gerufen. Saeko/Asako - gibt es was Besseres? Auch nach all den Jahren eindeutig nicht :D
Von:  Da-chin96
2012-02-05T09:27:16+00:00 05.02.2012 10:27
Ich habe sie komplett durchgelesen.
Und ich muss sagen WOW. Ich liebe deinen Schreibstil und deine Art, die Gefühle der jeweiligen Personen so gut auszudrücken. Man spürt richtig deine Liebe in diesen Geschichten und wie viel Mühe du dir gibst. Die Charaktere sind tiefgründig und es hat dadurch noch mehr Spaß gemacht deine Geschichte zu lesen.
Ich werde auch alle anderen Lesen.
Von:  Da-chin96
2012-02-04T21:22:59+00:00 04.02.2012 22:22
Uff ist der richtige Ausdruck Angel.
Dieses Kapitel ging wieder schnell zu ende.
Und ich muss sagen, in mir drin habe ich einen stechenden Schmerz gespürt, als Saeko und Asako sich so gestritten haben.
Ich mag es einfach nicht, wenn sich eins meiner Lieblingspairings streitet.
Ich hab mich sogar dabei ertappt, halb zu weinen.
Gott bin ich verweichlicht und emotional, aber toll. Wieder ein tolles Kapitel, danke dafür :*
Von:  Da-chin96
2012-02-04T13:54:33+00:00 04.02.2012 14:54
Ich mag das Kapitel sehr.

Die tiefe Verbundenheit von Saeko und Sena ist toll.
Und das Gaichi verliebt in Osa ist, war mir irgendwie schon klar.
Aber es ist irgendwie trotzdem herzzerbrechend, dass Osa so auf Asako fixiert ist.

T^T nächstes Kapitel, ich komme.
Von:  Da-chin96
2012-02-03T20:01:54+00:00 03.02.2012 21:01
Wieso? WIESO musste Osa kommen?

Ich hatte mich gerade so in die Geschichte hinein gebissen und mich in deinen Beschreibungen verloren und dann BAMM kommt jemand und stört die Beiden.

Osa >.< du bekommst einen Minus Punkt
Von:  Momotaro
2012-01-02T20:42:15+00:00 02.01.2012 21:42
Mah, bin ich fix! =)

Die beiden Top Stars sind solche Machos! ^^ Was treiben die da bloß... Wenn ich Jun wär, und nüchtern, und wach, ich würd denen was erzählen. >.< Aber ist total süß, mit welcher Sicherheit Osa davon ausgeht, dass Asa eh schon ihr gehört. Und die beiden sind auch echt ein nettes Pärchen! *mich in eigenen Fantasien verlier* ^.^

Okay, weiter... *fokussier, les*
Von:  Momotaro
2012-01-02T13:03:55+00:00 02.01.2012 14:03
Tolle Geschichte zu einem echt großartigen Fandom! *TakaRevue liebhab* ^.^ Ist vielleicht etwas unorthodox, dass ich jetzt gleich ein Kommentar schreib, wo ich erst ein Kap hinter mir hab... ^^? ..., aber bin ein furchtbar langsamer Leser und sitz auch grad in der Arbeit u.s.w., blabla, *rechtfertig* Egal, freu mich schon drauf, weiterzulesen, und dann weiter Rewind zu lesen (mit dem ich verpeilterweise begonnen hab, bevor ich merkte, dass es ja eigentlich hier losgeht ^^°). Und hab auch schon einige Fragen: Wie hast du den Tänzerinnen ihren Charakter verliehen, irgendwie aus Interviews erahnt oder selbst erfunden? =) (Ich mag Saekos Bestimmtheit und Selbstsicherheit, toller Chara!) Und woher weißt du so Insider-Infos wie das mit der schweren Kleidung in der Probe und sowas? Oo Sehr authentisch! Dann also bis ich endlich weitergekommen bin mitm Lesen... ^^° Lg!
Von:  Ted
2011-12-10T05:55:01+00:00 10.12.2011 06:55
Hi....

Diese Geschichte ist einfach nur furchtbar… furchtbar genial! ^^

Normalerweise muss ich mich immer zwingen so lange Texte zu lesen, weil meine Konzentrationsfähigkeit des Öfteren sehr zu wünschen übrig lässt und ich dadurch meist schnell die Lust am Lesen verliere, aber bei deiner Geschichte war das komplett anders.. Ich musste mich förmlich dazu zwingen Pausen zu machen, was zu essen/trinken nicht ganz so spät ins Bett zugehen usw. (xD)
Und sowas kommt wirklich sehr, sehr selten bei mir vor, das ich so von einer Geschichte gefesselt bin o.o“

So viel dazu .. aber jetzt komme ich mal zum wesentlichen Teil meines Kommentars ^^

Diese Geschichte hat einfach alles was man sich wünschen kann und beschert einem eine Gefühlsachterbahn vom feinsten, denn man kann sich sehr gut in die Charaktere hineinversetzen und fiebert ständig mit ihnen mit.
Ich finde es toll wie detailliert du die Gestik und Mimik der Charaktere, die Umgebung und auch die vorherrschende Atmosphäre in den einzelnen Szenen/Situationen beschrieben hast, denn umso besser bzw. bildlicher kann man sich das Geschehen vorstellen. Außerdem finde ich es sehr beeindruckend wie du die Wandlung der Charaktere geschrieben/beschrieben hast, wenn nicht sogar faszinierend, vor allem was Asako betrifft. Ich hätte nie geglaubt das man einen Charakter vom lieben, zahmen Lämmchen in ein Monster und wieder zurück verwandeln kann, ohne das es dämlich, stumpfsinnig, lächerlich und total unlogisch rüber kommt, aber da hast du mich positiv überrascht und eines besseren belehrt ^^

Eigentlich würde ich jetzt noch mehr schreiben, aber ich bin einfach so geflasht von der Geschichte, das ich kaum Worte finde um mich ordentlich auszudrücken bzw. zu berichten wie ich deine Geschichte empfunden habe.. zum Anderen muss ich jetzt auch leider off gehen *auf uhr lins* bin spät dran ^^“““
Aber ich sage noch schnell zum Abschluss:

Du hast eine super schöne und brillante Geschichte verfasst, in meinen Augen sogar ein Meisterwerk, und ich hoffe das dein „krankes Gehirn“, wie du es selbst nanntest, noch viele Ideen/Storys ausspucken wird, denn es wäre verdammt schade, wenn du ein solches Talent nicht nutze bzw. verschwenden würdest ^^

LG
Iruya ^^



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