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Tödliches Spiel: Auftakt

Das Leben ist kein Spiel. Der Tod schon ...
von

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Streit

Kiba hatte nach wenigen Minuten das Bewusstsein wiedererlangt. Haku wusste nicht, was er alles gesehen hatte und woran er sich noch erinnerte, aber der wilde Junge war ungewohnt schweigsam seit der Sache mit Ino.

Da es an diesem Ende des Flurs keine Tür mehr gab, schlugen sie den Weg ein, den vorher der Mann mit den Habichtaugen genommen hatte. Sie kamen in eine uralte, staubige Empfangshalle, die bis auf einen Teppich und einen zerbrochenen Stuhl leer war. Eine doppelflügelige Eingangstür erweckte die Hoffnung auf Freiheit, aber durch das Fensterglas konnte man die Eisenlamellen sehen, die sie von draußen wie eine zusätzliche Wand blockierten. Und angeblich war die Außenhaut des Hauses ja auch chakraverstärkt. Eine Treppe führte an einer Seite in den ersten Stock hinauf.

Kankurou deutete stumm auf eine Tür, die dem Eingang gegenüber lag. Sie ließ sich ohne Probleme öffnen. Und dahinter … „Vorsicht!“ Haku packte ihn am Handgelenk und hielt ihn fest. Kankurou schluckte. Hinter der Tür öffnete sich ein gähnender Abgrund. Eine Art Fallgrube, einen Meter breit und fünf Meter lang, aus deren Boden krumme Nägel wuchsen. Ihnen gegenüber, auf der anderen Seite des Abgrunds, schwebte eine Tür.

„Na toll. Und wie kommen wir da rüber?“, murmelte Kankurou.

„Kannst du uns sagen, was hinter dieser Tür liegt, Hinata?“, fragte Haku, doch das schüchterne Mädchen war seit dem Zwischenfall mit Ino noch mehr in sich gekehrt, fast schon apathisch. Sie antwortete nicht.

„Die Tür ist nur aus Plastik, sie wird leicht aufzubekommen sein“, überlegte Kiba. „Vielleicht ist eine Spritze dahinter.“

„Und du willst hinüberfliegen und sie dir holen, was?“, spottete Kankurou. „Schade, dass es nur ein Mythos ist, dass Ninjas übermenschlich weit springen können.“

Kiba schüttelte nachdenklich den Kopf. „Ich habe ein Jutsu, mit dem ich auf die andere Seite kommen könnte. Aber womöglich zerstöre ich dabei das, was hinter der Tür ist.“

„Es ist ein Spiel“, erinnerte Haku. „Es muss einen Weg geben, wie wir hinüberkommen.“

In diesem Moment hörten sie ein metallisches Pochen. Sie wirbelten herum. Das Geräusch kam aus einer offenen Tür im Vorraum, hinter der eine Treppe in den Keller führte. Stumm nickten sie einander zu.

 

Sasori stieß die Luft aus, lehnte sich in seinem Bürosessel zurück und verschränkte die Arme im Nacken. „Der wievielte?“, fragte er, fast teilnahmslos.

Es war bereits spät in der Nacht. Mittlerweile waren Sasori und Konan allein in ihrem Büro; da sie schon so lange in den Orochimaru-Fällen ermittelten, hatten sie ihre eigenen Räumlichkeiten erhalten. Sasori befürchtete allerdings, dass Itachi bald jemand anderen auf den Serienkiller ansetzen würde. Sieben Jahre lang führte sie der Schlangenmann nun schon an der Nase herum – wahrscheinlich waren sie nur deswegen noch nicht von dem Fall abgezogen worden, weil ihr Vorgesetzter wusste, wie schwierig der Mörder zu fassen war.

„Der vierundsechzigste“, sagte Konan und legte eine Heftmappe mit Details zum jüngsten Orochimaru-Fall vor ihn. „Aber das Spiel hat wohl schon vor vier Wochen stattgefunden. Der Mann war ein gesellschaftlicher Außenseiter, niemand hat ihn vermisst. Er wurde nur zufällig gefunden.“

„Orochimaru ist in letzter Zeit erstaunlich inaktiv gewesen“, überlegte Sasori. „Er hat sich ja mit vielen Leuten angelegt, angeblich sogar mit Mafiabanden. Vielleicht hat ihn einer von denen erwischt.“

„Das glaube ich nicht“, sagte Konan. Sasori im Grunde auch nicht. „Vielleicht bereitet er auch nur ein größeres Spiel vor?“

Er öffnete die Mappe. Das Schwarzweißbild eines untersetzten Mannes mit wilder Haarmähne und Sonnenbrille war zu sehen. „Gatou?“, sagte er. „Ein Geschäftsmann?“

„Er hat jede Menge illegaler Geschäfte betrieben. Angeblich hat er auch Auftragsmörder engagiert, die seine Konkurrenz aus dem Weg geräumt haben. Orochimaru hat ihn durch einen Raum voller Stacheldraht kriechen lassen. Das hat er nicht überlebt.“

„Verstehe. Was ist mit dem Video?“

„Es gab nur ein Tonband. Gatou hat es wohl auf den Boden geschmettert und ist darauf herumgetrampelt, es ist ziemlich lädiert. Das Technikerteam arbeitet aber dran, es wiederherzustellen.“

Sasori klappte die Mappe zu. „Und wieder warten wir auf das Ergebnis eines anderen Teams“, murrte er. „Ich hasse es, zu warten. Vor allem, wenn Orochimaru etwas Großes vorhat.“

Konan antwortete nicht. Im Grunde ging es ihr genauso.

 

Der Keller war nicht mehr als ein hohler Betonwürfel und gerammelt voll mit allerlei Gerätschaften, die aber völlig nutzlos für sie waren: Eimer mit Farbe, Pinsel, Lack, eine stumpfe Heckenschere, ein Wagenheber, mehrere Kisten, leer oder mit Gerümpel darin. In der Mitte des Raumes stand eine Art eiserner Kasten, der Haku unangenehm an einen übergroßen Sarg erinnerte. Es gab eine Klappe, durch die man sich in sein Inneres quetschen konnte. Davor stand der Mann mit den Habichtaugen und hielt etwas in der Hand. Er sah auf, als er die fünf kommen hörte. „Da seid ihr ja“, sagte er mit seiner beängstigend ruhigen Stimme, als sie nacheinander die ausgetretenen Stufen in den Keller hinabstiegen. Wortlos streckte er die Hand aus.

Es dauerte eine Weile, bis Haku verstand und ihm den Kassettenplayer aushändigte. Er erhaschte einen Blick auf die Kassette, die Habichtauge gefunden hatte. Mit Markierstift war der Name Zabusa auf die Oberfläche gekritzelt worden.

„Hallo, Zabusa“, ertönte auch schon Orochimarus rauchige Stimme aus dem Gerät. „Wir beide wissen, dass Sie nicht gerade ein Musterbürger sind. Sie sind ein Söldner und in den untersten Schichten der Gesellschaft beheimatet. Für Geld erledigen Sie Aufträge für Leute, die sich selbst nicht die Hände schmutzig machen wollen. Es gibt kaum ein Verbrechen, dessen Sie nicht schuldig sind: Von bewaffneten Raubüberfällen, Entführungen bis hin zu Mord- und Totschlag ist alles dabei. Man sagt, dass Sie sogar für den Anschlag auf den berühmten Brückenbauer der Nachbarstadt verantwortlich sind.

Während Ihrer Missionen haben Sie immer wieder andere Menschen durch die Hölle geschickt, oder sind, je nach der Schwierigkeit ihres Auftrags, selbst hindurchgegangen. Ich möchte Sie nun einmal mehr in die Hölle und zurück führen. Aus eigener Erfahrung wissen Sie ja, dass einem dort nur der verdrehte Verstand des Teufels Erlösung schenken kann.

In dem Kasten vor Ihnen befinden sich zwei Spritzen mit dem Gegenmittel für das Gift. Ich habe Sie dazu auserwählt, in den Kasten zu kriechen und sie sicherzustellen. Eine davon schenke ich Ihnen – sehen Sie es als Dank an, weil Sie geholfen haben, die anderen zu entführen.“

„Was zum Teufel soll …“, entfuhr es Kiba, aber Zabusa presste den Finger an die Lippen.

„Pscht!“

„Die zweite können Sie jemandem schenken. Jedoch wird Sie Ihr Beruf als Söldner gelehrt haben, dass alles auf der Welt seinen Preis hat. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.“

Das Band verstummte.

„Was zum Teufel soll das heißen?“, begehrte Kiba auf.

„Ganz ruhig“, murmelte Kankurou und legte ihm die Hand auf die Schulter, die er unwirsch abschüttelte.

„Ganz ruhig? Spinnst du? Der Kerl hat uns hierhergebracht!“ Kiba war nahe dran zu schreien. Zabusa musterte ihn mit unbewegter Miene.

„Das muss nicht stimmen“, gab Haku zu bedenken. „Vielleicht will Orochimaru uns nur gegeneinander ausspielen.“

„Nein …“, kam plötzlich eine piepsige Stimme aus der Ecke des Raumes. Simultan drehten sich alle zu Hinata um, die daraufhin zusammenzuckte und offenbar nicht wusste, wohin sie schauen sollte. Dennoch sprach sie weiter. „Ich erinnere mich … Er war es. Er hat mich überfallen. Als ich gerade meine Wohnungstür aufschließen wollte, da ist er … von weiter hinten im Gang … hervorgesprungen.“ Sie duckte sich, als fürchtete sie, für diese Enthüllung geschlagen zu werden. Ihre Augen schimmerten feucht. Haku überlegte scharf. Auch ihm kam Zabusas Visage bekannt vor. Hatte er auch ihn entführt? Oder war er ihm doch schon einmal begegnet?

„Ist das wahr?“, fragte Kankurou scharf.

Zabusa sah auch ihn unbewegt an. „Hast du ein Problem damit?“, fragte er kühl.

„Ein Problem?!“ Kiba war jetzt vollkommen in Rage. Er trat ein paar Schritte auf Zabusa zu und baute sich drohend vor ihm auf. „Du hast sie ja nicht alle! Du arbeitest mit diesem Orochimaru zusammen?“

„Es war ein Auftrag“, sagte Zabusa schlicht. „Gut bezahlt – auch wenn ich keinen Heller davon gesehen habe.“

„Red keinen Scheiß!“, schrie ihn Kiba an. „Du zeigst uns jetzt sofort den Weg nach draußen!“

„Wenn ich den kennen würde, wäre ich nicht mehr hier“, erwiderte Zabusa, der nicht aus der Ruhe zu bringen war – aber es war eine eisige Ruhe, und die Temperatur in dem Keller schien sich in den letzten Minuten merklich verringert zu haben.

„Du steckst mit Orochimaru unter einer Decke, also musst du es auch wissen, verdammt!!“

„Du willst also wissen, wie du hier rauskommst?“, fragte Zabusa plötzlich.

Kiba stockte eine Sekunde, als hätte er mit so etwas nicht gerechnet. „Allerdings“, knurrte er.

„Na schön, dann sage ich es dir“, sagte der Söldner. Alle in dem Raum hielten den Atem an. „Jag dir eine Spritze mit dem Gegenmittel in die Venen und warte, bis die Vordertür aufgeht“, sagte Zabusa.

Kiba sog scharf die Luft ein. „Du verdammter … Ich bring dich um, du …“ Er trat noch einen Schritt auf ihn zu.

Zabusas Hand glitt im Reflex zu seiner Schulter, als trüge er dort normalerweise immer eine Waffe. „Nur zu. Komm her. Dann ist es einer weniger, der eine Spritze will.“

Kiba ließ ein wölfisches Knurren hören. „Glaubst du, ich mach‘ Spaß?“

„Das reicht jetzt langsam!“, schaltete sich Kankurou ein und packte den Jungen am Arm. „Er steckt hier genauso fest wie wir, also vergiss es.“

„Vergessen?“ Kiba konnte es nicht fassen. „Der Typ ist … Wegen ihm ist Ino tot, verdammt!“

„Oh?“, machte Zabusa und legte den Kopf schief. „War die Kleine etwa deine Freundin? Wie schade. Aber in spätestens zwei Stunden bist du bei ihr, keine Sorge.“

Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Kiba stieß einen gutturalen Wutschrei aus, riss sich von Kankurou los – und drehte sich um seine eigene Achse und sprang gleichzeitig auf Zabusa zu. Die Luft um ihn herum wirbelte wie in einem Tornado umher. „Tsuuga!

Zabusa riss die Augen auf. Im buchstäblich letzten Moment sprang er zur Seite. Kibas ungestüme Attacke donnerte kreischend und Funken sprühend gegen den Metallsarg, prallte davon ab und schlug auf der anderen Seite des Kellers in einem Stapel Kisten ein. Holz barst, Späne flogen umher, Staub erfüllte die Luft. Als der Tornado verebbte, stand da wieder Kiba, der sich hustend umdrehte.

Zabusa schnappte sich einen leeren Eimer und schleuderte ihn auf den Jungen. Kiba schlug ihn mit der flachen Hand zur Seite – da war Zabusa auch schon heran, stieß ihn gegen die Wand und presste ihn den Ellenbogen gegen die Kehle. Röchelnd strampelte Kiba mit den Füßen, die den Boden gerade nicht berührten. „Auch ein Ninja, ja?“, sagte Zabusa ruhig. „War das etwa schon alles?“

„Das geht jetzt wirklich zu weit!“, rief Kankurou, aber der Söldner hörte nicht auf ihn. Haku überlegte fieberhaft, wie er Kiba helfen konnte, der blau anzulaufen drohte. Der Junge stieß eine Beleidigung aus, die nicht zu verstehen war, und schlug mit der Hand zu. Seine langen Fingernägel bohrten sich tief in Zabusas beachtliche Armmuskeln, bis Blut kam. Der Söldner stieß die Luft zwischen den Zähnen aus und lockerte einen Moment lang seinen Griff, den Kiba nutzte und ihm mit aller Kraft die Fangzähne in die Hand schlug.

Jetzt schrie Zabusa auf und zuckte zurück. Kiba fiel stolpernd auf die Knie. Auf Zabusas Stirn pochte eine Ader. Seine Hand blutete wirklich stark. „Jetzt bist du dran!“, knurrte er und holte mit der anderen Faust aus. Kiba erhob sich schwankend, die Faust raste auf sein Gesicht zu – und wurde von einem Schatten aufgehalten, der plötzlich im Weg war. Haku konnte Holz knacken hören.

Zabusa war ebenso überrascht wie er. Zwischen ihm und Kiba schwebte plötzlich eine spindeldürre Gestalt, die mit einem Fetzen Stoff bekleidet war. Sie hatte eine plumpe Hand ausgestreckt und Zabusas Schlag abgefangen. Der Kopf der Kreatur ruckte unstet auf dem Hals; das Ding hatte drei Augen und eine wallende, braune Mähne.

„Ha!“, stieß Kiba aus und wollte sich auf Zabusa stürzen, aber das hölzerne Wesen packte ihn am Kragen und hielt ihn eisern fest.

„Jetzt beruhigt ihr euch erst mal!“, sagte Kankurou. Haku wandte den Kopf. Der Schwarzgewandete hatte eine Hand ausgestreckt. Chakrafäden entsprangen seinen Fingern und führten zu dem Wesen. War er ein Puppenspieler-Ninja? „Zabusa, richtig?“, fragte er.

Der Söldner zog seine Hand zurück und drehte sich zu ihm um. „Ja.“

„Orochimaru hat dir das Spiel gewidmet. Du wirst in den Kasten kriechen und die Spritzen rausholen. Eine kannst du dir dann gleich injizieren, dann kannst du von mir aus seelenruhig im Eingangsbereich warten, bis die Tür aufgeht, ohne von uns behelligt zu werden. Was sagst du?“

Zabusa schnaubte. Fand er es amüsant, dass Kankurou so einen autoritären Ton anschlug? „Einverstanden“, sagte er. „Aber ich wäre ohnehin in den Kasten gekrochen, auch ohne deine Predigt.“

Kankurou wandte sich an Kiba. „Hast du dich beruhigt?“

Kiba starrte Zabusa immer noch so hasserfüllt an, dass die Luft beinahe knisterte. Schließlich schluckte er und nickte. Kankurou bewegte einen Finger ein wenig und die Puppe ließ seinen Jackenkragen los.

„Gut. Dann gehe ich jetzt“, sagte Zabusa, drückte Kankurou den Kassettenplayer in die Hand und trat auf den eisernen Sarg zu, der Haku immer noch ein mulmiges Gefühl bereitete, auch wenn er ihn nicht betreten musste. Dort, wo Kibas Jutsu das Metall getroffen hatte, waren weiße Kratzer und Schrammen zu sehen.

„Wer bekommt die zweite?“, fragte Kiba.

Zabusa warf ihm einen Blick zu. „Du ganz sicher nicht.“

„Du verfluchter …“ Kiba ballte schon wieder die Fäuste.

„Das entscheiden wir nachher, ja?“ Haku trat zwischen die beiden Streithähne. „Er soll die Spritzen erst mal holen.“

Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, öffnete Zabusa die eiserne Klappe. Sie quietschte ohrenbetäubend. Der Metallsarg war gerade so niedrig, dass er sich auf dem Bauch hinein robben musste. Er war wohl etwas über zwei Meter lang. Am hinteren Ende sah Haku zwei Spritzen an dünnen Schnüren baumeln. War es etwa so einfach?

Zabusa kroch vollends in den Kasten und drehte sich unter den Spritzen um. Er griff nach oben und riss mit einem kraftvollen Ruck die erste Injektionsnadel von ihrer Schnur. Dann verfuhr er genauso mit der zweiten – die anstatt zu reißen einfach nachgab und irgendwo in dem Kasten einen Mechanismus auslöste. Haku zuckte zusammen. Er hatte es geahnt.

Mit einem Knall fiel die Klappe zu. Ein Schloss schnappte ein, und gleichzeitig ertönte ein Fauchen aus dem Inneren des Metallsarges.

 

Zabusa starrte auf die Flammen, die plötzlich vor seinen Füßen aus dem Boden züngelten. Er lag wie auf einem Gitterrost – um gegrillt zu werden. Ächzend kroch er so weit nach hinten, wie es ging. Da fauchte es erneut und eine zweite Reihe Flammen entzündete sich. „Scheiße!“, fluchte er. „He, macht die Klappe wieder auf, verdammt nochmal!“

 

„Was ist da drinnen los?“, fragte Kankurou nervös.

„Feu… Feuer“, hauchte Hinata. Sie hatte wieder ihre Byakugan-Augen aktiviert. „Er … er verbrennt!“

„Scheiße!“, zischte Kankurou und griff nach der Klappe. Sie ließ sich nicht öffnen. „Halt aus! Wir holen dich da raus!“, brüllte er wenig überzeugend. Er wirbelte herum. „Hier muss es doch irgendwas geben, das wir als Brecheisen benützen können!“

Haku begann, in den Kisten nach etwas Brauchbarem zu wühlen, aber er fand nur Staub, Spinnweben und Papierfetzen.

 

Zabusa stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus, als das Feuer immer näher kam. Mehr und mehr Flammenreihen entbrannten. Die Hitze in der metallenen Kapsel war jetzt schon unerträglich. Er biss fest die Zähne zusammen und schob, die beiden Spritzen immer noch fest umklammert, die Beine mitten durch die Flammen. Tränen schossen ihm in die Augen, die er zusammenkniff. Nur mit großer Mühe gelang es ihm, ein Stöhnen zu unterdrücken. Seine Beine schienen nur noch aus Feuer zu bestehen. Seine Hose brannte wie Zunder. Mit aller Willensstärke schob er sich weiter, bis seine Fußsohlen das Ende des Sarges erreichten. So kräftig er konnte stieß er die Füße gegen die Klappe, doch vergebens – auch von innen ließ sie sich nicht öffnen.

Zabusa war normalerweise niemand, der schnell in Panik geriet. In der beengenden Kapsel jedoch, die Stück für Stück zu einem Backofen mutierte, würde allerdings auch der abgebrühteste Killer nervös werden. „Verdammt nochmal, was macht ihr da draußen?“, brüllte er. „Holt mich raus, ihr Idioten!“

 

„Da.“

Haku fuhr herum. Hatte Kimimaro etwas entdeckt? Der weißhaarige Typ hatte den Sarg umrundet und stand an der Hinterseite.

„Hier ist ein Sichtfenster“, sagte er.

Sofort waren alle neben ihm. Auch Kiba trat widerwillig näher. Durch milchiges Glas konnten sie gerade erkennen, dass dort drinnen etwas Orangefarbenes loderte und sich davor ein Schatten bewegte. „Vielleicht können wir die Scheibe einschlagen“, murmelte Kimimaro, hustete und hielt sich dabei die Hand vor den Mund. „Ich könnte es versuchen, aber ich fürchte, mein Chakra hat sich noch nicht genug wiederholt …“ Er betrachtete seine Handfläche, die voller Blutspritzer war. Haku lief ein kalter Schauer über den Rücken.

„Kein Problem“, sagte Kankurou und knuffte Kiba gegen die Schulter. „Du! Mach du es!“

„Wieso ich?“, empörte sich Kiba. „Was kann ich schon tun?“

„Ich hab’s doch vorher gesehen! Du bist ein Ninja! Mach nochmal dieses Tsuuga-Ding!“

„Damit kratze ich die Hülle nur!“

„Nicht auf die Hülle – zerstör das Fenster damit!“

Kiba überlegte einen Moment, in dem man Zabusa wieder schreien hörte. „Den Teufel werd‘ ich tun“, sagte er dann entschieden.

Kankurou verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Wie war das?“, zischte er leise.

„Ich denk ja gar nicht dran, diesem Arsch zu helfen!“

Kankurou mahlte mit den Zähnen. Er packte Kiba grob am Kragen. „Jetzt hör mal zu, er hat zwei Spritzen! Zwei!“

„Na und? Ich krieg ja sowieso keine davon!“

„Aber je mehr wir sammeln, desto besser für die allgemeine Lage!“, spie Kankurou ihm entgegen. „Kriegst du das nicht in deinen hohlen Schädel rein?“

Zabusas Geschrei erreichte einen neuen Höhepunkt, und anders als vorher brach es nicht mehr ab. „Könnt ihr das nicht auf später verschieben?“, keuchte Haku. „Streiten ist jetzt das Dümmste, was ihr tun könnt!“

„Du halt die Klappe!“, fuhr Kiba ihn an. „Dieser Zabusa ist schuld, dass wir hier festsitzen! Ino ist schon tot, wegen ihm könnte es uns allen so ergehen!“

„Und genauso gut könnte er uns helfen!“, hielt Kankurou dagegen, aber Kiba verschränkte nur die Arme und drehte sich weg.

„Ohne mich.“

Kankurou knirschte mit den Zähnen. Ein schweigsamer Moment verging, in dem nur Zabusa zu hören war, der etwas brüllte, was sie nicht verstanden. „Dann lässt du mir keine Wahl“, murmelte Kankurou schließlich und machte eine Handbewegung.

„Was hast du vor?“, fragte Haku erschrocken, als er sah, dass sich die Marionette von vorhin wieder zu bewegen begann – und sich auf Kiba stürzte, der im letzten Moment auswich, als aus dem Mund der Puppe eine Messerklinge schoss. Knapp an seiner Schulter vorbei schrammte sie über die Wand. Kankurou schien auf unsichtbaren Tasten Klavier zu spielen. Die Puppe flog an Kiba vorbei, wendete in der Luft und kehrte zurück.

„Vergiss es!“, schrie Kiba und sprang erneut zur Seite. Der hölzerne Körper prallte gegen den Sarg und erzitterte kurz, ehe Kankurou ihn wieder unter Kontrolle brachte.

„Seid ihr verrückt geworden?“, rief Haku. „Kankurou! Hör damit auf!“

Aber der Puppenspieler dachte nicht daran. Ein geringfügiges Zucken mit einem Finger – und der rechte Arm der Puppe löste sich und offenbarte eine versteckte Klinge, die auf Kiba zusauste. Der Ninja schrie auf, als sie seinen Oberarm aufschlitzte, und ging ächzend in die Knie.

„Du hast Glück, dass ich kein Gift auf die Klingen aufgetragen habe“, knurrte Kankurou und ließ die Puppe abermals herumschwenken.

„Du bist völlig verrückt!“, schrie Kiba und stand schwankend auf, als ihm die Marionette gegen den Rücken prallte und nach vor stieß, direkt vor Kankurous Füße, der ihm einen kräftigen Kinnhaken verpasste, ehe er sich auf seine Brust kniete und seinen Hals umschloss.

„Du scheinst es einfach nicht zu kapieren“, keuchte der Puppenspieler und presste die Finger zusammen. Haku hielt die Luft an. Hinata hauchte etwas, das er nicht verstand.

 

Die Kapsel stand bis zu Zabusas Gürtellinie in Flammen. Er schrie unablässig und konnte vor Schmerz keinen klaren Gedanken mehr fassen. Keiner seiner Aufträge hatte bisher eine solche Folter beinhaltet – keiner!

 

Kiba zappelte unter Kankurous Würgegriff. Er war kräftiger als der Puppenspieler und würde bald freikommen, aber da zuckte erneut Kankurous kleiner Finger und Kiba bekam von der Marionette einen kräftigen Schlag zwischen die Beine. Grausamer Schmerz explodierte in seinem Körper und er wollte nach Luft ringen, aber Kankurou schnitt ihm den Atem ab. „Helft … mir“, keuchte er. „Der Kerl … will mich …“

„Umbringen?“, schrie Kankurou und klang dabei ein wenig hysterisch. „Ha! Das ist genau das, was du Zabusa antust!“

„Er hat’s … nicht anders … verdient“, keuchte Kiba.

Kankurou knurrte und verstärkte den Griff. Haku machte sich bereit, einzugreifen. Hatte der Puppenspieler den Verstand verloren? „Jetzt hör mir mal zu“, zischte Kankurou Kiba ins Ohr. „Zabusa hat mehr Erfahrung mit Gefahren und dem Tod als wir alle zusammen! Er hat uns vielleicht hierhergebracht, aber er ist sicher ein zäher, starker Kerl, der jetzt im gleichen Schlamassel sitzt wie wir und uns helfen kann, rauszukommen! Geht das in deinen verdammten Dickschädel?!“ Die letzten Worte hatte er geschrien.

Kiba hörte zu zappeln auf. Er starrte Kankurou entgeistert an.

„Genug jetzt!“, sagte Haku scharf, packte den Puppenspieler an den Schultern und riss ihn von Kiba herunter.

„Jetzt mach schon!“, schrie Kankurou.

Kibas Kinn zitterte. „Arschloch“, zischte er. „Gut, spiel ich eben den Retter! Aber damit das klar ist – ich mach das weder für dich noch für Zabusa!“ Er trat auf das Sichtfenster zu. „Weich aus da drin!“, rief er mit krächzender Stimme. Dann rotierte er um seine eigene Achse und schoss, mit den ausgestreckten Armen voraus, auf die Kapsel zu. „Tsuuga!“ Knirschend bohrte sich sein Jutsu in das Glas und ließ es zersplittern. Metall kreischte, als Kibas wirbelnder Körper die Ränder des Fensters berührten. Zischend entwich heiße Luft.

Kibas stürzte zurück und schrie auf, die Hände vor das Gesicht gepresst. Wimmernd rollte er über den Boden.

„Komm raus!“, schrie Kankurou und hielt dem Schatten im Inneren der Kapsel die Hand hin. Hitze fraß sich durch seinen Anzug in seine Haut. Zabusa bemerkte zuerst gar nicht, dass seine Rettung nahte. Erst nach wertvollen Sekunden sah er die Hand.

Haku schnappte nach Luft, als er sah, dass die Innenseite des Sarges buchstäblich glühte. Etwa die Hälfte des Bodens stand in Flammen.

Zabusa schlug harsch Kankurous Hand zur Seite. Haku sah, dass seine eigene Faust nicht nur mit Blasen übersät, sondern sogar rissig und teilweise schwarz war. Die Spritzen, die er in dem Sarg geerntet hatte, waren nur noch geschmolzenes Plastik. Der Söldner packte den Rahmen des Fensters und versuchte sich herauszuziehen – und blieb prompt mit seinen breiten Schultern stecken.

Haku glaubte nicht, was er da sah. Der ganze Ärger mit Kankurou und Kiba – umsonst? Der Puppenspieler mahlte mit den Kiefern. „Ihr Schwachköpfe!“, stieß Zabusa aus. „Das soll euer Plan sein?“ Er zappelte und ruderte mit den Armen, aber es half nichts. Ächzend ließ er sich wieder in die Kapsel gleiten.

„Was hast du vor … Warum gehst du wieder rein?“, rief Kankurou entsetzt.

 

Zabusa antwortete nicht.

Hinter den anderen, an der Wand, hatte er Rohre gesehen. Er zwang sich zur Ruhe, obwohl es ihm vorkam, als würde sich seine Haut abschälen. Die Luft in dem engen Eisensarg glühte. Er konnte durch die grellgelben Flammen hindurch über der Klappe, durch die er in diese Zwickmühle geraten war, unscharf etwas erkennen. Ein Teufelchen war mit heller Farbe auf die Metallwand gezeichnet, die Flammen erzeugten die Illusion, die Zeichnung würde sich bewegen. Es zeigte auf ein winziges Rad, das ein Ventil öffnen mochte – etwa einen Wasserzufluss?

In Zabusas Kopf ratterten einmal mehr die Zahnräder. Was hatte Orochimaru gesagt? In der Hölle kann einem nur der verdrehte Verstand des Teufels Erlösung verschaffen. Hölle … Teufel … verdreht … Das war ein Wortspiel! Er musste das Rad drehen, aber …

Wie auf ein Stichwort schoss eine weitere Reihe Flammen in die Höhe und fraß sich in seine Hüfte. Zabusa stöhne auf und kniff die Augen zusammen. Vom Schreien war er heiser, und sein Körper war sowieso nur noch ein einziger, tödlicher Schmerz, da kam es auf ein bisschen mehr auch nicht mehr an.

Aber um an das Rad zu kommen, musste er zurückkriechen, quer durch den ganzen Backofen, quer durch die Feuersbrunst … Das schaffte er nicht mehr. Zabusa holte tief Luft. Selbst das Atmen war eine Qual, glühendes Eisen schien in seine Kehle und Lunge zu strömen. Er formte die Fingerzeichen des Jutsus des Wasserdrachen – und hoffte, dass er erreichte, was er wollte. Als er beim letzten Siegel angekommen war, loderte die letzte Flammenreihe in die Höhe und setzte seinen Oberkörper bis zum Hals in Brand. Zabusa bäumte sich auf und stieß einen gutturalen Schrei aus. Die Mullbinden, die er über den Unterkiefer trug, verkohlten und lösten sich langsam. Zitternd führte er die Hände wieder zusammen. Er hatte kurz die Kontrolle über sein Chakra verloren und musste das Jutsu neu beginnen … Schweiß kroch ihm über die Haut und verdampfte in Sekundenschnelle. Seine Beine taten längst nicht mehr weh, er spürte sie gar nicht. Nur seiner außerordentlichen Zähigkeit war es zu verdanken, dass er das Jutsu überhaupt noch vollenden konnte.

 

Draußen hörten die anderen ein Blubbern, das rasch lauter wurde. Kiba und Kankurou, die sich wieder in die Haare gekriegt hatten, wandten sich um, auf der Suche nach dessen Ursprung.

„Was …?“, murmelte Kiba, als aus der Dichtung eines der Rohre an der Wand ein dünner Wasserstrahl pfiff.

Haku wandte sich wieder dem Sarg zu – bildete er es sich ein, oder glühte dessen Oberfläche schon? – und runzelte die Stirn. Tat Zabusa das?

 

Mit einem lauten Knall barst das Rohr. Das Ventilrad schoss knapp an Zabusas Kopf vorbei und prallte mit einem metallischen Ton mehrmals von der Innenseite der Kapsel ab. Wie ein Sturzbach ergoss sich das Wasser in Form eines kleinen Drachenkopfes ins Innere des Sarges. Die irrsinnige Hitze hatte zur Folge, dass der erste Schwall verdampfte, ehe er überhaupt den Boden erreiche. Aber nach und nach wurde die Kapsel abgekühlt, und das nachströmende Wasser benetzte den Boden und löschte die Flammen aus. Die ganze Kapsel war von weißem Dampf erfüllt, schon bald konnte Zabusa nichts mehr sehen. Mit letzter Kraft robbte er sich vorwärts, direkt unter das gesprengte Ventil. Kühles Nass fror all seine Sinne ein. Dann wurde ihm schwarz vor Augen und er hoffte, dass er wieder erwachen würde. Er würde hier herauskommen – so schnell würde es verdammt nochmal nicht vorbei sein!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  yugi-san
2019-03-27T14:38:33+00:00 27.03.2019 15:38
Interessanter Plottwist, bin begeistert und kann gar nicht verstehen, weswegen dieses Chappi keine Kommis hat.

LG
yugi-san


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