Katastrophenschüler
Ein ganz gewöhnlicher Tag in Metal City. Die Menschen sind auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule. Es ist ein warmer Septembermorgen. Eine Gruppen von Schülern trudelt gerade im Klassenzimmer ein. Ryuuga und Tsubasa haben keine große Lust bei dreißig Grad Außentemperatur den ganzen Tag in einem vermutlich noch wärmeren Klassenzimmer zu verbringen. Dem entsprechend gedrückt ist die Stimmung der beiden. Allerdings scheinen alle anderen Klassenkameraden bessere Laune zu haben. Heute finden die Vorbereitungen für das Schulfest statt und ausgerechnet ihre Klasse hatte sich freiwillig dafür gemeldet. Wieso eigentlich? Die Antwort auf die Frage bleibt offen, denn die Lehrerin betritt den Raum und alles flüchtet sich auf seine Plätze und verstummt. Nach der üblichen Begrüßung wird besprochen, wie der heutige Tag ablaufen soll. Es muss dekoriert werden, alles besorgt werden was nötig ist. Dafür werden immer zwei Leute für eine Aufgabe eingeteilt. Das ganze wird über das Zufallsprinzip ermittelt, indem die Namen auf ein Stück Papier geschrieben wird und dann wird gezogen. Tsubasa achtet nicht wirklich darauf, sondern zieht es lieber vor irgendwas auf ein leeres Blatt Papier zu zeichnen. Ryuuga dagegen schläft schon halb und liegt mit dem Kopf auf der Tischplatte. Der Topf in dem die ganzen Zettel sind ist nun fast leer. Nur noch ein paar sind übrig. Die Lehrerin zieht den nächsten Zettel.
„Ryuuga....“
Der genannte Schreckt hoch.
„Ich hab nichts gemacht.“
Ein paar Mädchen kiechern während die Lehrerin den nächsten Zettel nimmt.
„...bildet ein Team mit... Tsubasa.“
Beide fallen halbwegs von ihrem Stuhl.
„Oh nein...“, kommt es syncron von den beiden.
„Ihr beide kümmert euch um die Bühnenshow in der großen Halle.“
Während die Lehrerin das an die Tafel schreibt sehen sich die beiden entgeistert an. Vor allem Tsubasa kann es nicht fassen. Er sollte mit dem schlimmsten Katastrophenschüler aller Zeiten zusammenarbeiten? Das einzige wozu Ryuuga fähig ist, ist faulenzen, schlafen und Sachen zerstören. Mit diesem Idioten sollte er durch jede einzelne Klasse gehen und Leute suchen, die aufreten wollen? Das kann nur in einer Katastrophe enden.
Mit Klemmbrett, einem leeren Blatt Papier und einem Kugelschreibe bewaffnet und mit einem ziemlich schlecht gelauten Ryuuga im Schlepptau macht sich Tsubasa auf den Weg durchs Schulgebäude. Es wird sicher ewig dauern, bis die beiden durch sämtliche Klassen sind. Aber da hilft alles nicht. Tsubasa kann sich ein Seufzen nicht verkneifen. Wenn Ryuuga wenigstens ansatzweise hilfreich wäre. So bleibt sämtliche Arbeit an ihm hängen.
In der ersten Klasse ist eine lautstarke Disskusion entstanden, als Tsubasa dessen Anliegen vorgetragen hatte. Das Problem dabei ist, dass diese Disskusion mehr zum kreuz und quer durcheinander schreien dient, als wirklich eine Lösung zu finden und die Lehrerin ist völlig überfordert damit die Klasse wieder zu beruhigen. Tsubasa steht etwas verloren vor der Tafel während Ryuuga sich einen freien Stuhl geschnappt hatte und nun auf dem Lehrerpult fast eingeschlafen ist.
„Ich glaube.... wir kommen nochmal wieder....“
Seufzent schnappt er sich Ryuuga und verlässt fluchtartig das Klassenzimmer das sich vermutlich gerade in einen Zoo mit kreischenden Affen verwandelt hat, denn selbst auf dem Flur kann man kaum sein eigenes Wort verstehen.
In der nächsten Klasse begegnet ihnen das krasse Gegenteil. Mehr oder weniger, denn das absolute Stillschweigen der Klasse beruht sicher auch nur auf Dessinteresse. Die Lehrerin versucht vergeblich irgendwie eine Disskusion darüber in Gange zu bekommen oder die Schüler zumindest dazu zu bringen zu sagen, dass sie das nicht machen wollen. Die Klasse schweigt weiter beharrlich. Ryuuga hatte sich schon vor Minuten verdrückt. Vermutlich hatte er die Stille nicht mehr ertragen. Manchmal kann Tsubasa nicht nachvollziehen, was in dessen verkorkstem Gehirn vorgeht. Ist vielleicht auch besser so.
„Ich interprediere das jetzt einfach mal als nein.“
Und damit macht sich auch Tsubasa aus dem Staub, denn die durchbohrenden Blick zusammen mit dieser Stille machen auch ihn etwas nervös. Vor dem Klassenzimmer findet er auch Ryuuga, der an der Wand sitzt und offensichtlich eingeschlafen ist, denn das Schnarchen seinerseits ist nicht zu überhören.
Die nächste Klasse führt sie in den Biologieraum. Die Fachräume können mit Ryuuga im Schlepptau sehr gefährlich werden und so hofft Tsubasa insgeheim das schnell hinter sich bringen zu können. Wenigstens zeigt diese Klasse zumindest ein kleines Interesse, denn sie schaffen es tatsächlich gesittet darüber zu disskutieren. Erst ein lautes Krachen erinnert ihn daran, dass er etwas vergessen hat. Als er sich umdreht ist das Anatomiemodell futsch. Ryuuga kratzt sich mehr dessinteressiert am Hinterkopf.
„Was kann ich dafür, dass dieses Ding so empfindlich ist?“
Tsubasa hätte sich am liebsten selbst ins Gesicht geschlagen. Diesen Katastophenschüler auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen ist praktisch ein Todesurteil.
Der Chemieraum. Wenn man da lebend rauskommen will, sollte man Ryuuga besser draußen lassen. Leider liebt dieser diesen Raum und so versucht Tsubasa verzweifelt Ryuuga still zu halten während die Klasse darüber disskutiert, ob sie es machen will. Nur kurze Zeit später artet das ganze in einen Schreikampf aus, bei dem auch das ein oder andere durch die Gegend fliegt. Fragt niemals solche Klassen. Das endet immer in einer Katastrophe. Apropo Katastrophe, Ryuuga ist weg und das kann nichts gutes bedeuten. Nur wenige Sekunden später explodiert irgendwas und damit ist der Chemieunterricht für die nächsten Wochen beendet. Tsubasa schnappt sich den ziemlich verrusten Ryuuga und macht sich mit ihm lieber aus dem Staub, bevor man feststellen kann, wer an der Explosion Schuld hat.
Gegen Abend sind die beiden endlich fertig und sitzen auf einer Rasenfläche auf dem Schulhof.
„Wieso musst du eigentlich immer so viel anstellen, Ryuuga?“
„Besser als sich zu langweilen.“
„Kannst du dich nicht anders beschäftigen? Deinetwegen haben wir jetzt gerade mal ein paar wenige Leute zusammen. Und wenn ans Tageslicht kommt, was du alles wieder verbockt hast bekommen wir beide großen Ärger.“
„Egal.“
„Egal? Du hast echt ein sonniges Gemüt. Irgendwann wirst du von der Schule fliegen, wenn du so weiter machst.“
„Denke ich eigentlich nicht.“
Tsubasa lässt sich ins Gras fallen.
„Du bist echt ein Katastrophenschüler. Alles was du auch nur berührst fliegt sofort in die Luft.“
„Ich steh eben drauf.“
„Du bist echt verrückt.“
„Besser als normal zu sein, so wie du. Dann wird man nämlich gar nicht erst beachtet.“
„Ich merks mir.“
Beide machen sich auf den Weg nach Hause. Morgen würde das Spielchen vermutlich weitergehen. Nur den Chemieraum wird die nächsten Wochen keiner mehr betreten können.
ENDE