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Nachhilfe

H&M
von

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Nervige Jungs

Als Haruka und Michiru unten im Hausflur des Hochhauses ankamen, spähte die Große erst mal vorsichtig durch die Eingangstür nach draußen, auf die Straße.

„Hhmm, sieht so aus, als ob die Presse immer noch nicht rausgefunden hat, wo du wohnst. Es scheint auf jeden Fall alles ruhig zu sein.“

Haruka öffnete die Tür ganz und ließ ihrer Freundin den Vortritt.

„Na, wenigstens was das angeht haben wir Glück. Hoffentlich bleibt das auch noch ein bisschen so.“ sagte Michiru und ging nach draußen, gefolgt von Haruka.

Sie stiegen beide in den gelben Lamborghini ein und fuhren Richtung Schule. Dort angekommen war die Ruhe allerdings vorbei. Die Beiden konnten schon vom weiten sehen, dass sich unzählige Menschen vor der Einfahrt zu dem Schulparkplatz versammelt hatten. Nicht nur Fotografen, sondern sogar das Fernsehen war da, und offenbar auch eine Menge Fans.

„Na, toll! Wie bitte soll ich denn da jetzt durchkommen?“ stöhnte Haruka.

„Vielleicht solltest du dir woanders einen Parkplatz suchen.“

„Kommt gar nicht in Frage. Ich lass mich doch nicht von denen durch die Gegend scheuchen. Ich werd da rauf fahren, und wenn die dafür alle umnieten muss, is mir das auch egal.“

„Haruka lenkte ohne Rücksicht in die Einfahrt ein, woraufhin die Leute davor panisch zur Seite schwärmten. Allerdings musste die Sportlerin schon vom Gas gehen, um wirklich niemanden zu verletzten, und als sie langsamer wurde klebten schon unzählige Reporter an der Windschutzscheibe. Zum Glück war immer noch das Verdeck geschlossen, sonst säßen jetzt wahrscheinlich noch ein paar Leute mehr in dem Auto. Haruka achtete nicht auf die Fragen, die sie von außen schrien und fuhr einfach langsam weiter. Als sie komplett auf dem Schulgelände war, verschwand die Masse augenblicklich um sie herum und blieb enttäuscht an der Einfahrt zurück.

„Wenigstens halten die sich an die Regel, und betreten das Schulgelände wirklich nicht.“ sagte Michiru erleichtert.

„Ja. Aber ‘ne Anzeige können die sich wohl wirklich nicht leisten. ... Also dann. Bereit für die, denen wir nicht ausweichen können?“

„Nein.“ schüttelte Michiru mit dem Kopf.

Haruka nahm eine ihrer Hände in die ihre und sah sie sanft an.

„Ach, komm. So schlimm wird es schon nicht. Wir müssen einfach nur zusammenbleiben.“

„Aber wir haben nachher getrennt Unterricht. Wie sollen wir da zusammenbleiben?“

„Das ist ja zum Glück erst nach dem Mittagessen. Lass uns zuerst mal den Vormittag überstehen. Danach sehen wir weiter.“

Michiru sah sie noch einen Moment an, und überlegte hin und her, ob es nicht doch einen Weg gab da nicht rein zu müssen. Aber den gab es nicht, und eigentlich war sie auch nicht der Mensch der weglief, wenn es mal schwierig wurde.

„Na, schön.“

„Ich bin bei dir, also keine Angst.“ lächelte Haruka ihr zu und gab ihr noch mal einen kurzen Kuss.

Danach stiegen beide aus dem Auto aus und nahmen sich sofort an die Hand, als sie vor dem Auto wieder zusammen fanden. Die Rufe, Schreie und das Blitzgewitter, welche vom Tor aus kamen, ignorierten sie einfach und gingen richtung Gebäude. Die Schüler um sie herum standen alle in kleinen Grüppchen zusammen und starrten sie an, zeigten mit dem Finger auf sie oder tuschelten miteinander. Haruka hatte nichts anderes erwartet und eigentlich kannte sie das ja schon. Also im Grunde war alles so wie immer, nur das die Schüler jetzt wohl alle wussten, dass sie ein Mädchen war. Aber irgendwie machte ihr das nicht mal etwas aus. Michiru fühlte sich komischer Weise zurück an ihren ersten Tag hier versetzt. Es war genau wie damals. Nur eine Sache war anders. Dieses Mal hielt Haruka ihre Hand, und das war auch der einzige Grund warum sie jetzt keine Angst hatte. Trotzdem ging sie noch etwas näher neben ihrer Freundin her. Einfach, weil es so unsagbar guttat bei ihr zu sein. Sie sah gar nicht erst in die Gesichter der Anderen, sondern ignorierte sie. Sollten die doch denken was sie wollen. Solange Haruka bei ihr war, konnte sie alles ertragen. Sie kamen im Gebäude an und machten sich auf in ihren Klassenraum. Auch hier in den Gängen wurde es sofort mucksmäuschenstill um sie herum, als man sie entdeckte. So allmählich fand die Blonde das doch sehr unterhaltsam, weshalb sich auch ein kleines Grinsen in ihr Gesicht stahl. Sie konnte es nicht lassen herauszufinden wie die Anderen, vor allem die Mädchen, jetzt wohl auf ihre Blicke reagieren würden. Sie sah einmal kurz zur Seite, immer noch mit ihrem schiefen Grinsen auf den Lippen, und entdeckte eine kleine Gruppe von Mädchen. Die Drei erstarrten augenblicklich, schienen die Luft anzuhalten und die Röte schoss ihnen ins Gesicht. Haruka sah wieder nach vorn und musste sich wirklich zusammenreißen nicht zu lachen. Es funktionierte also immer noch. Michiru bemerkte, dass ihre Freundin gerade irgendetwas sehr Lustig fand und entdeckte die Roten Gesichter der Mädchen, als sie einmal nach hinten sah. Daraufhin seufzte sie nur und verdrehte die Augen. Sie kamen endlich im Klassenzimmer an und begaben sich sofort zu ihren Plätzen. Auch hier waren alle Blicke auf sie gerichtet. Haruka sah sich einmal um, und dass keiner auch nur ansatzweise den Anstand besaß sich daraufhin wieder umzudrehen, fand sie mehr als dreist.

„Is irgendwas?“ fragte sie überdeutlich, in die Stille hinein.

Jetzt erst drehten sich augenblicklich alle schnell nach vorne, nur die Stille blieb. Haruka sah wieder zu Michiru herüber, die sie zufrieden anlächelte. Sie grinste zurück und fügte noch ein zwinkern hinzu. Diese Stille war echt furchtbar drückend, aber zum Glück kam nach kurzer Zeit der Lehrer in die Klasse, und so wurde mit dem Unterricht begonnen. Den Vormittag überstanden sie eigentlich ganz gut. Es wurde zwar immer still um sie und die Blicke hörten auch nicht auf, aber so lange die Beiden zusammen waren, traute sich keiner an sie heran. Beim Mittagessen in der Cafeteria war es das gleiche. Obwohl es hier nicht ganz so Still war. Es unterhielten sich doch viele Schüler miteinander, allerdings war es mehr ein flüstern, und was das Gesprächsthema dieser war, konnte man sich denken.

„Also, wenn die nicht bald damit aufhören, mach ich wieder so ‘ne Ansage, wie an deinem ersten Tag hier.“ stöhnte Haruka, inzwischen sichtlich genervt.

„Nein, tu das nicht. Lass sie doch einfach. Solange es bei diesen Blicken und dem Getuschel bleibt, ist das doch in Ordnung. Und seit wann stört es dich mehr als mich?“

„Keine Ahnung, aber so langsam nervt ‘s. Wenn die irgendwas zu sagen haben, sollen sie‘s gefälligst tun, und wenn nicht, aufhören uns anzustarren.“

„Das gibt sich schon wieder. Also bitte reg dich nicht auf.“

Michiru hoffte wirklich, dass sie sich wieder beruhigte, schließlich musste sie ihre Freundin in den nächsten zwei Stunden alleine lassen. Und sie befürchtete, dass die Schüler sich weniger zurückhalten werden, wenn sie alleine waren.

„Ich glaub, wir müssen langsam los. Ich werd dich auf jeden Fall noch zu den Musikräumen bringen.“ sagte Haruka, mit einem Blick auf ihre Uhr.

„Und was ist mit deinen extra Runden?“

„Ach, was. Die hab ich so lange nicht gedreht, da werd heute auch drauf verzichten können. Ich werd mich auch nach dem Sportunterricht beeilen, und so schnell wie möglich am Auto sein.“

Besonders gefallen tat das Michiru nicht. Sie wusste, dass sie das nur tat, weil sie Angst um sie hatte.

„Na, toll. Jetzt darfst du endlich wieder Sport machen, und kannst doch nicht in Ruhe deine extra Runden laufen.“ seufzte sie.

„Hey, is nicht schlimm. Laufen kann ich schließlich überall. Vielleicht geh ich einfach heute Abend oder so noch mal kurz Raus, wenn ich weiß, dass du in Sicherheit bist.“

„Mir wird schon nichts passieren. Und so hilflos bin ich auch wieder nicht. Also komm, lass uns los.“

Damit stand sie auf und Haruka tat es ihr gleich. Händchenhaltend, und verfolgt von sämtlichen Augenpaaren, verließen sie den Saal und die Sportlerin brachte ihre Freundin, wie angekündigt, bis vor ihren Klassenraum.

„Bitte, stell nichts Dummes an, ja? Ich will dich in einem Stück zurück.“ flehte Michiru sie noch mal an.

„Hey, wird schon schief gehen. Pass du lieber auf dich auf.“

Haruka schenkte ihr ein sanftes Lächeln und gab ihr noch einen Kuss.

„Is gut, wir sehen uns am Auto.“ sagte Michiru, als sie sich wieder voneinander lösten und ging dann in den Musikraum hinein.

Haruka sah ihr noch hinterher und machte sich dann, nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, zum Sportunterricht. Sie verließ das Gebäude und kam nach kurzem Fußmarsch beim Stadion an. Obwohl sie nicht wusste, ob alles glatt laufen würde, freute sie sich wahnsinnig darauf wieder richtig laufen zu können. Sie verschwand erst mal schnell in ihrer privaten Umkleidekabine, und zog sich um. Als sie diese wieder verließ, gingen gerade ein paar Jungs daran vorbei, die wohl gerade aus ihrer eigenen Umkleide kamen.

„Ach ne, jetzt wissen wir also, warum sich der "ach so große Tenoh-kun" nie bei uns in der Umkleide hat blicken lassen.“ sagte der eine arrogant und blieb in seinem Gang stehen.

„Ja. Hey, du glaubst doch wohl nicht etwa, dass du noch länger bei uns mit machen darfst, oder? Sieh zu, dass du zu den Mädchen verschwindest!“ brüllte ein anderer zu ihr herüber.

Haruka grinste nur arrogant, verschränkte die Arme vor der Brust und ging an ihnen vorbei, Richtung Ausgang.

„Wieso? Könnt ihr es nicht ertragen, von einem Mädchen besiegt worden zu sein?“ meinte sie noch hochnäsig.

„Was?“

„Was erlaubst du dir eigentlich, du...“

Ihm viel offenbar keine Beleidigung ein, denn er unterbrach seinen Satz.

„Ach, kommt. Die is es nicht wehrt. Der Trainer wird sie schon von selbst rauswerfen.“ hielt der dritte im Bunde, die anderen Zwei etwas zurück.

Mit einem noch breiteren Grinsen betrat Haruka den Sportplatz. Sie war sich sicher, auf jeden Fall weiterhin bei den Jungs mitmachen zu dürfen. Schließlich wusste der Trainer von Anfang an, dass sie ein Mädchen war, und er würde doch nie zulassen, dass seine beste Sportlerin ihr Talent bei dem weiniger anspruchsvollen Training der Mädchen verschwendete. Sie machte schon mal ein paar Dehnungsübungen und während sie damit beschäftigt war, kam auch schon der Sportlehrer auf sie zu.

„Tenoh-san, freut mich, dass Sie endlich wieder mitmachen dürfen.“ begrüßte sie der Mann von hinten.

„Oh. Ähm, ja. Danke. Mich auch.“

Etwas erschreckt drehte sie sich zu ihm um.

„Tenoh-san, die Sache mit ihrem Vater, tut mir wirklich aufrichtig leid. Ich hoffe es geht Ihnen einigermaßen gut, wenn nicht, dann...“

„Oh, Nein, nein. Keine Sorge, Sensei. Mir geht‘s gut.“

Dass ihr ständig irgendwer sein Beileid über den Tot von Keisuke aussprach, kam ihr total absurd vor. Aber die Leute wussten schließlich nichts von dem was er getan hatte, also musste sie das wohl ertragen.

„Na gut. Dann wollen wir mal anfangen.“

Damit drehte er sich zum Rest der Klasse, und rief alle zu sich. Dass der Trainer einfach so mit dem Unterricht begann, und überhaupt nichts wegen Haruka sagte, sondern sie einfach so wie immer mitmachen ließ, gefiel den meisten Jungs offenbar gar nicht. Mit ziemlich wütenden Blicken sahen sie ständig zu ihr hin, aber die Sportlerin kümmerte sich nicht drum, und genoss es lieber sich endlich wieder vollkommen frei bewegen zu dürfen. Das Laufen verpasste ihr sogar richtig gute Laune, und die Tatsache, dass sie sämtliche anderen Schüler hinter sich ließ ebenso. Der Sportlehrer lobte sie in den höchsten Tönen, und war mehr als zufrieden mit ihrer Leistung, besonders nachdem sie solange aussetzen musste. Die Jungs um sie herum schien das aber nur noch mehr aufzuregen. Doch keiner von ihnen traute sich, in der Anwesenheit des Lehrers, etwas zu sagen. So liefen die letzten zwei Stunden ziemlich gut für Haruka zu Ende und so machte sie sich danach glücklich und schnellst möglichst zu ihrer Umkleidekabine auf. Beim Verlassen dieser, warteten aber schon wieder ein paar Jungs davor auf sie. Genervt verdrehte sie die Augen und machte sich schon auf das schlimmste gefasst. In der Hoffnung dem doch noch entkommen zu können, ging sie einfach, ohne auf die Typen zu achten, an ihnen vorbei.

„Hey, so einfach kommst du uns nicht davon. Bleib gefälligst stehen.“

„Sorry, Leute. Keine Zeit.“ sagte sie unbeeindruckt und ging weiter.

Die Jungs folgten ihr und stellten sich ihr in den Weg. Wie eine Mauer standen die fünf um sie herum.

„Du glaubst wohl du kannst dir alles erlauben, was?“

„Ich weiß nicht, was ihr meint. Und jetzt geht mir aus dem Weg.“

„Willst wohl zu deiner kleinen Freundin zurück, hä? Ich weiß echt nicht, was die an dir findet.“

„Ja, ich auch nicht. Die ist doch an dir völlig verschwendet. Sollte sich lieber ‘nen richtigen Kerl suchen.“

Okay, jetzt wurde Haruka aber langsam wütend. Sie kniff ihre Augen zusammen und funkelte die Typen damit finster an. Die zwei Kleineren in der Runde schreckten sogar etwas davor zurück.

„Als ob auch nur einer von euch das wär.“ erwiderte sie, immer noch einigermaßen ruhig.

„Was hast du gesagt?!“

Einer der Jungs, der größte von ihnen, und damit einen ganzen Kopf größer als Haruka, kam einen Schritte auf sie zu, und hielt ihr seine Faust unter die Nase.

„Du hast mich schon richtig verstanden. Und jetzt tritt endlich beiseite, bevor ich richtig wütend werde.“

Der Kerl vor ihr, fing an zu knurren und schien wirklich kurz davor zu zuschlagen. Einer der Jungs in der Runde, der schon von Anfang an, eher ängstlich dreinblickte, wandte sich mit brüchiger Stimme an den großen Kleiderschrank.

„Alter, du willst doch nicht wirklich ein Mädchen schlagen, oder? Sie hat doch eigentlich gar nichts getan, also können wir nicht wieder gehen?“

„Gar nichts getan?! Diese kleine Lesbe hat sich als Kerl ausgegeben und uns alle für dumm verkauft! Und jetzt wird sie nicht mal dafür bestraft, sondern darf einfach weiterhin bei uns mitmachen! Noch dazu läuft die immer noch wie ‘n Kerl rum!“

„Na, und? Lass sie doch, wenn sie will. Und ich hab auch nichts dagegen, dass sie bei uns mitmacht, schließlich ist sie sogar besser als wir.“

„Sag mal, nimmst du die jetzt auch noch Schutz, oder was?“ wandte sich der Kleiderschrank jetzt wütend an ihn.

„Ich sag nur wie es is. Außerdem will ich nicht von der Schule fliegen.“

Zwei der Jungs, die bis eben nur zugesehen hatten, waren sich jetzt wohl auch nicht mehr ganz so sicher bei dieser Aktion, denn sie wirkten doch etwas nachdenklich. Haruka sah sich das Spektakel nur noch belustigt an.

„Eigentlich hat er Recht.“ stimmte der eine von ihnen schließlich zu.

„Ja, ich will auch nicht von der Schule fliegen. Mein Vater bringt mich um, wenn das passiert.“

„Und du hast doch schon eine Verwarnung, oder nicht? Willst du hierfür wirklich dein Stipendium aufgeben?“ fragte der eine noch an den Kleiderschrank gewandt.

Der drehte sich nochmal knurrend zu Haruka hin und sah sie noch mal einen Moment an. Die erwiderte den Blick entschlossen, sehr viel entschlossener als er.

„Na, schön. Du hast noch mal Glück gehabt, Blondchen. Aber pass in Zukunft besser auf, was du sagst, sonst schwör ich dir mach ich dich kalt, egal ob du ein Mädchen bist, oder nicht.“

Die Sportlerin verschränkte nur die Arme hinterm Kopf und ging hochnäsig zwischen den Typen hindurch.

„Aber sicher doch.“ kam es noch arrogant aus ihr heraus und sie konnte hören, wie die Jungs den Großen offenbar daran hinderten ihr zu folgen.

Endlich machte sie sich auf den Weg zum Parkplatz. Augenblicklich überkam sie die Sorge, dass Michiru vielleicht nicht so viel Glück gehabt haben könnte wie sie, und jetzt beeilte sie sich lieber.
 

Michiru hatte sich, nachdem sie den Musikraum betreten hatte, gleich zu einem der vielen Stühle begeben und packte erst mal vorsichtig ihre Geige aus.

„Hey, Kaioh-san.“

Michiru drehte sich um und sah in das freundliche Gesicht eines Jungen. Er hatte kurze braune Haare, eine eher schmächtige Figur und war vielleicht ein kleines bisschen kleiner als Haruka.

„Oh. Hallo, Kato-kun.“

Sie kannte diesen Jungen. Er war ebenfalls in ihrem Musikkurs und spielte genauso wie sie Geige. Sie hatte auch schon öfters mit ihm zusammen spielen müssen, und ihm auch ab und zu helfen müssen. Eigentlich war er ganz nett. Er war immer begeistert von ihrem Spiel und hatte sie auch noch nie wegen Haruka angesprochen, wie es die meisten getan hatten, nachdem klar war, dass sie mit ihr, bzw. ihm, wie damals noch alle dachten, zusammen war. Allerdings gab es da eine Sache, die sie an ihm störte. Es war offensichtlich, dass er auf sie stand. Er hatte sie zwar auch darauf noch niemals angesprochen und auch nicht versucht sie anzugraben, doch war er ständig in ihrer Nähe, während des Kurses. Bei jedem Stück, das vorgeführt wurde, versuchte er in ihre Gruppe zu kommen, oder sogar alleine mit ihr spielen zu können. Zum Glück gab es nicht allzu viele Violinisten im Kurs, und so wurden sie meistens in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Aber er tauchte trotzdem ständig bei ihr auf, fragte wie er was besser machen könnte, oder wie sie sein Spiel fand. Sie hatte ja nichts dagegen ihm zu helfen und tat dies auch eigentlich gern, doch fühlte sie sich schon ein bisschen unwohl dabei. Schließlich hatte er Hoffnungen in sich, die sie ihm niemals erfüllen könnte, geschweige denn wollte.

„Wie geht‘s dir? Ist alles in Ordnung?“ fragte er jetzt besorgt, und auch etwas verlegen.

„Ähm, ja. Klar. Warum nicht?“

„Ach, weißt du ich ... ich hab nur das von Gestern gehört und da ... da dachte ich...“

Michiru erhob sich von ihrem Stuhl und lächelte ihn etwas zaghaft an.

„Es ist alles in Ordnung, Kato-kun. Wirklich.“

„Oh. Ach, so. Na, gut. Verstehe.“

Der Junge hielt sich beschämt, mit einem aufgesetztem Lächeln, die Hand hinterm Kopf, und schien wohl noch so einige Fragen mehr auf dem Herzen zu haben, wollte wohl aber auch nicht nach bohren. Michiru sah sich das ein paar Sekunden lang an, dann entschloss sie sich ihn von seiner Last zu befreien.

„Kato-kun, möchtest du mich vielleicht noch irgendetwas fragen?“

„Was? Nein, nein. Nein, nichts. Gar nichts.“

„Wirklich? Ich hab nichts dagegen. Also wenn du noch wissen willst, dann frag. Ob ich dir antworte, weiß ich allerdings noch nicht.“

Das sagte sie mit einem noch breiteren Lächeln im Gesicht, was dazu führte, dass der Junge erst mal rot anlief.

„Ähm, okay. ... Weißt du, ... ich hab mich nur gefragt, ob ... ob das auch wirklich stimmt.“ brachte er leise hervor und sah verlegen zu Boden.

„Du musst schon ein klein wenig genauer werden. Ob was stimmt?“

Michiru konnte sich zwar schon denken was er meinte, aber sie musste es ihm ja nicht zu einfach machen. Schließlich wollte er es unbedingt wissen.

„Oh. Ähm, ... also, ... dass ... dass Tenoh-kun ... na ja, ein Mädchen ist? Und wenn ja, ob du wirklich ... also ich mein, ... das würde ja bedeuten, dass ... dass du ...“

„Lesbisch bist?“

Die Frage hatte ihr allmehlig zu lange gedauert, und sie glaubte auch nicht daran, dass er sich getraut hätte das Wort auszusprechen, weshalb sie seine Frage beendete. Seine Reaktion darauf bestätigte ihre Meinung nur noch mehr. Er schreckte leicht zurück und bekam ziemlich große Augen.

„B ... bist du’s?“ fragte er dann immer noch etwas geschockt.

„Warum ist das wichtig für dich?“

Bei der Frage wurde er wieder rot.

„Ääähhh, ich ... weißt du ich ...“

Michiru seufzte kurz. Wenn der sich nicht langsam mal beeilte, würde sie hier Morgen noch stehen. Außerdem konnte jederzeit der Lehrer hereinkommen. ... Wo blieb der überhaupt? Müsste der nicht eigentlich schon längst hier sein? Gerade als Michiru ihren Blick zur Uhr richten wollte, holte sie der Junger, ihr Gegenüber, mit seinem Gestotter, in die Realität zurück.

„... ich mag dich wirklich sehr und ... und ich dachte ...“

„Kato-kun, es tut mir leid, aber ich bin mit Haruka zusammen, und ja, sie ist ein Mädchen.“ unterbrach sie ihn lieber schnell.

„Oh. Also stehst du wirklich auf Frauen?“

Jetzt wurde Michiru skeptisch und hob eine Augenbraue an.

„Ich sagte doch gerade, dass ich mit Haruka zusammen bin, also wieso fragst du mich das schon wieder?“

„Na ja, wir wissen doch alle wie lange seine, äh, ich meine ihre, Beziehungen halten. Von daher...“

„Was, von daher?“ schnitt sie ihm das Wort ab, und sah ihn jetzt ziemlich wütend an.

Der Typ wich wieder ein ganzes Stück zurück, diesmal aus Angst. Er hatte wohl gerade überhaupt nicht nachgedacht und etwas gesagt was er eigentlich gar nicht sagen wollte.

„Ähm...“

„Glaubst du etwa, ich würde mich dann einfach in deine Arme werfen?!“ fauchte sie ihn an.

„Ähm, nein, nein, natürlich nicht. Tut mir leid, ich wollte nicht...“

Der Junge schien gerade echt verzweifelt zu sein.

„Ich ... ich dachte nur, ich hätte dann ... vielleicht eine Chance, also wenn ... ihr nicht mehr zusammen seid.“ versuchte er weiter zu erklären.

Bei diesem verzweifelten Anblick beruhigte sie sich wieder etwas. Sie atmete einmal tief durch um sich wieder zu entspannen.

„Wir werden uns aber nicht trennen, also mach dir keine Hoffnungen.“

„Oh, okay. ... Aber wenn...“

„WENN dieser unmögliche Fall wirklich eintreffen sollte, hättest du auch dann keine Chance, Kato-kun! Ich empfinde rein gar nichts für dich!“ unterbrach sie ihn wieder, leicht gereizt.

„Okay, alles klar. Ich hab‘s verstanden. Tut mir leid. Ich wollte es nur wenigstens versuchen.“

Die Künstlerin musste erneut tief durchatmen, um sich wieder zu entspannen.

„Schon in Ordnung.“ sagte sie und versuchte dabei zu Lächeln.

Der Junge lächelte auch zurück und ließ sie dann nach einem Nicken allein. Michiru war erleichtert, dass der Kerl nicht so hartnäckig und vor allem aufdringlich war, wie der, dem Haruka erst die Nase brechen musste, damit er sie in Ruhe ließ. Jetzt richtete sie aber wirklich ihren Blick auf die Uhr und stellte fest, dass der Lehrer schon zehn Minuten Verspätung hatte. Die anderen Schüler im Raum hatten alle einen großen Abstand von ihr eingenommen und unterhielten sich miteinander. Oder besser tuschelten. Michiru beachtete sie nicht weiter und setzte sich stattdessen wieder auf ihren Stuhl. Nach ein paar weiteren Minuten des Wartens, kam dann auch endlich der Musiklehrer in den Raum und entschuldigte sich für seine Verspätung, aber er hatte noch mit einem anderen Lehrer etwas besprechen müssen. Der Unterricht konnte jetzt also endlich beginnen und der lief auch im Grunde so wie immer für die Türkishaarige ab. Nur hatte sie das Gefühl, dass der braunhaarige Junge jetzt wesentlich mehr Abstand zu ihr hielt, was ihr auch durchaus Recht war. Allerdings kam sie sich schon ein bisschen einsam vor. Er war ja nicht der Einzige der sich von ihr fernhielt, sondern alle. Sie hatte sogar das Gefühl, als würde der Lehrer sie heute auch etwas anders ansehen, als auch behandeln. Es machte ihr doch mehr aus als sie zugeben wollte. Sie ließ sich aber nichts anmerken und konzentrierte sich einfach nur auf den Unterricht. Nachdem der vorbei war machte sie sich dann so schnell wie möglich auf zum Parkplatz, um zu der Person zu gelangen, nach der sie sich jetzt schon über alle Maßen sehnte.



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