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Out of life

von

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one

Einen neuen Tatort zu betreten war vergleichbar mit dem Gefühl, unerwartet und von jetzt auf gleich mit dem ganzen Körper in kaltes Wasser zu tauchen.

Mit einem unterdrückten fluch schlüpfte Agent David Gates durch die Absperrung und spürte sogleich den kalten unheimlichen Schauer auf seiner Haut, der es wie kein anderes Gefühl der Welt vermochte die eigenen Sinne um ein hundertfaches zu verstärken. Er hatte viele Leichen gesehen, zu viele um sich die Frage zu stellen, ob es ethisch vertretbar war, zu hoffen, dass der Tote in einem guten Zustand war.

Gut bedeutete in diesem Fall, ungeachtet von der Tatsache, dass ein junges Leben viel zu radikal geendet hatte, lediglich, dass die spätsommerlichen Temperaturen, und das vom Tode angezogene Ungeziefer sich noch zurückgehalten hatten, den leblosen Körper auf ihre eigene, perverse Art zu verändern. Offenbar war der Zustand gut, denn kein Verwesungsgestank lag in der frühmorgendlichen, noch relativ frischen Luft der Parkanlage.

Der Junge konnte also noch nicht lange unterhalb des Busches gelegen haben, zumal eine halbnackte Leiche in einem Tagsüber gut besuchtem Park auch schwer übersehen werden konnte.

Die Agents Sophia Vandelis und Gregory Bennet waren bereits am Tatort und unterhielten sich leise mit einem Officer.

Der uniformierte sah auf, grüßte David mit einem Nicken und verschwand in dem geschäftigen Gewusel aus Beamten und dem Team der Spurensicherung. David unterdrückte ein Seufzen und massierte sich mit der Rechten leicht die Schläfe.

Es war eindeutig zu früh, sich bereits jetzt mit dem Tod auseinanderzusetzen, besonders nachdem man am Abend zuvor eine Flasche Tequilla vernascht hatte.

„Guten Morgen.“ flötete Sophia und warf ihm einen gespielt mitfühlenden Blick zu, während ihre braunen Augen schelmisch funkelten.

„Warum sind wir hier?“ Davids Interesse an Smalltalk hielt sich stark in Grenzen, und auch Gregory, sein direkter Vorgesetzter und Leiter des Teams, dem er seit einem Jahr beiwohnte blickte ernst drein. Er deutete mit einem Kopfnicken auf die Leiche und runzelte die Stirn.

„Sag mir was du siehst, David.“

Der junge Agent streifte sich ein paar Einweghandschuhe über und trat näher an den Jungen heran. Die Spurensicherung hatte bereits ihre Arbeit abgeschlossen und einzig der Gerichtsmediziner Dr. Thomas Williams schenkte dem Neuankömling einen skeptischen Blick.

„Ich kann es nicht leiden wenn man mir über die Schulter schaut David, das solltest du wissen.“

„Reg dich ab Tom.“

Ein spöttisches Grinsen stahl sich auf Davids Lippen.

„Deine Mannschaft hat gestern Abend verloren nicht wahr?“

Die gezischte Antwort war unverständlich, und im Grunde auch mehr als unwichtig.
 

Eines von Davids stärksten Talenten war seine Beobachtungsgabe. Er kam an einen Tatort, machte sich ein Bild und saugte jedes noch so winzige Detail in sich auf. Eine Fähigkeit die sich schon das eine oder andere Mal als sehr nützlich erwiesen hatte.

Der Junge trug lediglich eine ausgefranste Jeans, die offenbar sehr locker an den schmalen Hüften angelegen haben musste, und einblicken ließ, dass man Unterwäsche vergeblich würde suchen müssen. Von Hemd und Schuhen gab es ebenfalls keine Spur, was aber nicht zwangsläufig bedeutete, dass er beides bei seinem Eintreffen im Park noch getragen hatte. Die Haut des Jungen war blass. So weiß, dass sie einen krassen Widerspruch zu dem satten grün des Rasens bildete, auf dem er sein Leben ausgehaucht hatte. Die Augen waren geschlossen, ebenso wie die farblosen und bei einem lebendigen Lächeln vermutlich vollen Lippen. Das halblange dunkle Haar wirkte stumpf und einige Strähnen hingen dem jungen Mann wirr ins Gesicht. David beugte sich ein wenig vor und der säuerliche Geruch von Erbrochenem stieg ihm in die Nase.

Die Todesursache war offensichtlich, selbst wenn man die verblassten Narben und Einstichlöcher auf dem linken Arm übersah, so sprach das Fichserbesteck, dass im feuchten Gras vor sich hinglänzte doch Bände.

„A trip to wonderland...“ murmelte David und beugte sich noch weiter hinab, um die dünne Blutspur zu betrachten, die aus dem Ohr des Jungen gelaufen war und ein paar der ehemals grünen Grashalme rostrot gefärbt hatte. Er hatte viele solcher Leichen gesehen als er noch nichts weiter als ein Cop gewesen war. Damals, auf Streife, wenn man ihn und seine Kollegen gerufen hatte, wenn ein Mann mal wieder im Vollrausch seine Frau verprügelte, oder betrunkene Kerle sich gegenseitig vor ihren Stammkneipen Messer in die Rippen jagten. Ein toter Junkie war nichts ungewöhnliches und bedeutete lediglich ein wenig Schreibarbeit. Fall abgeschlossen, auf in die nächste Hölle. Was zum Geier tat er also hier? Wieso hatte man zu einem solch banalen Fall das FBI angefordert? Und warum gerade sein Team, dass schon genug damit zu tun hatte kranke Serientäter und pädophile Menschenhändler zu jagen?

„Und?“ Greg war unvermittelt neben ihn getreten und musterte den jüngeren Agent mit hochgezogener Augenbraue.

„Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole... Warum sind wir hier?“

„Der Tote ist Steven Atkins, 18 Jahre alt, wegen kleinerer Drogendelikte Polizeibekannt aber im Großen und Ganzen ein winziger Fisch.“

David runzelte die Stirn und wartete darauf dass sein Vorgesetzter auf den Punkt kam.

„Officer Reynold rief uns an, weil er das Handy des Jungen gefunden hat.“

Sophia trat nun ebenfalls neben die beiden Männer und wedelte mit einem durchsichtigen Beweismittelbeutel, in dem sich ein winziges Mobiltelefon befand.

„Die letzte gewählte Nummer ist die unseres Büros. Deine Nummer, David.“
 

David erinnerte sich an dieses Gespräch. Es war kurz vor Dienstschluss und nur noch wenig Schreibarbeit übrig. Das Team hatte einen Fall erfolgreich beendet und die Aussicht darauf pünktlich Feierabend zu machen schlug sich im positiven auf das Gemüt nieder.
 

„Gates.“

„Ist da das FBI, man?“

„Hier ist Agent David Gates, FBI. Mit wem, spreche ich?“

„Scheiße man... ich bin... das ist unwichtig man. Hör zu, ich hab´n Problem, Alter.“

David schwieg. Was auch immer der hastige Kerl am anderen Ende der Leitung wollte, er würde schon mit der Sprache rausrücken, immerhin war er es der ihn angerufen hatte.

„Bist du noch da, Dave?... Hallo?“

„Ich bin noch da. Worum geht es?“

„Die bringen mich um man! Aber ich kann die Scheiße nicht mehr aushalten...!“

„Ganz ruhig, Sir. Wer bringt sie um? Und warum?“

„Dieser Kerl... der Immobilientyp... Phillips... sie sollten mal bei Gelegenheit auf eine seiner Partys gehen, man.... ich meine die meisten Jungs da … Verdammte Scheiße... die bringen mich um!“

„Sir, wenn ich ihnen helfen soll, dann -“

Das Gespräch war beendet. Die Leitung tot.
 

„Dann liegt dort offensichtlich unser anonymer Anrufer.“

Sophia schürzte die Lippen und blickte David direkt an.

„Sieht so aus.“

„Das war es dann mit dem freien Sonntag Kollegen.“ Gregory zog eine Augenbraue hoch und blickte zu Thomas rüber, der sich in dem Moment bereit machte Steven in die Gerichtsmedizin zu bringen.

„Irgendeine erste Einschätzung, Doc?“

„Nunja. Die Leiche weist einige Hämatome an den Extremitäten auf. Ältere, sowie relativ frische. Die Todesursache ist offensichtlich. Aus jetziger Einschätzung trat der Tot vor weniger als 12 Stunden ein. Die meisten der Einstichlöcher sind älter als sechs Monate, bis auf die, die unseren jungen Steve hier, den goldenen Schuss beschert haben.“

David spürte erneut einen dumpfen Druck in seinem Schädel und musterte die Leiche ein letztes mal gründlich. „Wäre es möglich, dass er sich diesen letzten Trip nicht selbst verabreicht hat?“

„Dazu will ich mich noch nicht genau äussern, aber möglich ist fast alles.“

„Worauf willst du hinaus David?“ fragte Greg.

„Mein Gefühl sagt mir, dass es kein Unfall war. Entweder hat er sich selbst, aus voller Absicht ins Himmelreich befördert, oder aber, die Leute von denen er sprach haben herausgefunden, dass er sich mit uns in Verbindung gesetzt hat.“

„Und was macht dich da so sicher?“

David seufzte, und starrte in den blauen Himmel.

„Er hatte Angst. Panische Angst.“



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